Beiträge von GinnieW


    „Hi Dad.“ Das zierliche junge Mädchen vor der Tür lächelte Gene unsicher an. Der machte zunächst keinerlei Anstalten, sie hereinzubitten, sondern antwortete nur zurückhaltend: „Hallo Georgia.“ Sie trat nervös von einem Fuß auf den anderen. So hatte sie sich den Empfang nicht vorgestellt. „Du scheinst ja nicht gerade überrascht zu sein.“ „Jedenfalls habe ich bereits gehört, dass du nicht da bist, wo du sein solltest“, antwortete Gene und seine Tochter verzog das Gesicht über die vorhersehbare Reaktion ihrer Mutter. Natürlich hatte die nichts Besseres zu tun gehabt, als ihren Ex-Mann anzurufen, sobald sie Georgias Verschwinden bemerkt hatte. „Aber dass du zu mir kommen würdest, habe ich ehrlich gesagt nicht erwartet.“ Er trat zur Seite und ließ das Mädchen ins Haus gehen. „Kann ich nicht einfach mal meinen Vater besuchen?“



    „Du hast mich die letzten neun Jahre nie besucht, wenn ich dich daran erinnern darf.“ Georgias Augen blitzten auf. „Tja, ich wurde nie eingeladen, oder?“ Ihr Vater verzichtete darauf, sie auf die Tatsache hinzuweisen, dass er sie auch dieses Mal nicht eingeladen hatte. Hätte Gene das je getan, hätte Helen ohnehin einen Weg gefunden, ihre Töchter von einem Besuch bei ihm abzuhalten. Er nahm eine abwartende Haltung ein, um ihr zu zeigen, dass seiner Ansicht nach immer noch eine Erklärung fällig war. Als diese ausblieb, beschloss er nachzuforschen. „Hat das Geld nicht gereicht, dass ich dir zum Geburtstag geschickt habe?“ Seine Tochter bedachte ihn mit einem angriffslustigen Blick. „Ich bin nicht wie Mum und Jen, das solltest du eigentlich wissen!“



    Dem konnte Gene schlecht widersprechen. Während Helen und seine ältere Tochter Jennifer sich während seiner Ehe meistens damit zufrieden gegeben hatten, dass er ihnen einen gewissen Lebensstandard ermöglichte, war Georgia nicht so leicht abzuspeisen gewesen. Sie hatte als kleines Kind immer gewollt, dass er mit ihr spielte, mit ihr redete, mit ihr kuschelte – all das, wofür er keine Zeit gehabt hatte. Was sie wollte, war ein Vater, nicht nur ein Ernährer. Und in den letzten neun Jahren, wenn er zu größeren Feiertagen zu Helen und den Mädchen fuhr, um Geschenke abzuliefern (und den Kontakt nicht völlig zu verlieren), war es immer Georgia, die sich hinsetzte und wirklich mit ihm redete. Da er nicht reagierte, gab seine Tochter vor, sich interessiert in dem für sie fremden Haus umzublicken.



    „Kann ich eine Weile bleiben?“ fragte sie plötzlich. „Wie lange ist ‚eine Weile’?“ konterte Gene. Sie überschlug im Kopf, wie lange sie wohl brauchen würde, um sich einen Job und eine andere Unterkunft zu besorgen und meinte vorsichtig: „Zwei, drei Wochen?“ „Das schlag dir mal aus dem Kopf. Du fährst schön brav wieder nach Hause.“ Die Reaktion fiel ziemlich heftig aus. „Ich geh nicht wieder zurück! Mum behandelt mich wie ein kleines Kind, das lass ich mir nicht mehr gefallen!“ Gene atmete tief durch und gab widerstrebend seiner Ex-Frau insgeheim Recht. „Du benimmst dich ja auch wie eins… Läufst bei Problemen einfach weg. Es gibt doch Probleme?“ Das Verhalten von Teenagern mochte manchmal schwer zu verstehen sein, trotzdem glaubte Gene, dass es einen bestimmten Auslöser gegeben haben musste.



    „Nichts, was dich…“ Georgia stockte. „Was mich etwas angeht?“ fragte ihr Vater provokant. „Nichts, was dich interessieren würde“, entgegnete sie bestimmt, um gleich danach ihre Taktik zu ändern. „Also… kann ich hier bleiben? Bitte!“ flehte sie und setzte einen hochgradig verzweifelten Blick auf. Nicht, dass Gene sich von einer derartig schlechten schauspielerischen Leistung hätte beeindrucken lassen, aber er überdachte seine ursprüngliche abwehrende Haltung – und wenn es nur war, um Helen eins auszuwischen. „Okay, aber nur dieses Wochenende.“ Plötzlich hatte er eine fuchsteufelswilde Ex-Frau vor Augen, die ihn der Entführung beschuldigte und ergänzte schnell: „Und du rufst deine Mutter an und sagst ihr, dass es dir gut geht, ist das klar?“ Seine Tochter nickte begeistert und versprach, diese kleine Bedingung zu erfüllen.

    Ähm... *hüstel* das soll hier keine One-Woman-Show werden, Ihr dürft gern kommentieren... :fiu
    Ich reiß auch keinem den Kopf ab, der mich nicht zur größten und besten FS-Schreiberin aller Zeiten kürt :roftl
    Hoffe, die Thematik "Immer Ärger mit dem Nachwuchs" ;) spricht Euch ein wenig an:





    Unangemeldete Besuche waren sonst nicht Eves Stil. Aber sie hatte sich gut überlegt, ihre Schwester nicht vorzuwarnen. Schließlich hatte sie auch keiner vorgewarnt, als sie erfahren hatte… Sie konnte ihren Gedanken nicht zu Ende führen, denn Elaine öffnete sehr schnell die Tür, nachdem sie geläutet hatte. Vermutlich hatte sie jemand anderen erwartet. Die Überraschung war Elaine deutlich ins Gesicht geschrieben. „Eve… Waren wir verabredet?“ „Nein, das ist ein ganz spontaner Besuch.“ Skeptisch beäugte Elaine ihre Schwester, ging aber nicht weiter auf diese unwahrscheinlich klingende Äußerung ein. „Dann komm doch rein.“



    Eve folgte ihr ins Haus und fragte wie beiläufig: „Ist Christopher da?“ Die Hausherrin schüttelte den Kopf. Gut, dachte Eve. Sie konnte jetzt keine Störungen gebrauchen. „Es ist ja doch noch ein netter Abend geworden, nicht wahr?“ spielte sie auf den Abend des Dinners an, der nach Kens unangemessener Bemerkung und der verdienten Zurechtweisung noch relativ harmonisch verlaufen war. Die Anwesenden hatten im Wohnzimmer ihren Kaffee und das eine oder andere alkoholische Getränk zu sich genommen und in Zweiergrüppchen miteinander geplaudert. Eve selbst hatte sich den Großteil des Abends mit ihrem Neffen in eine Ecke gesetzt und sich von seinem Aufenthalt in Südamerika berichten lassen.



    „Das letzte Jahr muss für Christopher sehr aufregend gewesen sein. Er hat mir von Buenos Aires erzählt und von der Zeit in Chile…“ Immer noch sprach Eve in einem leichten, harmlosen Plauderton und so langsam fragte sich Elaine, worauf das Ganze hinauslief. Doch das sollte sie schon bald erfahren. „Aber dieser Unfall war natürlich schrecklich… Wenn er doch gleich operiert werden musste! Ich wäre an deiner Stelle gestorben vor Angst.“ Besonders häufig hatte sich Christopher nicht bei seiner Mutter gemeldet, aber von dem Krankenhausaufenthalt hatte sie selbstverständlich gewusst. Auf einmal hatte Elaine auch eine vage Ahnung, warum Eve hier war.



    „Und als ob das alles nicht schon schlimm genug wäre, erfährt er bei der Gelegenheit auch noch, dass er an dieser seltenen Krankheit leidet!“ Für jeden, der Eve nicht so gut kannte, hätte es nach ehrlich empfundenem Mitleid geklungen, doch ihre Schwester wusste es besser. Nicht, dass Eve ihren Neffen nicht lieben würde – sie hatte Christopher beinahe ebenso gern wie ihre eigenen Söhne. Trotzdem gab es einen Unterton in ihrer Stimme, der verriet, dass da irgendetwas nicht ganz stimmte. „Zum Glück ist es ja nichts Lebensbedrohliches. Aber stell dir vor, da bist du dreißig Jahre alt und hast nicht gewusst, dass du eine solche Krankheit in dir trägst. Ich bin nur froh, dass ich Ken und Matt schon als Kleinkinder darauf habe untersuchen lassen und sie völlig gesund sind.“



    Elaine starrte Eve an. Das war es also. Darum war Eve gekommen. Elaine wünschte, sie könnte ihre Schwester davon abhalten, mit ihrem Monolog fortzufahren, aber sie war wie gelähmt. Es war so, als sei man auf die Gleise gefesselt und sah den Zug auf sich zukommen. „Ich meine… es wäre ja nicht unwahrscheinlich gewesen, dass die beiden an der Krankheit leiden“, gab Eve zu bedenken und warf Elaine einen scharfen Blick zu. „Und das, obwohl sie doch so selten ist. Also ich kenne nur einen Menschen, bei dem sie festgestellt wurde. Dachte ich jedenfalls bis gestern.“ Und jetzt, nach dieser langen Vorrede, holte Eve zum finalen Schlag aus. „Elaine, ich frage dich nur einmal, also lüg mich nicht an: Ist Colin Christophers Vater?“


    „Danke, Sie können dann gehen“, meinte Claire zur Babysitterin, die ihren Wochenlohn einsteckte und sich mit einem fröhlichen „Dann bis morgen“ verabschiedete. Sie sah hinüber zu Joelle, die sich einen Trickfilm im Fernsehen ansah. Mit schlechtem Gewissen setzte Claire sich neben sie. „Na, meine Süße, wie war die Schule heute?“ „Ganz okay“, antwortete das Mädchen geistesabwesend und lachte gleich darauf über einen Gag in dem Film. „Tut mir Leid, dass es heute später geworden ist.“ Joelle beachtete ihre Tante nicht weiter, sondern murmelte nur „Hm-m“. Für ein paar Sekunden überlegte Claire, ob die Kleine sie absichtlich ignorierte oder einfach nur so fasziniert vom Fernsehen war, dass sie sich jetzt von nichts und niemandem davon ablenken lassen würde.



