Beiträge von Nikita


    „Ich werde meine Fassade auf jeden Fall renovieren lassen.“ Barbara klopfte sich auf ihre vollen Brüste. „Sobald die Babys schlaff werden, besorge ich mir ein Paar neue. Beim ersten Anzeichen einer Falte liege ich auf dem OP-Tisch. Und von diesem Blödsinn von wegen ‚Ich möchte bloß ausgeruht und entspannt aussehen’ will ich auch nichts hören. Ich will aussehen, als käme ich direkt aus dem Windkanal.“



    Die Frauen lachten. „Du bist verrückt“, erklärte Chris ihr. „Warum willst du an diesem wunderschönen Gesicht rumpfuschen?“
    „Was ist nur aus dem Konzept von ‚in Würde altern’ geworden?“, fragte Susan.
    „Ich bitte dich“, sagte Barbara. „Was ist denn so würdig am Altern?“
    „Deswegen hättet ihr eben ältere Männer heiraten sollen“, erklärte Vicki ihnen. „Dann seid ihr immer die Junge.“
    „Aber ist das nicht ein schlechter Tausch?“, fragte Barbara und zog eine ihrer sorgfältig gezupften Brauen hoch.



    „Wie meinst du das?“
    „Ich meine, mag sein dass du jung bleibst“ – Barbara zwinkerte – „aber bleiben sie auch hart?“
    Ein lautes Quieken drang aus Chris’ Kehle, während ihr Gesicht endgültig dunkelrot anlief. Sie sprang vom Tisch auf, kippte eilig die Möhrenreste in den Abfall unter dem Waschbecken und gab die Möhren in die große Salatschüssel, die auf der Anrichte stand.
    „Chris, beweg deinen ***** wieder hierher“, befahl Vicki. „Wir diskutieren hier über sehr wichtige Dinge.“



    „Ich finde, wir wollten über so was nicht reden“, sagte Chris und versuchte, nicht Tonys erigierten Penis vor ihrem Gesicht zu sehen und zu spüren, wie er gegen ihren Gaumen stieß.
    „Wir reden immer über so was“, entgegnete Vicki.
    „Ich weiß, aber…“ Chris warf einen Blick in Richtung Wohnzimmer. „Ihr wisst doch, dass die kleinsten Zwerge angeblich die längsten Ohren haben.“



    „Genau davon reden wir“, sagte Vicki lachend. „Von großen Zwergen. Man hat mich herausgefordert. Du weißt doch, dass ich das nicht auf sich beruhen lassen kann.“
    „In der Abteilung gibt’s also keine Probleme?“, fragte Barbara, Vicki absichtlich weiter provozierend. „Ich meine, Jeremy ist jetzt wie alt? Sechzig?“
    „Er ist siebenundfünfzig“, korrigierte Vicki sie.
    „Und?“
    „Und in der Abteilung funktioniert alles bestens, vielen Dank.“



    Vicki trank einen Schluck aus ihrem Glas. „Außerdem ist Jeremys Zwerg schließlich nicht der Einzige im Garten.“
    „Was!“, riefen die anderen Frauen unisono.
    „Oh mein Gott!“, sagte Barbara. „Was genau willst du damit sagen?“
    „Hey, könnt ihr ein bisschen leiser sein?“, rief Tony von unten.
    „Braucht ihr da oben irgendwelche Hilfe?“, ließ sich Jeremy vernehmen.



    „Wir kommen ganz prima zurecht, Liebling“, rief Vicki zurück.
    „Was genau meinst du damit?“, fragte Susan.
    Vicki lächelte. „Nun, wir wissen doch alle, dass Abwechslung das Leben würzt.“
    Chris kehrte eilig auf ihren Stuhl an dem Küchentisch zurück. „Du hast eine Affäre?“
    „Nun guck doch nicht so schockiert. Es hat nichts zu bedeuten.“
    „Wie kann es nichts bedeuten?“, fragte Susan.



    „Es ist reiner Sex“, erklärte Vicki den anderen Frauen, als ob damit alles klar wäre. „Wollt ihr etwa sagen, dass ihr noch nie eine Affäre gehabt habt?“
    „Genau das will ich ganz entschieden sagen“, erwiderte Susan.
    „Man soll nie nie sagen“, warnte Vicki sie erneut.
    „Was, wenn Jeremy es erfährt?“
    „Das wird er schon nicht.“
    „Wie kannst du dir da so sicher sein?“
    „Weil er es bis jetzt auch nie herausgefunden hat.“
    „Oh mein Gott!“
    „Das glaube ich nicht!“
    „Was ist denn da oben los?“, rief Tony.
    „Das hast du uns bisher vorenthalten“, sagte Barbara und sah Vicki strafend an.


    Fortsetzung folgt sofort...

