Beiträge von Nikita

    Hmpf, jetzt wissen wir immer noch nicht wer dieser Toby ist! :p Du machst das wirklich spannend! Ich hoffe, in der nächsten Fortsetzung verrätst du ein bisschen mehr über ihn. Ich werde immer neugieriger.
    Freu mich auf jeden Fall über den nächsten Teil.
    Liebe Grüße
    Nikita

    Dankeschön für eure Comments! Wow donnibärchen, ist ja ein ganzer Roman geworden! :)



    Isabella kommt in Begleitung von Dr. Krull.
    Der Arzt fragt gleich: „Wo liegt die Patientin?“



    „Hier!“ Miriam geht voraus und öffnet die Schlafzimmertür. „Bleiben Sie draußen“, sagt Dr. Krull, „ich kann Sie jetzt nicht brauchen!“ Er wendet sich an Isabella. „Wenn der Krankenwagen kommt, schicken Sie die Männer zu mir herein.“
    Isabella: „Natürlich Doktor.“



    Miriam sieht, dass Isabella in den vergangenen Monaten gealtert ist. Sie ist mager geworden, ihre Wangen sind eingefallen, ihr Haar ergraut. Sie begreift, dass das ihre Schuld ist. „Mutter“, sagt sie impulsiv, „Mutter!“
    Isabella zieht das zitternde Mädchen in ihre Arme. „Mein Liebling“, sagt sie. „mein armer, törichter Liebling! Du bist ja ganz nass. Bitte, zieh dich sofort um, du wirst dich sonst noch erkälten. Habt ihr irgendwo einen Fön?“
    „Ja. Im – da drinnen!“ Miriam weist mit dem Kopf auf die Schlafzimmertür.
    „Ich werde ihn holen … Trockne du dich inzwischen gut ab und zieh dir etwas anderes an, ja?“



    Miriam hat sich gerade umgezogen, als Isabella in ihr kleines Zimmer kommt. „Soll ich dir die Haare trocknen?“ fragt sie.
    Miriam: „Ja, bitte!“



    Während Isabella Miriams Haare bürstet und fönt, können sie kein Wort miteinander reden, aber Miriam genießt nach langem wieder das Gefühl völliger Geborgenheit.
    „So, jetzt reichts, Kind“, sagt Isabella und stellt den Fön ab.



    Sie hören, wie es klingelt.
    „Ich werde öffnen“, sagt Isabella. „Warte hier auf mich!“
    Miriam begreift, dass ihre Mutter ihr den Anblick der Kranken ersparen will.



    Kurz darauf kommt Isabella zurück.
    Miriam sieht ihre Mutter an. „Warum fragst du gar nichts?“
    Isabella: „Ich denke, du wirst es mir ganz von selbst erzählen.“
    Miriam: „Ja. Ich – ich weiß jetzt alles.“
    Isabella: „Ich wollte es dir sagen, Miriam, damals, als du danach gefragt hast. Aber ich durfte es nicht. Deine Mutter…“
    Miriam: „Ich habe nur eine Mutter und das bist du. Alles andere ist nicht wirklich.“
    Isabella: „Doch, Miriam. Nicht ich, Lissy Ackermann hat dich geboren. Damals hieß sie noch Anne Degerndorf. Till Torsten ist dein Vater. Wenn du willst – du kannst auch von jetzt ab Tante zu mir sagen.“
    Miriam: „Tante – zu dir?“
    Isabella: „Nur, wenn du willst.“



    Isabella setzt sich zu Miriam. Die beiden horchen auf die schweren Schritte der Männer, die Lissy aus dem Haus tragen.
    „Ist Vater noch sehr böse?“ fragt Miriam.
    Isabella: „Gar nicht. Seit du weg bist, hat er erst ganz begriffen, dass er dich sehr lieb hat. Er hat es früher nur nicht recht zugeben wollen.“
    Miriam: „Wenn ich gewusst hätte…Aber ich konnte es doch nicht wissen, nicht wahr? Ich konnte doch nicht.“
    Isabella: „Nein. Es ist nicht deine Schuld, Kind.“
    Miriam: „Wenn ich nicht hierher gekommen wäre – das alles wäre nicht passiert.“
    Isabella: „Woher willst du das wissen? Vielleicht wäre sie Till auch so eines Tages begegnet. Ich glaube sogar ganz bestimmt. Man kann seinem Schicksal nicht entfliehen, Miriam, das wirst du auch noch lernen.“
    Miriam: „Ich weiß. Glaubst du, dass sie gerettet werden kann?“
    Isabella: „Doktor Krull hat Hoffnung.“
    Miriam: „Wenn sie – es wäre entsetzlich. Ich müsste immer glauben, dass es meine Schuld war.“
    Isabella: „Wir wollen das Beste hoffen.“
    Miriam: „Auf alle Fälle werde ich hier bleiben, bis – bis er nach Hause kommt. Das verstehst du doch?“
    Isabella: „Natürlich. Aber wenn du nicht allein fertig werden solltest, ruf mich bitte an, ja? Ruf mich auf jeden Fall an … Ich habe mich sehr nach dir gesehnt.“
    Miriam: „Verzeih mir, Mutter – alles!“
    Isabella: „Wir wollen nicht mehr darüber reden. Es ist vorbei. Ich denke, ich werde jetzt gehen. Und du holst die Kinder. Weißt du, wo sie sind?“
    Miriam: „Wahrscheinlich im dritten Stock. Ich werde sie schon finden.“
    Isabella: „Was willst du Alex Ackermann sagen?“



    Miriam: „Die Wahrheit. Ich habe einen Brief.“ Miriam holt den Zettel aus ihrer Tasche, den Lissy geschrieben hat, bevor sie die Schlafmittel nahm.



    Isabella überfliegt ihn, sie zögert eine Sekunde, dann sagt sie: „Ich glaube, du hast recht. Wir müssen die Verantwortung auf uns nehmen. Sonst wird ihre Angst niemals zu Ende sein.“

    Wow, ich seh grad, dass in dieser Fs das 500. Bild dabei ist!



    Als Miriam den Schlüssel in die Wohnungstür steckt, stellt sie mit Schrecken fest, dass sie mehr als zwei Stunden fortgewesen ist.



    Sie geht ins Bad und macht sich ein wenig zurecht, da sie durch und durch nass ist.
    Plötzlich stutzt sie, hält mitten in der Bewegung inne. Es ist so merkwürdig still in der Wohnung. Ob Lissy fortgegangen ist, um sie zu suchen? Aber sie hätte doch nie die Kinder allein gelassen, für die jetzt die Zeit des Mittagsschlafes ist.



    Miriam geht in die Küche, in das Wohnzimmer - niemand ist da. Sie öffnet die Tür zum Kinderzimmer - die Betten sind leer.
    Seltsam, denkt sie, ist es denn möglich, dass Lissy die Kinder mitgenommen hat? Es regnet doch in Strömen, und sie ist doch immer so überängstlich.
    Miriam versucht, die Schlafzimmertür zu öffnen - sie gibt nich nach. Abgeschlossen. Panische Angst überfällt Miriam. Noch nie hat Lissy eine Tür abgeschlossen, wenn sie die Wohnung verließ. Warum hat sie es heute getan? Ist sie gar nicht fort? Liegt sie drinnen im Schlafzimmer? Wo sind die Kinder?
    Miriam rüttelt an der Klinke, klopft gegen die Tür. "Frau Ackermann", ruft sie, "ich bin es, Miriam ... Ich bin zurückgekommen!"
    Es kommt keine Antwort. Die unheimliche Stille, in der nur das Rauschen und Klopfen des Regens zu hören ist, legt sich auf Miriams Brust wie eine schwere Last. Sie spürt, dass etwas Furchtbares geschehen sein muss. Hinter der verschlossenen Schlafzimmertür verbirgt sich etwas Entsetzliches.



    Miriam läuft so, wie sie ist, hinaus. Sie hat Glück: Das Schlafzimmerfenster steht offen.



    Ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken, steigt sie in das Zimmer.
    Lissy liegt neben dem Bett, das Gesicht kalkweiß, den Mund unnatürlich geöffnet. Sie atmet rasselnd. Miriams Panik ist verflogen. Sie macht einer seltsamen Ruhe Platz.
    Ihr scheint es, dass sie gewusst hat, was sich im Schlafzimmer verbirgt, schon, als sie vor der verschlossenen Tür gestanden hatte. Ihre Gedanken sind so nahe dem Tod gewesen, dass sie nicht einmal verwundert ist, ihn hier zu treffen. Der Tod ist es, der seine Hand auf Lissy gelegt hat, nein, sie selbst hat sich in die Arme des Todes geflüchtet. Miriam begreift, was die leere Glasröhre und das Glas Wasser bedeuten.



    Auf dem Nachttisch liegt ein Zettel, achtlos aus einem Notizbuch gerissen, mit dünnen, flüchtigen Buchstaben bedeckt. Miriam liest, obwohl sie weiß, dass er nicht für sie bestimmt ist.
    "Ich kann nicht mehr! Bitte, verzeiht mir! Ich sehe keinen anderen Ausweg. Miriam - ich habe sie geboren. Man kann die Vergangenheit nicht abstreifen. Sie ist wieder da. Ihr Vater ist ein schlechter Mensch. Bitte, verzeiht!"
    Miriam faltet den Zettel zusammen und steckt ihn in ihre Hosentasche.



    Sie dreht den Schlüssel um, öffnet die Tür, geht in den Flur, nimmt den Telefonhörer und wählt eine Nummer.
    Sie hört Frau Beermanns vertraute Stimme: "Hier bei Schneider..."
    "Bitte, könnte ich wohl Frau Schneider sprechen?" fragt Miriam atemlos.
    Eine Sekunde bleibt es ganz still, dann sagt Frau Beermann: "Du bist es, Miriam? Von wo rufst du denn an?"
    Miriam: "Bitte - bitte, rufen Sie doch Frau Schneider! Oder ist sie in der Firma?"
    Frau Beermann: "Nein, leider - sie ist..."
    Miriam ist es, als wenn Frau Beermann die Hand auf die Muschel legt, dann meldet sie sich wieder: "Bitte, Miriam, ich habe etwas gehört - warte einen Augenblick, ja? Bitte, warte!"
    Miriam zittert vor Kälte und Erregung, während sie, den Hörer in der Hand, unentschlossen dasteht.
    Dann plötzlich ist Isabellas Stimme ganz nahe an ihrem Ohr. "Miriam - ich bin gerade zurückgekommen. Ist etwas passiert?"
    Miriam: "Ja, Mutter. Etwas Furchtbares!"
    Isabella: "Sprich doch, sag es mir, Liebling!"
    Miriam: "Frau Ackermann - ich glaube, sie stirbt."
    Isabella: "Ich komme sofort! Ich bringe einen Arzt mit! Geh nicht mehr in das Zimmer! Hörst du? Rühr auch nichts an! Wo sind die Kinder?"
    Miriam: "Ich glaube, sie hat sie fortgebracht."
    Isabella: "Ich bin in zehn Minuten bei dir."



