Beiträge von BaBy2oo4

    :( :( :(


    *heeeuuulll* Leute, das wars!!!
    Heute Morgen wurde meine Festplatte aufgefressen! Alles ist weg!
    Habe jetzt windows und Internet wieder drauf, und bin dabei sims wieder zu installieren, aber nochmal alles aufbauen, NEIN!
    Ich werde aber eine neue FS machen, sobald mir was schönes eingefallen ist. Als Entschädigung! Es tut mir sehr sehr Leid! Aber ich kann da auch nüx für. Bin selbst total traurig darüber.
    :( :( :(




    Hi, danke Gotti1836! Hatte ein schönes We und selbst? Vermißt ihr mich schon?????
    Das was damals passiert ist wird sich sicher bald aufklären. Vorerst kommt Finn aber nicht zum Vorschein. Wir bleiben erstmal bei dieser Franky, ein wenig noch. Wer sie ist und was es mit ihr aufsich hat werde ich natürlich nicht verraten. *fg*


    Ich schätze mal, morgen oder übermorgen werd ich eine FS reinsetzen. Ich will erst noch ein paar Fortsetzungen machen, sonst häng ich nachher hinterher.


    Bis danni

    Cyber19: Na, da warste wohl schneller als ich *g* Meinetwegen darfste gerne grübeln, wenn es dir dadurch besser geht *fg*


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    Das gefällt mir alles nicht: Wie sind wir von der Sprache und den Tarotkarten zu dem Amylnitrat gekommen? Ich sehe da keine Verbindung. Wie kamen wir auf Orgasmen? Wir haben ja wohl kaum ... ich kann doch nicht ... du lieber Himmel, das ist ein junges Mädchen. Ich weiß nicht, wie alt sie ist, aber jedenfalls zu jung für einen Mann meines Alters. Sie hat etwas Lolitaartiges, und ich bin schließlich nicht Humbert Humbert. Vierzehn oder Achtzehn? Ich bin nicht in guter Verfassung, und meine Synapsen verweigern den Dienst, ich komme nicht dahinter. Das sie stark geschminkt ist, macht das Raten auch nicht einfacher, aber sie könnte wohl meine Tochter sein, und auch vor Thailand, vor Tokio, als ich ihre Bekanntschaft gemacht habe und unterwegs war wie eine Flipperkugel, auch damals habe ich mich doch wohl an gewisse Verhaltensregeln gehalten. Oder etwa nicht?





    Der Raum vernebelt sich. Alles scheint in Zeitlupe abzulaufen, wie bei einem Autounfall. Ich versuche das Gesicht des Mädchens zu studieren. Ihr Gesicht beschäftigt mich. Ihr Gesicht und ihr Körper. Sie hat eine sehr hübsche Figur und ein intelligentes Gesicht, und außerdem liegt eine Botschaft in ihren ausgesprochen aparten Augen. Morsezeichen scheinen aus diesen grünen Augen zu strömen - eine Zeichenflut.
    Du meinst doch wohl nicht, was ich glaube, oder?, morse ich zurück. O doch, lautet die Antwort.





    Ich starre das Mädchen eine Ewigkeit an. Starre auf die Sachen in ihrer Hand. Ihr Gesichtsausdruck ist beredt; sie hält meine Vergangenheit in Händen, und dieselbe brüllt laut. An dieser Stelle war ich schon mal, fällt mir auf. In solche Klemmen bin ich öfter geraten, aber vor zwei Jahren konnte ich damit noch umgehen; heute nicht mehr. Wenn ich vor zwei Jahren um vier Uhr nachts in einem fremden Zimmer aufgewacht bin, habe ich meine Klamotten eingesammelt und bin auf Zehenspitzen hinausgeschlichen, ohne mich zu verabschieden. Keine Nachricht, keine Anrufe und keine Gewissensbisse; nur einen neuen Ausblick auf die Sinnlosigkeit, einen Anflug von Scham und eine nicht recht fassbare Neigung zur Schwermut.





    Ja, die Liebe-Sex-Misere ist eine öde Angelegenheit. Kein spannender Ort. War da, hab´s gesehen, hab mir das Gift-für-die-Seele-T-Shirt gekauft - und um keinen Preis der Welt will ich da noch mal hin.


    Auf keinen Fall, sorry, morse ich, und etwas im Blick des Mädchens erlischt. Behutsam nehme ich ihr die beiden Sachen aus der Hand und lege sie aufs Kaminsims zurück. Die junge Frau sagt nichts, aber sie rückt von mir ab.





    Ich platziere den Buchgutschein auf das Sims. Er ist zerknittert und verblasst, aber die Schrift kann man noch lesen. Damals, vor so vielen Jahren, schrieb ein Junge: "Herzlichen Glückwunsch zum 14. Geburtstag, Finn! Bitte kauf dir hiermit ein tolles Buch! Mit besten Grüßen, Daniel Nunn."





    Die Schrift des Jungen ist rund und kindlich. Ich machte immer noch Schnörkel ans Ende der Buchstaben, wie ich es in der Dorfschule gelernt hatte. Wie kam ich auf die Idee, "Mit besten Grüßen" zu schreiben? Und warum unterschrieb ich mit vollem Namen? Was wünscht du dir zum Geburtstag, Finn?, hatte ich sie Wochen vorher gefragt. Am meisten wünsche ich mir ein Parfum, hatte sie geantwortet. Es heißt "Taboo", Dan, und man bekommt es bei Woolworth.





    Wollte Finn nett zu mir sein, weil sie wußte, das ich wenig Geld hatte - obwohl ich monatelang gespart hatte für ihr Geschenk? Möglich, aber ich glaube, sie wünschte sich dieses Parfum wirklich. "Taboo" war ein billiges Parfum, das stark und verführerisch und erwachsen roch. Aber ich habe es ihr nicht gekauft. Nicks Mutter hat es mir ausgeredet. Sie hatte leichtes Spiel, denn ich lebte in ständiger Angst, etwas falsch zu machen, etwas Falsches zu sagen oder mich als, tja, als Abschaum zu entpuppen. Deshalb hörte ich auf Mrs. Marlow und kaufte dieses "weniger persönliche und passende" Geschenk für Finn. Ich konnte es ihr nicht selbst überreichen; ich wäre mir wie ein Verräter vorgekommen.





    Ich lehne den Buchgutschein an die Kaminwand, stelle die filigrane Elfenbeinkugel daneben, die ich unten mit einem Haftstreifen gesichert habe. Die Kugeln im Inneren drehen sich. Auch die hat Großmutter aus der Abtei mitgehen lassen; sie hat mir die Kugel geschenkt, als ich sieben war, ein paar Wochen, bevor die Mortlands aus New Mexico zurückkehrten. Die wird keiner vermissen, Danny. Wenn jemand danach fragt, sage ich einfach, sie sei kaputtgegangen. Und du gib nun gut darauf Acht.


    Ich lege das letzte Stück Weg zu meinem Haus zurück. Mein wirklich großes Haus, das ich auf Speed gekauft habe, als ich nicht recht bei mir war; mein heruntergekommenes Haus, für das ich viel zu viel bezahlt habe, ein paar Sekunden, bevor die Immobilienpreise in den Keller fielen; mein unrenoviertes Haus, das ich vor zwei Jahren unbedingt haben wollte; mein Haus - fünf Stockwerke, die mir meine Selbstüberschätzung vor Augen halten. Mit einer Hypothek belastet, die sich mit den Schulden der Dritten Welt messen kann; steigende Zinssätze, mit den Zahlungen im Rückstand ... die Pfändung droht, aber auf diesem Wege werde ich es dann endlich los. Demnächst bin ich bankrott, aber das geht schon klar. Ich war schon auf wichtigeren Ebenen bankrott, ich kann damit umgehen.





    Neben dem Tor steht das jüngste Schild mit der Aufschrift "zu verkaufen". Einer der vielen Irren aus der Gegend hier hat was gegen solche Schilder und führt Krieg gegen sie. Sobald wieder irgendwo eines steht, hackt er es ab. Dieses hier stand volle vierundzwanzig Stunden, eine Rekordzeit. Aber jetzt mußte es dran glauben und lehnt an der Gartenmauer und - was ist das? Ich habe tatsächlich Besuch. Ich bleibe verdattert stehen. Auf der Mauer sitzt eine junge Frau, die sich vor nächtlichen Bedrohungen wie Malc und Konsorten nicht zu fürchten scheint. Ein Mädchen, und zwar ein hübsches Mädchen, soweit ich das im Licht der Straßenlaternen erkennen kann. Sie ist wie eine exotische Straßenkämpferin aufgemacht, wirkt aber ruhig und zurückhaltend.
    "Na endlich", sagt sie und springt von der Mauer. "Ich warte schon seit über einer Stunde auf dich, Dan."





    Das scheint ihr Kummer bereitet zu haben. Aber ich habe dieses Mädchen noch nie gesehen. War ich mit ihr verabredet? Ausgeschlossen. Mein Leben ist seit einem Jahr verabredungsfreie Zone, wenn man von Ärzten, Bestattern und Wunderbar absieht. Sie steigt hinter mir die Treppe hinauf und manövriert sich irgendwie durch die Haustür. Ich schließe sie hinter ihr, während Malc und seine Mannen draußen johlen, schalte das Licht ein und nehme die Besucherin in Augenschein.





    Sie blickt mich etwas kurzsichtig an und scheint nicht die Absicht zu haben, mir auf die Sprünge zu helfen. Doch dann taucht ganz verschwommen eine Erinnerung auf, die mich nicht eben mit Behagen erfüllt. Ein Club oder eine Party, vor etwa huntert Jahren. Stroboskopblitze, das man zum Epileptiker werden konnte, Alkohol und Koks im Überfluss. Trance, House und Techno. Mich beschleicht das unangenehme Gefühl, dass getanzt wurde - und das noch peinlichere Gefühl, dass auch ich getanzt habe. Damals war sie wie ein Nymphchen aufgemacht, heute Abend eher wie eine laszive Kickboxerin, aber doch, ja, sie ist es. Das Amylnitrat-Mädchen.





