Beiträge von Gifti

    Hey Leute,


    ich werde die FS aus bestimmten Gründen hier nicht weiterführen. Sie ist aber beendet und wenn ihr sie zu Ende lesen möchtet, könnt ihr das hier tun: *Schnipps*


    (Ich weiß nicht, ob der Link hier erlaubt ist, falls er gelöscht wird, schreibt mir doch eine PN)
    Entschuldigt bitte diesen Umstand und falls jemand im anderen Forum zu Ende lesne möchte, wünsche ich ganz viel Spaß dabei.


    Liebe Grüße
    Sina


    „Es ist wunderschön”, sagte ich und träumte schon, wie ich abends an der Küste im warmen Wind stehen würde und der Sonne beim Untergehen zuschauen würde. Das Haus schien wirklich ein Platz zu sein, an dem man seine Vergangenheit und all seine Sorgen vergessen konnte.
    „Es wird toll werden”, sagte Black und strich mit seinen Fingern über das Foto. Ich lehnte mich an ihn und dann vergaßen wir, wer wir waren, und träumten unseren Traum.



    Kapitel 14



    Abgehetzt und zu spät kam ich in Zimmer mit der Nummer eins im Beverly an, wo Joe schon auf mich wartete. Er war erst in meinem Alter, vielleicht sogar ein bisschen jünger, trug zerfetzte Klamotten und ein buntes Kopftuch. Diverse Piercings zierten sein Gesicht, allgemein machte er einen ungepflegten Eindruck, der besonders durch seine langen schwarzen Bartstoppeln verstärkt wurde.



    „Kommst du immer zu spät?”, begrüßte er mich grimmig und ich mochte ihn jetzt schon nicht, legte aber mein professionelles Lächeln auf und entschuldigte mich höflich.
    Joe kam gleich zur Sache und erzählte mir, was er wollte. Er hatte es sich bereits auf dem Bett bequem gemacht und sich eine Zigarette angesteckt.
    „Das sind ziemlich viele Extraleistungen”, sagte ich und rechnete den Preis aus.



    „Das ergäbe 190 Euro.” Irgendwie war ich skeptisch, ob der junge Mann so viel Geld überhaupt besaß, doch er kramte vier fünfzig Euro Scheine aus seiner Tasche und wedelte damit rum.
    „Ich bezahl’ dich danach”, sagte er entschlossen, doch ich widersprach ihm.
    „Es wird im Voraus bezahlt.” Schon viel zu oft hatte ich schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht, die hinterher dann doch nicht bezahlen wollten, weil sie angeblich zum Beispiel nicht genügend Geld mithatten oder aus anderen scheinheiligen Gründen.



    „Ich leg das Geld auf den Tisch”, sagte Joe nur, erhob sich und steckte die vier Scheine unter den Sockel der Lampe, die auf dem kleinen Plastiktisch stand. Mit diesem Kompromiss war ich einverstanden und so begab ich mich in die Rolle des lieben Mädchens und stieg zu dem Mann aufs Bett.


    Diese Worte trafen mich wie ein Stich ins Herz, denn irgendwie hatte ich so viel Hoffnung an ihn gehängt. Wollte er mir etwa sagen, dass er mich gar nicht mochte und mich nicht mehr sehen wollte? Was war, wenn er keine Lust mehr hatte, mich mit ins Ausland zu nehmen, schließlich war ich vielleicht ja nur ein lästiges Anhängsel für ihn? Auf einmal begriff ich, wie sehr meine Zukunft von Black abhing.



    „Es ist schwierig für mich, mit deinem Job klarzukommen”, fuhr er fort, als er sich zu mir aufs Bett setzte.
    „Hätte ich gar nicht so gedacht. Wir sollten es bei einer Freundschaft belassen, wenigstens bis das hier zu Ende ist.”
    Black schien bedrückt und auf einmal fühlte ich mich irgendwie angegriffen.
    „Bin ich dir jetzt nicht mehr gut genug, weil ich eine Nutte bin?”, fuhr ich ihn an. Ich erwartete, nein, erhoffte, eine heftige Gegenreaktion, um seine Gefühle spüren zu können, doch diese blieb aus.



    „Du weißt, dass das nicht so ist”, sagte er nur und scheinbar schien er sehr davon überzeugt, dass er Recht hatte.
    „Musst du denn heute noch arbeiten?”
    „Ja, ich treffe heute Abend noch einen Typen im Beverly. Ein Neuer… ich weiß nicht, irgendwie wirkte er am Telefon sehr unsympathisch”, entgegnete ich, doch Black nickte nur stumm und irgendwie unbeteiligt.



    Ich fragte mich, was ich an ihm reizvoll gefunden hatte, heute machte er auf mich einen langweiligen Eindruck.
    Wir schwiegen eine Zeit lang und Black setzte sich zu seinem Hund auf den Boden.
    „Ich mag dich sehr Lia”, sagte er schließlich.



    „Obwohl ich dich kaum kenne. Und ich meine es ernst mit dir. Allerdings… das ging alles sehr schnell. Dein Job ist mir nicht egal, es nimmt mich sehr mit und ich wünschte mir, du würdest sofort aufhören. Wir könnten versuchen, irgendwo normale Arbeit zu finden und dann…”
    „Black”, unterbrach ich ihn. „Der Job ist ätzend, finde ich auch. Aber bei keinem anderen können wir in diesen paar Wochen so viel Geld zusammenkriegen. Wenn wir überhaupt einen Anderen finden würden… und dann… es würde so lange dauern. Es ist nun wirklich egal, ob ich es noch ein bisschen länger mache oder nicht.”
    Black sah mich an.



    „Es ist nicht egal. Jeder Kunde nimmt dir ein wenig Lebenskraft. Ich sehe es an deinen Augen Lia. Sie wirken nach jedem Freier stumpfer, von Tag zu Tag. Ich kann das nicht mit ansehen.”
    „Man Black, du kennst mich doch gar nicht”, fuhr ich ihn an und langsam wurde ich sauer. Was dachte er eigentlich, wer er war, dass er einfach so bestimmen konnte, ob ich den Job weiter machte oder nicht? Das war immer noch meine Entscheidung.