    Miriam geht ins Wohnzimmer und lässt sich auf die Couch sinken. Sie sitzt ganz still da und spürt, wie ihr die Tränen über das Gesicht laufen. Es sind die erlösendsten Tränen ihres Lebens.


    Wird Lissy sterben?

    Ich mach auch mal mit:



    Ich bin Nadya Deane. Hier besichtige ich gerade meine neue Wohnung.



    Hier lerne ich gerade kochen.



    In der Nacht habe ich gleich Besuch von einem Waschbären bekommen.



    Das ist meine Freundin Lea.



    Besuch von einem Stinktier hab ich leider auch bekommen.



    Meine Dusche war auch mal kaputt.



    Und das hier ist mein Freund Ivan.

    Na hoffentlich verstehen sich Luca und Luisa! Wäre ja nicht auszudenken, wenn die beiden sich nicht riechen könnten.
    Das mit dem geheimnisvollen Unbekannten musst du aber bald lüften, sonst platze ich vor Neugier! :D
    Die Fortsetzung war wieder mal klasse. Freu mich schon, wenn es weiter geht.
    Liebe Grüße
    Nikita

    Hi ihr!
    Da wir gerade unseren nächsten Urlaub planen und wir uns noch streiten, wo es hingehen soll, hab ich mir mal gedacht, dass ihr hier eure Lieblingsurlaubsziele nennt.
    Mein Favorit ist Gran Canaria.

    Ein riesengroßes Dankeschön an keira und donnibärchen. Ihr seid die Besten! :)



    Am nächsten Morgen schlägt das Wetter um. Der Himmel bewölkt sich. Ein warmer, leichter Sommerregen setzt ein.
    Lissy schickt Miriam kurz vor dem Essen zum Kindergarten, um Paul abzuholen. „Sie können dann auch gleich Susi mitbringen, Miriam“, sagt sie, „sie hat zehn Minuten später Schluss. Ich habe es nicht gern, wenn das Kind alleine über die Straße geht – aber bitte, beeilen Sie sich, damit wir essen können.“



    Miriam schlüpft in ihre Jacke, vergewissert sich, dass sie den Hausschlüssel hat, und läuft aus der Wohnung.



    Gleich darauf stellt Lissy fest, dass sie den Regenschirm vergessen hat. Am Morgen ist es noch trocken gewesen, uns sie hat die Kinder ohne Jacken aus dem Haus geschickt.
    Sie läuft zum Fenster, um Miriam zurückzurufen, da klingelt es an der Tür.



    Überzeugt, dass es nur Miriam sein kann, die den Schirm holen will, läuft sie rasch und öffnet.
    Vor ihr steht Till Torsten...
    Lissy starrt ihn an, unfähig, ein Wort hervorzubringen.



    Er streicht sich über das Haar und zeigt mit einem unbefangenen Lächeln seine weißen Zähne.
    „Hallo, Anne!“ sagt er. „Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, wie?“
    „Ich bin Lissy Ackermann“, sagt sie.
    Till: „Komm, Komm! Mach keine Geschichten, Anne – wir beide kennen uns doch zu gut, um uns was vorzumachen. Darf ich eintreten?“
    Lissy: „Nein.“



    „Ein freundlicher Empfang nach all den Jahren“, sagt er spöttisch und geht an ihr vorbei in den Flur.
    Lissy: „Bitte, geh!“
    Till: „Nun, wo ich dich endlich gefunden habe? Ich denke nicht daran, Anne!“
    Er steht händereibend vor ihr. „Freust du dich denn gar nicht, Anne?“
    Blitzschnell schießt ihr durch den Kopf, dass er sich kaum verändert hat. Sein dunkles Haar ist an den Schläfen weiß geworden, scharfe Falten zogen von der Nase her zum Mund, vielleicht ist er nicht mehr ganz so schlank, wie sie ihn gekannt hat, aber sonst gleicht er vollkommen ihrem Erinnerungsbild, jenem selbstsicheren, unwiderstehlichen, charmanten Till Torsten, dem sie verfallen war.
    Merkwürdigerweise ist ihr Schrecken nicht so groß, wie sie erwartet hat. Sie hat sich die Begegnung mit Till so oft in Tagträumen ausgemalt, dass die Wirklichkeit hinter der Phantasie weit zurückblieb. Sie wundert sich selbst, dass sie so gefasst bleibt.
    „Was willst du von mir?“ fragt sie kalt.
    „Was schon? Ein wenig mit dir plaudern. Ich denke, wir haben einiges in der Zwischenzeit erlebt.“ Er mustert sie mit einem abschätzenden, spöttischen Blick von Kopf bis Fuß.
    Lissy: „Ich bin mitten in der Arbeit. Ich habe jetzt wirklich keine Zeit, um...“



    „Aber das macht ja gar nichts“, sagt er fröhlich, „dann verabreden wir uns eben für ein andermal. Wann ist es dir recht?“
    Lissy: „Ich will dich nie mehr wiedersehen!“
    „Du bist eine seltsame Frau, Anne“, sagt er kopfschüttelnd. „Ich hatte fest geglaubt, du würdest dich freuen ... War es nicht eine herrliche Überraschung, als ich so plötzlich vor dir stand? Oder willst du mir etwa erzählen, dass du mich vollkommen vergessen hast?“
    Lissy: „Warum quälst du mich? Was habe ich dir denn getan? Kannst du mich nicht endlich in Ruhe lassen?“
    Till: „Endlich ist gut. Du tust gerade so, als wenn ich dich bis heute verfolgt hätte.“



    Lissy: „Das hast du auch, Till Torsten! Der Gedanke an dich hat mich verfolgt. Bis in meine Träume hinein! Du hast mein Leben zerstört! Du hast mich unglücklich gemacht – du bist ein Teufel! Ja, ein Teufel!“
    „Du solltest mal etwas für deine Nerven tun, Anne“, sagt er, scheinbar gleichmütig, „du gefällst mir gar nicht. Nein, wirklich nicht. Behandelt dich dein Mann etwa schlecht?“
    Lissy: „Alex ist der beste Mann, der mir je begegnet ist.“
    Till: „Wunderbar, Anne! Das freut mich wirklich. Bist du glücklich mit ihm?“
    Lissy: „Ja.“
    Till: „Na also. Und eben hast du noch gesagt, ich hätte dein Leben zerstört. Es tut mir leid, Anne, aber ich habe den Eindruck, dass du selbst nicht weißt, was du redest.“



    Er geht durch die offene Tür ins Wohnzimmer, pfeift anerkennend durch die Zähne. „Wirklich hübsch hier, gemütlich. Das ist ein Heim, in dem man sich wohlfühlt.“



    Er setzt sich auf die Couch und sieht Anne belustigt an. „Trautes Heim, Glück allein! Ich gratuliere, Anne!“
    Lissy: „Du bist widerlich!“
    Till: „So was Ähnliches hast du mir schon vorhin gesagt. Du wiederholst dich. Möchtest du mir nicht lieber eine Kleinigkeit anbieten?“
    Lissy: „Ich will wissen, was du von mir willst.“
    Till: „Nichts. Höchstens, dass du dich jetzt endlich mal setzt, damit wir wie zwei erwachsene und vernünftige Menschen miteinander reden können.“



    „Ich habe nichts mit dir zu reden“, sagt sie, aber sie folgt unwillkürlich seiner Aufforderung.
    Till: „O doch, ich bin überzeugt, du hast mir einiges zu erzählen!“
    Er sieht sie nachdenklich an. Diese müde, nervöse, für seine Begriffe durchaus nicht mehr schöne Frau hatte es fertiggebracht, ihn so unglücklich zu machen. Wie ist das möglich gewesen? Er musste damals mit Blindheit geschlagen gewesen sein.
    All die Jahre hat er sich eingebildet, mit ihr, der entschwundenen Anne, ein glücklicher Mensch geworden zu sein. Dabei weiß er, als er sie jetzt vor sich sieht: Auch wenn sie damals auf ihn gewartet, auch wenn er sie geheiratet hätte, er hätte sie schon längst betrogen, wenn nicht verlassen. „Ich schäme mich meiner Illusion“, sagt er laut.
    „Was sagst du?“ Sie versteht ihn nicht.
    Till: „Nur so. Möchtest du mir wenigstens erklären, wieso du damals, als ich entlassen wurde, so vollkommen vom Erdboden verschwunden warst? Und wie du auf den Vornamen Lissy kommst?“
    Sie beantwortet nur seine letzte Frage. „Ich habe immer Lissy geheißen – Anne Lissy.“
    Till: „Aha. Und das Kind hast du Isabella verkauft, nicht wahr?“
    Lissy: „Verkauft? Wie kannst du so etwas sagen?“
    Till: „Na, stimmt es etwa nicht? Willst du leugnen, dass Isabella bis zur Geburt und darüber hinaus für dich gesorgt hat? Nein, mach dir nichts vor – dazu kenne ich meine Schwester viel zu gut. Sie ist großzügig bis zur Selbstaufgabe, was man von dir wirklich nicht behaupten kann.“



    Lissy: „Bist du nur gekommen, um mich zu verletzen?“
    Till: „Nein. Weiß Miriam, dass du ihre Mutter bist?“
    Lissy: „Was geht dich das an? Du hast dich nie um sie gekümmert. Nicht um sie und nicht um mich!“
    Till: „Jetzt wirst du aber komisch, Anne. Hast du mir denn je Gelegenheit dazu gegeben? Vielleicht hätte ich es getan – ich glaube sogar, dass ich es bestimmt getan hätte. Aber du hast es vorgezogen, das Kind zu verkaufen und dich zu verstecken. Ja, ich weiß, du hältst dich für einen Engel. Wenn du Glück hast, nimmt dein Mann dir das ab. Aber ich nicht, meine Liebe. Ich nicht!“
    Lissy: „Du weißt nicht, was du mir angetan hast. Ich habe dich geliebt – wahrhaftig. Ich habe dich so geliebt, dass ich mich heute noch deswegen schäme. Aber du hast mein Leben zerstört...“
    „Wieso denn?“ unterbricht er sie. „Du bist doch jetzt glücklich verheiratet! Das hast du mir doch selbst erzählt!“
    Lissy: „Glaubst du, man könnte jemals glücklich werden, wenn man so etwas durchgemacht hat? Glaubst du, man könnte je die Vergangenheit wirklich von sich abschütteln? In all den Jahren, in denen ich verheiratet war, habe ich davor gezittert, dass du wieder auftauchen könntest. Ich wusste, dass du eines Tages kommen würdest – o Gott, Till, warum kannst du mich denn nicht in Ruhe lassen?“
    Till: „Dein Mann weiß also nichts von mir?“
    Sie merkt, dass sie einen Fehler gemacht hat und sagt rasch: „Doch. Natürlich weiß er es.“
    Till: „Das, meine Liebe, nehme ich dir nicht ab.“
    Lissy: „Warum sollte ich dich denn belügen?“
    Till: „Wenn er es wüsste, bräuchtest du nicht mehr vor mir zu zittern, nicht wahr?“



