Little ANgel


  • Ein Perfektes Leben. Als Kind dachte ich wirklich, dass es sowas gibt. Mein Leben erschien mir perfekt. Ich hatte ein tolles Haus, tolle Eltern, tolle Freunde, einfach alles...



    ... Mir hätte klar sein müssen, dass da irgendetwas nicht stimmen konnte. Irgendwo musste es doch einen Haken geben.



    Das ist meine Mutter, Helena Sousleon.


    Eine schöne, zierliche Frau mit großen Augen in einem satten Blau. Sie liebte Kinder über alles und hatte sich deshalb auch für den Beruf einer Grundschullehrerin entschieden. Sie schien immer ein Lächeln auf den Lippen zu haben...Ein Lächeln, welches den ganzen Raum erhellte.
    Doch seit jenem Tag hatte ich sie nicht einmal mehr lächeln sehen...


    Mein Vater heißt Benjamin Sousleon.


    Mein Vater war für mich einfach der Größte. Stark und liebenswürdig, seine Familie über alles liebend. Er war mein Held, mein großes Vorbild.
    ...Es bricht mir das Herz, ihn nicht wieder sehen zu können. Wenigstens ein einziges Mal...


    Meine Eltern waren schon sehr lange ein Paar, und doch schien es, als wäre ihre Liebe von Tag zu Tag stärker geworden. Sie gaben mir das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit, und dafür bin ich ihnen bis heute dankbar.
    Sie lagen jeden Abend unter dem Sternenhimmel und schwiegen sich einfach nur an. Manchmal sah ich ihnen von meinem Zimmer aus zu, es war ein schöner Anblick.



    Ich wusste, was in ihnen vorgehen musste, und ich war dankbar, in solch einer intakten Familie aufzuwachsen.
    Kein Tag verging, ohne dass mich mein Vater mit einem Kuss verabschiedete, bevor ich ging.



    Ich genoss das Gefühl, in seinen starken Armen zu liegen und erinnere mich heute noch genau an seinen Geruch. Ich wusste, dass ich das größte Geschenk seines Lebens war, denn dies sagte mir er auch oft. Schließlich war ich sein kleiner Engel...


    So das wars erstmahl!Ich hoffe es hat euch gefallen!Bald kommt Kapitel 2!

  • ...Ein Abend, ein Anruf kann alles verändern...



    Ich weiß nicht, was an jenem Abend anders war. Es lag Spannung in der Luft, doch ich traute mich nicht zu fragen, was los war. Schließlich waren wir eine perfekte Familie, entweder gibt es keine Probleme oder sie lösen sich von selbst.
    Ja, so dachte ich mit meinen zarten 8 Jahren.
    Es war 20 Uhr, und meine Eltern schickten mich nach dem Essen sofort ins Bett. Ich gehorchte, doch schlafen konnte ich nicht.
    Aus der unteren Etage hörte ich laute Stimmen. Meine Eltern stritten sich!
    Ich konnte es gar nicht richtig glauben..Meine Eltern stritten sich? [I]Meine Eltern, so verständnisvoll, so liebenswürdig?
    Das war komplett neu für mich. Hellwach lag ich im Bett und versuchte angestrengt zu hören, was sie sagten.
    Doch ich konnte nur Fetzen meiner Mutter verstehen wie "Elender Lügner" und "Die ganzen Jahre lang".


    [/I]


    Was konnte nur los sein? So hatte ich sie noch nie erlebt. Ich war so geschockt, dass ich mich nicht bewegen konnte. Wie gerne wäre ich runtergegangen und hätte Mama beruhigt. Doch ich konnte einfach nicht.
    Dann hörte ich eine Tür zuschlagen.
    Glücklicherweise war mein Fenster direkt neben meinem Bett, und so konnte ich sehen, wie Papa wegging.



    Wohin er ging, wusste ich nicht. Das sollte das letzte Mal gewesen sein, das ich meinen Vater gesehen hatte.
    Ich war sehr erschöpft. Ich dachte noch : "Papa hat keinen Schirm und keine Jacke mit. Hoffentlich friert er nicht."
    Dann schlief ich ein...






