Umsetzung der 4. Aufgabe von Heldin

Anscheinend hatte ich doch so etwas wie eine Glücksfee, und der Satz "Das Glück kommt immer dann, wenn man es am wenigsten erwartet" stimmt auch.
Tatsächlich war ich, als ich meinem zukünftigen Mann begegnete, wirklich nicht in Flirtlaune – ich erledigte gerade die Arbeit, die am Wochenende liegen geblieben war, und verzweifelte nun an meinem PC. Braucht irgendjemand diese komischen Absatzzeichen, die Word anscheinend so gerne setzt? Und müssen sie so schwer zu entfernen sein?
So kam mir das Klingeln gerade recht – endlich konnte ich mich wieder aus der verkrampften Sitzhaltung lösen und etwas anderes als den Bildschirm angucken. Ich vermutete, es sei James, der mittags mal wieder vorbeischaute, doch ... er war es nicht.
Ich öffnete die Tür und stand einem hübschen Fremden gegenüber – I fell in love with a beautiful stranger, würde Madonna jetzt singen. Er fing sofort an, sich vorzustellen, sich für die Störung zu entschuldigen und seine Situation zu erklären. Ich war derart überwältigt, dass ich ihm zuerst kaum zuhören konnte, und so kam es mir wirklich gerade recht, dass er sich eher umständlich ausdrückte und nicht recht zum Punkt kam. Als ich wieder aus meiner zeitweiligen Trance zurückkehrte, sagte er gerade: "...und jetzt wird es schon bald dunkel, und die Lampen sind immer noch nicht angeschlossen, und da dachte ich mir: 'Ach, in so einem ordentlichen, netten Haus gibt es bestimmt so ein Ding', also bin ich kurzerhand rübergekommen und möchte Sie nun auf Knien anflehen, mir keine Absage zu erteilen: Könnten Sie mir einen Phasenprüfer leihen?"
Ich war von seiner Ausdrucksweise amüsiert, grinste und lud ihn kurzerhand ein, mit ins Haus zu kommen, solange ich den Werkzeugkasten suchte. Er nahm die Einladung begeistert an, und als ich ihn nach Kaffee und Kuchen und angeregter Unterhaltung wieder verabschiedete, war es tatsächlich schon dunkel. Ich merkte dies an und entschuldigte mich dafür, ihn so lange aufgehalten zu haben, doch er lachte wieder nur und meinte, noch nie eine ungerechtfertigtere Entschuldigung gehört zu haben, und dass er nie erwartet hätte, so eine sympathische Frau als Nachbarin zu haben. Seine letzten Worte, als er in der Dunkelheit verschwand, waren: "Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder!"

Natürlich analysierte ich wieder jedes Wort unseres Gesprächs (ich konnte einfach nicht locker bleiben – jedenfalls nicht, wenn es um diesen Mann ging!) und blieb bei "sympathische Frau" hängen. Was soll das heißen? Sympathisch und mehr nicht? Oder einfach nur der erste Eindruck, und daraus kann mehr werden?
Genug Zeit, um darüber nachzudenken und zum Schluss zu kommen, dass es "sympathisch und mehr nicht" hieß (Linda, dein Name ist Pessimismus), wurde mir zum Glück nicht gegeben, denn schon am nächsten Tag besuchte mich Peter wieder einmal und erklärte mir sein Anliegen. Er war gerade von SimCity nach Pleasantview versetzt worden¹ und nun hatte sein neuer Chef den Wunsch geäußert, mit ihm essen zu gehen – doch Peter sollte das Restaurant wählen. Da er keine Ahnung davon hatte und seine erste Woche in der neuen Stadt nicht gerade damit verbracht hatte, alle Restaurants auszuprobieren, sondern eher damit, seine Wohnung einzurichten, fragte er mich, ob ich etwas dagegen hätte, ihn bei einem Testessen zu begleiten.
Ich war geschmeichelt – nur er und ich in einem schicken Restaurant! Daraus konnte sich doch tatsächlich etwas entwickeln. Seine Einladung nahm ich natürlich an und machte mit ihm ein Treffen vor meinem Lieblingslokal aus. Schick, aber freundlich, beliebt, aber stilvoll – mir gefiel es jedes Mal wieder, dort zu essen, und Peter vertraute mir in meiner Wahl.