    Erstmal vielen, vielen lieben Dank für die Commis!
    Hotaru - Stimmt, "Lauf, Jane, lauf" ist auch von Joy Fielding
    @Santine - Yepps, mir ist der Kerl auch total unsympathisch ;-)
    jazzlyn - Naja, dann wirst du ja jetzt ihren Schreibstil kennen lernen ;-)
    Mixora - Ja, das glaub ich dir, dass das anstrengend war. Sorry :-)
    Cat - Yapp, stimmt, ganz normal ist der Typ nicht...
    @Smeagol - *gg* So kurz wird die FS heute doch nicht, wie ich eigentlich gedacht hab ;-)
    May - "Grand Avenue" ist der englische Titel von dem Buch. Den fand ich irgendwie passender
    Sonja - Kann ich verstehen, dass es dir zu viel war ;-)
    DawnAngel - Yepp, das gleiche hab ich mir auch gedacht
    BlackBeast - Ließ sich leider nicht ändern
    Und los geht es:



    Die Frauen saßen um den Kiefernholztisch, der einen großen Teil von Chris’ Küche einnahm. Auf dem Tisch standen zwei offene Weinflaschen, eine mit rotem, eine mit weißem Wein, und mindestens ein halbes Dutzend unterschiedlich volle Gläser. Während sie den neuesten Klatsch austauschten und zwischendurch an ihrem Chardonnay nippten, schälte Chris abwesend einen Bund großer Möhren, Vicki zupfte an den Spitzen einer neuen, eher misslungenen Dauerwelle herum, während Susan und Barbara sich über die neueste Ausgabe von Cosmopolitan amüsierten. Bis auf Barbara, die einen Samtrock trug, hatten alle warme, bequeme Pullover und Jeans an.



    „Das ist eine Super-Bowl-Party“, spottete Vicki bei ihrem Anblick, „keine Hochzeit.“
    „Ich weiß“, gab Barbara, untermalt von einer graziösen Bewegung ihrer flatternden Finger, leichthin zurück. „Ich weiß. Ich weiß.“
    „Sie kann eben nicht anders“, meinte Susan.
    In dem Raum direkt unter ihnen saßen ihre Männer, tranken Bier und brüllten abwechselnd anfeuernd oder verärgert auf einen gleichgültigen Fernsehschirm ein. Im Wohnzimmer waren ihre Kinder versammelt – insgesamt fünf Mädchen und zwei Jungen -, die kichernd Popcorn futterten und sich unter den wachsamen, wenngleich müden Blicken von Vickis Kindermädchen zum zigsten Mal Elliot, das Schmunzelmonster ansahen.
    „Und was glaubst du, was ihr Geheimnis ist?“ fragte Susan plötzlich.



    Chris’ Hand mit dem Schälmesser erstarrte mitten in der Bewegung, ihr war, als ob aller Augen auf sie gerichtet waren. Woher wissen sie es, fragte sie sich und spürte, wie ihre Wangen so orange anliefen wie die Möhre in ihrer Hand. Sie hatte nichts gesagt, sich keiner von ihnen anvertraut. Waren sie so fein auf die Nöte und Bedürfnisse der anderen eingestimmt? War ihr schützender Radar nach nur vier Jahren Freundschaft so stark? Konnte sie nichts vor ihnen verbergen, egal, wie persönlich oder beschämend es war?



    Chris hatte sich ihre Lügen bereits zurechtgelegt und auf der Zungenspitze, als sie den Kopf hob. Geheimnis? Was für ein Geheimnis? Nein, natürlich ist alles in Ordnung. Und wenn sie weiter in sie drangen, sich weigerten, ihre aufrichtigen Beteuerungen zu glauben, und ihre Lüge als das abtaten, was sie offensichtlich war. Was dann? Konnte sie ihnen wirklich die Wahrheit sagen?



    Doch als Chris aufblickte, sah sie, dass niemand sie mit besorgten, fragenden Blicken betrachtete. Susan und Barbara waren viel mehr weiterhin in ihre Illustrierte vertieft. Und auch Vicki hatte aufgehört, an ihrer widerspenstigen Dauerwelle herumzuzupfen, und musterte zusammen mit den beiden anderen ein Foto von Raquel Welch, die, aus ihrem winzigen weißen Bikini quellend, am sonnigen Strand von Malibu Yoga-Übungen machte.
    „Ihr Geheimnis?“, wiederholte Barbara. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“



    „Sag mir nicht, es ist plastische Chirurgie“, sagte Susan.
    „Natürlich ist es plastische Chirurgie“, verkündete Barbara.
    „Das sagst du über jede.“
    „Weil es stimmt. Nun kommt schon, Mädels. Sie ist über vierzig.“
    „Ich habe gehört, sie hätte sich ein paar Rippen entfernen lassen“, wusste Vicki zu berichten.
    „Das glaube ich sofort“, sagte Barbara.
    „Meinst du, sie hat sich auch den Busen machen lassen?“
    „Nein.“
    „Doch.“



    „Wenn, will ich die Adresse von ihrem Arzt“, sagte Barbara. „Dann hat er großartige Arbeit geleistet.“
    „Ja“, stimmte Vicki ihr zu. „Wenn sich eine Frau den Busen machen lässt, hat sie hinterher meistens zwei große dicke Ballons, die irgendwo aus dem Nichts ragen, mit Brustwarzen, die ungefähr zehn Zentimeter höher liegen, als sie sollten. Es sieht absolut lächerlich aus. Jeder merkt sofort, dass sie nicht echt sind.“
    „Das ist Männern egal“, sagte Barbara, und im selben Augenblick ertönte unten lauter Jubel. „Sie mögen sie, egal, wie unecht sie aussehen.“



    „Würdest du dich einer Schönheitsoperation unterziehen?“, fragte Chris und atmete die Luft aus, die sie die ganze Zeit ängstlich angehalten hatte.
    „Nie im Leben“, sagte Susan und klappte entschlossen die Zeitschrift zu.
    „Man soll nie nie sagen“, erklärte Vicki ihr und goss sich ein weiteres Glas Rotwein ein.


