soo dann hole ich mal meinen alten Thread hoch, und schreibe einfach mal drauf los
Bin gerade in einer sehr Philosophischen Phase...
Also, ihr habt wahrscheinlich schon vor dem Fernsehapparat gesessen und auf den Bildschirm geschaut. Ihr seht Landschaften, Tiere, Menschen und Konsumgüter. Ihr hört Nachrichten, Berichte und Werbeslogans. Und meist gingt ihr davon aus, dass das, was ihr seht und hört, wirklich sei. Doch ist das was Ihr seht und hört, wirklich? Wenn ja, ist es die ganze Wirklichkeit? Schließlich, ist überhaupt wirklich?
Zur Einführung möchte ich mit euch ein Gleichnis lesen. Es stammt von dem griechischen Philosoph Platon. Es lässt uns fragwürdig erscheinen, ob das, was wir sehen und hören, schon wirklich ist. Nach diesem Gleichnis wohnen wir Menschen in einer Höhle. Von Kindheit an sind wir gefesselt an Nacken und Schenkeln. Wir müssen so auf demselben Fleck bleiben und können nur in eine Richtung schauen. Zwischen uns und einem Feuer, das hinter und brennt, verläuft ein Weg. Längs diesem ist eine Mauer aufgeführt. Sie gleicht den Schranken, welche sich die Gaukler vor den Zuschauern erbauen, über die herüber sie ihre Kunststücke zeigen. Diese Mauer entlang tragen Gaukler allerlei Geräte, Bildsäulen sowie andere steinerne und hölzerne Bilder, die über die Mauer ragen. Einige reden dabei, andere schweigen. Wir Gefangene aber sehen von uns selbst, voneinander und von dem, was hinter uns vorübergetragen wird, nichts anderes als die Schatten, welche das Feuer auf die uns gegenüberliegende Wand der Höhle wirft. Diese Schatten nun halten wir für wirklich. Auch die Stimmen, die wir von den Vorübergehenden hören, schreiben wir den Schatten zu. Wir sehen also nicht nur nichts von der Sonne Erleuchtetes zu, sondern auch kein Licht, weder des Feuers noch das der Sonne.
Das Gleichnis handelt offenbar von uns. Platon bedient sich einer Verfremdung unserer menschlichen Situation, damit wir uns über sie wunder. Denn meistens leben wir nicht nur in einer falschen Vertrautheit mit der Welt, sondern auch mit uns. Wir wundern uns vielleicht über außergewöhnliche menschliche Situationen. Wir wundern uns aber nicht über unsere gewöhnliche menschliche Situation; sie fällt uns nicht mehr auf. Insofern sind wir uns nicht die Nächsten, sondern die Fernsten. Die Verfremdung durch dieses befremdliche Bild unserer menschlichen Lage bricht nun diese aus unserer langen Gewöhnung entstandene Vertrautheit und lässt uns, uns dort wiederfinden, wo wir uns nie vermutet hätten, in einer Höhle. Und die fällt uns auf. Damit uns das Gewöhnliche unserer menschlichen Lage bewusst wird, brauchen wir eine außergewöhnliche. An ihr möchte ich jetzt dreierlei hervorheben:
a) Wir sind Gefangene von Bildern, die uns von Gauklern vorgeführt werden. Mit den Gauklern können die Dichter und Sophisten gemeint sein. Heute könnte man sagen: die Meinungsmacher. Deren Ansichten sind für uns die Wirklichkeit.
b) Die Philosophie ist die Befreiung aus dieser Gefangenschaft des Geistes oder dieser Gefangenschaft in Meinungen. Da die Höhle auch ein Bild des Mutterschoßes ist, so lässt sich sagen: Die Philosophie ist die Befreiung aus dem Mutterschoß unserer Vorurteile. Die Philosophie ist so eine Art von zweiter Geburt.
c) Gegen diese Befreiung regt sich in uns aber ein Widerstand. Es besteht in uns ein Trieb, in der Höhle unserer Vorurteilten zu bleiben. Wir haben Angst vor dem Schmerz der zweiten Geburt. Die Philosophie ist nämlich nicht harmlos, sondern tut gelegentlich weh. Sie reißt uns aus der Geborgenheit in unseren Vorurteilten und führt uns dorthin, wo wir auf einen anderen Planeten versetzt würden. Freilich ist dann aus der Sicht des Befreiten die Erde – die Höhle – fremd. Die Befreiung erlaubt nämlich einen fremden Blick. Er lässt uns Vertrautes wie zum ersten Mal sehen. Er rückt uns dafür aber aus der gewohnten menschlichen Ordnung. Die Philosophie ist so eine Art von Tod nämlich der Tod des in seinen Vorurteilten gefangenen Menschen. Philosophieren heißt auch Sterbenlernen, um eine platonische Bestimmung im Sinne einer Metapher zu verwenden. Das Licht, in dem die Dinge außerhalb der Höhle sichtbar sind, ist das der Sonne. Wofür aber die Sonne in Platons unserer Überlegungen aussprechen können.
Aber dass ein Lichtstrahl, in dem wir leben, für eine kurze Zeit im Sonnenlicht erstahlt, das kann vielleicht auch unsere Einführung in die Philosophie erreichen. Das erwartet Euch vielleicht auch von der Philosophie. Denn dieser Weg vom Dunkeln ins Licht ist fast in allen Zeiten und Kulturen, wo es Philosophie angesehen worden. Doch was bedeutet dieses Symbol für uns?
Lust mir zu antworten, oder zu kritisieren? dann tut es einfach.
jeannilein