    Hat sie einen Namen, diese Magierin, diese Circe, die mich mit dem Zauberstoff für den verlängerten Orgasmus ausgestattet hat? Ich glaube ja, irgendeinen jungenhaften ehrlichen Namen - und plötzlich ist er wieder da: "Frankie", sage ich und eile hinter ihr her. Dieses Mädchen vergeudet keine Zeit, sie ist schon ins Wohnzimmer geschlendert und betrachtet die Sachen auf meinem Kaminsims. "Frankie, es ist irgendwie kein günstiger Zeitpunkt ... "





    Oder sowas in der Art. Der genaue Wortlaut spielt keine Rolle, denn die Amylnitrat-Nymphe hört mir sowieso nicht zu. Sie betrachtet eingehend diese Objects: eine chinesische Elfenbeinkugel und ein alter Buchgutschein. Sie nimmt beides in die Hand, betrachtet die Sachen und blickt mich fragend an. Nach einer Weile scheinen meine Worte bei ihr anzukommen. "Doch", erwidert sie. "Es ist sogar ein sehr günstiger Zeitpunkt, Dan. Ich habe heute Abend das Tarot gelegt, und die Karten waren echt eindeutig?"





    Sie hat sich zwei Patzer in einem Satz geleistet. Es gibt ein paar modische Marotten, die ich auf den Tod nicht ausstehen kann: Die eine ist diese verblödete aus den USA importierte Angewohnheit, Aussagen so klingen zu lassen, als seien sie Fragen. Die andere ist der Gebrauch von Füllwörtern wie "echt". Ich weiß, das ich pedantisch und antiquiert und verbissen und bedauernswert bin - aber, verflucht, ich arbeite mit Wörtern, oder habe es wenigstens getan, und Sprache ist mir wichtig. Der Pedant in mir sollte das Mädchen also nach Hause schicken, und zwar echt sofort. Andererseits sieht sie aus, als verkneife sie sich ein Lächeln, und ihre Augen funkeln ziemlich vergnügt, vielleicht hat sie das also mit Absicht gemacht, um mich zu ärgern; dann muß sie über diese Ansichten von mir im Bilde sein, das heißt ... ich muß mit ihr darüber geredet haben.





    Schlagartig mache ich mir wirklich Sorgen. Was habe ich ihr sonst noch erzählt? Und was habe ich getan? Ich habe das Gefühl, dass unsere Begegnung sich auf diesen Club und diese Tanzfläche beschränkte. Aber ich kann mich nicht mehr auf mein Gedächtnis verlassen, das manchmal beschönigt und einzelne Sequenzen rausschneidet. Vielleicht lief da noch mehr. Vielleicht sind wir zusammen irgendwo gegangen, wo es zu Vertraulichkeiten kam ... wie zum Beispiel Äußerungen über mein Sprachgefühl und Offenbarungen über meine verstorbene Großmutter und ihre Tarotkarten.



    -geht nachher noch weiter-

    Kapitel 15
    Die Liebe-Sex-Misere




    [B]Ich schleiche nach Hause. Tappe die Upper Street entlang und trauere um Großmutter, die Essen für mich mitgehen ließ, Bücher für mich klaute. Wir hatten ein einziges Buch zu Hause, die Bibel. In der Bibliothek der Abtei standen zweitausend - Maisie und ich haben sie mal gezählt.[/B]





    Ich betaste das Foto von Finn in meiner Tasche. Am Kreisverkehr an der Highbury und Islington überquere ich die Straße - der geeignete Ort, sich von einem Sattelschlepper überfahren zu lassen; es ist ziemlich schwer, das hier zu vermeiden.





    Ich trete den öden Marsch durch die Highbury Fields an, die keinerlei Ähnlichkeit haben mit den Feldern meiner Kindheit. Die Wiesen von früher sind heute ein Stadtpark mit trüben Laternen und aufgeplatzten Asphaltwegen, auf den Rasenflächen liegt überall Hundekacke. Alle zwei Meter steht ein Verbotsschild: Skaten verboten, Radfahren verboten, Hunde an die Leine nehmen, Hunde dürfen nicht hinkacken. Bestimmt kommen demnächst Schilder mit Aufschriften wie: Mord verboten, Raubüberfall verboten, Sexdelikte verboten.





    An der Straßenecke vor meinem Haus lungert eine Horde Jugendlicher mit Kapuzenshirts herum. Sie sind immer da; mal sind es mehr, mal weniger, aber weg sind sie nie. Es läßt sich schwer sagen, was sie da eigentlich treiben - und ich habe in den letzten Wochen ziemlich viel Zeit damit zugebracht, sie zu beobachten, da ich nichts zutun hatte, außer Anrufe zu machen, auf die keiner reagiert, über Rasierklingen zu sinnieren oder meinen Lebenslauf neu zu schreiben.





    Warscheinlich dealen sie mit Drogen; vielleicht hängen sie aber auch einfach nur rum. Einer von ihnen - der mir der Boss zu sein scheint, er heißt Malc - hat sich kürzlich eines von diesen protzigen Handys zugelegt, die man immer bei den Bankern sieht. Es ist so groß wie ein Ziegelstein und scheint inzwischen mit seinem Ohr verwachsen zu sein. Mit wem redet er bloß?





    Ich mache Fortschritte mit Malc. Werde sozusagen von ihm befördert. Früher hat er mich aggressiv angeglotzt, nun schaut er einfach nur her. Als ich diesen Nachmittag positiv gestimmt zu dem Wunderbar-Fiasko aufbrach, hob ich im Vorbeigehen die Hand und sagte: "Hi, Malc". Woraufhin er die Faust hob und "Yo, man" erwiderte. Er hat mich zum ersten Mal offiziell zur Kenntnis genommen. Und er war der erste Mensch seit fünf Tagen, der mich angesprochen hatte. Ich war ihm dankbar.





    Ich lerne schnell. "Yo, Malc", krächze ich, als ich mich in dem gruftigen Licht von der Seite nähere und mich frage, ob Malc und seine Jungs mir jetzt die Arbeit mit den Rasierklingen abnehmen werden. Malc gibt einen animalischen Laut von sich, und seine Kapuzen-Kumpel - betrachte sie einfach als Mönche, sage ich mir - kriegen sich nicht wieder ein. Sie klatschen sich gegenseitig ab, machen anzügliche Gesten und lachen sich halb schlapp. Malc hatte gesagt "hassesuch", was ich nicht so schnell deuten konnte, aber schließlich komme ich dahinter: Er wollte mir mitteilen, dass ich Besuch habe.





    Sehr komisch, Malc. Das Leben ist zwar eine Party, und ich habe ja ständig Besuch von den Mülleuten, die an die Tür klopfen, und dem Milchmann, der einmal die Woche vorbeischaut, aber heute Abend bin ich nicht in Stimmung für Gäste. Eher in Stimmung, den Kopf in den Gasofen zu stecken. Julia hat immer diese Wirkung auf mich. Es ist nicht gerade erheiternd, wenn man sich anhören darf, wie grässlich und grob und widerwärtig man ist. Am liebsten würde ich zurückgehen, an die Tür klopfen und verkünden: Ich bin jetzt ganz anders, Julia. Keine gute Idee. Ich spüre wieder diesen Schmerz in der Brust.



    "Warum hast du ihn hier her gebracht? Was hast du dir dabei gedacht, Nick? Du kennst ihn doch. Er macht alles kaputt und zerstört alles, was ihm unter die Finger kommt ... "
    "Julia, er hat eine Pechsträhne; er hat keinen Job, sein Vater ist kürzlich gestorben, und es geht ihm nicht gut. Er sah aus, als hätte er seit Tagen nicht mehr geschlafen und nichts mehr gegessen. Was hätte ich denn tun sollen?"
    "Lieber Himmel, mir ginge es auch nicht gut, wenn ich zugekokst wäre bis unters Schädeldach. Bestimmt hat er dir eine rührselige Story aufgetischt - da ist er gut drin. Wieso durchschaust du das nicht? Er war immer ein doppelzüngiger Lügner. Er ist ein grässlicher Mann, und er war auch schon als Junge grässlich - Finn ist er nachgelaufen wie ein herrenloser Hund, bei Großvater und Stella hat er sich eingeschmeichelt, und dann wohnte er in diesem ekligen Saustall mit dieser alten Hexe von Großmutter. Diese beiden waren ewig am Schnorren. Sie hat alles Mögliche geklaut - Essen, Kleider, Briefpapier, was auch immer. Sie war echt dreist. Auf Bücher war sie besonders scharf. Einmal hab ich sie mit einem ganzen Arm voll in der Bücherei erwischt, und weißt du, was sie da zu mir sagte? Sie hat behauptet, Großvater hätte sie ihr geliehen. Gott, diese Kreatur konnte nicht mal englisch sprechen, geschweigedenn lesen."





    "So was nennt man Armut, Julia. Du kannst Dan wohl kaum für die Lebensumstände seiner Großmutter verantwortlich machen."
    "Ja, ja, schon gut - schau nur nach, ob das Silber noch da ist. Oder ob du noch Whisky hast. Mit leeren Händen ist der Kerl bestimmt nicht verschwunden. Irgendwas hat er auf jeden Fall geklaut, das weiß ich ganz genau. Oh, ich sehe, du hast ihm was zu Essen gemacht. Toll. Echt klasse. Hat er inzwischen bessere Tischmanieren? Oder hält er das Messer immer noch wie ein Stift und redet mit vollem Mund?"
    "Großer Gott, Julia. Sprich leiser. Du weckst ja Tom wieder auf."





    "Ich rege mich eben auf, zum Teufel. Ich finde die Vorstellung widerwärtig, dass er sich hier aufgehalten hat. Ich warne dich: Wenn du das nächste Mal den Samariter spielen willst, lass es lieber bleiben. Dan hat in deinem Leben nicht zu suchen, er macht allen Leute nur Scherereien und bringt Unglück. So war er immer, und so wird er auch immer bleiben. Frag doch Finn. Denk an Maisie. Wenn Maisie nicht soviel Kontakt mit ihm gehabt hätte und er ihr nicht diese ganzen elenden Geschichten erzählt hätte, wäre der Unfall nie passiert."