    „Vielleicht kennst du dich selbst nicht, Lia”, sagte er, doch kurz darauf schien er es auch schon wieder zu bereuen, und fügte schnell hinzu: „Okay. Noch bis Ende Oktober. Wie du möchtest. Ich habe… ein Bild für dich rausgesucht, von dem Haus.”
    Ich war über den schnellen Themenwechsel verwundert, war aber tatsächlich sehr gespannt darauf, wie das Haus seiner Eltern wohl aussehen mochte. Plötzlich hatte ich wieder richtig Lust, meine Zukunft zu planen.



    „Es ist ziemlich klein”, meinte Black, setzte sich dicht neben mich und zeigte mir das Bild, auf dem ein kleines sandfarbenes Häuschen zu sehen war. Das Haus lag direkt an einer Steilküste, an der riesige Wellen an den Felsen zerschlugen. Rundherum war nur grün-gelbe Landschaft zu sehen, die von Pinienbäumen und wilden Blumen dominiert wurde. Das Haus war wirklich nicht sehr groß, aber traumhaft schön und für zwei Leute ideal. Es schien ziemlich abgelegen zu sein, denn es war keine Straße, sondern nur ein kleiner Sandweg zu erkennen.

    Kapitel 13 - Teil 2



    Es war schon fast halb zwei in dieser Nacht, als mein Handy klingelte. Irgendwie rechnete ich mit einem Anruf von Black, und so nahm ich fröhlich ab, doch am anderen Ende meldete sich eine mir unbekannte Männerstimmte.
    „Hier ist Joe. Hast du Zeit?”, ertönte es kurz und knapp.
    „Joe?” Ich überlegte kurz, bis mir einfiel, dass es ein Kunde sein könnte. Ich hatte irgendwie das Bedürfnis, gleich wieder aufzulegen, aber noch war der Monat noch nicht vorbei, und ich musste meinem Beruf nachgehen, um Geld zu zusammen zu sparen.



    „Ich will Sex mit dir”, tönte es mir aus dem Telefonhörer entgegen.
    „Ähm…” Irgendwie fühlte ich mich peinlich berührt. „Wann würde es Ihnen denn passen?”
    „Jetzt sofort.”
    Ich machte der Stimme am Telefon begreiflich, dass ich jetzt nicht arbeiten würde und frühestens morgen Abend einen Termin frei hatte und nach einer kurzen Diskussion schien der Mann es zu verstehen.



    Wir verabredeten uns um 18 Uhr im Beverly und als ich auflegte, war meine gute Laune wie weg geblasen. Wenn ich in der Routine drin war und nicht darüber nachdachte, war der Job okay, aber wenn ich grade in meinem anderen, wirklichen Ich steckte und so brutal daraus gerissen wurde, nahm es mich sehr mit. Mir wurde dann wieder klar, wie abartig mein Job eigentlich war und wie wenig er das war, was ich wirklich machen wollte.


    -



    Nach einer unruhigen, kurzen Nacht wachte ich am nächsten Morgen wenig erholt auf. Ich beschloss, nach dem Frühstück Black anzurufen, denn ich hatte lange nichts mehr von ihm gehört und wollte ihn gerne wieder sehen.
    In Nachthemd und mit verwuschelten Haaren schlurfte ich in die Küche, wo Vera und Jay am Tisch saßen und sich über unsere Speisevorräte hermachten. Ein Blick ins Wohnzimmer verriet mir, dass Kira mit einem Apfel auf der Couch hockte, anscheinend hatte sie sich immer noch nicht damit abgefunden, einen Raum mit Veras Mann zu teilen.



    Auch ich war darüber nicht grade erfreut, doch hielt ich es für albern, sich so anzustellen, und so begrüßte ich die Beiden mit einen genuschelten „Morgen”, öffnete die Tür des Kühlschrankes und durchsuchte diesen mit Blicken nach etwas Essbaren.
    „Hey Süße”, gab Jay zurück und ich spürte, dass er mich anstarrte. Mir was es unbegreiflich, wie Vera so ein Verhalten tolerieren konnte, immerhin waren sie verheiratet und somit gehörte es sich doch noch weniger, dauernd solche Bemerkungen von sich zu geben.



    Ich nahm mir einen Gemüsedrink, schloss die Kühlschranktür und setzte mich zu ihnen an den Tisch, in der Absicht, mich trotzdem nicht großartig mit ihnen zu unterhalten, was mir zum Glück auch gelang.


    -



    Nach dem Frühstück fuhr ich mit meinem Auto zu Black. Es war das erste Mal, dass ich alleine in dieser Gegend war, und so hatte ich schon ein wenig mulmiges Gefühl im Bauch, denn dieser Bezirk war wirklich alles andere als schön und ansprechend. Wie war ich froh, wenn ich aus Hamburg wegziehen konnte!
    Ich klingelte an der Haustür und nach ein paar Sekunden ertönte auch schon das Zeichen, welches das Öffnen der Tür erlaubte. Im Flur roch es muffig, es war dunkel und staubig und so lief ich die Treppen hoch, um möglichst schnell in Blacks Wohnung zu kommen.



    „Hi”, begrüßte mich der junge Mann, als er die Tür öffnete, und man sah ihm an, dass er gerade erst aufgestanden war.
    Ich stieg über Stan, der wie wohl immer vor dem Bett lag und setzte mich. Irgendwie kam ich mir unwohl vor und Black wirkte ein wenig fremd auf mich, obwohl ich mir nicht erklären konnte, wieso.
    „Es tut mir Leid, dass ich mich nicht gemeldet hatte”, sagte er schließlich. „Es war alles ein bisschen zu schnell. Normalerweise bin ich nicht der Typ für so was…”

    hey, werde auf jeden fall weiterlesen, ich finds schön, mal wieder etwass "seichtes" zu haben, ne schöne romanze so :D der anfang gefällt mir gut, sehr schöne bilder und gut beschrieben, mach weiter so!
    die sims sind sehr hübsch, das apartment übrigens auch. ich fünde übrigens nicht, dass man bildbearbeitung und posenhacks verwenden muss/sollte, ganz im gegenteil, ich finde es so fast viel besser, es wirkt einfach mal nicht übertrieben gestellt sondern viel natürlicher, echter, ich wünsche mir,d ass du es so beibehälst :)


    „Ja”, sagte ich, und bemerkte, wie glücklich ich darüber war, so etwas von mir sagen zu können. Ich erwartete Glückwünsche und Gejubel von Kira, doch diese schien irgendwie sauer zu sein.
    „Also wollt ihr alle abhauen, ja? Was wird dann aus uns? Zieht hier schön dieser Jay-***** ein und denn bald sicher auch noch so Macker von dem.”
    „Man, hör doch auch auf”, sagte Mara. „Was hält dich denn hier? Ist doch ein scheiß Leben, und das weißt du auch.”



