Beiträge von Stev84

    Kapitel 37: Panik



    In den nächsten beiden Tagen telefonierten wir viel miteinander. Es war unglaublich, dass ich Roman erst so kurz kannte, mich aber dennoch so gut mit ihm verstand. Die Gesprächsthemen schienen uns nie auszugehen und für das Wochenende machten wir ein endlich ein richtiges Date aus.



    Wir einigten uns darauf diesen Abend im Flanagan‘s zu verbringen. Es handelte sich dabei um eine bodenständige Kneipe, also genau richtig, um sich näher kennenzulernen. Die Musik war nicht zu laut, so dass man sich gut unterhalten konnte, es war aber auch nicht so förmlich wie in einem schicken Restaurant. Aufgeregt war ich dennoch, aber vor allem, weil ich mich so sehr freute, Roman wiederzusehen. Ich hatte bislang noch niemandem von ihm erzählt, nicht einmal Magda. Um ehrlich zu sein hatte ich Angst, dass auch meine Bekanntschaft mit ihm in einem Desaster enden könnte und ich wieder einmal als die Dumme dastand. Also versuchte ich mir, so wenig Hoffnung wie möglich zu machen.



    Aber das war gar nicht so einfach, weil das Treffen mit ihm wieder einmal perfekt verlief. Nachdem wir ein Bier getrunken gingen wir zur Dartscheibe hinüber und spielten ein paar Runden. Wir waren beide wirklich schlecht in diesem Spiel, aber in Romans Gegenwart fühlte ich mich deswegen nicht eingeschüchtert, sondern wir konnten herzhaft über die Ungeschicklichkeit des anderen lachen.



    Der Wirt hatte aber offensichtlich nicht so viel Humor und riss uns böse dreinblickend die Pfeile aus der Hand, nachdem die Hälfte davon wieder einmal in der Holzverkleidung der Wand statt in der Dartscheibe stecken geblieben war. Roman grinste nur verlegen, nahm mich bei der Hand und führte mich auf die Tanzfläche im hinteren Beriech der Kneipe. Es lief leise Rockmusik im Hintergrund und auch beim Tanzen stellten wir beide erneut fest, dass mir nicht mit Bewegungstalent gesegnet waren. Aber es machte dennoch unglaublich Spaß.



    So wie eben alles mit Roman Spaß machte. Die Musik wurde langsamer und unweigerlich kam er näher an mich heran. So nah, dass ich sein Aftershave riechen konnte. Mein Herz begann wie wild zu klopfen. Ich zog die Luft ganz tief ein und wollte in diesem Augenblick nie wieder etwas anderes riechen. Ich wollte ja nicht zu viel hoffen, aber in diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass er mich küssen würde.



    Und offenbar hatte Roman meine Gedanken gelesen, denn er trat noch einen Schritt näher, sah mir tief in die Augen und drückte dann seine Lippen sanft auf meine. In meinem Kopf explodierte ein Feuerwerk der Glücksgefühle. Oh Gott, ich liebte diesen Mann, ich liebte ihn, ich liebte ihn, ich liebte ihn!


    *****



    Wir blieben so lange im Flanagan’s bis der Wirt uns schließlich auf die Straße setzte. Unserem ersten Kuss waren noch weitere gefolgt und jeder war noch intensiver als der vorherige. Obwohl es ein weiter Umweg für ihn war, begleitet Roman mich bis zu meiner Haustür und wir machten gleich das nächste Treffen aus. Und beim Frühstück konnte ich nicht länger an mich halten und erzählte meinen Mitbewohnern von meinem neuen Freund. Ja genau, von meinem FREUND. Denn auch wenn wir es nicht direkt gesagt hatten, nach den Küssen der letzen Nacht bestand kein Zweifel mehr daran, dass Roman und ich ein Paar waren. Die beiden freuten sich sehr für mich. Magda hatte immer noch ein schlechtes Gewissen, weil die Geschichte mit Israel so aus dem Ruder gelaufen war. Und Jamie war einfach nur froh, dass ich wieder glücklich war.



    Zwei Tage, fünf Telefonate und unzählige Textnachrichten später traf ich mich erneut mit Roman. Diesmal hatte er tatsächlich ein ganz klassisches Date geplant und wir trafen uns zum Essen im Goldenen Drachen, dem kleinen chinesischen Restaurant in der Innenstadt. Bevor wir uns mit den Stäbchen selbst oder auch gegenseitig umgebrachten, griffen wir direkt zur Gabel und ließen uns das Essen schmecken.



    Ich erzählte Roman von den Planungen für meine nächste Ausstellung und davon, dass ich zwei neue Lieder auf der Gitarre spielen konnte und er plauderte ein wenig über seine Arbeit in der Kaserne. „Ich bin froh, dass ich nicht bei den Anwärtern in den Baracken schlafen muss“, erzählte er. „Dort hat man überhaupt keine Privatsphäre. Und die brauche ich heute ganz dringend. Ich hab mir nämlich überlegt, dass du heute Abend vielleicht mit zu mir nach Hause kommen könntest…und wir morgen zusammen frühstücken.“



    Mit einem Mal verwandelte sich mein Gesicht in eine steinerne Maske. „Zusammen frühstücken.“ Ich wusste genau, was Roman mit diesen Worten meinte. Er wollte mit mir schlafen. Mein Schweigen war nicht die Reaktion, die er sich erhofft hatte. „Also, wenn du noch Sachen von Zuhause brauchst, können wir gerne bei dir vorbeifahren“, schlug mein verdateter Begleiter vor. „Oder wir könnten auch bei dir bleiben. Ich dachte nur, wegen deiner Mitbewohner wäre es dir lieber, wenn wir zu mir gehen.“ Endlich löste ich mich aus meiner Schockstarre, doch nur um abwehrend die Hände in die Luft zu reißen. „Ich…nein, das geht nicht“, stotterte ich. „Ich meine, ich kann nicht mit dir schlafen. Nicht jetzt. Nicht so.“



    Jetzt war Roman sichtlich verwirrt. „Hab ich etwas Falsches gesagt? Oder hab ich etwas gemacht, dass dich verärgert hat? Es ist bereits unsere dritte Verabredung. Und ich hatte das Gefühl, wir würden uns gut verstehen. Ich finde, es ist daher nur angebracht, wenn wir einen Schritt weiter gehen. Schließlich sind wir zwei erwachsene Menschen.“ Er hatte mit seinen Worten recht. Aber ich konnte dennoch nicht mit ihm schlafen, zumindest noch nicht. Nach der Geschichte mit Israel wollte ich es doch ruhiger angehen lassen. Mit ihm hatte ich viel zu schnell geschlafen und mit Roman wollte ich mir Zeit lassen. Ich wollte ihn erst richtig kennenlernen und mir sicher sein, dass ich ihn liebte und vor allem, dass auch er mich liebte. Ich hätte es ihm einfach so erklären sollen, aber meine Zunge war wie gelähmt.


    Das einzige was ich herausbrachte, war ein „Ich möchte nicht mit dir schlafen“. Und ohne weitere Erklärung führte diese nur dazu, dass Roman nicht nur verwirrt, sondern auch zunehmend verärgert wurde. „Soll ich dieser Reaktion entnehmen, dass dir auch sonst nicht viel an mir liegt? Hast du in den vergangenen Tagen einfach nur mit mir gespielt? Erklär es mir, Klaudia, denn ich verstehe es nicht.“



    Ich wollte es ihm ja erklären, aber mit jedem seiner Worte schnürte sich meine Kehle weiter zu. Und ich war zunehmend nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Ich bekam keine Luft mehr. Luft, ich brauchte Luft! Hastig sprang ich von meinem Stuhl und warf dabei den Teller fast um, sodass die dreckige Gabel auf meinem weißen Oberteil landete und hässliche Flecken hinterließ. Ohne darauf zu achten lief ich ohne ein weiteres Wort aus dem Restaurant hinaus. Wie der Zufall es wollte, hielt gerade ein Taxi vor dem Lokal. Ich riss die Tür auf, setzte mich hinein und forderte den Fahrer kurzatmig auf, mich in die Cilia Gade zu fahren. Als das Taxi losfuhr konnte ich gerade noch erkennen, wie Roman aus dem Restaurant kam und mit hochgezogenen Schultern ungläubig dem Wagen hinterher starrte, in dem ich saß.



    Zuhause angekommen wechselte ich zuerst wie mechanisch im Badezimmer meine dreckigen Kleider. Erst dann ging ich in mein Zimmer, schloss die Tür fest hinter mir zu und drückte mich weinend gegen diese. Ich hatte alles zerstört! Roman war so wunderbar zu mir und wieder war ich einfach weggelaufen ohne es ihm zu erklären. Er musste mich für eine blöde Pute halten. Denn so kam ich mir selbst vor. Warum musste es so kompliziert sein, einen Mann zu finden, den man liebt und vertraute und der dasselbe für einen empfand?



    Aber vielleicht tat Roman das ja. Vielleicht war es noch nicht zu spät. In mir keimte die Hoffnung auf und ich holte mein Handy aus der Handtasche. Doch ein Blick auf das Display verschaffte mir Gewissheit. Kein entgangener Anruf wurde wir angezeigt und es war auch keine SMS eingegangen. Roman hatte also nicht einmal versucht, mich zu erreichen und mich um eine Erklärung zu bitten. Er hatte mich demnach tatsächlich abgeschrieben.



    Plötzlich überkam mich eine furchtbare Wut auf mein Handy, weil es mich in dieser schweren Situation einfach im Stich gelassen hatte. Zornig riss ich die oberste Schublade meiner Kommode auf, warf mein Mobiltelefon in die hinterste Ecke und knallte die Schublade wieder zu.



    Doch das half nicht, meine Wut und Enttäuschung zu mindern. Denn ich wusste ja, dass mein Handy keine Schuld traf. Ich war diejenige, die nicht in der Lage war, eine Beziehung einzugehen. Meine eigene Unsicherheit verschreckte jeden Mann. Entweder trieb sie ihn in die Arme einer anderen Frau oder einfach nur weit von mir weg. Ich drückte meinen geliebten Kuschelpanda fest an mich und hockte mich in die Nische zwischen meinem Bett, der Wand und dem Nachtisch. Nach wenigen Minuten war Kuschelpandas Fell tränengetränkt. Und ich wurde immer verzweifelter. Ich würde niemals den Mann fürs Leben finden. Ich würde niemals heiraten und niemals Kinder bekommen. Und unter dieser Erkenntnis brach ich fast zusammen. Ich wollte nicht einsam und verbittert sterben, ich wollte das einfach nicht.


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    Ich bin die nächste Woche (aller Voraussicht nach) ohne Internet im Urlaub. Also ncícht wundern, wenn ich nicht antworte :)

    Kapitel 36: Schlaf gut



    Ich versuchte, nicht mehr an Israel zu denken. Am Anfang fiel es mir schwer, doch mit den Wochen wurde es einfacher. Und als der Sommer kam und der Herbst fast schon wieder in Simskelad Einzug hielt, hatte ich ihn fast vollständig aus meinem Herzen verbannt. Das Gemälde, welches ich nach unserer gemeinsamen Nacht begonnen hatte, musste ich unvollendet lassen. Die Erinnerung tat einfach zu weh. Aber ich widmete mich anderen Bildern und malte inzwischen bevorzugt in der Galerie.



    Da das Malen für mich inzwischen mehr Beruf als Hobby war, beschloss ich, mir zum Ausgleich das Gitarrenspielen beizubringen. Jamie hatte mir die Grundgriffe gezeigt und bei Magda guckte ich mir ein paar fortgeschrittene Techniken ab. Und heutzutage konnte man ohnehin alles übers Internet lernen. Bei Simtube gab es unendlich viele Videos, die einem genau zeigten, was man zu tun hatte. Ich wurde besser und besser und irgendwann traute ich mich sogar, mich vor die Galerie zu stellen und mein Können unter Beweis zu stellen. Der Ansturm war zwar nicht riesig, aber mit einem kleinen Publikum fühle ich mich ohnehin wohler. Und den älteren Damen im Park schien meine Darbietung durchaus zu gefallen, denn sie gaben mir sogar etwas Trinkgeld.



    Eines Tages malte ich wieder einmal in der Galerie uns stellte mich in der Mittagspause vor die Bibliothek und spielte zur Entspannung auf meiner Gitarre. Die Menschen schienen es alle eilig zu haben und liefen an mir vorbei, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Doch das machte mir nichts. Ich spielte ja eigentlich für mich und nicht für sie. Doch einem Menschen schien mein Spielen doch zu gefallen. Interessiert blieb er stehen und lauschte den Klängen, die ich der Gitarre entlockte.



    Ich bemerkte ihn erst so richtig, als ich mein Spiel beendete und die Gitarre abstellte. In die Hände klatschend kam er auf mich zu. „Das hat sich gut angehört. Am Bahngleis entlang, wenn ich mich nicht irre. Ich habe lange gebraucht, bis ich das Stück halbwegs fehlerfrei spielen konnte.“ Die Schamesröte schoss mir bei seinen Worten augenblicklich in die Wangen. Ich war mir erst nicht sicher, ob er sich einen Scherz mit mir erlaubte, doch als ich in sein bärtiges von mittellangen, blonden Harren eingerahmtes Gesicht blickte, konnte ich darin keinen Spott erkennen.



    „Danke“, antwortete ich dennoch verlegen. „Ich spiele noch nicht so lange, aber es macht mir trotzdem viel Spaß. Eigentlich liegt mir das Malen viel mehr. Ich arbeite dort drüben in der Galerie.“ Meine Güte, was war denn mit mir los? Ich redete ja wie ein Wasserfall. Doch scheinbar hatte ich das Interesse meines Gegenübers jetzt erst richtig geweckt. „Du malst also? Hättest du vielleicht Lust, mir deine Bilder zu zeigen?“ Ich war ernsthaft versucht, mir eine Ausrede einfallen zu lassen, warum ich keine Zeit hätte, ihn in die Galerie zu begleiten. Aber dann blickte ich noch einmal in seine schokoladenbraunen, freundlich lächelnden Augen und entschied mich dazu, es einfach zu wagen.



    Also begleitete ich Roman, so stellte er sich mir auf dem Weg vor, in den Ausstellungsraum der Galerie. „Im Moment hängt leider nur ein einziges Bild von mir hier“, erklärte ich und ging zielstrebig auf ein Stillleben zu, welches einen Obstkorb darstellte. „Ich wollte einmal ausprobieren, ob ich auch gegenständlicher malen kann. Normalerweise fallen meine Bilder abstrakter aus.“ Meine Worte klangen fast wie eine Entschuldigung. Melinda meinte, es wäre eine gute Idee, wenn ich mich mal ausprobierte, doch ich war mir unsicher, ob ein Stillleben mit Obst nicht zu kitschig war. Doch Roman wirkte sehr angetan. „Kleckse und Striche kann doch jeder malen. Aber das hier ist wirklich eine Leistung. Ich bin beeindruckt.“



    Seine Worte machten mich richtig stolz, also bot ich Roman an, ihm auch das Atelier im ersten Stock zu zeigen, wo ich gerade an zwei neuen Bildern malte. Die Leinwände waren zum größten Teil noch leer, von einigen groben Umrissen abgesehen. Ich schnappte mir einen Pinsel und die Farbpallette und füllte ein paar dieser Konturen großflächig aus. Roman blickte mir dabei interessiert über die Schulter. Auf einmal stand er so dicht hinter mir, dass ich seinen warmen Atem in meinem Nacken spüren könnte und ein Schauer durchfuhr meinen Körper. Dieser Mann brachte mich ganz durcheinander.



    Ich weiß nicht, wie lange er mir beim Malen zusah. Mir kam es wie Stunden vor, in denen ich mich nur auf seinen Atem in meinem Nacken konzentrieren konnte. Als ich am nächsten Tag auf die Leinwand blickte, war ich entsetzt, was ich in dieser Zeit mit meinem Bild angestellt hatte. Lauter Pinselstriche, die dort nichts zu suchen hatten. Es würde Stunden dauern, die Fehler wieder zu übermalen. Wer weiß, was ich noch alles mit dem Bild angerichtet hätte, hätte Roman nicht gefragt, ob ich einen Kaffee mit ihm trinken wolle. Und wie ich wollte. Ich genoss die Zeit mit ihm wirklich. Also schlenderten wir gemeinsam zu einem nah gelegenen Café.



    Da ich an diesem Nachmittag noch nichts gegessen hatte, bestellten wir uns statt des Kaffees dann doch lieber etwas Süßes. Und Roman erzählt mir von seinem Job beim Militär. Langweiliger Papierkram im Büro laut seiner Aussage. Aber dafür hatte er mittwochs den Nachmittag frei und hat mich dadurch erst auf der Straße spielen sehen. Ich war ungewohnt entspannt in Romans Nähe und wenn ich ihn so betrachtete, dann schien er sich auch in meiner Nähe ganz entspannt zu fühlen. Er hatte zumindest keinerlei Scheu herzhaft in seinen Donut reinzubeißen und sich dabei den ganzen Mund mit Schokolade zu beschmieren. Wir mussten beide herzlich lachen, als er versuchte, sein Gesicht mit der Papierserviette wieder halbwegs sauber zu bekommen.



    Ich gönnte mir eine sehr lange Mittagspause. Doch irgendwann musste ich zurück in die Galerie, denn Melinda wollte mit mir über eine weitere Ausstellung sprechen. Ich hatte Angst, mich von Roman zu verabschieden, denn dann würde er vermutlich aus meinem Leben verschwinden und ich würde ihn nie wieder sehen. Doch als ich ihm mitteilte, dass ich nun gehen müsste, fragte er mich sofort nach meiner Handynummer. Überglücklich sagte ich sie ihm und er klingelte auch gleich beim mir durch um sicherzugehen, dass er sie sich auch korrekt notiert hatte.



    Ich wusste, dass ich mich mit meiner Freude zurückhalten sollte. Zu oft war ich in der Vergangenheit enttäuscht worden, weil ich zu viel in die Begegnungen mit Männern hinein interpretiert hatte. Ja, ich mochte Roman und es schien auch so, als ob er mich mögen würde. Aber diesmal würde ich es ruhiger angehen lassen. Auch Israel hatte meine Nummer gehabt und versprochen, sich zu melden. Getan hat er es trotzdem nicht. Doch es wurde schwer, sich keine Hoffnungen zu machen, als Roman zum Abschied meine Hand nahm und mir versicherte, dass er diesen Nachmittag sehr, sehr genossen hätte. Ach verdammt, ich glaube, ich war schon wieder dabei, mich Hals über Kopf zu verlieben.



    Als ich abends gerade ins Bett gehen wollte, vibrierte plötzlich mein Handy. Und ich hätte nicht überraschter, und vor allem nicht glücklicher sein können, als ich Romans Namen im Display las. „Ich werde heute Nacht ganz sicher von dir träumen. Schlaf gut“, lautete seine Textnachricht. Ich drückte das Handy fest an meine Brust. Oh ja, ich würde heute Nacht gut schlafen und hoffentlich auch von ihm träumen.

    Kapitel 35: Die fremde im Spiegel



    Damit die Zeit schneller vorbeiging, bis Israel mich endlich anrief, stellte ich mich an die Staffelei und begann ein neues Gemälde. Es sollte etwas Fröhliches werden. Ich wollte das Glück, das ich in meinem Herzen empfand, auf die Leinwand bringen. Leider hörte der Regen an diesem Tag nicht auf, was dazu führte, dass die Lichtverhältnisse nicht optimal waren. Ich musste das Malen also nach kurzer Zeit wieder abbrechen. Stattdessen versuchte ich die Zeit mit Fernsehen und Lesen zu überbrücken. Die Zeit schien so langsam zu vergehen, wie nie zuvor. Doch als die Sonne unterging, schwieg mein Handy immer noch. Schließlich schlief ich mit dem Mobiltelefon in der Hand ein. Und auch als ich am nächsten Morgen aufwachte, war immer noch keine Nachricht von Israel auf dem Display zu sehen.



