"Das Liebesgeheimnis!" nach einem Roman von Sally Beauman

  • Ja ja ich weiss, schon wieder eine neue von mir und wieder der Gedanke, wird sie es diesmal schaffen, diese FS zu ende zu bringen? Sie wird! Wie Ihr am Titel schon erkennen könnt, habe ich mich an was ganz neues rangewagt. Ich werde einen Roman so gut wie möglich als Story da stellen. Und ich werde Kapitel für Kapitel erarbeiten und hier rein setzen. Sprich: Den ersten Kapitel habe ich schon fertig und es war ne schreckliche heidenarbeit, aber es macht Spass, deswegen denke ich auch, das ich es diesmal beenden werde. Denn jetzt habe ich eine Vorlage und eine Herausforderung!! Vielleicht wird euch jetzt im ersten Kapitel auffallen, das so ziemlich alle Bilder ziemlich gleich sind, das liegt daran, das ich ungefähr gleich viel Text zu jedem Bild haben wollte. Aber, ich werds versuchen das im nächsten Kapitel zu ändern..
    Und jetzt viel Spass mit...


    Das Liebesgeheimnis!
    Nach einem Roman von Sally Beauman


    Teil 1:
    Fünf der Kelche


    Kapitel 1: Sommer - Maisie, 1967



    Bei unserem ersten Aufenthalt in der Abtei regnete es fünf Tage lang von früh bis spät. Man hatte mich schon vorgewarnt, dass so etwas in England im Sommer und im Winter vorkommen kann, aber ich hatte es nicht glauben wollen.




    Jeden Morgen hockten wir stumm beim Frühstück. Großvater versteckte sich hinter seiner Zeitung, meine Schwestern blickten auf ihre Teller, und meine Mutter starrte Löcher in die Luft. Die Welt vor dem Fenster war nass und Todtraurig.




    Damals waren die Lorbeersträucher am Haus noch unbeschnitten; sie schienen tiefschwarze Tränen zu weinen. Dahinter sah man eine Ecke des alten Klosters mit einem Wasserspeier, dem der Regen aus Mund und Augen schoss. Der Rasen war verwildert, und die Gräser ließen die Köpfe hängen wie eine Horde Büßer. Die Luft hier in England kam mir sonderbar dick und violett vor. Erbarmungslos fegte der Wind durch die Bäume, unter den Birken lagen abgerissene Gliedmaßen.




    "Tja, Kinder", sagte Stella in diesem trockenen Tonfall, der nie Gutes verhieß, "heute können wir nicht spazieren gehen!". Fünf Tage lang machte sie diese Bemerkung jeden Morgen zur selben Zeit.




    Am sechsten Tag schloss sie sich in ihrem Zimmer ein. Wir versuchten es mit üblichen Tricks: Blumen, Romane, Essen. Julia brachte Ihr ein Tablett hinauf.




    Finn kam mit Büchern, ich pflückte mit Finn´s Hilfe im Nun Wood einen Strauss blaue Glockenblumen. Am dritten Tag standen sie immer noch vor der Tür.




    Inzwischen schien draussen die Sonne. Stella wollte sich nicht in dem großen Zimmer aufhalten, indem früher Daddy und sie geschlafen hatten. Sie hatte sich in einer hässlichen kleinen Kammer auf dem Dachboden einquartiert, wo die Nonnen früher Ihre Zellen gehabt hatten.




    In den dunklen engen Fluren dort oben roch es modrig. Das Wasser in dem Marmeladenglas war verdunstet, die Glockenblumen vertrocknet. Die Zigaretten, den Jack Daniels und die kleinen Sandwiches hatte sie nicht angerührt. Finn zählte die Bücher. Sie hatte sechs mitgebracht; Betty und Ihre Schwestern, Mansfield Park, Jane Eyre, Der geheime Garten und Große Erwartungen lagen noch da, aber eines fehlte- ich glaube, es war Entführt "Immerhin ein Fortschritt", meinte Finn und horchte an der Tür; kein Laut war zu hören.


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    Achso, falls Ihr ein wenig verwirrt sein solltet, also später in den Fortsetzungen, wundert euch nicht ich bin es selbst immer noch.. Aber das wird sich sicher im laufe der FS ändern..ich weiss es selbst auch noch nicht, habe dieses Buch selbst noch nicht wirklich gelesen..nur mal rübergeflogen..
    So heute ist es schon spät, also morgen gehts weiter..

