Teil 2
Nun habe ich mir mal wieder etwas Zeit genommen und schreibe euch eine weitere Triperfahrung. Ich hoffe, ihr lernt was draus, denn hier ist der Beweis, das jedes Kind einmal erwachsen wird, ob es schmerzlich einhergeht, oder von freudiger Umnachtung:
Ich saß am Tisch und richtete meine Augen fragend auf meine Eltern, die ernst vor mir saßen. Sie hatten mich und meine Schwester zu sich zetiert, um mit uns ein ernstes Gespräch zu führen. Meine jungen Jahre (15) verrieten mir nichts Gutes, denn sie sahen uns immer so an, wenn wir unsere Aufgaben nicht erfüllt hatten, um uns anschließend eine Moralpredikt (heute bin ich froh, das wir solche Gespräche führten, denn sie formten mein Geist und mein Denken) über das Leben in der heutigen Gesellschaft! Geschichtsstunde und Lebenskunde in meinem Elternhaus! Wie langweilig, dachte ich.
Doch an diesem sommerlich schönen Tag, der hinter den Fenstern des Wohnzimmers in hellem Schein erstrahlte, verlor ich meine Kindheit und erblickte auf diesem Stuhl, auf dem ich saß, das erste Licht der neuen Erwachsenenwelt. Alle Erfahrungen meines Lebens offenbarten sich mir in einer Flut aus grundsätzlichen Ansichten über das Leben an sich, in seiner reinsten Form. An diesem Tage opferte ich meine eigene Person und kam mit einer in Berührung, die ich fürchtete und zugleich begehrte.
"Kinder, wie ihr bestimmt in der letzten Zeit bemerkt habt, geht es eurer Mutter sehr schlecht. Und es liegt nicht an einem Husten oder einer kleinen Erkältung. Eure Mutter hat Krebs", sagte mein Vater in einem klärenden Ton. In solchen Momenten kam er mir immer wie ein begeisteter Grundschullehrer vor, der den Kindern versuchte, die Beziehung zwischen Mann und Frau vor Augen zu führen. Die Zeit schlief ein, als wäre sie Alterskrank. Die Wolken färbten sich dunkel am Horizont und drängten freudig Gestirne vom Auge. Die Luft war schwer und dicht, in der sich Gedanken aller Art begegneten. Das Leben stand im Wohnzimmer und packte mich mit seinen jungen, glatten Händen.
"Wir haben beschlossen, es euch zu sagen und um eure Mithilfe zu bitten. Denn alleine schaffen wir das nicht, wir brauchen auch unsere liebe Familie. Euch beide und die zwei Kleinen, doch wie ihr wisst, seit ihr erwachsener als eure jüngeren Geschwister und habt auch damit die Verantwortung, ein Vorbild zu sein. Und das entspricht vielen häuslichen Dingen und den schulischen Aktivitäten." Ja, das war es wirklich. Damit hatten sie einen weiteren Schritt in meiner Entwicklungsphase hinzugefügt, und zwar, das die Welt sich auch manchmal zum schlechteren wendet, mit unvermittelter Gewalt und Eindringlichkeit. Und das begleitete mich auf einem langen Weg, auf dem ich noch Heute schreite. Das Gefühl, ein Kind zu sein, das die Dinge nicht so sieht, wie sie tatsächlich sind, verauschte in dunklen, zerrenden Worten, und spricht nur noch von Erinnerungen.
Noch am Abend diesen Tages rief ich ein paar Freunde an und fragte sie, ob wir nicht eine Party im Steinbruch feiern wollten. Sie sagten alle zu und nach zwei Stunden waren wir auf dem Weg, den Berg hinauf zu klettern, um zu unserem beliebtesten Platz zu gelangen. Im Gepäck befanden sich einige alkoholische Getränke und in den Gesäßtaschen und Rucksäcken warteten Haschischpfeifen auf ein Feuerzeug. Als erstes machten wir ein großes Lagerfeuer, um mitgebrachte Marshmellows, Äpfel, Kartoffeln und Fisch zu braten. Außerdem standen Dill und eine Menge Salate auf einer Decke, die etwas weiter vom Lagerfeuer ausgebreitet wurde. Ein kleiner "Drogentisch" aus einem Quader wurde herbei geschafft und ans Feuer gestellt. Der beliebteste Platz an diesem Abend. Die Getränke standen kalt und das warme Licht vor mir spendete herzliche Wärme. Meiner Droge Nummer eins an jenem Tag. Wir stießen auf unsere Gesundheit und dem anschleißenden Rausch an und kosteten einen alten Freund, den ich nun in meine Arme schloß und streichelte. Der Mond stand hoch am Himmel und lachte mich mit hellem Lächeln an, wobei er mir zuflüsterte, wie die Welt nun aussah.
Bald raschelte es in den Gepäckstücken und kleine Steine wurden auf den "Drogentisch" gelegt. Zwei hatten Pfeifen dabei und brachten sie nun ans fahle Mondlicht.
Schon als die Kartoffeln fertig waren, lag ein würziger Duft in der Luft, der sich mit dem herrlich umschließenden Geruch von Natur vermischte.