    Später klingelte das Telefon...




    Mama, die schon auf den Beinen war, nahm ab.
    Kurz danach hörte ich ein lautes Schluchzen. Ich setzte mich auf mein Bett.
    Mama kam in mein Zimmer, ihre gerade frisch aufgetragene Schminke war verlaufen. Sie sah so unendlich traurig aus.




    "Lynn, Schatz, es ist was mit Papa. Er... er wird nicht wieder nach Hause kommen. Dein Papa ist jetzt im Himmel und passt dort auf dich auf."


    Ich verstand nicht ganz. Was machte Papa denn im Himmel? Ich brauchte ihn doch hier bei uns!
    "Aber was ist denn mit Papa passiert?"
    "Ein böser Mann hat Papa angefahren. Im Krankenhaus hat dann sein Herz aufgehört zu schlagen..sie konnten leider nichts mehr für ihn tun."


    Bei den letzten Worten brach die Stimme meiner Mutter. Ich begriff, dass etwas ganz Schlimmes geschehen sein musste, und fing an zu weinen.
    Meine Mutter nahm mich sanft in die Arme und strich mir behutsam über den Rücken. Sie versuchte, mich zu beruhigen, doch musste selber die ganze Zeit weinen. So saßen wir lange da.


    So das ist Kapitel 2!Kahm sehr schnell!

  • ...Ob es ihm wohl jetzt besser ging...ohne mich?:confused:



    Die Zeit nach jener Nacht war hart. Mama machte sich natürlich viele Vorwürfe. Auch ich fragte mich dauernd: "Was wäre, wenn? Was wäre, wenn ich mich an jenem Abend getraut hätte, zu ihnen zu gehen? Wäre es dann vielleicht gar nicht so gekommen?"
    Ich fühlte unheimliche Leere. Alles erschien mir so unwichtig. Mama versuchte, alleine klar zu kommen. Vor mir tat sie so, als wäre sie eine starke Frau, doch wir beide wussten, wie es wirklich um sie stand.
    Nachts hörte ich ständig ihr Weinen, ihr herzerschütterndes Weinen.
    Ich versuchte sie zu trösten, doch sie wollte nicht, dass ich sie so sah. Sie schickte mich immer wieder weg.



    Mama wurde mit der Zeit immer dünner, außerdem pflegte sie sich gar nicht mehr, ihr schönes, langes blondes Haar hing nur noch schlaff an ihren Schultern herunter. Auch versuchte sie nicht einmal, ihre vom Weinen roten und verschwollenen Augen zu überschminken. Dabei hatte sie früher so auf ihr Aussehen geachtet. Ich erkannte sie gar nicht mehr wieder.
    Als einziger Trost schien ihr der Alkohol. Immer wieder griff sie zur Flasche, und ihr schien es egal zu sein, dass ich zusehen konnte.



    Schon nachmittags, wenn ich aus der Schule kam, schlief sie auf dem Sofa, und vor ihr stand eine größtenteils geleerte Flasche Wein. Ihren Job, den sie so liebte, gab sie auf. Zum Glück hatten meine Eltern schon vorher genug verdient, sodass wir eine großzügige Summe Erspartes hatten. Doch wie lange würde dies halten?



    In dieser Zeit musste ich schnell lernen, erwachsen zu werden. Ich lernte, wie man die Wäsche machte und sorgte dafür, dass wir nicht im Dreck versanken. Ich war damals ungefähr 12 Jahre alt.
    Meine größte Leidenschaft war das Malen. Das ist es heute immernoch. Wenn ich malte, konnte ich alles um mich herum vergessen. Ich musste keine Verantwortung übernehmen, ich konnte auf die Leinwand bringen, was ich wollte.


  • ...Man sagt, die Zeit heilt alle Wunden...