    Sicher nur der Film, entschied Claire. „Hast du deine Hausaufgaben fertig?“ „Ja, die hat Lindsay schon nachgeschaut.“ Es versetzte Claire immer einen kleinen Stich, wenn sie bemerkte, dass die Babysitterin die erste Bezugsperson für Joelle zu sein schien. Leider hatte sie aber keine andere Wahl – denn wenn sie nicht arbeiten ging, um mehr Zeit mit ihrer Nichte zu verbringen, fehlte das Geld an allen Enden. „Ich würde sie trotzdem gern nachsehen.“ Joelle deutete auf den Schreibtisch. „Die liegen da.“ Claire küsste sie auf das Haar und setzte sich hinüber. Sie schlug das Heft auf, konnte sich aber nicht auf die Hausaufgabe konzentrieren.



    Zu ihrem Dilemma kam nämlich noch hinzu, dass sie damals beim Casting für Night and Day angegeben hatte, dass sie ledig und kinderlos war. Sie war fest überzeugt gewesen, die Rolle nicht zu bekommen, wenn sie die Wahrheit sagen würde, nämlich dass sie sich seit dem Flugzeugabsturz, bei dem ihre Schwester und ihr Schwager umkamen, um ihre kleine Nichte kümmerte. Claires Eltern lebten ebenfalls nicht mehr, und Joelles Großeltern väterlicherseits waren schon zu gebrechlich, um das Mädchen aufzunehmen und großzuziehen. Und aus der kleinen Notlüge war inzwischen ein Gebilde geworden, das sich nicht mehr so ohne weiteres auflösen ließ. Wann immer sie wegen Joelle frei nehmen musste, dachte sie sich irgendwelche Ausreden aus. Das hatte eine Weile ganz gut funktioniert…



    Und dann, vor eineinhalb Jahren, war Joelle ernsthaft krank geworden und kein Babysitter war aufzutreiben gewesen. Gezwungenermaßen hatte sich Claire selbst krankschreiben lassen. Sie war sich sicher, dass keiner ihrer Kollegen einen Krankenbesuch machen würde – sie verstand sich zwar mit den meisten ganz gut, doch engere private Bekanntschaften gab es eigentlich nicht. Doch plötzlich stand Timothy vor der Tür, der damit gerechnet hatte, eine geschwächte Claire anzutreffen. Stattdessen fand er eine völlig gesunde Kollegin und ein krankes Kind vor, von dessen Existenz er nichts gewusst hatte. An diesem Tag hatte Tim sich stundenlang mit Joelle beschäftigt, ihr vorgelesen und sie aufgemuntert. Das war auch der Beginn der Freundschaft zwischen Timothy und Claire gewesen – und er hatte ihr von Ashley erzählt.



    Endlich riss sich Claire von den Erinnerungen los und schaute sich die Hausaufgaben genauer an. Als sie zwischendurch einen Blick auf die Uhr warf, war sie ganz erschrocken, wie spät es schon war. „Zeit, schlafen zu gehen, Schatz“, sagte sie zu Joelle und unterdrückte ein Gähnen. „Nur noch zehn Minuten“, bettelte Joelle. Claire versuchte, sich ein Grinsen zu verkneifen. Joelle war ein liebes und unkompliziertes Mädchen, aber bei diesem Thema unterschied sie sich nicht von den meisten anderen Kindern. „Okay, aber dann gehst du dir die Zähne putzen und ab ins Bett.“ Die Kleine widersprach nicht, und so setzte sich Claire noch neben sie und sah mit ihr die letzten Minuten des Films gemeinsam an.


    „Hallo Quentin.“ Quentin hob erschrocken den Kopf, schenkte dann aber Victoria ein freundliches Lächeln. „Hi.“ „Du willst zu Matt, nehme ich an?“ Er nickte, er hatte sich mit seinem besten Freund zu ein paar Drinks verabredet und wartete nun in der Eingangshalle von „Starry Night“ darauf, dass Matt Feierabend hatte. „Ja, eigentlich wollte er schon vor 15 Minuten hier sein… Du hast nicht zufällig eine Ahnung, wo er steckt?“ „Doch, im großen Konferenzsaal“, erwiderte Victoria. „Colin hat ganz kurzfristig eine Versammlung angeordnet, bei der Matt natürlich dabei sein muss.“ Sie sah auf die Wanduhr und runzelte die Stirn. „Die läuft aber schon seit eineinhalb Stunden…“



    Plötzlich hatte sie eine Idee. „Sag mal, möchtest du vielleicht lieber in meinem Büro warten? Du musst doch nicht hier am Empfang sitzen bleiben wie ein Fremder!“ Victoria fing Quentins skeptischen Blick auf und reagierte prompt. „Ich werde Matts Sekretärin bitten, ihm Bescheid zu sagen, wenn er von der Sitzung wiederkommt.“ Das überzeugte Quentin, auf diese Weise bestand nicht die Gefahr, dass er und Matt sich verpassten. Also gingen die beiden in Victorias Büro. Sie bot Quentin einen Platz und einen Kaffee an und gab Matts Sekretärin telefonisch Bescheid. Anschließend erledigte sie gleich noch ein paar andere kurze Telefonate, während sie insgeheim Quentin beobachtete, wie er nervös mit den Fingern auf der Stuhllehne trommelte und ständig zur Uhr blickte.



    Sag irgendwas, flehte sie in Gedanken. „Wie geht’s dir so? Ich meine, ist ja immerhin schon eine Weile her, dass wir uns gesehen haben… Das war auf Eves Party, nicht wahr?“ begann Quentin tatsächlich mit dem Small Talk, und man hörte seiner Stimme an, dass er selbst nicht ganz überzeugt von seinem Versuch war, ein Gespräch anzufangen. Aber das war gar nicht schlecht, freute sich Victoria. „Ja, genau. Ach, eigentlich geht’s mir ganz gut. Nur…“ Sie brach ab. „Nur was?“ „Na ja, da gibt es eine Sache, die mir ganz schön zu schaffen macht… Aber ich möchte dich nicht damit belästigen.“



    Wie erhofft reagierte Quentin mit Anteilnahme. „Ist schon in Ordnung. Wenn du dich aussprechen möchtest…“ Victoria seufzte theatralisch. „Ich habe den Verdacht, dass Ken mir etwas verschweigt. Weißt du, sonst haben wir über alles geredet“, sagte Victoria mit sorgenvollem Gesichtsausdruck. Quentin schaute etwas misstrauisch, wahrscheinlich konnte er das nicht besonders gut verstehen. Nur wenige geschiedene Paare hatten ein so gutes Verhältnis zueinander wie Victoria und Ken. „Es war so“, fuhr sie fort. „Ich war vor ein paar Tagen bei Ken im Büro, als Matt hereinkam und einen Riesen-Aufstand machte, dass er unbedingt allein mit Ken sprechen wollte. Er war unglaublich wütend. Aber Ken hat später nichts mehr von einem Streit erwähnt, also bin ich davon ausgegangen, dass alles wieder in Ordnung sei. Und gestern habe ich dann erfahren, dass dem nicht so ist.“



    Sie sah Quentin eindringlich in die Augen. „Zwar ist es nichts Besonderes, dass die beiden im Clinch liegen. Aber diesmal, befürchte ich, ist es wirklich schlimm. Ich habe versucht, Ken darauf anzusprechen, doch er blockt einfach ab.“ Quentin fühlte sich geschmeichelt, dass Victoria sich ihm anvertraute. Er empfand das als ein gutes Zeichen, denn er mochte sie wirklich sehr gern. Nur leider hatte es sich bisher nicht ergeben, die oberflächliche Freundschaft, die sie beide verband, zu vertiefen. Schließlich fragte Victoria fast flehend: „Du weißt nicht zufällig, worum es geht?“



    Nun durchschaute Quentin Victoria. Sie hatte ihn also nur aushorchen wollen. Er öffnete den Mund um ihr zu sagen, dass er Matt zuliebe darüber nicht sprechen wolle, aber etwas hielt ihn davon ab. Es war nicht nur die Tatsache, dass Victoria ernsthaft besorgt zu sein schien. Nein, auch die Idee, dass Ken Anderson endlich das bekommen könnte, was er verdiente, gefiel Quentin. Ken wollte natürlich nicht, dass seine beste Freundin erfuhr, was er getan hatte – aber sie hatte ein Recht auf die Wahrheit, dachte Quentin. „Matt hat dir doch bestimmt irgendetwas erzählt“, drängte Victoria.