    Fortsetzung kommt sofort...

    Uiuiui, das geht ja alles wahnsinnig schnell *schon kopfrauschen bekomm*
    Find ich süß, dass die beiden sich verlobt haben ;)
    Aber was ist denn jetzt mit Ray? Warum hatte Fy plötzlich so eine Wut auf sie? Naja, die Antworten werd ich sicherlich in deiner nächsten Fortsetzung bekommen :)
    Liebe Grüße
    Niki

    Das war wieder eine wunderschöne Fortsetzung!!
    Ich hoffe, dass Fy es endlich mal kapiert und die Finger endgültig vom Alkohol lässt. Sie sieht ja, was man davon hat. Ich versteh Ty absolut, dass er gekränkt und verletzt ist. Aber deswegen braucht er sie doch nicht noch in den Schmutz ziehen, nur weil sie ihm gesagt hat, dass sie ihn liebt... :supi
    Ich freu mich auf den nächsten Teil!
    Liebe Grüße
    Niki

    Oh mein Gott, die Geschichte wird ja immer spannender :spiegel
    Die Augen von Rallion sind einfach gigantisch! Genau wie die anderen Bilder auch! Trotzdem ist mir dieser Rallion überhaupt nicht sympathisch. Vor allem weil er vorhat, Adrian zu schaden. Und der ist mir wieder sehr sympathisch ;)
    Ist auf jeden Fall wieder eine ganz klasse Fortsetzung geworden!
    LG
    Niki

    Also ich drück dir am Mittwoch alle Daumen die ich hab, und denk ganz fest an dich, dann schaffst du die Prüfung bestimmt!! Und mit der Unterstützung aller hier, dann kann überhaupt rein gar nichts mehr schief gehen :knuddel
    Für das, dass sie sich einredet mit Ben überhaupt nichts am Hut zu haben, denkt sie aber unheimlich viel an ihm. *gg*
    Aber ich hätte an ihrer Stelle auch keine ruhige Nacht mehr nach allem was schon auf der Ranch passiert ist *schauder* Nicht, dass da noch so ein kranker Typ durch das Fenster einsteigt und.... *an dieser Stelle das denken aufhör*
    War wieder eine geniale Fortsetzung!
    LG
    Niki

    In der Kürze liegt manchmal die Würze ;)
    Ich frag mich nur, was die Schreie von einem Kind zu bedeuten haben. Die arme Sydney kann einem echt Leid tun. Bin ja schon mächtig gespannt darauf, wie die Story weiter geht und was sie noch in diesem Geisterhaus alles erlebt.
    LG
    Nikita

    Was ist das denn? Jetzt häufen sich die Intrigen und die Lügen und es wird immer spannender *gg* Tzzz, also dieser Tamino ist ja ein ganz schön falscher und "hinterfotziger" (wie wir Franken sagen ;) ) Mensch.
    Ich glaub auch, wie Santine, dass Constantin eigentlich gar kein "Böser" ist, sondern nur in die Rolle hineingezwängt wird.
    Bin ja mal mächtig drauf gespannt ob Madeleine den Octaviern ausgeliefert wird, oder ob Vanessa das verhindern kann.
    Ich freu mich riesig auf den nächsten Teil!!
    Ganz liebe Grüße
    Niki

    Na, Oli lässt sich ja durch nichts abbringen, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat *lach* Bin auch schon total auf Jais Reaktion gespannt. Also ich finde, dass du das sehr gut hinbekommen hast mit dem Schiff.
    Ich will endlich Jai wieder sehen :augdrück
    LG
    Niki

    Ui, es geht ja schon weiter *freu wie verrückt*
    Also diesen Schwarzen König hätte ich mir auch anders vorgestellt. Genauso wie es Vivianne gedacht hat, irgendwie viel düsterer und dunkler und furchteinflößender. Dieser hier sieht irgendwie so brav und freundlich aus *lach* Finde ich schön ;)
    War wieder eine phantastische Fortsetzung, wie immer :)
    Liebe Grüße
    Niki

    Woah, das war ja wieder eine total super Fortsetzung! Die Bilder: einfach unbeschreiblich toll.
    Ich bin ja schon seeehr gespannt darauf, wie der Schwarze König aussieht *grusel*
    Ich freu mich schon ganz arg auf den nächsten Teil :)
    LG
    Niki

    Hey, der Anfang ist doch schon mal ewig genial!
    An Sydneys Stelle möchte ich jetzt lieber nicht sein *grusel* Ist aber ein ziemlich gemeiner Scherz von Samantha.
    Mich hast du jedenfalls schon mal als Leser gewonnen ;)
    Werde deine Story auf jeden Fall weiter verfolgen.
    LG
    Nikita


    „Mami! Lass mich rein!“
    „Bitte, Chris.“
    „Mammmmmmi!“
    „Warum singst du Mama nicht etwas vor?“, schlug Tony vor, schob sein Geschlecht zwischen Chris’ Lippen und bewegte ihren Kopf langsam vor und zurück.
    „Was soll ich denn singen?“
    „Was du möchtest, mein Herzchen“, sagte Tony und grub seine Finger in Chris’ Kopfhaut.
    „It’s a heartache!“, begann Montana aus Leibeskräften zu singen. „Nothing but a heartache!“
    Gütiger Gott, dachte Chris. Passierte das wirklich?