    Sie springt auf. „Ich flehe dich an, Till – bei allem, was mir heilig ist! Lass mich in Ruhe! Geh, bitte, geh! Miriam und die Kinder müssen gleich nach Hause kommen, und dann...“
    „Setz dich, wenn ich mit dir rede!“ sagt er, und sein Gesicht wird plötzlich kalt. „Es hat keinen Zweck, verrückt zu spielen, das zieht bei mir nicht. Ich habe keinen Grund, dich zu schonen. Du hast mich damals auch nicht geschont. Du hast mich fallen lassen wie eine heiße Kartoffel, nur weil ich einen Fehler gemacht hatte. Du hast dich niemals gefragt, weshalb ich es getan habe. Heute kann ich es dir sagen – deinetwegen! Nur deinetwegen! Weil du verwöhnt und anspruchsvoll warst, weil ich dir imponieren wollte. Du hast mich verraten und unser Kind! Wenn du wenigstens Miriam behalten hättest.“
    Lissy: „Hätte ich das wirklich tun sollen – so – meinst du? Wäre Miriam damit gedient gewesen, als Tochter eines Verbrechers aufzuwachsen? Sie weiß nicht, wer ihre Eltern sind, und sie darf es nie erfahren, hörst du, nie!“
    Er zuckt die Achseln. „Das liegt nur an dir.“
    Lissy: „An mir? Wie soll ich sie denn vor dir schützen?“
    Till: „Du hast eine reizende Art, dich auszudrücken, Anne! Bist du wirklich überzeugt, dass man ein Kind vor seinem Vater schützen muss?“
    Lissy: „Vor einem Vater wie dir – ja.“
    Till: „Dann tu es, Anne. Niemand hindert dich daran. Ich interessiere mich weder für dich noch für Miriam.“
    Lissy: „Warum bist du dann gekommen?“
    Till: „Weißt du es wirklich nicht?“



    „Nein“, sagt sie und hebt abwehrend die Hände.
    Till: „Dann denk mal gut nach. Du warst immer ein kluges Kind.“
    Lissy: „Ich habe kein Geld, Till ... Ich kann dir nicht helfen, wirklich nicht.“
    Till: „Siehst du, ich habe es ja gewusst. Deine Auffassungsgabe ist bewundernswert. Ich bin leider augenblicklich in einer ziemlich unangenehmen Situation. Mit ein paar Hundertern wäre mir schon geholfen ... Jedenfalls vorläufig.“
    Lissy: „Das kannst du nicht von mir verlangen, Till!“
    Till: „Warum nicht? Dir geht es gut, du hast einen Mann, der für dich sorgt. Ist es wirklich zuviel verlangt, dass du einem alten Freund ein bisschen unter die Arme greifst?“
    Lissy: „Ich habe kein Geld – ich schwöre dir, dass ich nichts habe! Mein Haushaltsgeld reicht gerade für...“
    Till: „Du hast doch sicher Schmuck, Anne, wahrscheinlich auch einen Pelzmantel. Gib mir das Zeug. Ich werde es für dich verkaufen.“
    Lissy: „Und wie soll ich das Alex erklären?“
    Till: „Lass dir etwas einfallen. Du hast ihn ja all die Jahre belogen, da kommt es darauf jetzt auch nicht mehr an.“
    Lissy: „Ich kann es nicht, Till – nein, ich kann es nicht.“
    Er sieht sie ohne Mitleid an. „Na, dann bleibt mir ja immer noch der andere Weg ... Sag ihm die Wahrheit. Oder soll ich es tun? Ein so vorbildlicher Ehemann wie er wird sicher für eine kleine Jugendtorheit Verständnis haben.“



    „Ich hasse dich!“ schreit sie. „Oh, wie ich dich hasse!“
    Er lacht. „Du siehst reizend aus, wenn du temperamentvoll wirst – wahrhaftig. Um zehn Jahre jünger. Du solltest das öfters versuchen, Anne!“



    Sie fällt in sich zusammen und schluchzt auf.



    Er legt den Arm um ihre Schultern. „Na, na, na“, sagt er mit mitleidigem Spott. „Tränen! Hast du dir das immer noch nicht abgewöhnt?“
    Sie ist unter seiner Berührung zusammengezuckt, aber dann rührt sie sich nicht mehr. Sie gibt sich ganz ihrer Verzweiflung hin. Ihre Abwehrkräfte sind erschöpft.



    Weder Lissy noch Till haben gehört, wie die Wohnungstür aufgeschlossen wurde. Sie schrecken zusammen, als Susi und Paul mit lautem Geschrei ins Wohnzimmer stürmen.
    „Mammi, Mammi!“ quiekt Paul.
    “Mammi, stell dir vor”, ruft Susi dazwischen, “Miriam hat gesagt…”
    Sie verstummen beide, als sie den fremden Mann bei ihrer Mutter sehen. Noch in ihrem Entsetzen nimmt Lissy wahr, dass die regennassen Schuhe der Kinder schmutzige Abdrücke auf dem Boden hinterlassen.“



    Der ganze Vorgang dauert nur eine Sekunde. Dann kommt Miriam hinter den Kindern ins Zimmer gelaufen. „Wollt ihr wohl eure Schuhe ausziehen, ihr...“ Sie stockt mitten im Satz, als sie Till und Lissy sieht. Ihre Augen weiten sich entsetzt, ihr Mund öffnet sich, sie holt tief Luft, dann sagt sie: „Ach!“
    Blitzschnell nimmt sie das Bild in sich auf: Lissy, die mit verweintem Gesicht auf dem Couch sitzt, und Till, der seinen Arm um ihre Schultern geschlungen hält.



    Miriam dreht sich um und rennt aus dem Zimmer. Sie hören, wie die Tür hinter ihr ins Schloss fällt.



    Till springt auf. „Miriam!“ ruft er und rennt hinter ihr her.
    Ein ungekanntes, nie geahntes Gefühl hat ihn überfallen. Er hat plötzlich wirklich begriffen, dass Miriam sein Kind ist, vielleicht das einzige Wertvolle, das er in seinem ganzen Leben besessen hatte.
    Er hat die entsetzte Frage in ihren Augen gelesen. Besessen von dem Wunsch, sie zu finden, ihr alles zu erklären, rennt er hinter ihr her.



    Er findet sie nicht. Als er aus dem Haus läuft, hat der strömende Regen sie schon verschluckt. Er weiß nicht, in welche Richtung sie gelaufen sein kann, rennt erst nach links, dann nach rechts, Miriam ist wie vom Erdboden verschluckt.



    Er ahnt nicht, dass sie, schwer atmend, die Hände vor die Brust gepresst, in einer Einfahrt steht und ihn vorüberlaufen sieht.
    Miriam hat es, als sie Lissy in der Umarmung Tills gesehen hat, einen Riss gegeben.
    Sie hat sich eingebildet, die Welt der Erwachsenen endlich zu durchschauen. Es trifft sie hart, nun wieder auf Lüge und Verrat zu stoßen, wo sie es am wenigsten geglaubt hat. In ihren Augen ist es doppelter Verrat – Verrat an Alex Ackermann und an ihr selbst. Sie hat lange genug in der Familie Ackermann gelebt, um zu wissen, dass der Hausherr nichts von den Beziehungen seiner Frau zu Till ahnt.
    Der Schreck in den Augen der beiden hat ihre schlimmen Gedanken bestätigt. Nie hat Till ihr erzählt, dass er Lissy kennt, und Lissy selbst ist ihren Fragen ausgewichen. Sie hat behauptet, Till wäre ein Gauner, ein gefährlicher Mensch, dabei duldet sie ihn selbst in ihrer Wohnung, lässt es zu, dass er sie in seinen Armen hält.
    Miriam begreift nichts von dem, was geschehen ist, aber sie spürt deutlich, dass sie auf etwas Böses gestoßen ist.


    Und jetzt könnt ihr wie immer fleißig schreiben :)

    hmm, vielleicht ist dieser typ aber auch eine alte Jugendliebe von ihr? :nixweiss
    Also ich hoffe doch, dass Luca und Chantal zusammen kommen! Die beiden passen doch so gut zueinander!
    Mach auf jeden Fall schnell weiter, damit wir mehr wissen!
    Liebe Grüße
    Nikita

    Erst mal vielen Dank für eure Comments :kuss


    slayer meinst du die Sache mit den Rosen die im Schirmständer gelandet sind? Also: Gregor wollte Miriam besuchen und ihr die Rosen schenken. Als er aber erfahren hat, dass Miriam im Dorotheenheim ist und gar nicht zu Hause, hat er einfach die Rosen im Schirmständer geschmissen um sie los zu werden. Die Haushälterin hat sie dann dort entdeckt und sie Isabella gegeben um sie aufzumuntern.


    Keira was hast du denn gegen Greg? :D


    Einleitung:
    Isabella Schneider erhält Lissys Brief am Spätnachmittag des nächsten Tages. Sie erschrickt zutiefst. Zwar kann sie nicht aus allem, was Lissy geschrieben hat, klug werden, aber sie begreift, dass Gefahr besteht – Gefahr für Miriam.
    Isabella weiß, wie skrupellos Till ist, zweifelt keinen Augenblick daran, dass er nicht davor zurückschrecken wird, Miriam zu verderben, nur um Bernhard, den er seit jeher gehasst hat, einen Schlag zu versetzen.
    Sie bedauert es jetzt schmerzlich, dass sie Till nie erzählt hat, dass Miriam sein Kind ist. Vielleicht hätte diese Tatsache ihn doch vor dem Letzten zurückgehalten. Aber er weiß es nicht. Für ihn ist Miriam ein Mädchen wie alle anderen, und Isabella kennt ihren Bruder. Er verachtet alle Frauen, weil eine ihn enttäuscht hat...
    Wie hatte sie Lissy damals angefleht, noch zu warten, sich mit Till in Verbindung zu setzen, sich alles erklären zu lassen, ihm, wenn möglich, zu verzeihen. Aber Lissy hat auf keine Mahnung und auf keine Bitte gehört. Sie glaubte, die Schande nicht überleben zu können, und das einzige, was Isabella vermocht hatte, war, das Kind zu retten – Miriam.
    Sie hat fest vorgehabt, ihrem Bruder eines Tages die Wahrheit zu sagen, wenn er sich erst wieder gefangen hat, aber dazu ist es nie gekommen.
    Vielleicht hat sie alles falsch gemacht, vielleicht hätte sie ihm sagen müssen, dass er ein Kind hat, vielleicht hätte er sich um Miriams willen geändert – wer kann es wissen. Isabella brennt darauf, mit Lissy zu sprechen, aber sie traut sich nicht, bei ihr anzurufen.
    Es ist sechs Uhr vorbei, als sie den Brief bekommt. Alex Ackermann muss schon zu Hause sein.



    Sie erkundigt sich beim Portier nach einer Zugverbindung und erfährt, dass sie am Mittag des nächsten Tages in Sim-City sein kann, wenn sie in aller Frühe in Bad Simsheim abfährt. Wenn sie einen Wagen hätte, würde sie sofort fahren, aber ihr Herz ist immer noch angegriffen, und der Arzt hat ihr das Autofahren streng untersagt.