    „Ach was weißt du schon”, sagte Kira und klang aufgebracht, aber auch wieder ein wenig gleichgültig. „Ich mag’s. Leichtes, schnelles Geld, was will man mehr? Tu mal nicht so, als wäre das nun alles so schlimm.”
    „Was man mehr will?” Mara schüttelte den Kopf. „Leben vielleicht?”
    „Ach, macht doch was ihr wollt”, meinte Kira und stand auf.
    „Ich hab’ keinen Hunger mehr. Und übrigens, mir gefällt mein Leben.” Sie wirkte äußerlich überzeugt, doch ich hörte, dass ihre Stimme zitterte.


    -



    Wir saßen noch lange zusammen an dem Abend, tranken erst Sekt und als dieser leer war auch anderen Alkohol und unser Zusammensein entwickelte sich zu einer kleinen Party. Mara und Vanessa lachten und tanzten viel und die Stimmung war so ausgelassen wie lange nicht mehr. Ich fühlte mich zeitweise ein wenig einsam, doch machte ich mir immer wieder klar, dass die Party auch mir galt, denn auch ich würde aufhören. Ich sagte es mir immer wieder, um es mir bewusst zu machen, denn irgendwie konnte ich es noch nicht so ganz glauben. Bald sollte es vorbei sein und ich würde ein ganz normales, anständiges Leben führen.


    „Du willst doch nur, dass ich fett werde”, motzte diese und sah skeptisch auf die kross gebratene Ente und die Nudeln in ihrer Pappverpackung, doch Mara strahlte sie nur an und ließ sich ihre gute Laune nicht verderben.
    „Iss halt nicht so viel”, sagte sie. „Ich kümmere mich gerne um deine Reste.”
    Kira schien überrascht von Maras Harmoniebedürftigkeit und erwiderte nichts mehr, sondern suchte sich eine Light-Cola aus dem Kühlschrank und setzte sich zu uns an den Tisch. Dann begann sie, sorgfältig das Fett von ihren Fleischstückchen abzuschneiden und an den Rand zu schieben.
    „Also, was gibt’s?”, drängte ich.



    „Ich hatte heute einen schönen Tag”, entgegnete Mara mit vollem Mund, aus dem noch einige Nudeln hingen.
    „Drei Kunden, einer war nett und hat viel Trinkgeld gegeben.”
    Kira sah ihre Schwester grimmig an. „Sind wir hier, um uns das von dir auf die Nase binden lassen zu müssen?”
    Mara ignorierte sie. „Es war der Letzte”, sagte sie.



    „Aha. Und was gibt’s sonst?”, fragte Kira und versuchte, möglichst gleichgültig zu wirken, während sie einen großen Schluck aus ihrer Cola trank.
    Mara grinste.
    „Ich meine, nicht der Letzte für heute. Der Letzte für immer.”
    Wir drei sahen gleichzeitig von unseren Tellern hoch und Mara an.
    „Ja, ich höre auf.”


    -



    Es war Vanessa, die als Erste die Stille durchbrach.
    „Ehrlich jetzt?”
    „Ich habe schon lange darüber nachgedacht, eigentlich schon seit meinem ersten Tag. Der Job ist einfach nichts für mich. Nun ja, ich habe mich über Alternativen informiert. Ich war sogar bei einem IQ-Test, weil ich mir beweisen wollte, dass ich nicht zu doof für ein normales Leben mit Schule oder gar Studium bin.”
    Sie grinste und schob sich ein weiteres Stück Fleisch in den Mund.



    „Wisst ihr… ich war echt gut. Ich bin grade erst zwanzig, ich hab noch viel Zeit, noch mal von vorne anzufangen. Dann war ich bei so einer Abendschule. Da kann man Abitur machen, wenn man sich zusammenreißt. Ganz normales Abitur, wisst ihr. So wie all diese bewundernswerten Leute. Ich habe mich angemeldet und nächste Woche geht’s los.”



    Kira hob eine Augenbraue.
    „Ist erster April oder so?”
    Vanessa machte eine wegwerfende Handbewegung und starrte Mara an.
    „Meinst du das wirklich ernst?”
    „So ernst, wie ich vorher noch nie etwas gemeint habe. Ich hatte nie vor, das hier ewig zu machen.”



    „Das ist ja so toll”, quietschte Vanessa, sprang auf und hüpfte herum.
    „Lia, erzähl ihnen von deinen Plänen”, forderte Mara mich auf, als Vanessa sich wieder beruhigt hatte.
    „Hm… nun gut. Ich höre auch auf. Ende Oktober ist es vorbei. Ich habe einen Mann kennen gelernt und wir ziehen nach Italien.”
    Kira blieb fast das Essen im Hals stecken und sie fing an, zu husten.
    „Was?”, röchelte sie. „Du auch?”

    Kapitel 13



    Die nächsten Tage vergingen wie im Fluge. Eines Abends erzählte ich Mara, deren Gesicht sich nur langsam von den Misshandlungen erholte, von meinen Plänen, aufzuhören und nach Italien zu ziehen und sie war noch begeisterter, als ich es erwartet hätte. Sie meinte, dass Black auf jeden Fall eine geile Sau und der Richtige für mich wäre und dass ich mich durch nichts und niemanden von meinem Vorhaben abbringen sollte. Ich schlug ihr vor, doch auch aufzuhören, aber sie sah mich nur traurig an und entgegnete nichts. Seitdem redete ich mit niemandem mehr darüber, sondern freute mich nur still und heimlich.



    Ich fand in meine alte Routine zurück, die aus Fitnessstudio, einigen Stunden Arbeit, kleineren Einkäufen und Fernsehen bestand. Die Tage wurden kürzer, grauer und kälter und alles ging seinen gewohnten Lauf.
    Eines Tages mussten wir alle ins Krankenhaus zu einer Routineuntersuchung, die für Prostituierte halbjährlich Pflicht war und vor der sich Vera dieses Mal drückte. Wie immer wurde uns Blut abgenommen, das zur Untersuchung eingeschickt wurde und an dessen Auswertung wir keinen Gedanken verschwendeten.