    „Gets you if you’re too late. Feels just like a clown.”
    War sie wirklich dabei, ihrem Mann einen zu blasen, während ihre sechsjährige Tochter vor der Schlafzimmertür von Herzschmerz sang? Nein, dass konnte sie nicht. Es war zu absurd, zu bizarr.
    Als ob er ihr wachsendes Unbehagen gespürt hätte, wurde Tony schneller. Chris stützte sich auf der Bettkante ab, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.
    „Mein Gott, Chris, das ist so gut. Ich liebe dich so sehr.“
    „Nothing but a heartache…“
    „Tony…“



    „Jetzt, Chris, jetzt!“
    Sie spürte, wie sein Körper zu zittern begann und er ihre Haare losließ. Er zog seine Jeans rasch wieder hoch. Chris schluckte, wischte sich den Mund ab und massierte ihren Kiefer, während Tony zur Tür ging und sie aufmachte. Sofort stürzten Montana und Wyatt herein, sprangen aufs Bett und rangelten um die beste Position auf Chris’ Schoß.



    „Du riechst komisch“, sagte Montana.
    „Morgenatem“, sagte Tony zwinkernd und hob Wyatt hoch über seinen Kopf, während der Kleine begeistert quiekte.
    „Igitt“, sagte Montana, rutschte vom Schoß ihrer Mutter und warf sich gegen Tonys Beine.
    Tony ließ Wyatt an seiner Seite baumeln. „Wer gewinnt den Super Bowl?“ fragte er herausfordernd.
    „Bengals!“, rief Wyatt.



    „Das ist mein Junge.“
    „Bengals, Bengals!“, kreischte Montana noch lauter, um ihren Bruder zu übertrumpfen.
    Du lieber Gott, der Super Bowl, dachte Chris und schlug sich verlegen eine Hand vor den Mund. Das hatte sie völlig vergessen. Sie hatte so viel zu tun und sich noch nicht einmal überlegt, was sie zum Abendessen machen wollte.



    „Chris“, sagte Tony, als er Montana und Wyatt aus der Tür geschoben hatte. „Hör mal, wenn du nichts dagegen hättest, niemandem was davon zu erzählen, dass ich meinen Job verloren hab…“
    „Natürlich nicht.“
    „Jedenfalls heute nicht.“
    „Klar.“
    „Wozu die Party verderben?“
    „Ich verstehe“, sagte Chris lächelnd.
    Jetzt habe ich zwei Geheimnisse, dachte sie.


    So, das wars für heute. Ich weiß, der erste Teil ist ziemlich lang geworden. Ich hoffe, das macht euch nichts aus ;) Aber ich verspreche euch, die nächste Fortsetzung wird nicht so lang.
    Am Mittwoch oder am Freitag wird es wahrscheinlich weiter gehen. Eher kann ich nicht, denn morgen schreiben wir Deutsch-Schulaufgabe, am Dienstag Englisch, Mittwoch ist ein Berufswahlseminar, Donnerstag Mathe usw.
    Ich wünsche euch noch einen schönen Sonntag.
    LG
    Nikita


    „Was!“ Chris war sich sicher, ihn falsch verstanden zu haben. „Wovon redest du überhaupt?“
    „Sie haben mich vor die Tür gesetzt“, sagte er, ohne das weiter auszuführen.
    Chris sah die Worte vor ihren Augen tanzen wie die Staubteilchen in der Sonne, versuchte, sie festzuhalten, bis sie ihre Bedeutung begriffen hatte, doch so leicht ließen sie sich nicht in Reih und Glied bringen. „Sie haben dich vor die Tür gesetzt?“, wiederholte sie hilflos, doch auch laut ausgesprochen ergaben die Worte nicht mehr Sinn. „Warum?“
    Tony zuckte die Achseln. „Dan Warsh meinte irgendwas davon, dass sie frische Perspektiven und neue Ideen bräuchten.“



    „Aber sie waren doch immer begeistert von deinen Ideen. Die Katzenfutterreklame, die „Alles Käse!“-Kampagne, ich dachte, sie wären ganz hin und weg gewesen.“
    „Waren sie auch – letztes Jahr. Jetzt haben wir 1982, Chris. „Wir stecken mitten in einer größeren Rezession. Allen geht der ***** auf Grundeis.“
    „Aber…“ Chris hielt inne. Beschwerte Tony sich nicht immer darüber, dass sie nie wusste, wann sie es gut sein lassen sollte? „Wann ist es passiert?“
    „Freitagmorgen.“
    „Freitag! Warum hast du es mir nicht erzählt?“



    Tränen schossen in Tonys Augen, und er wandte sich ab. „Gestern Abend habe ich versucht, es dir zu erzählen.“
    Chris atmete tief ein und versuchte, sich an die Ereignisse vom Vorabend zu erinnern, an die genaue Abfolge dessen, was gesagt worden war, bevor die Dinge außer Kontrolle geraten waren. Doch sie hatte die wütenden Worte so angestrengt verdrängt, dass sie sich jetzt nicht wieder hervorlocken lassen wollten. Lediglich geknurrte und abgerissene Satzfetzen fielen ihr ein, potenziell bedeutungsvolle Bilder prasselten auf sie nieder und verschwammen wie Schnee auf einer Windschutzscheibe in einem Wintersturm. Tony warf ihr immer vor, dass sie nicht zuhörte. Hatte er etwa Recht?