    Als Isabella auf ihr Zimmer hinaufgeht, gesteht sie sich selbst ein, dass sie froh ist, ihren Kuraufenthalt abbrechen zu können. Er hat ihr nicht gut getan. Es wäre besser gewesen, wenn sie nicht auf den Rat des Arztes und ihres Mannes gehört und ihre Arbeit in der Firma wieder aufgenommen hätte. Hier in Bad Simsheim, unter Menschen, die nur die Sorge um ihre eigene Gesundheit zu kennen scheinen, fühlt sie sich einsamer denn je. Sie hatte zuviel Zeit gehabt um nachzudenken, es sind trostlose Tage gewesen. Nun endlich darf sie eingreifen, handeln, Miriam helfen – wenn es nicht schon zu spät ist.
    Isabella hat keine Vorstellung, was sie in Sim-City tun will, es ist ihr auch gleichgültig, wie Miriam auf ihr Kommen reagieren wird. Sie muss das Mädchen von Lissy abholen, sie fortbringen, vielleicht in ein Internat, irgendwohin, möglichst weit fort von Sim-City, wo sie in Sicherheit ist.



    An Lissy und die Gefahr, die Lissys Ehe durch Till droht, denkt sie erst, als sie später die breite Treppe zum Speisesaal hinuntergeht. Sie sieht ein nicht mehr junges Paar, das sich zärtlich an den Händen hält. Was würde dieser Mann sagen, wenn ihm seine Frau eines Tages gestehen würde, was für eine Vergangenheit sie hatte? Wie wird Alex Ackermann reagieren, wenn er erfährt, dass Miriam das Kind seiner Frau ist?
    Isabella zweifelt keinen Augenblick daran, dass Lissy jetzt, unter dem Druck von Tills plötzliches Auftauchen, ihrem Mann alles gestehen wird. Eine andere Lösung ist ihr gar nicht denkbar. Sie selbst würde es niemals fertig bringen, ein Geheimnis so lange vor ihrem Mann zu bewahren.
    Einen Augenblick überlegt sie, ob sie ihre Ankunft ihrem Mann nach Sim-City telegrafieren soll.
    Sie tut es nicht. Sie will nicht, dass Bernhard sie von der Bahn abholt. Sie will nicht in ihren Entschlüssen behindert sein.



    Als ein ganzer Tag vergeht, ohne dass Till sich sehen lässt, beginnen Lissys Nerven sich zu beruhigen. Sie bereut fast, dass sie Isabella Schneider jenen aufgeregten Brief geschrieben hat. Wahrscheinlich hat sie nur Gespenster gesehen.
    Die Begegnung zwischen Till und Miriam mochte rein zufällig gewesen sein, die Angst vor der Vergangenheit hat ihr einen Streich gespielt.
    Trotzdem kann Lissy sich nicht enthalten, Miriam, als sie alleine sind, zu fragen: „Haben Sie sich mit Till Torsten verabredet?“
    Miriam sieht sie erstaunt an. „Wozu?“
    „Was weiß ich“, sagt Lissy gereizt. „Bitte, beantworten Sie mir doch meine Frage!“
    Miriam: „Nein.“
    Lissy: „Was – nein?“
    „Ich habe mich nicht mit ihm verabredet“, erklärt Miriam mit Nachdruck.
    Lissy spürt, dass Miriam ehrlich ist, ihre Zuversicht wächst. Wie oft in den vergangenen Jahren hatte sie befürchtet, Till könnte sie entdecken. Am Anfang ihrer Ehe hat diese Angst zu Alpträumen geführt, die sie mitten in der Nacht weinend erwachen ließen. Alex hatte sie dann tröstend in die Arme gezogen, ohne zu begreifen, was seine Frau wirklich bedrückte.
    Sie ist oft nahe dran gewesen, ihm alles zu erzählen, aber sie hatte es nicht über sich gebracht. Heute kann sie es weniger denn je zuvor.
    Sie ist überzeugt, dass er für ihre Lügen und ihr langes Schweigen kein Verständnis haben kann. Die Wahrheit muss ihre Ehe zerstören.



    Am Abend bringt Alex eine überraschende Neuigkeit mit nach Hause. Sein Chef hat ihm vorgeschlagen, sich als Filialleiter einer Niederlassung der Firma nach Simhut versetzen zu lassen. Er hat ihm einen Entschädigungszuschlag für den Umzug versprochen und ein größeres Gehalt in Aussicht gestellt. Alex hat sich Bedenkzeit erbeten, denn er weiß nicht, wie seine Frau diese Veränderung aufnehmen wird.
    Lissy ist überglücklich. „Nach Simhut?“ ruft sie begeistert. „Alex, das ist ja wunderbar!“
    Er versucht ihre Freude zu dämpfen. „Na, so wunderbar ist es dort auch wieder nicht, Liebes. Ich fürchte, du wirst Sim-City sehr vermissen.“
    „Nie!“ ruft sie überzeugt. „Ich habe mir das Leben in einer kleinen Stadt schon immer fabelhaft vorgestellt.“
    Alex: „Hoffentlich bist du nicht enttäuscht, aber immerhin – ein größeres Gehalt wäre nicht zu verachten, wie?“
    Lissy: „Du hättest gleich zusagen sollen. Vielleicht nimmt dein Chef jetzt einen anderen. Das wäre doch schrecklich! Bitte ruf ihn an – jetzt gleich! Damit er Bescheid weiß.“



    Er lacht über ihren Eifer. „Das hat bis morgen Zeit, Liebes, beruhige dich! Aber ich freue mich, dass du einverstanden bist. Ich hatte schon befürchtet, dir würde der Abschied von Sim-City zu schwer fallen.“
    Lissy glaubt, dass der Himmel ihr die Hilfe geschickt hat, um die sie gebetet hat. Fort von Sim-City, das heißt für sie – fort aus der Nähe von Till Torsten. Nach Simhut wird er sich nie verirren, dessen ist sie sicher. Was kann ein Mann wie Till in Simhut anfangen? Sie muss sich bemühen, ihre Freude, die ihr Mann nicht verstehen kann, zu dämpfen.
    Aber sie kann sich doch nicht enthalten zu fragen, wann denn die Umsiedlung stattfinden soll.
    „Am nächsten Ersten“, antwortet Alex. „Der Filialleiter in Simhut ist nämlich ganz plötzlich gestorben. Die Witwe zieht zu Ihrer Mutter nach Simsberg. Die Wohnung steht uns zur Verfügung. Es soll übrigens eine sehr schöne Wohnung sein – mit Garten! Miriam können wir wohl nicht mitnehmen. Möchtest du, dass ich es ihr sage?“
    „Nein, nein“, wehrt Lissy ab, „das tu ich schon selbst, sobald sich eine Gelegenheit ergibt.“
    Aber sie spricht nicht mit ihr. Sie will abwarten, bis Isabella sich gemeldet hat.


    Es wäre schön, wenn ihr viele Kommentare zu dieser Fortsetzung abgeben würdet! :)

    danke donnibärchen und keira für eure comments :)
    heute wirds romantisch:



    Es ist Gregor. Erst als er sich aufrichtet, erkennen sie sich. Beide erröten unwillkürlich.
    Miriam gewinnt als erste ihre Fassung zurück: „Hallo, Greg“, sagt sie scheinbar gleichgültig.
    „Was machst du denn hier?“ fragt er, immer noch verwirrt.
    Miriam: „Dasselbe könnte ich dich fragen!“
    „Bitte, beeilen Sie sich“, mahnt die Bibliothekarin, „es wird in wenigen Minuten geschlossen!“



    Miriam und Gregor erledigen die Formalitäten, dann verlassen sie nebeneinander die Bibliothek.



    „Ich muss jetzt mächtig Englisch büffeln“, erzählt er. „Ich haue am ersten September ab. Nach Amerika.“
    Sie verhält für eine Sekunde ihren Schritt und sieht ihn an. „Für immer?“
    Gregor: „Ach wo. Bloß für ein Jahr. Austausch, weißt du. Ich komme in eine amerikanische Bank, und die schicken dafür einen anderen zu uns.“



    „Na fabelhaft“, sagt Miriam und geht wieder weiter. „Ich gratuliere!“
    „Dir macht das wohl gar nichts aus?“ fragt er.
    Miriam: „Nö.“
    Gregor: „Das habe ich mir gedacht.“



    Miriam schlägt die Straße zum Park ein, und Gregor läuft an ihrer Seite, obwohl er sich eigentlich in den letzten Wochen fast gewaltsam bemüht hat, sie zu vergessen, aber jetzt, als er neben ihr hergeht, begreift er, dass er sie nie aus seiner Erinnerung streichen kann. Er würde ihr brennend gerne sagen, wie viel sie ihm bedeutet, aber er kann nur hilflos nach Worten suchen.
    „Weißt du, Greg“, ihre Stimme klingt nachdenklich, „vielleicht ist es ganz gut, dass wir uns noch mal getroffen haben.“
    „Ja!“ sagt er hoffnungsvoll.
    „Ich muss dir nämlich sagen – ich weiß jetzt, dass ich mich blöd benommen habe!“ Sie sieht ihn offen an.
    „Der eine merkts nie und der andere später“, sagt Gregor, bemüht, um keinen Preis zu zeigen, wie glücklich ihn ihre Worte machen.
    Miriam: „Ich habe es jedenfalls gemerkt.“
    Gregor: „Immerhin. Wieso ist dir das denn eingefallen?“
    Sie beantwortet seine Frage nicht. „Hast du gewusst, dass Isabella das mit Ackermanns arrangiert hat?“
    Gregor: „Nein. Ich habe es mir gedacht.“
    Miriam: „Warum hast du es mir dann nicht gesagt?“
    Gregor: „Minky! Dann wärst du doch bloß noch wütender geworden.“
    Miriam: „Kann schon sein. Ich war eben sehr blöd.“
    Gregor: „Und nun? Ich meine – was wirst du nun machen?“
    Miriam: „Bei Ackermanns kann ich natürlich nicht bleiben. Ich habe herausgekriegt, dass – dass meine Adoptivmutter alles für mich bezahlt. Dann hätte ich ja genauso gut zu Hause bleiben können.“
    Gregor: „Eben. Warum gehst du nicht einfach zurück?“
    Miriam: „Das kann ich nicht, Greg.“
    Gregor: „Ich gebe zu, dass es vielleicht peinlich wäre, aber...“
    Miriam: „Das ist es nicht, Greg. Ich kann erst zurück, wenn sie mir sagen, wer meine wirklichen Eltern sind.“