  • Also ich finde deine Story bisher ganz gut....DIe Bilder sond auch nicht schlecht und ich finde es gut das du die dieses mal auch WIRKLICH vorgenommen hast du FS zu beenden. DIe Idee einen Roman als Story zu bearbeiten finde ich ebenfalls sehr gut aber du hast dir damit eine Menge Arbeit aufgehalst. Du sagst das die Büsche unbeschnitten sind, aber auf demBild sehen sie richtig beschnitten aus das hättest du anders machen sollen genauso wie die Blumen. Sie blühen wunderschön, obwohl es doch eigentlich alle dürr und düster sein soll. Auch das es regnet sieht man überhaupt nicht. Daran solltest du noch etwas arbeiten, also das was du schreibst auch wirklich bildlich so darstellen (zumindest so gut es eben geht). Aber wie gesagt ich finde deine Story gut und ich finde du solltest sie auf jeden Fall weitermachen. Also ran an die Tasten (mein neuer Lieblingsspruch *zwinker*) und mach bitte schnell weiter...
    Liebe Grüße
    bäbie


    Das ist Hopelchen, mein Sqwebi

  • So, da ich nicht weiss, ob ich heute Abend dazu komme, setze ich jetzt nochmal eine FS rein..



    Die Luft in dem Haus ist eigenartig, wie Du weisst, irgendwie schwer und lastend, was uns damals zu Anfang besonders auffiel, und so kam es uns vor, als belauschte sie uns auch, während wir an der Tür lauschten. Es war ziemlich unheimlich. Nach einer Weile meinte Finn, sie könne hören, wie Buchseiten umgeblättert würden.




    Erleichtert setzten wir unsere Erkundungstour fort. Wir streiften durch die Bibliothek, die damals noch staubiger und verfallener wirkte als heute. Großvater meinte, dort sei früher die Marienkapelle gewesen. Wo heute der Kamin ist, stand damals der Altar - wusstest du das?




    Wir probierten das berühmte Fernglas aus, was erstaunlich gut funktionierte. Beim ersten Mal fanden wir noch nicht heraus, was so sonderbar daran ist. Dann sahen wir uns die Gärten, die Wälder, das Dorf, die Obstgärten, den Teich und den Black Ditch an...




    "Hast Du die Buchseiten auch gehört?", unterbricht mich Lucas, als ich gerade in Fahrt komme. Mit gezücktem Stift schaut er von seinem Skizzenblock auf.




    Ich werfe einen verstohlenen Blick auf die Skizze, die eindrucksvoll aussieht, ein Geflecht aus Schraffierungen und diesen Schatten, die Lucas erzeugt, indem er mit den Daumen übers Blatt wischt. Aus diesen schwarzweißen Mustern werde ich, Maisie, entstehen.





    Solange mein Porträt noch nicht fertig ist, ist es ein Geheimnis; Lucas entgeht mein neugieriger Blick nicht, und er hält die Staffelei so, das ich nichts mehr sehen kann.




    Ich denke über seine Frage nach. Das alles ist zehn Jahre her, und damals war ich noch klein. Es ist ein einschneidenes Erlebnis, wenn man seinen Vater verliert. Ich habe es damals nicht verstanden; wenn eine Tür aufging, wartete ich immer darauf, das er hereinkam.




    Deshalb sind all meine Erinnerungen an diesen ersten Sommer in der Abtei schwer zugänglich. Sie sind so klar und bunt wie die Abbildungen auf Spielkarten, aber sobald ich sie mir genauer ansehen will, bekomme ich Angst. Ich habe dann das Gefühl, das sie nicht vollständig sind, das der Zauberkünstler, der sie ausgeteilt hat, noch welche im Ärmel verbirgt. Er kann toll mischen, wie Dan´s Großmutter, aber es ist irgendein Trick dabei. Es geht nicht mit rechten Dingen zu.


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    Sooo, da es jetzt beim Schreiben bei mir endlich klick gemacht hat, darf ich die Anfangsbilder noch mal neu machen, weil ich es falsch gemacht habe, ich werde es trotzdem erstmal so stehen lassen und mich dann eventuell heute Abend da ran setzen. Wenn ich die dann fertig habe, werde ich die Bilder einfach austauschen... *bin halt blond, da dauerts länger* lol
    Also bis dann... und wenns euch auch schon auffällt, dann sagt bitte nichts, ich weiss es selbst...


    edit: Habs geändert..