    "Das ist doch albern. Was mit Maisie nicht stimmte - und das war eine ganze Menge -, hatte nichts mit Dan zutun. Maisie war krank, sieh´s, wie es ist, Julia."





    "Und was er mir angetan hat, spielt auch keine Rolle? Diese Kampagne damals? Das war ein typisches Beispiel für die Machenschaften des lieben Dan. Der Dreckskerl hat mich reingelegt. Monatelang haben sich die Leute über mich lustig gemacht. Und dann hat er diese bösartigen Gerüchte über mich in die Welt gesetzt."
    "Die gab es vorher schon. Halte dich wenigstens an die Tatsachen."


    "Dann halte du dich auch an die Tatsachen. Wenn du nämlich nicht so blind wärest, würdest du sehen, wie er wirklich ist. Er ist ein verschlagener, verlogener arriviste - er ist Abschaum. Er macht überall nur Streß, er ist drogensüchtig, und ich werde nicht zulassen, dass er auch nur in die Nähe meines Sohnes kommt. Fertig aus."





    "Er ist Toms Pate. Und mein Freund. Mein ältester Freund."
    "Dann lass ihn fallen. Alle anderen haben´s schon getan."
    "Vielleicht lege ich keinen Wert darauf, das zutun, was alle anderen tun. Dabei sollten wir es jetzt belassen, finde ich."
    Nicks Tonfall ist eisig.





    Einen Moment lang herrscht Schweigen. "Herrgott, was bist du doch für ein gigantischer Starrkopf", faucht Julia. Dann fragt sie beunruhigt: "Was ist das für ein Geräusch?"


    Ich höre es jetzt auch - etwas hat schon während des Streits im Hintergrund gerasselt und geächzt, doch jetzt sind die Geräusche lauter geworden. Erschrockene Ausrufe, dann plötzlich starker Kaffeegeruch und ein Aufschrei von Julia. Ein Rumpeln wie bei einem Erdbeben. Houston, wir haben ein Problem.





    Die Espressomaschine explodiert. Sie scheint förmlich in die Luft zu fliegen. Es knallt fürchterlich. Ich bleibe auf der Treppe stehen, um mich zu vergewissern, dass niemand verletzt wurde, dann schleiche ich mich davon wie ein geprügelter Hund.
    Der Aktenkoffer ist nicht so wichtig, beschließe ich. Er diente ohnehin nur als Requisite - und war leer.

    Ich bin ja ein wenig enttäuscht von Euch, aber ihr bekommt trotzdem noch Stoff bis Montag. Da wir doch erst morgen fahren, kann ich noch was schreiben *gg*


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    Nick hat das Taxi offenbar auch vorfahren hören. Er kommt in die Küche geschossen, bevor Julia den Schlüssel aus dem Schloß ziehen konnte. Früher zu Hause. Auf frischer Tat ertappt. Nick und ich brauchen nichts zu sagen - wir sind uns über unsere missliche Lage vollauf im Klaren. "Julia hat morgen früh Drehbeginn der neuen Serie - es ist in der Stadt, sie wird um sechs abgeholt", raunt Nick, als ich zur Treppe husche. "Ich ruf dich an, wenn ich zum Krankenhaus aufbreche, um halb sieben. Oder ist das zu früh?"





    "Und keine Pillen mehr, Dan", fährt er fort, als wir die Treppe hinauflaufen. "Kein Dope, kein Alkohol, gar nichts - und morgen früh lassen wir uns was einfallen. Versprichst du´s mir?" "Ich versprech es dir. Felsenfest. Ehrenwort. Ich hab sowieso nichts mehr."
    Nick und ich, ein Zwei-Mann-Trupp auf gefährlicher Mission. Wir hätten Funkstille halten sollen, denke ich. Ob Julia uns gehört hat? Bestimmt. Sie ist wie eine weibliche Radarsonde.





    Die Begegnung erfolgt in der Diele und ist kurz und knapp. Julia kann gerade mal ein vernichtendes Lächeln aufsetzen und mich flüchtig auf die Wange küssen. "Dan - das ist ja eine tolle Überraschung", ruft sie aus. "Du gehst doch nicht etwa schon, oder?" Gut gezielt: die volle Ladung mitten ins Gesicht. Fünf Sekunden - und ich bin vor der Tür. Sie hat keine Sekunde vertrödelt.





    Die Tür fällt zu, und ich spaziere davon, betrachte dabei die anderen Häuser in dieser vornehmen Wohnanlage. Als Nick und ich damals in unserer Studentenbude in der Nähe wohnten, gab es hier nur heruntergekommene Pensionen; jetzt schreit förmlich jedes Oberlicht "Sanierung". Ich tappe diese triste Straße entlang - da fällt mir ein Aktenkoffer ein.





    Habe ich ihn in der Diele oder in der Küche stehen lassen? Ich husche zurück, bleibe zögernd auf der Treppe stehen. Eine Ewigkeit starre ich grimmig auf die beiden lutscherförmigen Lorbeerbäumchen in Töpfen - die sind aber nicht stilecht, Julia. Als ich mich endlich entschließe, an die unheilvolle Tür zu klopfen, geht direkt unter mir ein Schiebefenster auf. Zigarettenrauch weht herauf, und ich höre Julias Stimme. "Du hast ihn wahrhaftig hier allein gelassen?", fragt Julia. "Bist du noch recht bei Trost? Ich kriege keine Luft mehr hier drin. Das ganze Haus stinkt nach Rauch - und ich hab es sofort gerochen, als ich reinkam. Wirklich, besten Dank auch, Nick, er hat hier rumgeschnüffelt, meine Schränke aufgemacht, das Zeug an meinem Memo-Brett verschoben. Wie konntest du den hier reinlassen? Sag mir, dass du ihn wenigtens von Tom fern gehalten hast."





    "Er hat Tom nicht mal gesehen. Ich war bei Tom, deshalb habe ich Dan überhaupt alleine gelassen. Tom hatte wieder einen Albtraum, und ich war höchstens zehn Minuten bei ihm. Reg dich ab - das ist doch lächerlich."
    "Wo hast du ihn getroffen? Ich kann es einfach nicht fassen. Hast du dich mit ihm verabredet?"
    "Nein. Ich bin ihm zufällig am Piccadilly begegnet. Ich kam gerade aus dem Krankenhaus und wollte zu Hatchards, ich brauchte noch ein Buch."





    Interessant, denke ich und beuge mich eifrig lauschend über das Geländer; Nick kann also lügen. Und zwar flüssig, ohne zu zögern. Warum will er Julia verheimlichen, dass er sich Lucas´Retrospektive angeschaut hat? Warum hat er das so routiniert vorgebracht? Der ehrbare Nick hat es sich doch wohl nicht zur Gewohnheit gemacht, seine Frau anzulügen? Aber da fällt mir ein, dass er auch mir nicht die Wahrheit gesagt hat, was die Ausstellung betraf.


    "Hi, Fanny, wie geht´s dir so?", fragte ich sie damals bei der Taufparty. Die anderen vierzig Gäste nahm ich kaum wahr, nur die wunderbare Finn, die mit Nick und ihrem Exgatten Lucas sprach.
    "Besser als dir jedenfalls", antwortete Fanny. "Das ist dein fünftes Glas Wein in einer halben Stunde. Ich hab mitgezählt."
    Das fehlt mir gerade noch, dachte ich: eine vorsitzige Elfjährige. "Du hast Recht, Fanny", erwiderte ich. "Ich bin eben nervös."
    "Das bist du doch immer. Hör auf, dich wegen Finn verrückt zu machen, und rede lieber mit ihr. Den Nicey-Spicey-Spot fand ich toll, vor allem die tanzende Gewürznelke. Echt super."
    "Danke Fanny. Wie läuft´s in der Schule?"
    "Gott, bist du blöde", erwiderte sie. "Ein echter Volltrottel!"
    Abgang Fanny. In der Pubertät passieren die sonderbarsten Dinge mit den Leuten. Ich starre auf das Brett. Bilder von Julia, auch eines mit Lucas bei der Vernissage seiner Retrospektive ... und dann, der Gral, nach dem ich gesucht habe. In einer Ecke, fast versteckt unter dem Wust von Klebezetteln: Ein Foto von Finn.





    Ich wußte, dass irgendwo eines sein mußte - sie ist schließlich Julias Schwester. Finn ist zur Frau geworden, und dann der erste Schock: Sie hat ihre schönen Haare kurz schneiden lassen, und sie sind hell und ausgebleicht von der Sonne Afrikas. Sie trägt weite Khaki-Shorts und ein T-Shirt; ihre langen Beine sind braun, und sie wirkt dünner, als ich sie in Erinnerung habe, obwohl sie immer schon sehr schlank war. Sieht sie älter aus? Schwer zu sagen; sie trägt eine dunkle Sonnenbrille.





    Sie steht bei einer Gruppe schwarzer Kinder, die ängstlich in die Kamera schauen; wer hat dieses Foto gemacht? Sie stehen irgendwo im Niemandsland, im Busch - könnte in Botswana sein, in Mosambik oder Äthiopien oder wo Finn gerade im Einsatz ist. Sie hat ihr Literaturstudium in Cambridge aufgegeben, als sie Lucas heiratete. Nach dem Verlust ihres Kindes und nach der Scheidung setzte sie ihre Ausbildung fort, machte ihren Doktor in - ausgerechnet - Agrarökonomie. Seit sie England vor neun Jahren verließ, arbeitet sie für irgendeine Abkürzung - und mir will nicht mehr einfallen, wie sie hieß: WHO?