    „Einzelheiten kenne ich auch nicht“, meinte Quentin vorsichtig. „Ich weiß nur, dass es wohl etwas mit Shannon zu tun hat.“ So weit war Victoria wegen Kens Bemerkung bei dem Dinner auch schon gewesen. Ein kurzes Zögern, dann ergänzte Quentin: „Nach dem zu urteilen, was Matt sagt, reicht es wohl, um Ken anzuzeigen.“ Victoria schreckte auf. „Und was genau war es?“ „Das wird dir nicht gefallen“, warnte Quentin sie. „Egal. Ich will es wissen.“ Langsam antwortete er: „Soweit ich es mitbekommen habe, glaube ich, Ken hat Shannon… na ja, bedrängt...“ Victoria sah ihm ins Gesicht und erkannte, dass das eine verharmlosende Formulierung für etwas weit Schlimmeres sein musste.


    Typisch! Kaum machte man es sich im Whirlpool gemütlich, klingelte das Telefon. „Gene-Darling, lass es klingeln…“ schnurrte die junge – nun, Dame wäre wohl übertrieben gewesen – also, die junge Frau neben ihm. Eine Weile war er versucht, ihrer Bitte zu folgen, doch das Klingeln wollte und wollte nicht aufhören. „Bin gleich wieder da. Lauf nicht weg“, meinte Gene und erhob sich schweren Herzens aus dem Pool. Nicht, dass er ernsthaft die Befürchtung hätte, sie würde gehen… Er griff nach dem Handtuch und trocknete sich auf dem Weg ins Haus provisorisch ab. Endlich war er beim Telefon angekommen und bellte ein knappes „Ja?“ in den Hörer. „Georgia ist weg.“



    Seine Ex-Frau machte sich nicht die Mühe, irgendwelche Begrüßungsfloskeln auszutauschen – wobei ihr das in der momentanen Situation vielleicht sogar nachzusehen war. Gene hatte sie zwar akustisch verstanden, war jedoch so irritiert, dass er einfach zurückfragte: „Was?“ Ein wütendes Schnauben war die erste Reaktion, dann ein pikiertes: „Ich sagte, Georgia ist verschwunden! Falls du dich nicht erinnern solltest, Eugene, das ist deine jüngere Tochter!“ Sicher war er nicht der beste Vater der Welt – Helen und Jennifer hätten wahrscheinlich sogar gesagt, er sei nahe dran, der schlechteste zu sein –, aber diese Bemerkung machte ihn wütend. Dann fiel ihm auf, dass auch Helens Stimme gar nicht besorgt klang, sondern eher so, als sei sie zutiefst beleidigt, dass ihre Tochter es wagte, aus dem Haus zu gehen ohne sie um Erlaubnis zu bitten.



    „Denkst du etwa, sie ist bei mir?“ fragte Gene ungläubig. „Natürlich nicht, aber falls…“ Den Rest verstand er nicht, da seine kleine Whirlpool-Nixe – wie hieß sie gleich noch mal? – dazwischen flötete: „Geeeene… Honey, kommst du bald wieder?“ Eigentlich war ihre Stimme etwas zu laut und zu kratzig, als dass sie flöten könnte, aber… „Wie lange ist sie denn schon weg?“ Irgendwie musste Gene zeigen, dass er Helens Sorge um ihre gemeinsame Tochter ernst nahm, auch wenn seine Ex-Frau mit ihrer Antwort nicht gerade dazu beitrug, sein Verständnis zu erhöhen. „Vier Stunden.“ „Vier Stunden erst?“



    Offenbar war das nicht ganz die Reaktion, die Helen für angemessen hielt, und sie ergänzte: „Wenn also die Polizei morgen vor deiner Tür steht und dir sagt, dass Georgia Opfer eines abscheulichen Verbrechens…“ „Gene!“ Langsam wurde seine neue Bekanntschaft ungeduldig. Da hatte man sich mal einen bekannten Fernsehstar geangelt, und der ließ einen einfach im Whirlpool verschrumpeln! Das war so gar nicht gut für ihre zarte Haut… Dieses Mal hörte man sie wohl auch am anderen Ende der Leitung, denn Helen reagierte prompt. „Oh, da hab ich dich wohl bei einer deiner zahlreichen Affären gestört, wie?“



    Dieser schneidende Tonfall war ihm nur zu gut bekannt. Er wusste vielleicht nicht viel über das Familienleben – aber eine besorgte Mutter klang anders. Helen glaubte doch selbst nicht daran, dass Georgia etwas zugestoßen war, sie war nur wütend, weil ihre Jüngste offenbar rebellierte und nicht so eine Mustertochter war wie Jennifer. „Blödsinn. Hör zu, wenn es etwas Neues gibt, dann ruf…“ Gene hörte nur noch den Hörer auf die Gabel knallen. Nie hätte sich seine Ex ein schnurloses Telefon gekauft, das wäre nicht so schön theatralisch. „… mich bitte an“, vollendete er den Satz in die Leere hinein.


    „Hi Schatz“, sagte Dustin fröhlich und küsste Patrick erst einmal ausgiebig, nachdem er sein Gepäck abgestellt hatte – genau so, wie er es immer machte, wenn er von einer Dienstreise zurückkam. „Hallo.“ Dann setzten sie sich und Dustin beachtete seinen Koffer zunächst nicht weiter. „Ich konnte die Verleihung leider nicht sehen. Habt ihr denn gewonnen?“ Für einen Augenblick keimte Eifersucht in Patrick auf. Was hatte Dustin bitte an einem Sonntagabend besseres zu tun gehabt? Hatte er lieber mit seinen Kollegen in der Hotelbar die Nacht durchgemacht oder etwa… Er verdrängte den Gedanken und schenkte seinem Freund ein bedauerndes Lächeln. „Nein.“ „Das tut mir Leid. Ich hoffe, du hattest trotzdem einen schönen Abend“, meinte Dustin.



    „Wie man’s nimmt…“ erwiderte Patrick leise. Dustin blickte ihn fragend an und die Erklärung kam mit einiger Verzögerung. „Brianna hat mich angemacht.“ „Wie bitte?“ Patrick wusste, dass Dustin ihn sehr gut verstanden hatte und er es nicht wiederholen musste. „Ich kann’s ihr nicht mal verübeln. Wir sollten sie endlich einweihen“, schlug er vor. „Ja, ganz tolle Idee. Innerhalb von fünf Minuten weiß es meine Schwester und weitere fünf Minuten später meine Eltern.“ Energisch schüttelte Dustin den Kopf. „Das kannst du ganz schnell wieder vergessen.“ „Tja, vielleicht wird es Zeit, dass Mr. und Mrs. Baker auch die Wahrheit über ihren Sohn erfahren...“, gab Patrick zu bedenken. Dustin grinste sarkastisch. „Schon vergessen, wie deine Eltern reagiert haben?“ Auch wenn es schon einige Jahre zurücklag, hatte Patrick das natürlich nicht vergessen, wie könnte er? Wenige Stunden danach war er – notgedrungen – bei Dustin eingezogen.



    „Der Unterschied ist der, dass deine Eltern nicht so… ‚konservativ’ sind wie meine.“ „Du nimmst ihnen dieses liberale Gerede doch nicht wirklich ab, oder?“ Dustin konnte einfach nicht glauben, wie naiv Patrick manchmal war. „Es ist ja auch leicht, von Toleranz, Respekt und Gleichberechtigung zu sprechen, solange es wildfremde Leute betrifft. Aber wenn der eigene Sohn mit seinem Lover auftaucht…“ Mit trotzigem Blick in den Augen beugte Patrick sich vor. „Ich bitte dich, so lange wie wir schon zusammen wohnen – denkst du nicht, die haben längst einen Verdacht?“ Er kam sich jedes Mal blöd vor, wenn er auf Dustins Eltern traf und nur der Mitbewohner sein durfte. Er musste bei der Arbeit schon genug schauspielern – und das nicht nur vor der Kamera – da wollte er wenigstens im Privatleben nicht ständig aufpassen müssen, was er sagte und tat.



    „Nicht, so lange du mit Brianna ausgehst.“ Das war Dustins Idee gewesen, eine Freundin von seiner Schwester mit Patrick zu „verkuppeln“, und da Brianna über die Hintergründe nichts wusste, konnte sie umso überzeugender sein. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie sich ernsthaft Gedanken darüber machte, warum Patrick so vor Intimitäten zurückschreckte. „Warum muss ich eigentlich derjenige mit der Alibibeziehung sein?“ ereiferte sich Patrick zum x-ten Mal. „Weil du eine Frau zum ‚Repräsentieren’ brauchst – das waren deine Worte! Und jetzt komm her und lass uns nicht mehr streiten.“ Dustin nahm seinen Freund in den Arm und hoffte, das Thema sei fürs Erste wieder mal auf Eis gelegt.

    So, hab erstmal die Bilder woanders hochgeladen, da AOL ja den Bilder-Upload-Service dichtgemacht hat... und auch endlich wieder etwas Zeit und Motivation gefunden, weiterzumachen (nicht, dass jemand hier die FS vermisst hätte... hab ich recht?)