    Vielleicht wurde er in der Arbeit einfach nur aufgehalten? Ja, so wird es gewesen sein. Er hatte ja etwas von Überstunden erzählt. Und dann war es bereits zu spät für einen Anruf. Er dachte sicherlich, ich schliefe schon und wollte deshalb nicht stören. Aber heute würde er anrufen. Da es immer noch wie aus Eimern schüttete, konnte ich mein Gemälde erneut nicht fortsetzen. Und da sonst keiner zuhause war, schlich ich in Magdas Zimmer und nahm mir ihre Gitarre. Jamie hatte mir ein paar Akkorde gezeigt. Noch hörte sich mein Spiel sehr unbeholfen an, aber mit etwas Übung würde das sicher werden.



    Ich spielte eine ganze Weile. Doch so richtig konnte ich mich nicht konzentrieren, denn immer wieder schweifte mein Blick zu meinem Handy, das auf dem Couchtisch lag. Doch so sehr ich es mir wünschte, das Telefon klingelte einfach nicht. Wieder saß ich den ganzen Abend hoffend mit dem Handy in der Hand und wieder wurde ich enttäuscht. Als ich am dritten Tag immer noch nichts von Israel hörte, dämmerte es mir, dass er vielleicht nicht anrufen würde. Traurig saß ich im Wohnzimmersessel und ging noch mal unseren Abend und unsere gemeinsame Nacht durch. Hatte ich doch etwas falsch gemacht? Hatte ich ihn, wie schon John zuvor, mit irgendetwas verschreckt?



    Magda kam ins Wohnzimmer und setzte sich neben mich auf das Sofa. „Er hat also immer noch nicht angerufen“, stellte sie fest. Ich nickte lediglich traurig. „Claude, du darfst dir das nicht so zu Herzen nehmen. Männer sind manchmal…einfach nur doof. Und wenn sie sagen, sie rufen an, dann heißt das nicht unbedingt, dass sie es wirklich tun. Vergiss diesen Kerl einfach, Claude. Er ist es nicht wert, dass du auch nur eine Träne wegen ihm vergießt.“



    Das sagte sich so leicht. Magda konnte ja auch jeden Typen haben, den sie wollte. Aber ich mochte Israel wirklich. Und ich konnte an nichts anderes mehr denken außer an ihn. Warum erging es ihm bloß nicht genau so wie mir? Und dann dämmerte mir etwas. Vielleicht erging es ihm ja genauso wie mir. Ich hatte an dem Abend mehrere Cocktails getrunken. Vielleicht war ich deswegen so benebelt gewesen, dass ich Israel eine falsche Nummer aufgeschrieben hatte? Ja, das musste die Erklärung sein. Und er wusste natürlich nicht, wo ich wohnte. Ich musste also sofort zu ihm fahren.


    *****



    Ich schnappte mir einen Regenschirm und lief sofort hinüber zu U-Bahn-Station. Magda rief mir noch etwas hinterher, doch durch das Prasseln des Regens auf dem Schirm konnte ich sie nicht verstehen. In der U-Bahn wurde mir dann bewusst, dass ich nicht einmal wusste, ob Israel Zuhause war. Doch als ich an seinem Haus ankam, sah ich Licht brennen. Ich klingelte also und tatsächlich öffnete Israel die Tür. Ich strahlte bei seinem Anblick über das ganze Gesicht. „Ich musste dich einfach sehen“, begann ich, als ich seinen überraschten Gesichtsausdruck bemerkte. „Ich hab dir bestimmt eine falsche Nummer gegeben“, plapperte ich weiter drauf los. „Deshalb konntest du mich auch nicht anrufen. Also bin ich einfach zu dir gekommen. Ich hab dich ja so vermisst.“



    Doch Israel reagierte nicht so, wie ich es mir erhofft hatte. Statt mich in den Arm zu nehmen und mich so leidenschaftlich wie in unserer gemeinsamen Nacht zu küssen, kratzte er sich verlegen den Hinterkopf. „Klaudia, du hast mir nicht die falsche Nummer gegeben. Ich…ich hab dich einfach nicht angerufen. Und ich hatte es auch nicht vor. Ich hab das nur so gesagt, weil ich dich nicht verletzen wollte. Die Nacht mit dir war schön, das will ich nicht abstreiten. Aber damit ist die Geschichte für mich abgeschlossen. Ich habe kein Interesse an einer Beziehung mit dir. Es tut mir leid.“



    Seine Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht. Magda hatte also Recht gehabt. Israel empfand nicht dasselbe für mich, wie ich für ihn. Meine Augen begannen sich mit Tränen zu füllen. Doch ich wollte jetzt nicht weinen. Nicht vor ihm. Ein trauriges „Oh“ war die einzige Erwiderung, die ich zustande brachte. Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich um und trat meinen Heimweg an.



    Etwa eine halbe Stunde nach meinem mitleiderregenden Abgang betrat Magda Israels Haus. „Warst du wenigstens nett zu ihr“, fragte sie ihn, nachdem er ihr von meinem Erscheinen berichtet hatte. „So nett, wie man in solch einer Situation eben sein kann“, versicherte er meiner Cousine. „Sie wird sicher darüber hinweg kommen.“ Das hoffte Magda inständig. Immerhin wollte sie mir helfen, indem sie das Date mit Israel in die Wege leitete. Nur hatte sie nicht damit gerechnet, dass ich mich Hals über Kopf in ihn verlieben könnte.



    Doch für Israel war alles exakt nach Plan verlaufen. „Ich hab meinen Teil der Abmachung erfüllt, Magda. Ich würde nicht sagen, dass es ein großes Opfer war, mit deiner Cousine zu schlafen, aber meine Belohnung habe ich mir trotzdem verdient. Meinst du nicht auch?“ Mit diesen Worten zog er sie eng an sich heran und küsste sie. Und Magda leistet keinen Widerstand…auch nicht, als er begann, ihr langsam die Kleider auszuziehen.


    *****



    In der U-Bahn schaffte ich es gerade noch so, meine Tränen zu unterdrücken. Doch Zuhause angekommen brach es aus mir heraus. Ich stürmte ins Badezimmer und schloss mich darin ein, damit meine Mitbewohner mich nicht in dieser Verfassung sehen mussten. Wie konnte ich nur so dumm gewesen sein zu glauben, dass Israel mich wirklich gern haben könnte? Ich hätte wissen müssen, dass für ihn alles nur ein Spiel war.



    Nach einigen Minuten versiegten die Tränen. Mit den Fingern wischte ich die verbliebene Flüssigkeit aus dem Gesicht und betrachtete mich im Spiegel. Immer noch war mir mein Spiegelbild fremd. Diese schöne, herausgeputzte Frau, das war einfach nicht ich. Und was hatte es mir gebracht, schön zu sein? Nichts. Die Männer mochten jetzt vielleicht meinen Körper, aber an mir hatten sie nach wie vor kein Interesse. Magda hatte es gut gemeint, aber mit diesem neuen Äußeren fühlte ich mich genauso unwohl, wie mit meinem alten Graue-Maus Look.



    Ich wälzte mich die halbe Nacht in meinem Bett hin und her. Mir war klar, dass ich mich erneut verändern musste. Und so griff ich am Morgen nicht wieder zum Glatteisen, sondern erlaubt meinen Haaren so zu fallen, wie sie es wollten. Und statt des knappen Oberteils, welches Magda für mich ausgesucht hatte, entschied ich mich für ein einfaches, locker sitzendes T-Shirt. Mit dem Ergebnis war ich durchaus zufrieden. Ja, diese Frau im Spiegel war wirklich ich. Zum ersten Mal seit langem fühlte ich mich, als ob ich keine Verkleidung trüge.

    Kapitel 34: Liebe im Spiel



    Israel wartete am Fahrstuhl auf mich und unten angekommen, stiegen wir in ein Taxi, das uns zu seinem Haus brachte. Von der Fahrt bekam ich nicht viel mit, denn ich war zu sehr damit beschäftigt, seine Küsse zu erwidern. Am Ziel angekommen, führte er mich sogleich in sein Schlafzimmer, wo er mich erneut mit Küssen überhäufte.



    Dann drückte er mich sanft auf sein Bett hinunter und nahm mich fest in seinen Arm. Er ergriff meine Hand und begann sie zu küssen. Langsam wanderten seine Lippen meinen Arm entlang, bis hinauf zu meiner Schulter. Dort angekommen schob er den Träger meines Kleides beiseite. Gleichzeitig öffnete er geschickt den Reisverschluss an meinem Rücken, sodass mein Kleid an mir herunter glitt und ich nur noch im BH bekleidet vor ihm saß.



    Nun wurde ich doch unsicher und bedeckte meine Brust schamvoll mit dem Arm. Israel erkannt, dass ich begann mich unwohl zu fühlte. Also richtete er sich auf und zog sich Jackett und Hemd aus. „Jetzt bin ich genau so verwundbar, wie du“, sprach er sanft. Und im nächsten Augenblick hat er sich auch der Hose entledigt und half mir dabei, mein Kleid abzustreifen. Ich lag fast nackt vor ihm und spürte seine heiße Haut auf meiner. So nah war ich noch nie jemanden gekommen. Nicht einmal Gernot hatte mich so gesehen. Und obwohl alles neu für mich war, fühlte es sich unglaublich schön an. Israels Hand streichelte meinen Körper und mit seinem Daumen fuhr er schließlich unter den Stoff meines Slips. Dabei blickte er mir tief in die Augen. „Wir müssen nicht weiter gehen“, sollte dieser Blick sagen und ich war versucht, auf dieses Angebot einzugehen. Doch dann berührte seine Hand die Innenseite meines Oberschenkels und ich wusste, dass ich es wollte.



    Ich ließ mich nach hinten sinken und lächelte ihn so verführerisch an, wie ich es konnte. Israel bedurfte keiner weiteren Aufforderung. Geübt griff er in den Nachtisch an seiner Bettseite und holte ein Kondom heraus.



    Und dann geschah es. Er öffnete meinen BH und zog mir den Slip aus. Ich spürte seine Küsse überall auf meinem Körper und meine Lippen bedeckten den seinen. Ich hatte immer Angst gehabt, mich bei meinem Ersten Mal dumm anzustellen. Und mit jedem Jahr, das verstrich, ohne dass es geschah, wuchs diese Angst. Doch Israel ließ mir gar keine Gelegenheit, etwas falsch zu machen. Er wusste ganz genau wie er mich berühren musst, um mich erbeben zu lassen und er zeigte mir ganz genau, was er gerne hatte. Die Wirkung der Cocktails war inzwischen weitestgehend abgeklungen, dennoch bewirkte der verbliebene Alkohol, dass meine Muskeln entspannt waren und ich den leichten Schmerz kaum bemerkte, als Israel sich mit mir vereinigte. Ich hatte mich noch nie einem Menschen so verbunden gefühlt wie in diesem Augenblick.



    Doch das Schönste war, sich anschließend an Israels warmen Rücken zu schmiegen und mit ihm in einem Bett einzuschlafen. In diesem Augenblick konnte ich mir nicht mehr vorstellen, jemals wieder alleine einzuschlafen. Ich konnte mir nicht mehr vorstellen, ohne Israel einzuschlafen. Und das musste ich auch nicht mehr. Er liebte mich. Er musste mich lieben. Zwei Menschen könnten sich nicht körperlich so nahm kommen, ohne dass Liebe im Spiel war.


    ******



    Ich wurde wach, als ich spürte, wie jemand an der Bettdecke zog. Ich öffnete die Augen und das helle Tageslicht blendete mich. Israel stand an der Seite des Bettes und strich die Decke glatt. „Guten Morgen, Babe. Es tut mir leid, dass ich dich wecken muss, aber ich muss gleich zur Arbeit.“ „Nicht schlimm“, antworte ich verschlafen und gähnte genüsslich. „Was arbeitest du denn?“, fragte ich neugierig. In welchem Beruf musste man denn auch am Sonntagmorgen arbeiten? „Ach, bloß, langweiliges Zeug, Wirtschaft und so. Ich muss aber wirklich gleich los, ich hab es echt eilig.“



    So eilig, dass nicht einmal Zeit für ein gemeinsames Frühstück blieb. Israel zeigte mir das Badezimmer, damit ich mich anziehen und meine Frisur wieder richten konnte. Als ich wieder hinauskam, hatte er bereits ein T-Shirt und Shorts angezogen. Na, dass musste aber ein sehr lockerer Wirtschaftsbetrieb sein, wenn er da so auflaufen konnte. Er begleitete mich zu Veranda. „Wann kommst du denn von der Arbeit zurück?“, fragte ich, bevor ich in den Regen hinausging. „Ich könnte heute Nachmittag zu dir kommen. Oder du kommst zu mir?“ „Ja, heute ist echt schlecht, Babe. Mein Chef will, dass ich voll die Überstunden schiebe. Aber ich hab ja deine Nummer. Ich melde mich dann bei dir.“



    Dann drückte er mir einen Regenschirm in die Hand, einen Kuss auf die Stirn und schob mich sanft in Richtung der Treppe. „Die U-Bahn Station ist gleich die Straße runter“, erklärte er mir noch. Er winkte mir kurz zu und ging dann wieder ins Haus. Und ich machte mich im strömenden Regen auf zurück in die Cilia Gade.


    ******



    Da ich bei Israel nicht frühstücken konnte, holte ich dies nach, sobald ich zuhause angekommen war. Magda gesellte sich zu mir an den Tisch und wollte gleich wissen, wie mein Abend, und insbesondere meine Nacht, mit Israel verlaufen waren. „War es schön für dich?“, fragte sie besorgt, nachdem ich ihr bestätigte, dass ich tatsächlich meine Unschuld an ihn verloren hatte. „Hat er dich gut behandelt?“ Ich konnte beides zweifelsfrei bejahen. Ja, zu Beginn war es etwas unangenehm gewesen, aber Israel hatte mich das schnell vergessen lassen. Und er hatte sehr viel Rücksicht auf meine Unerfahrenheit genommen. Ich konnte gar nicht mehr verstehen, warum ich mich so davor gefürchtet hatte, mit einem Mann zu schlafen.



    Und ich konnte gar nicht mehr aufhören, an ihn zu denken. Konnte es sein? Hatte ich mich tatsächlich in Israel verliebt? Ich hatte immer davon geträumt, meine Unschuld an den Mann zu verlieren, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen würde. Und vielleicht war Israel genau dieser Mann. Er war so lieb und rücksichtsvoll gewesen. Hätte ein Mann sich so verhalten, wenn ich ihm nicht auch etwas bedeuten würde? „Er hat versprochen, mich gleich nach der Arbeit anzurufen“, berichtete ich Magda daher aufgeregt und klatschte zufrieden in meine Hände. „Eben musste er sich ganz schnell von mir verabschieden, aber das holen wir bei unserem zweiten Treffen alles wieder nach.“



    „Ihr wollt euch also noch mal treffen? Hat Israel das gesagt?“, fragte Magda. Ihr zweifelnder Tonfall entging mir in meiner Freude allerdings vollständig. „Wir haben noch nichts Festes ausgemacht“, antworte ich daher gut gelaunt. „Aber Israel hat gesagt, er würde mich anrufen. Und warum sollte er das tun, wenn er sich nicht erneut mit mir treffen wollte?“ Magda gab einen seltsamen Grunzlaut von sich, der mich kurz innehalten ließ. Fragend blickte ich sie an. Doch dann lächelte meine Cousine. „Wenn er gesagt hat, er ruft dich an, dann wird er es bestimmt tun, Claudes. Ich freue mich für dich.“

    Kapitel 33: Starthilfe



    Am nächsten Morgen fuhr ich immer wieder zum Festgelände, um nach John Ausschau zu halten. Doch leider traf ich ihn dort nicht an. Und auch an den kommenden Tagen ließ er sich nicht noch einmal dort blicken. Es machte mich wirklich traurig, dass ich ihn offenbar mit meinem kindischen Verhalten dauerhaft verschreckt hatte. Und ich allein trug die Schuld an dem Debakel. Hätte ich auf Johns Kuss souveräner reagiert, dann wären wir vielleicht zusammen gekommen.



    Auch Magda merkte, wie deprimiert ich war, als schlug sie vor, dass wir am Wochenende gemeinsam in die Disco gehen sollten. „Die Musik wird dich aufheitern“, sagte sie. „Und wer weiß, vielleicht triffst du dort John oder einen anderen netten Mann. Das Meer ist voller Fische.“ Da ich wusste, dass John sicher nicht wieder auftauchen würde, wenn ich weiter zuhause Trübsal blies, stimmte ich nach längerem Zögern zu. Wir gingen ins „Emergency“, einer Disco in der Innenstadt, welche auch gut besucht war. Magda orderte gleich eine Runde Cocktails für uns. Die hatte ich auch bitter nötig, denn sofort als ich die Disco betrat, fühlte ich mich fehl am Platz. Hier war es so laut und bis auf Magda kannte ich niemanden. Das war irgendwie nicht meine Welt.



    Dafür aber umso mehr Magdas. Wir waren keine zehn Minuten an der Theke, als auch schon ein Mann auf Magda zukam und begann mit ihr zu flirten. Magda ging sofort auf seine Annährungsversuche ein und schon sah ich, wie die beiden auf der Tanzfläche standen und ihre Körper gemeinsam zur Musik bewegten.



    Jetzt war ich also ganz allein. Nervös schlürfte ich an meinen Cocktail. Immerhin war der lecker. Und ehe ich es mich versah war das erste Glas leer und ich bestellte mir einen zweiten Drink. Vorsichtig schaute ich mich auf der Tanzfläche um. Ein paar gutaussehende Männer waren wirklich da. Aber leider hatten die meisten auch schon eine Frau an ihrer Seite. Wie Magda mir vorher geraten hatte, stellte ich mich gut sichtbar an die Bar und hoffte, dass mich vielleicht einer der Männer ansprechen würde.



    Doch die Minuten vergingen und ich stand immer noch ganz alleine da. Inzwischen hatte ich auch schon meinen zweiten Cocktail geleert. Die Hoffnung keimte kurz in mir auf, als ein Mann zielstrebig auf mich zuschritt. Aber als ich fast schon dachte, er würde mich ansprechen, realisierte ich, dass er lediglich an der Getränkekarte interessiert war, die hinter mir auf der Theke stand. Die Tränen schossen mir in die Augen. Das würde doch niemals klappen. Ich wollte nur noch nach Hause und mich in meinem Bett verkriechen.



    Ich hielt nach Magda Ausschau um ihr Bescheid zu geben, dass ich gehen wollte, und entdeckte, wie sie schon mit dem nächsten Typen flirtete. Das konnte doch nicht wahr sein. Wie machte sie das bloß?