    Inzwischen war ich 16 Jahre alt.
    Lynn Sousleon, ein ganz normaler Teenager. Mittlerweile konnte ich über den Tod meines Vaters reden. Ich hatte gelernt, das alles nicht zu sehr an mich heranzulassen. Was dann passierte, konnte ich ja schließlich an meiner Mutter sehen.
    Das war nunmal mein Schicksal, ob ich wollte oder nicht. Ändern konnte ich es eh nicht mehr.
    An schönen Sommertagen saß ich auf der Schaukel und dachte an die schönen Stunden, die ich hier mit meinen Eltern verbracht hatte.


    Ich ging auch wieder gern zur Schule. Früher war ich eine sehr gute Schülerin, ohne viel dafür getan zu haben. Es fiel mir einfach alles in den Schoß. Doch dann sackte ich ab, weit ab. Ich wiederholte jetzt die 10.Klasse und nahm mir fest vor, wieder meine alten Leistungen zu bringen, denn schließlich wollte ich nach der 10.Klasse auf unserer örtliches Gymnasium wechseln und danach Kunst studieren. Das war mein großer Traum. Doch mit meinen jetzigen Noten konnte ich das wohl vergessen.


    Bald bekamen wir auch zwei neue Schüler in die Klasse, die Zwillinge Orlean. Sie sahen beide etwas... speziell aus. Deshalb wurden sie auch schnell zu Außenseitern. Doch ich fasste den Mut und sprach sie an. Besonders John Orlean war ein sehr netter Kerl. Mit ihm konnte ich über alles reden und so viel lachen. Manchmal saßen wir einfach nur auf der Bank und redeten über belanglose Dinge. Aber auch das tat gut. Er war mein erster, richtiger bester Freund.



    Mit seinen grünen Strähnen in den Haaren fiel er natürlich auf. Er stand gerne im Mittelpunkt, doch hatte auch eine sensible Seite.
    Durch John lernte ich Oliver kennen. Ihre Familien wohnten zusammen in einem Apartment und waren sehr gut befreundet.
    Die Schulklingel läutete zur Mittagspause, und Oliver, John und ich gingen gemeinsam in die Cafeteria.
    "Igitt, was soll das denn sein?" lachte John.
    "Linsensuppe" antwortete Oliver und verzog das Gesicht. Skeptisch betrachtete er sein Essen.
    "Na dann, guten Appetit Leute!"


    Kurz darauf wurde John von einem Mädchen gerufen, sodass ich mit Oliver alleine an einem Tisch saß.
    Eine peinliche Stille kam auf. Worüber sollte ich bloß mit ihm reden?
    Ich warf ihm heimliche Blicke zu. Eigentlich ein hübscher Kerl, und sein Lippenpiercing verlieh ihm etwas Interessantes.
    Plötzlich rülpste Oliver laut. Ich sah ihn geschockt an, worauf er mir ein entschuldigendes Lächeln zuwarf. Dann fingen wir beide an, laut zu lachen. Wir lachten eine ganze Weile, und hinterher tat mir richtig der Bauch weh.
    "Sorry. Aber ich konnte es echt nicht zurückhalten!"
    "Schon okay...ich weiß doch wie das ist." sagte ich und lächelte.
    Danach lief unser Gespräch ganz gut. Oliver fragte mich, ob ich nicht Lust hätte heute Abend in die Lounge zu kommen.
    Ich zögerte. Sollte das etwa ein Date werden? Ich hatte doch überhaupt keine Erfahrung auf diesem Gebiet!



    Ich fasste mir ein Herz und sagte zu. So schlimm konnte es schließlich nicht werden. Und vielleicht tat es mir auch ganz gut, mal wieder unter Leute zu gehen.


    So das war einmahl!

  • ...Endlich schien es auch einmal in meinem Leben bergauf zu gehen...



    Am Abend packte mich die Nervosität. Stundenlang stand ich vor dem Kleiderschrank und suchte nach dem richtigen Outfit. Schließlich entschied ich mich für ein graues Oberteil, einen dunkelgrünen Minirock und dazu passende Stiefel. Mein langes, glänzendes, braunes Haar benötigte nicht viel Aufwand, um gut auszusehen. Darauf war ich sehr stolz.
    Skeptisch betrachtete ich mich im Spiegel, drehte mich hin und her um zu sehen, wie ich aussah. War der Rock nicht vielleicht doch zu kurz?
    Ich versuchte mir ein Lächeln zuzuwerfen, doch irgendwie wirkte es schief und zu unecht.