    Dass Vera nicht zur Untersuchung ging, war gegen das Gesetz und es bedeutete, dass sie nicht mehr als legale Prostituierte arbeiten durfte, aber als Mara sie darauf ansprach, rastete sie nur vollkommen aus und machte sie darauf aufmerksam, dass ihr Leben sie einen feuchten Dreck anginge. Wir wussten, dass Vera die Untersuchungen wegen der Drogen schleifen ließ, die bei einer solchen ja einwandfrei nachgewiesen werden konnten, wussten aber nicht, was wir tun sollten, wie wir ihr helfen konnten, was wir hätten sagen sollen. Alles was wir wussten war, dass dieses die ersten Anzeichen waren; dass der Anfang vom Ende losging.



    Mit Black traf ich mich in dieser Zeit nicht, irgendwie hatte ich das Gefühl, er wollte sich von mir fernhalten, jedenfalls meldete er sich gar nicht bei mir. Ich glaubte, dass er mit meinem Job nicht so gut klar kam, wie es zuerst schien und er abwarten wollte, bis es vorbei war und wir gänzlich zusammen sein konnten. Irgendwie hatte ich mich noch nicht richtig an den Gedanken gewöhnt, mit einem doch ziemlich fremden Mann auszuwandern und zusammenzuziehen, doch alles war besser als mein Leben hier weiterzuführen und schließlich war Black echt nett und ich mochte ihn sehr.



    Ich habe nicht viele Erinnerungen an diese Tage, doch dann, eines späten Nachmittages, saß ich grade mit Vanessa vor dem Fernsehgerät und diskutierte, ob es sicherer wäre, sich doch einem Zuhälter anzuschließen, als die Wohnungstür aufging und Mara hineinspazierte. Ihr demoliertes Gesicht befand sich mittlerweile fast wieder im Normalzustand, einzig ihr linkes Auge war noch ein wenig dick und blau, was sie aber geschickt mit viel Schminke verbergen konnte.



    Mara sah fröhlich aus an jenem Tag, wie lange nicht mehr, sie grinste von einem Ohr zum anderen und trotz ihrer Wunden und dem extrem geschminkten Gesicht hatte sie irgendwas kindliches an sich.
    „Mo-hoin”, rief sie Vanessa und mir zu, und wir sahen uns fragend an. Was war mit ihr los?
    „Ich habe euch was vom Chinesen mitgebracht”, flötete sie. „Kommt essen.”



    Sofort sprangen wir beiden Mädchen auf und Vanessa fiel ihrer Freundin um den Hals und küsste sie auf die Wange.
    „Was ist?”, fragte sie. „Wieso bist du so gut gelaunt?”
    „Ich habe was zu verkünden. Sind die anderen Beiden da?”
    „Ähm… Kira ist in ihrem Zimmer und Vera… keine Ahnung, die habe ich schon seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen.”



    „Okay…”, sagte Mara, während sie herrlich duftende Alubehälter aus einer Plastiktüte packte und auf den Tisch stellte.
    „Lia, würdest du Kira holen?”
    Ich war überrascht, dass Mara ihre Schwester dabei haben wollte, denn eigentlich vermieden die beiden den Kontakt so gut es ging, aber natürlich erfüllte ich ihr den Wunsch und holte die ebenso erstaunte Kira in die Küche.


    „Ich wusste, dass so was öfter passiert”, sagte diese nach einer kurzen Pause. „Aber… doch nicht uns. Doch nicht dir. Warum ausgerechnet…” Ihre Stimme versagte.
    „Lass uns ins Wohnzimmer gehen.”
    Vanessa nahm mir das Handtuch aus der Hand, welches durch das Blut mittlerweile zum Teil hellrot gefärbt war, und schnappte sich den Erste-Hilfe-Koffer, dann gingen die beiden Mädchen gemeinsam ins Wohnzimmer.



    „Du brauchst was zum Kühlen”, stellte Vanessa fest, nachdem Mara sich auf dem Plüschsofa niedergelassen hatte. Sie sagte nichts mehr, sondern starrte nur noch wie paralysiert in die Gegend, selbst ihre Tränen waren versiegt.
    „Kann ich irgendwas für dich tun?”, fragte ich und bot ihr auch Schokolade an, welche sie liebte, doch Mara reagierte nicht.
    Für einen Moment herrschte eine bedrückende Stille, ich stand in der Tür zwischen Wohnzimmer und Küche, und wusste nicht was ich machen sollte.



    Sollte ich die beiden Mädchen alleine lassen, oder war das völlig unangebracht? Sollte ich Mara ausfragen, was ihr alles wehtat, denn vielleicht hatte sie ja noch schwerwiegendere Verletzungen irgendwo am Körper? Oder sollte Vanessa das lieber alles übernehmen? Sollte ich Vera anrufen, und sie um Hilfe bitten? Früher hätte ich das getan. Aber heute tat ich einfach gar nichts, irgendwie war ich unfähig zu handeln. Und so blieb ich einfach an der Wand stehen, aus Angst einen falschen Schritt zu machen und es schien, als hätte die Zeit angehalten, bis Maras Stimme die Stille schließlich zerriss.
    „Glaubt ihr, das ist der gerechte Lohn? Glaubt ihr… wir haben so was verdient… weil wir Huren sind?”



    „Wer trichtert dir denn so ‘nen Scheiß ein?”, fragte Vanessa aufgebracht, doch ich erwischte mich bei dem Gedanken, ob es nicht wirklich so war. So viele Prostituierte wurden drogenabhängig, bekamen Geschlechtskrankheiten, wurden misshandelt oder hatten andere schwere Schicksalsschläge auszuhalten. War das vielleicht wirklich die Strafe für unser unehrenhaftes Leben? Je mehr ich nun darüber nachdachte, desto stärker wurde mein Entschluss, aufzuhören. Es war wirklich ein mieser Job, ein mieses Leben und man sollte versuchen, da raus zu kommen, bevor es endgültig zu spät war, wie wohl nun bei Vera. Sie tat mir wirklich Leid, doch was sollte ich machen? Sie in eine Entzugsklinik schleifen? In psychologische Betreuung? Ihr ihren Ehemann ausreden? Ihn anzeigen?