Der Abend lief so gut, dass ich mich kaum mehr an einzelne Begebenheiten erinnern kann. Es gab kaum Gesprächspausen, und wenn sie doch einmal auftraten, waren es angenehme Pausen, während denen man nicht ständig überlegte, was man als nächstes sagen könnte, um sie zu beenden, sondern man einfach den Augenblick genoss und sie in dem Bewusstsein verbrachte, sich gut zu verstehen und nicht ständig reden zu müssen.
Als wir draußen vor dem Lokal standen und ich gerade mein Handy herausholen wollte, um mir ein Taxi zu rufen (die Batterie meines lieben Minis streikte mal wieder, und er hatte einfach nicht anspringen wollen), sah ich Peter flüchtig in die Augen, die plötzlich ganz anders schauten als sonst, wenn er lachte. Das "flüchtig" wurde zu einem "lange", denn ich verlor mich geradezu in ihrer Tiefe und ihrem Ausdruck. Peter ging es wohl ähnlich, denn einen Moment darauf ergriff er zaghaft meine Hände und zog mich in einen romantischen, zärtlichen Kuss.

Ich war einfach unglaublich glücklich. Peter war vielleicht nicht perfekt, aber das war ich auch nicht – und wir passten einfach unglaublich gut zueinander. Wir wussten oft, was der andere dachte, und trotzdem wurde uns zusammen nie langweilig; wir dachten ähnlich über die meisten Dinge, und trotzdem hatten wir uns immer etwas zu sagen und schreckten auch vor Diskussionen nie zurück.
Mein Leben war nun perfekt: ein schönes Zuhause, ein toller Job, nette Freunde und ein super Freund. Ihm fehlte eins dieser Dinge – das schöne Zuhause. Zwar waren seine Lampen inzwischen angeschlossen, doch ständig machte der Vermieter Stress, obwohl Peter die Wohnung schon mit den bekannten Fehlern vorgefunden hatte und nicht einsehen wollte, warum er dafür verantwortlich sein sollte. Schließlich brachte der Hausmeister das Fass zum Überlaufen, als er sich lauthals wegen der angeblich nicht geputzten Treppe beschwerte, und Peter kündigte den Mietvertrag. Er hatte nun noch eine Woche, um sich eine neue Bleibe zu suchen – doch kein Tag musste vergehen, bis ich ihm schon anbot, bei mir einzuziehen. Als ich diese Einladung aussprach, wusste ich nicht genau, ob das nun klug war – sollte ich unsere junge Beziehung schon derart auf die Probe stellen? Doch mein Haus war geräumig genug, sodass wir uns nicht jede Sekunde auf der Pelle hockten, und wie konnte ich meinen Freund auf der Suche nach einer neuen Wohnung durch ganz Pleasantview hasten lassen, wenn ich doch die Möglichkeit hatte, mein Haus mit ihm zu teilen?
Er hatte wohl ähnliche Bedenken wie ich, doch mit den Argumenten, die mich überzeugt hatten, überzeugte ich auch ihn, und so zog er am nächsten Tag mit Sack und Pack ein. Die Entscheidung, zusammenzuziehen, bereute ich keine Sekunde lang. Es machte schlicht und einfach Spaß, mit ihm zusammenzuleben, und unsere Beziehung verschlechterte sich kein bisschen, im Gegenteil...

