Beiträge von Innad

    „Nun… ich… ich weiß einfach nicht, ob es richtig ist, dass ich das Studium anfange, nach allem, was geschehen ist…“, gab Tessa zurück. „Es kommt mir irgendwie wie ein Verrat an Jess vor. Ich meine… es kann doch nicht in Ordnung sein, dass ich mein Leben nun einfach so weiterlebe…. als habe es ihn nie gegeben. Als ob ich ihn abgeschrieben, vergessen hätte… so wie es vor ihm geplant war. Bevor ich ihn kennenlernte. Ich kann doch nicht einfach zum Alltag übergehen, auch wenn ich es seit Wochen versuche… aber ich finde es nicht richtig, Monika!“



    Monika schwieg, bis der gerade an den Tisch herangetretene Kellner das Essen serviert hatte und erwiderte dann ruhig: „Tessa – nun hör schon auf. Natürlich ist es in Ordnung, wenn du dein Leben weiterlebst. Es ist sogar noch viel mehr als nur das. Es ist erforderlich, es ist notwendig. Was würde es Jess schon helfen, wenn du dein Leben nun auch noch ruinierst? Ich weiß, dass du es nicht so empfindest, und ich kann es verstehen. Aber tief in dir weißt du ganz genau, dass du alles getan hast, was du tun konntest. Du hast ihn gesucht, so gut du konntest. Du hast versucht, ihn zu finden… aber er ist verschwunden. Was soll es nun bringen, wenn du dein Studium nicht antrittst, deine Pläne und Hoffnungen für die Zukunft über Bord wirfst? Es wird nichts an der Situation ändern, das weißt du. Und es würde Jess nicht helfen, auch wenn er hier wäre. Und offen gesagt glaube ich außerdem, dass er es auch nicht gut heißen würde. Meinst du nicht auch?“
    Nachdenklich starrte Tessa auf ihren Teller, ohne das Essen anzurühren.
    „Vermutlich nicht…“, flüsterte sie dann leise.



    „Na siehst du. Es ist wichtig, dass du weiterlebst, Tessa. Dass bedeutet nicht, dass du Jess verrätst oder dass du ihn vergisst. Es hat nichts miteinander zu tun.“
    Tessa seufzte und nickte. „Ich denke mir nur immer wieder, dass ich nicht alles getan habe, um ihn zu finden.“
    „Aber was hättest du noch tun wollen? Du bist in den letzten Wochen fast täglich durch die Stadt gelaufen, hast alle bekannten Plätze abgeklappert, ohne jemanden zu finden.“
    „Nicht einmal Jasmin ist mehr zu finden…“, sagte Tessa leise. „Vielleicht hätte sie mir etwas über Jess sagen können…“
    „Und du warst bei der Drogenbehörde, die dir auch bestätigt hat, dass Jess nicht in der Liste steht, aber trotzdem nicht bei ihnen aufgetaucht ist. Seither ist er offenbar auch nicht dort gewesen, sonst hätte man dich informiert…“
    Tessa nickte. „Ich weiß das alles, und dennoch kommt mir das, was ich getan habe, zu wenig vor…“


    „Aber ich weiß auch, dass es keine anderen Möglichkeiten mehr gibt“, seufzte sie. „Und wenn ich den Tatsachen ins Auge sehe, muss ich einfach einsehen, dass die Chance, Jess zu finden, immer geringer wird. Vermutlich haben wir beiden mit der Annahme, dass er die Stadt verlassen hat, tatsächlich recht. Es tut nur so weh, sich vorzustellen, ihn vielleicht niemals wiederzusehen… wenn ich mich doch wenigstens noch von ihm hätte verabschieden können… in irgendeiner Form…“
    Sie seufzte und sah Monika dann an. Reue überkam sie. „Oh Monika – ich bin grausam. Im Gegensatz zu dir habe ich zumindest noch eine kleine Hoffnung, Jess wieder zu sehen… eine Hoffnung, die du nicht mehr haben kannst. Es ist nicht richtig, dass ich dich so voll jammere.“
    Monika lächelte gütig. „Mach dir keine Gedanken darum, Tessa. Es ist schon in Ordnung, du kannst ja nichts für mein Schicksal, und es ist vollkommen normal, dass dir die Aussicht, Jess nie wiederzusehen, furchtbar weh tut. Aber gib die Hoffnung nicht auf. Wenn das Schicksal es gut mit euch meint… wer weiß, vielleicht findet ihr euch ja doch noch einmal… irgendwann und irgendwo…“



