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„Und verraten Sie mir auch, wohin Sie mich zum Kaffee entführen wollen?“ fragte Celia lächelnd, als sie mit Damien gemeinsam ihr Grundstück verließ. Er hatte sich mehrmals dafür entschuldigt, sie gestört zu haben und wollte sich schon wieder zurückziehen, als sie plötzlich entschied, dass es Zeit wurde, die Menschen in ihrer Umgebung kennen zu lernen, unabhängig von Mara. Und hier bot sich die Gelegenheit. Freundlich hatte sie ihn gebeten, doch zu bleiben und eine Tasse Kaffee mit ihr zu trinken, worauf er höflich aber sehr bestimmend darauf bestanden hatte, sie einzuladen. Eine seltsame Faszination ging von diesem Mann aus, eine Ausstrahlung, die ihr vertraut und angenehm erschien und die sie schließlich dazu brachte, seine Einladung anzunehmen.
[FONT="]„Lassen Sie sich überraschen, es ist gar nicht weit. Ein malerisches Fleckchen Erde, wie geschaffen für eine Künstlerin, Sie werden sehen.“
[/FONT] Und wie recht er hatte. Nur ein paar Häuser weiter führte er sie durch den Gastraum eines kleinen Cafés hinaus in einen wildromantisch anmutenden Garten. Überall schossen kleine Fontänen blitzende Wassertropfen in die Höhe, Blumen sprossen zwischen kunstvollen Steinarrangements und Sitzbänke im Schatten der Bäume luden zum Verweilen ein.
„Es ist bezaubernd hier.“ beantwortete sie seine Frage, noch bevor er sie stellen konnte. „Wirklich bezaubernd!“
„Sehen Sie, das sagte ich doch! Hier draußen gibt es zwar keine Bedienung, aber heute ist ein so schöner Tag, den sollte man nicht eingesperrt in einem Haus verbringen.“
[FONT="]„Da haben Sie recht!“ stimmte sie ihm zu, während sie sich weiter umsah. „Allerdings scheinen das nur wenige genauso zu sehen. Es ist kaum jemand anders hier.“ Nur eine einzelne Frau saß still in einer Ecke und hob nicht einmal den Kopf, als sie die Treppe herunter kamen.
[/FONT] „Oh, das liegt daran, dass die meisten erst abends hierher kommen, wenn im Garten überall die Lichter brennen. Tagsüber ist nie viel los.“ sagte er, nachdem er ihnen beiden eine Tasse Kaffee geholt hatte. „Wissen Sie, hier leben alle ein wenig, nun sagen wir zurückgezogen. Jeder ist mit seinen eigenen Sorgen beschäftigt und kümmert sich wenig um andere. Die Leute sind eben nicht sehr gesellig.“
„Anders als Sie scheinbar.“ konstatierte sie lächelnd.
„Nun, ich bin eine Ausnahme, ebenso wie Sie vermutlich.“
„Dann passen wir wohl beide nicht wirklich hierher, oder?“ In einem plötzlichen Anfall von Traurigkeit drehte Celia die Tasse in ihren Händen hin und her, trank dann einen Schluck und schob den Kaffee nach dem Absetzen mit einem „Huh, der ist aber stark!“ von sich.
[FONT="]„Tut mir leid, ich vergesse immer, dass nicht alle meinen Geschmack haben.“ entschuldigte sich Damien mit einem schiefen Grinsen. „Und schon gar nicht meinen Magen!“
[/FONT] Sie lachte, lehnte aber sein Angebot, ihr ein Glas Wasser zu holen, ab, und so setzte er sich neben sie, trank in kleinen Schlucken seinen Kaffee und musterte sie dabei eine ganze Weile stumm, ohne dass sie sich unter seinem forschenden Blick unwohl gefühlt hätte. Im Gegenteil! Je länger er sie mit seinen dunklen Augen ansah, desto ruhiger wurde sie, die Anspannung wich von ihr, nur die Traurigkeit blieb zurück und er schien das zu spüren.
„Sie haben wohl noch keine großen Fortschritte gemacht, bei der Suche nach ihrer Vergangenheit, was?“ fragte er schließlich mitfühlend.
„Leider.“ Sie nickte und schluckte. „Alles, was ich bis jetzt gefunden habe, waren nur noch mehr Fragen statt Antworten.“
„Nun ja, das ist doch immer noch besser als gar nichts, oder? Na kommen Sie, Sie wollen doch nicht jetzt schon aufgeben?“
„Nein, natürlich nicht! Aber ....“ schon wieder brach sie ab.
[FONT="]„Da ist noch was anderes?“
[/FONT] Warum hatte sie nur davon angefangen? Er war ein wildfremder Mann für sie, über den sie nicht das Geringste wusste, außer natürlich, dass er einer ihrer Nachbarn war. Vielleicht lag es an seiner unaufdringlichen Art, auf sie einzugehen, vielleicht aber auch nur an ihrem Riesenfrust, der sie gerade aufzufressen drohte, aber wie sie da so neben ihm am Tisch saß, fühlte sie sich eigenartig frei und unbeschwert und es fiel ihr plötzlich ganz leicht, ihm ihr Herz auszuschütten, selbst wenn sie ihm nicht alles erzählte. Gemächlich erst seinen und dann ihren Kaffee schlürfend, hörte er aufmerksam zu, ohne sie ein einziges Mal zu unterbrechen. Ab und zu warf er ihr unter den gesenkten Lidern einen interessierten Blick zu, doch das merkte sie nicht.
„Finden Sie das nicht auch alles reichlich merkwürdig?“ Fragend sah sie ihn an, nachdem sie fertig war, und er nickte bedächtig.
„Allerdings. Aber ich muss zugeben, ich fand Miss Banning schon immer, nun wie soll ich sagen, ... ähm, ... ungewöhnlich.“
Wider Willen musste Celia lachen. „Ich glaube, ungewöhnlich ist noch arg untertrieben.“
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