Huhu,
pünktlich zum Start in die Woche gibts eine Fortsetzung von mir.
Ein dickes Dankeschön an Ballack_Girl, GinnieW, Smeagol, Sunnivah, Blaue Rose, Simplayer_w, Dawn Angel und JJsMama Hab mich wirklich riesig darüber gefreut!!
Und wie vesprochen geht's heute mit Susan weiter:
„Ariel, hast du meinen violetten Kaschmirpulli gesehen?“ Susan stand, einen Haufen Pullover um die Füße, vor ihrem Kleiderschrank. Sie hörte das Radio in voller Lautstärke aus Ariels Zimmer dröhnen, was bedeutete, dass ihre Tochter in ihrem Zimmer war und wahrscheinlich noch immer im Bett lag. Susan sah auf die Uhr. Fünf nach halb neun. Das bedeutete, dass Ariel zu spät zur Schule kommen würde. Wieder mal. Aber darauf wollte Susan im Augenblick gar nicht länger eingehen. Sie hatte um neun eine Redaktionskonferenz, und momentan hatte ihr fehlender violetter Pulli Priorität vor ihrer chronisch verspäteten Teenagertochter. „Ariel?“
Owen steckte seinen Kopf herein. „Irgendwas nicht in Ordnung?“
„Mein violetter Pulli ist weg. Ich bin sicher, dass Ariel ihn hat.“
„Indem du schreiend vor deinem Kleiderschrank stehst, wirst du bestimmt nichts erreichen.“
Susan lächelte, obwohl sie ihm am liebsten einen Schuh an den Kopf geschleudert hätte. Musste er denn immer so verdammt logisch sein? Außerdem schrie sie gar nicht. „Ariel, Schätzchen“, rief sie noch lauter, „hast du meinen violetten Pulli gesehen?“
Diesmal kam die Antwort prompt und bohrte sich wie eine Dynamitstange wütend durch die Wand zwischen ihnen. „Woher soll ich wissen, wo dein blöder Pulli ist?“
„Sag nichts“, warnte Susan ihren Mann, der unverzüglich den Rückzug antrat und außer Sichtweite verschwand. Sie atmete tief ein und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den bereits durchsuchten Regalen zu.
„Wer nicht beißt, kann nicht kämpfen“, wiederholte sie leise das Mantra, das Dr. Slotnick ihr für den Fall vorgeschlagen hatte, sollte das Bedürfnis, ihre schwierige ältere Tochter – oder ihren stets munteren Mann – zu erwürgen, zu übermächtig werden. Nach Ansicht des angesehenen Familientherapeuten, den Susan eine Zeit lang konsultiert hatte, testete Ariel lediglich ihre Grenzen aus und rebellierte, weil Teenager eben rebellierten.
Auf diese Weise würde sich ihre Tochter von ihren Eltern abnabeln, hatte der gute Doktor erklärt, ein eigener Mensch werden und ihr einzigartiges und unabhängiges Selbst herausbilden. Susan sollte versuchen, es nicht persönlich zu nehmen, was ihr vielleicht sogar gelungen wäre, wenn Ariels einzigartiges, unabhängiges Selbst nicht so unsympathisch gewesen wäre.
Owen hingegen schien keinerlei Probleme zu haben, Dr. Slotnicks Rat zu befolgen. Er begegnete seiner übellaunigen Tochter mit derselben gelassenen Freundlichkeit, mit der er auch seine Patienten behandelte. Er war sanft, verständnisvoll und stets höflich, egal, wie grob oder despektierlich Ariel ihn behandelte. Er ist ein Vorbild elterlichen Verhaltens, dachte Susan, und er fängt an, mir echt auf die Nerven zu gehen.
Susan zog die oberste Schublade der Kommode auf und wühlte durch den ordentlichen Stapel von Slips und BHs, wo sie ihren Pulli, kaum überraschend, auch nicht fand. Warum sollte sie ihn auch woanders hingeräumt haben? Ohne zu bedenken, dass ihr Finger noch im Weg war, knallte sie die Schublade zu. „Scheiße! Verdammt, verdammt, verdammt!“ Sie hüpfte auf und ab und wedelte ihre Finger in der Luft herum, als könnte sie den brennenden Schmerz dadurch lindern.
„Was ist denn jetzt wieder?“, fragte Owen.
Nicht: was ist, sondern: Was ist denn jetzt wieder? Wo blieb seine berühmte Geduld, wenn es um sie ging? Susan trottete mit einfältiger Miene zu ihm. „Ich habe mir die Finger in der Schublade geklemmt.“ Sie hielt ihrem Mann ihre Hand hin.
„Du wirst es überleben.“ Er warf einen flüchtigen Blick in Richtung ihrer wedelnden Hand. „Hör auf, so herumzufuchteln.“
Geht sofort weiter..