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    Der Termin mit Benjamin Peters hatte deutlich länger gedauert als geplant, so dass Ken sich gezwungen sah, seine Ex-Frau zu bitten, ohne ihn zu fahren. Ungefähr 15 Minuten zu spät kam er im Haus seiner Eltern an und entschuldigte sich auf halbherzige, aber charmante Weise. Seinen Cousin begrüßte er mit einem kurzen Händedruck und einem herzlichen Lächeln und meinte, während er sich ihm gegenüber an den Tisch setzte: „Für ein Jahr im Outback siehst du aber ganz gut aus.“ Christopher grinste. „Ich war in Südamerika, nicht in Australien.“ „Ach ja“; gab Ken leicht zerstreut zurück. „Wie lief es denn mit Peters?“ wollte Colin wissen.



    „Ganz gut. Ich denke, den haben wir am Haken“, konnte Ken noch erwidern, ehe Eve einschritt. „Könntet ihr heute Abend bitte einmal nicht von der Arbeit sprechen?“ Colin deutete ein Nicken an und Christopher wandte sich neugierig an die Gastgeberin. „Wo ist denn Matt?“ „Oh, ihm ist leider etwas dazwischen gekommen, er lässt sich entschuldigen“, redete Eve sich heraus. Auf keinen Fall würde sie freiwillig, nicht mal – oder ganz besonders nicht – vor ihrer Schwester und ihrem Neffen zugeben, dass wieder einmal Streit in der Familie herrschte. „Schade. Ich hatte mich schon darauf gefreut, ihn wieder zu sehen und seine Freundin kennen zu lernen.“ „Da freu dich mal nicht zu früh. Du könntest es bereuen“, konnte Ken sich nicht verkneifen.



    „Kenneth!“ fuhr seine Mutter ihn an, und auch von Victoria erntete er ein verständnisloses, kaum wahrnehmbares Kopfschütteln. Während dieses Wortwechsels beobachtete Elaine die Reaktionen aller Anwesenden genau, mischte sich aber nicht ein. Christopher senkte etwas beschämt den Blick. Zwar wusste er nicht warum, aber er schien da bei Ken einen wunden Punkt getroffen zu haben. Colin sah seine Frau an und ergriff ein wenig widerwillig, doch mit fester und lauter Stimme das Wort: „Ken, wir wissen alle nur zu genau, dass es zwischen dir und deinem Bruder nicht zum Besten steht. Aber das ist noch lange kein Grund, Shannon da mit hineinzuziehen!“ Leicht verunsichert sah Ken von seinem Vater zu seiner Mutter und wieder zurück. Er war es nicht gewohnt, dass Colin so mit ihm sprach.



    Nicht, dass er sich jemals besonders darum gerissen hätte, Daddys Liebling zu sein; er kannte es eben nicht anders und gewöhnlich ließ dieser ihm vieles durchgehen. Doch seine Wut und Verbitterung über seinen Bruder waren zu groß, als dass er sich ernsthaft hätte einschüchtern lassen. „Es war wohl eher umgekehrt…“, murmelte er, doch entweder hörte das keiner der Anwesenden oder es wollte einfach niemand darauf reagieren. Eve stellte zufrieden fest, dass alle aufgegessen hatten und beschloss, dass dies eine gute Gelegenheit für einen Themenwechsel war. „Lasst uns doch den Kaffee im Wohnzimmer trinken“, schlug sie vor und begann, den Tisch abzuräumen.



    Natürlich hätten sie und Colin genug Geld gehabt, um für solche Dinge wie Kochen, Servieren und so weiter Personal einzustellen, aber bis auf den Besuch einer Putzfrau dreimal in der Woche leistete sich Eve keinen derartigen Luxus. Die anderen erhoben sich ebenfalls und schlenderten, bis auf Victoria, die Eve zur Hand ging, hinüber ins Wohnzimmer. Die junge Frau warf ihrem Ex-Ehemann einen nachdenklichen Blick hinterher. Was auch immer zwischen ihm und Matt vorgefallen war, es behagte ihr nicht, dass sie keine Einzelheiten kannte. Normalerweise kam Ken mit allen Schwierigkeiten zu ihr…

    Testbild

    EDIT:
    Nanu, gestern waren die gmx-Bilder noch zu sehen?! Egal, war mir eh zu umständlich. AOL hat den Dateiupload ja leider dichtgemacht ;(
    Suche eigentlich nach einem Service, der kostenlos ist, größere Dateimengen aufnimmt und wo der Dateiname nicht geändert wird in irgendwelche kryptischen Zahlen-Buchstabenkombinationen. Wäre photobucket so was in der Art oder was könntet Ihr mir empfehlen?


    „Wir mussten die Szene ganze zwölf Mal wiederholen, weil er einfach nicht aufhören konnte zu lachen“, berichtete Timothy gerade grinsend der jungen Frau, die mit Richard zur Verleihung gekommen war, während der sich suchend umsah. Irgendwo hier musste doch der Mann sein, mit dem er sprechen wollte… Seit Wochen wartete er nun schon auf eine Gelegenheit, mit Raymond ein paar Worte zu wechseln, und er hatte gehofft, diesen Abend dazu nutzen zu können. Doch er konnte ihn nirgends entdecken. Adam trat zu ihnen und lächelte ein wenig nervös. „Ich hab ein gutes Gefühl, dass wir es dieses Mal schaffen“, meinte er, dabei drückte seine Körperhaltung jedoch wenig Zuversicht aus.



    Die Schauspieler gingen nicht weiter darauf ein. „Wo ist eigentlich Julianne?“ wechselte Timothy stattdessen das Thema. Adam hatte sofort eine Erklärung parat: „Sie hat angerufen und sich entschuldigt. Liegt wohl mit einer Erkältung im Bett.“ Richard hatte bis eben nur mit halben Ohr zugehört, wurde jetzt aber stutzig. Soweit er durch Sandy wusste, hatte Julianne von vornherein nicht vorgehabt, hier zu erscheinen. „Sam habe ich auch noch nicht gesehen“, sagte er leise. Tim deutete wortlos in eine bestimmte Richtung, und dort stand Samuel mit Lilian in einer Ecke. Es sah beinahe verschwörerisch aus, wie die beiden miteinander tuschelten. „Na, wenn wir da nicht unser neues Traumpaar haben“, spöttelte Richard, was von den anderen mit einem skeptischen Stirnrunzeln quittiert wurde. Er seufzte übertrieben. „Das war nur ein Witz!“



    Aufmerksam beobachtete Michaela, wie Patrick und ihr Sohn miteinander sprachen, als Gene plötzlich neben ihr stand und halblaut sagte: „Ganz schön dreist, wie?“ Für einen Moment war Michaela irritiert, dann merkte sie, dass Gene gar nicht in die gleiche Richtung sah wie sie. „Ein Jahr lang will er nichts mit uns zu tun haben, und kaum stehen die Awards an, gehört er wieder zum Team…“ Natürlich meinte er Timothy. „Nur zu deiner Information, Gene“, kam die Stimme von Claire aus dem Hintergrund, „Tim ist nicht in seiner Funktion als Night and Day-Darsteller hier, sondern als mein Begleiter. Und du wirst mir doch zugestehen, zu dieser Verleihung zu kommen mit wem auch immer ich will, oder?“



    Ehe Gene jedoch weiter darauf eingehen konnte, wurden alle per Lautsprecher darum gebeten, ihre Plätze einzunehmen. Ungefähr fünfzehn Minuten später war es soweit. Die Show konnte beginnen. Die Verleihung der Preise gestaltete sich etwas zäh, die Laudatoren gaben einen lauen Witz nach dem anderen von sich und die Dankesreden waren auch schon mal origineller gewesen. Dann endlich wurde es interessant für die Night and Day-Crew. Nach einer langatmigen Vorrede, wie sehr die Laudatorin schon als Kind Seifenopern geliebt hatte, griff sie nach dem Umschlag.



    „Kommen wir nun zu den Nominierten für die ‚Beste tägliche Serie’! Nominiert sind: Neverending love – King’s Boulevard – Night and Day – Every single moment.” Zu jeder Serie wurden ein paar Ausschnitte auf den Bildschirmen gezeigt, die sich für den Außenstehenden ziemlich ähnlich sahen. Leidenschaftliche Küsse, nicht minder leidenschaftliche Wutausbrüche, tieftraurige Abschiedsszenen und herzliche Umarmungen wechselten sich dort in schöner Regelmäßigkeit ab. Nur die Protagonisten waren andere. Zuletzt erschienen auf den Bildschirmen die Logos der vier Serien. „Und der Gewinner ist…“



    Adams Nervosität stieg. Richard unterdrückte ein Gähnen, und Gene hatte genug damit zu tun, nicht zu offensichtlich in das Dekolleté seiner Begleiterin zu schauen. Claire und Timothy nickten sich gegenseitig kurz aufmunternd zu und widmeten dann wieder der Bühne ihre volle Aufmerksamkeit. Luke nahm Michaelas Hand in seine, wie er es auch letztes Jahr an dieser Stelle getan hatte, wofür sie ihn dankbar anlächelte. Oliver beobachtete Lilian dabei, wie sie sich zum Regisseur hinüberbeugte und ihm ein paar Worte zuflüsterte. Samuel wünschte sich, er könnte jetzt schon etwas zu trinken haben. Und Patrick bekam von all dem nichts mit, weil Brianna anfing, unauffällig sein Bein zu streicheln.