    Tessa nickte. „Ja… wer weiß…“
    „Und nun ist es erst einmal wichtig, dass du dein Leben weiterlebst und die Uni in Angriff nimmst! Darauf hast du schließlich so viele Monate gewartet!“
    Sie lächelte Tessa aufmunternd zu und diese lächelte schwach zurück.
    „Das erscheint mir zwar alles in einem anderen Leben gewesen zu sein… aber du hast dennoch Recht. Die Arbeit hat mir all die Zeit dennoch Spaß gemacht, und letztlich hat sie mich ja auch irgendwie ein Stückweit zu Jess gebracht. Es ist gut, dass ich nun meine beruflichen Ziele in Angriff nehmen und verwirklich kann. Auch wenn mir die Arbeit im Verlag erst einmal fehlen wird. Die Uni wird sicher auch spannend werden.“
    Monika nickte zufrieden. „Das ist die richtige Einstellung.“
    Sie aßen schweigend zu Ende, dann winkte Monika den Ober heran. „Zwei Gläser Prosecco bitte“, sagte sie lächelnd und zwinkerte Tessa zu. „Wir sollten auf diesen neuen Abschnitt deines Lebens anstoßen!“
    Nur wenige Minuten später hoben die beiden jungen Frauen die Gläser und Tessa flog sogar ein Lächeln übers Gesicht.
    „Auf dich, Tessa, und darauf, dass dieser Abschnitt deines Lebens etwas glücklicher und freudvoller werden mag als der vergangene…“



    „Ja…“, erwiderte Tessa und lächelte ebenfalls. „Und auf dich und uns, Monika! Ich bin froh, dich als Freundin zu haben!“
    Und als die Gläser gegeneinander klirrten, empfand Tessa zum ersten Mal seit Wochen wieder etwas wie Freude in ihrem Herzen.



    Fortsetzung folgt.

    Kapitel 44
    Ein neuer Anfang



    Die Wochen vergingen und inzwischen schrieb man den 02. April, einen Sonntag. Es war noch einmal kälter draußen geworden und in dieser Nacht hatte es sogar noch einmal geschneit. Dennoch - der Frühling kam unaufhaltsam und in großen Schritten, er lag in der Luft, man konnte ihn nicht nur riechen, man konnte ihn fühlen.
    Mitte März hatte Tessa ein Schreiben der Fachhochschule erhalten, in dem sie zum ersten Unterrichtstag am 03. April eingeladen worden war.
    Nun saß sie mit Monika zusammen in einem ihrer Lieblingscafés, am Abend vor Unterrichtsbeginn. Es war recht kühl in dem Café, so dass beide Frauen ihre Jacken nicht ausgezogen hatten. Nachdem sie sich etwas zu essen bestellt hatten, starrte Tessa nachdenklich ins Leere.



    „He Tessa, was ist denn los?“ fragte Monika und sah ihre Freundin aufmerksam an. „Du sitzt schon seit Minuten da und sagst kein Wort?“
    Tessa seufzte. „Ich weiß – es tut mir leid. Heute ist irgendwie ein komischer Tag.“
    „Willst du darüber reden?“




    Tessa seufzte. „Es gibt gar nicht so viel dazu zu sagen. Ich weiß auch nicht… vielleicht liegt es daran, dass es noch einmal geschneit hat. Blöder April…“
    Monika nickte mitfühlend. „Ich weiß, was du meinst. Ich verbinde den Schnee immer unweigerlich mit der Erinnerung an Kevin. Und dir geht es mit Jess vermutlich ähnlich, oder?“
    Tessa nickte. „Der Schnee hat einen speziellen Geruch, findest du nicht auch? Ich hab heute Morgen diesen Geruch vernommen und es hat sofort unendlich wehgetan. Der Schnee erinnert mich an Jess, ja. Aber ich fürchte, es ist nicht nur das, was mich so traurig macht…“

    Sie nahm einen Schluck Wasser und starrte wieder wortlos vor sich hin.



    „Was ist es dann?“ fragte Monika einfühlsam und sah Tessa an.
    „Ist es vielleicht wegen morgen? Hast du etwa Muffensausen wegen der Uni?“ Sie grinste leicht. „Ich könnte es dir nicht übelnehmen. Als ich damals mit meiner Ausbildung angefangen habe, war mir am Tag zuvor auch ganz flau.“
    Tessa schüttelte den Kopf. „Das ist es nicht direkt.“
    „Was ist denn dann los?“


    Tessa sah Monika lange an und erwiderte dann: „Weißt du – es kommt mir alles so unwirklich vor. Und ich bin mir nicht sicher, ob es richtig ist, was ich tu.“
    „Wie meinst du das?“ fragte Monika.

    @Dani04: Ja, da hast du recht, Jessica verstößt natürlich total gegen den Datenschutz (zugunsten dessen, dass ich das herunterleiern der Namen so schön fand :D ), aber für Tessa ist das ja ganz gut und es bleibt ja auch unter ihnen und uns ;).
    Natürlich sieht Tessa ein, dass es nicht gut war, Jess vor ihrer Mutter zu verstecken. Es war einfach eine total besch... Situation. Aber dass er deswegen wieder weggegangen ist, ist natürlich nicht gesagt. Verständlich natürlich, dass sie es damit unweigerlich in Verbindung bringt :(
    Ja - Kevin... den fand ich auch schnuckig. Und noch dazu ist er gar nicht von mir, es ist ein Maxis Sim und was für ein netter. Schade, dass er nur so eine kurze und tragische Rolle hatte eigentlich. :rolleyes
    Danke für Deinen Kommi und mach Dir keinen Kopp wegen dem "späten", ich bin so froh über Deinen Kommi, egal, wann er kommt



    @Lllynya: Tja, egal, wo Jess nun letztlich ist, für Tessa ist er ersteinmal unauffindbar. Aber das ist immerhin besser, als zu denken, er sei tot. Gut für Tessa ist es jetz auch, Jessica sozusagen als Verbündete zu haben udns o zu erfahren, wenn man in der Drogenbehörde irgendwas von Jess erfährt, ob nun doch die Eintragung in die Liste :( oder aber dass er doch noch vorbei kommt. WO Jess ist, bleibt also erst einmal die große Frage.
    Danke für Deinen lieben Kommi!!!