Jeder hatte eine Decke bei sich und wir legten uns, nachdem die Pfeifen die Runde gemacht hatten und die Flaschen leer waren, unter den Sternbekrenzten Nachthimmel. Nun testeten wir unser Allgemeinwissen und benannten sichtbare Sternbilder, Galaxin und Planeten. Dann kamen wir auf das Thema Galileo, der bekanntlich Thesen aufstellte, die die Kirche missbilligten.
Oft griff ich Wörter aus den Gesprächen und spielte damit eine Zeit, und kame ich zu einem Schluss über eine weltbewegenden Erkenntnis, hörte ich weiter zu. Mein Körper wiegte sich in Wärme und Sicherheit, die ich schmerzlich vermisste. Die Welt trat einen Schritt zur Seite und ließ mich für eine geraume Zeit neben ihr stehen. Die Baumkronen über mir, die sich majestätisch an einigen Stellen vor den Nachthimmel schoben, sprachen aus jedem Blatt zu mir, teilten meine Gefühle und versuchten in ihrer eigenen Art, einfühlsamen Trost zu spenden. Mein indes berauschender Körper war entschwunden in Weiten, die nur ein Sternenforscher zu erkennen vermag, und mein Geist verwurzelte sich tief in die natürlichen Geschehnisse des weltlichen Kreislaufes.
Und dann kam mir ein wunderschönes Gesicht in den Sinn, meine Mutter. Sie schwebte an diesem Abend wie ein Geist über dem Feuer, als hätte sie dem irdischen Dasein widersprochen und wollte mir nun, in diesen Stunden, ihre Mutterliebe offenbaren und näher bringen, wie sie es in fleischlichen Zeiten nicht konnte. Mein Denken umrandete ihre Züge und liebkoste Haut und zarten Mund. Mein Herz nistete sich in ihrem ein, um ihr Wesen zu schmecken, ihre Liebe zu empfangen. Tränen unser beider Augen fielen in einen See aus Gefühlen, in den nur wir eintauchten, uns kühlten und labten. Spürte ich ihre Brust an meinen Lippen und sog das Leben, welches sie mir zu schenken bestimmt war.
An diesem Tag verlor ich meine Mutter und bekam sie durch meinem offenem Herzen, mit all ihrer Liebe enthaltend, zu fangen.
Dieser Geist deckte mich an diesem Abend im Steinbruch mit einer Decke zu, die gestrickt war aus meiner Mutter, meinem Leben und dem, was ich tat und was ich tun sollte. Hier trat ich an meinen Scheideweg, mit einem Alter, indem ich nur den falschen Weg wählen konnte. Ich verlor meine Freunde, denn nun waren sie die Kinder. Ich verlor mein altes Leben, weil es jung war und in der neuen Welt kein Platz fand. Mein Leben gab mir das Gefühl, das es mich schrieb, als wäre es eine reine Wahrheit, und wenn man nach ihr bohrte, fand man nichts anderes ausser sie. Sie drückte mich aus kindlichen Gefilden, und legte mir vor die Füße, was es heißt, das Leben im Spektrum alles Farben zu erblicken.
Mein Geist kehrte mir die Wahrheit aus und trug sie auf einem silbernem Tablett auf den Tisch. Und die Köstlichkeit, die süßlich roch, verdarb mir den Magen.
Diese Gedanken schwirrten mir während aller Zeit des Rausches im Kopf herum, und führten mir vieles in einer Kette aus Erlebnissen vor die Augen. Fühlte ich kein seelenschmerz, war es vielmehr eine Erkenntnis, eine Frucht vom Baum des Lebens.
Dieser Trip, der bei mir, trotz des Alkohols, nur gedanklich von statten lief, war einer meiner schönsten. Hier begriff ich erst wirklich, das sich im Geiste Dinge abspielten, die erst dann zum Vorschein kommen, wenn man sie nährt. Und das ist der Punkt, das Fleckchen in deiner Seele, wo du anfängst, ein Erwachsener zu werden.
Nochmal was zu den Drogen. Bitte tut es nicht wie wir es damals getan haben und mischt die Drogen miteinander. Das führt nur zu Komplikationen. Ich hatte mich zu hause nochmal ordentlich ausgekotzt. Das sollte noch mit ungepflegten Worten ausgedrückt sein. Wenn Drogen, dann bitte so, das ihr euch nicht dreckig fühlt.
Aber um ehrlich zu sein, war es mir für diese Gedanken, auf die sich viele noch freuen dürfen, wirklich wert. Durch die "Bewusstseinserweiterungen" habe ich vieles deutlicher gesehen und erlebte es intensiver, sodas man heute sagen kann, wie es dazu kam. Aber natürlich erlebt ihr diese Gefühle ebenfalls, ohne Drogen, durch Ereignisse in eurem Leben und oftmals wird man sich darüber erst später bewusst. Wenn es schon zu spät ist.
Liebe Grüße
(!Besonders an Fluip und Blaumohn! Mal lieb drücken!)
In diesem Sinne
Anmerk.: Dieser Beitrag dient einzig und allein der Aufklärung gegenüber Drogen und nicht als Anreiz, Drogen zu konsumieren.