    Gregor: „Und da hätte ich dir fast schon geglaubt, du wärst wirklich vernünftig geworden! Was um Himmels willen versprichst du dir eigentlich davon, Minky?“
    Miriam: „Man muss wissen, woher man kommt“, erklärt Minky, „kannst du das nicht begreifen? Wie kann man sich denn selbst kennen, wenn man nicht weiß, wer einen geboren hat?“
    Gregor: „Es gibt bestimmt Tausende von Kindern, die...“
    Miriam: „Das interessiert mich nicht. Für mich geht es nur um mein eigenes Schicksal. Wenn ich sicher wäre, dass sie es nicht wüssten – dass sie es mir beim besten Willen nicht sagen könnten, dann – ja, dann würde ich klein beigeben. Aber sie wissen es doch, nicht wahr, Greg?“
    Gregor: „Ich glaube schon.“
    Miriam: „Na also. Du kannst sagen, was du willst, ich habe ein Recht darauf, es zu erfahren.“
    Gregor: „Weißt du eigentlich, dass das, was du tust, Erpressung ist?“
    Sie stutzt eine Sekunde.
    „Von mir aus“, sagt sie dann. „Wenn es kein anderes Mittel gibt, zum Ziel zu kommen...“
    Gregor: „Also, Minky, du kommst mir vor wie ein kleines Kind, dem die Eltern keinen neuen Wintermantel kaufen wollen, und jetzt geht es einfach ohne und sagt: ‚Das geschieht ihnen recht, wenn ich mich erkälte!’ – Begreifst du denn nicht, dass du mit diesem Irrsinn nur dir selbst schadest?“
    Miriam: „Wieso? Ich komme ganz gut allein zurecht.“
    Gregor: „Wirklich? Du bist ja bisher nicht mal eine richtige Hausangestellte.“
    Miriam: „Weil Isabella sich eingemischt hat. An meinem nächsten freien Nachmittag geh ich zum Dorotheenheim und lass mir eine richtige Stellung vermitteln.“
    Gregor: „Und dann?“
    „Ich habe mich für einen Abendkurs eingetragen, Greg – ich werde mein Abitur machen!“ In Miriams Stimme schwingt Stolz.
    Er enttäuscht sie. „Das hättest du zu Hause auch so gut gekonnt.“
    „Du verstehst mich nicht“, sagt sie bitter.
    Gregor: „Na wenn schon. Jetzt bist du mich ja bald los.“



    Miriam drückt Gregor ihr Buch in die Hand. „Bitte, halt das einen Augenblick ... Ich will mir nur eben die Schuhe binden.“



    Als Miriam sich bückt, streichelt ihr Haar sein Kinn und der Duft ihres Körpers steigt ihm in die Nase – er kann der Versuchung nicht widerstehen, als sie sich wieder aufrichtet, sie an sich zu ziehen.



    „Miriam“, sagt er, und es ist das erste Mal, dass er ihren Namen voll ausspricht. „Miriam!“



    Sie wehrt sich nicht, spürt seine Küsse auf ihrem Kinn, auf ihrer Wange, auf ihrem Hals. „Ach! Greg“, sagt sie, „warum ist das Leben nur so kompliziert?“
    Er sagt, sein Gesicht sehr nahe an ihrem: „Wenn du willst, Miriam ... Ich brauche nicht fortzufahren! Sag nur ein Wort und ich bleibe.“
    Miriam: „Nein, Greg – nein. Das hat doch keinen Sinn!“
    Gregor: „Magst du mich gar nicht mehr?“
    Miriam: „Nein – doch – ich weiß es nicht!“



    Er nimmt ihren Kopf in beide Hände. Seine Lippen finden ihren Mund. Miriam spürt, dass er sie noch nie so geküsst hatte wie heute. Ein ungeahntes Glücksgefühl überkommt sie und nimmt ihr fast den Atem.
    Es ist ihr, als wenn die Knie unter ihr nachgeben.



    Nur mit Anstrengung kann sie sich von ihm losreißen.
    „Nicht!“ sagt sie mit erstickter Stimme. „Nicht!“
    Er lacht, ein jungenhaftes, triumphierendes Lachen. „Miriam“, sagt er und kostet den Klang ihres Namens aus, „nun ist alles gut! Ich bleibe hier. Wir werden...“



    „Nein“, sagt sie und hat ihre Stimme wieder in der Gewalt. „Nein. Du musst fahren. Du musst!“
    Gregor: „Aber warum? Willst du mich los sein?“
    Miriam: „Ich liebe dich, Greg – gerade deshalb. Wir sind noch zu jung. Wir müssen erst aus unserem Leben etwas machen. Hast du denn vergessen, was du mir immer gesagt hast? Bitte, nein, widersprich mir nicht – du weißt genau, dass ich recht habe.“
    Gregor: „Für dich würde ich alles aufgeben, Minky – meine Stellung in der Bank – alles. Ich könnte – ich könnte zum Beispiel als Vertreter arbeiten. Wir könnten heiraten – Minky! Jetzt! Sofort! Du brauchst nur zu wollen.“



    Sie streicht ihm durch sein zerzaustes Haar. „Sei nicht traurig, Greg. Was ist schon ein Jahr? Wir werden uns schreiben – oft. Wer werden uns alles erzählen, was wir erleben, ja?“



    Er nimmt ihre Hand und legt sie an seine Wange. „Willst du wenigstens auf mich warten?“
    „Warten?“ Sie lacht glücklich. „Ich habe so viel zu tun, dass ich gar nicht zum Warten kommen werde.“


    Würde mich über viele Meinungen von euch freuen!

    heute gehts mal wieder weiter:



    Till Torsten hat, nachdem Miriam ihn hat stehen lassen, seinen Beobachtungsposten in dem Café gegenüber wieder angetreten. Von seinem Platz aus kann er das Haus gut im Auge behalten, ohne dass er selbst gesehen wird. Er ist sicher, dass Miriam an diesem Tag noch einmal auf die Straße kommen wird, er ist überzeugt, dass sein Angriff um so wirkungsvoller sein wird, je intensiver er ihn unternimmt. Er raucht eine Zigarette nach der anderen und langweilt sich. Er darf das Haus nicht aus den Augen lassen, sonst hat sein ganzes Warten keinen Sinn.
    Es sind verschiedene Leute ein und aus gegangen, während er da saß und wartete, aber Miriam ist nicht unter ihnen gewesen. Er beobachtet die Hausbewohner und Besucher scharf, denn er weiß, dass oft unscheinbar belanglose Beobachtungen plötzlich wichtig werden können.



    Till erkennt Lissy Ackermann, als sie das Haus verlässt. Vielleicht wäre sie ihm in einer anderen Umgebung nicht aufgefallen, aber jetzt, da er weiß, dass Miriam in diesem Haus wohnt, wird ihm sofort klar, dass es nur seine erste große Liebe sein kann, die mit hastigen Schritten über die Straße zum Briefkasten eilt. Anne Degerndorf.
    Er wundert sich selbst, dass er seiner Sache so sicher ist. Es ist gute 17 Jahre her, seit er sie zum letzten Mal gesehen hat und sie hat sich verändert. Ihr Haar ist nicht mehr so blond, wie damals, aber er sieht sofort, dass sie gefärbt sind, und ihr Gesicht, das er frisch und voller Übermut in Erinnerung hat, ist matt und müde geworden. Ihre Figur hat sich kaum verändert, ihre Bewegungen, ihre Art zu gehen, sind unverkennbar.
    Sie wirft einen weißen Umschlag in den Postkasten und eilt weiter.
    Plötzlich wird es Till mit einem Schlag klar, warum er seiner Sache so sicher ist. Anne Degerndorf, nur unter diesem Namen kennt er sie, hat ihn an Miriam erinnert. Er wundert sich plötzlich, wieso er nie gemerkt hat, wie stark die Ähnlichkeit Miriams mit Anne ist. Vielleicht hat er sie sogar unbewusst wahrgenommen und sich nichts dabei gedacht. Vielleicht ist das der Grund, warum er sich so sehr für Miriam interessiert.
    Er weiß es nicht, aber er begreift, dass Miriam Annes Kind ist. Deshalb hat ihm Isabella nie etwas von der Adoption erzählt, deshalb hat sie Miriam, als sie glaubte, nicht mehr mit ihr fertig werden zu können, zu ihrer wirklichen Mutter gegeben. Wenn das stimmt, muss Lissy Degerndorf die Frau jenes Alex Ackermann sein, bei dem Miriam als Hausangestellte arbeitet. Das ist hochinteressant.



    Till wartet noch, bis Anne zurückkommt, den kleinen Paul an der Hand, der kaum mit seiner Mutter Schritt halten kann und den sie mit sichtbarer Nervosität hinter sich herzieht.
    Ahnt sie schon oder weiß sie, dass er wieder aufgetaucht ist? Hat Miriam ihr von ihm erzählt? Weiß Miriam, dass sie Annes Kind ist? Weiß sie, dass er ihr Vater ist? Weiß vor allem Alex Ackermann um die Vergangenheit seiner Frau?
    Das alles sind höchst interessante Fragen und Till ist entschlossen, die Antwort darauf herauszubekommen.


    Einleitung für den nächsten Teil:
    Miriam ist über die Tatsache, dass sie ihren Platz bei der Familie Ackermann Isabella verdankt, keineswegs so schockiert, wie sie selbst erwartet hat.
    Das Bewusstsein, dass Isabella Schneider sich um sie sorgt, erfüllt sie mit Dankbarkeit und schmeichelt ihrer Eitelkeit. Es ist ihr klar, dass sie unter diesen Umständen nicht mehr bei den Ackermanns bleiben kann. Trotzdem erfüllt sie die Gewissheit, dass sie, solange Isabella lebt, niemals alleine auf der Welt sein wird, mit warmer Freude.
    Auch das Wiedersehen mit Till Torsten hat Miriam nicht erschreckt. Sie empfindet es, ganz im Gegenteil, als Genugtuung, dass sie ihm endlich hat heimzahlen können, was er ihr angetan hatte. Sie hat ihn immer gern gehabt, um so gekränkter war sie gewesen, als er sie so gewissenlos hereingerissen und später bei ihrer Begegnung sogar verleugnet hatte.
    Die Erinnerung an diese Demütigung hat wie ein Stachel in ihrer Seele gesessen.
    Jetzt fühlt sie sich befreit. Es tut ihr wohl, dass er sich noch immer für sie zu interessieren scheint, während er ihr vollkommen gleichgültig geworden ist. Zum erstenmal in ihrem Leben darf sie glauben, einen erwachsenen Menschen völlig durchschaut zu haben.



    Als Miriam an diesem Abend das Haus verlässt, hofft sie fast, dass Till auf sie warten wird – nicht, weil sie sich mit ihm versöhnen will, sondern nur, damit sie ihm ihre Verachtung noch deutlicher aussprechen kann. Aber Till lässt sich nicht blicken.



    Sie geht mit raschen Schritten durch die Bibliothek, fühlt, wie bewundernde männliche Blicke sich auf sie richten.



    Sie tut so, als wenn sie es nicht bemerkt, sucht sich einige Bücher heraus und setzt sich.
    Mehr als das Aufsehen, dass sie erregt, freut sie es, dass es ihr gelingt, sich auf ihre Lektüre – eine Abhandlung des amerikanischen Psychologen William James – zu konzentrieren.



    Wie immer, steht sie erst knapp bevor die Bibliothek geschlossen wird, auf, um ihre Bücher, bis auf eines, das sie später noch im Café lesen will, zurückzugeben. Die psychologische Abhandlung, in der sie blättert, die Augen gesenkt, tritt sie auf die Bibliothekarin zu.
    Unversehens prallt sie mit einem jungen Mann zusammen.



    Das Buch von William James fliegt zu Boden, der junge Mann sagt: „Au, verdammt – entschuldigen Sie bitte!“ Er bückt sich und hebt es auf.