  • Danke für Eure Kommis



    Ich konzentrierte mich auf die verschlossene Tür und die trockenen Sandwiches. Finn und Julia kauern neben mir. Eine Fliege stößt brummend an ein Fenster, das seit Jahrzehnten nicht geöffnet wurde. Schliesslich meine ich auch, ein Rascheln zu hören, das von Buchseiten herrühren könnte. Doch an diesem Ort, an dem wir uns aufhalten, könnte ein solches Geräusch auch andere Gründe haben.




    Die Nonnen, die früher hier lebten, sind noch da, erkläre ich Lucas. Sie wandern durch die oberen Korridore, verweilen auf der Treppe, ihre Rosenkränze klappern, und ihre Röcke rascheln. Wenn man an Ihnen vorübergeht, betrachten sie einen, geduldig und bleich, als seien sie sicher, dass man ihnen bald Gesellschaft leisten wird.




    Sie sind seit achthundert Jahren tot - aber das hält sie nicht davon ab, hier umherzustreifen. Warum ruhen sie nicht in Frieden, wie Tote das tun sollen? Ich frage mich, warum ausgerechnet sie um mich herumgeistern und nicht die Menschen, die ich wirklich gerne sehen würde, mein Vater zum Beispiel. "Ach komm schon, Maisie", sagt Lucas, "hör auf damit. Diese Geschichte geht allen auf die Nerven, und langweilig ist sie auch. Es gibt kein Jenseits. Keinen Himmel, keine Hölle, keine Unterwelt, keinen Gott, keinen Teufel, keine Engel, Dämonen oder Geister. Und das sage ich dir jetzt zum tausendsten Mal: auch keine durchsichtigen Nonnen. Du bist ein vernünftiges Mädchen. Du weisst das ganz genau. Hör jetzt auf, dir diesen Humbug auszudenken, und sitzt still."




    Lucas ist ein Ungläubiger und hat keine Ahnung. Doch er klingt gereizt, ich muss ihn wohl geärgert haben - er langweilt sich schnell. Deshalb sitze ich jetzt so still wie eine Zwergmaus, und nach einer Viertelstunde wird er weich, was ich schon vorhergesehen habe.




    Lucas hat nämlich ein Fable für meine Geschichten. Alle anderen hier haben nie Zeit, mir zuzuhören. Nicht jetzt, Maisie, sagen sie und weichen zurück. Aber Lucas ist versessen auf Informationen, und ich bin eine gute Historikerin; deshalb geben wir ein prima Paar ab. Ich weiche der Wahrheit nicht aus wie Stella, ich schweife nicht ab wie Großvater, ich lasse die unangenehmen, aber interessanten Stellen nicht aus wie Finn und Julia. Wenn man über dieses Gebäude und diese Familie etwas erfahren will - und das will Lucas -, sollte man immer mich fragen. Ich gebe die Geheimnisse gerne preis - und es gibt ziemlich viele. Ich mag zwar ein Kind sein, aber ich bin sehr aufmerksam, und das weiß Lucas. Raus mit der Sprache, sagt Julia immer. Mich muss man da nicht lange bitten. Nein, wirklich nicht.





    "Wann ging es Stella wieder besser?", fragt Lucas mit seinem leicht ironischen Unterton. "War Julia schon immer so schön? Und Finn schon immer so verschlossen? Wer hat den Löwen in der Bibliothek erlegt? Erinnerst du dich noch an Amerkia? Nimmst du Milch oder Sahne in deinen Kaffee?"




    Er gähnt, dann blickt er mit zusammengekniffenen Augen auf, betrachtete mich genau, erschafft mich. Zwei schnelle Striche, eine Daumenbewegung. Ich mag Lucas. Er mag mich auch. Ich glaube sogar, das er mich lieber mag als meine Schwestern, obwohl ich mich da vielleicht irre. Jedenfalls verstehen wir uns gut und finden das beide angenehm. Der Hauch eines Lächelns tritt auf sein Gesicht.





    "Na komm schon Maisie", sagt er schmeichelnd. "Ich will alles wissen. Erzähl weiter."


