Müde und gerädert ging ich in die Küche, um mir ein kleines Frühstück zu machen.
Ich aß mit wenig Appetit, Friedbert pflegte zurzeit zu Hause zu schlafen und ich hatte mich seit
unserem Streit auf die Couch verzogen. Doch jede Nacht auf dem harten Ding zu verbringen
war auf Dauer nicht bequem und mir taten die Knochen weh. Die Kinder waren schon in der Schule,
Friederike musste ich fast zum Schulbus tragen, so wehrte sie sich dagegen, weil sie meinte
sie hätte keinen Unterricht nötig, doch ich drohte ihr mit Stubenarrest ohne Bücher und Computer und die Sache war erledigt.

Friedbert betrachtete sich die Szene, wie ich Friederike entschlossen zum Schulbus komplimentierte, mit eiserner Mine.
Er hieß es nicht gut, was ich da tat und wie ich mich seit der Auseinandersetzung im Labor ihm gegenüber verhielt,
doch es war mir gleich. Er hasste mich dafür, ich wusste es, ich konnte es förmlich spüren, wenn er mich
mit seinen hellen Augen betrachtete, in die ich mich ehemals so verliebt hatte.

Wir gingen uns aus dem Weg, er schrieb mir nicht vor, wie ich mit Friederike umgehen sollte,
die ich nun fester an die Kandare legte, und er versuchte mir auch nicht in ihrer Erziehung dazwischenzufunken,
was mich wiederum verwunderte. Ich fühlte mich seit dem Tag wesentlich besser, was das Alltägliche betraf,
doch was meine Gefühle betraf, so ging es mir nie schlechter.
Die Kälte, mit der Friedbert mich regelrecht strafte, traf mich bis in Mark und obwohl er mir in dieser Richtung
inzwischen kaum noch etwas bedeutete, tat es mir weh, so gleichgültig behandelt zu werden. Ich flüchtete mich in diesen
Augenblicken in meinen Gedanken zu Lara, die ich nun immer regelmäßiger sehen konnte, weil Niels und Stella
vorübergehend bei ihr wohnten, bis sie sich ein eigenes Häuschen leisten konnten.

Ich war sehr froh über diesen Umstand, nicht nur dass ich meinen Sohn nun wieder regelmäßig sah,
der mir die Jahre, die er auf dem College verbrachte, gefehlt hatte, ich konnte auch Laras Nähe genießen,
wenn ich Niels von der Arbeit nach Hause begleitete. Niels arbeitete inzwischen ebenfalls für die Labs,
Patrick hatte sich geradezu um ihn gerissen mit seinem Abschluss. Wenn Niels so weitermachte,
würde er bald das Geld für ein eigenes Haus zusammenhaben und konnte mit Stella viele grüne Kinder bekommen.
Doch das würde auch bedeuten, dass ich Lara nicht mehr so oft sehen konnte. Keine Gelegenheiten zum Plauschen mehr,
keine Abendessen mit ihr und den Kindern, fast so wie früher…
Mein Herz krampfte sich zusammen bei der Vorstellung und ich realisierte, dass mir dies noch mehr wehtat, wie dieses Nebeneinanderherleben mit Friedbert.

Ich machte mich endlich auf den Weg ins Tal um Niels einzusammeln. Lara kam kurz nach Draußen um Hallo zu sagen
und winkte uns noch nach, als wir die Straße hinunter liefen. Mir war zum Heulen zumute, hätte das nicht früher so sein können…
Geknickt lief ich neben meinem Sohn her, der sehr wohl merkte, was mit mir los war, aber nichts sagte.
Vielleicht war Niels auch zu sehr in seinen eigenen Gedanken gefangen, schließlich wollte er bald heiraten und Vater wurde er ja auch.
Wir gingen an unsere Arbeitsplätze, ich überwachte weiterhin den Umbau der „Alten Tante“, und Niels schrieb weiter an der neuen
Steuersoftware. Auf der Arbeit hatten wir nicht sehr viel miteinander zu tun, ich war eher mit Justin zusammen,
der heute überhaupt nicht gut drauf war.

„Hey Justin, was ist los mit dir?“ fragte ich ihn, als ich argwöhnisch beobachtete, wie er ein Teil zum dritten Male
falsch herum einbauen wollte.
Justin ließ den Kopf hängen und ich musste mit Entsetzen feststellen, das der junge Mann zu weinen anfing.
Ich warf mein Handbuch zur Seite und ging zu ihm. „Mensch Junge, was hast du?“
Ich nahm ihn mit in die Cafeteria, die zum Glück leer war und setzte ihn auf einen der Stühle.
Ich besorgte ihm ein Glas Wasser, das er dankbar annahm.
„Komm, nun erzähl mal. So wie heute warst Du ja noch nie drauf. Was ist los? Fühlst du dich nicht gut?“

Ich musste mich noch einen Moment gedulden, bis er in der Lage war zu sprechen.
„Terry, ich weiß nicht was ich machen soll. Blue verlässt mich.“
Ich machte große Augen, Justin und Blue klebten doch seit ich sie kannte regelrecht aneinander und plötzlich war es aus?
“Warum das? Ist etwas passiert?“ fragte ich entsetzt.
„Ja“ schniefte Justin. „Blue ist schwanger und ihre Sippe hat nun verlangt, dass sie unverzüglich nach Hause zurückkehrt. Ohne mich!“
Sprachlos setzte ich mich zu ihm. „Blue… ist schwanger? Aber warum verlässt sie dich dann? Ich dachte ihr wolltet heiraten?“
Justin nickte. „Ich hatte sie gefragt, ja. Und sie hatte auch angenommen. Aber das hätte sie gar nicht tun dürfen,
sie darf noch gar nicht heiraten.“

Geht noch weiter...