Forumspiel "Alleinerziehend" Aufgaben Annyway

  • Maylea war auf Tamahana, einer kleinen Insel im Pazifik, aufgewachsen und wollte eigentlich direkt nach dem College dorthin zurück kehren. Aber alles kam anders, sie lernte Phil Gray kennen und wurde im letzten Semester von ihm schwanger. Er bat sie, seine Frau zu werden und mit ihm in Blossom Valley zu bleiben da die Aussichten dort für einen jungen Architekten wesentlich besser waren als auf einer kleinen Urlaubsinsel.


    Als vor gut einem Jahr Mayleas Eltern starben entschlossen sich die Grays das elterliche Hotel gemeinsam mit Mayleas Schwester Luana zu übernehmen und auf die Insel zu ziehen.


    Schnell hatten sie sich eingelebt und Routine war eingekehrt.



    Zum Frühstück gab es wochentags nur Joghurt mit frischen Früchten und natürlich Kaffee. Für mehr blieb vor der Schule keine Zeit, der Schulbus musste sowieso schon so gut wie immer auf Leilani und die 9jährige Kaia warten.
    Auch Maylea musste schon morgens um 9 Uhr ihren ersten Tai Chi Kurs im Hotel, dem Chill Inn, halten. „Verrückte Touristen“, sagte sie immer augenzwinkernd, „könnten bis in die Puppen schlafen aber nein, man muss ja früh morgens schon los legen.“ Wobei sie genauso verrückt war und am Wochenende, wenn sie keine Kurse hielt, meist noch vor dem Frühstück am Strand Yoga oder Tai Chi machte.



    Wenn seine Mädels, wie Phil sie liebevoll nannte, aus dem Haus waren, räumte er das Geschirr auf, nahm sich noch einen Kaffee und ging in sein Büro um an den neuesten Entwürfen zu arbeiten. In den letzten Jahren hatte er sich gemeinsam mit seinem besten Freund Ben ein erfolgreiches Architektenbüro aufgebaut was ihm die Möglichkeit gab zu Hause zu arbeiten und das meiste übers Internet zu erledigen. Er war Ben zutiefst dankbar, dass er mit dieser Regelung einverstanden war. Phil genoss es, sich nicht mehr täglich mit Anzug und Krawatte ins Büro zu quälen. Nur hin und wieder musste er für Meetings nach Blossom Valley fliegen.
    Seine große Leidenschaft war das Tauchen und wann immer sich die Gelegenheit bot zog er mit Kaia los um die Unterwasserwelt zu bestaunen.



    Nach der Schule nahm sich Kaia immer etwas Obst und machte sofort ihre Hausaufgaben, sie war sehr gewissenhaft. Das konnte man auch an ihren schulischen Leistungen sehen, sie gehörte zu den Klassenbesten. Wenn sie fertig war schnappte sie sich meist ein Buch und las in ihrem Zimmer oder am Strand. Sie liebte das Meer und ihr Wissensdurst kannte keine Grenzen, sie verschlang ein Buch nach dem anderen, am liebsten über Fische. „Wenn ich groß bin werde ich Meeresbiologin!“, pflegte sie mit Nachdruck zu sagen. Daran hatte sie keinen Zweifel. Sie genoß die Tauchgänge mit ihrem Papi sehr und konnte danach jedesmal stundenlang von all den phantastischen Fischen erzählen.



    Leilani war ganz anders, sobald sie nach Hause kam verkrümelte sie sich mit ihrem Freund Kimo an den Strand. Stundenlang saßen die beiden da unten, blickten aufs Meer, hörten Musik und redeten über Gott und die Welt. Was sie sonst noch so machten wollten ihre Eltern gar nicht so genau wissen denn sie vertrauten ihrer Tochter und erste Erfahrungen zu sammeln ist ja normal mit 16 Jahren. Gemeinsam spielten sie in einer Band, Leilani war die Bassistin und Sängerin, Kimo der Schlagzeuger. Sie träumten davon eines Tages reich und vor allem berühmt zu werden.



    Das gemeinsame Abendessen wurde meist auf der Terrasse eingenommen. Sie genossen die kühle Brise des Ozeans beim Essen und unterhielten sich über die Schule, die Arbeit, den Tag und machten Pläne fürs Wochenende. Natürlich aß Kimo mit, man hätte fast denken können, er lebt auch bei den Grays, zumindest fühlte er sich ganz wie zu Hause.



    Abends gingen Phil und Maylea im Meer schwimmen, zündeten ein Feuerchen am Strand an oder machten es sich vor dem Fernseher gemütlich und gönnten sich gerne mal ein Glas Weißwein. Kaia schlief meist bald auf der Couch ein aber war nicht dazu zu bewegen früher ins Bett zu gehen.