    Wölfin:
    Das X-Mas Special ist vollkommen außerhalb des Storyverlaufs, das hab ich einfach schön gefunden, also das hat nix mit der momentanen Situation in der Geschichte zu tun :)
    Auch wenn es schön wäre, wenn es "echt" wäre... *seufz* Das stimmt schon!
    Nein, das Jess nicht auf der Liste steht, heißt nicht automatisch, dass er lebt, da hast Du recht... aber es schließt vieles schonmal aus und macht die These mit dem Verlassen der Stadt etwas schlüssiger.
    Danke für Deinen lieben Kommi!!!! :applaus



    @ineshnsch:
    Danke für Deinen lieben Weihnachtswünsche, die ich uneinegschränkt zurückgebe!
    Du hast übrigens recht, vermutlich wäre es genauso gelaufen, wenn Tessa ihrer Mutter Jess vorgestellt hätte. Allerdings wäre es dann ja ihre Mutter gewesen, die sich mistig verhält, nicht Tessa selbst. DAs ist wohl der kleine, aber feine Unterschied dabei. Ob das eine jedoch besser als das andere gewesen wäre... so oder so hätte sich Tessa in Selbstvorwürfen verloren. Wenn ihre Mutter ausgetillt wäre und Jess am Ende noch die Polizei auf den Hals gehetzt, dann wäre Tessa auch nicht glücklich geworden und hätte sich gefragt, warum sie Jess nicht einfach noch ein Weilchen geheim gehalten hat.


    Danke für Deinen lieben Kommi!!!!



    @ALL
    : Ich wünsche euch einen guten Rutsch und ein tolles, gesundes Neues Jahr!!!


    Die FS heute passt so ein wenig zu End- und Anfangszeiten :) Viel Spass dabei, es ist die letzte in diesem Jahr!

    Huch, vor lauter Weihnachtstrubel hab ich die FS gar nicht bemerkt! Aber schön, dass sie da ist ! :applaus


    Soso, es ist im Wald trotz Kälte und Einsamkeit doch noch romantisch geworden! :roftl Wer hätte das gedacht! Es freut mich, dass die beiden sich nun doch noch gefunden haben. Aber Sorgen mach ich mir trotzdem.


    Nun haben die Eltern zwar Seans Handy gefunden, aber viel bringen tut das natürlich auch nicht wirklich :( Ich denke auch, es ist am vernünftigsten, noch einmal die Polizei zu rufen. Nun haben sie ja sozusagen stichhaltige Beweise, dass die Kinder sich im Wald verlaufen haben und wenn die Polizei evtl eine Truppe mit Männern und Lampen und all sowas zur Verfügung stellt, kann man die beiden viel viel schneller finden...!


    Ich hoffe, das Ganze geht noch gut aus... :hua


    Die FS war wie immer sehr schön, die Bilder toll, der Text hat mich richtig gerührt :)

    Hallo ihr Lieben!



    Leider können wir Euch vor Weihnachten und in diesem Jahr keine Fortsetzung mehr bieten - der Weihnachtsstress macht das völlig unmöglich!


    Aber als kleines Bonbon und als ein riesiges Dankeschön für Eure Treue in den letzten Monaten haben wir für Euch ein kleines Weihnachtsspecial vorbereitet!


    Wir hoffen, es gefällt Euch und dass ihr uns, Marie, Cedrik, Casimir und Susan auch im kommenden Jahr treu bleiben werdet!



    Wir möchten Euch von Herzen ein frohes Fest, besinnliche Feiertage, viele tolle Geschenke - besonders jene der inmateriellen Sorte - und natürlich einen guten Rutsch in ein gesundes und glückliches Neues Jahr wünschen!




    Eure Chrissy und Innad

    Hallo ihr Lieben, Eure Kommis beantworte ich bei der nächsten FS - die wird es wohl aber erst nach Weihnachten geben!
    Dafür hab ich heute ein kleines X-MAS Special für euch, ich hoffe, ihr mögt es!
    Ich wünsche euch allen frohe Festtage und viel Spaß unter dem Weihnachtsbaum! Danke für eure Treue, ich hoffe, ihr bleibt mir, Tessa, Jess und allen anderen ;) auch im folgenden Jahr treu!