    Und jetzt könnt ihr mal raten, wer dieser junge Mann ist :D

    Dankeschön an keira und dimple für die lieben comments :knuddel



    Er fügt rasch hinzu: „Stell dir das nur vor! Wir beide in Brasilien! Wir könnten alles hinter uns lassen und ein neues Leben anfangen!“
    „Du hast mich schon einmal hereingelegt, Till“, sagt Miriam, unsicher geworden.
    Till: „Sei doch nicht so nachtragend. Die Sache mit dem Verleugnen kann ich dir noch erklären...“
    Miriam: „Das meine ich nicht. Du weißt genau, was du getan hast.“
    Till: „Keine Ahnung. Du sprichst in Rätseln.“
    Miriam: „Du hast mir meinen Hausschlüssel fortgenommen, bist eingebrochen und hast das Geld aus dem Schreibtisch genommen.“
    „Ich?“ Tills Verblüffung wirkt ehrlich. „Du musst verrückt sein, wenn du so etwas sagst!“
    Miriam: „Wer soll es denn gewesen sein?“
    „Ich war es jedenfalls nicht. Ich kann dir das wirklich nicht erklären.“ Till scheint ernsthaft nachzudenken. „Hör mal, Minky, hat mein verehrter Schwager etwa gewusst, dass ich in seinem Haus war?“
    Miriam: „Ja.“
    Till: „Dann wird mir alles klar. Minky, dass du nicht selbst daraufgekommen bist! Es ist gar kein Geld weggekommen – verstehst du?“
    Miriam: „Nein. Beim besten Willen nicht.“
    Till: „Bernhard hat nur so getan – um mich hereinzulegen. Glaub mir doch, Minky! Ich kenne meinen Schwager. Seit Jahren verfolgt er mich. Er mag mich nicht. Er wollte dich überzeugen, dass ich ein Gauner bin, deshalb hat er...“
    „Nein“, sagt Miriam fest. „So etwas würde Vater nie tun.“



    Sie wendet sich jetzt endgültig ab und geht mit raschen Schritten auf das Haus zu.
    Till folgt ihr. „Minky – du kannst mich doch nicht einfach so stehen lassen. Lass mir dir doch wenigstens in Ruhe erklären. Gib mir Gelegenheit...“



    „Nein“, sagt sie, schließt die Haustür auf und verschwindet im Haus.



    Till bleibt stehen. Er ist verärgert. Das Wiedersehen mit Miriam hat er sich anders vorgestellt. Sie hat sich sehr verändert, seit er sie das letzte Mal gesehen hat. Was ist bloß in sie gefahren? Natürlich, man hat sie gegen ihn aufgehetzt. Aber er wird sie schon klein kriegen. Es ist doch unmöglich, dass er ein so junges, haltloses Mädchen nicht umstimmen kann.
    Till braucht Miriam. Er braucht sie so dringend wie das tägliche Brot.
    Er hat tatsächlich einen alten, steinreichen Brasilianer kennen gelernt, einen Señor Alvarez, der auf blonde junge Mädchen fliegt. Till hat sich schon einen genauen Schlachtplan zurechtgelegt, wie er ihn ausnehmen kann. Aber das ist nur mit Miriams Hilfe möglich. Keine von den jungen, leichtlebigen Mädchen, die bestimmt gerne mitmachen würden, ist für diesen Plan zu brauchen.



    Als Miriam, die Einkaufstüte in der Hand, in die Wohnung kommt, ist Lissy Ackermann am Ende ihrer Beherrschung. „Wo waren Sie so lange?“ herrscht sie Miriam an.
    Miriam hebt mit belustigtem Erstaunen die Augenbrauen. „Wieso? Hat es länger gedauert?“
    Lissy: „Ich will wissen, mit wem Sie gesprochen haben.“
    Miriam: „Na, mit Frau Gössel im Supermarkt, mit der kleinen Lisa vom dritten Stock – ja, ich glaube, das war’s.“
    Lissy: „Lügen Sie nicht! Sie waren mit einem Mann zusammen.“
    Miriam: „Sie spionieren mir also nach?“
    Lissy ringt nervös die Hände. „Miriam!“ ruft sie außer sich. „Wissen Sie denn überhaupt, wer dieser Mann ist?“
    Miriam: „Natürlich. Mein Onkel Till – Till Torsten – kennen Sie ihn denn?“
    „Er ist nicht ihr Onkel, Miriam – er ist...“ Lissy beißt sich verzweifelt auf die Lippen. Sie sieht, dass es keinen Weg gibt, Miriam zu warnen, ohne ihr die Wahrheit zu sagen. Aber das bringt sie nicht über sich.



    Miriam geht an ihr vorbei in die Küche. „Stimmt“, sagt sie ruhig. „Es ist gar nicht mein Onkel. Aber hat das was zu sagen?“
    Lissy: „Er ist ein – ein schlechter Mensch, Miriam.“
    Miriam: „Warum sagen Sie mir das?“
    Lissy: „Aber Miriam, begreifen Sie denn nicht, dass dieser Mann Sie ins Verderben bringen kann?“
    Miriam: „Dazu gehören immer zwei, Frau Ackermann.“
    Lissy: „Versprechen Sie mir, dass Sie ihn nie wiedersehen werden?“
    Miriam: „Wie kann ich denn das? Ich bin sicher, dass er noch mal versuchen wird, mich abzupassen.“
    Lissy: „Was wollte er von Ihnen, Miriam? Bitte, sagen Sie mir die Wahrheit.“



    „Das würde Ihnen gar nichts nützen“, gibt Miriam ruhig zurück, öffnet den Kühlschrank und legt ihre Einkäufe hinein. „Ich begreife gar nicht, warum Sie sich überhaupt so aufregen. Glauben Sie wirklich, er könnte mir am helllichten Tage auf der Straße etwas antun?“
    Lissy: „Miriam – hat Ihnen Isabella denn nie erzählt...?“



    Miriam dreht sich ruckartig um. „Sie kennen also – meine Adoptivmutter?“
    Lissy: „Ja. Wir waren Schulfreundinnen.“
    Miriam: „Sehr interessant. Sie haben es niemals für nötig gehalten, mir etwas davon zu sagen.“
    Lissy: „Warum sollte ich denn?“
    Miriam: „Sie verlangen von mir Vertrauen, Frau Ackermann, und haben mich seit dem Tage, an dem wir uns zu erstenmal gesehen haben, andauernd angelogen.“
    Lissy: „Das ist nicht wahr, Miriam! Ich habe Sie nie belogen. Sie haben mich ja nicht gefragt!“
    Miriam: „Dann tu ich es jetzt. War das zwischen Ihnen und Isabella Schneider eine abgekartete Sache, dass Sie mich zu sich genommen haben?“
    „Darauf kann ich nicht antworten“, sagt Lissy verstört.
    Miriam: „Wissen meine Adoptiveltern, dass ich bei Ihnen bin?“
    Lissy: „Miriam – was würde denn das an Ihrer Situation ändern? Ich möchte mit Ihnen über Till Torsten reden und nicht...“
    Miriam: „Na klar, daran hätte ich mich inzwischen schon gewöhnen müssen. Ihr erwartet von uns jungen Leuten, dass wir euch die Wahrheit sagen und euch vertrauen – aber ihr selbst – ach, verdammt.“
    „Till Torsten ist ein Verbrecher, Miriam“, sagt Lissy eindringlich. „Er – er hat nie im Leben etwas Nützliches getan. Er ist ein Hochstapler und Heiratsschwindler, mehrmals hat er schon deswegen gesessen ... Er schreckt vor nichts zurück, glauben Sie mir doch.“



    Miriam lacht. „Sie meinen also, dass ich ein geeignetes Objekt für einen Heiratsschwindler bin?“
    Lissy: „Was er auch immer mit Ihnen vorhat, Miriam, es kann nichts Gutes sein. Er ist ein durch und durch böser Mensch.“
    Miriam: „Soll ich jetzt die Kartoffeln abschälen, Frau Ackermann?“
    Lissy: „Tun Sie, was Sie wollen – aber hören Sie mich doch an!“
    „Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie es mit Isabella Schneider abgesprochen haben, mich zu sich zu nehmen?“ fragt Miriam und nimmt ein Messer aus der Schublade.
    Lissy: „Weil Isabella es nicht wollte. Es ist Ihre eigene Schuld, Miriam. Sie hatten sich geweigert, irgend etwas von Ihren Eltern anzunehmen – aber Isabella wollte Ihnen helfen. Sie wollte Sie aus dem Heim herausholen. Und weil Sie Angst hatte...“
    Miriam: „Wer bezahlt meinen Lohn?“
    Lissy: „Das Geld, das Sie bekommen, ist ehrlich verdient.“
    Miriam: „Ich weiß. Aber wer bezahlt es?“
    Lissy senkt den Kopf. „Sie würden es von uns bekommen ... Aber wir können es uns nicht leisten, eine Hausangestellte zu halten.“



    „Aha. Ich habe mich also wie ein Trottel hereinlegen lassen.“ Miriam schält die Kartoffeln mit solcher Heftigkeit, dass Lissy befürchtet, sie würde sich jeden Augenblick in den Finger schneiden.
    Lissy: „Ich hätte es nicht verraten dürfen, ich hatte es Isabella fest versprochen.“
    Miriam: „Glauben Sie, dass ich nun wieder davonlaufen werde? Nein, so blöd war ich nur einmal. Deshalb brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.“
    „Ich habe Angst um Sie, Miriam. Entsetzliche Angst!“ sagt Lissy, aber in ihrem Inneren weiß sie, dass sie um ihr eigenes Glück zittert. Sie muss etwas unternehmen. Isabella Schneider scheint ihr der einzige Mensch, der ihr jetzt noch helfen kann.



    Sie lässt Miriam mit ihrer Arbeit in der Küche allein, geht zum Telefon und ruft das Kurhotel in Bad Simsheim an. Aber es stellt sich heraus, dass Isabella Schneider nicht im Hotel ist. Lissy erfährt, dass Isabella schon am Morgen nach Simburg gefahren ist und erst in der Nacht zurückerwartet wird.
    „Kann ich etwas ausrichten, Frau Ackermann?“ fragt der Herr vom Empfang beflissen.
    Eine Sekunde überlegt Lissy, dann sagt sie: „Danke, nein, vielen Dank – ich werde schreiben.“



    Sie legt den Hörer auf.
    Fast ist sie dankbar, dass das Gespräch mit Isabella Schneider nicht zustande gekommen ist. So viel ist geschehen, seit sie sie das letzte Mal gesprochen hat, es wäre am Telefon kaum möglich gewesen, ihr die Situation wirklich klar zu machen.



    Lissy setzt sich an den Schreibtisch ihres Mannes und beginnt einen Brief zu schreiben, einen langen, sehr ausführlichen, ziemlich verworrenen Brief, in dem sie alles erzählt, was sie bedrückt. Nachher liest sie ihr Schreiben noch einmal durch – es ist ein einziger Hilfeschrei geworden, und das ist gut so. Isabella muss eingreifen, sofort. Sie muss Miriam zu sich zurücknehmen, sie muss sie vor Till Torsten schützen.
    Lissy klebt den Umschlag zu, findet eine Briefmarke und frankiert ihn.