    „King’s Boulevard!!!“ Applaus brandete auf, und nach einer Schrecksekunde fielen auch die Darsteller, Produzenten und Regisseure der Konkurrenzserien mit ein und machten gute Miene zum für sie enttäuschenden Ergebnis. Die Regisseurin von King’s Boulevard ging, nein, sie schwebte geradezu auf die Bühne und versuchte glaubhaft zu verkünden, dass sie furchtbar glücklich sei und kein bisschen damit gerechnet hätte, im dritten Jahr in Folge den AMY für die Serie zu bekommen. Dann dankte sie dem „Ensemble“, ihrem Mann, ihren Kindern, ihren Eltern, der Jury, den Zuschauern und den restlichen sechseinhalb Milliarden Menschen auf diesem Planeten. Zumindest kam es Adam so vor. Jetzt wollte er nur noch nach Hause – aber warum eigentlich? Debra würde sich nicht mal dafür interessieren, ob er gewonnen hatte…



    Tja ich scheine tatsächlich die Einzige zu sein, die ab und zu ein Kommi schreibt. Was ich natürlich sehr schade finde, weil man ja gerne wissen möchte wie die Story bei den Lesern ankommt...:confused:


    Danke für den Kommi erstmal :)
    An den Hits sieht man ja, dass es mehr Leute lesen und ein bisschen Karma gab's auch schon... Würde mich wirklich über mehr Feedback freuen!


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    „Du weißt genau, dass ich es nicht besonders schätze, wenn du mir in der Firma einen Besuch abstattest.“ Ken sah Frederic missbilligend an. Je weniger Leute von seinen Verbindungen wussten, desto besser. „Aber um deine Frage zu beantworten: nein, ich habe momentan nichts für dich.“ Das versetzte Frederic in Erstaunen. „Wie, gar nichts? Kein unangenehmer Konkurrent, der ein bisschen eingeschüchtert werden müsste?“ Ken schüttelte den Kopf. „Und auch nichts, was wir deinem lieben Bruder anhängen könnten?“ fragte sein Besucher nach. Es wäre ja schließlich nicht das erste Mal, dass Matt Anderson irgendwelche dubiosen Machenschaften nachgesagt worden wären, die nicht ganz der Wahrheit entsprachen…



    Gedankenverloren starrte Ken an Frederic vorbei. „Nein“, sagte er leise. „Ich glaube fast, diesmal will er mich mit meinen eigenen Waffen schlagen…“ „Wie meinst du das?“ Ken zögerte die Antwort heraus. Sollte er Frederic wirklich von dem Streit mit Matt erzählen? Nicht einmal mit Victoria hatte er darüber geredet, und die betrachtete er als seine beste Freundin. Genau genommen, als seine einzige. Frederic dagegen war nur… jemand, der ihm nützlich war. Wenn es galt, ein paar Männer aufzutreiben, um jemanden zur Vernunft zu bringen, der von allein nicht vernünftig werden wollte, kannte Frederic die richtigen Leute. Musste ein ehemaliger Angestellter, der nicht 100%ig vertrauenswürdig war und zur Konkurrenz wechselte, daran erinnert werden, Betriebsgeheimnisse für sich zu behalten, konnte Frederic das erledigen.



    Anderson stand auf und ging zum Fenster. Ihm kamen wieder Matts wortwörtliche Anschuldigungen in den Sinn und die Wut stieg in ihm hoch. „Tja“, entgegnete er so lässig wie möglich, „Er behauptet, ich hätte seine Freundin vergewaltigt – oder um genau zu sein, fast vergewaltigt.“ Frederic sah geradezu geschockt aus, er schluckte, blinzelte ein paar Mal hektisch und blickte dann zu Boden. Das wunderte Ken ein wenig, er hätte von jemandem wie Frederic eine weniger hysterische Reaktion erwartet. „Du glaubst doch nicht, dass ich so etwas tun würde, oder?“ vergewisserte er sich. „Nein, natürlich nicht“, antwortete Frederic schnell. „Hat er denn Beweise?“ „Die wird er wohl kaum haben können, weil alles erstunken und erlogen ist, entweder von ihm oder von dieser Shannon… Aber ich rechne praktisch jeden Augenblick damit, dass die Polizei hier reinstürmt.“



    Mit einem schnellen Blick zur Tür schien Frederic sichergehen zu wollen, dass die Cops nicht schon im Anmarsch waren. Diese Nervosität, die sein sonst so cooler Bekannter zeigte, irritierte Ken. „Hey, das war nur Galgenhumor, okay?“ Ken blickte auf die Uhr. „Verdammt, in einer halben Stunde habe ich dieses Treffen mit Peters, und dann muss ich auch noch Vicky zum Dinner bei meinen Eltern abholen… Würde es dir was ausmachen, mich jetzt weiter arbeiten zu lassen?“ fragte er übertrieben unterwürfig und nahm wieder hinter seinem Schreibtisch Platz. Frederic sprang auf. „Äh, nein, ich wollte sowieso gerade gehen.“ „Wenn ich deine Hilfe brauche, melde ich mich bei dir“, meinte Ken noch, blickte auf und bemerkte, dass Frederic schon dabei war, das Büro zu verlassen.


    „Kannst du nicht noch ein bisschen bleiben?“ fragte Oliver die Frau, die soeben aus seinem Bett stieg und begann, sich anzuziehen. Er hasste es, wenn sie es gleich nach dem Sex so eilig hatte, sein Haus zu verlassen. Sicher legte er nicht den größten Wert auf alte Rollenbilder und wäre der Letzte, den man als Macho bezeichnen würde. Trotzdem ging ihm hin und wieder der nicht ganz ernst gemeinte Gedanke durch den Kopf, dass er derjenige sein müsste, der zuerst ging. Aber da hatte sie vorgesorgt: immer kam sie zu ihm – und auch das nur, wenn ihr spontan danach zumute war –, nie käme sie auf die Idee, sich mit Oliver bei sich zu Hause zu treffen.



    „Die Verleihung ist in ein paar Stunden, und du würdest auch gut daran tun, nicht mehr ewig im Bett liegen zu bleiben“, entgegnete Lilian und nahm ihre Handtasche. „Ja, eben, es sind noch ein paar Stunden! Warum die Eile?“ Lilians Augen sagten, dass er darauf auch allein kommen müsste, aber da Oliver offenbar tatsächlich eine Antwort erwartete, seufzte sie ergeben. „Hast du eine Ahnung, wie lange eine Frau braucht, um sich für solch einen Abend fertig zu machen?“ Beinahe hätte sie gesagt „eine Frau in meinem Alter“, doch sie schluckte es noch rechtzeitig herunter. Der Altersunterschied war beiden ohnehin nur zu bewusst, da musste sie ihn nicht unnötig oft thematisieren. „Ich denke, du bist mit einer Schwester aufgewachsen?!“ ergänzte sie.



    „Schon, aber wir hatten ein großes Haus mit vielen Badezimmern“, sagte Oliver halb im Scherz und wurde gleich wieder ernst. „Erklär mir noch mal, warum wir nicht zusammen hingehen.“ Dahinter steckte die unausgesprochene Frage, warum sie mit ihm schlief, aber keiner von ihrer Beziehung wissen durfte. Wenn man Lilians Worten Glauben schenken wollte, gab es eigentlich überhaupt keine „Beziehung“, bestenfalls eine Affäre. „Weil Adam mich zuerst gefragt hat“, meinte sie in leicht genervtem Tonfall. „Was ist mit seiner Frau?“ Ein paar Mal durch die Haare bürsten, ein bisschen Make-up auffrischen und Lilian war bereit zu gehen. Wenn Oliver doch nicht ständig diskutieren würde!



    „Sie ist krank, das hab ich dir doch schon gesagt.“ Skeptisch beäugte er sie. „Und das weiß Adam zwei Wochen im Voraus, ja?“ Inzwischen müsste er Lilian gut genug kennen, um zu wissen, wann es genug war, und jetzt war ihrem Gesichtsausdruck nach dieser Punkt erreicht. „Dann ist sie vielleicht sehr schwer krank! Und hör auf mit dieser Mitleidstour. Du hast doch garantiert einen deiner Groupies mit einem Lächeln und einem Augenzwinkern dazu gebracht, mit dir zu den Awards zu gehen.“ „Sehr witzig!“ Es stimmte, er hatte schnell einen „Ersatz“ gefunden, aber die war nur eine alte Schulfreundin, verheiratet mit einem alten Schulfreund, die sich erbarmt hatte ihn zu begleiten. „Wir sehen uns dann heute Abend.“ Mit diesen Worten verschwand Lilian aus Olivers Haus.


    Fast wie auf der Highschool, wenn der Abschlussball bevorsteht, dachte Michaela amüsiert. Auf einmal schien es für ihre jüngeren Kollegen kein wichtigeres Thema mehr zu geben als die Verleihung und wie die Chancen standen, dieses Mal zu gewinnen. Ihrer Ansicht nach standen die nicht besonders gut. Sie hatte sich die Konkurrenz ein paar Mal angeschaut, und die waren gar nicht mal schlecht… für tägliche Serien jedenfalls. Neuerdings schien es gut anzukommen, die so genannten „heißen Eisen“ anzupacken und ein wenig zu provozieren. Da konnte Night and Day nicht mithalten. Die Autoren und alle, die sonst noch etwas zu sagen hatten, hatten hoffnungslos veraltete Ansichten, wie es in einer Seifenoper zugehen sollte.



