Kapitel 13: Ein Abkommen
Die drei Räuber starrten Lina erschrocken an. Es war mit einem Mal völlig still im Wald, kein Nachtvogel sang mehr und auch die anderen nächtlichen Waldgeräusche schienen verstummt. Erst ein Räuspern von Richard durchbrach die Stille.
„So so, du bist also eine Hexe. Na, das ist ja ein Ding. Und das verkündest du uns auch einfach so, ohne zu wissen, ob wir nicht dich nicht an die nächste Stadtwache verraten?“
„Ihr seht nicht so aus, als wärt ihr besonders gesetzestreue Menschen. Sonst würdet ihr euch nicht im Wald verstecken.“ konterte Lina fast sofort, als hätte sie gewusst, dass so etwas kommen würde.
Richard lachte. „Nun, vielleicht hast du damit recht, aber vielleicht auch nicht. Wenn du wirklich eine Hexe bist, nun, dann zaubere doch mal was. Dann glauben wir dir vielleicht sogar.“
Lina schüttelte den Kopf. „Das geht nicht. Ich bin immer noch angebunden. Ohne meine Hände kann ich nichts machen.“ Sie hoffte, dass sie damit endlich frei kam und von hier verschwinden konnte. Auch wenn sich diese Möglichkeit nicht ergab, brauchte sie ihre Hände um ihnen wenigstens ein paar Handgriffe zu beweisen oder um sich doch noch raus zureden. So langsam dämmerte ihr, dass es doch keine so gute Idee gewesen war, das zu sagen.
Die Räuber tauschten ein paar Blicke untereinander. „Wir sprechen das eben kurz ab. Warte hier.“ meinte Henry unnötigerweise und schon verzogen sie sich auf die andere Seite vom Lagerfeuer, ohne noch eine Antwort abzuwarten.
Lina beobachtete die drei gespannt, hörte aber nicht, was sie denn besprachen. Sie hoffte, dass die Drei ihr glaubten und sie frei ließen. Weiter hatte sie aber noch nicht gedacht, sie hatte nicht den geringsten Einfall, was sie tun würde, wenn sie wirklich eine Kostprobe ihres magischen Könnens verlangten. Sie konnte ihnen im Moment nur ein paar Dinge über Kräuter erzählen oder... Was ist, wenn ich ihnen einen Trank braue, der sie erstmal außer Gefecht setzt? Soviel sollte ich noch über Alchemie wissen, dass ich ihnen was brauen kann, aber ich sollte dabei vorsichtig sein, umbringen will ich sie ja nicht.
Es kam Lina wie eine Ewigkeit vor, bis die Drei von ihrer Besprechung wieder kamen. Trotzig blickte sie den Anführer an und wartete angespannt auf seine Entscheidung.
„Also gut, ich binde dich los, aber nur unter der Voraussetzung, dass du uns etwas von deinem Können zeigst. Tust du das nicht...“ Er ließ den Satz unvollendet verklingen und sah ihr dabei in die Augen.
Lina nickte und wandte den Kopf zur Seite, damit hatte sie ja schon gerechnet. Ihr Kopf arbeitete auf Höchsttouren, damit ihr endlich was einfiel, was sie den Dreien zeigen konnte. Als Richard ihr die Fesseln abmachte und sie endlich wieder frei war, rieb sie sich die Handgelenke, um wieder Blut in ihre Finger zu bekommen. So langsam wurde sie verzweifelt, ihr fiel einfach nichts ein.
„So, du bist frei und nun komm, zeig uns was.“ kam es da von Richard, der immer noch hinter ihr stand. Sie blickte hoch in die Gesichter der Drei und fand dort nur Erwartung und keine Inspiration. Kurz schoss ihr der Gedanke an Flucht durch den Kopf, aber die Männer standen so dicht bei ihr, dass es unmöglich schien.
„Was würdet ihr denn gerne sehen?“ fragte sie und erhoffte sich dadurch irgendeine Eingebung.
„Wie wäre es mit einem kleinen Blitz, oder zu zauberst irgendetwas her. Ganz egal, nur beweise uns, dass du eine Hexe bist.“
„Und was ist, wenn ich nicht so eine Hexe bin, sondern nur über andere Sachen Bescheid weiß, wie Kräuterkunde oder Alchemie?“ Lina unternahm einen letzten Versuch, die Situation noch zu retten.
„Dann bist du auch keine Hexe.“ sagte Jacob voller Inbrunst und Überzeugung.
Lina seufzte und machte sich bereit, den Männern die ganze Wahrheit zu sagen, als sie plötzlich merkte, dass sich etwas in ihr regte. Sie konnte nicht sagen, was es war, aber sie fühlte sich plötzlich stark und ihre ganze Unsicherheit war verschwunden. Gerade als sie sich umdrehen und in den Wald rennen wollte, lief ihr ein warmer Schauer über den Rücken über in die rechte Hand. Mit Erschrecken entdeckte sie, dass ein kleiner, leuchtender Ball in ihrer Handfläche erschienen war. Sie schrie entsetzt auf, auch die Räuber sprangen erschrocken zurück und starrten sie an. In ihrer Panik schüttelte sie ihre Hand und der Leuchtball verschwand mit einem kleinen „puff“.
Lina sprang nun ebenfalls einen Schritt zurück und drückte sich keuchend an den Baum, der sie bis vor kurzem noch festgehalten hatte. Sie wusste nicht, was gerade geschehen war und fühlte sich nicht mehr stark, sondern eher schwach und ausgelaugt. Ihr dämmerte es noch nicht, dass sie gerade eben Magie angewendet hatte und sich dadurch wohl ihr ganzes Leben noch mehr verändern würde.
Richard, Henry und Jacob starrten derweil auf Lina, sie konnten es nicht begreifen, dass die Kleine wirklich magische Kräfte hatte. Sie hatten angenommen, dass sie log und nur frei kommen wollte. Eigentlich wollten sie sie auch gehen lassen, aber das hatte sich geändert. Lina war nun viel wertvoller für sie, als noch vor ein paar Minuten. Sie konnten jetzt nur noch versuchen, sie zu überzeugen, doch für sie zu arbeiten.
*geht gleich noch weiter*