  • Es macht mir Spass, Luca´s Scheherazade zu sein, und er wird mich natürlich auch nicht umbringen, wenn meine Geschichten zu ende sind. Aber es besteht die Gefahr, das er sich langweilt. Deshalb bekommt er nie alles von mir, was er will. Das sollten meine beiden Schwestern auch bald lernen. Seine Fragen sind nicht so unschuldig, wie sie sich anhören. Manchmal habe ich den Eindruck, dass er etwas ganz Bestimmtes erfahren will, obwohl er das niemals zugeben würde. Heute glaube ich, dass er etwas über Dan hören möchte. Deshalb werde ich ihm ein paar Brocken hinwerfen, aber eben nur ein paar - um sein Interesse nicht zu verlieren, halte ich immer mit einigen Details hinter dem Berg.




    Also mache ich ein Weilchen "hm" und "ähm" und gehe meine Erinnerungen durch. Eine sehe ich besonders deutlich, und so teile ich ihm mit, das ich etwas über Dan´s Großmutter erzählen werde, auch die böse Hexe oder die Zwergin genannt. (Den letzeren hat Julia erfunden. Er ist gemein, aber sie ist tatsächlich sehr klein)




    "Ich werde dir erzählen, wie sie uns die Zukunft vorrausgesagt und uns die Karten gelegt hat", fange ich an. Dann gerate ich ins Stocken. Da ist etwas kaltes, hartes in meinem Hals, als hätte ich versucht, einen großen Kieselstein zu schlucken. Er steckt mir im Hals fest. Ich kann ihn nicht ausspucken, aber auch nicht hinunterschlucken.




    Lucas betrachtet mich aufmerksam. Er sieht freundlich aus, obwohl bestimmt niemand Lucas als freundlichen Menschen bezeichnen würde. Manchmal denke ich, das ich ihm Leid tue, und dafür gibt es vielleicht auch Gründe - ich sitze hier in diesem Haus fest, mit meinem Großvater, der tattrig wird, mit Stella, die auf einem anderen Planeten lebt, und meinen beiden schrecklich schönen und klugen Schwestern. Man bemuttert mich, aber niemand hört mir zu. Wenn die Nonnen nicht mit mir reden würden, spräche garkeiner mit mir. Ich bin das Mädchen in der Ecke, das jeder übersieht. Brüste habe ich auch noch nicht. Doch, auf der Mitleidskala kann man mich schon recht hoch ansetzen.





    "Dan´s Großmutter - und sie hat euch dreien die Karten gelegt? Hast du mitbekommen, was sie zu Finn und Julia gesagt hat?"





    "Ja."
    "War Dan dabei?"
    "Ja."
    "Wie alt warst du damals?"
    "Warte mal." Ich tue so, als müsste ich das ausrechnen, obwohl ich es genau weiß. Ich bin der Nachzügler der Familie, der letzte Versuch, noch einen Jungen zu bekommen. Meine Schwestern sind viel älter als ich. Ich war damals fast sieben, Finn vierzehn und Julia sechszehn. "Es war an Julia´s Geburtstag", sage ich. "Deshalb sind wir zu Dan´s Großmutter gegangen. Um das Orakel zu befragen. An Geburtstagen ist das am günstigsten. Und es war Vollmond."





    "Starker Stoff." Lucas wischt wieder ein bisschen übers Papier. Wenn das so weitergeht bestehe ich nur aus Schatten.




    Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, höre ich eine vertraute Stimme in meinem Kopf. Denn Du bist bei mir, antworte ich stumm.

  • Danke! Heute Abend gehts weiter..
    Ich muss aber noch was los werden. Beim bearbeiten des zweiten Kapitels ist mir aufgefallen, das die Altersunterschiede alle so verschieden sind, das man es mit den Sims nicht ganz korrekt nachspielen kann. Deswegen kann das alles ein wenig verwirrend sein. Vorallem nachher in Kapitel2.
    Und mir ist aufgefallen, das es wirklich sehr sehr schwer ist die Handlungen zu bearbeiten, aber ich werde es so gut wie´s mir möglich ist, versuchen!


    Also, wie gesagt, heute abend gehts weiter, ich schätz so gegen 21h..