    Immer nur heile Welt, das ging natürlich nicht. Aber ansonsten war die gerade thematisierte Beinahe-Vergewaltigung schon das Höchste, was bei Night and Day vorstellbar war. Ein bisschen Romantik, Freundschaft und Familie, ein wenig Drama und die eine oder andere kleine Intrige, das war schon fast alles und manchmal kam es Michaela vor, als sei die Serie in den 80ern hängen geblieben. Sex and Crime – gern, aber bitte nur in Maßen, bloß nicht zu viel davon. Minderheiten – Gott bewahre! Schwarze, Schwule und ähnliche in anderen Serien gern genommene „Quotenminderheiten“ kamen hier nicht vor. Während sie so nachgrübelte, sah Michaela hinüber zu Patrick.



    Der bemerkte ihren Blick und lächelte sie an. „Sag mal, wird dein Mann denn dieses Jahr zur Verleihung kommen?“ Die Frage war eher rhetorisch gemeint, denn bisher hatte Hank van Berg es noch nicht für nötig gehalten, sich der Öffentlichkeit zu zeigen. Während die meisten Darsteller der Serie, falls sie denn gerade eine Beziehung hatten (wobei viele von ihnen erstaunlicherweise meistens keine hatten), zu solchen Ereignissen wie den AMY Awards natürlich ihre Partner mitbrachten, war Hank nie bei derartigen Galas, Partys und ähnlichem aufgetaucht. Meist war Michaela allein oder mit ihrem Sohn gekommen. So sollte es wohl auch dieses Mal sein, denn sie antwortete: „Ähm, nein, Luke wird mich begleiten.“



    Für Patrick war das eine recht erfreuliche Nachricht. Er hatte sich bei den Gelegenheiten, bei denen er Luke begegnet war, bisher immer gut mit ihm verstanden. „Hast du schon eine Begleiterin?“ fragte Michaela mit einem schwer zu deutenden Unterton in der Stimme. Patrick zögerte keine Sekunde. „Ja, ich werde mit Brianna hingehen, du weißt schon, ich war mit ihr zusammen auf der letzten Weihnachtsfeier hier.“ „Ach ja, ich erinnere mich an sie. Scheint ein nettes Mädchen zu sein.“ Der prüfende Blick, mit dem Michaela ihn beobachtete, entging Patrick nicht, und er sagte leise: „Das ist sie wirklich.“

    Allein für Manja (oder liest hier sonst noch jemand mit? ;) ) die nächste FS.
    Übrigens: mein Nickname kommt nicht von Miss Weasley, aber ich mag die HP-Filme auch sehr gern :luvlove


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    Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen betrachtete Eve ihren Jüngsten, der in einem Wirtschaftsmagazin blätterte. Seit Matt ausgezogen war, bekam sie ihn bei weitem nicht mehr so oft zu Gesicht, wie sie es gern würde. Ihr Blick wanderte hinüber zu ihrem Ehemann, den sie für diese bedauernswerte Tatsache mitverantwortlich machte. Das Gespräch zwischen Vater und Sohn hatte sich beim Essen auf das Nötigste und hauptsächlich auf geschäftliche Angelegenheiten beschränkt. Das war nicht ungewöhnlich, und trotzdem – irgendetwas war anders. Eve spürte, dass Matt irgendein Problem zu schaffen machte, aber er würde schon noch mit ihr darüber reden, wenn er dazu bereit war. Bis dahin würde sie ihn nicht drängen.



    „Du kommst doch morgen Abend zum Dinner, das wir zur Feier von Christophers Heimkehr geben, nicht wahr, Matt?“ Er sah sie stirnrunzelnd an. „Kommt Ken auch?“ „Natürlich, er und Victoria werden…“, begann Eve, doch Matt unterbrach sie sofort. „Dann braucht ihr mit mir nicht zu rechnen.“ Auch Colin wurde jetzt aufmerksam. „Was ist nun schon wieder?“ wollte er wissen, und man hörte ihm an, wie genervt er von den ewigen Streitereien zwischen seinen Söhnen war. „Das fragst du besser Ken“, gab Matt kühl zur Antwort. Halb besorgt, halb mitleidig sah Eve ihn an. Für sie stand fest, dass ihr Erstgeborener wieder einmal etwas angestellt haben musste, um seinem jüngeren Bruder zu schaden. „Was hat er denn getan?“ fragte sie.



    Colin verdrehte die Augen und gab ein Geräusch der Resignation von sich. Matt tat so, als würde er es gar nicht bemerken. „Wie gesagt, das soll er euch selbst erzählen.“ Er warf einen Blick auf die Uhr. „Ich muss los. Es war wie immer köstlich“; sagte er an seine Mutter gerichtet, gab ihr einen Kuss auf die Wange und nickte seinem Vater kurz zum Abschied zu. „Ich wünsche euch noch einen schönen Abend.“ Als Matt gegangen war, konnte Colin sich nicht mehr zurückhalten. „Hörst du dir manchmal selbst zu?“ griff er seine Frau an und äffte sie nach. „’Was hat er denn getan?’ Du siehst wie immer in Ken den Schuldigen. Dein Lieblingssohn würde natürlich nie einen Streit vom Zaun brechen!“ Die Diskussion zwischen dem Ehepaar Anderson war nicht neu, nichtsdestotrotz war Eve verletzt. „Und du willst einfach nicht wahrhaben, was für ein Mensch Ken in Wirklichkeit ist!“ erwiderte sie trotzig.



    „Außerdem mag es ja sein, dass ich Matthew ein wenig bevorzuge…“, fuhr sie fort. „Aber ist dir mal in den Sinn gekommen, dass das damit zusammenhängen könnte, dass du Ken von Anfang an behandelt hast wie einen Kronprinzen und deinen Jüngsten sträflich vernachlässigt hast?“ Diesen Vorwurf wollte Colin sich nicht gefallen lassen. „Ich habe oft genug versucht, irgendetwas mit Matt zu unternehmen, als er noch ein Kind war!“ Das wusste Eve auch – bloß hatte sich Matt, im Gegensatz zu seinem Bruder, eben nicht für diese ach so männlichen Hobbies wie Football begeistern können. Und damit war er für seinen Vater nicht mehr interessant genug gewesen. „Aber nichts davon hat ihm Spaß gemacht, er wollte immer nur nach Hause zu seiner Mutter!“ ereiferte sich Colin und widmete sich der Zeitung, in der eben noch sein Sohn geblättert hatte; ein deutliches Zeichen dafür, dass er das Gespräch als beendet betrachtete.

    Hm, ja, ich sehe ein, das ist alles etwas viel auf einmal.
    Zur besseren Übersicht (hoffentlich - nicht, dass dadurch noch mehr Verwirrung entsteht *g*) hab ich weiter oben das Video mal direkt reingestellt und einen kleine Übersicht aller Personen.
    Alles andere ergibt sich hoffentlich beim Lesen...


    „Verdammt!“ schimpfte Richard und warf das Skript auf den Tisch. Es sah zwar oberflächlich danach aus, dass sich ihm bald eine gute Chance bieten würde, aber inzwischen kannte er den Stil der Autoren zu gut. Er war überzeugt, dass sein Wunsch, aus der Serie herauszukommen, auch in nächster Zeit nur ein Wunsch bleiben würde. Warum hatte er auch diesen furchtbaren Knebelvertrag unterschreiben müssen? Natürlich war seine Figur wichtig für die Serie und kam gut beim Publikum an, aber es musste doch irgendeinen Weg geben… „Was ist denn mit dir los?“ fragte Adam und setzte sich zu ihm. Richard deutete auf das Drehbuch und sah den Regisseur wütend an. „Ihr habt nicht vor, mich gehen zu lassen, richtig?“ Adam zuckte mit den Schultern. „Du weißt, dass ich darauf keinen Einfluss habe.“



    Es war ein offenes Geheimnis, dass Richard eine Filmkarriere anstrebte, bei der ihn seine Rolle in einer Seifenoper nur behinderte. Die Menschen, die ihm weniger gut gesonnen waren, bezeichneten Richard gern als größenwahnsinnig – doch im Gegensatz zu solchen Typen wie Gene wusste Richard genau, dass er noch kein Superstar war. Er würde nur gern einer werden, was die meisten Kollegen einfach als sehr ehrgeizig einstuften, und so sah er sich auch selber. Doch alle Versuche, den Produzenten und die Autoren zu überzeugen, seine Rolle zu streichen oder wenigstens auf ein Minimum zu reduzieren, waren bisher fehlgeschlagen. Richard seufzte. „Wen muss man denn hier erschießen, um rausgeworfen zu werden?“ „Ich hab eine Frau und zwei Kinder zu Hause, also such dir bitte ein Opfer, das ungebunden ist“, antwortete Adam mit schiefem Lächeln.



    Aber Richard war nicht in der Stimmung, um sich auf weitere Scherze einzulassen. „Und ich hab schon wieder zwei Absagen bekommen. Kein Mensch verpflichtet jemanden, der fünf Tage die Woche eine Seifenoper dreht, für einen Kinofilm! Ich werde für den Rest meines Lebens ein kleiner, unbedeutender Serienschauspieler bleiben!“ Adam wusste zwar, dass Richards Ambitionen nicht als persönliche Kränkung gemeint waren. Aber dies war nun einmal „seine“ Serie; er arbeitete in einem Team, das wie eine zweite Familie für ihn war – und nun wollte eines der Mitglieder diese Familie unbedingt verlassen. Außer Timothy hatte in den vier Jahren keiner der Hauptdarsteller so deutlich wie jetzt Richard den Wunsch geäußert, aus Night and Day auszusteigen – und Timothy war immerhin wiedergekommen…


    Nach ihrer gemeinsamen Szene saßen Lilian und Timothy noch mit Michaela zusammen und redeten über Gott und die Welt, als ein nicht mehr ganz junger Mann mit stechendem Blick und falschem Lächeln auf sie zugeschlendert kam. „Also, welchem glücklichen Umstand verdanken wir denn nun deine Rückkehr?“ fragte Gene mit vor Sarkasmus triefender Stimme. „Will niemand das Drehbuch kaufen oder ist etwa vorher dein Ghostwriter abgesprungen?“ Natürlich konnte er sich seine Kommentare nicht verkneifen, da Timothy Clarke damals mit der offiziellen Begründung ausgestiegen war, er wolle ein eigenes Drehbuch schreiben. Dass er eigentlich noch einen ganz anderen Grund gehabt hatte, wusste sonst niemand – nun, fast niemand.