    Da ich den Anblick nicht länger ertragen konnte, drehte ich mich weg und orderte den nächsten Drink. Währenddessen flüsterte meine Cousine ihrer neuen Eroberung etwas ins Ohr. „Hey, Israel, siehst du das heiße Mädel vorne an der Bar? Die mit dem roten Kleid?“ Der dunkelhäutige Mann nickte. „Das ist meine Cousine Klaudia. Sie hatte in letzter Zeit etwas Pech mit den Männern und könnte eine kleine Aufmunterung gebrauchen. Würdest du mir den Gefallen tun, und ein wenig mit ihr flirten?“



    „Mit deiner Cousine?“, fragte er gespielt ungläubig. „Magda, Babe, du weißt doch, dass ich nur Augen für dich habe. Ich würde viel lieber mit dir flirten.“ Magda lächelte zwar verführerisch, doch sie winkte ab. „Israel, wie oft hast du schon versucht, bei mir zu landen? Wir hatten eine tolle Nacht, du bist nett, aber es knistert einfach nicht zwischen uns. Du kannst dir so viel Mühe geben, wie du willst, du würdest heute Nacht doch wieder allein nach Hause gehen. Aber wenn du es bei meiner Cousine versuchen würdest, nun dann…“ Israel blickte noch einmal zu mir rüber. „Schlecht sieht sie wirklich nicht aus. Tolle Figur, nettes Gesicht. Aber warum musst du sie mir dann so anpreisen? Da muss doch etwas faul sein?“ „Glaub mir, mit meiner Cousine ist alles in bester Ordnung. Sie ist nur sehr schüchtern…und sehr unerfahren. Sehr, sehr unerfahren, wenn du verstehst was ich meine. Und ich glaube, es würde ihrem Selbstbewusstsein helfen, wenn sie ein wenig Erfahrung sammeln könnte.“



    Auf Israels Gesicht erschien ein spöttisches Lächeln. „Du willst echt, dass ich deine Cousine entjungfere? Ist das dein Ernst?“ Magda boxte ihn leicht gegen den Oberarm, was ihn nur noch mehr zum Lachen brachte. „Sieh es einfach als eine gute Tat an“, erwiderte sie. „Außerdem muss ich dir zugestehen, dass du ganz genau weißt, wie man ein Mädchen glücklich macht. Es ist kein Zufall, dass ich ausgerechnet dich frage. Klaudia wäre bei dir in guten Händen.“ „Und was wäre meine Belohnung für diese Tat?“ Seine Blicke auf Magdas Körper sprachen Bände. Belustigt verdrehte sie die Augen. „Nun gut, Israel. Wenn du meine Cousine heute Nacht glücklich machst, dann verspreche ich dir, dass auch ich dich noch einmal glücklich mache.“



    Mehr musste Israel nicht hören. Zielstrebig kam er auf mich zu und streifte wie zufällig meinen Oberarm, sodass ich mich zu ihm umdrehte. Reflexartig entschuldigte ich mich sofort bei ihm, weil ich annahm, mal wieder im Weg gestanden zu haben. „Nein, du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich hab dich ja gestreift. Und ich muss gestehen, das war gar kein Zufall. Mir fiel einfach kein besserer Weg ein, um mit dir ins Gespräch zu kommen. In Gegenwart von solch schönen Frauen, werde ich immer etwas schüchtern.“



    Hatte ich etwas an den Ohren? Hatte mich dieser gutaussehende Mann gerade wirklich eine schöne Frau genannt? Die Schamesröte schoss mir in die Wangen. „Danke,…ich meine, dass macht doch nichts“, stammelte ich verlegen. Er stellte sich mir als Israel vor und ich nannte ihm meinen Namen. Als Entschuldigung bot er mir einen Drink an, doch ich lehnte dankend ab. Ich hatte schon drei Cocktails getrunken und merkte deutlich, wie mir der Alkohol zu Kopf stieg.



    Stattdessen führte er mich auf die Tanzfläche. Da ich mit ihm nicht ganz so eng tanzte, wie mit John auf dem Frühlingsfest, kamen wir beide auch ohne größere Verletzungen davon. Ich schwebte so auf Glückswolken, dass ich gar nicht bemerkte, wie Israels Blicke immer wieder zu Magda abschweiften, die unweit von uns auf der Tanzfläche ihr Können unter Beweis stellte. Mit ihren Blicken forderte sie ihn deutlich dazu auf, aufs Ganze zu gehen.



    Und das tat er dann auch. Die Musik wurde etwas ruhiger und plötzlich spürte ich, wie Israels Hände auf meinen Hüften zum Ruhen kamen. Er zog mich nah an sich heran und ich legte meine Arme um seinen Hals. Vermutlich hätte ich jetzt erneut einen Rückzieher gemacht, aber Israel hielt mich fest umschlungen und die Drinks hatten mich mutig gemacht. Unweigerlich kamen mir Magdas Worte in den Sinn, dass es gut für mich sein könnte, meine Unschuld endlich zu verlieren, damit nicht immer die Angst vor dem Ersten Mal wie eine dunkle Wolke über jeder meiner Verabredungen schwebte. Und plötzlich kam mir dieser Gedanke nicht mehr so abwegig vor. Ich war gespannt, wie sich dieser Abend noch entwickeln würde.



    Und ich musste nicht lange warten, bis Israel seien dunklen Lippen auf meine presste. „Lauf weg, lauf weg!“, schrie es erneut in meinem Kopf. Doch anders als bei John schien der Ruf von sehr weit weg zu kommen und wurde von einem lauten „Halt ihn fest und lass ihn nie wieder gehen“ übertönt. In diesem Moment war ich froh, dass ich durch meine Beziehung mit Gernot, so unglücklich sie auf geendet sein mag, genau wusste, was zu tun war. Vorsichtig öffnete ich meinen Mund und gewährte Israels fordernder Zunge Einlass. Von meinem Mund wanderten seien Lippen zu meinem Hals und hinauf zu meinem Ohr. „Ich würde dich gerne mit nach Hause nehmen“, hörte ich ihn flüstern und ich war selbst überrascht, als ich mich „und ich würde gern mitkommen“ antworten hörte.



    Während Israel meine Chipkarte nahm, um unsere Getränke zu bezahlen, lief ich eilig zu Magda hinüber. Mein Herz pochte wie wild. „Er will dass ich mit ihm nach Hause gehe“, flüsterte ich ihr aufgeregt ins Ohr „Ich glaube, er will mit mir schlafen.“ „Und willst du es auch? Bist du bereit dafür?“, fragte Magda, obwohl sie die Antwort bereits an meinem erwartungsvoll glühenden Gesicht abgelesen hatte. Sie lächelte zufrieden. Als ich mich zum Gehen umdrehte, ergriff sie mein Handgelenk. „Die Kondome hast du in deiner Tasche?“, fragte sie und ich bestätigte nickend. Ihr Griff entspannte sich wieder und sie zwinkerte mir zu. „Dann ist ja für alles gesorgt. Genieß diese Nacht in vollen Zügen.“

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    Kapitel 32: Frühlingsgefühle



    Jamie bekam mich erst am nächsten Morgen zu Gesicht. Das Erstaunen war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. „Klaudia, du siehst einfach fantastisch aus. Also nicht, dass du vorher schlecht ausgesehen hättest, aber…wow!“ Sofort schoss mir die Schamesröte ins Gesicht bei diesem Kompliment. Aber ich freute mich wahnsinnig darüber. Offenbar wirkte ich nun wirklich anziehender auf Männer. Vielleicht würde ich es also nun wirklich schaffen, einen Mann zu finden, der mich wahrlich liebte. Dann konnte ich das Kapitel Gernot endgültig abschließen.



    Und die Gelegenheit dazu bekam ich schon wenige Tage später. Inzwischen herrschten fast schon sommerliche Temperaturen in Rodaklippa und das Frühlingsfest war in der Stadt. Seit der Umstyling-Aktion waren Magda und ich wieder enge Freundinnen. Also gingen wir gemeinsam auf das Festgelände und genossen die Blumenpracht und das schöne Wetter bei einer Tasse Kaffee. Doch Magda hatte nicht vergessen, dass sie mich nicht nur umstylen, sondern dass sie mir auch zu einem Partner verhelfen wollte. Und eine Möglichkeit dazu bot sich just an diesem Tag. „Schau unauffällig nach links“, flüsterte sie mir zu. „Dort hinten steht ein Typ, der immer wieder zu dir herüberschaut.“



    Ich blickte mich vorsichtig um und entdeckte tatsächlich einen gutaussehenden Mann. Hastig drehte ich meinen Kopf wieder weg, als er erneut in meine Richtung blickte. Doch Magda starrte ihn weiter unverhohlen an. „Der sieht wirklich gut aus“, entschied sie. „Ich dachte ja erst, er würde zu mir rüberschauen. Nicht, dass er das nicht auch getan hätte. Aber was soll‘s, ich nehme es als Kompliment, dass ich eine ansehnliche Frau aus dir gemacht habe, Claude.“



    „Und was soll ich jetzt tun?“, fragte ich meine Cousine verunsichert. Mein Herz klopfte wie wild, aber ich hatte keine Idee, was ich tun konnte, um mit diesem Mann ins Gespräch zu kommen. Und vielleicht wollte ich das gar nicht. Irgendwie war es beängstigend, dass jemand Interesse an mir zeigte. „Du musst gar nichts tun, Claude. Das ist ja das tolle daran, wenn man gut aussieht. Die Initiative wird ganz von ihm allein kommen. Geh einfach in seine Nähe, dann ergibt sich der Rest schon. Vertrau mir.“



    Ich hatte daran ja berechtigte Zweifel. Trotzdem stand ich vom Tisch auf und ging einfach in die Richtung des Mannes. Dabei versuchte ich fieberhaft zu überlegen, was ich denn sagen könnte, wenn von ihm keine Reaktion käme. Doch das stellte sich als vollkommen unbegründet heraus. Denn er machte tatsächlich den ersten Schritt, auch wenn dieser noch recht holprig war. „Hi, ich…ich hab dich schon eine Weile beobachtet…also nicht das ich ein Stalker wäre…ich meine du siehst einfach toll aus und da wollte ich dich gerne kennen lernen. Und jetzt wo du in meine Richtung gekommen bist...“



    Als er meinen verschreckten Gesichtsausdruck bemerkte, holte er noch einmal tief Luft. „Also noch mal ganz von vorne. Hi, ich bin John.“ „Und ich bin Klaudia“, piepste ich. John, dieser Name klang wie Musik in meinen Ohren. Und er sah wirklich gut aus. Aus der Ferne hatte man das nur erahnen können. Doch er war gut gebaut und er hatte die schönsten grünen Augen, die ich je gesehen hatte. Und offensichtlich gefiel auch ich ihm aus der Nähe genau so gut wie aus der Ferne. Vor ein paar Wochen hätte das sicherlich noch ganz anders ausgesehen.



    Als ich mich zu dem Tisch umdrehte, an dem Magda und ich gesessen hatten, stellte ich fest, dass meine Cousine verschwunden war. Ich war also auf mich allein gestellt. Aber das war kein Problem, denn John stellte sich als ein sehr sympathischer Zeitgenosse heraus. Außerdem waren wir hier in der Öffentlichkeit, ich brauchte mir also wirklich keine Sorgen zu machen. Nur das Wetter machte uns einen Strich durch die Rechnung. Es begann zu regnen. Doch zu meiner Überraschung wollte John dennoch noch nicht gehen und wir suchten Schutz unter einem Dach, unter dem sich auch einige Hufeisenwurffelder befanden.



    Und so schnell wie der Regen gekommen war, verzog er sich auch wieder. Dafür stellte ich überrascht fest, dass es bereits begann zu dämmern. Die Zeit war wie im Fluge vergangen. Auf dem Festgelände wurden die Lichter eingeschaltet und ein Streichquartett begann zu spielen. „Hättest du Lust zu tanzen?“, fragte John und ich nickte freudig lächelnd. Beim Tanzen traten wir uns zwar gegenseitig ständig auf die Füße, dennoch hatte ich mich selten so glücklich gefühlt. Magda hatte so recht gehabt, mit einem schönen Äußeren war es so viel einfacher, den richtigen Mann zu finden. Ich glaube ich war dabei, mich in John zu verlieben.



    Und ihm ging es wohl ähnlich. Denn er blickte mir tief in die Augen und auf einmal berührten seine Lippen meine. Sie fühlten sich wundervoll an. Rau und angenehm weich zur gleichen Zeit. Der Kuss lag schon den ganzen Abend lang in der Luft und trotzdem wurde ich vollkommen von ihm überrascht.



    Nicht nur überrascht, in mir stieg die Panik auf. Er hatte mich geküsst! Dieser wundervolle Mann. Wir hatten den ganzen Tag zusammen verbracht, hatten Spaß zusammen und wir hatten uns geküsst. Und jetzt…jetzt würde er sicherlich mehr wollen. Magda wäre sicherlich ohne zu zögern mit ihm mit gegangen. Aber konnte ich das? John merkte, dass ich seinen Kuss nicht so erwiderte, wie er es sich erhofft hatte. „Hab ich etwas Falsches getan?“, fragte er besorgt, als er meinen erschrockenen Gesichtsausdruck sah.



    „Nein…ich meine…du hast…“, stammelte ich, unfähig mich klar zu artikulieren. „Ich muss jetzt ganz dringend nach Hause“, brachte ich schließlich hervor. Und dann drehte ich mich auch schon um und lief davon. „Klaudia, warte doch!“, hörte ich John noch rufen. Doch mein Kopf hatte längst die Kontrolle über meine Beine aufgegeben. Und so lief ich so schnell mich meine Füße trugen zur Cilia Gade, ohne mich auch nur ein einziges Mal umzusehen.



    Zuhause angekommen stürmte ich sofort in Magdas Zimmer. Ich musste unbedingt mit ihr reden. Doch meine Cousine war nicht da, also wartete ich allein in dem dunklen Zimmer, bis Magda von ihrer Bandprobe zurückkam. Magda erschreckte sichtlich, als sie den Lichtschalter betätigte und mich in ihrem Zimmer vorfand. „Claude, ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen“, protestierte sie. Doch dann sah sie mein bekümmertes Gesicht und sofort war ihr Ärger verschwunden.



    „Was ist passiert“, fragte sie allarmiert. „Hat der Typ dir etwa etwas angetan?“ Ich versicherte Magda, dass John nichts falsch gemacht hatte. Dafür hatte ich mich wie eine blöde Kuh verhalten. Ich schilderte ihr die Geschichte und blickte am Ende traurig zu Boden. „Und John war wirklich nett. Ich hab alles kaputt gemacht. Es war nur…ich hatte solche Angst davor, dass er mit mir schlafen wollen würde. Ich meine, er hat es noch nicht einmal gesagt, ich hab es nur gedacht. Und jetzt werde ich ihn vermutlich nie wieder sehen. Ich kenn weder seinen Nachnamen noch habe ich eine Nummer.“



    Magda legte mir aufmunternd die Hände auf die Schulter. „Claude, du hattest einfach Angst. Das ist ok. Und vielleicht ist dieser John morgen ja noch mal auf dem Festgelände. Wenn ihm wirklich etwas an dir liegt, wird er morgen dort warten und wenn nicht, dann war er ohnehin nicht der Richtige. Und vielleicht…vielleicht solltest du dein Erstes Mal hinter dich bringen. Ich weiß, die Vorstellung ist schön es mit jemandem zu verbringen, den man wirklich liebt. Aber du hast solche Angst davor, dass du den Richtigen eher versrecken würdest. Ich sag ja nicht, dass du gleich mit dem Erstbesten schlafen sollst. Aber vielleicht wäre ein Mann, an dem dir nicht ganz so viel liegt, genau der Richtig dafür.“



    Im ersten Moment hörten sich Magdas Worte falsch an. Ich sollte mit einem Mann schlafen, den ich nicht liebte? Aber vielleicht sollte ich doch über diese Idee nachdenken. Aber nicht heute. Jetzt wollte ich nur noch schlafen. „Darf ich heute bei dir bleiben?“, fragte ich Magda zaghaft. Als Antwort lächelte sie nur sanft. „Klar, Claude. Komm aber bloß nicht auf die Idee, mit mir zu kuscheln.“

    ******

    Da es von einigen Gewünscht wurde, stehen auch nun Kinga und Olek zum Download bereit.


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    Kapitel 31: Verwandlung


    Dank Magdas unermüdlichem Ansporn schmolzen meine Pfunde weiter dahin. Doch leider wurde ich in den kommenden Tagen nicht nur mein Gewicht los, sondern auch einige meiner Wertsachen. Eines Abends kam ich nach Hause und wunderte mich darüber, dass Licht im Wohnzimmer brannte. Denn Magda sollte bei der Arbeit sein und Jamie war mit Freunden unterwegs. Als ich dann verdächtige Geräusche hörte, wurde mir klar, dass ich einen Einbrecher auf frischer Tat ertappte. Vielleicht hätte ich mich dem Dieb entgegenstellen sollen. Der Figur nach zu urteilen war es eine Frau und ich hätte sie vielleicht verjagen können. Aber ich hätte zu viel Angst. Stattdessen rief ich die Polizei.



    Diese rückte auch sofort an, aber die Diebin hätte mein Telefongespräch wohl mitgehört und hatte sich schleunigst mit ihrer Beute davongemacht. Der nette Polizist könnte nur noch die Spuren sicher. Das Schloss der Terrassentür war aufgebrochen und die Schubladen in unseren Zimmern waren durchwühlt. Zum Glück wurde nur etwas Bargeld, Jamies iPod und ein paar von Magdas Schmuckstücken geklaut. Und leider sahen wir von unserem Geld und den Wertsachen nie wieder etwas.



    Um uns in Zukunft vor weiteren Einbrüchen zu schützen, immerhin war es schon der zweite in diesem Haus, tauschte Jamie unsere Schlosser gegen solche aus, die sich nicht ganz so leicht knacken ließen und installierte auch noch eine Alarmanlage, die direkt mit der Polizei verbunden war. Hoffentlich würde der nächste Dieb dann nicht wieder einfach entkommen können.



    Zum Glück gab es aber auch Freudiges zu berichten. Zu Beginn des Neuen Jahres erhielt ich einen Brief von der Stadtverwaltung, in dem ich dazu aufgefordert wurde, zum Rathaus zu kommen. In der Vorweihnachtszeit hatten sich meine Bilder sehr gut verkauft. Offenbare waren echte Gemälde dieses Jahr ein beliebtes Weihnachtsgeschenk. Und einer meiner besten Kunden arbeitete zufällig für die Stadt. Insgesamt hatte er vier Bilder von mir gekauft und eines davon hing sogar in seinem Büro, wie ich mich persönlich überzeugen konnte. Da ich den Ruf Rodaklippas mit meinen Bildern auch über die Grenzen dieser schönen Stadt hinaustrüge, wurde mir die „Gemalte Schärpe für Künstler“ verliehen.



    Ich war wirklich stolz auf diesen Preis, auch wenn ich dafür auf den Fahrrad durch das Schneegestöber zum Rathaus und wieder zurück fahren musste. Die Auszeichnung fand anschließend einen schönen Platz an der Wand über meiner Kommode.

    *****



    Die Monate vergingen und die dicke Schneedecke, die Rodaklippa über Wochen bedeckt hatte, verschwand. Der Frühling hielt Einzug und das erste zarte Grün war an den Bäumen zu erkennen. Nach unserem morgendlichen Joggingritual nahm mich Magda zur Seite. „Claude, es ist so weit. Deine Figur ist perfekt. Du bist jetzt fast so schlank wie ich…aber nur fast. Jetzt wird es Zeit, diese Raupe endgültig in einen Schmetterling zu verwandeln.“ Zusammen machen wir uns auf den Weg zu einem Stylisten in der Innenstadt. „Meine Cousine hier braucht eine komplette Umgestalltung“, erklärte Magda der Stylistin. „Neue Klammotten, Haare, Make-Up, das volle Programm.“ Bei diesen Worten wurde mir doch etwas mulmig zumute. Andererseits, wenn ich mich so im Spiegel anschaute, dann könnten neue Klamotten wirklich nicht schaden. Seitdem ich abgenommen hatte, hingen alle meine alten Sachen nur noch schlaff an mir herunter. Selbst ein Kartoffelsack hätte mir da besser gepasst.



    Ich wurde in einen Nebenraum geführt, wo die Stylistin und Magda eine neue Garderobe für mich aussuchen. Durch das Fenster konnte ich sehen, wie der Himmel sich rot färbt und die Straßen sich langsam in Dunkelheit hüllten. Nachdem die beiden sich auf ein Outfit geeinigt hatten, waren meine Haare und das Make-up an der Reihe. Ich hatte bei all diesen Entscheidungen nichts mitzureden und bekam das Resultat vorerst auch nicht zu sehen. Und als ich schließlich nicht mehr daran glaubte, erklärte die Stylistin, dass das Werk vollbracht sei. Magda forderte mich auf, die Augen zu schließen und führte mich zu dem großen Spiegle im Hauptraum des Salons. „Und jetzt darfst du deine Augen öffnen“, flüstert sie und klang dabei genauso aufgeregt, wie ich mich selbst fühlte.



    Natürlich war ich neugierig. Aber gleichzeitig hatte ich furchtbare Angst. Was, wenn es mir nicht gefiele, was ich im Spiegel sah? Aber es gab nur eine Möglichkeit das herauszufinden. Langsam öffnete ich meine Augen und blickte eine unbekannte Frau im Spiegle an. War…war das wirklich ich?