    „Es tut mir Leid“, erklärte sie ihm und nahm seinen Kopf in ihre Hände und drückte ihn an sich.
    „Wir werden schon zurechtkommen“, versicherte er ihr eilig. „Es ist schließlich nicht so, als ob ich keinen anderen Job finden könnte.“
    „Natürlich wirst du einen anderen Job finden.“
    „Ich will nicht, dass du dir Sorgen machst.“
    „Ich mache mir keine Sorgen. Ich wünschte bloß, ich hätte es gewusst. Vielleicht wäre das mit gestern Nacht nie…“
    „Damit will ich mein Verhalten von gestern Nacht nicht entschuldigen.“
    „Das weiß ich.“
    „Es war vollkommen daneben.“
    „Du warst erregt, weil du deinen Job verloren hast.“
    „Das gibt mir noch lange nicht das Recht, es an dir auszulassen.“
    „Es war ebenso sehr meine Schuld wie deine. Tony, es tut mir so Leid…“



    „Ich liebe dich, Chris. Ich liebe dich so sehr. Der blöde Job ist mir egal. Ich kann eine Million Jobs verlieren, aber dich darf ich nicht verlieren.“
    „Du wirst mich nicht verlieren. Bestimmt nicht. Ganz bestimmt nicht.“
    Und dann lagen sie sich in den Armen, und er küsste sie so, wie er sie geküsst hatte, als sie neunzehn war und er versucht hatte, sie zu überreden, mit ihm durchzubrennen, wie er sie geküsst hatte, als sie zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten, und wie er sie immer küsste, wenn sie sich nach einem Streit versöhnten, kurze, zärtliche Küsse, die ihre Lippen kaum streiften, als hätten sie Angst, länger zu verweilen als erwünscht. Tony zog ihr schon das Nachthemd über den Kopf und drückte sie aufs Bett.



    „Mami!“, ertönte plötzlich ein Schrei vor der geschlossenen Schlafzimmertür.
    Chris spürte, wie Tony erstarrte, und hielt den Atem an, um seine Reaktion abzuwarten. Doch er lachte nur, und in jenem unerwarteten, vollen und kehligen Geräusch hörte sie all die Gründe, aus denen sie vor so vielen Jahren tatsächlich mit ihm durchgebrannt war. Es klang nach Sicherheit und Dauer, und beides hatte sie in ihrer Kindheit vermisst.
    „Mami ist im Moment ein bisschen beschäftigt“, rief Tony, eine Hand am Reißverschluss seiner Jeans.
    „Ich will Mami!“, beharrte das Kind und rüttelte an der Türklinke.



    „Ich komme sofort, mein Mopperchen“, rief Chris und wollte sich aufrichten. Tonys unerwartet fester Griff hielt sie davon ab, während das Kind weiter gegen die Schlafzimmertür trommelte. Warum hatte Tony abgeschlossen?
    „Wisst ihr noch, worüber wir beim Frühstück geredet haben, Kinder?“, fragte Tony, dessen Jeans sich mittlerweile über einer unübersehbaren Erektion spannte. „Darüber, dass Mami sich nicht so wohl fühlt und dass ihr sie ganz lange schlafen lassen wolltet? Wisst ihr das noch?“
    „Aber jetzt ist sie auf“, insistierte Montana. „Ich hab euch reden hören.“
    „Ja, aber sie fühlt sich immer noch nicht besonders wohl.“
    „Was hat sie denn?“ Montanas Stimme klang eher anklagend als besorgt.



    „Mami! Mami!“, rief Wyatt.
    „Tony“, flüsterte Chris und küsste sein Kinn. „Das können wir doch auch später noch machen.“
    Tony umfasste ihre Schulter fester. „Geht wieder in eure Zimmer, Kinder. Mami kommt gleich.“
    „Jetzt!“, forderte Montana.
    „Tony, bitte“, sagte Chris. „So kann ich mich sowieso nicht entspannen.“
    „Es wird nicht lange dauern.“ Tony zog seine Jeans in die Kniekehlen und zog ihren Kopf an sich. „Komm schon, Chris. Du kannst mich doch jetzt hier nicht so stehen lassen.“


    Noch eine Fortsetzung...


    „Wundervoll“, antwortete sie, entschlossen, ihn nicht anzusehen, weil sie wusste, dass das Spiel dann vorüber war.
    „Es tut mir so Leid, Chris.“
    „Nicht.“
    „Du weißt, dass ich es nicht so gemeint habe.“
    „Bitte…“
    „Du weißt, wie sehr ich dich liebe.“
    Chris spürte, wie ihr Tränen in die Augen schossen, und hasste sich dafür. „Bitte, Tony…“
    „Willst du mich nicht mal ansehen? Hasst du mich so sehr, dass du meinen Anblick nicht ertragen kannst?“



    „Ich hasse dich nicht.“ Chris hob kurz den Blick und verschlang ihren Mann mit den Augen.
    Auch wenn man Tony nie als attraktiv bezeichnet hätte, wie Barbaras Mann oder vornehm wie Vickis, nicht einmal gütig, das erste Wort, was einem in den Sinn kam, wenn man Susans Mann beschreiben sollte, gab es, wenn man sich erst einmal in seinem Blick verloren hatte, kein Zurück mehr. Ein Mann voller Geheimnisse, hatte Barbara verkündet; eine beeindruckende Persönlichkeit, hatte Susan vorgeschlagen; sexy, hatte Vicki knapp zusammengefasst. Ein Rohdiamant, waren sie sich alle einig gewesen.