    Ich seufzte. Warum nur machte ich mir so viele Gedanken? Ich kannte Oliver doch kaum. Eigentlich konnte es mir doch egal sein, was er von mir hielt.
    Ich warf einen Blick auf die Uhr und erschrak. Es war schon nach acht, und dabei waren wir für um acht verabredet!
    Jetzt blieb keine Zeit mehr fürs Umziehen.
    Ich schnappte mir Handy und Geldbörse und machte mich auf den Weg zur Lounge.


    Dort angekommen, wartete Oliver bereits auf mich. Als er mich entdeckte, find er an zu lächeln. Er hatte ein wirklich schönes und dabei freches Lächeln.
    Jedoch hatte er sich ein einfaches weißes T-Shirt und eine graue Jeans angezogen. So aufgetakelt kam ich mir richtig blöd vor neben ihm.
    Ihn jedoch schien das nicht zu stören. Ich merkte, wie er mich von oben bis untern musterte.
    "Wow. Lynn, du siehst toll aus!"



    Ich sah beschämt zu Boden.
    "Danke, du aber auch" sagte ich leise.
    Er grinste. "Komm, lass uns reingehen."
    Drinnen setzten wir uns auf ein Sofa und begannen zu plaudern.
    Er erzählte mir von seiner Familie, von seinen Eltern, die gemeinsam ein Restaurant führten und von seiner Schwester, die sich vor wenigen Wochen geoutet hatte.
    "Sie hat sich seitdem richtig verändert. Es scheint, als wäre ihr ein richtiger Stein vom Herzen gefallen. Jetzt kann sie wieder richtig lachen...es ist schön, sie so zu sehen."
    Seine Augen glänzten. Ich merkte, dass ihm viel an seiner Familie lag.
    Doch dann traf er weinen wunden Punkt.
    "Und, was machen deine Eltern so?"
    Diese Frage durchfuhr mich eiskalt. Ich sah zu Boden.
    "Meine...meine Mutter geht zur Zeit nicht arbeiten.." war alles, was ich herausbrachte.
    Oliver merkte, dass mir dieses Thema unangenehm war.
    Ein älterer Mann setzte sich ans Klavier und begann zu spielen. Da sprang Oliver auf.
    "Hey Lynn, hast du Lust zu tanzen?"




    Ich sah überrascht auf. Tanzen?!
    Zögerlich stand ich auf. Anfangs waren unsere Bewegungen etwas steif, auch Oliver schien genau so nervös zu sein wie ich.
    Doch mit der Zeit wurden unsere Bewegungen fließender und wir fanden unseren Rhythmus.
    Ich genoss es wahnsinnig. Wir waren zwar die einzigen Leute, die tanzten, doch das störte uns nicht.
    Der Mann fing an, ein langsames Lied zu spielen.
    Oliver lächelte und nahm meine Hand in seine und zog mich zu sich heran.



    Wir sahen uns die ganze Zeit in die Augen und vergaßen die Zeit um uns herum.
    Es wirkte alles so vertraut. Mein ganzer Körper fühlte sich kribbelig an.
    Doch dann sah ich auf die Uhr und seufzte. Es war schon nach halb zwölf, und Mitternacht sollte ich wieder zu Hause sein. Und dabei brauchte ich bestimmt 20 Minuten, um nach Hause zu kommen.
    Ich löste mich von Oliver.
    "Sorry, ich muss jetzt los."
    Er sah etwas enttäuscht aus, fing sich jedoch gleich wieder.
    "Okay... Ich fand es übrigens echt toll heute. Wir könnten das nochmal wiederholen, wenn du Lust hast."
    Ich lächelte. Dabei versuchte ich, mir nicht anmerken zu lassen, wie aufgeregt ich war. Er wollte noch ein zweites Date mit mir!
    "Klar, gerne. Also, bis Montag dann in der Schule!"
    Ich winkte ihm noch einmal zu, dann machte ich mich auf den Weg nach Hause.