    Sie ist Expertin für Dinge, von denen ich nicht das Geringste verstehe: Bewässerung, Wasserreinigung, Bilharziose, Impfprogramme, UN-Mittel und landwirtschaftliche Förderung in der Dritten Welt. Sie macht ihre Sache gut. Sie arbeitet an Orten der Welt, an denen ich noch nie gewesen bin, hat kein zweites Mal geheiratet und schickt mir Karten mit Rotkehlchen zu Weihnachten. Ich weiß nicht, wo sie ist, und ich weiß auch nicht mehr, wer sie ist - und diese aufgezwungene Unwissenheit (sie beantwortet meine Briefe nicht) schmerzt mich, tut mir körperlich weh. Meine Brust tut weh. Als ich das Bild betrachte, fällt mir das Atmen schwer: Liebe und Verlust verursachen wirklich Schmerzen am Herzen, stellte ich fest. Sie klemmen die Aorta ab; ich muß daran denken, wenn ich das nächste Mal mit Zynikern rede.




    Meine Finn gibt es nicht mehr - als ich dieses Foto sehe, begreife ich das endlich. Wenn ich an Finn denke und von ihr träume, wenn ich aus hitzigen Träumen und schönen Vorstellungen erwache und einen seligen Moment lang im Dunkeln glaube, dass sie bei mir sei, dass ich sie berühren kann, dann habe ich es mit einem Geist zutun. Denn ich sehe Finn immer vor mir, wie sie vor zwanzig Jahren war, ein bezauberndes Mädchen, das sich vor nichts und niemandem fürchtete. Heute ist sie eine Frau Doktor mit kurz geschorenen Haaren und einer anderen Identität. Sie hat sich weiterentwickelt; ich habe mich zurückentwickelt. Es ist also nicht erstaunlich, dass sie meine Briefe nicht beantwortet, auch wenn sie mit viel Feingefühl geschrieben sind; warum soll sie die Bitten eines vierzehnjährigen Mittvierzigers erhören?





    Ich klaue das Foto. Keiner wird es vermissen, und falls doch, ist es mir einerlei. Ich brauche es nötiger als Julia. Ich stecke es ein, und weil Nick noch immer nicht wieder da ist - was, zum Teufel, treibt er so lange -, beschließe ich, den Kaffee selbst zu kochen.





    Etwas so großartiges wie Rührkaffee lässt sich in dieser Küche nicht auftreiben; weit und breit keine Spur von meinem geliebten Nescafé. Aber es gibt eine Espresso-Maschine. Da ich technische Geräte aller Art hasse, nähere ich mich dem Ding mit Misstrauen. Es hat mehr Hebel, Ventile und Knöpfe als eine dieser Maschinen auf der Intensivstation und verfügt über Diagramme zum Gebrauch, die für Dreijährige entworfen zu sein scheinen. Für mich wäre es einfacher, Linear B oder den Enigma-Code zu entziffern, aber irgendwann kapiere ich es. Ich gieße Wasser in eine vielversprechende Öffnung und im Morgengrauen gepflückten, organisch angebauten Freihandelskaffe in eine andere. Dann drücke ich ein paar Knöpfe, und es tut sich was. Houston, wir starten. Es gurgelt und blubbert verheißungsvoll - und dann höre ich noch andere Geräusche. Ein Tuckern, und, Schei*e, die Haustür wird aufgeschlossen.


    Aber wenn sie nicht im Scheinwerferlicht stand, lachte Julia nicht darüber, sondern sie tobte vor Wut. Was ich deshalb so genau weiß, weil sie ihre Wut an mir ausließ. Sie war irgendwie zu dem Schluß gelangt, dass sie mit dem "so oder so" Spot zum Gespött der Leute gemacht werden sollte. Und sie war ferner der Ansicht, dass ich die Gerüchte über ihre Vergangenheit und ihre persönlichen Schwachpunkte in die Welt gesetzt hatte und für die derben Witze über sie verantwortlich zu machen sei. Kann sein, das Letzteres zutrifft, Ersteres hingegen nicht - ich stehe Nick viel zu nahe, um Gerüchte über Julia in Umlauf zu bringen. Aber ob ich nun dafür verantwortlich war oder nicht - Julia hatte mich jedenfalls im Visier. Und im Rückblick muß ich sagen, dass diese Kampagne alles veränderte. Danach wurde ich in die Verbannung geschickt. Ich verlor mein Selbstvertrauen und hatte keine Freude mehr an meinen Erfolgen, während Julia inzwischen an ihrer Karriere feilte.






    Sie war nicht bereit, sich mit einer angesagten Kochsendung zufrieden zu geben; sie war über den Journalismus und auch durch eine Portion Zufall in diese Medienwelt geraten. Nachdem sie jahrelang die richtigen Leute zum Abendessen eingeladen hatte, gab man ihr eine Pilotsendung und eine Serie, und sie war ein Star. Als sie durch die Werbung entgültig etabliert war, baute sie ihre Karriere in andere Richtungen aus. Julia war der erste Mensch, der in meiner Anwesenheit das Wort "Lifestyle" von sich gab, und das auch noch, ohne rot zu werden. Und das blieb ihr Thema. Wenn man heute ein paar hunderttausend übrig hat, kann man sich eine von Julias Firmen kommen lassen, um das Haus einzurichten. Wenn man nicht in dieser Liga spielt, auch kein Problem: Man kann sich Stoffe oder Geschirr aus ihrer Produktion kaufen. Es gibt eine batterie de cuisine von Julia Mortland, und wenn man ganz arm dran ist, kann man sich immerhin noch mit JM-Wandfarbe zufrieden geben: fünfundsiebzig Schattierungen von Eierschale. Es ist widerwärtig.





    Ich starre Julias Wände an. Julia ist ein Markenartikel. Sie ist quasi Millionen wert. Ihre Farben haben alle raffinierte Namen. Sie heißen Drosselkehle oder Reiherflügel. Wenn ich mich nicht sehr irre, ist das hier Feldlerche.





    Wie viele Lerchen schwirrten über den Feldern meiner Kindheit? So viele wie es Blätter im Herbst gab, scheint mir. Nun sind sie alle verschwunden wie der Dodo: Ich habe nicht einen einzigen gesehen in Wykenfield, in all den Monaten, in denen ich meinen Vater betreute. Keine Lebensräume mehr? Zu viele Pestizide? Ich kenne das Gefühl. Hector McIver hat seine Felder im letzten Sommer fünfmal mit Pestiziden besprüht. Andererseits können Gifte aller Art auch ganz nützlich sein. Ich klopfe meine Taschen ab. Ich starre auf die Obstschale. Soll ich es wagen, einen Pfirsich zu essen? Soll ich es wagen, einen Zigarette zu rauchen? Ich finde, ja, sogar in Julias geheiligten Räumen: Ich werde jetzt ruhelos, und ich muß irgendwie um die Flaschen rumkommen. Raus mit den Kippen. Gott sei Dank habe ich die nicht auch weggeworfen.






    Rauch in die Lunge ziehen: fühle mich sofort besser. Ich stöbere weiter herum und entdecke - eine Schatzgrube.
    Neben einer blitzsauberen Waschküche stoße ich auf ein wohlorganisiertes Memo-Brett mit Klebezetteln unter der Überschrift: SOFORT! Ich studiere sie.
    Perpetua - Tom zur Mathenachhilfe bringen. Juanita; Böden polieren! Reinigung! Wäsche! Tierarzt anrufen! Fensterputzer anrufen! Perpetua - bitte Toms Schränke aufräumen! Ich füge einen eigenen hinzu: Julia, Vorsicht! Dein Mann will dich verlassen!
    Den klebe ich in die Sparte ganz oben, die mit SOFORT! überschrieben ist. Dann überlege ich es mir anders und zerknülle den Zettel. Wie soll ich dieses belastende Beweisstück nun loswerden? Aufessen vielleicht? Nein, ich verbuddele es unter Eierschalen in dem duftenden Müllsack im schön sauberen Abfalleimer. Dann zieht es mich mit Macht zurück zu dem Memo-Brett, denn da sind auch Fotos angesteckt. Ich betrachte sie eingehend: einige von Nick und Tom, älteren Datums. Einige von Tochter Fanny, und die sind echt alt, denn darauf sieht sie genauso aus wie vor neun Jahren: ein kritisch blickendes Mädchen mit Brille.


    Von Nick noch keine Spur. Ich streife durch die Küche. Weil ich nervös werde und mich von den Flaschen ablenken will, durchstöbere ich la Julias Küchenschränke: Hauptsache Zerstreuung. Hier gibts keine E-Codes auf den Packungen, das steht fest. Fünf Sorten Balsamico-Essig, acht Varianten kalt gepresstes Olivenöl. Gläser mit eingelegten Anchovis, Dosen mit Thunfisch, der nicht in Treibnetzen gefangen wurde, sechzehn unterschiedliche Pasta-Sorten, neun Arten getrocknete Bohnen und Linsen in hübschen Gläsern. Geräucherte Paprika, Laksa-Paste, madegassiche Vanillebohnen, getrocknete Pilze, Maulbeermarlmelade, Kapern, Kabeljauaugen, Haihoden, eingelegtes Igelhirn - alles, was teuer, selten oder gerade in ist, findet sich in la Julias Schränken. Vermutlich hat sie selbst erst dafür gesorgt, dass die Sache in ist.





    In der weit entrückten Vergangenheit, in der Julia noch mit mir sprach, habe ich mal eine Kampagne mit ihr gemacht. Sie hieß "so oder so".





    Es war eine klassische "Vorher-Nachher-Geschichte", aber mit einem Schuß postmoderner Ironie (das behaupten wir wenigstens, weil man mit dem Argument überall durchkam). In dem "Vorher-Teil" des Spots sah man, wie eine junge Schlampe irgendeinen namenlose widerliche Pampe aus einer Dose in einen schrecklichen Topf schüttet. Küche wie im Albtraum: dreckiges Resopal, kreischende Gören, fetter Ehemann mit Kippe im Mundwinkel und Revolverblatt vor der Nase. Diese Frau ist sichtlich als Mutter und Ehefrau eine Versagerin: Der Mann ist der klassische Kandidat für einen Herzinfakt, die Kinder werden als nächstes rumballern und Autos klauen - und alles nur, weil Mama sich keine Mühe gibt und nicht bereit ist, ein paar Pennys mehr auszugeben.