    „Und, was sagst du, Claude?“, fragte Magda und blickte mich erwartungsvoll an. Ich konnte weiterhin nur staunen. Durch die eng anliegende Hose und ein ebensolches Oberteil konnte ich zum ersten Mal richtig erkennen, wie schlank ich jetzt war. Aber das unglaublichste war mein Gesicht. Ich sah eine wunderschöne Frau im Spiegel. Das Make-up war so dezent, dass ich es erst kaum bemerkte. Aber die Wirkung war unbeschreiblich. Und erst die Haare! Magda hatte mich schon seit Monaten dazu angehalten, sie nicht mehr zu schneiden. Doch ich hatte mir angewöhnt, sie unter einer Mütze zu verstecken, weil sie mir ständig im Gesicht herumhingen. Doch so, wie sie jetzt hergerichtet waren, sahen meine Haare nur wunderschön aus. Überglücklich klatschte ich in die Hände. „Ich liebe es, Magda“, antworte ich meiner Cousine.



    Vor Glück schwankend stieg ich vom Podest herunter und drückte meine Cousine fest an mich, die im ersten Moment sichtlich überrascht wirkte. „Danke Magda“, hauchte ich. „Ohne dich hätte ich mich nie dazu entschlossen, abzunehmen. Und ich hätte mich nie getraut, mich so zu verändern.“ „Das war das Mindeste, was ich für dich tun konnte“, antwortete Magda und eine Träne lief ihre Wange hinunter.

    Kapitel 30: An die Pfunde, fertig, los!



    Kinga bat mich unseren Eltern zumindest so lange nichts über ihr Auftauchen zu erzählen, bis Olek und sie wieder zurück in Twinbrook wären. Zum Glück bat sie mich nicht darum, den beiden dauerhaft verschweigen zu müssen, dass ihre Tochter sich bei mir gemeldet hatte. Einen Tag nach Kingas Abreise besuchte ich Mama. Ich hätte mir gewünscht, dass auch Papa da wäre, aber er musste arbeitet und ich konnte das Geheimnis nicht länger für mich behalten. Wir setzten uns an den Esstisch im Wohnzimmer und ich erzählte ihr geradeheraus, was vorgefallen war.



    „Kinga war bei mir, hier in Rodaklippa“, verkündete ich. „Sie hat mich besucht. Und sie war nicht allein. Sie hat geheiratet, Mama, und sie hat einen kleinen Sohn.“ Der Gesichtsausdruck meiner Mutter wechselte von belustigtem Erstaunen, über Verständnislosigkeit zu einer Mine der Verzweiflung. „Kinga hat dich besuch? Sie war hier in der Stadt? Und sie ist Mutter geworden“, fragte sie immer und immer wieder. „Wo ist sie jetzt? Warum hast du uns denn nichts gesagt, Spätzchen? Mein Mädchen war hier. Nach 13 Jahren war ich ihr so nah wie nie zuvor. Du hättest uns Bescheid geben müssen!“



    „Das wollte ich doch, Mama“, versicherte ich ihr und versuchte das schlechte Gewissen zu unterdrücken, welches sich beim Klang der vorwurfsvollen Stimme meiner Mutter in mir ausbreitete. „Aber Kinga…sie wollte euch nicht sehen. Ich hab versucht sie zu überzeugen, aber sie ließ sich einfach nicht umstimmen.“ Die Hände meiner Mutter auf dem Tisch begannen bei diesen Worten zu zittern und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Hastig stand sie auf und versuchte die Tränen vor mir zu verbergen. Aber dafür war es zu spät.



    Ich folgte Mama, die schluchzend mit dem Rücken zu mir in der Mitte des Wohnzimmers stehen geblieben war. „Sie war so ein süßes Baby“, sprach sie mehr zu sich selbst, als zu mir. „Als ich sie das erste Mal in den Armen hielt, war sie so wunderschön. Selbst die Krankenschwestern meinten, sie hätten noch nie so ein perfektes Baby gesehen. Doch ich, ich hielt sie in den Händen, sah sie an und…ich empfand gar nichts. Ich hätte sie lieben müssen, sie war doch mein kleines hübsches Mädchen. Aber ich konnte es nicht. Ich konnte deine Schwester einfach nicht so lieben, wie sie es verdient hatte. Ich blickte sie an und sah in ihr den Fehler, den ich begangen hatte.“ Damit sprach Mama auf ihre Affäre mit einem verheirateten Mann an, aus der Kinga hervorgegangen war. „Ja, ich verdiene es, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben will. Aber es tut dennoch so weh, Klaudia. Und ich habe ein Enkelkind, das ich vermutlich nie kennenlernen werde. Das tut so weh, Spätzchen, so unheimlich weh.“



    Ich ging auf meine Mutter zu und schlang meine Arme kräftig um sie. „Du wirst David ganz sicher kennenlernen. Dafür werde ich sorgen, ich verspreche es dir, Mama. Und es stimmt nicht, dass du Kinga nie geliebt hast. Keine Mutter, die ihr Kind nicht liebt, würde sich solche Vorwürfe machen. Und sie würde nicht so trauern, wie du es tust. Kinga hat mir versichert, dass es die richtige Entscheidung war, sie in die Obhut von Tante Joanna zu geben. Sie macht dir deswegen keine Vorwürfe. Und ich hab in ihren Augen gesehen, dass sie dir verzeihen möchte, dass du sie wegen ihres Vaters belogen hast. Sie bemüht sich, aber sie braucht noch Zeit. Aber dass sie überhaupt nach Rodaklippa gekommen ist, ist ein erster Schritt. Glaub mir, Mama, es wird sich alles zum Guten wenden. Versprochen.“


    *****



    Ich wollte gerne zwischen meinen Eltern und Kinga vermitteln, aber ich hatte Angst, King zu sehr unter Druck zu setzen und sie so wieder ganz zu verschrecken. Daher unternahm ich vorerst keine Versuche, die drei zusammenzuführen. Dafür trieb mich in den nächsten Wochen Magda immer wieder dazu an, Sport zu treiben. Und ich musste zugeben, dass es durchaus seinen Reiz hatte, durch die herbstliche Landschaft zu joggen. Obwohl ich seit meinem sechzehnten Lebensjahr im Norden der SimNation lebte, faszinierte mich der Wechsel der Jahreszeiten immer noch, den ich aus meiner Wüstenheimat, der Sierra Simlone, nicht kannte.



    Das Joggen bereitete mir inzwischen zum Glück keine Schwierigkeiten mehr. Was nicht heißen sollte, dass es mir plötzlich Spaß gemacht hätte. Es war nur nicht mehr ganz so anstrengend wie zu Beginn. Zum Glück hatte Magda aber auch die Idee zu der ein oder anderen sportlichen Aktivität, die wirklich Spaß machte. Trampolinspringen zum Beispiel. Aber Magda wäre nicht Magda, wenn sie einem sogar das madig gemacht hätte. „Ich habe gesagt, du sollst elegant springen, Claude! Elegant! Nicht wie ein Elefant!“ Wäre es ein Verbrechen, wenn ich jetzt einfach auf sie drauf spräng und sie unter mir begrübe?



    Irgendwann meinte Magda dann, dass wir mit ein wenig durch die Gegend laufen und Rumgehoppse bei mir nicht mehr weiter kämen. Da müssten härtere Mittel ran. Als verbrachten wir von nun an unsere freien Stunden im Fitnessstudio. Alleine hätte ich mich in so eine Muckibude vermutlich nie hineingewagt. Und im Inneren stellte ich dann fest, dass es gar nicht sooo schlimm war. Zum Glück trainierten hier nicht nur muskelbepackte Adonisse, sondern ganz normale Menschen, die wie ich ein paar Kilos zu viel auf den Rippen hatten.



    Auch wenn Magda nach wie vor mit Seitenhieben bezüglich meines Aussehens und Auftretens nicht hinterm Berg hielt, so unterstützte sie mich doch tatkräftig bei meinem Versuch abzunehmen, indem sie wirklich immer mitmachte. Nun gut, fast immer. „Höher die Beine schwingen, Claude“, kommandierte sie mich herum, als ich auf dem Trainingsgerät saß und etwas für meine Beinmuskulatur tat. „Leicht wie ein Vögelchen, Claude, leicht wie ein Vögelchen.“ Ich würde ihr gleich Vögelchen geben! Ich schaffte es ja kaum gleichzeitig meine Beine zu heben und dabei nicht das Atmen zu vergessen. Und was war mit Madame? Die wurde doch tatsächlich von den anderen Fitnessstudio-Besuchern dafür bewundert, was für eine großartige Trainerin sie war. Und mich beachtete keiner. Die Welt konnte echt unfair sein!



    Als dann der Winter Einzug hielt, hoffte ich, dass Magda es nun etwas ruhiger angehen lassen würde. Im tiefen Schnee konnte man beim besten Willen nicht mehr joggen und der Weg zum Fitnessstudio war uns bei dieser Wetterlage ebenfalls zu gefährlich. Doch ausruhen durfte ich mich dennoch nicht. Magda bestand darauf, dass wir regelmäßig Übungen auf der Terrasse hinter dem Haus machten. Das Freischaufeln war schon mal ein gutes Aufwärmtraining. Und auch die Kälte war für sie kein Argument, denn beim Sport wurde einem so richtig warm und man konnte sich ja zusätzlich dick einpacken.


    ------------------


    Tut mir leid, dass das Update erst jetzt kommt. Ich hatte (wieder einmal) Probleme mit meinem Hoster. Die haben sie zum Glück wieder erledigt, aber für den Notfall habe ich mir schon einen Ersatzhoster gesucht.


    Als kleine Entschädigung gibt es dafür das nächste Kapitel schon an diesem Wochenende :)

    Ui, gleich zwei weiter Kommentare *freu*


    @FastForward


    Ja, ich kenn viel Leute, die mit Sims3 nicht so recht war geworden sind. Die Standard-3er Sims gefallen mir auch nicht so gut. Aber mit den richtigen Slider-Hacks lassen sich damit tolle Sims erstellen. Und ich finde die Landschaft und Grafik der 3er so schön, dass ich auch minutenlang nur die Nachbarschaft anstarren kann :lol:


    Tja, Gernots Gefühle für Klaudia gingen dann leider doch nicht so tief, wie sie es sich erhofft hatte. Aber besser, sie findet das jetzt heraus, als erst in einigen Monaten, wenn die beiden sich schon ein gemeinsames Leben aufgebaut haben.
    Tja, ich hätte Magda wohl auch nicht verziehen. Aber Klaudia ist da anders. Sie ist in der Regel bereit, jedem eine zweite Chance zu geben.
    Oxana wollte ihr kleines Mädchen beschützen. Und da sie geahnt hat, dass sie nicht viel Einfluss auf ihre Nichte haben würde, hat sie ihre Schwester um Hilfe gebeten. Oxana war ja von Anfang an nicht begeistert darüber, dass Magda sich bei Klaudia eingenisstet hat.


    JulieSmith


    Schön, dass du dich über das Wiedersehen mit Kinga freust. Ich wollte sie einfach nicht sang- und klanglos verschwinden lassen. Ursprünglich hatte ich die Idee, ihr eine eigene Story zu widmen. Aber die Umsetzung meiner Ideen hat sich als zu ambitioniert erwiesen :lol: Daher erfahren wir jetzt bei Klaudia, was auch Kinga so geworden ist.
    Tja, ich hab ja schon zu FastForward geschrieben, dass Klaudia bereit ist, jedem eine zweite Chance zu geben. Das könnte also auch Gernot einschließen, wenn er es denn richtig anstellt. Ob das nun wiederum gut für Klaudia wäre, steht auf einem anderen Stern ;)


    Danke für eure Kommis :)

    Fast Forward


    Ui, vielen, vielen Dank für deinen Kommentar. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich darüber gefreut habe, dass hier jemand mal eine Rückmeldung dalässt. Um so mehr tut es mir leid, dass ich dir erst so spät antworte.


    Wow! Das erste Mal seit langem lese ich mir eine FS durch und ich muss sagen, sie gefällt mir sehr gut


    Vielen Dank :)


    Zitat

    Ich hoffe aber, dass Gernot doch noch eine Rolle bekommt. Irgendwie kann ich einfach nicht nachvollziehen, dass er sie so leicht hintergehen konnte, wo er doch auch so verliebt in sie war! Ich finde, er sollte auch eine Chance auf Wiedergutmachung bekommen.


    Klaudia ist erst einmal durch mit ihm. Aber wer weiß, wenn er dann doch plötzlich vor ihr stehen sollte, mit einer ehrlichen Entschuldigung auf den Lippen, wer weiß ob Klaudia nicht doch dazu bereit wäre, ihm noch eine zweite Chance zu geben.


    Zitat

    Magdas Verhalten ist ja oft einfach nur unmöglich! Ihr fehlt noch eine Menge Reife, mehr noch als Klaudia, die immerhin ihren eigenen Weg geht ohne andere gegeneinander aufzuspielen oder immer einen Mann an ihrer Seite zu brauchen.


    Ja, in gewisser Weise hast du da Recht. Magdas Verhalten ist oft sehr kindisch. Aber auch sie lernt aus ihren Fehlern. Auch Magda entwickelt sich weiter.


    Noch mals vielen Dank:) Ich würde mich über weiter Kommentare sehr freuen.

    Kapitel 29: Zeit heilt alle Wunden



    Ich verbrachte eine unruhige Nacht. Ständig musste ich an meine Schwester denken und so war ich froh, als endlich die Sonne aufging und ich mich zu der Adresse begeben konnte, die sie mir genannt hat. Aber als ich dann vor dem Haus stand, konnte ich mich doch nicht so recht überwinden, anzuklopfen. Mir waren in der Nacht all die schlimmen Dinge wieder eingefallen, die meine Schwester mir und unserer Mama angetan hatte. Wie viele Nächte hatte ich zu Tode erschrocken und weinend eingeschlossen in meinem Zimmer verbracht, während sie im Nebenzimmer mit ihren Freunden Drogen nahm und sich anschließend sexuell mit ihnen vergnügte. Wollte ich sie wirklich wieder in mein Leben lassen?



    Doch diese Entscheidung nach Kinga mir ab, als sie selbst auf die Veranda hinaustrat. Und auf ihrem Arm hielt sie einen kleinen Jungen. „Wir haben dich schon eine Weile durch das Fenster beobachtet, Klaudia“, sagte sie zur Begrüßung. „Ich bin froh, dass du meiner Einladung gefolgt bist. Ich war mir nicht sicher, ob du wirklich kommen würdest. Aber es gibt so viele Dinge, die ich dir erzählen möchte.“



    „Und das Wichtigste siehst du hier auf meinem Arm.“ Langsam stieg ich die Stufen der Veranda hoch, fasziniert von dem kleinen Jungen, den meine Schwester hielt. „Das ist mein Sohn David“, stellte Kinga ihn mir vor, als ich vor ihr stand und küsste ihren Sohn auf den Kopf. „Und das ist deine Tante Klaudia“, flüsterte sie dem kleinen Jungen zu, der mich verschüchtert aus großen, dunklen Augen musterte.



    Ich war sprachlos. Meine Schwester hatte also bereits ein Kind und ich war ohne es zu wissen Tante. „Willst du auf den Arm deiner Tante?“, fragte Kinga ihren Sohn und drückte ihn mir umgehend in die Arme, als dieser nicht protestierte. Er war so klein und süß. Ich war sofort verliebt. Und offenbar gefiel es auch dem kleinen David von mir auf dem Arm gehalten zu werden, denn er lachte vergnügt.



    Dann führte Kinga mich in das Innere des Hauses und auch dort wartete schon die nächste Überraschung auf mich. Ein Mann im roten T-Shirt stand im Wohnzimmer und reichte mir die Hand. „Und das ist mein Mann, Olek“, stellte meine Schwester mir den Unbekannten vor und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Ich war überwältigt. Kinga hatte sich also in all den Jahren eine richtige Familie aufgebaut. Sie war verheiratet und hatte einen Sohn. Ich hatte in den vergangenen 13 Jahren oft an Kinga gedacht und mich gefragt, wie ihr Leben wohl aussehen mochte, aber ein Mann und Kinder kamen darin nie vor. Und das überraschendste war, dass meine Schwester mit ihrer kleinen Familie richtig glücklich wirkte.



    Mein Schwager Olek nahm uns David ab, damit Kinga und ich uns in Ruhe unterhalten konnten. Wir setzten uns auf das Sofa und meine Schwester begann das Gespräch mit einer Entschuldigung. „Es tut mir so leid, wie ich dich vor meinem Weggang behandelt habe. Ich war blind vor Wut…und die Drogen haben die Sache auch nicht besser gemacht. Du bist meine kleine Schwester und ich hätte dich beschützen müssen, statt dich zu verängstigen und dich zu terrorisieren. Kannst du mir verzeihen, Klaudia?“ Natürlich konnte ich das. Alle Zweifel, die mich heute Morgen noch geplagt hatten, waren mit einem Mal wie weggeblasen. Kinga war meine Schwester und ich erkannte mit einem Blick, dass sie sich geändert hatte.



    Meine Schwester war sehr erleichtert über meine Antwort. Und ich war neugierig geworden. Ich wollte wissen, wie es ihr in den letzten 13 Jahren ergangen war. „Die ersten Wochen und Monate, nachdem ich von Zuhause fort musste, waren wirklich hart. Der Entzug…und erst die Zeit danach.“ Der Blick meiner Schwester schweifte für einen Moment in weite Ferne, doch sie fing sich schnell wieder. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie oft ich Mutter verflucht habe, dass sie mich in die Obhut von Tante Joanna gegeben hat. Aber im Rückblick kann ich sagen, dass es die richtige Entscheidung war. Ich habe selbst Angst davor mir vorzustellen was aus mir geworden wäre, wenn keiner eingegriffen hätte. Und vermutlich hätte ich dann auch Olek nie kennengelernt. Er hat in der Einrichtung gearbeitet, in die ich gebracht wurde. Und je näher ich ihn kennenlernte, desto mehr verliebte ich mich in ihn.“ Bei den letzten Worten blickte sie verliebt zu ihren Mann, der mit David auf dem Boden spielte.



    Dann erhob sie sich vom Sofa und holte ein Fotoalbum aus dem Bücherregal. „Vor drei Jahren haben wir geheiratet.“ Sie öffnete die Seite mit den Hochzeitsfotos. „Es war nur eine kleine Feier, bei uns im Garten. Olek und ich sind schon seit 11 Jahren ein Paar. Und in Twinbrook haben mir uns ein richtiges Heim aufgebaut. Wir leben nicht im Luxus und Twinbrook ist ein verschlafenes, sumpfiges Nest, aber ich bin glücklich dort. Wir sind dort hingezogen, als Olek einen Job bei der Lama-GmbH angeboten bekommen hat. Dafür musste ich zwar meinen Job als Flugbegleiterin aufgeben…schau nicht so überrascht, Klaudia, ich hatte Tante Joanna als Vorbild, als hab ich ihr nachgeeifert…aber in Twinbrook habe ich dann bei der Feuerwehr angefangen.“ Jetzt machte ich noch größere Augen, als bei der Verkündung, dass meine rebellische Schwester eine freundlich lächelnde Stewardess geworden war. „Der neue Job erfüllt mich. Ich kann mich körperlich austoben und habe das Gefühl, gebraucht zu werden. Als Olek mir an unserem Jahrestag vor zwei Jahren einen Antrag machte, musste ich nicht lange überlegen ob ich seien Frau werden wollte.“ Kinga strahle, während sie mir die Geschichte erzählte.