  • ...Könnte er vielleicht derjenige sein, der mir Halt gibt, mich sützt, egal was passiert?



    Als ich Samstag morgen aufwachte, galt mein erster Gedanke Oliver. Ich dachte daran, wie schön es gestern Abend war, und in meinem Bauch fing es wieder an zu kribbeln.
    Ich setzte mich gähnend auf und ging ins Bad, um mich zu duschen. Nachdem ich mich angezogen hatte, ging ich hinaus um die Zeitung zu holen. Doch was ich da sah, ließ mein Herz höher schlagen. Es stand ein Strauß Rosen vor meiner Tür! War das etwas Oliver? Immernoch mit klopfendem Herzen rief ich meinen besten Freund an.



    Eine verschlafene Stimme meldete sich.
    "Ja?"
    "John, komm bitte mal schnell vorbei! Bitte!"
    "Lynn? Oh man, hast du eine Ahnung wie spät es ist? Noch nicht mal um neun! Es ist Samstag!"
    "Kommst du jetzt oder nicht?"
    "Jaja..in 20 Minuten bin ich da."


    Nach einer halben Stunde kam John endlich. Ich erwartete ihn schon ungeduldig. Er sah immernoch ziemlich verschlafen aus, aber als er den rieseg Strauß Rosen sah, wurde er sofort munter.
    "Ohlala, von wem sind denn die? Lief es gestern Abend etwa gut mit Olli?" fragte er zwinkernd.
    Ich errötete.
    "Lass uns erstmal in mein Zimmer gehen."


    Wir saßen in meinem Zimmer auf dem Boden und schwiegen uns an.
    John musterte mich.
    "Du bist verknallt in ihn." schlussfolgerte er.




    Wieder wurde ich rot. Dumme Angewohnheit!
    Ich schwieg immernoch.
    "Oliver mag dich auch. Das weiß ich. Du hättest ihn gestern Abend mal sehen sollen. Er ist sonst immer total aufgedreht und gestern war er ganz ruhig und schien immer zu träumen."
    Ich sah John mit großen Augen an.
    "Wirklich?"
    Ich hatte den großen Drang aufzuspringen und zu jubeln..doch ich beherrschte mich.


    John stand auf und streckte sich. Dann sah er aus dem Fenster.
    "Hey, wenn man vom Teufel spricht. Da kommt er."
    Mein Herz klopfte wie wild.
    John und ich liefen hinaus um Oliver zu begrüßen.
    Oliver lief grinsend auf mich zu und umarmte mich.



    "
    Hey. Haben dir die Blumen gefallen? Ich hab beschlossen, dass ich dich nicht erst Montag in der Schule wiedersehen will. Deswegen bin ich hier, wenn dich das nicht stört."
    Wieder sein breites Grinsen.
    "Die Blumen sind wirklich sehr schön, danke!"


    John verabschiedete sich von uns. Kurz bevor er um die Ecke bog drehte er sich noch einmal um, zwinkerte mir zu und zeigte Daumen hoch.
    Jetzt war ich nun mit Oliver alleine.



  • "Hey, geht's dir gut?"
    Oliver sah mich besorgt an.
    Anscheinend war ich gerade etwas abwesend, und ich wurde sofort wieder rot.
    Nervös war ich dieses Mal nicht. In seiner Gegenwart fühlte ich mich sofort wieder wohl.
    "Hey Oli, du hast da einen Fleck." sagte ich und zeigte mit dem Finger auf sein T-Shirt.
    Verwundert sah er an sich herunter und ich schnipste ihm gegen die Nase.
    Er fing an zu lachen.
    "Na warte, das zahl ich dir heim!"
    "Fang mich doch!"