    Auftritt der Walküre im "Nachher-Teil": die schöne Julia, strahlend und gelassen, das Rheingold-Haar fällt schimmernd über ihre Schultern. Küche wie aus dem Paradies: rostfreier Stahl, Gatte mit dreiteiligem Anzug und sechsstelligem Einkommen, zwei höfliche Klonkinder in Schuluniformen und auf dem Herd ein Designertopf, in den Julia das Produkt gießt. Welches selbstredend in kompostierbarer Verpackung auf den Markt kommt und aus ökologischem Anbau stammt.





    Julia fand allerdings, dass es Schrott sei, und man mußte ihrem ohnehin satten Honorar noch einige Nullen anfügen, damit sie sich für den Spot hergab - womit ihre Bestechlichkeit endgültig bewiesen war.





    Sie können es so machen, hörte man Julia säuseln, während man die in Bälde verwitwete Schlampe mit der namenlose Dosenpampe zu sehen bekam. Oder sie können es so machen, fuhr sie fort, als die Traumküche für Yuppies im Bild war. Entscheiden Sie selbst, raunte sie, als der Gatte genießerisch an dem Produkt schnüffelte, ihr den Arm um die Taille legte und den graziösen Hals küsste, während Julia - die den ironischen Flirt mit der Kamera zur Kunstform erhoben hatte - uns allen einen vielsagenden langen Blick zuwarf, dem zu entnehmen war, dass ihr schmucker Gemahl heute Abend nicht nur in den Genuß eines Fertiggerichts kommen würde.





    Julia spielte beide Rollen. Die Maske hatte sich selbst übertroffen: Sogar gute Freunde von Julia erkannten sie in der Schlampenaufmachung erst, nachdem sie den Spot drei- oder viermal gesehen hatten. Und die Leute fanden das toll; es gab haufenweise Artikel - und damit Gratiswerbung - zu der Frage, wie uns diese überzeugende Verkleidung gelungen war.





    Die Verkaufszahlen stiegen rasant an. Wir hatten alle entscheidenen Punkte in einem Aufwasch erledigt: Sex, Snobismus, Satire und Schuldgefühle von Hausfrauen, und dieses ganze Geschütz in einem Spot aufzufahren, ist alles andere als leicht, was einem die Leute auch erzählen wollen. Julia wurde mit diesem Spot zum Star. Sie war aus dem Fernsehen bekannt und durch ihre Schönheit auch bei den Glossys beliebt. Aber bislang war sie immer als zu elitär rübergekommen, um wirklich einen Erdrutsch auszulösen. Nach diesem Spot fand jeder sie toll, und die Zuschauer konnten gar nicht genug von ihr kriegen. Lästerzungen hatten natürlich auch reichlich Stoff durch diese Kampagne, aber nicht einmal die konnten Julia etwas anhaben: Heutzutage erreicht man nur durch Klatsch und Skandale wirkliche Popularität. In der Öffentlichkeit reagierte Julia auf Attacken aller Art mit einem Lächeln. Schau nur, sagten die Leute dann, ist sie nicht toll? Sie ist umwerfend und kann noch über sich selbst lachen.



    -geht noch weiter-

    So ihr Lieben, am We komm ich leider nicht zum Schreiben, bin über Pfingsten in Dortmund.


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    Kapitel 14
    Reflexionen



    [B]Nick hat also endlich die Liebe entdeckt, denke ich. Na, da bin ich aber froh, wenigstens einer. Aber ich werde jetzt ganz bestimmt nicht über Liebe, oder ihre schlimme Zwillingsschwester, Sex, nachdenken, sonst trinke ich die Wodka-Flasche leer.[/B]





    Nein, lieber dringlicheren Themen zuwenden. Nick war "erschüttert", als er mich sah. Durch gutes Essen und klares Wasser gestärkt, ist nun der rechte Zeitpunkt gekommen, um den Grund dafür zu ermitteln. Ein Spiegel - ich brauche einen Spiegel. Ich stelle Nachforschungen an und entdecke dabei eine luxuriöse Garderobe neben der luxuriösen Küche.





    Die betrete ich und wappne mich gegen den Anblick meiner selbst. Wann habe ich zuletzt bewußt in einen Spiegel geschaut? Das muß eindeutig eine Weile her sein, denn nun blickt mir ein Wildfremder entgegen. Das gespenstische Wesen ist unrasiert. Es hat stumpfe Augen, wirre Haare und ist käsebleich. Der Bursche ist klapperdürr.





    Das weiße Hemd ist schmuddelig, die Fingernägel dreckig. Am allerschlimmsten, am schockierendsten aber ist die Tatsache, dass die geisterhafte Erscheinung einen goldenen Ohrring trägt. Wo, zum Teufel, kommt der her? Sah ich nicht irgendwann mal einigermaßen gut aus? Nicht so klasse wie Nick, aber doch ganz passabel. Ich starre mich an und denke: Großer Gott, ich entwickle mich zurück. Ich bin wieder zum Zigeuner geworden. So wie ich aussehe, gehöre ich in einen Wohnwagen, meine Roma-Gene kommen wieder zum Vorschein.





    Ich trete umgehend in Aktion. Ich kämme die Zigeunerhaare, schrubbe die Fingernägel, wasche das Gesicht mit heißem Wasser und Seife, woraufhin die Haut etwas Farbe bekommt. Und ich durchsuche meine Taschen, diesmal mache ich keine halben Sachen, diesmal ziehe ich es durch. Bringe die letzten Koks- und Speed-Reste zum Vorschein; ein paar zerbröselte weiße Stückchen, die Aspirin sein könnten, aber auch was anderes. Nehme Abschied von zwei blauen, ein paar roten und -was ist denn das?- einer Amylnitratkapsel.





    Das Mädchen, von dem ich die bekommen habe - was für ein Mädchen? Irgendein Mädchen in einem Club, bei einer Party vor etwa hundert Jahren -, hat mir verhießen, dass dieses Ding, wenn man es im kritischen Moment knackt und daran riecht, einen Orgasmus unglaublich verstärken und verlängern kann. Im Grunde ein Jammer, sich das entgehen zu lassen. Vielleicht könnte ich ... vielleicht sollte ich ... man weiß schließlich nie, wann man sowas mal gebrauchen kann ... Nein, diesmal mache ich tabula rasa. Der ganze Haufen, jede einzelne Pille, landet im Klo.





    Ich spüle, und - ob man´s glaubt oder nicht - der Pharmahaufen will sich nicht auflösen. Ich spüle noch mal. Nützt nichts. Die Bösartigkeit unbelebter Objekte ist doch wirklich legendär. Ich bedecke die ganze Chose mit ein paar Metern weißem Klopapier, spüle noch mal und flüchte vor dem grauenhaften Anblick.


    "Ich war erschüttert, als ich dich gesehen habe, Dan", sagt er ruhig und einfühlsam. "Ich mache mir schwere Vorwürfe. Ich hätte vor sechs Wochen nach Wykenfield fahren sollen. Ich habe gewartet, weil du mich darum gebeten hast, aber das war ein Fehler. So kannst du nicht weitermachen. Möchtest du nicht mit mir darüber reden?"





    Viel gefehlt hätte nicht mehr, und ich wäre mit allem herausgeplatzt, denn es gibt einen Punkt, an dem die Einsamkeit mörderisch wird und man alles loswerden möchte. Und wie hätte ich das ein, zwei Stunden später bereut. Mich zu offenbaren, ist mir zuwider. Wenn man nichts mehr besitzt außer seinem Stolz, sollte man sich Offenheit verkneifen.





    Eine Unterbrechung rettet mich. Das Kindermädchen. Im richtigen Moment ruft sie von oben herunter. Tom hat einen schrecklichen Albtraum; er ist aufgewacht und will sich nicht beruhigen lassen. Ob Nick bitte mit ihm reden könne ... Nick steht auf. Er wirkt besorgt und schuldbewusst. "Tom schläft zur Zeit schlecht", sagt er. "Hat warscheinlich mit der Schule zutun. Julia hat viele Termine, und ich muß immer lange arbeiten, was sicher auch nicht förderlich ist ... ist es in Ordnung, wenn ich kurz hochgehe, Dan? Wird nicht lange dauern, dann koche ich uns Kaffee."





    "Ist okay. Wirklich. Kaffee wäre schön. Sag ihm liebe Grüße." Nick geht zur Treppe, zögert, geht dann hinauf. Ich bin beeindruckt; auf einem Tisch am Rand stehen reihenweise Alkoholica: Wodka, Gin, Whisky, Wein. Nick hat mich nicht aufgefordert, die Flaschen nicht anzurühren, er hat nicht einmal in die Richtung geblickt, im Gegensatz zu mir; ich mußte im Laufe unseres Gesprächs mehrmals dorthin schauen.





    Solches Vertrauen bin ich nicht gewöhnt. Ich fühle mich sofort stärker. Ich schaue auf die Uhr. Halb zehn, la Julia droht erst gegen Mitternacht. Wir haben mindestens noch eine Stunde. Ich frage mich melancholisch, wer wohl zuerst weich wird und auspackt - ich oder Nickolas?





    so, für heute ist schluss. Kapitel ist eh zu ende. Morgen gibbet dann das nächste, das 14. Kapitel..bis dann und gute Nacht *fg*

    Cyber19: Entschuldige bitte, aber lass doch das Grübeln einfach und lass dich überraschen *fg* Geht jetzt auch schon weiter..


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    Wir schweigen beide. Soll ich ihn berichtigen? Ich habe Maisie gefunden. Nick kam etwa eine Minute später dazu, eine Minute, die mir im Rückblick wie eine Ewigkeit erscheint. Ich sage nichts - wozu? Außerdem ist mir gerade etwas aufgefallen. Nick zögert. Er wirft mir einen kurzen Blick zu, und ich spüre ganz plötzlich - Not. Womit ich bei Nick nicht gerechnet hätte. Ich kann es auch kaum glauben, aber doch, mein Sensor signalisiert eindeutig: eine Enthüllung. Nick will mir etwas offenbaren, merke ich - muß mir etwas gestehen. Ein sonderbares Gefühl: Plötzlich kommt mir der Mann wie mein Spiegelbild vor. Er ist nicht mehr der beherrschte ruhige Freund, den ich zu kennen glaubte; er ist wie ich - ein Drahtseiltänzer, der in einen Abgrund blickt.