    Liebe Grüße von Innad

    „Und… können Sie mir dann nicht sagen, ob Jess auf dieser Liste steht?“ stieß Tessa hervor.
    Jessica schluckte. „Frau Wagner… diese Liste ist intern. Ich darf keine Informationen davon nach außen geben. Das unterliegt dem Datenschutz…“



    Tessa beugte sich nach vorne. „Ich weiß… aber… gibt es denn gar keine Möglichkeit? Ich möchte mir diese Liste doch gar nicht ansehen… ich möchte nur wissen, ob er darauf steht oder nicht… ein einfaches Ja oder Nein wäre ausreichend… verstehen Sie denn nicht… ich bin verzweifelt. Seit Wochen suche ich nach ihm… diese Ungewissheit ist unerträglich…“
    Jessica schluckte. „Ich darf das eigentlich nicht, Frau Wagner. Woher soll ich wissen, dass Sie wirklich Jess´ Freundin sind…“
    „Bitte, ich flehe Sie an… vertrauen Sie mir. Woher sollte ich das alles sonst wissen… Jess und ich sind schon seit Herbst ein Paar….“



    Jessica rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her, aber Tessa sah ihr weiter fest in die Augen. Schließlich seufzte sie und sagte. „Nun gut – aber bitte sagen Sie niemanden, dass ich das getan habe. Sonst verliere ich am Ende noch meinen Job.“
    Tessa seufzte auf. „Ich danke Ihnen, ich danke Ihnen vielmals… ich werde niemanden etwas sagen, versprochen.“
    Jessica nickte und begann, etwas in ihren PC einzutippen. Nervös sah Tessa ihr zu.



    „Momentchen, da haben wir sie ja…“, murmelte Jessica leise. „Baumann, Bahnsen, Baier, Backhaus, Burgherr... er steht nicht drin!“ Sie lächelte Tessa zu.
    Dieser schien ein ganzer Zentner an Steinen vom Herzen zu fallen.
    „Aber das heißt nicht, dass ihm nichts geschehen ist, oder? Was, wenn er nicht identifiziert worden ist?“ fragte Tessa leise.
    Jessica starrte wieder auf die Liste. „Vielleicht kann ich Ihnen auch da weiterhelfen. Ich schaue mir mal die Beschreibungen der anonymen Opfer an, die stehen nämlich immer dabei… Jess war braunhaarig, blauäugig, groß, schlank und Mitte zwanzig… mal sehen…“




    Nach einer Weile sah sie auf und lächelte Tessa zu. „Keine der Beschreibungen passt auf ihn, Frau Wagner. Ich denke, Sie können ziemlich sicher sein, dass er noch lebt. Auf jeden Fall steht auf dieser Liste hier niemand, der auf ihn passen würde.“
    Tessa atmete tief durch und lächelte leicht zurück.
    „Ich danke Ihnen, Jessica. Ich danke Ihnen wirklich vielmals…“
    Jessica nickte ihr zu und drückte rasch die Liste auf ihrem Bildschirm weg.
    „Kein Problem. Möchten Sie mir vielleicht Ihre Telefonnummer da lassen? Sollte ich Jess irgendwo hier bei uns sehen, werde ich Sie anrufen.“




    Tessa nickte dankbar und kritzelte rasch ihre Nummer auf einen Zettel. Dann verabschiedete sie sich von Jessica und trat erneut auf die Straße, wo sie unschlüssig stehenblieb.
    Ihr Herz klopfte mit ungewöhnlicher Wucht gegen ihre Brust und ihr Atem ging schnell. Sie fühlte sich seltsam befreit und dabei doch unendlich angespannt.
    Jess stand nicht auf der Liste… das hieß, er lebte noch! Welch ein Glück!
    Doch andererseits war er offenbar schon seit Wochen nicht mehr hier gewesen. Er schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Dies konnte eigentlich nur eines bedeuten…er hatte die Stadt tatsächlich verlassen.




    Tessa schauderte unter der Wucht eines Windstoßes zusammen. Der Schnee war schon vor einigen Tagen geschmolzen, der Frühling kam mit aller Kraft. Es war inzwischen so mild draußen, dass man keine Jacke mehr brauchte. An den Bäumen waren bereits die ersten Knospen zu sehen.
    Dies schien noch mehr zu verdeutlichen, wie fern Jess ihr war.
    Er hatte dieser Stadt und ihr den Rücken gedreht. Doch hatte er sie darum wirklich verlassen? Es fühlte sich nicht so an.




    In den Bäumen hörte Tessa ein Vögelchen zwitschern. Es war wirklich Frühling geworden. Der Winter war nur noch eine wehmütige Erinnerung, jedoch so greifbar nah, dass man den Geruch von Schnee immer noch in der Nase zu spüren schien.
    Jess jedoch war fort. Irgendwo war er noch – irgendwo in den Weiten der Republik. Er lebte, er atmete… irgendwo… irgendwo, wo sie ihn nicht finden konnte.
    Es war, als habe der Winter ihn mit sich genommen.
    Doch in ihrem Herzen war Jess immer noch da. Und würde niemals fortgehen.



    Fortsetzung folgt.........

    Kapitel 43
    Die Liste


    Tessas Schritte wurden langsamer und immer schwerer, je näher sie dem großen, grauen Gebäude kam, in der sich das Büro der Drogenhilfe befand.
    Einige Meter vor dem Eingang blieb sie schließlich unsicher stehen und starrte geradeaus. Sie fühlte sich fast wie festgewachsen, als wolle sich ihr Körper dagegen wehren, in dieses Gebäude zu gehen, aus Angst vor dem, was sie dort vielleicht erfahren würde.
    Sie seufzte schwer und starrte dann wieder auf das Muster des Gehwegs unter ihren Füßen. Dabei stellte sie sich vor, wie oft Jess diesen Weg hier wohl schon entlang gegangen war… immerhin war er oft und wohl in irgendeiner Form auch recht gerne hierher gekommen. In den Gemeinschaftsräumen hatte er seine Bilder malen können, hier hatte er eine heiße Dusche und ein hin und wieder ein warmes Bett bekommen.
    Als sie sich ausmalte, wie vertraut diese Umgebung für Jess sein musste, fühlte sie sich für einen Moment leichter. Doch dann übermannte sie wieder das schmerzliche Gefühl, das sich jedes Mal in ihr ausbreitete, wenn sie intensiver an Jess dachte. Das Gefühl von Angst zum einen… das Gefühl von Sehnsucht zum anderen. Sie seufzte erneut tief auf.