    Ich merkte gar nicht, wo ich hinlief...
    Lachend lief ich ihm immer wieder davon, doch einmal war er schneller.
    Oliver holte mich ein und nahm mich hoch.
    "Jetzt schmeiß ich dich in den Pool!"
    "Nein, bitte nicht!"
    Doch plötzlich hörte er auf zu lachen. Ich sah ihn an und folgt seinem Blick.
    Ich wusste sofort, was er gesehen hatte.
    Den Grabstein meines Vaters.
    Oliver ließ mich wieder runter und wir liefen schweigend zu dem Grabstein.
    "Mein Vater" sagte ich nur.
    "Das tut mir leid" antwortete er leise.


    Eine Weile standen wir einfach nur davor. Doch dieser Ort bedeutete einfach so viel für mich. Langsam liefen mir die Tränen das Gesicht herunter.
    Oliver nahm mich in den Arm. Es tat gut, dass er jetzt bei mir war.
    Es fing an zu regnen, doch das störte uns nicht. Ich sah Oliver lange in die Augen und... wir küssten uns.



    Es war mein erster Kuss. Ich konnte nicht mehr klar denken, ich versuchte mich voll und ganz auf Oliver zu konzentrieren. Es wurde ein langer Kuss.
    Irgendwann hob mich Oliver hoch und trug mich ins Haus.
    Zielsicher fand er mein Zimmer und legte mich sanft aufs Bett, ich zog ihn zu mir heran und küsste ihn wieder und wieder.



    Und..es passierte. Es war das Intensivste, was ich je gespürt hatte. Oliver war vorher schon mit vielen Mädchen zusammen, für mich war er der Erste.
    Ich schlief erschöpft ein...


    Als ich wieder aufwachte, war Oliver nicht mehr da.
    Zweifel kamen in mir auf. Hatten wir das Richtige getan?
    Ich war mir sehr sicher, dass ich Oliver sehr mochte. Wirklich sehr.
    Doch wie sah es mit ihm aus? War ich für ihn nur eine von vielen?


    Mein Handy klingelte. Oliver rief an.
    Mit zittrigen Händen nahm ich ab.



    "Hallo?"
    "Ich bins."
    Danach Schweigen.
    "Lynn, ich muss dir etwas sagen. Ich will nicht, dass du denkst, dass ich die Situation vorhin ausgenutzt habe, um dich ins Bett zu kriegen. Das darfst du wirklich auf keinen Fall glauben. So einer bin ich nicht. So etwas hatte ich nie geplant. Weißt du, ich.."
    Er unterbrach sich.
    "Ich..hab dich nämlich echt gern."
    Wieder Schweigen, doch in mir tobte es. Er hatte mich gern!
    Und ich glaubte es ihm. Es handelte sich immerhin um Oliver. Um meinen Oliver.
    "Lynn?"
    "Oliver, ich mag dich auch sehr."



    Ich hörte, wie er kurz lachte.
    "Kann ich morgen nochmal vorbeikommen?"
    "Klar, wann du willst" sagte ich.
    "Okay...dann bis morgen. Schlaf gut."
    Ich legte auf.
    Den ganzen Abend über hatte ich ein Lächeln auf den Lippen. In meinem Kopf schwirrte die ganze Zeit "Oliver und Lynn" umher.
    Ich freute mich auf ihn. Das tat ich wirklich.
    Lächelnd schlief ich später ein und träumte von Oliver.

  • ..Cause Darling, you're my little angel..


    Die Zeit, die ich mit Oliver verbrachte, war die schönste Zeit meines Lebens.
    Wir taten die Dinge, die Pärchen eben so tun. Händchen halten, spazieren gehen, ins Kino gehen. Doch mit Oliver war das alles etwas Besonderes. Wir konnten stundenlang lachen und uns einfach nur anschweigen.
    Manchmal lagen wir auf der Wiese und schauten uns die Sterne an.
    So wie meine Eltern früher.
    Wenn er mir in solchen Momenten "Ich liebe Dich" ins Ohr flüsterte, dachte ich, ich müsste vor lauter Glück zerplatzen





    Es vergingen einige glückliche Wochen, und eines Tages kam der Schock.
    Meine Tage blieben aus.
    Das konnte nicht wahr sein. Sofort lief ich in verschiedene Apotheken und machte mehrere Schwangerschaftstests.
    Sie fielen alle gleich aus: positiv.
    Mit klopfendem Herzen saß ich im Bad. Wie sollte es jetzt weitergehen?
    Ich musste es Oliver sagen.
    Stolpernd lief ich die Treppen runter und hastete zum Telefon.
    Tuut. Tuut.
    "Hey Schatz, was liegt an?"
    "Oliver. Ich..ich.."
    "Was ist los?" fragte er alarmiert.
    "Ich glaub ich bin schwanger!" platzte es aus mir heraus.



