„Tessa… wir… also… Niklas und ich…“, begann Monika hilflos.
Tessas Augen verengten sich zu Schlitzen, als ihr allmählich eine Erkenntnis dämmerte, die sie weder glauben konnte noch wollte.
„Wie… Moni… was… willst du damit sagen, dass…?“
Monika schluckte und kam auf ihre Freundin zu.
„Tessa, bitte sei nicht böse. Ich hätte es dir gesagt, wirklich. Aber ich wusste ja, welche Meinung du über Niklas hast, wollte erst einmal euer Gespräch abwarten. Und als du mir dann sagtest, was du davon hältst und ich merkte, dass du immer noch nicht ausgesöhnt bist, habe ich mich nicht getraut, dir reinen Wein einzuschenken…“
Unglücklich sah Monika ihre Freundin an. „Es tut mir leid, Tessa.“
„Ihr wollt mir jetzt nicht ernsthaft sagen, dass… ihr beiden… dass ihr zusammen seid??“, rief Tessa aus.
Monika schluckte und wusste nicht recht, was sie sagen sollte, doch genau dies genügte ihrer Freundin bereits als aufschlussreiche Antwort. Sie warf Niklas einen funkelnden Blick zu und dieser zuckte entschuldigend die Achseln.
„Tessa… es ist einfach passiert“, versuche er zu erklären. „Keiner von uns hat es geplant. Nachdem wir uns im Park gesehen haben, sind wir noch zusammen Kaffee trinken und dann hat es einfach gefunkt…“
Tessa schluckte und starrte wieder Monika an. „Wie… wie kannst du mir das nur antun!“, stieß sie hervor. „Ich… ich dachte, wir sind Freundinnen!!“
Monika schluckte und sah sie verzweifelt an.
„Tessa, das sind wir doch auch. Aber… ich kann doch auch nichts für meine Gefühle!“
„Aber… wieso gerade Niklas? Nach allem, was du über ihn weißt!“
„Tessa!“, rief Monika aus. „Du bist zu schnell in deinem Urteil. Menschen ändern sich!“
„Und wenn schon!“, rief Tessa und ihre Stimme überschlug sich fast. „Wie konntest du nur… und mir dann nicht mal sagen, was los ist…?“
„Das war falsch“, gestand Monika ein. „Und es tut mir leid!“
„Ach – ihr könnt mich alle mal!“, krisch Tessa, funkelte erst Niklas, dann Monika an und rief: „Macht doch was ihr wollt!!!“
Sie drehte sich auf dem Absatz um und rannte aus der Wohnung, ehe noch jemand der beiden etwas sagen konnte.
Monika zuckte zusammen, als die Tür ins Schloss fiel. Zitternd trat sie an die Fensterscheibe und beobachtete, wie Tessa auf die Straße lief, in ihr Auto stieg und mit quietschenden Reifen davon fuhr. Auf ihren Wangen waren Tränenspuren zu erkennen.
„Mist! Mist, Mist, Mist!“, fluchte Monika. „Ich… ich sollte ihr nachfahren, Niklas!“
Niklas trat an sie heran und legte die Hände auf ihre Hüften.
„Nein“, sagte er entschieden. „Ich glaube, sie würde jetzt gar nicht mit dir sprechen. Lass sie sich erst einmal beruhigen. Sie kriegt sich schon wieder ein.“
Monika blickte ängstlich in Richtung der Straße. „Ich weiß nicht“, sagte sie. „Ich kenne sie inzwischen besser als du, Niklas.“ Sie schluckte. „Tessa hat sehr viel Leid erfahren in den letzten Jahren. Dass ich sie belogen habe, muss furchtbar für sie sein.“
Sie schluckte. „Und dann auch noch der Streit mit Jess… sie muss furchtbar fühlen…“
Sie trat an das gegenüberliegende Fenster heran und fühlte die Kühle der Fensterbank auf ihrer Haut. Seufzend lehnte sie die Stirn an die Scheibe, während Niklas ihr über den Rücken strich.
Über ihnen ging ein fahler Halbmond auf. Die Schwüle schien sich bis ins Unermessliche zu steigern, und obwohl der Himmel noch klar war und die Sterne auf sie herab funkelten, schien sich ein Gewitter anzubahnen. Und irgendwo unter diesem Sternendach fuhr Tessa tränenblind durch die Nacht – ohne recht zu wissen, wohin.
Fortsetzung folgt.