    Leilani zog es vor in ihrem Zimmer Hausaufgaben zu machen, mit ihren Freunden zu chatten und die neuesten Musikvideos im Netz anzusehen. Oft konnte man im ganzen Haus hören wie sie dabei mitsang. Die Hausaufgaben blieben dabei oft auf der Strecke und nur knapp konnte sie ihren mittelmäßigen Notenschnitt halten. Sie war eben ein typischer Teenager und so ziemlich alles andere war wichtiger als die Schule.



    Nachdem Phil die schlafende Kaia ins Bett gebracht hatte kam er noch einmal runter und fragte lachend: „Na Schatz, soll ich dich auch ins Bett bringen?“ Übermütig sprang Maylea in seine Arme rief: „Ja!“ Dann schmiegte sie sich an ihn flüsterte ihm leise ins Ohr: „Phil, ich liebe dich.“ „Ich liebe dich auch May, du machst mich zum glücklichsten Mann der Welt“, erwiderte er und drückte Maylea dabei fest an sich.

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  • Freitagnachmittag. Keine Wolke war am Himmel zu sehen. Die Sonne brannte auf Tamahana hinab. Kaum ein Lüftchen wehte. Hoch oben am Himmel kreischten ein paar Möwen.



    Phil und Kaia tobten ausgelassen am Strand, kletterten auf den Felsen herum und sprangen zwischendurch immer wieder ins Meer um sich abzukühlen.
    Maylea war heute früher aus dem Hotel nach Hause gekommen weil sie mit Leilani noch shoppen gehen wollte. „Ich habe einfach nichts anzuziehen“, lag ihr ihre Tochter seit Tagen in den Ohren. Aber vorher gönnten sich die beiden noch einen Snack aus erfrischenden, frischen Früchten.


    Plötzlich hörten sie Kaia panisch schreien. Maylea und Leilani rannten die Stufen zum Strand hinab und schluchzend erklärt Kaia, Phil sei beim Spielen auf den Felsen ausgerutscht und ins Meer gestürzt.



    Ohne zu zögern sprang Maylea in die Fluten um ihren Mann zu suchen, sie verlor keine Zeit damit ihre Sachen auszuziehen. Leilani wählte den Notruf um Hilfe zu holen, die Strandpolizei versicherte ihr, sie würden sofort jemanden los schicken. Wieder und wieder tauchte Maylea unter, doch konnte sie Phil nirgendwo entdecken. Kaia stand weinend am Strand - sie sah immer noch vor sich wie Phil in den Fluten versank.


    Weil Maylea nicht auf die Rufe ihrer Töchter reagierte, rief Leilani ihre Tante an, schilderte ihr kurz was passiert war und war zumindest ein wenig erleichtert als Luana ihr versichte, sich gleich auf den Weg zu machen.



    Kurz darauf traf Luana ein und schaffte es, Maylea dazu zu bewegen aus dem Wasser zu kommen. Sie nahm ihre 2 Jahre jüngere Schwester fest in die Arme, beruhigen konnte sie sie jedoch nicht. Nach einigen Minuten gab sie auf und kümmerte sich um ihre Nichten.
    Sie versuchte ihnen Mut zu machen und sagte immer wieder: „Die Polizei wird Phil sicher finden und alles wird wieder gut.“ Abends machte sie den beiden Chili con Carne aus der Dose und später schickte sie sie dann ins Bett. Widerwillig befolgten die Mädchen ihren Rat. Als Luana Kaia zudeckte, flüsterte sie ihr noch einmal in sanftem Tonfall zu: „Mach dir keine Sorgen, Liebes. Dein Papa ist morgen früh bestimmt wieder da wenn du aufwachst. Ich glaube ganz fest daran.“
    Anschließend ging Luana noch einmal zu Maylea. Sie saß immer noch am Strand und starrte auf die Wellen als könnte sie Phil dadurch zurück holen. Erneut versuchte Luana ziemlich erfolglos ihre Schwester zu beruhigen und ihr Mut zu machen. Als sie sich schweren Herzens verabschiedete um sich zu Hause um ihre eigene Familie zu kümmern, sagte sie noch: „Mach dir keine Gedanken wegen den Kursen im Chill Inn, ich werde sie bis auf weiteres absagen. Kümmer dich um deine Mädels und gib mir Bescheid sobald du etwas hörst. Ich hab dich lieb May. Glaub daran, alles wird wieder gut! Lass den Kopf nicht hängen.“ Sie drückte Maylea noch einmal fest und fuhr nach Hause. Doch ihre Gedanken blieben bei ihrer Schwester.