    „Und bald darauf wurde David geboren. Er war nicht geplant. Wie du dir vielleicht vorstellen kannst, wollte ich nie Mutter werden. Ich wusste, dass ich eine furchtbare Mutter werden würde. Und nach all den schlechten Erfahrungen mit unserer eigenen Mutter, wollte ich das einem kleinen, unschuldigen Kind nicht antun. Und ich wollte in meinem Beruf voran kommen. Ein Kind passte nicht in meine Lebensplanung. Als ich merkte, dass ich schwanger war, musste ich lange überlegen, ob ich das Kind behalten wollte. Olek hätte mich bei jeder Entscheidung unterstützt. Und die Zweifel blieben, bis…bis ich Davids ersten Tritt spürte. Und als ich ihn in den Armen hielt, wollte ich mich nie wieder von ihm trennen. David ist mein ein und alles.“



    „Seine Geburt hat mir deutlich gemacht, wie viel einem die Familie bedeuten kann. Ich hab meine verloren. Aber ich möchte nicht, dass es meinem Sohn auch so ergeht. Deshalb bin ich jetzt zu dir gekommen. Olek hat keine Familie mehr. Seine Eltern sind beide schon vor langer Zeit gestorben und er hatte keine Geschwister. Aber ich habe eine Schwester. Dich. Und mein Sohn soll eine Tante haben.“



    „David könnte aber auch noch einen Onkel und zwei liebende Großeltern haben“, warf ich vorsichtig ein. Ich war immer noch der Meinung, dass Kinga auch zu unseren Eltern gehen sollte. Es gab sogar noch viele weiter Onkel und Tanten für David, wenn Kinga auf ihre vier Halbgeschwister Miranda, Hans, Desdemona und Elvira zugehen würde. Doch diesen Gedanken behielt ich erst einmal für mich. Ich biss schon mit dem ersten Vorschlag auf Granit. „Nein Klaudia. Dazu bin ich nicht bereit. Dein Bruder Sky ist nicht mein Bruder. Er ist ein Fremder für mich und ich bin eine Fremde für ihn. Und Dominik…er ist einfach nicht mein Vater. Er hat mich aufgezogen und dennoch. Ich fühle nichts für ihn. Es tut mir sehr leid, dir das sagen zu müssen aber es ist so.“ Dieses Geständnis meiner Schwester machte mich sehr traurig, insbesondere wenn ich daran zurückdachte, wie sie Papa als Kind vergöttert hatte.



    „Und Mutter? Nun, man sagt, die Zeit würde alle Wunden heilen, aber das stimmt nicht. Manche Wunden heilen einfach nicht. Sie hat mir den einen Vater genommen und mir den anderen vorenthalten. Ich kann ihr nicht verzeihen. Ich kann es einfach nicht. Ich bin inzwischen so weit, dass ich sie nicht mehr verabscheu. Und manchmal denke ich sogar an die schönen Momente zurück, die wir gemeinsam hatten, so selten diese Momente auch waren. Mutter war einfach immer kalt mir gegenüber. Ich verstehe heute besser, wieso sie so war, aber verzeihen kann ich ihr dennoch nicht. Und daran wirst du auch nichts ändern können, kleine Schwester.“



    Ich sah ein, dass ich meine Schwester nicht umstimmen würde können…zumindest jetzt noch nicht. Vielleicht war Zeit doch in der Lage, alle Wunden zu heilen. Und wenn Kinga und ich wieder ein gutes Verhältnis zueinander aufbauen würden, dann würde vielleicht auch in ihr der Wunsch aufkeimen, sich unseren Eltern wieder zu nähern. In der Zwischenzeit genoss ich die gemeinsame Zeit mit meine Schwester und meinem Neffen David. Kinga und Olek würden noch heute Abend nach Twinbrook zurückkehren. Aber wir schworen uns, den Kontakt nicht mehr abbrechen zu lassen.

    Kapitel 28: Geburtstag mit Überraschung



    Mit dem Herbst rückte auch mein Geburtstag näher. Ich fand, dass Geburtstage etwas Tolles waren und gefeiert werden mussten. Also lud ich zu meinem 25. Geburtstag meine Familie und gute Bekannte wie meine Galeristin Melinda oder Jennifer Ramirez ein, die Frau, die mich erst auf die Idee gebracht hatte, Malerin zu werden. Als ich die Kerzen auf der Geburtstagstorte ausblies, hatte ich nur einen Wunsch: Ich wollte endlich vergessen, wie sehr Gernot mich mit seinem Betrug verletzt hatte.



    Und ich glaubte, auf einem guten Weg zu sein. Ich dachte nur noch selten an ihn und an diesem besonderen Tag war für solch trübe Gedanken kein Platz. Heute sollte gefeierte werden. Daher gönnte ich mir auch ein großes Stück Torte und ignorierte die vorwurfsvollen Blicke von Magda, die mir zu verstehen geben sollten, dass diese Kalorienbombe aus Fett und Zucker meinen Bemühungen abzunehmen ganz sicher nicht zuträglich war. Damit auch alle Gäste im Haus Platz hatten, hatten wir die Musikinstrumente in Jamies Zimmer gestellt und die Gartenmöbel ins Wohnzimmer geholt.



    Ich hatte viel Spaß und meine Gäste offensichtlich auch. Und es war besonders schön zu sehen, dass wie gut sich mein Mitbewohner Jamie mit meinen Eltern verstand. Papa und er blödelten den ganzen Abend miteinander herum und Mama konnte sich bei dem Anblick das Lachen kaum verkneifen.



    Und ich nahm die Gelegenheit wahr, mich mit Sky zu unterhalten. Mein jüngerer Bruder und ich sahen uns einfach viel zu selten, obwohl meine Eltern nur wenige Kilometer entfernt wohnten. Ich versuchte gerade aus ihm herauszukitzeln, ob er denn schon eine Freundin hätte, als Jamie mir auf die Schulter tippte. „Klaudia, vor dem Haus steht eine Frau, die gerne mit dir sprechen möchte. Ich hab sie herein gebeten, doch sie besteht darauf, dass du zu ihr hinauskommst.“ „Hat sie ihren Namen genannt?“, fragte ich verwundert, doch Jamie schüttelte nur mit dem Kopf. Nun denn, dann musste ich wohl nachschauen, war da auf mich wartete.



    Kurz kam mir der Gedanke, dass sich Jamie einen Scherz mit mir erlaubte. Doch als ich in die frostige Nacht hinaustrat, stand dort tatsächlich eine Frau. Sie war dunkel gekleidet und eindeutig nicht mehr warm genug für dieses kalte Wetter. Ihre Haare waren kurz geschnitten und sie hatte offenbar eine Vorliebe für ein sehr starkes Makeup. Das konnte ich selbst in dem fahlen Licht der Gartenlaternen erkennen. Irgendwie erinnerte sie mich damit an…



    „Kinga!“ Konnte das sein, konnte das wirklich meine ältere Schwester sein? Ich lief auf sie zu und schloss sie fest in meine Arme. Und diese Frau erwiderte meine Umarmung ohne zu zögern. Ja, jetzt gab es keinen Zweifel mehr. Das war meine ältere Schwester Kinga. „Alles Gute zum Geburtstag, kleine Schwester“, begrüßte sie mich und strich mir sanft über das Haar. „Ich habe dich vermisst.“



    Wir umarmten uns eine halbe Ewigkeit. Es war nun 13 Jahre her, dass ich meine Schwester das letzte Mal gesehen hatte. Und jetzt stand sie plötzlich vor mir. Damals, vor 13 Jahren, steckte sie in ernsten Schwierigkeiten. Kinga hatte erfahren, dass unser Vater, Dominik, gar nicht ihr leiblicher Vater war. Und das hat sie so wütend gemacht, dass sie fortan alle in ihrer Umgebung terrorisiert, insbesondere unsere Mutter. Aber auch an mir hatte sie oft genug ihren Frust ausgelassen. Als wäre das nicht schlimm genug, schloss sie auch noch Bekanntschaft mit den falschen Leuten und begann Drogen zu nehmen. Meine Eltern sahen keinen anderen Ausweg mehr, als Kinga in die Obhut meiner Tante Joanna zu geben. Meine Tante half ihr, doch war jeder Kontakt zwischen meiner Schwester und dem Rest unserer Familie abgebrochen. Kinga wollte nichts mehr mit uns zu tun haben…bis zu diesem Augenblick.



    Langsam lösten wir uns aus der Umarmung und ich sah meine Schwester freudestrahlend an. Tausend Fragen lagen mir auf der Zunge. Wo war Kinga die ganze Zeit gewesen? Was hat sie getan? Doch das konnte warten. Erst einmal mussten unsere Eltern wissen, dass Kinga wieder da war. „Mama und Papa sind im Haus. Du musst unbedingt mit hinein kommen. Sie werden sich so freuen, dich zu sehen!“, sprudelte es aus mir heraus.



    Doch Kinga blockte ab. „Halt, Klaudia, nein. Ich bin nicht hier, um Mutter oder Dominik zu sehen. Ich bin nur wegen dir hier.“ Die Art wie sie Mama „Mutter“ nannte und Papa kalt als „Dominik“ bezeichnete, ließ keinen Zweifel daran, dass sie sich nicht würde umstimmen lassen. Selbst nach 13 Jahren brodelte noch die Wut in ihr. „Klaudia, was auch immer zwischen mir, Mutter und Dominik vorgefallen ist, war eine Sache zwischen uns dreien. Es tut mir daher leid, wie ich dich damals behandelt habe. Du bist meine kleine Schwester. Ich hab lange gebraucht um das zu begreifen, aber ich liebe dich.“



    „Und deshalb möchte ich dich gerne besser kennenlernen. Wir haben so viele Jahre verpasst. Du warst noch ein halbes Kind, als ich euch verließ. Ich habe ein Ferienwohnung in der Stadt gemietet, in der Marine Parade 14. Es wäre schön, wenn du mich dort besuchen könntest. Dann können wir in Ruhe reden, schließlich will ich dich nicht von deinen Gästen fernhalten. Aber ich bitte dich, sag niemanden, dass ich hier bin, ganz besonders nicht Mutter und Dominik. Versprichst du es mir?“ Ich tat es. Ich war zwar davon überzeugt, dass es ein Fehler war, dass sich Kinga weiterhin vor unseren Eltern versteckte, aber wenn es ihr Wunsch war, dann würde ich ihn akzeptieren. Vorerst.



    Kinga verabschiedete sich. Ich beobachtete, wie sie die Straße überquerte und dann die Treppe zur U-Bahn hinunterstieg. Dann ging auch ich wieder ins Haus. Erst jetzt bemerkte ich, wie sehr ich doch ohne Jacke gefroren hatte. Zitternd stand ich ihm Wohnzimmer. Mama bemerkte sofort, dass etwas mit mir nicht stimmte. Wie gerne hätte ich ihr alles gesagt. Doch ich hatte Kinga ein Versprechen gegeben und so beteuerte ich, dass alles in Ordnung sei. Meine Mutter war zwar nicht überzeugt, aber sie hakte nicht weiter nach und wir feierten vergnügt weiter.

    Kapitel 27: Unerwarteter Besuch



    In der Celia Gade herrschte Waffenstillstand und alles deutete darauf hin, dass auch der Frieden nicht mehr weit war. Umso überraschter war ich, als am folgenden Tag ein Taxi vor unserem Haus hielt und meine Tante Joanna hinausstieg. Durch den strömenden Regen lief sie die wenigen Meter auf das Haus zu. Da ich sie schon durchs Küchenfenster gesehen hatte, wartete ich in der geöffneten Tür auf sie. „So ein Mistwetter“, fluchte sie leise und fuhr sich mit den Fingern durch das feuchte Haar, um ihre Frisur wieder zu richten. „Das ist ja eine Überraschung“, stotterte ich. Meine Tante lächelte freundlich und reichte mir die Hand. „Deine Mutter hat mich angerufen, damit ich mal nach dem Rechten schaue“, erklärte sie. Sie wusste also, was vorgefallen war.



    „Wie geht es dir, Klaudia?“, fragte sie sichtlich besorgt. „Es geht schon“, antwortete ich, klang wohl aber nicht sehr überzeugend. „Deine Mutter bat mich, etwas wegen Magda zu unternehmen. Ich muss gestehen, dass ich erst abwarten wollte, wie du mit der Situation umgehst, Klaudia. Hättest du meine verwöhnte Tochter auf die Straße gesetzt, dann wäre mein Eingreifen nicht nötig. Aber mir ist zu Ohren gekommen, dass sie immer noch unter deinem Dach wohnt. Also bin ich hier, um die Sache für dich zu erledigen. Sag mir wo Magda ist und du musst sie nie wieder sehen.“



    Erschrocken sah ich meine Tante an. „Nein, Tante Joanna, das ist nicht nötig“, beteuerte ich. „Ich habe mich mit ihr ausgesprochen. Ja, ich wollte erst, dass sie auszieht. Aber jetzt ist es anders. Ich glaube wirklich, dass sie sich geändert hat. Sie hat begriffen, dass sie einen Fehler gemacht hat und ihr tut es wirklich leid. Ich möchte, dass sie hier bleibt. Das möchte ich wirklich, Tante.“



    Meine Tante wirkte überrascht. Und doch meinte ich auch so etwas wie den Anflug eines spöttischen Lächelns in ihrem Gesicht zu erkennen. „Nun gut“, sagte sie schließlich. „Wo versteckt sich denn mein süßes Töchterchen?“ Ich wies meine Tante ins Wohnzimmer, wo Magda gerade am Esstisch saß und ein Butterbrot verspeiste. Dabei hörte sie Musik von ihrem MP3-Player, was dazu führte, dass sie das Kommen ihrer Mutter bislang nicht bemerkt hatte. Doch das änderte sich schlagartig, als Tante Joanna sich leise an sie heranschlich um sich dann mit einem lauten und zuckersüßen „Hallo Magdalein, Mami ist zu Besuch“ bemerkbar zu machen. Magda verschluckte sich heftig, als sie die Stimme ihrer Mutter erkannte, und hustete wild.



    Hastig sprang sie vom Stuhl auf. „Mutter, was willst du denn hier?“, fragte sie entsetzt. Doch sie hatte ihre Frage noch kaum beendet, als eine saftige Ohrfeige ihre Wange traf. Magda hatte noch nicht einmal genug Zeit, um den Kopf zur Seite zu reißen.



    Entsetzt drückte sie ihre Hand gegen die heftig pulsierende Wange. Doch dann ließ sie kraftlos ihre Arme an ihrem Körper herunter gleiten und schaute bekümmert zu Boden. „Das habe ich wohl verdient“, flüsterte sie leise. „Ja, das hast du“, erwiderte ihre Mutter energisch. „Und noch viel mehr. Ich an Klaudia Stelle hätte dich nicht so einfach davon kommen lassen.“



    Doch mit einem Mal änderte sich ihre Stimme. „Ich habe gehört, dass du nun als Sängerin in einer Band arbeitest?“, fragte meine Tante so freundlich, wie es ihr möglich war. Doch nicht nur ihre Stimme veränderte sich. Ihr ganzer Körper schien sich sichtlich zu entspannen und sie stützte ihren Arm locker an der Hüfte ab. Magda war jetzt umso mehr verwirrt, aber sie begann bereitwillig von ihrer Arbeit zu erzählen. Plötzlich lachte ihre Mutter sogar. „Ich bin wirklich überrascht, Magda. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass du so lange durchhältst. Ich hatte erwartet, dass du schon vor Wochen bettelnd bei deinem Vater und mir angekrochen kämest, nachdem wir dir den Geldhahn zugedreht hatten. Aber schau dich an, du hast es tatsächlich ohne unsere Hilfe geschafft.“



    Magda wusste gar nicht, wie sie reagieren sollte. Solch freundliche Worte hatte sie von ihrer Mutter schon seit Jahren nicht mehr gehört. Und sie taten so unheimlich gut. Die beiden setzten sich auf Sofa und redeten miteinander. Tante Joanna war endlich dazu beriet zu akzeptieren, dass Magda ihren eigenen Weg gewählt hatte. Vom Studium wurde nicht mehr gesprochen. Offenbar war das einfach nicht Magdas Weg. Aber die Arbeit in der Band schien sie zu erfüllen und sie weckte Magdas Ehrgeiz. Und nichts anderes hatte Tante Joanna von ihrer Tochter gefordert.


    *****



    Tante Joanne blieb noch für einige Stunden, ehe sie wieder nach SimCity zurück kehrte. Und gleich am nächsten Tag hielt Magda die Zeit für gekommen, ihr Versprechen einzulösen und mir zu helfen, mehr aus meinem Äußeren zu machen. Und für den Anfang schlug sie vor…nun befehlen wäre eher das richtige Wort…dass wir uns um meine überschüssigen Pfunde kümmern sollten. Also begann ich, täglich mit meiner Cousine zu joggen.



    Nur joggte Magda schon jahrelang täglich, während meine sportlichen Aktivitäten damit geendet hatten, dass ich mir schon vor Jahren Laufschuhe gekauft hatte, die seitdem aber unbenutzt in meinem Kleiderschrank lagen. Die ersten Meter konnte ich noch gut mithalten, doch kaum hatten wir die Cilia Gade hinter uns gelassen und waren in den Grünstreifen abgebogen, blieb ich mehr und mehr hinter Magda zurück. „Hey, Claude, nicht schlapp machen!“, rief diese mir zu, als sie sich nach mir umdrehte und mich in weiter Ferne entdeckte. „Wir haben doch noch nicht mal die Hälfte der Strecke geschafft!“



    Was!? Noch nicht mal die Hälfte? Ich war stehen geblieben und versuchte irgendwie wieder Luft zu bekommen. Der Gedanke keimte in mir auf, dass Magda gar nicht vor hatte mir zu helfen, sondern mich mit diesem Sportprogramm umbringen wollte. Aber natürlich wusste ich, dass dem nicht so war.



    Sie meinte es nur gut mit mir und Sport war nun einmal kein Zuckerschlecken. Aber ich gab nicht auf, nicht zuletzt deswegen, weil Magda mir dafür gar keine Möglichkeit ließ. Und mit jeder Woche wurde ich fitter. Als die Bäume schließlich begannen ihrer roten und gelben Blätter abzuwerfen und der Boden morgens ganz weiß vom Nachtfrost war, konnte ich bereits gut Schritt halten mit Magda. Manchmal schaffte ich es sogar, schnelle zu laufen als sie.

    Kapitel 26: Hässliche, dicke Kuh



    In den kommenden Tagen verkroch sich jeder von uns in seinem eigenen Zimmer. Die Stimmung im Haus war auf einem Tiefpunkt angelangt. Selbst auf Toilette wollte ich nicht gehen, wenn es sich nicht so eben noch verhindern ließ, aus Angst, dabei Magda oder Jamie zu begegnen. Das einzig Gute an der Situation war lediglich, dass ich endlich Zeit hatte, ganz in Ruhe in dem Buch zu lesen, was ich mir schon vor Wochen von meiner Mutter ausgeliehen hatte. Ich machte es mir also in meinem Schlafanzug bequem und las, als es zaghaft an meiner Tür klopfte.



    „Claude, bist du noch wach?“ Leise drang Magdas Stimme durch die geschlossene Tür. „Ich würde gerne mit dir reden. Bitte.“ Ich war mir nicht sicher, ob ich mir anhören wollte, was sie zu sagen hatte. Andererseits hatte mir die letzten Tage deutlich gemacht, wie belastend es für uns alle sein konnte, wenn wir nicht endlich reinen Tisch machten. Also legte ich schweren Herzens mein Buch beiseite und öffnete die Tür. „Danke, Claude“, hauchte Magda.



    Ich bat sie in mein Zimmer hinein und schloss die Tür hinter ihr. Da ich nicht wusste, was Magda genau von mir wollte, blickte ich sie einfach nur fragend an. Sie begann aber gleich von selbst zu sprechen. „Claude, du hattest wirklich keinen Grund mich hier noch weiter wohnen zu lassen. Ich weiß gar nicht wie ich dir jemals dafür danken soll, dass du es doch getan hast. Du bist gütiger zu mir, als ich es verdient habe. Und dafür möchte ich mich bei dir bedanken. Ich weiß nur nicht wie. Wenn du also irgendetwas weißt, was ich tun oder machen könnte, dann sag es. Ich würde wirklich alles tun.“



    Ich hatte Magda noch nie so reumütig…und so aufrichtig erlebt. Sie meinte es wirklich ernst. Sie hatte all die Worte nicht nur gesagt, weil sie hier wohnen bleiben wollte. Ihr tat wirklich leid, was sie getan hatte. Aber sie hatte mir dennoch weh getan und mir fiel nichts ein, was sie tun könnte, damit ich mich wieder besser fühle. Aber sie konnte mir wenigstens die ganze Wahrheit über den Vorfall sagen, das war sie mir schuldig. „War es schwer Gernot dazu zu bekommen, mit dir zu schlafen?“, fragte ich und fürchtete mich doch vor der Antwort.