    Sie schluckte schwer und hob dann den Kopf. Es machte keinen Sinn, hier auf der Straße herum zu stehen und Trübsal zu blasen. Sie war hierher gekommen, weil sie Klarheit erlangen wollte. Also holte sie tief Luft und betrat das Gebäude. Ein Hinweisschild zeigte, dass ich das Büro im ersten Stock befand, also stieg Tessa die Treppen nach oben und schaute sich dabei aufmerksam um. Irgendwo in ihr war eine leise, wenn auch äußerst geringe Hoffnung, Jess vielleicht sogar hier anzutreffen… immerhin war er oft hierher gekommen… und darüber hinaus wäre er hier wohl recht sicher vor irgendwelchen Übergriffen gewesen. Doch die meisten Türen waren verschlossen. Tessa fand schließlich das Büro der Behörde auf der oberen Etage und ging raschen Schrittes in den freundlich eingerichteten Raum. Für Zweifel blieb jetzt keine Zeit mehr – sie musste jetzt entschlossen und selbstbewusst auftreten, wenn sie an ihr Ziel kommen wollte.


    Einen Moment blieb sie unschlüssig stehen und sah sich um. In der Ecke befand sich eine gemütliche Sitzecke, offenbar eine Lese-Ecke, und im Raum standen einige Schreibtische, an denen Frauen saßen und tief in ihre Arbeit versunken zu sein schienen. Ein Durchbruch in der Wand führte in eine Art Gemeinschaftsraum, aus der man das Lachen einiger junger Stimmen klingen hörte. Jess´ Stimme war nicht dabei.
    „Kann ich Ihnen helfen?“ hörte Tessa eine freundliche Stimme. Die junge, schwarzhaarige Frau in der Ecke hatte von ihrem Schreibtisch aufgesehen und blickte Tessa nun freundlich an.
    „Ja… ich hoffe“, erwiderte diese rasch. Die junge Frau bedeutete ihr, sich zu setzen.
    „Mein Name ist übrigens Jessica. Was kann ich für Sie tun?“



    Tessa setzte sich rasch und sah die Frau an, dann sagte sie langsam: „ Ich heiße Theresa… Theresa Wagner. Es geht darum: Mein Freund ist drogensüchtig und… manchmal ist er hier bei Ihnen, zum Essen und Schlafen und all sowas…“
    Sie suchte für einen Moment nach Worten, dann sprach sie fest weiter: „Ich vermisse ihn seit etwa vier Wochen. Er… er ist nicht zu finden… er ist verschwunden… können Sie mir vielleicht weiterhelfen?“



    Jessica sah sie mitfühlend an. „Wie heißt Ihr Freund denn, Frau Wagner? Und wie sieht er aus?“
    „Er heißt Jess. Jess Berger… er ist etwa 1,80 groß, sehr schlank, hat braune Haare, blaue Augen… meist trägt er so eine schwarze Jacke mit Felleinsatz…“
    Jessica dachte einen Moment nach. „Mh… diese Beschreibung passt unglücklicherweise auf sehr viele von den Männern, die hier ein- und ausgehen…“
    Sie lächelte Tessa freundlich an. „Gibt es vielleicht noch etwas Besonderes, was Ihnen einfällt?“


    Tessa nickte. „Oh – ja… vielleicht hilft das… er malt sehr gerne und gut. Ich glaube, er war öfters zum Zeichnen und Malen hier.“
    Jessicas Miene hellte sich auf. „Aber natürlich! Jetzt weiß ich, wen Sie meinen… unseren kleinen Künstler Jess… wieso bin ich nicht gleich darauf gekommen! So wie er kann hier niemand malen! Wir haben ihm sogar schon einmal angeboten, einige seiner Bilder auszustellen… aber es kam dann doch nicht dazu.“
    „Wissen Sie, wo er ist? War er in letzter Zeit hier?“ fragte Tessa schnell.
    „Nein, leider nicht… ich hab ihn schon seit Wochen nicht mehr gesehen… das muss kurz nach Neujahr gewesen sein… es tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen kann“, erwiderte Jessica und sah Tessa traurig an.