    Sie steckt ihren Kopf zur Küche hinein und ruft: „Ich hole nur eben Paul vom Kindergarten ab, Miriam – ich bin gleich wieder zurück!“
    Das ist bisher Miriams Aufgabe gewesen, aber sie scheint keineswegs verwundert. Sie nickt nur gleichgültig.



    Lissy läuft aus der Wohnung und auf die Straße.


    Wenn euch die Fortsetzung gefallen hat, schreibt kräftig, und wenn nicht, auch :)

    erst mal danke für eure comments!
    die kritik nehme ich einfach so hin, ich hab mir halt die personen so ausgesucht mit ihren stärken und schwächen. frauenfeindlich sollte es bestimmt nicht rüberkommen und schließlich habe ich ja einen fiesen männlichen kerl eingebaut (siehe Till) ;)
    und das eine verrate ich euch: der bekommt auch noch seine gerechte strafe!
    viele liebe grüße
    nikita


    Till hat Pech gehabt. 1 000 § und keinen Cent mehr hat der Hehler ihm für das Diamanthalsband geboten. Till weiß, dass er hereingelegt worden ist, aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als den Kauf abzuschließen. Er braucht das Geld, jetzt und sofort und er weiß, dass rasches Geld immer teuer ist.



    Es ist Zufall, dass er auf einem abendlichen Bummel auch in eine Bar kommt, in der er eine alte Bekannte trifft. Er erinnert sich plötzlich wieder an das, was hier vorgefallen ist – an die Prügelei mit Gregor.
    Es ist jener denkwürdiger Abend gewesen, an dem es ihm gelungen ist, Miriams Hausschlüssel zu entwenden. Fast bereut er, hierher gekommen zu sein, aber er lässt es sich nicht anmerken, sondern lächelt Yvonne, die sich zu ihm gesetzt hat, vergnügt an.
    „Na, was macht unser junger Freund?“ fragt er.
    Yvonne mustert ihn mit ihren grünen Augen. „Komisch“, sagt sie.
    Till: „Was ist komisch, schönes Kind?“
    Yvonne: „Dass Sie noch frei herumlaufen. Oder sind Sie etwa gerade erst wieder herausgekommen?“
    Till: „Ich höre heute zum erstenmal, dass die Polizei etwas gegen mich hat.“
    Yvonne: „Wirklich? Ich möchte nur wissen, wie Sie sich damals rausgeschwindelt haben.“



    Till: „Sie sprechen in Rätseln.“
    Yvonne: „Wollen Sie etwa behaupten, dass die Polizei damals gar nicht bei Ihnen gewesen ist?“
    Till: „Genau das. Warum sollte sie auch?“
    Yvonne: „Weil ich Sie angegeben habe, dass Sie es nur wissen. Dieses kleine Mädchen wollte nämlich Greg und mich hinreißen. Das konnte ich mir doch nicht gefallen lassen.“
    Till lacht: „Natürlich nicht. Verlangt auch niemand von Ihnen. Aber was mich betrifft – Fehlanzeige. Was ist denn überhaupt passiert? Ich habe keine Ahnung!“
    Yvonne: „Sie wissen natürlich nicht, dass bei Miriams Eltern Geld geklaut worden ist?“
    Er macht ein erstauntes Gesicht: „Ach was. Das hätte ich der Kleinen eigentlich nicht zugetraut.“
    Yvonne: „Sie glauben, sie war es selbst?“
    Till: „Wer denn sonst?“
    Yvonne sagt nachdenklich: „Schon möglich, zuzutrauen wär’s ihr. Wahrscheinlich wollen ihre Eltern deshalb nichts mehr von ihr wissen. Bloß Greg sieht’s nicht ein. Er schwört hoch und heilig auf diese Minky und wenn ich ihm sage, dass sie eine Kröte ist, wird er nur böse.“
    Till: „So sind die Männer. Wo die Liebe hinfällt. Das sollten Sie doch wissen.“
    Yvonne: „Ihnen hat das Mädchen doch auch gefallen, reden Sie nicht – sonst wären Sie doch nicht mit ihr herumgezogen.“
    Till: „Von gefallen kann gar keine Rede sein, schönes Kind. Sie ist meine Nichte.“
    „Was?“ Yvonne reißt die grünen Augen auf.
    Till: „Ja, wussten Sie denn das nicht? Sie ist wirklich meine Nichte. Ohne Spaß. Ihre Mutter ist meine Schwester.“
    Yvonne lacht: „Haben Sie das auch geglaubt?“
    Till: „Wieso?“



    Yvonne: „Diese Minky ist doch gar nicht das richtige Kind. Sie ist bloß adoptiert. Sie können daher also auch nicht ihr Onkel sein, es sei denn...“
    Till: „Donnerwetter. Da öffnen sich ja Perspektiven. – Ich meine, die Adoptiveltern...“
    Yvonne: „Sie hat furchtbaren Ärger zu Hause bekommen und die Eltern haben sie in ein Heim gesteckt. Greg war ganz außer Rand und Band und ist jeden Tag hingelaufen, um sie zu sehen. Aber da war sie schon weg. Und nachher, als er sie endlich wieder aufgestöbert hatte, hat sie ihm eine geschmiert.“
    Till: „Ein tolles Mädchen!“
    Yvonne: „Das Schlimmste ist, dass er immer noch verliebt in sie ist. Stellen Sie sich vor, dieser Kerl kommt hierher, tut so, als wenn er sich für mich interessiert, dabei will er sich bloß Trost holen und über seine Minky sprechen. Aber den habe ich gleich wieder heim geschickt.“
    Till: „Recht so. Aber wo ist sie denn jetzt, wenn sie nicht mehr in diesem Heim da ist?“
    Yvonne: „Bei irgendeiner Familie am Goetheplatz. Als Hausangestellte. Stellen Sie sich so was vor. Dabei tat sie immer so wie eine Prinzessin auf der Erbse.“
    Till: „Sie kann einem fast leid tun, wie?“
    „Mir nicht“, sagt Yvonne entschieden. „Um die brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. So eine kommt immer wieder auf die Beine.“



    Yvonne geht zu einem anderen Bekannten und Till ist froh darüber. Er muss seine Gedanken ordnen, aber noch sieht er nicht klar. Er zweifelt keinen Augenblick an Yvonnes Worten. Sie scheint genau zu wissen, dass Miriam ein Adoptivkind ist. Aber warum hat ihm Isabella das nie erzählt?
    Er rechnet nach. Miriam muss jetzt 16 Jahre alt sein. Vor 16 Jahren, ja, da hatte er seine erste Strafe abgebüßt. Er hat einen Wechsel gefälscht. Anfängerarbeit natürlich. Er hat es getan, weil er diesem Mädchen imponieren wollte. Wie hieß sie doch gleich? Anne Degerndorf. Ja.
    Als er aus der Haft entlassen worden ist, war sie spurlos verschwunden. Sie hat ihm niemals ins Gefängnis geschrieben, aber er war überzeugt gewesen, dass sie auf ihn warten würde. Sie hatte doch immer behauptet, ihn zu lieben. Aber als er nachher entlassen wurde, war sie spurlos verschwunden. Er hatte sie gesucht. Vergeblich.
    Diese Geschichte hat ihm einen Knacks gegeben, er weiß es selbst ganz genau. Wenn Anne auf ihn gewartet hätte, vielleicht hätte er den Weg zurück ins bürgerliche Leben gefunden. Nicht nur vielleicht, ganz gewiss. Dann wäre er heute wahrscheinlich ein braver Mann mit Frau und Kind in einem Häuschen im Grünen.
    Na ja, es ist eben anders gekommen. Wer weiß, ob er nicht dem Schicksal dankbar sein soll. Jedenfalls hat er sich in all den Jahren nie gelangweilt.
    Das ist schon viel wert. Mehr, als die meisten Menschen von ihrem Leben behaupten können.
    Till trinkt sein Glas Whisky leer, zahlt und geht.



    Aber als er in die laue Sommernacht hinausgeht, denkt er noch immer über das nach, was Yvonne ihm erzählt hat. Als er aus dem Gefängnis gekommen ist, hatte Isabella ein Töchterchen gehabt, Miriam. Sie hatte es angeblich in der Zeit seiner Haft bekommen.
    Jetzt weiß er, dass es nicht stimmt. Damals hatte Isabella noch Vertrauen zu ihm gehabt, war überzeugt gewesen, dass die Wechselfälschung ein einmaliger Fehltritt gewesen ist. Trotzdem hatte sie ihm nichts von der Adoption erzählt.
    Sonderbar, sehr sonderbar. Noch kann Till sich auf die ganze Geschichte keinen Reim machen.



    Miriams Gesicht bleibt völlig ausdruckslos, als Till sie anspricht. „Ich kenne sie nicht“, sagt sie kalt und wendet sich ab.
    „Minky, bist du denn verrückt geworden?“ Er packt sie beim Arm.
    Sie reißt sich nicht los, aber der Blick ihrer Augen ist so vernichtend, dass er unwillkürlich seinen Griff lockert.
    Miriam: „Bitte, lassen Sie mich in Ruhe!“
    Till: „Hör mal, Minky, was ist denn in dich gefahren? Ja, ich gebe zu, ich habe dich damals verleugnet, aber mir blieb gar nichts anderes übrig, glaub mir doch! Deshalb kannst du doch nicht...“



    Sie unterbricht ihn und wendet sich wieder zum Gehen. „Wenn Sie wüssten, wie sehr Sie mich langweilen.“



    Er vertritt ihr den Weg. „Minky – schließlich bin ich doch dein Onkel!“
    Miriam: „Nein. Das sind Sie nicht.“
    Till: „Ach ja, ich hatte im Augenblick vergessen – du sollst ja das Adoptivkind von den Schneiders sein. Aber das ist doch kein Grund, mich so zu behandeln. Ich will dir doch bloß helfen, Minky!“
    Miriam: „Ich brauche keine Hilfe. Am wenigsten von Ihnen.“
    „Es ist doch Blödsinn, Minky“, sagt er leise und eindringlich, „dass du mir jetzt eine Szene machst. Wir haben uns doch immer gut verstanden, das wirst du zugeben. Außerdem sitzen wir im gleichen Boot. Dich hat meine Familie fallen lassen, genauso wie mich. Wir beide müssen jetzt zusammenhalten.“
    Sie hebt erstaunt die Augenbrauen. „Wozu?“
    Till: „Wir müssen uns gegenseitig helfen, Minky! Ich weiß genau, was mit dir los ist. Die Familie hat dir himmelschreiendes Unrecht getan. Es ist eine Schande, dass sie dich hier als Dienstmädchen arbeiten lassen, während...“
    „Arbeit ist nie eine Schande“, sagt Miriam ruhig.
    „Hör auf damit!“ sagt er wütend. „Du redest, als wenn du im Kloster erzogen worden wärst. Ein Mädchen wie du – so jung, so hübsch, so voller Möglichkeiten. Ich bitte dich, nimm doch Vernunft an! Ich habe dir einen Vorschlag zu machen, einen glänzenden Vorschlag, du wirst sehen. Aber hier können wir nicht reden. Sag mir schnell, wann wir uns sehen können.“
    Miriam: „Ich will Sie nie mehr wiedersehen.“
    Till: „Du stehst deinem eigenen Glück im Weg, Minky! Hör mich nur fünf Minuten an! Ich habe einen Mann an der Hand, einen Brasilianer, der sucht einen Verwalter für seine Kaffeefarm. Ich könnte auswandern und dich mitnehmen. Du brauchst bloß ein Wort zu sagen.“
    Er sieht dass Miriam nachdenklich wird...