    Timothy lächelte seinem Kollegen freundlich zu – er wusste genau, dass er ihn am meisten damit ärgern würde, gar nicht auf seine dummen Sprüche einzugehen. „Ich freue mich auch, dich wiederzusehen, Gene.“ Lilian reagierte weitaus weniger gelassen und funkelte Gene böse an. Sie, Michaela und die meisten anderen hatten sich sehr gefreut, als Timothy heute Morgen auf dem Set erschienen war. Aber es war eigentlich abzusehen gewesen, dass Gene wieder genau dort anfangen würde, wo er vor beinahe einem Jahr aufgehört hatte. Seine Antipathie gegenüber Timothy war im Team geradezu legendär. „Und danke der Nachfrage – das Drehbuch ist fertig und die Verhandlungen verlaufen sehr zu meiner Zufriedenheit“, ergänzte Timothy.



    „Tim!“ Claire lief freudestrahlend auf die kleine Gruppe zu, und Timothy erhob sich, um ihr entgegenzugehen. So trafen die beiden ein kleines Stück außer Hörweite der anderen aufeinander und umarmten sich herzlich. Auch das war vorhersehbar gewesen: Claire und Timothy hatten sich schon immer gut verstanden, und besonders im letzten halben Jahr vor seinem Ausstieg waren sie wirklich ein Herz und eine Seele gewesen. Die beiden hatten am Set sehr viel Zeit miteinander verbracht – so viel, dass immer wieder Gerüchte über eine Affäre zwischen den beiden aufgekommen waren. „Du siehst klasse aus“, meinte Timothy anerkennend und Claire lächelte. „Danke, du aber auch. Scheint, als hättest du dich gut erholt...“ Das hatte er auch dringend nötig gehabt.



    Beinahe ein nervliches Wrack war Timothy gewesen, als er damals ausgestiegen war. Natürlich hatte er die Auszeit, die er vom TV-Business genommen hatte, auch zum Arbeiten genutzt, aber in erster Linie war es eine Art Flucht gewesen. Die Zeit seit dem Urlaub und dem anschließenden Umzug hatte er fast wie ein neues Leben empfunden. Doch jetzt war er wieder zurück… Er drückte Claire ein zweites Mal und flüsterte ihr dabei ins Ohr: „Sag schon, wie geht’s Joelle?“ „Gut, die Schule macht ihr richtig Spaß. Noch jedenfalls. Und du hast dich in deinem neuen Haus gut eingelebt?“ Er nickte. „Ja, es ist sehr hübsch. Du solltest mich mal besuchen kommen, jetzt wo….“ Er stockte, und Claire fragte leise: „Was ist mit Ashley?“ „Kein Lebenszeichen seit neun Monaten“, antwortete Timothy.

    Hi Manja,
    dankeschön für das Kompliment :)
    Es kann allerdings immer mal eine Weile dauern bis zur nächsten Fortsetzung, weil ich noch nicht viel im Voraus gearbeitet habe und mit einem sechs Monate alten Kind kommt man auch nicht immer so viel an den PC wie früher :D


    Aber jetzt lernt Ihr endlich den schon erwähnten Timothy bzw. "Christopher" kennen...


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    „Hi Mum.“ Christopher kam zur Tür herein, als sei er gerade mal ein paar Minuten weg gewesen. „Christopher!“ Seine Mutter lief mit entzücktem Gesichtsausdruck auf ihn zu und fiel ihm um den Hals. Als Elaine der Meinung war, sie hätte ihrer Freude über das Wiedersehen fürs Erste genug Ausdruck verliehen, ließ sie ihn los und sah ihn so böse an, wie eine Mutter ihren Sohn eben ansehen kann, den sie fast ein Jahr lang nicht zu Gesicht bekommen hat. „Warum hast du mich nicht angerufen und gesagt, dass du heute schon kommst? Ich hätte dich doch vom Flughafen abgeholt! Ich hätte eine Willkommensparty organisiert, ein paar Freunde eingeladen…“



    „Genau deswegen“, entgegnete Christopher trocken und sah sich um. Viel hatte sich natürlich seit seiner Abreise nicht verändert. „Also, was gibt’s Neues?“ Die beiden setzten sich hin und Elaine strich ihrem Sohn über die Haare. „Ich bitte dich, du treibst dich monatelang in der Welt herum und fragst mich, was es Neues gibt?“ Christopher grinste. „Hier ist doch immer etwas los. Ich wette, Matt und Ken pflegen immer noch ihre kleinen Machtspielchen, Colin hat wieder irgendeinen Konkurrenten im Auge, den er aufkaufen will und Eve…“ Er stockte kurz. Als er damals weggegangen war, ging es seiner Tante nicht so gut, und in den wenigen Telefonaten hatte sich Elaine nur ausweichend über deren Zustand geäußert. „Wie geht es ihr jetzt? Aber vor allem: wie geht es dir?“



    „Mir geht es sehr gut, ganz besonders seit zwei Minuten“, erwiderte sie stattdessen. „Was meine Schwester und ihre Familie angeht…“„Ja?“ hakte Christopher nach. „Nun, Eve hat sich gut von ihrer Tablettensucht erholt. Sie arbeitet allerdings nur noch in beratender Funktion für ‚Starry Night’“, berichtete Elaine. „Colin hat ihr eine ganze Produktserie gewidmet, die sehr gut läuft – es freut dich sicher zu hören, dass die Aktien stark gestiegen sind, du profitierst ja schließlich auch davon. Matt hat jetzt hoffentlich endlich die richtige Frau gefunden; Shannon ist sehr nett, du wirst sie sicher mögen. Und Ken…“



    Elaine legte eine Kunstpause ein und warf ihrem Sohn einen vielsagenden Blick zu. „Nun, du weißt ja, dass er schon immer das schwarze Schaf der Familie war...“ „Ach“, meinte Christopher grinsend, „ich dachte immer, das warst du…“ Seine Mutter sah ihn mit einer Mischung aus Strenge und Amüsement an und sagte gespielt drohend: „Christopher Parker, nur weil du jetzt dreißig bist, heißt das noch lange nicht, dass du dir solche Frechheiten erlauben kannst.“ Und doch enthielten seine Worte durchaus ein Körnchen Wahrheit – so war sich Elaine tatsächlich oft vorgekommen, wie das schwarze Schaf…


    „Weißt du schon, was du zu den AMY Awards tragen wirst?“ Sandrine Benoit, die von allen nur Sandy genannte Maskenbildnerin, konnte ihre Neugier wie immer kaum zügeln. Julianne legte den Kopf ein wenig schief – so weit, wie sich traute, während Sandy in ihren Haaren herumfummelte – und machte ein nachdenkliches Gesicht. „Ich bin mir noch gar nicht sicher, ob ich hingehe.“ Es hätte nicht viel gefehlt, und Sandy wäre der Mund offen stehen geblieben. Empört wandte sie sich zu Lilian Monetti um. „Hast du das gehört? Sie ist sich nicht sicher, ob sie hingeht!“ Natürlich hatte Lilian das gehört, die eigentlich nur in einer Ecke saß und darauf wartete, dass Sandy mit der Verschönerung von Julianne fertig wurde und sich um sie kümmerte.



    Als ob die junge, hübsche, frische Julianne diese aufwändige Prozedur so nötig gehabt hätte! Ihr eigenes Gesicht, dass ihrem Alter entsprechend schon das eine oder andere kleine Fältchen zeigte, hätte etwas mehr Aufmerksamkeit deutlich nötiger gehabt, fand Lilian. Sandy starrte sie immer noch an, und ihr fiel wieder ein, dass sie ja indirekt um ihre Meinung zum Thema ‚Wichtigkeit des Erscheinens bei einer Preisverleihung’ gefragt worden war. „Dir ist aber schon klar, dass unser Produzent viel Wert darauf legt, dass wir die Serie auch nach außen hin repräsentieren, oder? So etwas wie die Awards gehören einfach dazu“, gab Lilian zu bedenken. Sandy nickte zufrieden über die Zustimmung und warf anschließend Julianne einen vorwurfsvollen Blick im Spiegel zu.



    „Wir sind schließlich nominiert, und du willst nicht hingehen!“ meinte sie und hörte sich an, als sei sie persönlich beleidigt. Genauer gesagt, war die Seifenoper nicht für die Maske und somit Sandy überhaupt nicht nominiert – auch wenn sie behaupten würde, dass das gute Aussehen der Schauspieler vor der Kamera, und damit ein Teil des (einstigen) Erfolgs zu mindestens 50 % ihr zu verdanken war. Stattdessen war Night and Day vor fast zwei Monaten in der Rubrik „Beste tägliche Serie“ genannt worden, als die Nominierungen für die AMY Awards, einer Preisverleihung für Fernsehserien, bekannt gegeben wurden. Die Tatsache, dass zu dem Zeitpunkt gerade mal die ersten Folgen ausgestrahlt wurden, in denen Julianne mitspielte und die Nominierung somit kaum ihr Verdienst gewesen war, unterschlug Sandy großzügigerweise.