    Ich bin stolz, bestürzt und verwirrt zugleich. Gewiss bin ich nicht gerade der naheliegende Kandidat, um jemanden aus der Misere zu helfen - aber ich werde Nick nicht hängen lassen. Ich werde mich revanchieren für seine jahrelange treue Freundschaft. Was er auch braucht - Rat, Mitgefühl, Trost, Beistand -, er soll es von mir bekommen. Aber was mag nur los sein? Ich schaue ihn an, er sagt nichts, und plötzlich weiß ich, worin dieses unausgesprochene und für Nick offenbar auch unaussprechliche Problem besteht. Untreue. Das ist die einzig plausible Erklärung für sein Zögern, die Scham und den Schmerz in seinen Augen; ich denke, guter Gott, endlich, endlich hat er jemanden kennengelernt: sein Lichtblick, und jetzt heißt es, die Anwälte anrufen, danke für die Zeit, Julia, und ciao.





    Und er kann wahrlich froh sein, wenn er sie los ist, wenn man mich fragt. Ich gehöre nicht gerade zu den Julia-Fans, und ich habe nie verstanden, wie sie es geschafft hat, sich Nick zu krallen. Er hätte eine besser Frau verdient, wahrhaftig, und es gab etliche Kandidatinnen: intelligente Frauen, schöne Frauen (nun ja, ich muß zugeben, Julia ist auch beides); warmherzige, treue, charakterlich gefestigte Frauen (das alles trifft auf Julia nicht zu).





    Natürlich, als Fanny zur Welt kam, saß Nick in der Falle. Und als Tom geboren wurde, erst recht. Er würde niemals seine Kinder im Stich lassen. Also hat er tapfer zwei Jahrzehnte in innerer Emigration durchgehalten, und diese Zeit hat ihre Spuren hinterlassen - das sehe ich in seinen Augen. Es kostet Lebensenergie, mit einer Frau verheiratet zu sein, die man nicht achten kann.





    Aber Tom ist erst neun Jahre alt - wer mag die Frau sein, die Nick umstimmen konnte? Sie muß ein außergewöhnlicher Mensch sein. Wann und unter welchen Umständen hat er sie kennen gelernt? Kann es jemand von seinem Krankenhaus sein? Er hat auch noch eine Privatpraxis, vielleicht ist es eine Nachbarin aus der Harley Street. Eine Fachärztin? Eine Herzchirurgin? Wer ist es?





    Ich möchte es zu gern erfahren. Ich fühle heftig mit ihm - obwohl meine Anteilnahme nicht ganz frei ist von eigennützigen Gefühlen, das gebe ich zu. In gewisser Weise triumphiere ich nämlich innerlich: So, jetzt kriegst du´s knüppeldick, Julia, und verdient hast du´s. Außerdem bricht eine gewisse sensationslüsternde Neugierde bei mir durch, die ich eigentlich scheußlich finde, aber ich bin nunmal kein Heiliger. Vielleicht sind mir diese unedlen Empfindungen anzusehen, denn Nicks Offenbarung bleibt aus. Er will etwas sagen - und schweigt dann doch. Er hat wieder seinen üblichen zurückhaltenden Gesichtsausdruck - und ich weiß, dass die Chance vertan ist.





    Stattdessen fängt er an, über mich zu reden, mich nach mir zu fragen. Was für Zeug ich nehme? Was genau und seit wann? Habe ich Arbeit? Habe ich die Wohnung meines Vaters ausgeräumt, oder gehe ich nochmal nach Suffolk zurück, um diese schwierige Aufgabe fortzusetzen? Was ist mit meinem Haus in London? Steht es immer noch zum Verkauf? Brauche ich Geld? Grüble ich immer noch über Maisies Unfall nach? Ist mir ein Antidepressivum verschrieben worden? Habe ich mich nach einer Therapie umgesehen?




    -geht gleich weidda-

    cassio: Ja natürlich hab ich dich vermißt *fg* Allerdings liegt das Ende dieser FS noch viele viele Fortsetzungen entfernt, denn diese FS nimmt noch ganz andere Kehrtwendungen und natürlich wird sich bald alles von selbst erklären, *hoff*
    Cyber19: Hehe, ja ich weiss, nicht nett von mir, aber kein Grund zum Schniefen, deine Kommis habe ich nicht übersehen, im Gegenteil, aber wie schon gesagt, ist es wirklich mickrig an Kommis, aber egal. Warum er so abgestürzt ist? Ich denke, da spielen viele Punkte eine Rolle, Finn? Julia? Lucas? Der Tod seines Vaters? Und nicht zu vergessen, wie sehr ihn der Tod von Maisie mit nimmt.
    Aber jetzt erstmal wieder viel Spass. Werden wieder ein paar mehr fs´s, ich schreib heute bis um 22h *puh, was vorgenommen hab* *gg*


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    Ich gerate ins Stocken. Ich möchte ihm noch immer von Maisies Stimme erzählen. Von meiner Entdeckung. Doch diese Entdeckung verliert zusehends ihre Stahlkraft, wird verschwommen und matt. Lucas hat also Motive aus der Bibliothek im Hintergrund untergebracht. Na und? Ich bin doch bescheuert. Ich habe Maisies Stimme gehört? Läßt sich auf das Koks zurückführen, bin abgedreht. Nick würde wohl "Halluzination" dazu sagen. Nick ist Arzt, und Ärzte können einen - ich bin kein bisschen paranoid, nein - einweisen lassen. Will ich in einer Reha landen, in einer schicken Entzugsklinik mit einem Zwölf-Stunden-Programm? Nick würde bestimmt die Rechnungen bezahlen, und ich dürfte dann täglich da antreten, zusammen mit magersüchtigen Models, alkoholkranken Serienstars und traurigen Komikern?





    Ich heiße Daniel, und ich bin ...
    Danke bestens. Themawechsel. "Warum warst du denn in der Galerie, Nick?", frage ich. "Und dann ausgerechnet vor diesem Gemälde?"





    "Einfach so!" Er blickt zur Seite. "Die Ausstellung ist in ein paar Tagen vorbei. Ich wollte sie schon die ganze Zeit anschauen, hatte aber zu viel zutun. Bei der Vernissage konnte ich nicht - Julia war da. War einfach so eine Eingebung - ich kam grade da vorbei."





    Nein, so wars nicht, denke ich. "Du hast stundenlang vor diesem Bild gesessen, Nick, und hast dir keines von den anderen angesehen. Machst du das immer so in Ausstellungen?" "Wohl eher nicht. Aber dein Zeitgefühl stimmt nicht, Nick. Ich saß zehn Minuten da, höchstens eine Viertelstunden. Und eine Viertelstunde sollte diesem Bild ruhig jeder widmen."
    "Ich war rausgegangen, war auf dem Klo, kam wieder - und du hast mich nicht mal bemerkt."





    "Ich war in Gedanken versunken. Ich habe über die Vergangenheit nachgedacht. Über einen Satz aus deinem Brief von neulich: "der Sommer, in dem alles kaputtging". Ich dachte daran, wie wir Maisie damals fanden. Was danach passierte - an alles, was danach passierte. An die Launen des Lebens."




    -geht nachher noch weiter, muss mich erst um mein Töchterchen kümmern-


    "Und vom Beruf abgesehen?", frage ich, damit Nick weiterspricht, denn wenn er aufhört, wird er mir Fragen stellen, werde ich zum Thema, und das möchte ich unter allen Umständen vermeiden.





    "Als ich geheiratet habe", sagt er und steht auf, um Obst zu holen, wendet sich ab, damit ich sein Gesicht nicht sehen und ihm nicht in die Augen schauen kann. "Als meine Kinder auf die Welt kamen ..."






    Er setzt sich wieder und verfällt in Schweigen. Zwischen Nicks Kinder besteht ein großer Altersunterschied, dessen Bedeutung ich nicht einschätzen kann. Seine Tochter Fanny kam sieben Monate nach der Hochzeit zur Welt und muß jetzt um die Zwanzig sein. Sie hatten irgendwelche Probleme mit ihr, obwohl ich mich an die Einzelheiten nicht genau erinnern kann. Sie studierte ein Jahr in Oxford, brach dann das Studium ab, ging in den Sudan oder nach Yucatan, um sich selbst zu finden - so macht man das offenbar heutzutage -, und setzte ihr Studium an einer dieser Universitäten fort, die Frauen wie Julia akzeptabel finden, obwohl sie nicht zu den Elite-Unis gehören. Durham oder Edinburgh. Und sie haben noch den neunjährigen Tom. Bedeuten Nicks Worte also, dass er zum letzten Mal vor neun Jahren glücklich war? Oder bedeuten sie nichts? Mir entgeht nicht, dass er seine Ehe sehr kurz abhandelt - was mich nicht wundert. Er hatte zweifellos gute Gründe für seine Heirat mit Julia, doch ich bin sicher - war es immer schon -, dass Liebe keiner davon war.





    Ich nehme einen Apfel aus der Schale vor mir, beiße hinein und werde sofort von einer Welle der Wehmut erfasst. Der Apfel duftet süß; es ist ein Longkeeper, eine alte Sorte - ich gehöre zu den wenigen Menschen, die so etwas noch auf Anhieb erkennen. Sieht nicht sonderlich imposant aus, aber riecht und schmeckt wie die Äpfel, die ich in den Obstgärten der Doggett-Brüder gepflückt habe. Ich mochte diese beiden unverheirateten Brüder, die seit zwanzig Jahren tot sind.





    All diese Bäume, die sie angepflanzt, gehegt und gepflegt haben, gibt es nicht mehr; die Bäume waren zu groß, die Ernte war kompliziert, unrentabel; überdies ist mit Obst nicht mehr viel Geld zu machen - habe ich mir sagen lassen. Wird zuwenig gekauft und nicht subventioniert; bis auf Julia kauft jeder importiertes Obst. Ein einziger Mann mit einem Bagger brauchte nur einen Tag, um die Bäume alle auszugraben und zu verbrennen.