    Vera war schon immer ihren eigenen Weg gegangen und hatte sich von niemandem, grade nicht von uns, was sagen lassen. Sie war immer eine Art Anführerin gewesen, hatte ihren eigenen Kopf gehabt und auf Widerstand unsererseits würde sie sehr heftig reagieren, das wusste ich. Irgendwie hakte ich ihr Leben ab, auch wenn es sehr schlimm ist, so was zu sagen. Wir mussten uns damit abfinden, dass sie verloren und nicht mehr zu retten war. Aber was war mit uns Anderen? Vielleicht war es meine Aufgabe, die anderen Mädchen zum Aufhören zu animieren. Vielleicht brauchten sie nur einen kleinen Anschub, oder jemanden, der mitmacht. Vielleicht konnte ich wenigstens die drei retten. Oder zwei. Oder wenigstens eine.



    Hätte ich gewusst, was alles passieren würde in den nächsten Wochen, hätte ich sofort meine Sachen in einen Koffer geschmissen, wäre mit Black zum Flughafen gerannt und hätte alles andere hinter mich gelassen. Sollten die Mädchen doch selbst klarkommen. Aber ich war zu naiv und hatte den Wunsch, ihnen zu helfen. Solange es noch möglich war.


    In der Wohnung angekommen, ließ Mara sich mit letzter Kraft auf einen Stuhl in der Küche fallen, dann brach sie weinend auf dem Tisch zusammen.
    Ich holte einen Erste-Hilfe-Kasten, stellte ihn auf den Tisch und ließ mich ebenfalls auf einem Stuhl nieder, dann nahm ich ihre Hand.
    „Was immer passiert ist, es ist vorbei”, versuchte ich, irgendwie die passenden Worte zu finden. „Alles ist gut.”



    „Weißt du”, schniefte Mara und sah mich mit ihren angeschwollenen Augen an, „Nichts ist gut. Überhaupt nichts ist gut.”
    Tränen rannten ihr die Wangen runter, einige verirrten sich in ihre Mundwinkel, andere liefen ihren Hals hinunter, bis sie schließlich vom Stoff ihres Oberteils aufgesogen wurden.
    „Was ist denn bloß passiert? Wer hat dir das angetan?”
    „So ein Typ”. Mara schluchzte.



    „Ich habe überhaupt nichts falsch gemacht, gar nichts. War alles wie immer. Ich glaube, er stand da einfach drauf...”
    „Ein Kunde?”
    „Ja…und nein, ich weiß nicht wie er heißt, ich weiß gar nichts. Mein Kopf tut so weh, ich will schlafen…”
    „Bist du sicher, dass ich keinen Krankenwagen rufen soll? Vielleicht…”
    „Nein man.” Maras Stimme wurde kurz lauter. „Gib’ mir… ne Schmerztablette.”



    Ich stand auf und kramte eine Tablette aus dem Schrank, dann feuchtete ich ein Handtuch mit Wasser an, um das Blut aus Maras Gesicht wischen zu können.
    „Wie bist du nach Hause gekommen?”, fragte ich, während ich das Tuch über dem Waschbecken auswrang.
    „Gelaufen?! Ich bin vor ihm weggelaufen, ich hatte solche Angst. Aber als ich die Tür hinter mir zu hatte, konnte ich nicht mehr. Weiter als zum Flur habe ich es nicht geschafft. Gut, dass du gekommen bist.”



    Ich nahm das Tuch und begann, damit vorsichtig Maras Gesicht abzutupfen. Es sah wirklich schrecklich aus, der Typ hatte sie übel zugerichtet. Ihre Unterlippe war aufgeplatzt und hatte stark geblutet, ebenso wie ihre Nase, ihr gesamtes sonst so hübsches Gesicht war blau, rot und lila angelaufen und wirkte irgendwie deformiert, die schwarzblauen, zugeschwollenen Augen vervollständigten das Bild.



    Einige Strähnen ihrer blonden Haare klebten in ihrem Gesicht und die Tränen vermischten sich mit dem roten Blut.
    Grade als ich Mara sagen wollte, dass sie den Kunden unbedingt anzeigen musste, öffnete sich die Tür und eine scheinbar gut gelaunte, singende Vanessa kam herein.



    Als sie Mara sah, stockte sie, dann wurde sie bleich.
    „Was… was hast du?”, stammelte sie, doch Mara sah nur auf den Fußboden, als würde sie sich über ihren Zustand schämen.
    „Oh mein Gott, was ist passiert?” Das schwarzhaarige Mädchen kniete sich auf den Boden vor ihre Freundin.



    Langsam und leise erzählte Mara die ganze Geschichte, wie sie sich ganz normal mit einem älteren Kunden getroffen hatte, dieser langsam grob geworden war und schließlich begonnen hatte, auf sie einzuschlagen. Sie erzählte, dass er hämisch gegrinst hätte und sie auch noch getreten hätte, als sie auf dem Boden lag. Irgendwann hatte sie sich aufrappeln können und hatte es irgendwie geschafft, an ihr Pfefferspray zu kommen, mit dem sie ihn für kurze Zeit außer Gefecht setzen konnte, was ihr die Möglichkeit gegeben hatte, wegzulaufen.
    Maras Stimme zitterte und wirkte sehr zerbrechlich, auch Vanessa schien nun mitgenommen und geschockt.

    Sorry, sehr sehr viel zu tun derzeit und überhaupt keine Zeit für Internet oder Sims. Danke für eure Kommis und ich hoffe sehr, dass es in den nächsten Wochen wieder etwas zügiger voran gehen kann.



    Kapitel 12



    Black brachte mich nach Hause und verabschiedete sich von der Haustür von mir.
    „Noch einen Monat”, sagte er. „Dann ist es vorbei.”
    Er gab mir nur einen kurzen Kuss auf die Stirn, was mich irgendwie enttäuschte, dann drehte ich mich um und schloss die Tür auf.
    Zuerst sah ich das Mädchen nicht, wie sie blutend und zusammengerollt auf den Fliesen im Hausflur kauerte, aber dann erschrak ich umso mehr.



    „Mara?!”, brachte ich heraus und kniete mich zu ihr runter.
    „Was…?!” Was passiert war wollte ich fragen, aber meine Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt und ich brachte weiteres kein Wort heraus.
    Wie ein Haufchen Elend lag sie in der Ecke des Hausflurs. Zitternd, schwer atmend, blutend.
    Sie sah aus, als hätte sie jemand mit aller Gewalt zusammengeschlagen. Doch wer hätte so etwas tun sollen? Wer hätte die Absicht haben können, ein Mädchen wie sie so zuzurichten?