  • Zitat von BaBy2oo4

    Beim bearbeiten des zweiten Kapitels ist mir aufgefallen, das die Altersunterschiede alle so verschieden sind, das man es mit den Sims nicht ganz korrekt nachspielen kann. Deswegen kann das alles ein wenig verwirrend sein.



    Bei den Anfangsbildern war das so, als die Schwestern neben einander waren. Wenn ich bis jetzt alles richtig mitbekommen habe, dann hätte die größere der beiden, gemessen am Alter deiner Erzählerin, schon ein Teenager sein müssen.
    Aber das ist doch nicht wirklich schlimm. Jeder FS-Schreiber dürfte deine Probleme nachvollziehen können.
    Bis jetzt hast du es doch ganz gut geschafft, das Buch umzusetzen. Die Bilder wirken gut, der Anfang ist verwirrend und mysteriös genug, um Lust auf mehr zu machen.
    Am interessantesten wirkt auf mich im Moment Luca. Ich bin gespannt darauf, was er mit seinen Fragen eigentlich wirklich bezwecken will.
    Für heute hatte ich eigentlich was anderes geplant, aber jetzt werde ich heute Abend wohl doch noch mal reinschauen.

  • @Narychan: Vielen Dank, ja mehr oder weniger Teenager, also die eine ist glaub ich 14 und die andere 16 Jahre..also ja Teeni´s. Aber warte mal das zweite Kapitel ab, da gehts von dieser Vergangenheitserzählung noch weiter in die Vergangenheit.. *grummel* Ich sag ja, das es schwer ist zu bearbeiten !




    "Sitz still, Maisie", sagt Lucas. "Hör auf herumzuzappeln". Er runzelt die Stirn.




    Die Mutter Oberin steht neben mir und lächelt. In ein paar Wochen wird Isabella 23; sie hat flaschengrüne Augen und hält einen kostbaren Rosenkranz aus Jade in der Hand. Sie hat viele Verpflichtungen, findet aber immer Zeit für mich. Sie berührt meinen Arm, legt einen Finger an die Lippen, blickt auf Lucas und verschwindet dann lautlos.




    Lucas, der Ungläubige, bemerkt natürlich nichts. Draußen scheint die Sonne. Seit Wochen ist kein Regentropfen gefallen. Dieser Sommer ist golden, der schönste Sommer, den ich je erlebt habe. Wenn er zuende geht, werde ich verwandelt sein, ich spüre es. Ich werde kein Mädchen mehr sein, sondern eine Frau. Ich werde aus der Puppe schlüpfen, mit feuchten Flügeln, doch strahlend schön, eine neue Maisie!




    Nach einer Weile sagt Lucas: "Gut - es ist also Hochsommer. Der Mond ist voll. Ihr geht ins Dorf, und Oceans Tochter legt euch die Karten. Und was hat die alte Hexe den drei Schwestern verhießen, frage ich mich? Einen Schatz? Ein Erbe? Eine Reise? Bestimmt einen Schatz. Einen großen dunkelhaarigen Fremden. So einen wie mich."




    "Nein, all sowas nicht."
    "Das ist aber ungewöhnlich für eine Wahrsagerin", erwidert er trocken. Er tut jetzt so geschäftsmäßig, aber ich weiß, dass er neugierig ist, und das gibt mir ein gutes Gefühl.





    Er hält den Skizzenblock schräg, damit ich nichts sehen kann, und sagt: "Hör zu, Maisie, du kannst reden, aber beweg deinen Kopf nicht mehr. Das Licht ist perfekt. Ein klein wenig nach links noch. Mach diesen obersten Knopf auf. Prima. Gutes Mädchen. Ich bin ganz Ohr. Erzähl weiter."




    Ich denke, ganz Ohr und auch ganz Auge. Lucas hat so viele Augen wir Argus, und wenn sich eines kurz schließt, bleiben die anderen 99 offen. Ihnen entgeht nichts. Wer mit Lucas zutun hat, sollte das nicht vergessen. Und ich vergesse es auch nicht.




    Ich versuche, trotz meiner Pose entspannt zu sitzen, mich zu konzentrieren und mir einen schlüssigen Bericht zurecht zulegen. Es ist kühl und still hier in Lucas behelfsmäßigem Atelier, einem großen Raum mit Steinboden und Kuppeldecke. Er entstand unter Isabella´s Anweisungen im 13. Jahrhundert und wurde im 15. Jahrhuntert erweitert, zur Hochzeit der Abtei. Er diente einst als Refektorium und war durch Korridore mit den Kreuzgängen und den Hauptgebäuden des Klosters verbunden, doch diese Verbindungen wurden zur Zeit der Reformation vernichtet. In diesem abgeschiedenen Teil der Abtei kann man sich gut zurückziehen.