    "Du...WAS?"
    "Ja..ich befürchte es. Ich hab verschiedene Tests gemacht und sie sind alle gleich ausgefallen. Was machen wir jetzt?"
    "Ich weiß es nicht. Lynn, ich liebe dich über alles und ich will, das DU die Mutter meiner Kinder wirst! Aber das es schon so früh kommt, damit hatte ich nicht gerechnet..."
    "Kannst du vorbeikommen?"
    "Klar, ich komme!"



    Wir saßen auf meinem Bett und redeten lange.
    Schließlich beschlossen wir, das Kind zu behalten.
    Jetzt musste es nur noch meine Mutter erfahren.
    Als ich es ihr beichtete, wurde sie kreideweiß. Doch sie war auch dafür, das Kind zu behalten. Ich sollte weiter zur Schule gehen und meinen Abschluss machen, während sie sich um das Kind kümmerte.
    Nun war es also beschlossen. Ich wurde Mutter.


    Man konnte inzwischen fast sagen, dass Oliver hier eingezogen war. Er hatte Sachen aus seiner Wohnung geholt und sie bei mir gelassen.
    Ich ging nicht mehr zur Schule, Oliver dagegen schon.
    Ich hatte schon einen ganz schön dicken Bauch bekommen.
    Manchmal stand ich lange vor dem Spiegel und begutachtete mich.



    Meine Schwangerschaft holte mein Mutter aus dem tiefen Loch zurück, in welches sie nach dem Tod meines Vaters gefallen war. Sie pflegte sich wieder und bekam ihren alten Job zurück, um genug Geld für das neue Baby zu verdienen.
    Wir wussten inzwischen, dass es ein Junge werden würde.
    Und ich wusste, welchen Namen er tragen sollte.
    Benjamin.
    Oliver war einverstanden.
    Abends, vor dem Schlafengehen, lagen Oliver und ich oft auf dem Bett und malten uns unsere Zukunft aus.
    Wir würden in einem schönen Apartment wohnen und so viel Geld verdienen, dass wir uns kaufen können, was wir wollen. Außerdem wollten wir einen Butler haben.
    Man merkte, dass Oliver sich richtig auf seine kleine Familie freute.



    Und eines Tages setzten die Wehen ein. Mein Bauch krampfte sich zusammen, es war ein schlimmer Schmerz.
    "Oliver!" krächzte ich.
    Er reagierte sofort, holte einen Arzt, der bei uns im Haus entbinden würde.
    Oliver und meine Mutter saßen die ganze Zeit neben mir.
    Ich zerdrückte Oliver's Hand förmlich. Einen solchen Schmerz hatte ich noch nie gespürt.
    Viele Stunden später hörte ich das Weinen eines Babys. Ich lächelte.
    "Passt bitte gut auf..auf meinen kleinen Engel..."
    "Lynn! LYNN NEIN!"
    Dann wurde alles schwarz.



    Ein weißes Licht. Es blendete mich.
    Ich hatte überhaupt keine Schmerzen mehr, ich fühlte mich so leicht.
    Eine Gestalt kam auf mich zu.
    Ich erkannte meinen Vater. Lächelnd breitete er die Arme aus. Ich lief zu ihm und weinte. Er strich mir behutsam über den Kopf.
    "Shhh...jetzt ist alles gut."



    A shining light, you taste just right,
    I'm hungry, you feed me, keep watching over me.


    Cos darling you're my, Little angel,
    Yes darling you're my, Little angel.



    Ende