    Mara öffnete ihre angeschwollenen Augen einen Spalt und als sie mich erkannte, griff sie nach meiner Hand.
    „Geh nicht weg”, keuchte sie leise. „Lia.”
    Geistesgegenwärtig sprang ich auf und riss die Haustür auf, um zu sehen ob Black noch da war, denn irgendwie versprach ich mir von ihm große Hilfe, doch weit und breit war keine Menschenseele mehr zu sehen.
    Enttäuscht ließ ich die Tür wieder zufallen und wandte mich Mara zu, die versuchte, sich aufzusetzen.



    „Kannst du aufstehen?”, fragte ich behutsam.
    „Er hat mir so wehgetan”, wimmerte sie nur, ohne eine Antwort zu geben.
    „Wir müssen in die Wohnung gehen, und dass erzählst du mir alles, okay?” Irgendwie hatte ich den dringenden Wunsch sie schnell aus dem kalten, plötzlich so bedrohlich wirkenden Hausflur wegzubringen, doch Mara machte keine Anstalten, aufzustehen.
    „Ich kann dich nicht tragen”, sagte ich. „Du musst mithelfen.”
    Da fiel mir plötzlich ein, dass ich ja gar nicht wusste, ob sie dazu in der Lage war. Mein Herz rannte und ich spürte, dass mir kalter Schweiß auf der Stirn stand.



    „Ich hole einen Krankenwagen”, entschied ich und suchte in der Hosentasche nach meinem Handy.
    „Kein Krankenwagen”, jammerte das Mädchen, während sie langsam versuchte, aufzustehen
    „Lass das.”
    Sie griff nach meiner Hand, die bereits dabei war, die Notfallnummer über die Tastatur einzugeben.



    „Es geht mir gut”, sagte sie wenig überzeugend. Getrocknetes Blut war in ihrem ganzen Gesicht verschmiert und ihr linkes Auge war schwarzblau angeschwollen und so dick, dass sie sie kaum öffnen konnte.
    „Ja, natürlich. Was ist bloß passiert?”
    „So ein Kerl”, entgegnete Mara und stützte sich an mir und dem Treppengeländer ab, während sie aufstand. Man merkte, dass sie versuchte stark zu wirken und in Wirklichkeit viel mehr mitgenommen war, als sie zugeben wollte.



    „Hilf mir, Lia.”
    Ich stützte Mara und irgendwie schafften wir es, uns die paar Treppenstufen hoch zu quälen, die mir heute ewig lang vorkamen.



    -

    Danke für deinen Kommi :)
    Ja, wahrscheinlich hast du Recht und die 6 Stockwerke sind übertrieben, vllt sollte ich lieber drei draus machen, danke für den Hinweis.
    Ich ging davon aus, dass Lia etwa 55 Kg wiegt und sah das in Relation dazu, dass wir bei unserem Umzug mehrere Möbelstücke, die deutlich schwerer waren, auch in den fünften Stock geschleppt gekriegt haben, und Bodybuilder sind meine Männer auch nicht :D Aber ich änder in meinem Manuskript einfach die Anzahl der Stockwerke, das ist ja leicht zu machen, danke^^


    Was Lia noch so dazwischen kommt... wird sich zeige :cool:


    Als ich nachts aufwachte, brauchte ich eine Sekunde, ehe ich mich daran erinnerte, wo ich war. Black lag neben mir und atmete tief und ruhig und ich kuschelte mich an ihn. Ein Traum war in Erfüllung gegangen, ich hatte einen richtigen Mann. Und bald würde mein Leben endlich abheben und ich würde nicht länger eine Großstadthure sein.



    Von Geschirrklirren wurde ich wach. Es war bereits ziemlich hell in der kleinen Wohnung und ich spähte durch meine halb geöffneten Augen zu Black, der in der Kochnische mit ein paar Tellern rumhantierte. Er merkte nicht, dass ich aufgewacht war und so verhielt ich mich ruhig, um ihn noch ein bisschen beobachten zu können.
    Black trug nur eine Jeans, die zu meinem großen Erstaunen dieses Mal blau war und mein Blick fiel immer wieder auf seinen muskulösen Oberkörper. Selten zuvor hatte ich einen Mann so attraktiv gefunden. Er hatte es mir wirklich angetan.
    Nach ein paar Minuten richtete ich mich auf und streckte mich. In der Wohnung war es mittlerweile angenehm warm und ich vergas, in was für einer schrecklichen Wohngegend ich mich befand.



    Stan lag auf dem Fußboden und schien mich kritisch anzustarren. Auch wenn ich mich mittlerweile an ihn gewöhnt hatte, kam ich mir noch immer ein bisschen unwohl vor, wenn er so unangebunden und somit ohne Blacks Kontrolle in meiner Nähe war. Wenigstens einen Maulkorb hätte er ihm doch umschnallen können…
    „Stan weiß nicht mal, was beißen ist”, hörte ich Black plötzlich sagen und ich zuckte zusammen. Wie hatte er schon wieder meine Gedanken lesen können? Oder hatte ich Stan dermaßen ängstlich angeschaut?



    „Guten Morgen Lia”, fügte Black dann hinzu, kam zu mir und setzte sich zu mir aufs Bett.
    „Ist alles in Ordnung?”
    „In Ordnung? Alles ist bestens.” In Wirklichkeit fühlte ich mich gigantisch und ich hatte nicht vor, dieses Bett jemals wieder zu verlassen. Ich überlegte, ob ich mich wieder zurück auf das Bett legen sollte, inder Hoffnung, dass Black sich zu mich legen würde, aber dann blieb ich einfach auf der Bettkante sitzen.
    „Black”, sagte ich schließlich, „Ich möchte so gerne deinen richtigen Namen wissen. Den, den deine Eltern dir als Baby gegeben haben.” Ich sah ihn gespannt an und hoffte sehr auf eine vernünftige Antwort.