Es dauerte nicht lange, bis er mir einen Heiratsantrag machte. Der Moment, die Stimmung und die Atmosphäre waren gerade richtig, und auf kitschiges Klischee war ich sowieso nicht aus. Seine Erklärung, dass ich die einzige Frau sei, mit der er sich je seine Zukunft vorstellen konnte, reichte mir völlig, und machte mich zum glücklichsten Wesen auf Erden.
Unsere Hochzeit war ein voller Erfolg. Wir stimmten darüber überein, dass wir keine große Feier, sondern ein intimes und privates Fest nur mit den engsten Freunden haben wollten, und so geschah es. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass ich noch mal einen Mann treffen würde, dem ich ohne Zweifel und voller Liebe "Ja, ich will" sagen könnte – und doch war dies die Wirklichkeit. Anna erzählte mir später, sie habe Tränen in den Augen gehabt – wir beiden waren so verliebt und so glücklich, dass es sie einfach gerührt habe. Und so war es auch, und selbst jetzt kann ich nicht in Worte fassen, wie groß die Veränderung meines Lebens war, seitdem ich mit Peter zusammen bin. Das Leben ist nicht nur schön, das Leben ist ein wunderbares Geschenk, und ich genieße jeden Tag. Nicht zuletzt auch wegen einer anderen Sache...

...auch wenn sie zuerst noch so winzig war. Peter gab mir nicht nur seine Liebe und sein Vertrauen, sondern auch noch die Liebe und die Existenz eines anderen Wesens – die Freude über unseren Nachwuchs war riesig. Wie jede Mutter machte ich mir natürlich Sorgen, vor der Geburt und jetzt ebenso, doch insgesamt war ich viel positiver eingestellt als noch vor zwei Jahren, als ich nach Pleasantview kam.
Es war wirklich gut, dass ich nicht völlig über die Stränge geschlagen hatte und noch einiges Geld vom Erbe übrig hatte – denn für Kinder war mein Haus nicht geplant, und so mussten wir anbauen. Peter bat einen befreundeten Architekten, die Pläne für uns auszuarbeiten, und das tat er gerne und für einen Freundschaftspreis. Da ich nicht abergläubisch war, richteten Peter und ich das Zimmer schon vor der Geburt ein, und ich verliebte mich regelrecht. Zwar wussten wir noch nicht, ob es ein Mädchen oder ein Junge sein würde, und richteten es geschlechtsneutral ein, doch das strahlende, fröhliche Gelb und die kleinen Bärchen und Bienchen und Entchen überall stärkten meine Vorfreude nur noch mehr.

Eine Woche vor dem errechneten Termin saß ich gerade zu Hause und strickte eine winzige Babyhaube (irgendwas Produktives musste ich im Mutterschutz ja machen), als die Fruchtblase platzte. Ich versuchte, ruhig zu bleiben und rief Peter an, der im Büro war, aber wohl einen Geschwindigkeitsrekord aufstellte, um zu mir zu kommen, jedenfalls erschien mir die Wartezeit gar nicht lang. Er brachte mich ins Krankenhaus, wo mir gesagt wurde, dass der Muttermund noch nicht besonders weit geöffnet war und ich doch bitte Treppen laufen sollte. Peter grinste, während ich das alles nicht so lustig fand – im August mit diesem Bauch immer wieder hoch und runter? Doch es dauerte nicht mehr lange, bis die nächsten Wehen kamen und der Arzt schließlich meinte, jetzt sei es wohl langsam so weit.
Die Geburt war nicht leicht, doch all das war vergessen, als ich meinen kleinen Schatz in den Armen hielt. Ein eigenes Kind! Mein Kind, und Peters Kind noch dazu. Der erzählte mir später, dass er zuerst gar nichts gefühlt habe – doch als er Oles Augen und seine kleinen Händchen und Füßchen sah, veränderte sich etwas in ihm ... dieser Satz aus dem Mund meines Mannes gefiel mir mehr als alles andere.

Nun ist der kleine Ole schon drei Jahre alt, doch wünscht er sich auch sehnlich ein Geschwisterchen, und Peter und ich wollen ihm diesen Wunsch unbedingt erfüllen...
Ich liebe das Leben.
Schade, dass es jetzt schon vorüber ist. Die Texte zu schreiben und die entsprechenden Fotos zu knipsen hat viel Spaß gemacht!