    Schon bald nachdem Leilani ins Bett gegangen war stand Kaia weinend in ihrem Zimmer. Auch Leilani hatte nicht einschlafen können, zu groß war die Sorge um ihren Vater. Sie kroch aus den Federn, nahm ihre kleine Schwester fest in die Arme und zog sie schlussendlich zu sich unter die Decke. Eng aneinander gekuschelt lagen sie die ganze Nacht wach während Leilani beruhigend auf Kaia einredete.



    Die nächsten Tage erlebte Maylea wie in Trance. Sie versuchte zu funktionieren, kümmerte sich um die Mahlzeiten für ihre Kinder, versuchte ihnen Mut zu machen… Doch ihre Gedanken drehten sich einzig um Phil.
    Nachts brachte sie es nicht fertig sich allein in ihr großes, leeres Bett zu legen… statt dessen verbrachte sie Nacht für Nacht am Strand… Sie flehte das Meer an, es möge ihr ihren Mann zurück geben. Schluchzend rief sie immer wieder Phils Namen, flehte, er möge zurück kommen. Sie war außer sich vor Angst und Sorge, konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Sie wusste nur eines - er musste zu ihr zurück kehren…



    Montags machte Maylea das Frühstück, Joghurt mit frischen Früchten und Kaffee, wie immer… als sie den Tisch fertig gedeckt hatte fiel ihr die Kaffeekanne aus der Hand. Sprachlos starrte sie zum Tisch, sie hatte für Phil mit gedeckt… schnell räumte sie auf damit ihre Töchter das nicht sehen und wischte sich die aufsteigenden Tränen mit dem Geschirrtuch aus dem Gesicht. Als Leilani und Kaia ein paar Minuten später zum Frühstück kamen tat Maylea als wäre nichts gewesen. Sie wollte ihren Kindern keine Angst machen.


    Bevor die Mädchen zur Schule mussten, drückte sie beide noch einmal ganz fest, lächelte sie schief an und sagte zum bestimmt tausendsten Mal: „Papi kommt wieder. Sie finden ihn und er wird bald wieder bei uns sein.“


    Als Maylea allein war setzte sie sich an den Küchentisch, legte den Kopf auf die Arme und weinte hemmungslos… Sie hatte keine Ahnung wie lange sie so da saß als das Telefon sie auffahren lies. „Sie haben Phil gefunden“, schoss es ihr durch den Kopf als sie zum Apparat stürzte und den Hörer von der Gabel riss.


    Sie konnte es nicht glauben als dieser fremde Mann ihr schilderte, dass Phil tot aufgefunden worden war. Beim Sturz habe er sich das Genick gebrochen und war vermutlich sofort tot gewesen… Kraftlos sackte Maylea in sich zusammen…



    Am darauffolgenden Donnerstag fand die Beerdigung statt. Pfarrer Braun, der Maylea und Phil vor beinahe 17 Jahren vermählt hatte, hielt die Trauerrede. Gefühlvoll ging er darauf ein, dass Phil ein erfülltes Leben gehabt hatte doch leider viel zu früh hatte gehen müssen. Natürlich waren Phils Eltern, seine Schwester und einige gute Freunde zugegen. Sie alle hatten das Bedürfnis Phil die letzte Ehre zu erweisen.



    Maylea starrte aufs Meer.


    In ihr Leere… Nur Leere… Unglaubliche Leere.


    Phil war tot… Nie, nie wieder sollte sie in seine Augen blicken, seine Hände auf ihrer Haut spüren, sein Lachen hören… Sie konnte es nicht glauben, wollte es nicht glauben…
    Es hieß doch in allen Geschichten man würde es spüren wenn ein geliebter Mensch stirbt? Aber sie spürte nur Leere…
    Sie hatte immer davon geträumt nach Tamahana zurück zu kehren. Sie konnte doch nicht ahnen, dass hier der Tod warten würde…
    Etwas in Maylea zerbrach. Sie wusste, es würde nie mehr heilen. Eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg über ihre Wange und dann schrie Maylea voll Schmerz und Verzweiflung auf…


    Freitagnachmittag. Keine Wolke war am Himmel zu sehen. Die Sonne brannte auf Tamahana hinab. Kaum ein Lüftchen wehte. Hoch oben am Himmel kreischten ein paar Möwen… doch alles war nun anders…


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    credits: vielen lieben dank an gwirrxipuh, meine betaleserin die mir immer mit rat und kommas zur seite stand und an wawachen, die leilanis kleid für mich recoloriert hat.

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