    Black wartete einen Moment und holte dann tief Luft.
    „Sie haben mich so genannt. Black. Schwarz. Übersetz es in alle möglichen Sprachen, welche dir am besten gefällt. Das ist eben mein Name.”
    „Ach man, komm schon, ich weiß genau, dass man sein Kind nicht Black nennen kann”, bohrte ich weiter, aber der junge Mann ignorierte mich.
    „Wie würdest du denn dein Kind nennen?”, fragte er mich stattdessen.
    „Ich? Öhm keine Ahnung, da hab ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht.”
    Ich wunderte mich, wie er jetzt auf so eine komische Frage kam, aber wahrscheinlich war es einfach nur ein Versuch, vom Thema abzulenken. Ich gab mich ein bisschen eingeschnappt geschlagen und akzeptierte, dass er mir seinen Namen nicht verraten wollte.



    „Mein Kind würde Lucie heißen”, sagte er und zog mich wieder aufs Bett.
    „Wieso ausgerechnet Lucie?”
    „Weiß ich nicht.”
    „Und wenn es ein Junge wäre?”
    „Auch Lucie.” Er grinste. „Lucio. Keine Ahnung. Es wird kein Junge.”
    Black und ich vertieften uns in ein richtiges Gespräch über Kinder und Zukunft und ich bemerkte gar nicht, wie die Zeit verflog. Wie lange hatte ich nicht mehr richtig mit jemandem geredet? Natürlich tratschte ich viel mit den Mädchen, aber meistens blieb es doch beim Smalltalk, und so richtig in meine Seele blicken ließ ich sowieso niemanden.



    Als ich das erste Mal an diesem Tag auf die Uhr schaute, war es bereits fünf Uhr nachmittags. Black und ich lagen mittlerweile wieder nackt nebeneinander im Bett, aber irgendetwas hatte mich dazu veranlasst, ihm zu sagen, dass ich erst wieder mit ihm schlafen wollte, wenn ich meinen Job aufgegeben hatte. So richtig verstand ich diese Idee selber nicht, aber ich nahm es einfach so hin und auch Black akzeptierte es.
    „Ich muss nach Hause”, sagte ich und bereute es auch schon wieder. Viel lieber würde ich doch noch tagelang mit Black im Bett liegen bleiben und über unsere neue Zukunft philosophieren. Doch andererseits hatte ich auch den ganzen Tag lang noch nichts Richtiges gegessen und wollte auch alleine sein, um alles neu Erlebte in Ruhe sacken zu lassen und meine Gedanken ordnen zu können.



    Das Bett war zu meiner Überraschung nicht schwarz, sondern rot bezogen und die Bettwäsche duftete herrlich frisch gewaschen, irgendwie anders, als ich es erwartet hatte.
    „Meine Eltern haben… hatten… ein kleines Haus in Italien”, erzählte Black weiter, während er sich mit den beiden Teetassen zu mir aufs Bett setzte und mir eine überreichte.
    „Auf so einer Insel. Das gehört nun mir.”
    „Was?!” Ich verschluckte mich fast am Tee.
    „Sie waren da vor ein paar Jahren hingezogen, wollten weg aus Deutschland. Na ja, ich habe keine Geschwister und bin der einzige Erbe.”
    Ich konnte es nicht fassen.
    „Wieso bist du denn noch hier?”



    „Das Ironische ist, dass sie mir keinerlei Geld hinterlassen hatten. Ein paar Tausend, aber das ist für die Beerdigung und so drauf gegangen. Ich habe weder Geld, um dahin zu kommen, noch, um da nen gescheiten Anfang zu machen. Deswegen bin ich nach Hamburg gekommen. Ehrlich gesagt wollte ich tatsächlich in die Drogenszene einsteigen, um möglichst schnell möglichst viel Kohle zu machen… mir war es ganz egal wie, Hauptsache ich konnte schnell hier weg. Aber… ich konnte es nicht. Lach mich aus, aber ich war zu schwach. Wie könnte ich ahnungslosen Teenagern Heroin andrehen? Dafür sorgen, dass ihr Leben den Bach runtergeht? Nein. Ich konnte es nicht. Nun habe ich gar nichts. Ich werde wohl niemals nach Italien kommen.”
    Black lachte gequält und nippte an seinem Tee.



    „Ich werde wohl das Haus da verkaufen. Dann kann ich mir hier vielleicht eine nettere Wohnung leisten, vielleicht auf dem Land, und endlich mal so was wie eine Ausbildung hinkriegen. Ich hab eigentlich schon noch vorgehabt es irgendwann in meinem Leben mal zu was zu bringen.”



    Ich bemitleidete den jungen Mann. Irgendwie war er so nah dran an einem schönen Leben und doch so weit davon entfernt. Mir wurde bewusst, dass Black ganz anders war, als ich ihn mir zuerst vorgestellt hatte, und ich musste mir jede unserer Begegnungen noch mal mit den neuen Hintergedanken durch den Kopf gehen lassen. Wie war ich doch blöd gewesen, als er mir im Beverly gesagt hatte, dass er nur reden wollte. Wie hatte ich mich doch idiotisch verhalten. Aber wie hätte ich auch so was ahnen können.



    „Black…”, hörte ich mich irgendwann sagen. „Ich möchte mit dir nach Italien. Lass uns das zusammen machen. Ich habe ein bisschen Geld und wenn ich noch einen Monat viel arbeite, krieg ich das zusammen. Ich will hier auch raus. Ich hasse diesen Job. Ich hasse diese Stadt und ich hasse diese Leute.”
    Black sah mich überrascht an.
    „Ich will nicht, dass du das Geld für mich verdienst…”
    „Ich mache es für uns. Weil ich es will. Ich mache diesen Dreck seit zwei Jahren, einen Monat halte ich das noch aus. Bitte. Du hast gesagt, ich soll wieder träumen. Das tue ich nun. Bitte, Black. Bitte.”



    Irgendwie kam ich mir idiotisch dabei vor, einem mir doch noch relativ fremden Mann eine gemeinsame Zukunft aufzuzwängen, aber ich konnte in diesem Moment einfach nicht anders. Ich sah einen Silberstreif am Horizont, die Rettung all meiner ausweglosen Gedanken.
    „Wir müssen ja nicht… zusammen sein, meine ich. Nimm mich nur mit nach Italien. Hier raus. Bitte.”
    „Okay”, sagte Black plötzlich, nahm mir die Teetasse aus der Hand und stellte sie auf den Boden. „Einen Monat noch. Aber… ich will mit dir zusammen sein. Auch das.”
    Er beugte sich über mich und küsste mich und auf einmal wurde mir warm ums Herz und ich fühlte mich wie in einer anderen Welt.