    Tessa schluckte. Sie hatte so etwas schon befürchtet. Doch nun musste sie diese Liste ansprechen, auch wenn sie sich recht sicher war, dass es nicht einfach werden würde, einen Einblick in jene zu erhalten.
    „Nun…“, sagte sie mit möglichst fester Stimme. „Gibt es denn gar keine Möglichkeit für Sie herauszufinden, wo er ist oder ob es ihm gut geht?“
    Jessica schüttelte bedauernd den Kopf. „Nein… wir sind eine offene Stelle und niemand muss sich bei uns melden, wenn er nicht möchte. Wenn die Leute zu uns kommen, dann bieten wir Ihnen Hilfe an… aber wir können sie nicht zwingen, vorbei zu kommen.“
    Tessa lehnte sich ein Stück nach vorne. „Aber… was bedeutet das, wenn jemand wie Jess, der sonst regelmäßig hier war, auf einmal nicht mehr kommt?“




    Jessica seufzte. „Das kann meist alles bedeuten… von etwas ganz Harmlosen bis zum Schlimmsten.“
    Tessa schluckte. „Und… und wenn ihm nun wirklich etwas geschehen wäre… wüssten Sie dann nicht auch darüber Bescheid?“
    Jessica sah sie aufmerksam an. „Was meinen Sie?“
    „Ich meine – gibt es nicht eine Art…“, es fiel ihr schwer, es auszusprechen. „Eine Art Opferliste oder etwas ähnliches? Jess hat mal so etwas erwähnt…“



    Jessica seufzte. „Das ist richtig, es gibt eine Opferliste. Wenn jemand auf der Straße gefunden wird und es stellt sich heraus, dass es ein Drogenopfer ist, wird uns das gemeldet. Kennen wir denjenigen oder diejenige und können das Opfer somit identifizieren, wissen wir auch, um wen es sich gehandelt hat, ja.“

    @Llyna: HAch, Du treue Seele :) Ich glaub, ich bin echt zu schnell.
    Ja, Moni ist arg wichtig für Tessa, das ist ganz richtig!!!
    Ich bin heute mal was kürzer mit dem Re-Kommi, weil ich nicht so viel Zeit habe!! Vielen dank für Deinen Kommi!!!

    Oh weh, was für eine traurige Fortsetzung! Dass ihre Eltern so störrisch sind, tut mir total weh :( Wie kann man denn nur seine eigene Tochter vor die Türe werfen? Dass es ein Schock ist, das kann ich klar nachvollziehen... aber SOWAS?


    Ob wir dem Geheimnis um Molly nun näherkommen????? Ach, das ist sooo spannend. Kannst Du nicht wenigstens ein klein bißchen andeuten, was Molly in ihre missliche Lage gebracht hat??? *bettel* :roftl


    Wie immer ein tolles Kapitel!!!

    „Du weißt, dass alles wieder von vorne anfangen würde…“, sagte Monika langsam. „Ich weiß nicht, ob Jess bereit wäre, noch einen Entzug zu beginnen und selbst dann gibt es keine Garantie darauf, dass er letztlich wirklich clean bleibt…“
    Tessa nickte. „Ich weiß. Aber was soll ich tun? Ich kann ihn nicht aufgeben! Ich liebe ihn zu sehr…“
    Monika nickte und seufzte. „Ich weiß… ich kann dir so gut nachfühlen. Und dennoch…“, sie sah Tessa ernst an. „Wenn du Jess finden solltest… und er dich abweist… dann solltest du darüber nachdenken… er liebt dich und vermutlich würde er dich schützen wollen, schützen vor erneutem Leid. Und wenn er dir einen Weg aufweist, dann…“
    Tessa schüttelte den Kopf. „Nein, Monika, das könnte ich nicht. Ich würde mir ewiglich Vorwürfe machen. Verstehst du das nicht?“



    Monika seufzte. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie gut ich es verstehe… und vielleicht hast du recht. Wenn man liebt, kann man sich nicht abwenden. Das ist wohl das Einzigartige an der Liebe… und auch das Zerstörerische… zumindest in einem Fall wie deinem… oder meinem…“
    Tessa nickte und drückte kurz Monikas Hand, weil sie spürte, dass diese erneut der Schmerz über den Verlust ihres geliebten Kevin übermannte.
    Monika lächelte ihr tapfer zu und sagte dann: „Sag mal, Tessa… haben deine Eltern denn nie Verdacht geschöpft, dass irgendetwas mit dir nicht stimmen konnte? Ich meine, ich habe dich nicht gekannt, bevor du Jess getroffen hast. Aber ich weiß, wie sehr ICH mich unter der Belastung mit Kevin verändert habe. Ich habe mich am Schluss fast völlig selbst verloren gehabt…“
    „Ja, so fühle auch ich mich“, erwiderte Tessa langsam. „Und meine Eltern… tz…“, sie lachte bitter auf. „Nein, die haben nichts bemerkt. Gar nichts. Selbst als meine Mutter mich mit meinem deutlich verprügelten Gesicht gesehen hat, nahm sie mir die Ausrede mit dem Treppensturz sofort ab…“
    Sie seufzte. „Sie sind viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Ich habe ihnen niemals viel vorspielen müssen. Sie haben nie etwas bemerkt. Nie.“