    „Willst du das wirklich wissen, Claude?“, fragte sie und legte dabei ihre Stirn in Falten. Mein Herz hämmerte wie wild, doch ich nickte. „Ok, wenn es das ist, was du willst, dann“, antwortet Magda, „nein, es war nicht schwer. Ich wusste lediglich mein Handtuch fallen lassen und meine Arme um ihn legen. Mehr war nicht nötig. Er…er hat nicht mal einen Moment gezögert. Hätte er das getan…vielleicht hätte ich dann von meinem Vorhaben abgesehen. Aber alles lief dann noch leichter ab, als ich es geplant hatte.“ Bei diesen Worten füllten sich meine Augen mit Tränen. Gernots Liebe zu mir war also nicht einmal so stark gewesen, dass er kurz gezögert hätte.



    Ich drehte mich weg, damit Magda meine Tränen nicht sehen konnte. Doch dafür war es natürlich längst zu spät. „Wenn ich es nur rückgängig machen könnte, ich würde es sofort tun“, beteuerte sie. Doch wir beide wussten, dass das nicht möglich war. Und vielleicht war es auch besser so. „Wenn es leicht für dich war, Gernot ins Bett zu kriegen, dann ist es doch nur eine Frage der Zeit gewesen, bis er mich mit einer anderen Frau betrogen hätte“, schluchzte ich. „Auf der Welt laufen so viele schöne Frauen herum, wie konnte ich also ernsthaft glauben, dass er sich in eine hässlich, dicke Kuh wie mich verlieben könnte?“



    Blitzschnell kam Magda um mich herum geeilt. „Claude, hör auf damit!“, sagte sie bestimmt. „Du bist nicht hässlich.“ Bei jedem Wort pikste sie mit ihrem Finger in meine Rippen. „Ich weiß, ich habe in der Vergangenheit öfter das Gegenteil behauptet, aber davon war kein Wort wahr. Du bist klug und fröhlich und begabt und ja, verdammt, du bist auch schön. Aber du traust dich nicht der Welt zu zeigen, wie schön du bist. Es stimmt, du hast ein paar Kilo zu viel auf den Rippen, aber das lässt sich schnell ändern. Und du versteckst dich immer hinter diesen langweiligen Kleidern und deiner nichtssagenden Frisur. Wie soll ein Mann da deine wahre Schönheit entdecken? Aber...aber ich werde dir dabei helfen, das zu ändern Claude. Wenn du mich lässt, dann werde ich dir helfen, deine verborgene Schönheit ans Tageslicht zu fördern. Und dann wird die ganze Welt entdecken, wie schön du bist und kein Mann wird dich je wieder verletzten. Und schon gar nicht dieser Vollidiot Gernot.“


    Bis zu diesem Moment war mir nicht klar gewesen, dass ich viel mehr über Gernots Betrug enttäuscht war, als über Magdas. Ja, sie hatte etwas Schlimmes getan, aber niemand hatte Gernot gezwungen, auf ihr Angebot einzugehen. Und das warf natürlich die Frage auf, warum Gernot sich so leicht von ihr verführen ließ. Lag es vielleicht wirklich an mir? Tat ich zu wenig, um Männern zu gefallen? Magda legte behutsam ihre Hand auf meine Schulter. „Und Claude, möchtest du, dass ich dir dabei helfe, eine wunderschöne Frau zu werden? Das ist das Mindeste, was ich für dich tun kann.“ „Ja“, flüsterte ich benommen, ehe ich es mir noch anders überlegen konnte. Magda lächelte glücklich. Ich spürte, dass sie mich erneut umarmen wollte, doch diesmal hielt sie sich selbst zurück. Wir waren noch nicht wieder Freundinnen, aber ich spürte, dass es in Zukunft leichter werden würde.





    Damit aber wirklich Frieden in die Celia Gade einkehren konnte, musste Magda sich auch mit Jamie aussprechen. Den ganzen Morgen wartete sie in ihrem Zimmer darauf, dass Jamie aufstand und sich zum Joggen fertig machte. Gerade als er das Haus verließ, fing sie ihn ab. „Jamie, ich möchte dir alles erklären“, begann sie, „und mich bei dir entschuldigen.“ Doch daran hatte Jamie wenig Interesse. „Was gibt es da noch zu reden?“, fauchte er sie an. „Du kommst ja offensichtlich mit allem durch. Du schläfst mit Gernot, weinst ein paar Tränen, und schon hat Klaudia dir verziehen. Bei mir wirst du es nicht so leicht haben. Ich hab erkannt was für ein hinterlistiges Biest du bist.“



    Jamies Worte trafen Magda sehr. „So denkst du also von mir?“, fragte sie flüsternd und berührte unsicher die Lippen mit der einen Hand, während sie sich die andere schützende um den Bauch legte. Jamie nickte eifrig. „Das wollte ich nicht“, sagte sie schließlich. „Als ich erfuhr, dass du Rons Sohn bis, da sind mir die Sicherungen durchgebrannt. Du verstehst das vielleicht nicht, und vielleicht willst du es gar nicht hören, aber ich habe deinen Vater wirklich geliebt. Und zu erfahren, dass er mir so etwas Wichtiges wie seinen eigenen Sohn - dich - verschweigt, hat mir deutlich gezeigt…“



    „…dass er nicht dasselbe für dich empfindet wie du für ihn“, beendete Jamie ihren Satz. Die Wut war plötzlich aus seiner Stimme verschwunden. Beschämt legte Magda ihre Hand vors Gesicht. „Hat…hat er je von mir gesprochen? Dir gegenüber meine ich?“, fragte sie. Doch Jamie musste ihre Frage verneinen. „Ich wusste zwar, dass er sich regelmäßig mit einer Frau traf, aber er hat nie von dir gesprochen. Er…er hat vermutlich keine Zukunft für euch beide gesehen.“ Magda schluckte schwer. „Das hab ich mir schon gedacht. Und ich war wütend, enttäuscht und beschämt. Und dann tauchst plötzlich du auf. Ein gutaussehender, junger Mann. Und ich dachte, ich könnte Ron endlich vergessen. Und dann stellte sich raus, dass du sein Sohn bist. Das war einfach zu viel für mich.“



    „Ich weiß, das ist keine Entschuldigung dafür, was ich Klaudia angetan habe. Ich habe mich kindisch verhalten. Mit diesem kindischen Verhalten habe ich schon deinen Vater verprellt. Hätte ich anders darauf reagiert, dass er mir seinen Sohn verheimlicht hatte, vielleicht wären wir dann noch zusammen. Aber wenn ich deine Erzählung so höre, dann bestand da wenig Hoffnung. Und auch dich habe ich durch mein kindisches Verhalten verloren. Du kannst ja nichts dafür, dass du sein Sohn bist. Und dadurch bist du ja auch kein anderer Mensch als vorher geworden. Und trotzdem wollte ich dich so weit wie möglich von mir stoßen und dich genau so leiden lassen, wie ich gelitten habe. Aber mit Gernot zu schlafen, das hat eigentlich mich am meisten verletzt. Wie konnte ich nur so tief sinken und Sex als Rachemittel einsetzen? Ich ekle mich noch heute vor mir selbst wegen dieser Tat.“



    „Oh nein, jetzt rede ich ja doch wieder nur über mich. Das wollte ich nicht, Jamie, ehrlich nicht. Du sollst wissen, dass es mir leid tut, dich verletzt zu haben. Ich weiß, wir waren nicht mehr zusammen, aber ich wollte dich trotzdem damit verletzten, dass ich so schnell mit einem anderen schlafe. Und das war dir gegenüber nicht fair. Ich kann dich nicht bitten, den Vorfall zu vergessen. Und ich kann ihn auch nicht ungeschehen machen. Aber ich bitte dich, dass wir wenigstens versuchen, gut miteinander auszukommen. Ich kann verstehen, dass du das nicht für mich machen willst. Aber mach es wenigstens für Klaudia. Ich hab ihr schon genug weh getan. Ich will nicht, dass sie auch noch unter der angespannten Situation bei uns in der WG leidet. Und bevor du fragst, ja, ich habe schon überlegt auszuziehen und Klaudia somit von mir zu befreien. Aber sie ist alles, was ich habe. Sie ist meine Familie, mehr als meine richtige Familie es jemals für mich war. Ich möchte das nicht verlieren.“



    Jamie seufzte schwer und richtete den Blick in den wolkenverhangenen Himmel. „Oh man, du machst es einem ja wirklich nicht leicht, dich zu hassen. Vielleicht hat Klaudia ja doch nicht komplett den Verstand verloren, als sie dir erlaubte, bei uns wohnen zu bleiben. Gut, ich werde mich zügeln. Und ich werde versuchen zu vergessen, was du Klaudia und mir angetan hast. Aber ich bin nicht so naiv wie deine Cousine. Wenn ich entdecke, dass du ein falsches Spiel mit uns treibst, dann fliegst du schneller aus der WG, als du gucken kannst.“

    Was bisher geschah:
    (Zusammenfassung der voherigen Kapitel)


    Nachdem ich durch die Abschussprüfung meines Mathematikstudiums gefallen war, kehrte ich ohne Abschluss in der Tasche nach Rodaklippa, der Stadt in der meine Eltern lebten und in der ich meine Jugendjahre verbracht hatte, zurück. Ich kaufte mir von meinem Ersparten ein kleines, baufälliges Häuschen und versteckte mich darin. Ich schämte mich zu sehr, als dass ich mein Versagen vor meinen Eltern eingestehen konnte. Natürlich fanden sie es dennoch heraus und anders als ich es befürchtet hatte, reagierten sie sehr verständnisvoll.


    Eines Tages stand plötzlich meine Cousine Magda vor der Tür. Auch sie hatte ihr Studium abgebrochen. Nicht etwa, weil sie überfordert gewesen wäre, sondern einfach, weil sie keine Lust mehr darauf hatte. Ihre Eltern waren nicht so verständnisvoll wie meine und drehten ihrer Tochter kurzerhand den Geldhahn zu, bis diese sich wieder dazu entschließen würde, an die Uni zurück zu kehren und ihren Abschluss zu machen.


    Doch Magda wollte davon nichts hören und so blieb sie bei mir wohnen. Sie nahm sich vor, ein Star zu werden und begann im örtlichen Konzerthaus zu jobben. Man konnte über Magda sage, was man wollte, aber sie konnte gut Klavier und Gitarre spielen, hatte eine schöne Stimme und ein unglaubliches Aussehen. Und schon bald durfte sie als Backgroundsängerin anfangen.
    Ich versuchte mich indes als freie Künstlerin. Mit der Unterstützung meiner Galeristin Melinda konnte ich meine ersten Bilder verkaufen und schon bald folgten die ersten größeren Ausstellungen. Auf einer dieser Ausstellungen lernte ich Gernot kennen, einen gutaussehenden jungen Mann, der offenkundig sein Interesse an mir bekundete. Aber ich hatte mit Männern nur wenig Erfahrung und so kamen wir uns nur sehr langsam näher, aber schließlich wurden wir ein richtiges Paar.


    Magda hatte da weniger Probleme mit Männern. Schon bald nach ihrer Ankunft lernte sie Ron, einen deutlich älteren Mann, kennen und lieben. Doch Ron verbarg ein Geheimnis vor ihr und hielt sie immer auf Abstand. Das Geheimnis entpuppte sich schließlich als Rons erwachsener Sohn, der nur wenige Jahre jünger war als Magda. Da Ron ihr so etwas Wichtiges verschwiegen hatte, trennte Magda sich von ihm, ohne ihm die Chance einer Erklärung zu bieten.


    Richtig kompliziert wurde es, als Rons Sohn, Jaime, schließlich zu uns in die Celia Gade zog. Magda und ich hatten das Haus renovieren lassen, aber um diese Arbeiten bezahlen zu können, waren wir auf einen zusätzlichen Untermieter angewiesen. Mir war von Anfang an klar, dass es sich bei Jamie um Rons Sohn handelte, aber ich verschwieg dies vor Magda, da Jamie dringend eine neue Unterkunft brauchte und ich sicher war, dass Magda niemals zustimmen würde, ihn bei uns wohnen zu lassen, wenn sie wüsste, wer er ist. Dummerweise kamen sich Jamie und Magda schnell näher und landeten im Bett. Als ich dann mit der Wahrheit rausrückte, war Magda richtig sauer. Sie beschuldigte Jamie und mich, mit ihrem Ex-Freund Ron unter einer Decke zu stecken um sie weiter zu erniedrigen, und so beschloss sie sich an uns beiden zu rächen. Dafür verführte sie meinen Freund Gernot und ich erwischte die beiden auf frischer Tat. Verletzt floh ich zu meinen Eltern, bis schließlich Jamie bei mir auftaucht und mich bat, bezüglich Magda eine Entscheidung zu treffen.



    Kapitel 25: Ein Häufchen Elend



    Hatte ich eine Wahl? Konnte ich wirklich weiterhin mit der Frau unter einem Dach leben, die mit meinem Freunde geschlafen hatte? Nein, ich konnte es nicht. Jeder Blick, jedes Wort von Magda würde mich quälen. Und ihr selbstzufriedenes Auftreten würde ich nicht aushalten. Jamie hatte Recht, ich musste sie aus dem Haus werfen. „Du begleitest mich doch?“, bat ich meinen Mitbewohner, weil ich ahnte, dass mich ansonsten der Mut verlassen würde. Jamie stimmte natürlich sofort zu. Und so standen wir kurze Zeit später in der Celia Gade vor meinem Haus. Ich atmete noch einmal tief durch und legte ein grimmiges Gesicht auf. Es hatte keinen Sinn mehr, es noch länger hinauszuzögern, was getan werden musste, musste getan werden. „Du schaffst das schon“, sprach Jamie mir ein letztes Mal Mut zu.



    Die Tür war nicht abgeschlossen, also musste meine Cousine im Haus sein. „Magda, wo bist du?“, rief ich laut, erhielt aber keine Antwort auf meine Frage. Jamie ging zu Magdas Zimmer und schaute hinein, doch dort war sie nicht. Nun, so groß war das Haus nicht, wir würden sie schon finden.



    Doch lange brauchte ich nicht zu suchen. Schon als ich auf das Wohnzimmer zuging, vernahm ich das leise Schluchzen. Und als ich den Raum dann betrat, sah ich meine Cousine, die zusammengekauert auf dem Boden hockte und bitterlich weinte. Nun…nun, das hatte sie auch verdient, immerhin hat sie mir sehr weh getan. Auch ich hatte mich in den Schlaf weinen müssen. Ich versuchte das aufkommende Mitgefühl im Keim zu ersticken. „Magda“, sagte ich mit fester Stimme, „ich will dass du deine Sachen packst und noch heute das Haus verlässt.“



    Als Reaktion auf meine Worte sank Magda noch mehr in sich zusammen und begann heftig zu schluchzen. Ansonsten erhielt ich keine Reaktion von ihr. Und damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte erwartet, dass sie wütend werden würde. Dass sie sich sich mit Leibeskräften dagegen wehren würde, von mir auf die Straße gesetzt zu werden. Darauf, sie so aufgelöst vorzufinden, war ich nicht vorbereitet.



    Und auf einmal ließ sich mein Mitgefühl nicht mehr unterdrücken. „Magda, so…so schlimm ist das doch auch nicht“, stotterte ich. „Du findest bestimmt ganz schnell ein neues Zuhause. Ich bin mir sicher, dass meine Eltern dich vorrübergehend aufnehmen würden. Oder du könntest zu deinen Eltern nach SimCity fahren.“ Doch alles was ich sagte half nicht, Magda zu beruhigen. „Wenn…wenn du noch ein paar Tage zur Vorbereitung brauchst, dann ist das auch ok. Ich kann auch noch ein Weilchen länger bei meinen Eltern bleiben.“ Aus dem Hintergrund hörte ich, wie Jamie bei meinen Worten scharf die Luft einsog.



    Auf einmal setzte sich Magda auf ihre Knie auf und hob ihren Kopf. Ihr Gesicht war tränennass und der Mascara lief ihr in dicken schwarzen Strömen die Wangen hinab. Mit ihren großen blauen Augen sah sie mich flehend an. „Es tut mir so leid, Claude. Es tut mir so leid“, flüstert sie so leise, dass ich Mühe hatte, sie zu verstehen. „Bitte, bitte wirf mich nicht hinaus. Ich hab sonst keinen Platz an den ich gehen könnte. Ich flehe dich an, Claude, bitte lass mich hier bleiben.“



    Ungeschickt erhob sie sich vom Boden. „Es tut mir leid“, sagte sie noch einmal, diesmal mit festerer Stimme. „Ich hätte niemals…ich hätte niemals mit Gernot schlafen dürfen. Das wurde mir sofort klar, als du aus dem Haus geflüchtet bist. Ich bin zu weit gegangen, viel zu weit. Ja, ich wollte mich an dir rächen, dafür, dass du mir die Wahrheit über Jamie verschwiegen hast. Aber durch meine Aktion habe ich nichts gewonnen. Ich hatte einen kurzen Moment der Genugtuung um dann sofort zu erkennen, dass ich ganz alleine dastehe. Du hast immer zu mir gehalten, Claude. Du hast mich bei dir aufgenommen, als ich einen Unterschlupf brauchte und ich tue dir so was an. Ja, ich verdiene es, dass du mich vor die Tür setzt, aber ich bitte dich innständig, dass du mir noch eine Chance gibst. Ich habe sie nicht verdient, aber ich bitte dich trotzdem darum.“



    In meinem Kopf herrschte ein großes Chaos und ich blickte unsicher auf meine Füße. Bis vor wenigen Minuten war ich überzeugt gewesen, dass es richtig wäre, Magda auf die Straße zu setzen. Aber jetzt? Sie hatte sich bei mir entschuldigt. Und ihre Entschuldigung klang in meinen Ohren vollkommen aufrichtig. Konnte nicht jeder Mensch einen Fehler begehen? Und sollte ich nicht bereit sein, meiner Cousine zu verzeihen? „Bitte“, hörte ich sie erneut flüster. Und langsam begann ich mit meinem Kopf zu nicken. „In Ordnung Magda“, sagte ich mit belegter Stimme. „Du darfst hier wohnen bleiben.“ Aus dem Hintergrund vernahm ich Jamies verächtliches Schnauben.



    Magda sah mich überrascht an und ein vorsichtiges Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. „Meinst du das wirklich ernst, Claude?“ Nach kurzem Zögern nickte ich erneut mit dem Kopf. Ich konnte sehen, wie eine schwere Last von Magda abfiel. „Dank, Claude, vielen Dank!“ Sie wollte auf mich zukommen und mich umarmen, doch das ließ ich dann doch nicht zu. „Nein, Magda, nicht. Ich…es ist noch lange nicht wieder alles gut zwischen uns. Du darfst hier wohnen bleiben, aber ob ich dir wirklich verzeihen kann, da bin ich mir noch nicht ganz sicher.“ Die Freude schwand aus Magdas Gesicht, aber sie nickte zum Zeichen, das sie verstanden hatte.



    Länger hielt ich es mit Magda in einem Raum nicht mehr aus. Ich brauchte dringend frische Luft. Also ging ich in den Garten hinaus und entdeckte dort Jamie, der mit dem Rücken zum Haus stand. An seiner angespannten Körperhaltung konnte ich erkennen, dass er nicht glücklich über den Verlauf meines Gespräches mit Magda war. Ich ging langsam auf ihn zu und legte behutsam meine Hand auf seine Schulter. Bei der Berührung zuckte er kurz zusammen. „Ich verstehe nicht, wie du ihr das durchgehen lassen konntest“, sagte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. „Ihr Frauen seid doch echt unmöglich!“



    Er drehte sich zu mir um. „Nach allem, was sie dir angetan hat, was sie uns angetan hat! Wie kannst du sie dann hier weiter wohnen lassen? Wie soll Magda je aus ihren Fehlern lernen, wenn ihr jeder alles durchgehen lässt?“ Jamie hatte sich richtig in Rage geredet. „Aber ich lasse ihr nicht alles durchgehen“, wehrte ich mich. „Sie weiß, dass sie einen Fehler gemacht hat. Und sie hat sich entschuldigt. Und außerdem, sie ist doch meine Cousine. Sie gehört zur Familie. Und als Familie muss man zusammenhalten, gerade dann, wenn es schwierig wird.“ Jamie wischte meine Worte mit einer Handbewegung beiseite. „Du glaubst doch selbst nicht, was du da redest“, entgegnete er zornig.