    Mehr roh als glitzernd, dachte Chris jetzt, während sie es sich wieder auf ihrem Bett bequem machte. Sie beobachtete, wie ihr Mann ihr folgte. Von nahem war er kleiner, als er auf den ersten Blick wirkte, allerdings auch muskulöser, als seine schmalen Schultern vermuten ließen. Er trug Jeans und den moosgrünen Pullover, den sie ihm zu seinem letzten Geburtstag geschenkt hatte, weil sie fand, dass der weichere Farbton der Wolle die harte Farbe seiner Augen unterstrich. Sein Haar war bis auf eine weiße Strähne nahe seiner rechten Schläfe braun und dicht. Tony erzählte jedem, dass die Strähne die Folge eines Kindheitstraumas war, wobei das Trauma sich mit jedem Erzählen veränderte, genauso wie die Erklärung für die Narbe, die sich von seinem linken Ohrläppchen bis zu seinem Unterkiefer durch seine Haut schnitt.



    Im Laufe ihrer elfjährigen Ehe hatte Chris so viele Versionen darüber gehört, wie er sich diese Narbe zugezogen hatte, dass sie sich beim besten Willen nicht mehr erinnern konnte, ob sie das Ergebnis eines beinahe tödlichen Sturzes in Kindertagen, die Folge eines Autounfalls, den er wie durch ein Wunder überlebt hatte, oder das Resultat einer Kneipenschlägerei war. Sie war sich sicher, dass der wahre Grund unendlich viel prosaischer als all diese Variationen war, obwohl sie Tonys Geschichten nie in Zweifel ziehen würde.



    Tony brauchte das Dramatische. Er übertrieb die profanen Kleinigkeiten des Lebens, vergrößerte das Gewöhnliche und feierte das Alltägliche. Das machte ihn ja gerade so charmant und feuerte seine Kreativität an. Man konnte keine Zeitung aufschlagen, ohne seine Anzeige zu erblicken, die er gestaltet, nicht bis zur nächsten Straßenecke laufen, ohne ein Plakat zu sehen, das er entworfen hatte.



    Ein Werbefeldzug für Edelkatzenfutter stammte genauso von ihm wie die „Alles Käse!“-Kampagne einer Großmolkerei. War er nicht schneller als irgendjemand vor ihm zum Senior Artdirector von Warsh & Rubican aufgestiegen? Und war nicht sein natürlicher Hang zur Übertreibung zumindest ein Teil dessen gewesen, was sie zum ihm hingezogen hatte? In jenen frühen Jahren war ihr durch Tony alles so aufregend, grenzenlos und so machbar erschienen.



    Chris lächelte, und mehr Ermutigung brauchte er nicht. Sie beobachtete, wie er zu ihr aufs Bett rutschte, und ihre Hände ergriff.
    „Tony…“
    „Es wird nie wieder passieren, Chris.“
    „Das darf es auch nicht.“
    „Bestimmt nicht.“
    „Du hast mir Angst gemacht.“
    „Ich hab mir selbst Angst gemacht“, stimmte er ihr zu. „Ich habe diese brüllende Stimme gehört und konnte nicht glauben, dass ich das selbst war. Die schrecklichen Dinge, die ich gesagt habe…“
    „Das meine ich nicht.“
    „Ich weiß. Bitte verzeih mir.“



    Kann ich das?, fragte Chris sich. Konnte sie ihm verzeihen? „Vielleicht sollten wir es mit einer Beratung oder Therapie versuchen.“ Chris hielt den Atem an und wappnete sich gegen seinen garantiert folgenden Wutausbruch. Hatte Tony seine Meinung über Eheberatung nicht schmerzhaft deutlich gemacht? Hatte er ihr nicht erklärt, dass er es bestimmt nicht zulassen würde, dass ein paar überstudierte Seelenklempner in seinem Privatleben herumpfuschten?
    „Eine Therapie wird nicht helfen“, sagte er leise.
    „Vielleicht doch. Wir könnten es zumindest probieren. Was immer auch unser Problem sein mag –„
    „Ich bin gefeuert worden!“


    Fortsetzung kommt sofort...


    „Oh, Gott“, sagte sie, als sie ihr geschwollenes Gesicht in dem Spiegel über dem Waschbecken sah. „Ich weiß, dass du irgendwo da drinnen steckst.“ Vorsichtig tupfte sie über die Schwellung um ihre Augen. Wurde sie nicht langsam zu alt, um sich in den Schlaf zu weinen?
    Außerdem hatte sie gar nicht geschlafen, die ganze Nacht lang keine Minute. „Chris“, hatte sie Tony in regelmäßigen Abständen in ihr Ohr flüstern hören, bevor er sich, als sie nicht geantwortet hatte, wieder auf seine Seite des Bettes zurückgezogen hatte. „Chris, bist du wach?“



    Er hat also auch nicht geschlafen, dachte sie mit nicht geringer Befriedung, als sie ihr Gesicht mit kaltem Wasser benetzte, einen nassen Waschlappen auf ihre Augen drückte und spürte, wie ihre müde Haut langsam wieder auf Normalgröße schrumpfte. „Wer bist du?“, fragte sie sich nicht zum ersten Mal müde und strich sich ein paar Strähnen ihres strubbeligen blonden Haars aus dem Gesicht. „Weiß der Teufel“, antwortete ihr Spiegelbild mit der Stimme Vickis, und Chris kicherte. Das Geräusch kratzte in ihrer Kehle wie eine Katze an einer Fliegengittertür.
    „It’s a heartache!“, sang Montana auf der anderen Seite der Badezimmerwand.



