Obwohl er ihr angeboten hatte, doch ein paar Tage bei ihnen zu bleiben, hatte Catherine es freundlich aber sehr bestimmt abgelehnt mit der Begründung, es gäbe einfach noch zu viel zu tun und da wäre es leichter, wenn sie in Blandfort Manor jederzeit erreichbar wäre. Sie an ihr Handy zu erinnern, wagte er in diesem Augenblick nicht.
Und so kehrte er mit Bella allein in sein Haus zurück. Dass sie so schweigsam neben ihm saß, gefiel ihm gar nicht. Schon seit Tagen sprach sie nur das Nötigste mit ihm, blieb tagsüber lieber allein für sich auf der Terrasse. Nur nachts bestand sie darauf, dass er bei ihr blieb. Also machte er es sich auf einer Matratze neben ihrem Bett gemütlich, nicht unbedingt die beste Lösung, denn er schlief nicht unbedingt gut, wenn ihm jemand die Hand zerquetschte, aber für den Moment musste es genügen.
Vielleicht aber hatte er jetzt eine Lösung für dieses Problem gefunden.
„Komm!“ meinte er. „Lass uns reingehen, da wartet eine Überraschung auf dich!“
[FONT="]Normalerweise hätte allein das Wort sie schon elektrisiert, Arabella liebte Überraschungen aller Art, heute jedoch entlockte seine Ankündigung ihr nur den Abglanz eines müden Lächelns. Dabei hatte er sich solche Mühe gegeben, damit sie nichts zu früh bemerkte.
[/FONT] Es änderte sich schlagartig, als sie beide das Haus betraten und ihnen seine Überraschung schon freudig mit dem Schwanz wedelnd entgegen kam.
„Das ist ja ein Hund!“ rief Bella aus und er hörte zum ersten Mal wieder echtes Interesse in ihrer Stimme.
„Gut erkannt, Prinzessin!“ antwortete er mit einem leichten Lachen. „Darf ich bekannt machen, das ist Ben. Meine Mutter hat ihn von ihren Eltern aus Norwegen mitgebracht. Sie meinte, ich bräuchte Gesellschaft. Was meinst du, haben wir noch Platz für ihn?“
Bella nickte begeistert und ging sofort in die Knie, um den Hund zu streicheln, was Ben nach einem kurzen misstrauischen Beschnüffeln auch zuließ.
[FONT="]Hatte Justin noch vor ein paar Wochen, als seine Mutter ihm in ihrer Wohnung den Hund präsentierte, gestöhnt und sich gefragt, woher er bei seinem vollen Terminplan die Zeit für einen wenn auch noch so süßen Kerl wie Ben nehmen sollte, so war er seiner Mutter heute unendlich dankbar für ihre verschrobene Idee. Inzwischen waren er und Ben dank zahlreicher Besuche die besten Freunde geworden und er hatte nicht den leisesten Zweifel daran, dass auch Bella den Hund sofort ins Herz schließen würde.
[/FONT] Er irrte sich nicht. Die beiden schienen sich beide auf Anhieb sympathisch zu sein, Ben jedenfalls gönnte dem Mädchen kaum einen Moment der Ruhe, sondern genoss es sichtlich, jemanden zum Spielen ganz für sich allein zu haben. Und wenn er auch noch kein unbeschwertes Lachen zu hören bekam, so war doch endlich diese furchteinflößende Ruhe von ihr abgefallen, während sie den Hund durch den Garten scheuchte.
Ihre Mutter jedenfalls schien sehr erleichtert darüber zu sein, als er ihr am Telefon davon berichtete.
Später am Abend fand er sie dann beide einträchtig an ihrem Lieblingsplatz, der Dachterrasse. Sie auf der Bank und Ben zu ihren Füßen, hingebungsvoll seinen Gummiknochen bearbeitend.
[FONT="]Er war sich nicht sicher, ob er sie stören sollte, aber dann entschloss er sich doch, sich wenigstens für einen Moment zu ihr zu setzen.
[/FONT] „Und?“ fragte er leise. „Gefällt er dir?“
„Er ist wunderschön,“ hauchte Bella. „Kann er jetzt hier bleiben?“
„Ich denke schon. Wenn du dich auch ein bisschen um ihn kümmerst?“
Bella nickte und versicherte sofort, sie würde Ben regelmäßig ausführen und mit ihm spielen, wenn er selbst arbeiten müsse.
„Ok, dann ist es beschlossen. Wir haben ein neues Familienmitglied. Wie wär’s, wenn du dir jetzt erst mal was bequemeres anziehst, dann können wir drei ja noch eine Runde gehen?“
Sie überlegte eine Weile, bevor sie zustimmte. Sie wollte schon aufstehen, ließ sich dann jedoch noch einmal auf die Bank fallen und sah ihn mit einem eigenartigen Blick an.
„JD, darf ich dich mal was fragen!“
„Sicher, nur zu!“
Sie schwieg einen Moment, als wäre sie nicht sicher, wie sie es sagen sollte, und dann platzte sie plötzlich heraus: „Glaubst du an Geister?“
[FONT="]Er war perplex. „Geister?“
[/FONT] „Ja, Geister!“ bestätigte Bella und redete sofort weiter, als habe sie Angst, er würde sie auslachen.
„Heute in der Kirche, beim Gottesdienst. Da ist etwas ganz komisches passiert. Ich dachte erst, es wäre der Wind, aber die Türen waren zu und die Fenster auch. Und es fühlte sich an wie eine Berührung. Ganz sacht nur, wie ein Hauch, aber ich weiß, ich habe mir das nicht einfach nur eingebildet. Auf einmal war ich nicht mehr traurig. Und dann....“ sie machte ein Pause und schluckte. „...dann hab ich ihn gehört, JD, ich schwör’s dir, er hat meinen Namen gesagt.“
„Wer, Bella, wer?“
[FONT="]„Nick!“ Sie flüsterte nur noch. „Er war da, in dieser Kirche, direkt hinter mir. Ich weiß es einfach.“
[/FONT] Bella schwieg und Justin suchte verzweifelt nach der richtigen Antwort. Ihr jetzt zu erklären, dass er nicht an Geister glaubte, und er in der Tat der Meinung sei, sie habe sich das nur eingebildet, weil sie es einfach glauben wollte in ihrer verständlichen Trauer, das konnte er nicht. Zuviel schien ihr der Gedanke zu bedeuten, dass der geliebte Bruder nicht völlig aus ihrem Leben verschwunden war.
„Denkst du, ich bin verrückt?“ fragte sie, ohne ihn anzusehen, als er so lange still blieb.
„Nein!“ Er schüttelte energisch den Kopf. „Nur sehr, sehr traurig. Aber wenn du sagst, dass du ihn gespürt hast, dann war er vielleicht wirklich da. Wir wissen viel zu wenig über den Tod, als dass es NICHT möglich wäre. Wenn du daran glauben willst, dann tu es. Ich werd' dich deswegen bestimmt nicht für verrückt erklären. Aber weißt du, deiner Mutter erzählen wir das lieber nicht, einverstanden?“
„Ja, genau!“ stimmte sie zu und Justin atmete auf.
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