    Ich habe im Akkord gearbeitet für die Brüder, die immer nett zu mir waren. Im Winter half ich beim versiegeln der Aststümpfe mit Teer, im Sommer, bei der Ernte, und ich lagerte die Äpfel im Holzregal im Schuppen, wo es so intensiv nach Äpfeln duftete, dass ich den Geruch jetzt noch in Erinnerung habe. Finn war auch oft mit von der Partie. Wir hatten einen Lieblingsbaum, auf den wir immer im Frühling kletterten, wenn die Bäume mit Blüten übersät waren. Finn im Obstgarten: Gott, Erinnerungen können unerträglich sein.





    "Es gibt eine richtige und eine falsche Art, einen Apfel zu pflücken", sage ich jetzt mit dem Akzent der verstorbenen Brüder, den ich früher auch sprach. "Weißt du noch, Nick?"





    "Klar". Er legt mir die Hand auf den Arm, eine Geste des Trostes, der Verbundenheit. Und plötzlich bin ich müde, entsetzlich müde, so verflucht erschöpft, dass ich keinen Fuß mehr vor den anderen setzen könnte. "´tschulidge", sage ich. "Alles okay. Geht gleich wieder. Ich bin nur - etwas matt. Muß an dem vielen Essen liegen. Ich esse selten so gute Sachen, und dich so unerwartet zu treffen, war auch überraschend. Vor dem Gemälde ..."



    -später gehts noch weiter, jetzt schaff ich es nicht mehr-

    gotti1836: Ich danke dir für deinen Kommi. Ich bezweifel das die Schwestern glücklich sind, und Lucas; ich hoffe, der kommt bald auch wieder in der FS vor, aber ich kann dir ja mal verraten, das sich BALD so ziemlich alles aufklären wird. Denn die Geschichte wird sich wieder total verändern, ob weitere Zukunft oder Vergangenheit? Ich verrate noch nix *gg*


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    Sein Vater heilte Kranke, seine Mutter hatte leitende Funktionen beim Women´s Institute, dem Ortsverband der Tory Party und der Gemeinde inne. Sie hörten sich im Radio Konzerte an. Sie besaßen Bücher. Sie wußten, was sich gehört. Mrs. Marlow wußte beispielsweise, dass es sich für einen verliebten vierzehnjährigen nicht gehörte, Finn Mortland zum Geburtstag eine Flasche Parfum von Woolworth zu schenken. Nein, er mußte die richtige Wahl treffen. Etwas weniger persönliches wäre passender. Ich hörte auf ihren Rat und schenkte Finn einen Buchgutschein. Was ich heute, dreißig Jahre später, immer noch bereue.





    Die Marlows tranken keinen Alkohol, höchstens einmal ein Gläschen Sherry oder Wein an Festtagen. Sie schütteten sich nicht mit Dunkelbier zu wie Großmutter, und sie hielten im Gegensatz zu Großmutter auch nichts von Prügeln als Strafe - das war ja so erniedrigend. Sie waren kultiviert und fein; sie legten nicht wöchentlich einen Fünfer beiseite für ein anständiges Begräbnis und verjubelten nicht Joes halben Wochenlohn für eine Pferdewette. Sie waren nicht unzuverlässig und mußten nicht auf Pump einkaufen; sie klauten, knauserten und sparten nicht.





    Nick hatte keine winzige tyrannische unberechenbare Großmutter, die einen zwickte, und keinen todtraurigen und einsamen Vater. Er hatte keine Läuse, keine Schuppenflechte, litt nicht unter seinem Akzent, seinen Kleidern oder Tischmanieren ... soll ich Nick vor Augen halten, dass unsere Kindheit, wenn wir auch einige Aspekte in schöner Erinnerung haben, sehr unterschiedlich verlaufen ist? Ich tue es nicht. Nick ist ein lieber treuer Freund, und das war er immer. Ich denke daran, wie wir an diesem Teich bei der Abtei saßen, wie Nick Flussbarsche angeln wollte und ich einen Hai. Ja, Nick, damals waren wir glücklich. Wirklich und wahrhaftig.





    "Du warst in Cambridge glücklich. Ich am Imperial. Aber dieses Wort ist so mißbraucht worden." Nick arbeitet sich durch die Vergangenheit und legt die Stirn noch stärker in Falten. "Und danach, als wir zusammenwohnten. In meinem Beruf ... nun, da war ich immer ..."





    "Leidenschaftlich" ist das Wort, das er sucht, doch er benutzt es nicht. Stattdessen zuckt er die Achseln, bescheiden wie immer. "Arbeit ist gut", fährt er etwas verlegen fort. (Nick spricht nicht gerne über sich und hat warscheinlich auch keine Übung mehr darin, seit er mit Julia zusammen ist) "Ich kann Menschen helfen, wenigstens manchmal. Wenn ich arbeite, bin ich immer ganz dabei, dann stellt sich diese Frage ohnehin nicht."





    Ich kann ihm nicht ins Gesicht schauen und starre stattdessen auf den Tisch. Kann ich Menschen helfen? Nun, ich habe Texte erfunden, die sich den Leuten einprägen, die sie niemehr loswerden. Ja, ich lande in den Rumpelkammern des Gehirns, verquirlt mit Shakespeare-Zitaten, Gassenhauern, Redensarten, Wordsworth´Narzissen und Fußballergebnissen. Mit Elvis, den Fab Four und diesem obszönen My Way.





    Ich liege auf einem Haufen mit Filmausschnitten, Sprichwörtern, Bonmots, Literaturzitaten, Politikerlügen, Pornofotos und Promi-Skandalen. Sorry, aber keiner, der den Nicey-Spicey-Spot gehört hat, wird ihn jemals wieder vergessen, so sehr er sich das auch wünschen mag - und wer hat wohl diese unvergesslichen Zeilen ersonnen?





    Ja, mit meinen Kollegen habe ich meinen Beitrag zur Kultur geleistet. Oh, und eine Menge Waren verschoben, meinen Anteil an der Weltwirtschaft erbracht. Was erzeugt Konsumenten? Wer versetzt dich in Kaufrausch? Wer weckt Bedürfnisse, die noch gar nicht da waren? Ich. Zumindest habe ich das solange getan, bis ich nicht mehr dazu imstande war, weil es so ein Haufen peinlicher Schei*e war.


    -geht noch weiter-

    So ein gibbet noch *gg*




    Es ist ein Festessen. Es ist grandios - und todtraurig. Denn während Nick so still und rasch und patent am Arbeiten ist, sehe ich den Ausdruck in seinen Augen, und - vor mir kann er das nicht verbergen, ich kenne ihn zu gut - ich sehe, dass auch er befallen ist von der Freudlosigkeit. Er leidet an derselben Krankheit wie ich, und es erschüttert und schmerzt mich, als ich es merke. Wann ist das passiert, frage ich mich. Wann hat Nick sich so verändert, wann verschwand die hoffnungsfrohe Lebendigkeit unserer Jugend aus seinem Gesicht, so spurlos, als wische man eine Gleichung von einer Schiefertafel?





    Eigentlich ist das ganz offensichtlich; wenn ich nicht zwei Jahrzehnte lang mit Davonrennen beschäftigt gewesen wäre, hätte ich es schon längst bemerkt: schätzungsweise zehn Minuten nach seiner Hochzeit mit Julia.





    "Bist du glücklich, Nick", frage ich ihn irgendwann beim Essen. Ich weiß nicht recht, wieso ich ihm plötzlich diese Frage stelle, eigentlich wollte ich mich nach Finn erkundigen, tastete mich allmählich zu Finn vor - weil ich weiß, dass sie mit ihm und Julia in Kontakt steht. Eine dämliche Frage: Bist du glücklich? Wer wird die schon jemals ehrlich beantworten?





    "Gelegentlich", sagt Nick - was ich für eine ziemlich ehrliche Antwort halte und was der Wahrheit bestimmt näher kommt als alles, was ich gesagt hätte. Hätte er mich gefragt, hätte ich ihm geantwortet: Klar, hatte neulich mal den typischen Hänger, aber das hab ich hinter mir, und jetzt gehts wieder bergauf... oder irgendwas Blödes in dieser Art. Aber ich muß zwanghaft lügen, was mein Wohlbefinden betrifft.





    Keiner wird je zu hören bekommen, dass ich mich nicht wohl fühle, geschweigedenn irgendwas über noch üblere und womöglich dauerhafte Krisen. Depressionen, Trübsinn, kompletter Verlust des Selbstvertrauens, Schlaflosigkeit, Alkoholsucht, Selbstanklagen wegen meiner zahllosen Fehler und Idiotien, ein niederdrückendes Bewußtsein der Sinnlosigkeit, ein verheerendes Interesse an Drogen, Seilen, Rasierklingen und Barbituraten? Nein, mein Herr, ich doch nicht. Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere - das ist mein Lebensmotto.





    "Wann warst du wirklich richtig glücklich, Nick?", frage ich weiter, und zu meinem Erstaunen - ich hatte damit gerechnet, dass er das Thema wechselt - scheint Nick wirlich über die Frage nachzudenken, als hätte er sie sich in letzter Zeit selbst schon gestellt. Er sitzt mir gegenüber: Mitte Vierzig, dunkelhaarig, gut aussehend, ernst, bedächtig, rücksichtsvoll und kultiviert. Seine Schläfen werden grau, was ihm prima zu Gesicht steht.





    Der gute Gatte, der gute Arzt: Ich kann mir vorstellen, wie erleichtert seine Patienten sind, wenn sie ihn zum ersten Mal sehen. Die Frauen fühlen sich zu ihm hingezogen, immer schon. Und wie krank man auch sein mag, bei seinem Anblick schöpft gewiss jeder Hoffnung. Selbst wenn die Therapie nicht anschlägt, weiß man doch, dass man bis zum Ende aufmerksam betreut wird - und dass dieses Ende unter seiner Aufsicht dann sanft und würdevoll verlaufen wird.