    Lässt sich Miriam wieder von Till einwickeln?

    da ihr so fleißig kommentare geschrieben habt (und so liebe noch dazu) gehts jetzt auch schon weiter:



    Till Torsten kommt von Simmyparis nach Sim-City zurück. Der Himmel ist grau, als er aus dem Taxi steigt. Es regnet sanft, aber unablässig. Till hebt schaudernd die Schultern. In all den Wochen an der Riviera war immer schönes Wetter gewesen. Warum ist er nur nach Sim-City zurückgekehrt?
    Er sieht sich suchend um. Er hat Tina Weber ein Telegramm mit der Ankunft seines Taxis geschickt. Sie ist nicht erschienen, um ihn abzuholen. Auch das noch.
    Er überlegt, was zu tun ist. Mit Schrecken fühlt er, dass er schlecht in Form ist. Die schlaflose Nacht hat ihn fertig gemacht.
    Er widersteht der Versuchung, sein Geld zu zählen, er weiß genau, dass er nur noch knapp 40 Sim-Dollar besitzt. Kurz und berauschend steigt die Erinnerung an jenen einmaligen Abend in ihm auf, an dem es ihm gelungen war, im Spielkasino von Monte Carlo die 50 000 Sim-Dollar, die er Frau Kowalski, der lebenslustigen Witwe, abgeknöpft hat, zu vervierfachen.
    Die Chips hatten sich vor ihm bunt und leuchtend auf dem grünen Tisch gehäuft, er hat sich auf dem Höhepunkt des Lebens gefühlt.
    Aber dann hat er Pech gehabt, verdammtes Pech. Zwei Tage später hatte er, als er noch einmal sein Glück versuchen wollte, alles wieder verloren.
    Till bereut nichts. Er ist der festen Überzeugung, dass das Leben nur als Abenteuer lebenswert ist. Er hatte unvergessliche Wochen an der Riviera verbracht. Es hat sich gelohnt, auf der Welt zu sein. Jetzt ist er wieder zu Hause.
    Till liebt Europa, er liebt die weite Welt, das Abenteuer, das Geheimnis, das Unentdeckte, aber immer, wenn ihm etwas schief gegangen ist, kehrt er in die Heimat zurück. Hier, und nur hier ist es ihm noch gelungen, sein Schicksal zu wenden und sein Schiff wieder flott zu machen.



    Nachdenklich steht er am Straßenrand. Er versucht, seine Gedanken auf das Problem, das vor ihm liegt, zu konzentrieren.
    Er überlegt, ob es ratsam ist, wieder einmal seinen Schwager anzupumpen. Aber er verwirft diesen Gedanken.
    Bernhard Schneider muss immer noch böse auf ihn sein, daran ist kein Zweifel. Möglicherweise ist er sogar unklug genug, ihn bei der Polizei anzuzeigen. Isabella würde ihm schon eher helfen, sie ist schließlich seine Schwester. Aber er weiß aus Erfahrung, dass es sehr schwer ist, unter vier Augen mit ihr zu reden. Nein, es ist besser, die Familie vorerst aus dem Spiel zu lassen, im größten Notfall kann er sich noch an sie wenden.
    Noch ist er nicht in Not. Unwillkürlich fährt seine Hand in die Jackentasche. Beruhigt tasten seine Finger das prächtige Diamantenhalsband Lady Carolines ab, das ihm ein glücklicher Zufall, dem er nur ein wenig nachzuhelfen brauchte, beim Tanz im Palasthotel in Nizza in die Hände gespielt hatte. Natürlich kann er das Ding nur unter der Hand verkaufen, es ist heiße Ware, aber immerhin müssten ein paar Tausender für ihn herausspringen.
    Im Augenblick jedoch ist er nicht in der Stimmung, sich mit einem gerissenen Hehler herumzuschlagen.
    Es würde besser sein, erst mal Tina Weber aufzusuchen. Es ist zwar nicht gerade ermutigend, dass sie ihn nicht abgeholt hat, aber immerhin, sein Telegramm kann ja zu spät eingetroffen sein, vielleicht muss sie das Bett hüten – Till weiß aus Erfahrung, dass die Möglichkeiten, die man nicht einkalkuliert, am häufigsten eintreffen.



    Entschlossen geht er direkt zu Tina Webers Adresse.



    Pfeifend, um sich selbst gute Laune zu machen, steigt er die Treppe hinauf.



    Einen Augenblick betrachtet er die weiße Visitenkarte mit der schwarzen Aufschrift: „Andreas Henlein, Studienrat a. D.“, die unter dem Türschild von Tina Weber an das Holz geheftet ist. Sein möbliertes Zimmer ist also besetzt, weiter kein Schaden. Er hat es nicht anders erwartet. Der Konkurrenz eines Studienrates a. D. fühlt er sich jederzeit gewachsen.
    Er legt den Finger auf den Klingelknopf, drückt einmal kurz, aber nachdrücklich und wartet.



    Die Tür wird so rasch geöffnet, dass er weiß, Tina Weber hat ihn erwartet. Ein Blick auf ihre Erscheinung betätigt diese Vermutung. Ihr Haar ist hübsch frisiert und ihr Gesicht sorgfältig geschminkt.
    Sie errötet unwillkürlich, als sie ihn sah, aber ihre Augen bleiben ernst und kein Lächeln kam über ihre verkniffenen Lippen. „Da bist du ja“, sagt sie.



    Er will sie zärtlich in die Arme schließen, aber sie weicht vor ihm zurück.
    „Tina!“, ruft er, als wenn er ihre Ablehnung nicht bemerkt. „Was hast du mir für Sorgen gemacht! Warum hast du mich nicht abgeholt? Du musst doch mein Telegramm bekommen haben! Ich habe mich so auf dich gefreut.“



    „Hast du mir das Geld mitgebracht?“, fragt sie kalt.
    „Natürlich“, erklärt er fröhlich, „aber deshalb bin ich ja nicht gekommen ... Ich wollte...“
    „Das interessiert mich nicht“, sagt sie, „ich will mein Geld haben, sonst nichts.“
    Er hebt die Augenbrauen. „Das klingt nicht gerade freundlich“, sagt er mit gespieltem Erstaunen. „Soll das heißen, du liebst mich nicht mehr?“
    Tina: „Ich bezweifle stark, ob ich dich je geliebt habe.“
    Sein Lachen klingt unecht. „Was ich an euch Frauen am meisten bewundere“, sagt er spöttisch, „ist euer schlechtes Gedächtnis. Solltest du wirklich vergessen haben, dass...“
    „Ja“, unterbricht sie ihn hart. „Gib dir keine Mühe, Kurt. Ich habe alles vergessen. Alles – bis auf die Tatsache, dass du mir Geld schuldest.“
    Till: „Na, ein Glück, dass du wenigstens das noch weißt, sonst müsste ich glauben, du leidest an Gedächtnisschwund.“
    Tina: „Ich bin nicht zu Späßen aufgelegt. Gib mir das Geld.“
    Till: „Ich habe es auf der Bank. Glaubst du etwa, ich schleppe solche Summen in der Brieftasche mit mir herum?“
    Tina: „Dann werde ich die Polizei anrufen.“
    Till: „Was versprichst du dir davon? Wenn du annimmst, dass ich das Geld nicht habe und dich anlüge, kann dir die Polizei doch auch nicht helfen.“
    Tina: „Aber wenigstens wirst du dann deine gerechte Strafe erhalten.“
    Till: „Pfui Teufel, wie rachsüchtig. Tina, ich habe mich selten in einer Frau so sehr getäuscht wie in dir. Schämst du dich denn gar nicht?“
    Tina: „Warum? Weil ich deinen Gaunereien nicht mehr weiter Vorschub leisten will?“



    Till: „Wer spricht denn von Gaunereien? Was glaubst du denn eigentlich, gegen mich in der Hand zu haben. Du hast mir Geld geliehen, na schön. Die Polizei kann dir das glauben oder nicht. Eine Quittung habe ich dir, soviel ich weiß, noch nie gegeben. Ich habe dir auch nie versprochen, mit deinem Geld ein Geschäft zu machen oder dich zu heiraten. Es liegt also keinerlei Betrug vor. Die Polizei wird sehr schnell die Wahrheit herausbringen, verlass dich drauf. Ich war dein Liebhaber und du hast mich dafür bezahlt, was weiter?“
    Jetzt endlich ist es ihm gelungen, ihren Panzer eiserner Selbstbeherrschung zu durchbrechen. Sie schreit auf: „Das ist nicht wahr!“
    Till: „Nicht? Du wirst es schwer haben, das Gegenteil zu beweisen.“
    Tina: „Kurt! Wie kannst du mir so etwas ins Gesicht sagen! Ich – ich hätte dich dafür bezahlt, dass du mein Liebhaber warst?“
    Till: „Stimmt es etwa nicht? Glaubst du, ich würde mich je mit dir eingelassen haben, wenn du nicht dafür bezahlt hättest? Schau doch einmal in den Spiegel! Wenn du nur ein Fünkchen Verstand hast, wirst du einsehen, dass ich recht habe.“
    Sie bricht in Tränen aus, schlägt die Hände vors Gesicht. „Das ist – das ist teuflisch! Oh, wie gemein – wie widerlich und gemein du bist!“, schluchzt sie.
    „Die Wahrheit ist sehr selten angenehm“, sagt er ruhig, „du hast es dir selbst zuzuschreiben, dass ich sie dir sagen musste.“
    „Geh!“, schreit sie. „Geh! Wie kannst du es wagen, mir noch ins Gesicht zu blicken! Geh, ich will dich nie mehr wiedersehen!“
    „Leb wohl, Tina!“, sagt er mit einer ironischen Verbeugung. „Und viel Glück mit deinem Staatsbeamten.“
    „Er liebt mich“, ruft sie außer sich, „dass du es nur weißt! Er wird mich heiraten!“
    „Das wundert mich nicht“, sagt er achselzuckend. „Wenn ich ein abgelebter Tattergreis wäre, würde ich dich vielleicht auch zur Frau nehmen.“



    Noch als die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen ist, hört er ihr wildes, verzweifeltes Schluchzen. Er fühlt weder Mitleid noch Triumph. Er weiß, dass er versagt hat. Es war sinnlos und töricht gewesen, ihr die Wahrheit zu sagen, aber er hatte keine andere Möglichkeit gesehen, mit ihr fertig zu werden.


    Freu mich wie immer über Lob und Kritik! Also schreibt mir fleißig

    Am liesten mag ich die sauren Sorten wie Zitrone. Die sind so richtig schön erfrischend :essen
    Softeis mag ich net, das zerläuft zu schnell.