    Sie sah Monika wieder an. „Aber es war trotzdem ein Fehler, ihnen nichts zu sagen, das weiß ich heute.“
    Monika zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht… natürlich war es nicht ganz richtig. Doch wie du sagst, sind sie in dieser Hinsicht sehr verbohrt. Ich weiß nicht… vielleicht hätten sie dir das Leben zur Hölle gemacht… manchmal sind Eltern zu allem im Stande.“
    Tessa nickte zerstreut. „Es ist alles so furchtbar kompliziert und verworren. Ich fühle mich, als würde ich zwei Leben leben… schon seit Monaten. Das mit Jess… und das, von dem meine Eltern denken, dass ich es lebe…“
    Sie seufzte wieder. „Aber das allerwichtigste im Moment ist, dass ich Jess wiederfinde. Danach kann ich weitersehen… sobald ich ihn wiedergefunden habe, werde ich mit ihnen reden, auch wenn ich mich davor fürchte. Aber erst einmal ist es nur wichtig, Jess zu finden… und sicher zu stellen, dass er noch lebt.“
    Sie sah Monika verzweifelt an. „Wenn ich doch wenigstens das wüsste! Dass er noch lebt!“

    Monika sah auf. „Ich hab eine Idee, wie du zumindest eine gewisse Chance hast, das herauszufinden!“
    „Was meinst du?“



    „Die Drogenbehörde! Sie führt eine Liste… eine Liste der Drogenopfer“, erwiderte Monika schnell und fügte leiser hinzu: „Auch Kevin war damals aufgelistet… Jedenfalls… wenn irgendwo jemand stirbt und gefunden wird... auf der Straße meine ich… und man herausfindet, dass es ein Drogenopfer war, so wird dies in der Drogenbehörde gelistet. Zum einen für die Statistik, aber auch weil viele der obdachlosen Drogensüchtigen ja schon einmal in der Behörde essen und schlafen und zum Teil auch namentlich dort bekannt sind.“
    Tessa sah sie mit weitaufgerissenen Augen an.
    „Bist du dir sicher?“
    „Ja, bin ich“, sagte Monika schnell. „Wenn er nicht darauf ist, hast du zwar auch nicht die hundertprozentige Garantie, dass nichts geschehen ist… aber es ist wenigstens um vieles unwahrscheinlicher. Wenn Jess nicht auf der Liste steht, so wird er mit großer Wahrscheinlichkeit noch leben… und wenn du ihn dann weiterhin nicht findest, kannst du davon ausgehen, dass er tatsächlich die Stadt verlassen hat, um sich vor der Gang zu schützen.“




    Tessa spürte, wie sich ihr Magen flatterig zusammenzog.
    „Und du meinst, ich kann einfach so in diese Liste hineinschauen?“
    Monika schüttelte den Kopf. „Ich denke nicht, dass es so einfach ist, aber ich würde es auf jeden Fall versuchen. Fahr morgen zum Drogenbüro und erkundige dich… mit etwas Glück bekommst du die Auskunft, die du brauchst…“

    Tessa sah Monika lange an und nickte dann. „Ja, das werde ich machen… ich habe zwar furchtbare Angst vor dem Ergebnis… aber dann werde ich wirklich Sicherheit haben… zumindest mehr als momentan…“



    Mit unbehaglichem Gefühl starrte sie ins Leere. Sie wollte sich nicht vorstellen, was geschehen würde, wenn sie morgen Jess´ Namen auf dieser Liste finden würde.
    Sie wollte nicht einmal daran denken. Und doch war da in ihr diese klamme Angst, die ihr zuflüsterte, dass genau dies geschehen könnte.....






    Fortsetzung folgt.

    Kapitel 42
    Überlegungen



    Eine Woche später kam Monika Tessa zu Haus besuchen. Sie hatten in den letzten Tagen öfters miteinander telefoniert und waren zweimal gemeinsam Kaffee trinken gegangen. Es war wirklich erstaunlich, wie nah sie einander bereits in dieser kurzen Zeit gekommen waren.
    Ob es ihre ähnlichen Schicksale waren, die sie verbanden, oder einfach die Tatsache, dass sie auch in allen anderen Bereichen auf einer Wellenlänge zu schwimmen schienen, war letztlich gleichgültig. Fakt war, dass es sich mit einem Menschen, der sich sorgte, kümmerte und mit dem man über alles sprechen konnte, viel besser lebte und die Situation viel leichter zu ertragen war als vorher. Tessa war nun nicht mehr so einsam wie zuvor.
    Die Freundschaft mit Monika gab ihr Kraft. Eine Kraft, die sie brauchen würde, um Jess zu finden.
    Sie saßen nach dem Essen gemeinsam am Tisch und wie so oft sprachen sie über Jess.


    „Ich war fast jeden Tag am Bahnhof, vor der Arbeit und nach der Arbeit“, sagte Tessa bekümmert. „Ich konnte ihn nicht finden. Auch Jasmin habe ich nicht finden können. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll, Monika. Ich habe furchtbare Angst, dass ihm etwas zugestoßen ist…“
    Tessa schluckte. „Vielleicht ist er doch wieder zurück zu den ´Hellows´?“ Sie sah beschämt auf ihre Fingerspitzen. „Doch ich wage es nicht noch einmal, dorthin zu gehen…“
    Monika sah sie bestürzt an. „Um Himmels Willen, du hast doch nicht ernsthaft diesen Gedanken gehabt, oder? Nachdem, was letztesmal geschehen ist?“