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    gleich gehts noch weiter, ich will nur erstmal eine rauchen...hihi


  • Ganz entfernt höre ich Musik - Julia hört schon wieder ihre Jefferson-Airplane-Platte -, sie hat den Plattenspieler voll aufgedreht. Von diesem fremden Hämmern und Stöhnen abgesehen, sind alle anderen Geräusche, die man hier vernimmt, typisch englisch: das Summen der Bienen, das Rascheln der Ulmen, das Blöken der Lämmer. Die sind um diese Zeit des Jahres schon ziemlich fett geworden und werden bald zum Schlachthof geschafft.




    Durch die sechs hohen Bogenfenster des Refektoriums blickt man nicht auf Gebäude, sondern auf Felder, Obstgärten und das Tal. Stella zog sich früher gerne hierher zurück. Sie wollte zu sich selbst finden, sagte sie, und dieser schöne stille Raum war ein geeigneter Ort dafür. Ja, es ist kalt hier im Winter, aber sie ist in Kanada aufgewachsen, englische Winter machten Ihr keine Angst. Sie waren kurz, und es gab selten Schnee - wo war das Problem? Doch dann entdeckte Stella die englische Feuchtigkeit, die kalte Nässe von East Anglia, die in die Knochen kriecht und alles durchdringt. Und sie merkte, wie es sich anfühlt, wenn der Wind von Osten kommt, aus Sibirien, und über die Fens fegt.




    Hier im Refektorium stößt man noch überall auf die Überbleibsel von Stella´s vielen kurzlebigen Selbstfindungsversuchen: eingetrocknete Farben aus ihrer Aquarellzeit im Frühling, die Nähmaschine aus dem Sommer, indem sie sich als Modedesignerin versuchte, die Objective aus ihrer Fotophase, die klapprige Schreibmaschine, auf der sie Kurzgeschichten schrieb. Diese Phase war die letzte, und sie hielt am längsten an. Vielleicht hat Stella sich ja inzwischen gefunden (ich frage mich, wie das geht). Vielleicht hat sie es aber auch aufgegeben, sich zu suchen. Im Refektorium hält sie sich jedenfalls nicht mehr auf.




    Das hat Lucas jetzt in Beschlag genommen. Er und Dan sind gerade aus Cambridge eingetroffen, zum letzten Mal. Sie haben die Prüfungen geschafft und kamen dann am Tag nach der Abschlussfeier mit üblem Kater hier an. "Unser letzter langer Urlaub", erklärte Dan, "der soll auch richtig toll werden."




    Dan ist jetzt oft bei uns in der Abtei; er könnte auch bei seinen Vater und seiner Großmutter im Dorf wohnen, aber er ist lieber hier. Er hat sich in seinem üblichen Zimmer im Haupthaus einquartiert und bleibt bis zum Ferienende.





    Lucas war auch schon öfter hier, aber er bleibt nie lange - er bleibt nirgendwo lange. Deshalb ist es erstaunlich, das er diesmal offenbar anderes im Sinn hat. Ich wüsste auch nicht, wer ihn eingeladen haben sollte, außer vielleicht Finn. Er hat nicht angekündigt, wann er wieder abfahren will - wenn die Ferien vorbei sind, vielleicht früher, vielleicht auch später. Lucas macht nie Pläne - oder jedenfalls spricht er nicht darüber. Er kommt, wenn ihm danach zumute ist, und verschwindet, ohne sich zu verabschieden. Ich kann damit leben, weil ich mich gut verstehe mit Lucas; für Finn und Julia ist das viel schwerer.




    Lucas legt keinen Wert auf Bequemlichkeit. Er schläft auf einer durchgesessenden alten Couch in der Ecke unter einer Decke aus Armeebeständen. Kaffee macht er sich auf einen Gaskocher. Wenn er baden möchte, geht er im Fluss schwimmen. Wenn er Hunger hat, was nicht oft vorkommt, erscheint er in dr Küche, umgarnt Stella und plündert die Speisekammer.