    Nick runzelt die Stirn. "Tja", sagt er, "als Kinder waren wir ja wohl beide glücklich."
    Ich lasse ihm das durchgehen, ohne zu widersprechen. Nick ist in einem großen georgianischen Haus aufgewachsen, als Kind fürsorglich gebildeter Eltern. Er bekam ein Stipendium für eine gute Schule und brachte dort hervorragende Leistungen. Mit einem weiteren Stipendium studierte er im Imperial College in London und schloß sein Medizinstudium als Bester seines Jahrgangs ab. Er hatte immer saubere Kleider und gewaschene Haare als Kind.

    Ich möchte noch loswerden, das wir jetzt bei über 500 Bildern angelangt sind. Wow, sag ich da sogar zu mir selbst *fg*


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    Eine nahrhafte Dreifaltigkeit, die Julia vermutlich geschaffen hat, während sie gleichzeitig die perfekte Mutter und Hausfrau gibt, ihr Reich regiert und Preise für ihr Dasein als Alphaweibchen im Fernsehen entgegennimmt.





    Nick spürt, dass mich dieses Brot beschäftigt. Er fürchtet vielleicht, dass ich mich darüber lustig machen will; vielleicht ist ihm aber auch nur eingefallen, dass es sich bei dem Brot meiner Wahl um dieses elastische Weißbrot handelt, das so stark konserviert ist, dass es sich mindestens einen Monat hält, ohne zu schimmeln, sogar in meiner Küche. "Vollkornmehl", sagt er mit leicht entschuldigendem Unterton. "Julias Spezialrezept. Wird dir gut tun. Aus organischem Anbau und steingemahlen, nehme ich mal an."





    Oh, das nehme ich auch an, Nick. Ich weiß, wo das Mehl für dieses Brot herkommt: aus Arkadien, von den Feldern unserer Kindheit in Suffolk, da kommt es her. Es hat nie sauren Regen abbekommen und ist auf Boden gewachsen, der natürlich gedüngt und nicht mit Chemikalien besprüht wurde. Es wurde vor dem Wind geschützt von alten Hecken, die kleinen Vögeln, Schmetterlingen und anderem kleinem Getier Lebensraum boten. Es wurde mit der Hand gemäht, nicht von einer monströsen benzinschluckenden Maschine.





    Es reifte in goldenen Garben, trocknete unter der Sonne des Herrn und wurde von meinem Vater, Großvater, Urgroßvater gedroschen und geworfelt. Meine Großmutter las die Ähren und sang dabei ein Lied von Wordsworth, und ich möchte wetten, dass sie selbst die Säcke nähte, in denen das Getreide zur Mühle gelangte, wo es von einem Mann Chaucer´schen Zuschnitts genau so gemahlen wurde, dass es die richtige nussig schmeckende Konsistenz hatte. Dieses Brot ist England. Es ist meine Vergangenheit - und Nick und ich gehören der letzten Generation an, die sich an diese Vergangenheit erinnern kann. Als Jungen erlebten wir den Anfang des Untergangs von Arkadien. Inzwischen existiert es nicht mehr.





    Ein depriemierender Gedanke. Aber irgendwie können die Jungen das nachholen, sage ich mir. Sie können jederzeit Thomas Hardy lesen, oder - falls ihnen das heute zu antrengend vorkommt, was vermutlich so ist - Fernseh-Kochsendungen von la Julia anschauen.





    Wie fühlt es sich wohl an, frage ich mich, als ich Nick zuschaue, wie er Eier verquirlt - wie fühlt es sich wohl an, in derartiger Perfektion zu leben? Wie wäre ihm wohl zumute, wenn ich ihn mit zu mir nehmen würde, in dieses andere London, das kaum zwei Kilometer entfernt ist: Reste von zwei Wochen alten Döner Kebab und Chicken Tikka Massala und Big Boy Burger, die im vollen Abfalleimer in der Küche vor sich hin modern; ein Haufen ungespültes Geschirr im Becken, weil die Spülmaschine schon seit Äonen kaputt ist. Was würde er zu saurer Milch und grünem Brot (ja, irgendwann schimmelt auch dieses Weißbrot) sagen? Und zu den Tonnen von Nicey-Spicey-Soßen in den Regalen - ich habe die Kampagne für die gemacht und bin zur Strafe mit dem Zeug überschüttet worden - und den millionen staubiger prähistorischer Herby Toppings, die alle schön viel Glutamat und künstliche Aromastoffe enthalten? Käme er wohl zu dem Schluß, dass mein Verfallsdatum auch abgelaufen ist?





    Oder würde er sich in einen der alten Sessel fallen lassen, sich einen ordentlichen Drink geben lassen, Fish und Chips aus der Zeitung futtern, dieses wundervolle Lächeln von früher lächeln - und reden: stundenlang, bis Mitternacht, bis zwei, drei Uhr morgens, fröhlich und vergnügt, wie wir früher waren, vor Julia?





    Ich beobachte ihn. Er schüttet die nahrhafte Suppe in zwei elegante Schalen. Das Zeug riecht gut. Er stellt allerhand leckere Happen auf den Tisch: Lachs, der nie eine Zuchtfarm zu Gesicht bekommen hat und nie mit rosa Farbstoff gefüttert wurde, sondern sich frei und unbekümmert in kristallklaren Flüssen tummelte. Die Eier sind von glücklichen Hühnern - bestimmt von Stellas Hühnern, die Finn und ich gefüttert haben. Der Käse kommt aus der Molkerei von Flora McIver, mein Paps hat den Salat angebaut, und der Schinken stammt von einem prächtigen Schwein, das sich nach Herzenslust im Schlamm suhlen und im Obstgarten herumwühlen durfte - einem dieser 260 Pfund schweren Heavy Hogs, die Colonel Edwardes züchtete, in jedem verlorenen Reich, das einmal meine Kindheit war.

    So ihr Lieben,


    bevor ich heute noch weiter schreibe, möchte ich unbedingt was los werden (und ich wette irgendein Mod hat wieder was zu meckern, was mir ziemlich egal ist)..
    Mir geistert schon länger was im Kopf herum, was mich beschäftigt.
    Klar, ich sehe an den Hits, das meine FS gelesen wird, aber es wurmt mich trotzdem.
    Denn es gibt so einige FS`s hier, die WIRKLICH zugespammt werden, mit Kommis etc und da wird nichts aber auch gar nichts zu gesagt. Jedenfalls bisher nicht.


    Überall in anderen FS´s werden Kommis noch und nöcher geschrieben und kein Mod sagt was, obwohl meist mehr Kommis als Fs darin enthalten sind :confused:


    Ich gebe mir mit meiner FS wirklich sehr sehr viel mühe und ich bemühe mich um regelmäßige Fortsetzungen, vielleicht liegt es auch daran, das sollte ich vielleicht bedenken. Aber mir macht das Schreiben sehr sehr viel Spass und ich würde es nicht aushalten, ne ganze Woche nichts zu schreiben :D


    Dennoch würde ich ab und an gerne ein wenig Zuspruch haben, denn so ganz alleine für mich zu schreiben, ist dann doch nicht soo spaßig. Und ich denke, wenn´s schon so eine Regelung für FS gibt (die mit dem rumspammen), dann sollte diese eingehalten werden, aber dann bitte überall und nicht nur bei MIR!! :misstrau


    Also bitte, werte Leser und Leserinnen, schreibt was, irgendwas, per PN gehts auch, das gibt mir dann wenigst etwas das Gefühl, das meine FS wirklich gelesen wird und das sie gefällt.


    Und nur zur Sicherheit, falls ein Mod hier das als Spam abhackt, keine Angst, ich werde später meine FS fortsetzen und diese an diesen Post dran hängen, sofern das dann geht, wenn keiner dazwischen was geschrieben hat, Danke!


    Super lieber Grüße, Baby2oo4:p


    Edit: So es geht weidda
    @Leoniemaus: Vielen Lieben Dank für dein Karma und deinen schönen Kommi dazu.




    Ich wandere in den Keller. Auch hier hat sich einiges verändert - die Küche nimmt das gesamte Untergeschoss ein, ist etwa so groß wie ein Tanzsaal. Klinker, ein derart fein abgestimmtes Lichtsystem, dass man stundenlang daran herumspielen könnte. Ich drehe an ein paar Dimmern und Halogenlampen. Kein Zweifel, ich befinde mich in Julias Reich: Es ist furchtbar protzig.





    Nick lässt mich nicht lange warten. Als er zurückkommt, hat er Mantel, Sakko und Krawatte ausgezogen und die Hemdsärmel hochgerollt. Jetzt sieht er nicht mehr so sehr wie der namhafte Onkologe aus, der er ist, sondern eher wieder wie mein alter Freund, mit dem ich in meiner ersten Zeit in London zusammenwohnte.





    Nick war schon immer alles, was ich nicht bin - zum Beispiel diszipliniert, moralisch, standfest, zurückhaltend. Und er war auch schon immer praktisch veranlagt - was sicher durch seine Ehe mit Julia verstärkt wird. Das verhießende Mahl ist prompt in Vorbereitung: Mir wird ein Platz an dem riesigen Tisch zugewiesen, ich bekomme ein Glas Delphic Spring, was das schmackhafteste Mineralwasser ist, das ich jemals getrunken habe, und Nick bereitet das Essen für den abtrünnigen Freund der Familie zu.





    Er öffnet den bombastischen Kühlschrank - so groß wie in einer Leichenhalle - und holt einen dieser superpraktischen Plastikbehälter mit beschriebenem Etikett heraus. Julia hat Suppe gekocht, und das wird bestimmt ein Leckerbissen. Nick schüttet die nahrhafte Suppe in einen Kryptonite-Topf auf dem gigantischen Herd. Dann werden - ich glaube es kaum - sage und schreibe 3 Sorten Brot aufgetischt; irgendwas rundes Italienisches, das mit Rosmarin und Knoblauch gesprenkelt ist, ein unförmiges, deftiges, das irgendwie irisch aussieht, und - das piéce de resistance - ein riesiger, nach Hefe riechender Laib mit brauner Kruste.



    -geht noch weiter-