    Das kann man laut sagen, dachte Chris, stieg unter die Dusche, drehte den Hahn auf und genoss den Schwall heißen Wassers auf ihren Armen und Beinen, spürte ihn wie tausend kleine Peitschenhiebe auf ihrem Rücken. Was gestern Nacht geschehen war, war ebenso sehr ihre Schuld wie Tonys, gestand sie sich ein. Sie stellte sich direkt unter den Strahl, sodass er ihr Haar in der Mitte teilte, bevor er sich über ihr Gesicht ergoss.



    Hatten die Kinder sie streiten hören? Sie hörte über dem Rauschen des Wassers das entfernte Echo der Stimmen ihrer sich anschreienden Eltern, das drei Jahrzehnte später immer noch so laut und mächtig klang wie eh und je. Chris erinnerte sich, wie sie in ihrem Bett gelegen und gelauscht hatte, wenn ihre Eltern unten gestritten hatten. Ihre wütenden Worte waren ungeduldig im Flur gekreist und hatten an die Wände ihres Zimmers geklopft, als wollten sie sie unbedingt einbeziehen, bis sie schließlich durch die Bodenritzen in die Luft eingedrungen waren, die sie atmete. Sie hatte sich ihr kleines Kissen aufs Gesicht gedrückt, um das Gift nicht einzuatmen, hatte sich mit zitternden Händen die Ohren zugehalten und versucht, die hässlichen Geräusche zu dämpfen.



    Einmal war sie sogar aus dem Bett gekrabbelt und hatte sich in der hintersten Ecke des Kleiderschranks verkrochen, doch die Stimmen waren immer lauter geworden, bis sie das Gefühl hatte, dass jemand mit ihr im Schrank war. Als unsichtbare Finger von den Säumen der über ihr hängenden Kleider nach ihr tasteten und fremde Zungen ihre Wangen ableckten, war sie weinend zurück in ihr Bett gelaufen, hatte die Decke bis unters Kinn gezogen, die Arme fest an den Körper gepresst, die Augen zugekniffen und war bis zum Morgen so liegen geblieben.



    Hatte sie vergangene Nacht nicht im Grunde dasselbe getan?
    War sie kein bisschen erwachsen geworden?
    Chris drehte das Wasser ab, trat aus der Dusche und war dankbar dafür, dass sie sich im beschlagenen Spiegel nur schemenhaft erkennen konnte. Sie öffnete die Badezimmertür und spürte die kalte Umarmung der Luft. Wie bin ich nur hier gelandet, fragte sie sich, als sie ins Schlafzimmer zurückschlurfte, mitten im Albtraum meiner Eltern.



    „Hallo Schatz“, sagte Tony leise.
    Chris nickte wortlos und blickte weiter zu Boden, während ihre Nase den Geruch frisch zubereiteter Pfannkuchen witterte.
    „Ich habe dir Frühstück gebracht“, sagte er.
    Chris ließ sich auf den Stuhl sinken, während wie von Zauberhand ein Tablett mit einem Teller voll Blaubeerpfannkuchen, einem Glas frisch gepressten Orangensafts und einer Kanne wunderbar duftenden Kaffee vor ihr auftauchte. Neben einer Butterdose aus Edelstahl standen ein kleiner weißer Keramikkrug mit echtem Ahornsirup und eine kleine gläserne Stielvase mit einer gelben Butterblume aus Plastik. „Das musstest du doch nicht“, sagte Chris leise, den Blick weiterhin abgewandt. Das habe ich nicht verdient, dachte sie.



    Tony stand am Kopfende des Tisches. Sie spürte, wie er sie beobachtete, während sie ihre Pfannkuchen mit Butter bestrich und mit warmem Sirup beträufelte, bevor sie vorsichtig erst eine, dann eine weitere Gabel voll zum Mund führte. Paradoxerweise wurde sie mit jedem Bissen hungriger und mit jedem Schluck, den sie trank, durstiger. Binnen Minuten waren die Pfannkuchen verputzt, das Saftglas war leer und der Kaffee ausgetrunken. „Gut?“, fragte Tony erwartungsvoll, und sie konnte das Lächeln in seiner Stimme hören.


    Fortsetzung folgt sofort...

    So, hier ist also eine neue Fotostory von mir. Das ist die Erste die ich mit Sims 2 mache, also könnt ihr mir ruhig Verbesserungsvorschläge geben. Ich hab mir gedacht, ich setze mal ein Buch um. Die Autorin ist Joy Fielding. Vielleicht ist sie manchen von euch ein Begriff.
    Und dann fängt die Geschichte auch schon an:


    ERSTER TEIL


    1982-1985


    ___________________________


    Chris



    Chris lag mit geschlossenen Augen in ihrem Bett, von den Zehen bis zum Kinn fest in das steife weiße Baumwolllaken gewickelt, die Arme wie gefesselt starr an ihren Körper gepresst. Sie stellte sich vor, sie wäre eine ägyptische Mumie, die einbalsamiert in einer antiken Pyramide lag, während Horden neugieriger Touristen in schmutzigen, ausgelatschten Sandalen über ihrem Kopf hin und her wanderten. Das würde zumindest meine Kopfschmerzen erklären, dachte sie und hätte beinahe gelacht, wenn da nicht das Pochen in ihren Schläfen gewesen wäre, das wie ein Echo ihres dumpfen Herzschlags klang. Wann hatte sie sich zum letzten Mal so ängstlich und verloren gefühlt?