    Stella kann hervorragend kochen und hält Lucas für ein Genie, wogegen er keinen Einspruch erhebt, wie mir aufgefallen ist. Auf dem Tisch im Refektorium sehe ich unter einer Fliegenglocke ihre letzten Gaben für den Künstler des Hauses: Ein Stück Madeira-Kuchen, von dem er ein-, zweimal abgebissen hat.

  • Zitat von Nala15

    Rauchst du oder ist das ein Scherz? Rauchen gefährdet der Gesundheit!


    Ja ich war wirklich eine rauchen! Na und? Das fällt eh nicht mehr auf :rollauge :rolleyes :roftl

  • aHoi!
    Großes Lob :D Hab die FS gerade erst entdeckt... Ich find deine Bilder und deinen Schreibstil einfach klasse :applaus Mach bloß weiter so! Werd auf jeden Fall weiterlesen.

    [FONT="Palatino Linotype"][SIZE=2][CENTER]I've been watching, I've been waiting...
    [COLOR="#0066CC"]In the shadows for my time...

    I've been searching, I've been living...
    [color="#0066CC"]For tomorrows all my life[/COLOR]
    .:+*° :schnee °*+:.


    [/center][/color][/size][/font]

  • Danke Nala15.
    So ich war gerade mit mir am kämpfen, ich hau jetzt noch nen Teil rein..




    Daneben steht auf einer Staffelei zur Wand gedreht und mit Tüchern verhängt, das Bild, das Lucas malen soll - im Gegenzug dafür, dass er hier den ganzen Sommer umsonst wohnen kann. Es soll ein riesiges Porträt von Julia, Finn und mir werden. Dan behauptet, es sei Lucas´Opus magnum - aus diesem Jahr jedenfalls. Es soll Die Schwestern Mortland heißen; ein blöder und langweiliger Titel, finde ich. Lucas scheint nicht gerade oft daran zu arbeiten, außer vielleicht nachts.




    Ich schlafe nicht gut Nachts. Manchmal wecken mich die Nonnen, manchmal wache ich an meinen Träumen auf. Als ich wieder mal nicht mehr schlafen konnte, bin ich aufgestanden und in den Garten gegangen, und da habe ich im Atelier Licht gesehen. Lucas schließt die Läden von innen, aber sechs Lichtstreifen zeichneten sich auf den Boden ab wie goldene Gitterstäbe. Vielleicht macht er diese Skizzen von mir als Vorbereitung für das große Porträt, oder vielleicht auch nur, um sich die Zeit zu vertreiben. Ich würde Lucas gerne fragen, ob sie wichtig sind für ihn, und wenn ja, warum - aber ich weiß, das er nicht antworten würde, denn er ist verschwiegen. Da haben sich die Richtigen gefunden, würde Bella warscheinlich sagen; ich bin nämlich ein verschwiegenes Mädchen.




    Ich denke aber schon, dass sie wichtig sind, denn Lucas sagt, er will dieses Jahr vier Zeichnungen von mir machen. Also scheint ihn irgendetwas an mir zu interessieren. Die erste Zeichnung, Frühlings-Maisie, hat er in den Osterferien gemacht. An Sommer-Maisie arbeitet er jetzt gerade, und Herbst-Maisie und Winter-Maisie will er dann im Lauf des Jahres fertigstellen. Ich darf die Zeichnungen erst sehen, wenn alle vier fertig sind. Die Schwestern Mortland bleiben vorerst auch geheim - das gilt auch für Julia und Finn. Ich habe schon mehrmals versucht, einen Blick darauf zu erhaschen, aber es ist mir nicht gelungen. Wenn Lucas das Atelier verlässt, verriegelt er Fenster und Türen. Er hat eigens zu diesem Zweck ein neues Vorhängeschloss angeschafft.




    "Wie paranoid kann man denn noch sein?", sagt Julia dazu. Sie ist gerade von einem Jahr an der Uni in Berkeley in Kalifornien zurückgekommen, was man an ihren Kleidern und ihrer Ausdrucksweise merkt. "Paranoid" ist jetzt eines ihrer Lieblingswörter.