    Wütend marschierte er wieder in das Haus und ließ mich alleine im Garten stehen. Oh nein, jetzt hatte ich es mir auch noch mit Jamie verscherzt. Aber alles, was ich gesagt hatte, entsprach der Wahrheit. Als Familie musste man zusammen halten. Das war mir jetzt klar. Aber dadurch wurde die Situation nicht leichter. Ich war immer noch tief verletzt. Und auch wenn Magda sich entschuldigt hatte, würde es doch nie wieder wie früher werden.



    Auch Jamie hatte mit seinen Gefühlen zu kämpfen. Vor allen anderen, auch vor mir, hatte er immer so getan, als ob ihm Magdas Betrug ihm gegenüber nicht viel ausgemacht hätte. Doch das stimmte nicht. Es war eine Sache, dass Magda sich von ihm trennte, als sie erfuhr, dass er Rons Sohn war. Immerhin waren sie anschließend immer noch befreundet gewesen und irgendwie hatte Jamie immer das Gefühl, dass sie doch noch zusammen kommen könnten. Aber zu erfahren, dass die Frau die er sehr gerne mochte, mit einem anderem schlief, um ihm weh zu tun, das war eine ganz andere Sache. Bislang hatte er sich mit dem Gedanken getröstet, dass Magda für ihren Fehler büßen müsste, doch nicht einmal das schien jetzt noch der Fall zu sein.

    Kapitel 24: Entscheidungen


    Gernot hatte mit meiner Cousine Magda geschlafen und ich hatte sie auf frischer Tat ertappt. Jetzt war er zwar weg, doch hielt ich es trotzdem keine Sekund länger in meinem eigenen Haus aus. Nicht solange Magda noch da war. Ich hatte Gernot davon gejagt, doch das hatte mich all meine Kraft gekostet. Ich hatte nicht auch noch die Kraft, um mich Magda zu stellen. Also stolperte ich zu meinem alten, rostigen Fahrrad und radelte los. Einfach nur gerade aus, immer weiter ohne festes Ziel. Wenn ich einfach nur weit genug fuhr, dann konnte ich meinen Problemen vielleicht davon fahren. Ich fuhr immer weiter und weiter und langsam senkte sich die Dunkelheit über Rodaklippa.



    Auch wenn mein Kopf nicht wusste, wohin er fuhr, so wussten es meine Beine doch ganz genau. Zielstrebig führten sie mich zu dem einzigen Ort, an dem ich mich jetzt sicher und geborgen fühlen konnte, nämlich zum Haus meiner Eltern. Noch bevor ich klingeln konnte, entdeckte mich mein Vater durch das Küchenfenster auf der Veranda. Und mein tränenverschmiertes Gesicht ließ ihn sofort wissen, dass etwas Schlimmes passiert war.



    Hastig öffnete er die Tür und bat mich herein. „Spätzchen, was ist denn passiert?“, fragte er besorgt. Kaum hatte ich den Fuß über die Türschwelle gesetzt, brachen bei mir alle Dämme. „Gernot….er hat…er hat…“, schluchzte ich bitterlich, „…ich bin ja so dumm…wie konnte…wie konnte ich bloß glauben…dass er mich wirklich gerne haben könnte? “ Natürlich wurde mein Vater nicht schlau aus meinem zusammenhanglosen Gebrabbel.



    Doch das brauchte er auch nicht um zu wissen, dass ich jetzt in erster Linie Liebe und Zuwendung bedurfte. Irgendwann würde ich schon in der Lage sein, ihm alles zu erklären. Behutsam strich er mit seinen großen Händen über mein Haar und flüsterte mir beruhigende Worte zu. Mama hatte oben im Schlafzimmer gestrickt, als sie erst Stimmen und dann mein Weinen von unten vernahm. Eilig kam sie die Treppe hinunter und blickte dabei meinen Vater fragend an. Dieser konnte aber nur ratlos mit den Schultern zucken.



    Als sie unten angekommen war, trat Papa einen Schritt zur Seite um meine Mutter an mich heranzulassen. „Klaudi, Pummelchen, was ist passiert? Wir machen uns Sorgen“, redete sie bedächtig auf mich ein und legte ihre Hände auf meine Schultern. Endlich brachte ich einen klaren Satz hervor. „Gernot…er hat mich betrogen.“ Ich konnte hören, wie meine Eltern beide scharf die Luft einzogen. Dabei hatte ich ihnen das schlimmste noch gar nicht gesagt: „Ich hab ihn eben erwischt…und zwar mit Magda.“



    Sofort schloss Mama mich in ihre Arme. „Mein armes Pummelchen“, flüsterte sie und küsste dabei meine Haare. „Ein Mann wie dieser Gernot ist es nicht wert, dass du auch nur eine Träne für ihn verschwendest.“ Dann nahm sie meine Hand und führte mich zum Esstisch in der Küche. „Ich mache dir erst einmal einen schönen Tee, Pummelchen.“ Während Mama das Wasser aufsetzte und den Tee aufbrühte, erzählte ich den beiden die ganze Geschichte. Papa lief während meiner Erzählung wie ein Tiger im Käfig in der Küche auf und ab. Als ich zu Ende erzählt hatte und vorsichtig an meinem Tee nippte, konnte er nicht länger an sich halten. „Ich werde ihn windelweich prügeln!“, rief er wütend und ballte die Hände zu Fäusten. „Wie konnte er das meinem kleinen Mädchen antun? Und wie konnte Magda dir das antun? Sie werde ich auch versohlen, dass sie sich eine Woche lang nicht mehr wird hinsetzten können. Dieses hinterlistige, heimtückische Biest!“



    „Dominik, beruhig dich“, beschwichtigte Mama ihn. „Du machst unserem Pummelchen ja noch Angst…und mir übrigens auch.“ Mama erkannte sofort, dass Papas Wort nicht nur so dahingesagt waren. Mein Vater war kurz davor, aus dem Haus zu stürmen. „Außerdem wird niemandem damit geholfen, wenn du Gernot oder gar Magda angreifst. Gott weiß, sie hätten es verdient. Aber dafür riskierst du nicht, womöglich noch von der Polizei verhaftet zu werden. Unser Mädchen braucht jetzt ihre Eltern, und zwar beide. Es ist ja klar, dass sie nicht zurück in ihr Haus kann, solange Magda dort ist. Und dieser Gernot wohnt ja auch gleich nebenan.“



    Damit hatte Mama natürlich vollkommen Recht. Ich konnte Magda nicht gegenübertreten. Ich wusste, dass ich dafür nicht die Kraft haben würde. Ein Blick von ihr würde genügen, und ich würde weinend wie ein Häufchen Elend zusammenbrechen. Und Gernot wollte ich erst Recht nicht sehen. Allein an ihn zu denken zerriss mir schon das Herz. Als stimmte ich sofort zu, als Mama mir anbot, für ein paar Tage bei ihr und Papa zu bleiben. Ich durfte zu Mama ins Bett, während Papa es sich in einem Schlafsack so bequem machte, wie es auf dem harten Dielenboden eben möglich war. Und kaum hatte mein Kopf das Kissen berührt, war ich auch schon eingeschlafen. Liebevoll streichelte mir meine Mutter noch über das Haar, bevor sie das Nachtlicht löschte und sich zu mir ins Bett legte.





    Während ich tief wie ein Stein schlief, bekam meine Mutter in dieser Nacht kaum ein Auge zu. Schon lange vor Sonnenuntergang lag sie wach im Bett, blieb aber so lange liegen, bis der Wecker auf dem Nachttisch sieben Uhr anzeigte. Hastig warf sie sich ihren Schlafrock über und verließ leise das Schlafzimmer. Ihr Ziel war das Telefon unten im Flur und sie wählte die Nummer meiner Tante Joanna. Obwohl es früh war, klang ihr Schwester bereits hellwach, als sie sich am anderen Ende der Leitung meldete. „Jojo, deine Tochter hat etwas furchtbares angestellt“, begann meine Mutter unvermittelt das Gespräch und erzählte ihrer Schwester, was gestern vorgefallen war. Meine Tante hörte ihr geduldig zu.



    Doch leider erhielt meine Mutter nicht die Unterstützung, die sie sich von ihrer Zwillingsschwester erhofft hatte. „Und was soll ich deiner Meinung nach jetzt unternehmen, Xana?“, fragte sie meine Mutter, nachdem diese geendet hatte. „Meine Magda und deine Klaudia sind beide erwachsene Frauen. Sie müssen das unter sich regeln und ich werde mich da nicht einmischen.“ „Aber du weißt doch ganz genau, wie sensibel Klaudia ist“, entgegnete meine Mutter scharf. „Und Magda ist dieses Mal wirklich zu weit gegangen. Ich hab nichts gesagt, als deine Tochter sich einfach bei Klaudia eingenistet hat und du es zugelassen hast. Aber jetzt verlange ich von dir, dass du deine Tochter wieder zurück nach SimCity beorderst. Klaudia muss vor ihr geschützt werden.“ Meine Mutter hatte sich regelrecht in Rage geredet. Doch meine Tante war nicht so entschlossen zu handeln, wie meine Mutter es sich gewünscht hätte. „Ich werde mir deinen Vorschlag durch den Kopf gehen lassen“, antwortete sie lediglich und verabschiede sich anschließend.



    Ich schlief tief und fest und verbrachte eine traumlose Nacht. Doch kaum schlug ich meine Augen auf, kehrten die Bilder von Gernot und zurück. Ich konnte sie einfach nicht verdrängen und sie quälten mich. Ich kam mir so dumm vor und ich schämte mich, weil ich mich so hab hintergehen lassen. Deshalb wollte ich auch niemanden sehen. Meine Eltern hatten sich gestern zwar rührend um mich gekümmert, aber ich hätte das Mitleid in ihren Augen nicht länger ertragen können. Also schlich ich mich leise aus dem Haus und ging in den Pferdestall. Als junges Mädchen war ich oft hier gewesen, wenn ich allein sein wollte.



    Lediglich eines der Pferde stand in seiner Box, Trixi, das Lieblingspferd meiner Mutter. Die übrigen Pferde waren draußen auf der Koppel, doch Trixi wartete noch darauf, dass meine Mutter in den Stall kam, um ihren morgendlichen Kontrollausritt hinaus in die Apfelplantagen zu machen. Als die Stute hörte, wie ich das Tor zum Stall öffnete, kam sie zur Öffnung ihrer Box getrabt und streckte den Kopf hinaus. Ich kam auf sie zu und streckte ihr eine Karotte entgegen, die ich auf dem Weg zum Stall aus dem Gemüsegarten geholt hatte. Mit ihren Weichen Lippen fraß sie das Gemüse aus meiner Hand. Die Berührung kitzelte meine Haut und für eine Sekunde huschte ein Lächeln über mein Gesicht. Doch im gleichen Moment kamen auch die Tränen wieder. Wieso war die Welt bloß so ungerecht? „Sei froh, dass du dich nicht mit so fiesen Leuten wie meiner Cousine und diesem Gernot herumplagen musst“, sagte ich zu Trixi und streichelte ihre Stirn. Allein ihr weiches Fell zu spüren, tröstete mich in ungeahnter Weise.



    Ich verbrachte fast den ganzen Vormittag im Stall. Ich erzählte Trixie was vorgefallen war und auch wenn mir klar war, dass sie natürlich nichts von meinen Problemen begriff, fühlte ich mich erleichtert. Anders als bei meinen Eltern, hatte ich das Gefühl, dass ich mir alles von der Seele reden konnte, dafür aber in keinster Weise bemitleidet oder gar verurteilt wurde. Dennoch wollten die Tränen nicht so recht aufhören zu fließen, denn ein Problem blieb ja immer noch: Magda wohnte zusammen mit mir in einem Haus und ich musste nicht, wie ich es ertragen sollet, sie jemals wieder zu sehen. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als die Tür des Stalls zur Seite gerollt wurde und Papa eintrat. „Ich hab mir schon gedacht, dass du hier bist, Spätzchen“, sagte er liebevoll, auch wenn ich den Kummer in seiner Stimme heraushören konnte.



    „Im Haus wartet Besuch auf dich“, setzte er fort. Ich drehte mich um und sah ihn erschrocken an. Mein Vater erriet auf Anhieb meine Gedanken. „Keine Angst, Spatz. Wären Gernot oder Magda hier aufgetaucht, ich hätte sie längst zum Teufel gejagt, verlass dich darauf.“ Erleichtert atmete ich aus. „Nein, es ist dein anderer Mitbewohner, Jamie. Ich hab gesagt, ich werde fragen, ob du ihn sehen willst. Er scheint wirklich besorgt um dich zu sein. Vielleicht solltest du mit ihm sprechen.“



    Am liebsten hätte ich meinen Vater zurück ins Haus geschickt, um Jamie wieder weg zu schicken. Es war eine Sache vor meinen Eltern zuzugeben, betrogen worden zu sein. Es aber auch noch vor dem eignen Mitbewohner einzugestehen, war etwas ganz anderes. Ich wusste nicht, ob ich die Kraft dazu haben würde. Aber auf der anderen Seite war Jamie auch ein guter Freund…mein bester sogar, wenn man bedachte, wie sehr ich mich in Magda und Gernot getäuscht hatte. Vielleicht war es also gar nicht so verkehrt, mit Jamie zu sprechen. Ich ging ins Haus meiner Eltern und fand Jaime im Wohnzimmer vor, wo er mit meinem jüngeren Bruder gerade an der Konsole spielte.



    Als er mich sah, legte er das Game-Pad sogleich zur Seite und entschuldigte sich bei meinem Bruder. Damit wir uns in Ruhe unterhalten konnten gingen wir hinaus in den Obsthain neben dem Haus. Ein Blick in mein Gesicht genügt um zu bestätigen, dass Magda ihm die Wahrheit gesagt hatte. „Sie hat also wirklich mit deinem Freund geschlafen. Ich wollte es erst nicht glauben als sie es mir gesagt hat.“ Traurig schüttelte er den Kopf. „Es tut mir sehr leid für dich, Klaudia.“



    Wieder drohten mich die Tränen zu übermannen, die eben erst getrocknet waren. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht vor Jamie zu weinen. Doch dann wurde mir bewusst, was er gesagt hatte. „Magda hat dir also einfach so erzählt, was sie getan hat? Liebst du sie denn nicht immer noch?“ Jamie zuckte mit den Schultern. „Wir hatten Spaß zusammen. Vielleicht wäre auch mehr draus geworden, aber offenbar war es nicht das, was Magda wollte. Ich kann damit leben, aber was sie dir angetan hat, war echt böse. Was ich nur nicht verstehe ist, warum sie es getan hat.“



    Nun, darüber hatte ich mir inzwischen auch meinen Kopf zerbrochen und war nur zu einem Schluss gekommen. „Sie wollte sich dafür rächen, dass wir sie nicht darüber aufgeklärt haben, dass du der Sohn ihres Ex-Freundes bist. Indem sie meinen Freund verführt hat, konnte sie sich mit einem Schlag an uns beiden rächen.“ „So ein Verhalten ist doch echt kindisch“, schnaubte Ron. „Und das sage ich, wo ich doch der jüngste von uns allen bin. Durch dieses Spielchen hat sich doch nichts gewonnen, aber dich und mich als ihre Freunde verloren…und vielleicht noch mehr. Wie gedenkst du, jetzt mit ihr zu verfahren? Wirst du sie auf die Straße setzten?“



    Der Gedanke war mir bislang gar nicht gekommen. Aber konnte ich das überhaupt? Immerhin hatten wir beide für den Umbau des Hauses zusammengelegt. Es war nicht mehr nur mein Haus, sondern auch Magdas. Ich hatte nicht das Recht, sie hinaus zu werfen. Ich äußerte meine Bedenken Jamie gegenüber. Doch dieser legte seien Stirn in Falten und sah mich fragend an. „Ist es wirklich euer gemeinsames Haus? Ich meine, du hast es gekauft und du bist im Rathaus als Besitzerin eingetragen. Es ist schön, dass Magda dich finanziell unterstützt hat, aber habt ihr nach dem Umbau etwas an den Besitzverhältnissen verändern lassen?“ Ich schüttelte den Kopf, was Jamie ein Lächeln entlockte. „Na, dann würde ich mal behaupten, du kannst Magdas verräterischen Hintern jeder Zeit auf die Straße setzten. Es ist dein Haus, du kannst also machen, was du willst.“ Unsicher sah ich Jamie an. Er hatte Recht. Ein Wort genügte und ich konnte Magda los sein. Aber war ich wirklich stark genug um das auch zu tun?


    Gedanken


    Ich war ja so dumm. So dumm! Wie konnte ich jemals glauben, dass mich ein Mann wirklich lieben könnte? Mich! Mir hätte von Anfang an klar sein müssen, dass Gernot es nicht ernst meinen könnte. Denn wer würde eine so graue Maus wie mich schon lieben wollen? Aber trotz meiner inneren Zweifel hatte ich mich auf ihn eingelassen und bin total auf die Schnauze geflogen. Gernots Betrug schmerzte ungemein, aber noch viel schlimmer traf mich Magdas Betrug. Ja, sie hat mich immer und immer wieder mit ihren Sticheleien geärgert. Aber in meinem innersten war ich immer überzeugt gewesen, dass sie es gar nicht so meint, dass diese Bemerkungen nur ihre verdreht Art waren mir zu zeigen, dass sie sich um mich sorgt und dass ich ihr wichtig war. Aber da hatte ich mich gehörig in ihr getäuscht. Und dabei schienen wir uns doch so gut zu verstehen. Wir haben uns gemeinsam ein schönes Zuhause aufgebaut und beide hart dafür gearbeitet, es uns auch leisten zu können.


    Das Geld für den Umbau zusammen zu bekommen war nicht einfach. Magda musste fast ihr gesamtes Gehalt dafür aufbringen. Zusätzlich verdiente sie noch Geld mit gelegentlichen Auftritten in den Discos und Clubs der Gegend. Und ich stand Tag und Nacht an der Leinwand und malte. Aufgrund der turbulenten Ereignisse am Tag meiner Ausstellung verpasste ich diese leider, aber Melinda versicherte mir, dass meine Bilder wieder einmal sehr gut ankamen und sich bereits am ersten Tag viele Käufer fanden. Und auch Jamie half uns, den Umbau zu finanzieren. Er bezahlte seine Miete immer regelmäßig. Das Geld dafür verdiente er sich mit Schreiben und dem Verkauf von Insekten an das wissenschaftliche Institut.


    Ich gebe zu, dass ich einen Fehler begangen hatte, als ich Magda nichts davon erzählte, dass Jamie der Sohn von Ron war. Es war unfair ihr gegenüber. Aber wie konnte ich ahnen, dass sie sich so kurz nach der Trennung von Ron schon wieder auf eine neue Beziehung einlassen würde? Und zudem war Jamie doch auch noch so viel jünger als wir. Ich war überzeugt gewesen, dass es zu keinen Schwierigkeiten kommen würde. Und wenn sich Magda erst einmal mit Jamie angefreundet hätte, dann wäre es ihr auch egal gewesen, dass er Rons Sohn ist. Aber da hatte ich mich gewaltig getäuscht. Und auch wenn ich mich ihr gegenüber unfair verhalten hatte, eine solche Rache hatte ich doch nicht verdient. Zumal meine Absichten gut waren, als ich zuließ, dass Jamie bei uns einzog. In meiner Kindheit musste ich am eigenen Leib miterleben, wie sehr ein Kind darunter leidet, wenn der Haussegen schief hängt. Auch heute noch, nach so vielen Jahren hörte ich die Streitgespräche zwischen meiner Mutter und meiner Schwester Kinga. Damals hatte ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als diesen ewigen Streitereien entfliehen zu können. Und Jamie hatte sich in einer ganz ähnlichen Situation befunden. Die neue Frau an der Seite seines Vaters sorgte dafür, dass er sich in seinem eigenen Zuhause nicht mehr wohl fühlte. Ich könnte also nicht anders, als ihm zu helfen.