    Black öffnete die Knöpfe meiner Jacke, zog mich langsam aus und glitt mit seinen starken aber doch so weichen, angenehmen Händen über meine Haut. Ich zitterte, teils vor Kälte, teils vor Erregung.
    „Sag einfach stopp”, flüsterte er, während er meine Haut küsste, aber ich dachte nicht im Traum daran.



    Noch lange nach dieser Nacht versuchte ich, in Gedanken immer wieder aufleben zu lassen, wie er mich berührte, wie er lächelte und wie mein Magen kribbelte. Frauen aus meinem Berufsstand haben wohl die meiste Sexerfahrung überhaupt. Trotzdem kam es mir vor, wie mein erstes Mal, als ich mit Black schlief. Irgendwie war es das ja auch. Es war das erste Mal, dass es um mich ging, dass ich es genoss, dass ich es liebte. Niemals zuvor hatte ich solche Gefühle gehabt, niemals zuvor hatte ich mir solche Gefühle auch nur ansatzweise vorstellen können. Überraschenderweise dachte ich keine Sekunde lang an meinen Job, es gab einfach nur ihn und mich und seine Haut auf meiner.


    -

    Er grinste.



    „Oh ja, klar. Ist für den Hund - der steht auf Sauerstoff, deswegen sind wir auch meistens draußen. Aber einen Abend wird er es wohl überleben.” Black schloss das kleine Fenster und drehte die Heizung an.
    „Ich weiß gar nicht, ob die überhaupt funktioniert”, sagte er skeptisch. „Ach ja, setz dich.” Er deutete auf den weißen Plastikstuhl. „Oder aufs Bett, wie du willst.”



    Um nicht unhöflich zu sein, ließ ich mich auf der harten Sitzgelegenheit nieder.
    „Wie lange wohnst du schon hier?’, fragte ich, während mein Blick über die Fotos an den Wänden flog.
    „Öhm… ein paar Wochen. Willst du einen Tee? Was anderes habe ich leider nicht.”
    „Oh ja, gerne, danke. Schön heiß bitte. Man, wie kann man das in so einer kalten Bude aushalten?” Ich fröstelte und steckte meine Hände in die Jackentaschen.



    „Ich merk’ das irgendwie nicht so glaub ich, weiß auch nicht”, meinte Black beiläufig, während er Wasser aufsetzte.
    „Willst du eine Decke?”
    „Nein danke, geht schon”, antwortete ich, obwohl ich mich liebend gerne in eine dicke Decke eingekuschelt hätte, doch wollte ich meinem Gastgeber nicht so viele Umstände machen.
    „Und Black…”, fiel mir ein, „wo ich jetzt schon in deiner Wohnung bin und so sag mir bitte, was dich zu mir verschlagen hatte. Ich frage es mich die ganze Zeit. Du wolltest keinen Sex, was wolltest du?”



    „Ich wollte reden, das weißt du schon”, entgegnete der junge Mann und setzte sich dann vor mich auf den Fußboden. Einige Sekunden schwiegen wir, dann erzählte er mir, was ihn zu mir geführt hatte.
    „Meine Eltern sind vor kurzer Zeit gestorben, das hab ich dir schon erzählt. Deswegen kümmere ich mich jetzt um Stan, er gehörte ihnen.”
    „Ja… und?”
    „Ich bin siebenundzwanzig und habe seit zehn Jahren keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern gehabt. Mit siebzehn, das war, als ich erfuhr, dass meine Mutter eine Hure war.”



    Er schluckte und schwieg für einige Sekunden und fand keine Worte, die hätten ausdrücken können, was ich in diesem Moment dachte.
    „Ich hasste sie dafür. Zog zu einem Onkel, machte die verdammte Schule zu Ende, begann ein Studium, welches ich nach einen Semester schmiss, als mein Onkel an Krebs starb. Ja… ich hab’ studiert.” Blacks Stimme klang wehmütig und ich bildete mir ein, dass seine Augen feucht wurden.
    „Medizin. Ich war echt gut. Oh man, kannst du dir das vorstellen? Ich habe Medizin studiert.” Er stockte wieder für einen Moment.



    „Danach… war nichts irgendwie. Habe ein bisschen gejobbt, in Bars und so, nebenbei fotografiert, einiges hab ich verkauft, ich war nicht schlecht.” Er sah auf die Fotos an der Wand. „Aber es ging bergab. Drogen waren verführerisch zu der Zeit… aber ich bin schnell wieder davon losgekommen. Irgendwann hatte ich einen Job, als Helfer auf’m Bau. Ehrlich anstrengend, aber es war gar nicht so schlecht. Anfang Sommer erfuhr ich, dass meine Eltern nen Unfall hatten. Beide tot. Ich habe sie seit zehn Jahren nicht gesehen.” Black schniefte und auf einmal war aus dem großen starken Mann ein bemitleidenswerter Junge geworden.



    „Ich habe den Hund genommen und ein paar Wochen geheult. Gott, was war ich für ein *****. Aber dann… ich musste wissen, wie meine Mutter gelebt hatte. Wie es ihr ergangen war. Deswegen war ich zu dir gekommen. Sie konnte es mir nun ja nicht mehr erzählen. Ich dachte, vielleicht kannst du mir verdeutlichen, was euch den Anreiz gibt, so einen Job zu machen. Was du fühlst… aber natürlich lag ich falsch.
    Du konntest mir gar nichts sagen. Aber ich sah in dir den zerbrochenen Menschen, ein Abbild meiner selbst. Ohne, dass du es merkst, kämpfst du schon um deine Existenz. Erst tatest du mir nur Leid. Aber dann wurde es so viel mehr….”
    Eine Träne lief mir über die Wange, ich rutschte vom Stuhl auf Blacks Schoss und umarmte ihn. „Es tut mir Leid”, sagte ich. „Es tut mir so Leid.”



    Black schlang seine Arme um mich.
    „Mir auch.”
    Einige Zeit saßen wir einfach so da und bewegten uns nicht, bis das blubbernde Geräusch kochenden Wassers uns aus unserer Versteinerung holte.
    „Oh man”, ergriff Black das Wort, nun wieder mit festerer Stimme.
    „Wenn man uns so sieht, muss man echt Mitleid haben.” Er nahm mich hoch, stand auf und legte mich auf sein Bett.
    „Ich hole den Tee.”