    "Na komm, Maisie, du träumst", sagt Lucas. "Sprich mit mir, sonst wird dein Gesicht zu starr. Du kannst nicht mürrisch schauen, sonst misslingt das Bild." "Ich bin nicht mürrisch", antworte ich. Aber der gereizte Tonfall ist wieder da, und ich konzentriere mich. Ich wünsche mir allmählich, dass ich ein anderes Ereignis zum Erzählen ausgesucht hätte, aber jetzt gibt es kein Zurück mehr. Dieser kalte Kieselstein steckt mir immernoch in der Kehle.




    Ich runzle die Stirn, Lucas wartet, den Stift erhoben, und ich erfülle wie immer artig seinen Wunsch und begebe mich in die Vergangenheit.





    ----->> wäre es gemein hier aufzuhören?? hihi ich tu´s einfach!!

  • Ich wollte nur sagen, heute Abend gibt es den Rest von Kapitel1. Ein Teil von Kapitel 2 habe ich zwar schon fertig, aber ich setz es erst rein, wenn ich es ganz fertig habe, ok?!! Und der 2te ist auch nicht so lang wie der erste, komischerweise. So, ca 21h wieder, denk ich!


    Nala15: Abonniere doch das Thema hier, dann kriegste immer automatisch bescheid, wenn was geschrieben wurde.


  • Ich sehe uns drei, wie wir uns an diesem Nachmittag auf den Weg ins Dorf machen. Wir gehen durch den Wald, was wir ganz selten tun. Julia hat ein neues weißes Kleid mit einem Petticoat und weißen Stickereien am Kragen an. Quasi über Nacht ist sie zur Frau geworden, und sie ist so wunderschön, das es mir in den Augen wehtut.





    Meine Schwester Finn trägt ihre üblichen alten Sachen: eine abgetragene Hose, eine zerknitterte Bluse und Sandalen. Sie ist gertenschlank.





    Ich weiß, was Julia denkt - das ist leicht zu erraten, weil sie meist nur an sich denkt -, aber hinter Finn´s Gedanken zu kommen, das ist schwierig. Sie ist kompliziert wie ein Knoten, den man nicht lösen kann.




    Meine Schwestern gehen voraus und zanken sich, ich folge ihnen. Ich habe braune Leinenschorts, kastanienbraune Sandalen und ein weißes Aertex-Hemd an, das Finn schon lange zu klein ist. Ich habe heimlich die Fünf-Freunde-Bücher gelesen (die stehen ganz oben auf Stellas Liste verbotener Lektüre) und möchte jetzt ein Junge sein, wie die unsterbliche George von Kirrin Island.




    Ich pfeife dem Hund, den nur ich sehen kann - wir hatten diesen Sommer gerade keinen Hund, wie zurzeit auch. Ich stecke die Hände in die Taschen und schlurfe hinter den beiden her. Ich zähle Bäume und benenne sie. Ich glaube, ich bin fröhlich; Fröhlichkeit ist ansteckend. Nach einer Weile hören Finn und Julia auf, sich zu streiten, und Finn - die eine sehr schöne Stimme hat - fängt an zu singen: zuerst ein Madrigal, dann geht sie lachend und hüpfend zu Blue Suede Shoes über.




    Wir treten aus dem Wald in die Hitze hinaus. Das Tal zu unseren Füßen schimmert golden in der Sonne. Die Holundersträuche hängen voller Beeren, die Äpfel sind bald reif, die Ulmen am Weg und der Weizen auf den Feldern wiegen sich im Wind. Gott hat dafür gesorgt, dass auf dem Acre Field 41 Kühe grasen. Weit oben unter dem Himmel zwitschern Lerchen. Ich atme tief ein; die englische Luft tut gut und macht mich munter.




    Finn nimmt mich an die Hand; sogar Julia ist lebhaft und lustig. Wir hüpfen, rennen und springen den Abhang hinunter.




    Unten erwartet uns Dan, wie verabredet. Er ist groß geworden, seit ich ihn zum letzten mal gesehen habe - was über ein Jahr her ist, wie mir auffällt. Früher kam er täglich in die Abtei, aber jetzt scheint er ein Bogen darum zu machen - wenn es dafür einen Grund gibt, hat man ihn mir wie üblich verheimlicht. Finn und er sind aber weiterhin befreundet. Sie war schon oft bei Dan zu Hause, doch für Julia und mich ist es Neuland - Dan hat uns nie weiter als bis zum Gartentor vorgelassen.