    Und ich hatte ihn inzwischen wirklich in Herz geschlossen. Auch wenn er nicht so schüchtern war wie ich, so vermied Jamie doch gerne große Menschenmassen und im Gegensatz zu Magda konnte man gut einen Abend mit ihm einfach auf der Couch vor dem Fernseher verbringen. Ich gebe zu, dass er manchmal etwas mürrisch und aufbrausend war, insbesondere, wenn er am frühen Morgen das Bett verlassen musste. Aber dann verzog er sich meist einfach in sein Zimmer und gut war‘s. Und er war schlau! Manchmal kam ich mir fast schon dumm neben ihm vor, und dabei war er vier Jahre jünger als ich. Er hätte auf die Uni gehen sollen, nicht ich, aber daran schien er kein Interesse zu haben. Dieses galt nämlich vorrangig der Umwelt. Magda und ich mussten uns des Öfteren eine Standpauke darüber anhören, dass mir zu viel Wasser verbrauchten oder wieder einmal das Licht in der Küche brennen ließen. Und er hatte ja Recht damit, wir sollten wirklich mehr an unsere Umwelt denken.
    Und jetzt stand ich vor der Schwierigen Entscheidung, was ich mit Magda machen sollte. Sollte ich sie wirklich auf die Straße setzten? Dafür dass sie mit meinem Freund geschlafen hat, hätte sie es verdient. Aber ich musste auch eingestehen, dass ich nicht ganz unschuldig daran war, dass sie sich dazu gedrängt fühlte, sich an mir zu rächen. Und sie hatte Geld, Ideen und Mühen in den Umbau unseres Hauses gesteckt. Und nicht zuletzt war sie meine Cousine. Konnte ich wirklich ein Familienmitglied auf die Straße setzen? Ich wusste es nicht.

    Kapitel 23: Nur ein Mann



    Ich war mit Jamie in der Galerie und hängte meine Bilder für die Ausstellung auf. In letzter Zeit hatte ich viele kleine Gemälde gemalt, da diese bei den Kunden besonders gut ankamen. Mit fachmännischem Blick überprüfte ich, ob die Bilder auch schön gerade an der der Wand hingen. Inzwischen hatte ich gelernt, wie wichtig es war, die Gemälde richtig zu präsentieren, wenn man sie verkaufen wollte. Da klingelte auf einmal Jamies Handy. „Hi Magda, was gibt es?“, meldete er sich direkt, als er Magdas Nummer im Display las.



    „Klaudia hat ihr Handy zuhause liegen lassen? Warum bringst du es ihr nicht vorbei?...Ah, verstehe, gut, ich sag ihr Bescheid.“ Als ich seine Worte hörte, fasste ich umgehend erschrocken an meine Hosentaschen, aber dort war tatsächlich kein Handy zu spüren. Oh nein, und dabei wollte Melinda mich doch noch anrufen, um die Details der Ausstellung zu besprechen. Wie gut, dass Magda mir Bescheid gegeben hat, sonst hätte ich ihren Anruf womöglich verpasst. Jamie legte wieder auf. „Magda sagt, dass Handy liegt bei ihr auf dem Nachttisch. Sie muss zu einer Bandprobe, daher kann sie es nicht vorbei bringen. Soll ich es holen?“ „Nein“, schüttelte ich den Kopf. „Häng du lieber die restlichen Bilder auf. Du weißt doch, wie unsicher ich mich auf der Leiter fühle. Ich fahre dann schnell nach Hause und bin gleich wieder zurück.“



    Ich nahm mir ein Taxi um fuhr umgehend in die Celia Gade. Ich konnte nur hoffen, dass Magda das Hady gut sichtbar irgendwo hat liegen lassen. Nicht auszudenken, wenn Melinda bereits mehrmals angerufen hätte, ohne mich erreichen zu können. Ich schloss die Haustür auf und betrat die Küche. Nanu? War das das ein Geräusch aus Magdas Zimmer? Aber, nein, das konnte nicht sein. Sie war ja bei der Arbeit. Außerdem wäre die Haustür nicht abgeschlossen, wenn sie noch zuhause wäre. Also marschierte ich zielstrebig auf Magdas Zimmertür zu und drückte die Türklinke herunter.



    Aber ich war nicht im Geringsten auf den Anblick vorbereitet, der sich mir da bot. Magda war vollkommen nackt und sie war nicht allein. Ein Mann lag auf ihrem Bett, ebenfalls unbekleidet und Magda beugte sich über ihn und küsste ihn leidenschaftlich. Dieser Anblick allein wäre schon schlimm genug gewesen, doch bei dem Mann handelte es sich um Gernot. Um meinen Gernot! Meinen Freund! Meinen!



    Entsetzt riss ich die Augen auf. „Was tut ihr denn da“, schrie ich schrill. Die Frage war überflüssig, denn es war eindeutig, was dort auf dem Bett vor sich ging. Aber mein Verstand wollte es einfach nicht begreifen. Es war einfach unmöglich. Meine Cousine würde mir so etwas nie antun. Und auf gar keinen Fall wäre Gernot zu so einem Betrug fähig.



    Bei Klang meiner Stimme riss Gernot sich augenblicklich von Magda los. Er schubste sie regelrecht zur Seite. „Oh mein Gott, Klaudia, Schatz. Was machst du denn hier?“, stammelte er. „Du müsstest doch in der Galerie sein.“ Ohne es zu wollen, bekam ich bei seinen Worten ein schlechtes Gewissen. Wäre ich brav in der Galerie gewesen, wäre weiterhin alles gut. Es war meine Schuld…Doch dann wurde mir schlagartig klar, dass das natürlich Blödsinn war. Ich hatte nichts getan. Gernot war fremd gegangen und ich hatte ihn gewiss nicht dazu gezwungen.



    Aber warum musste es ausgerechnet meine Cousine sein? Ich sah zu Magda hinüber, die ruhig auf der Bettkante saß. Anstatt eines erschreckten oder reumütigen Blickes, zierte ein siegessicheres Lächeln ihre Lippen und ihre Augen waren glühten frostig wie zwei Eiskristalle. Dieser Gesichtsausdruck warf mich erneut vollständig aus der Bahn. Was hatte das bloß zu bedeuten?



    Doch mein Kopf wollte sich drauf keinen Reim machen. Nicht jetzt. Und ich wollte nur noch weg. Raus aus dem Zimmer, weg von Gernot, den ich doch so geliebt hatte und er mich aufs schändlichste hintergangen hatte. Und weg von meiner Cousine und diesem kalten, fiesen Lächeln. Hinter mir hörte ich Gernots Stimme. „Klaudia, warte, ich will es dir erklären.“ Doch ich wollte nichts hören und lief einfach immer weiter, raus in den Garten.



    Dort holte Gernot mich schließlich ein. Er hatte sich hastig seine Boxershort und sein Unterhemd übergezogen, wobei er letzteres auf links trug. „Klaudia, bitte lass es mich erklären“, flehte er mich an. Ich sah ihn mit einem schmerzerfüllten Blick an. „Geh weg von mir“, schluchzte ich und kämpfte darum, meine Tränen zurückzuhalten, was mir allerdings nur mäßig gelang. Doch Gernot ignorierte meine Aufforderung und ging weiter auf mich zu. „Halt!“, rief ich und hob abwehrend meine Hände. „Keinen Schritt weiter.“



    „Klaudia, Schatz, lass es mich doch erklären“, bat er mich erneu. Ich konnte nicht anders, als in seinen Augen zu blicken. Und sie waren so voller Reue. Wie konnte man diesem Blick widerstehen? Langsam ließ ich meine Hände sinken. „Schatz, ich weiß auch nicht, wie es so weit kommen konnte“, begann Gernot umgehend seien Erklärung. „Ich kam zu euch nach Hause, weil ich dachte, du würdest auf mich warten. Und dann stand dort deine Cousine, völlig nackt. Und…und…Klaudia, ich bin doch auch nur ein Mann. Und schau dir doch Magda an. Sie ist eine Frau, von der ich nicht einmal zu träumen wage. Und dann erklärt sie mir, dass sie mich will. Wie konnte ich da nein sagen?“



    „Das ist also deine Entschuldigung, Gernot?“, fragte ich betrübt. „Meine Cousine ist so heiß, dass du ihr nicht widerstehen konntest?“ Gernot zuckte hilflos mit den Schultern. „Aber ich liebe nur dich, Klaudia“, fügte er flüsternd hinzu. „Magda bedeutet mir nichts.“ Oh, ich wollte ihm glauben. Wie sehr wollte ich es. Mein Herz schrie förmlich danach, ihm alles zu verzeihen. Aber mein Kopf ließ dies zum Glück nicht zu.



    Langsam begann ich meinen Kopf zu schütteln. „Nein!“, sagte ich schließlich bestimmt und Gernot blickte mich ehrlich überrascht an. „Klaudia, bitte…“, setzte er an, doch ich unterbrach ihn augenblicklich. „Nein! Ich werde mich von dir nicht an der Nase herumführen lassen. Das werde ich von keinem Mann und schon gar nicht von dir, Gernot!“ Mein ausgestreckter Finger richtete sich einer Lanze gleich auf Gernots verdutztes Gesicht. Erschrocken wich er zurück.



    „Und jetzt verschwinde von meinem Grundstück“, fügte ich in drohendem Tonfall hinzu. Doch Gernot wollte noch nicht aufgeben. „Bitte, Klaudia, ich liebe dich doch.“ Ich ging darauf nicht ein. Stattdessen begann ich zu brüllen. „Hau jetzt endlich ab! Ich will dich Dreckskerl hier nie wieder sehen! Wag es nicht, mir noch einmal unter die Augen zu treten. Wir beide sind fertig miteinander Gernot. Hast du das verstanden? Ich will dich nie, nie wieder sehen!“ Gernot hob abwehrend die Hände. Und schließlich sah er ein, dass er mich nicht umstimmen konnte. „Es tut mir leid“, flüsterte er betrübt, drehte sich um und schritt schnellen Schrittes zum Haus seiner Eltern.

    Kapitel 22: Rache



    Nach diesem Streit mit Magda war ich so froh, dass ich nun einen Menschen an meiner Seite hatte, dem ich mich anvertrauen konnte. Es kam mir so vor, als müsste ich ewig darauf warten, bis Gernot endlich Feierabend hatte und wir uns sehen konnten. Wir trafen uns am großen Springbrunnen im Stadtpark. Schon als Gernot mich begrüßte, merkte er, dass etwas nicht in Ordnung war. „Was ist denn los, mein Schatz“, fragte er besorgt, als er mein betrübtes Gesicht sah und nahm liebevoll meine Hände. Es tat so gut, ihm alles erzählen zu können.



    Gernot versicherte mir, dass Magda mir völlig zu Unrecht vorgeworfen hatte, sie hintergangen zu haben. Er war auch überzeugt, dass meine Cousine sich bald wieder beruhigen würde. Ich sollte mir also nicht so viele Gedanken über den Streit machen. Vermutlich hatte Gernot damit sogar Recht. Er tat mir einfach so gut. „Ich liebe dich“, flüsterte ich daher, als er mich im Arm hielt. Es war das erste Mal, dass ich diese Worte aussprach. Gernot lächelte. „Ich liebe dich auch, mein Schatz“, antwortete er. „Ich dachte das wüsstest du schon längst.“



    Diese Nacht war einfach perfekt um endlich einen Schritt weiter zu gehen. Gernot liebte mich und ich konnte mir keinen Mann vorstellen, mit dem ich lieber mein Erstes Mal verlebt hätte. Aber leider kam es nicht dazu. Ich war bereit dafür und auch Gernot war es, aber es scheiterte daran, dass wir keinen passenden Ort fanden. Im Haus von Gernots Eltern konnte ich nicht mit ihm schlafen und auch in meinem eigenen Haus hätte ich mich nicht wohl gefühlt, da ich wusste, dass Magda im Zimmer nebenan saß und böse auch mich war. Also mussten Gernot und ich unsere erste gemeinsame Nacht verschieben, so schwer uns beiden das auch fiel.



    Was ich nicht wusste war, dass Magda gar nicht in ihrem Bett lag. Denn heute war der Tag ihres ersten richtigen Auftritts als Sängerin. Mit ihrer Band trat sie an diesem Abend in Samys Jazz Bar auf. Magdas Freundin Tammie spielet am Klavier und Lily Lum war die Solosängerin. Magdas Rolle war es nun, Lilys Stimm aus dem Hintergrund zu unterstützen. Es würde sicherlich nicht ihr Durchbruch werden, dass wusste Magda, aber immerhin war ihre Stimme endlich einmal öffentlich zu hören. Vom Zusammenbau der Bühnenkulissen hatte sie nämlich inzwischen mehr als genug. Und ganz ehrlich, so gut wie Lily war sie allemal und mit ihren deutlich über 40 hatte ihre Bandkollegin ihr Haltbarkeitsdatum ohnehin längst überschritten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Magda ihre Rolle einnehmen konnte.



    Aber so recht wollte sich die Freude bei Magda nicht einstellen. Sie hatte seit Tagen auf diesen Abend hin gefiebert. Sie hatte sich darauf gefreut, vor Jamie und mir mit ihrem Erfolg prahlen zu können, darauf, den Neid in unseren Augen zu sehen. Aber sie hatte sich auch darauf gefreut, ihn mit ihren besten Freunden zu verbringen. Und doch war alles anders gekommen. In ihren Augen hatte ich sie aufs schändlichste Hintergangen. Und Jamie hatte nur mit ihr gespielt.



    Der Auftritt brachte der Band viel Jubel ein, auch wenn Magda eingestehen musste, dass der meiste Applaus Lilys Gesang und Tammies Klavierspiel galt. Von ihr hatte kaum jemand Notiz genommen. Steif lächelte sie den applaudierenden Zuschauern zu und verzog sich dann schnell an die Bar um sich einen Drink zu bestellen. Und dann konnte sie die Tränen nicht zurück halten. Sie hatte versucht, nicht daran zu denken, was sie für Jamie eigentlich empfand, doch jetzt wurde ihr klar, wie sehr sie ihn vermisste. Er bedeutete ihr mehr, als sie sich eingestehen wollte. Aber solche Gedanken hatten keinen Sinn. Alles war zerstört.



    Doch schnell hatte sie ihre Gefühle wieder unter Kontrolle. Eine Brodlowska würde nicht in der Öffentlichkeit weinen. Soweit ließ sie sich nicht demütigen. „Und an allem ist nur Claude schuld!“, dachte sie grimmig. „Hätte sie mir von Anfang an reinen Wein eingeschenkt, dann hätte Jamie keine Chance gehabt, mich hereinzulegen. Und sie hat das bestimmt nur gemacht, weil sie neidisch auf mich ist. Neidisch auf meinen Erfolg und meine Schönheit. Claude kann es einfach nicht ertragen, wenn sich nicht alles um sie dreht. Aber ich werde es ihr schon zeigen. Niemand spielt ungestraft ein falsches Spiel mit Magdalena Brodlowska!“ Ihre Augen funkelten wütend und in ihrem Kopf begann sich ein hinterhältiger Plan zu formen, um sich an mir zu rächen.





    Aber Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird, dass wusste Magda nur zu gut. Also gab sie vor, dass alles wieder in bester Ordnung sei. Am nächsten Tag kam sie von sich aus auf mich zu, um sich bei mir zu entschuldigen. „Ich hab mich wie eine dumme Gans aufgeführt, Claude. Ich weiß ja, dass du mir nur deshalb nichts von Jamie erzählt hast, weil du ihm so gerne helfen wolltest. Ist dann wieder alles in Ordnung zwischen uns?“ Da brauche Magda gar nicht weiter nachzufragen. Natürlich verzieh ich ihr sofort und war überglücklich, dass nun wieder Frieden in unsere Wohngemeinschaft einzog.



    Und auch mit Jamie sprach sie sich aus. „Tut mir leid, Jamie, ich war einfach nur geschockt, als ich hörte, dass du Rons Sohn bis. Du musst schon zugeben, es ist schon seltsam, wenn man bedenkt, dass ich mit dem Vater und dem Sohn im Bett war.“ Beide musste anfangen zu lachen. „Wir beiden bleiben dann einfach Freunde?“, fragte Jamie nach und Magda nickte bestätigend. „Ja, das wäre wohl das einfachste. Keine komischen Gefühle und so, du verstehst?“ Jamie tat dies. Er hatte die Nacht mit Magda durchaus genossen. Aber so richtig war er sich über seien Gefühle für sie ohnehin nicht klar gewesen und ganz ehrlich, auf eine Beziehung hatte er momentan auch nicht zu viel Lust. Vielleicht war es so für alle wirklich am besten.



    Ich nahm Magda ihre Entschuldigung vollständig ab. Und auch Jamie dachte nun, dass alles wieder im Lot sei. Aber wir ahnten beide nicht, wie sehr es unter der freundlichen Oberfläche von Magda brodelte. Sie wollte Rache, und diese Rache musste einschlagen wie eine Bombe. Und sie hatte auch schon den perfekten Plan.





    Die nächsten Tage verhielt sie sich ganz ruhig. Sie war freundlich zu mir und freundlich zu Jamie. So freundlich, dass es mir fast schon verdächtig hätte vorkommen müssen, denn selbst die Kommentare zu meiner Kleiderwahl oder meiner Magdas Meinung nach nicht vorhandenen Frisur blieben aus. Und Magda hatte ihren Plan nicht vergessen. Sie hatte nur auf den perfekten Tag gewartet, um ihn in die Tat umzusetzen. Und der war gekommen, als ich meine neuste Ausstellung vorbereiten sollte. Während Jamie und ich meine Bilder zur Galerie brachten, blieb sie zu Hause und setzte die Hebel in Bewegung.



    Ich war so damit beschäftig, keines meiner Bilder zuhause zu vergessen und sie unbeschadet in das Taxi zu befördern, dass ich gar nicht bemerkte, wie Magda mein Handy aus meiner Tasche nahm. Kaum waren Jamie und ich auf dem Weg in die Galerie, zückte sie es und begann eine SMS zu schreibe. „Komm bitte schnell vorbei. Ich habe eine Überraschung für dich. xoxo.“ Und diese SMS schickte sie an Gernot.



    Gernot las die SMS und hatte keinen Zweifel daran, dass sie von mir abgeschickt worden war. Warum hätte er auch daran zweifeln sollen, immerhin hatte Magda mein Handy benutzt? Stattdessen trieb in die Vorfreude auf die Überraschung an, besonders schnell zu meinem Haus zu kommen. „Klaudia, Schatz, wo bist du?“, rief er aufgeregt. Er hatte geklingelt, doch als niemand die Tür öffnete, betrat er einfach das Haus. Unsere Haustür war nie abgeschlossen. „Im Wohnzimmer“, hörte er eine Frauenstimme, die er zunächst für meine hielt. Doch im Wohnzimmer stand nicht ich, sondern meine Cousine Magda. Sie kam gerade von unter der Dusch. Das Licht brach sich in den Wassertropfen auf ihrer Haut und sie war lediglich in ein weißes Handtuch gewickelt.



    „Ich suche Klaudia…“, begann Gernot zu sprechen, doch die Worte erstarben in seinem Mund, als Magda das Handtuch von ihrem Körper löste und es zu Boden fallen ließ. Gernot stand da mit weit geöffneten Augen und starrte geschockt den völlig nackten Körper meiner Cousine an. „Klaudia ist nicht hier“, hauchte sie verführerisch. „Und ich hoffe, sie lässt sich auch noch etwas Zeit damit, bis sie wieder hier auftaucht.“