    Nein, Angst war ein zu starkes Wort, verbesserte sich Chris sofort, ihre Gedanken zensierend, noch bevor sie ganz ausformuliert waren. Es war keine Angst, die sie lähmte, sondern ein vages, beunruhigendes Unbehagen, das wie ein vergifteter Strom durch ihren Körper sickerte. Diese unbestimmte, vielleicht sogar undefinierbare Befindlichkeit war es, die sie die Augen fest geschlossen halten und die Arme starr an ihren Körper drücken ließ, als wäre sie im Schlaf gestorben.



    Spürten Tote dieses eindringende, alles durchdringende Gefühl des Unbehagens, fragte sie sich, bevor sie ihrer morbiden Gedanken überdrüssig wurde und die Geräusche des Morgens in ihren Kopf sickern ließ: Unten im Flur sang ihre sechsjährige Tochter Montana, der dreijährige Wyatt spielte mit der Spielzeugeisenbahn, die er zu Weihnachten bekommen hatte; und direkt unter ihr in der Küche öffnete Tony Schranktüren und schlug sie klappernd wieder zu. Nach einigen Minuten war die lähmende Angst zu bloßem Unbehagen geschrumpft, das sich besser in den Griff bekommen und letztendlich leichter ganz abtun ließ. Noch ein paar Minuten, und Chris konnte sich vielleicht einreden, dass das, was vergangene Nacht geschehen war, in Wahrheit ein böser Traum gewesen war, Produkt ihrer überhitzten – überreizten, wie Tony vielleicht sagen würde – Phantasie.



    „It’s a heartache!“, schmetterte Montana in ihrem Zimmer am Ende des Flurs.
    „Tsch-tsch-tsch-tsch, tsch-tsch-tsch-tsch“, zischte Wyatt, das Geräusch einer Eisenbahn imitierend, laut.
    Irgendwo unter ihr ging eine weitere Schranktür auf und klappernd wieder zu. Geschirr klirrte.
    „Nothing but a hertache!“
    Chris schlug die Augen auf.
    Ich habe ein Geheimnis, dachte sie.



    Sie ließ ihren Blick durch das kleine Schlafzimmer wandern, ohne den Kopf von dem riesigen Daunenkopfkissen zu heben. Durch die schweren Vorhänge fielen ein paar Sonnenstrahlen, die die hellblauen Wände gespenstisch blass erscheinen ließen und in deren Licht über ihrem Kopf kleine Staubpartikelchen tanzten. Der schwarze Rollkragenpullover, den Tony gestern Abend zum Essen getragen hatte, hing achtlos hingeworfen über der Lehne des kleinen blauen Stuhls in der Ecke, einen leeren Arm ausgestreckt zu dem breiten blauen Webteppich, der noch immer klebrig von vor langer Zeit verschüttetem Apfelsaft war. Die Tür zu dem kleinen, direkt angrenzenden Bad stand ebenso offen wie die oberste Schublade der Kommode. Die Uhr auf ihrem Nachttisch zeigte 9.04 an.



    Sie sollte wahrscheinlich aufstehen, sich anziehen und nach Wyatt und Montana sehen. Tony hatte ihnen offensichtlich Frühstück gemacht, was sie nicht überraschte. Sonntags stand er immer mit den Kindern auf. Außerdem war er nach einem großen Streit immer besonders nett zu ihr. Sie hatte gespürt, wie er beim ersten Gepolter in Wyatts Zimmer leise aus dem Bett geschlüpft war, aber so getan, als würde sie schlafen, während er sich eilig angezogen hatte, und bevor er sich über sie gebeugt und ihr einen Kuss auf die Stirn gehaucht hatte. „Schlaf“, hatte sie ihn flüstern hören und seinen Atem beruhigend sanft auf ihrer Haut gespürt.



    Sie hatte versucht, wieder einzudösen, doch es war ihr nicht gelungen, und als ihre Lider jetzt endlich gnädig schwer wurden, war es zu spät. Die Kinder würden sich jede Minute bei ihren einsamen Beschäftigungen langweilen, durch die Schlafzimmertür stürmen und ihre Aufmerksamkeit einfordern. Sie musste aufstehen, duschen und sich auf den vor ihr liegenden, anstrengenden Tag vorbereiten.



    Entschlossen schlug Chris das Laken zur Seite, schwang die Beine aus dem Bett und spürte unsichtbare Kekskrümel unter ihren nackten Füßen zerbröseln, als sie in Richtung Bad tapste.


    Fortsetzung folgt sofort...

    Na, jetzt ist ja ganz schön Licht ins Dunkle gekommen.
    Die Bilder und alles andere auch sind einfach phantastisch!
    Bin ja schon mal riesig gespannt, ob es den zweien gelingt, sich erfolgreich zu verstecken.
    Ich freu mich auf den nächsten Teil.
    LG
    Nikita