    In die etwas peinliche Stille brach plötzlich ein Praktikant, der die Tür aufriss und die drei Frauen mit panischer Stimme fragte: „Habt ihr vielleicht eine Idee, wo Oliver steckt?“ „Keinen Schimmer“, gab Sandy zur Antwort und auch Lilian und Julianne schüttelten den Kopf. „Mist!“ schimpfte der junge Mann und war auch schon wieder weg. Lilian würde sich hüten, ihm oder sonst irgendwem zu verraten, dass sie noch vor 20 Minuten mit Oliver in der Garderobe war… Juliannes Hoffnung, durch die Störung hätte Sandy ihre Entrüstung vergessen, erfüllte sich leider nicht. „Ich kann aus dir den Star des Abends machen, nicht nur beim Make-up und der Frisur… Wenn du willst, such ich mit dir zusammen ein Outfit aus!“



    Skeptisch betrachtete Julianne Sandys Outfit, das wie so oft irgendwie selbstgefärbt und in Hinblick auf ihren Kleidungsgeschmack nicht gerade vertrauenerweckend wirkte, und winkte ab. „Nein, danke, nicht nötig…“ Für einen Moment überwand Lilian ihre nicht ganz neidlosen Gedanken gegenüber Julianne und gab ihr den gut gemeinten Rat: „Du solltest es dir wirklich noch mal überlegen. Die Verleihung findet schließlich nur einmal im Jahr statt, und es macht einfach einen guten Eindruck, wenn alle anwesend sind.“ Julianne überlegte es sich einen Moment lang, aber dann verwarf sie den Gedanken wieder. Was sollte sie schon auf dieser albernen Veranstaltung?


    Seit in allen Gebäuden auf dem Studiogelände das Rauchen verboten war, waren die wenigen noch verbliebenen Nikotinabhängigen dazu übergegangen, sich in den Hof von Studio B zu verziehen, um in Ruhe zu rauchen. So auch Samuel Barrister jr. Er hatte sich gerade eine Zigarette angezündet, als hinter ihm die Tür aufging und sein Kollege Oliver Roslin in den Hof hinaustrat. „Dachte mir schon, dass ich dich hier finde“, sagte Oliver freundlich. „Du bist in zehn Minuten dran“, ergänzte er, und Samuel nickte. Er wusste sehr wohl, wann seine Szenen gedreht wurden und hielt sich absichtlich in der Zwischenzeit so wenig wie möglich in der Nähe des Teams auf.



    Schweigend hielt er Oliver seine Zigarettenschachtel hin, doch der winkte gequält lächelnd ab. „Nein danke, hab’s mir gerade abgewöhnt.“ Mit einem Schulterzucken steckte Samuel die Schachtel wieder ein. „Hast du schon gehört, Montag hat Timothy seinen ersten Drehtag. Besser gesagt, den ersten seit elf Monaten…“, versuchte Oliver ein Gespräch in Gang zu bringen. Samuel zog genüsslich an seiner Zigarette und sah Oliver mit leicht sarkastischem Grinsen an. „Ich hätte zu gern Genes Reaktion auf diese freudige Nachricht miterlebt.“ Oliver dagegen hätte sich etwas weitaus Angenehmeres vorstellen können, als in dem Moment dabei zu sein, in dem Gene Travers von der Rückkehr seines „Intimfeindes“ erfahren hatte.



    „Hast du schon was vor am Wochenende?“ Innerlich seufzte Samuel. Genau diese Art von Smalltalk war einer der Gründe, warum er sich lieber von seinen Kollegen abgrenzte. „Mal sehen, wahrscheinlich das Selbe wie immer: koksen und saufen bis zur Besinnungslosigkeit…“, antwortete er. Oliver, der das offensichtlich für einen Witz hielt, begann zu schmunzeln. Gezwungenermaßen erkundigte Samuel sich im Gegenzug: „Und du?“ „Ich fahr hoch nach Seattle – der Jüngste von meiner Schwester wird getauft.“ Beinahe wäre Samuel ein „du hast mein Mitgefühl“ rausgerutscht, doch dann fiel ihm ein, dass Oliver sich ja vielleicht gut mit seiner Familie verstand und sich auf die Feier freute. „Na dann viel Spaß“, murmelte er stattdessen, trat seine Zigarette aus und verschwand im Gebäudeinneren.

    Hey Cindy, danke fürs Kommentieren! Die Soap kannst du auch nicht kennen, die habe ich genau wie das ganze Drumherum (auch z.B. die Verleihung, von der noch die Rede sein wird) komplett erfunden :)


    Übrigens: Die Fortsetzungen werden immer so aufgeteilt sein, dass zuerst eine Szene aus der Serie kommt und dann ein oder zwei aus dem "wahren" Leben. Der Übergang ist nicht immer so fließend wie am Anfang (eigentlich nie wieder, glaub ich *g*), werdet Ihr gleich sehen.


    Weiter geht's...


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    Victoria klopfte zweimal an die Tür, wartete das „Ja?“ ab und steckte den Kopf in das Büro ihres Ex-Mannes. „Hast du mal eine halbe Stunde Zeit?“ „Für dich doch immer“, antwortete Ken wohlwollend und deutete auf einen der Besuchersessel zum Zeichen, dass Victoria Platz nehmen sollte. „Ich wollte nämlich die Werbekampagne für ‚Deep Sky for Men’ mit dir durchsprechen“, begann sie, wurde jedoch unterbrochen durch das Geräusch der aufgestoßenen Bürotür und durch Matt, der - ganz offensichtlich mies gelaunt - hereinstürmte. „Ich will mit dir reden“, herrschte er seinen älteren Bruder an und fügte mit einem Seitenblick auf Victoria hinzu: „Und zwar unter vier Augen.“



    Lässig lehnte Ken sich zurück. „Ich habe keine Geheimnisse vor Vicky. Wenn du mir also was zu sagen hast, kannst du es auch in ihrem Beisein tun.“ Victoria, die seit vielen Jahren die Feindseligkeit der beiden untereinander kannte, sich aber beim besten Willen nicht daran gewöhnen konnte, rutschte nervös auf ihren Platz herum. „Glaub mir, du willst nicht, dass sie das mit anhört. Wenn du uns also bitte allein lassen würdest, Victoria?!“ Zu Kens Verärgerung stand sie tatsächlich auf. „Auf meinem Schreibtisch stapelt sich die Arbeit sowieso schon“, entschuldigte sie sich. „Wir können die Kampagne auch morgen noch besprechen.“ Dann machte sie, dass sie so schnell wie möglich aus Kens Büro verschwand. „Was gibt’s denn so wahnsinnig Wichtiges?“



    Matt konnte die Arroganz seines Bruders kaum noch ertragen. „Wirst du auch noch so breit grinsen, wenn sie dich ins Gefängnis gesteckt haben?“ Für einen kurzen Moment entglitten Ken die Gesichtszüge. Hinter welcher seiner nicht ganz legalen Machenschaften war Matt wohl gekommen? „Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst“, sagte er betont ruhig. „Ach nein? Wir beide haben vielleicht nicht das beste Verhältnis zueinander“, das war eine gewisse Untertreibung, „aber dass du soweit gehen würdest…“ „Matthew, du langweilst mich. Wenn du nur hergekommen bist, um irgendwelche vagen Andeutungen zu machen, dann geh lieber wieder und lass mich arbeiten.“ Demonstrativ wandte sich Ken wieder dem Computerbildschirm zu, doch Matt war noch nicht fertig.



    „Gib’s zu, du hast das nur gemacht, um mich zu verletzen. Shannon war dabei nur Mittel zum Zweck. Ist dir überhaupt nicht klar, was du ihr angetan ist?“ Ken starrte seinen Bruder verständnislos an. „Was soll ich ihr denn angetan haben? Vielleicht habe ich sie nicht gerade so überschwänglich in der Familie empfangen wie Mum, aber…“ Am liebsten hätte Matt ausgeholt und ihn seine Wut spüren lassen. „Mein Gott, du hast sie beinahe vergewaltigt!“ Wenn Matt nicht so wütend ausgesehen hätte, wäre Ken in lautes Lachen ausgebrochen. „Ich habe was?“ „Jetzt spiel doch nicht den Unschuldsengel! Du hast geglaubt, dass es nie rauskommen würde, nicht wahr?“



    Dabei schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass er es vielleicht tatsächlich nicht herausgefunden hätte, wenn… ja, wenn er heute Shannon nicht endlich zur Rede gestellt hätte. „Das reicht“, meinte Ken. „Wir mögen unsere Differenzen haben, aber ich verstehe nicht, warum du deine Freundin da ins Spiel bringen musst. Und ich lasse mich von dir ganz sicher nicht als Vergewaltiger beschimpfen. Vielleicht solltest du besser mein Büro verlassen.“ „Willst du etwa behaupten, ich würde lügen? Sie hat es mir selbst gesagt. Warum sollte Shannon sich wohl so etwas ausdenken?“ rief Matt aufgebracht. „Ich weiß es nicht, aber du wärst wohl gut beraten, dir Frauen mit etwas weniger Fantasie auszusuchen. Und jetzt raus!“