    Tessa zuckte mit den Schultern. „Ich weiß, es wäre wahnsinnig, noch einmal dort hin zu gehen. Aber es ist der einzige Ort, an dem ich vielleicht etwas über Jess herausfinden könnte…“
    „Tessa, schlag dir das sofort aus dem Kopf! Es ist viel zu gefährlich, und nicht nur für dich. Selbst wenn Jess wieder dort wäre, was ich mir nicht im geringsten vorstellen kann, würdest du ihn durch dein erneutes Auftauchen dort in allergrößte Gefahr bringen… denk doch nur daran, was letztes Mal geschehen ist…“
    Tessa blickte beschämt zu Boden. „Ich weiß…“, sagte sie leise.
    „Abgesehen davon finde ich, dass man diese Überlegung vollkommen ausschließen kann“, fuhr Monika fort. „Dass Jess wieder dort ist, meine ich. Es wäre für ihn viel zu gefährlich – er gilt dort aus Verräter, er hat einen der Gruppe angegriffen und du hast Timo ja gehört in der letzten Sitzung – nach deinen Schilderungen muss es einer der Anführer gewesen sein, der dich damals angegriffen hat. Jess wäre mehr als nur lebensmüde, wieder dorthin zurück zu kehren… das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Vielmehr denke ich, dass er sich so verborgen wie möglich hält… vielleicht ist er gar nicht mehr in der Stadt. In der Szene kennt jeder jeden… wenn er wieder zurück gegangen wäre, auch nur zurück an den Bahnhof und wieder ins ´Milieu´, wäre die Gefahr, entdeckt und zur Rechenschaft gezogen zu werden, nicht gerade klein… das vernünftigste für ihn wäre es wohl gewesen, die Stadt zu verlassen.“



    Tessa schluckte. In ihrem Hals hatte sich ein riesiger, schmerzhafter Kloß gebildet. Sie wusste, dass Monikas Worte mehr als einleuchtend waren. Aber der Gedanke, dass Jess wirklich die Stadt verlassen haben könnte, schnürte ihr den Hals zu. Wo sollte er hingegangen sein? In eine andere Großstadt, wo ihn niemand kannte, wo ihm niemand nahe kommen konnte, ihm niemand gefährlich werden? Wie sollte sie ihn jemals finden… irgendwo in der Republik, ein namenloser Mensch, der weder irgendwo registriert noch bekannt war…
    Tessa atmete tief ein. Noch wollte sie daran nicht glauben. Doch ein anderer Gedanke, der sich ebenfalls anbot, war noch viel erschreckender.
    „Ich habe solche Angst, dass er… dass er nicht mehr… lebt“, stieß sie mit dünner Stimme hervor. „Dass ihm diese Gang etwas angetan hat zum einen. Oder dass sein Körper einen erneuten Schuss nach diesem Entzug nicht überstanden hat…“
    Tessa schwieg und versuchte, diesen furchtbaren Gedanken zur Seite zu schieben.




    „Tief in mir bin ich davon überzeugt, dass er noch lebt…“, sagte sie leise. „Er scheint mir so nahe zu sein. Wenn ich ihn doch nur finden könnte…“
    Monika schwieg einen Moment, dann sagte sie sanft. „Tessa… ich muss dich etwas fragen. Nehmen wir einmal an, du würdest ihn finden. Wie sollte es dann weitergehen?“
    Tessa sah sie lange an. „Ich weiß es nicht“, erwiderte sie dann müde. „Ich kann es dir nicht sagen…“

    Wölfin: DAs stimmt, Tessa hatte keine Freundschaften mehr und es tut ihr jetzt sehr gut, Monika zu haben!!!
    Tessa ohne Jess ist tatsächlich eine traurige Vorstellung, aber vielleicht Realität??? Lass Dich überraschen... :)
    DAnke für Deinen Kommi!




    Llyna:
    Ja, das stimmt, es ist sehr gut für Tessa, Monika gefunden zu haben. Und Du hast vollkommen recht, dass sie sich die Schuldgefühle irgendwo "einredet". Das mit Monikas Freund war echt schlimm und natürlich hat Tessa jetzt Angst, dass Jess das Gleiche oder Ähnliches geschehen könnte, weil sie dadurch auch nochmal sehr deutlich sieht, dass es manchmal wirklich tragisch ausgeht :(


    DAnke für Deinen Kommi!

    Uaaaaaahhh
    zuminedst wissen die Eltern jetzt schonmal in etwa, wo die beiden sind. Aber sie in der NAcht im Wald finden ist wohl wie die Stecknadel im Heuhaufen zu suchen :eek:


    MAch bitte gaaaanz schnell weiter!!!!

    Die beiden redeten noch ein Weilchen mit der Gruppe, dann verabschiedete man sich. An diesem Abend lag Tessa in ihrem Bett und fühlte sich leichter als vorher.
    Und als sie die Augen schloss, tauchten Bilder vor ihrem inneren Auge auf.



    Bilder von ihr und Jess, in jenen Momenten, in denen sie glücklich und zufrieden gewesen waren. Fern von jeder Sucht, jeden Drogen, jedweder Angst…
    Sie würde nicht aufhören, ihn zu suchen. Sie würde nicht aufhören, ihn zu lieben.

    Dessen war sie sich sicher.
    Und in dieser Nacht hielt sie Jess in ihren Träumen ganz fest…






    Fortsetzung folgt.