Beiträge von Innad
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Tessa betrat den kleinen, gemütlichen Flur und stellte erstaunt fest, dass Moni hier stehen blieb und direkt fragte: „Also, was ist los?“
Einen Moment war sie unschlüssig, ob sie nicht lieber gehen sollte. Doch dann sagte sie: „Nun… weißt du, es ist so… ich hab mich mit Jess gestritten. Gestern.“
Sie warf einen Blick über Monikas Schulter und wollte gerade fragen, wieso sie nicht wie sonst in das gemütliche Wohnzimmer gingen, als Monika rasch erwiderte: „Schon wieder? Herrjeh, war es schlimm?“
Tessa nickte langsam. „Schlimmer als sonst. Er hat mir ganz schön doofe Sachen an den Kopf geworfen. Ich weiß, ich muss Geduld haben, Moni, aber ich weiß nicht, wie…“
Moni sah sie sanft an. „Ach, Tessa, die Situation ist für euch beide schwierig. Lass euch einfach noch etwas Zeit.“
Tessa schluckte. „Ja, aber… das ist nicht so einfach, weißt du.“
Sie musterte ihre Freundin genau und stellte fest, dass diese unruhig von einem Fuß auf den anderen wippte.
„Sag mal, was ist denn los mit dir?“, fragte sie verwirrt. „Störe ich dich vielleicht doch?“
„Ja… nein… ach, Tessa, es ist…“, sagte Moni mit unglücklichem Gesicht. „Es ist ein bisschen schwierig gerade…“
Sie kratzte sich am Kopf und sagte dann: „Also… da ist etwas, das ich dir auch sagen muss. Aber nicht hier und nicht heute… und… ich würde auch gerne mit dir über dein Problem reden, wirklich, nur ist das gerade etwas schlecht, weil… ja, also… ich würde dich morgen anrufen, wenn das geht… okay?“ Sie versuchte ein Lächeln.
Verwirrt sah Tessa sie an.
„Ja… klar… nur… was ist denn los, Moni?“, fragte sie erneut und sah ihre Freundin an. „Hast du Probleme, Kummer? Du weißt, du kannst mit mir darüber reden.“
Sie biss sich auf die Lippen und dachte bei sich, wie egoistisch sie doch war, hier her zu kommen und Moni sofort mit ihren Problemen zu bedrängen, ohne zu bemerken, dass diese offenbar selbst genug zu bewältigen hatte… was auch immer das war.
„Moni, wirklich, du weißt, wir sagen uns alles“, sagte sie darum schnell. „Ich höre dir gerne zu, wenn du magst. Wieso gehen wir nicht einfach hinein und…“
Aus dem Wohnzimmer drang ein lautes Gepolter und Tessa stockte.
„Sag mal, hast du Besuch?“, fragte sie irritiert.
Monika biss sich auf die Lippen und sah sie schuld bewusst an. „Ja…“, sagte sie dann langsam.
„Aber… wieso sagst du das denn nicht!“, rief Tessa aus und lachte auf. „Denkst du, ich bin böse, weil du heute etwas anderes vor hast? Ich verschwinde einfach wieder, und wir reden morgen.“
Monika schluckte und sagte dann: „Nein, Tessa…bleib ruhig… ich… weißt du, es geht nicht darum, dass ich Besuch habe, sondern wer es ist… und… ach, irgendwann muss ich es dir ja ohnehin sagen…“
Verzweifelt nahm sie ihre Freundin am Arm und stieß die Wohnzimmertür auf. Tessa ging langsam ins Zimmer und blieb wie angewurzelt stehen.
„Hallo Tessa“, hörte sie eine wohl bekannte Stimme und starrte wie vom Donner gerührt auf Niklas, der verlegen in Monikas gemütlichem Korbsessel saß und sie angrinste.
„Was… was macht du denn hier?“, stieß Tessa hervor und blickte mit weit aufgerissenen Augen zwischen Monika und Niklas hin und her.
Ihre Freundin trat zu ihr und schob sie sanft weiter ins Wohnzimmer. Die Tür fiel mit einem dumpfen Knall ins Schloss und für einen Moment herrschte betretene Stille. Dann stand Niklas auf, der Korbsessel, in dem Tessa schon oft gelümmelt und Monika ihr Herz ausgeschüttet hatte, machte ein knarzendes Geräusch und Niklas kam langsam auf Tessa zu.
„Tessa… hör mal… bitte denk jetzt nicht, ich hab dich neulich nur angerufen weil… ja… wegen Moni und mir… das hätte ich auch so gemacht. Ehrlich.“
Tessa sah ihn verwirrt an.
„Wegen… Moni und dir… wie… was meinst du damit?“, stammelte sie und sah beide argwöhnisch an. „Ich… verstehe nicht so recht, was ihr mir damit sagen wollt…“ -
„Ich wein doch gar nicht“, sagte Tessa schnell. „Aber ich… ich meine, es ist nicht gerade schön, wenn ich immer dein Prellbock für alles bin. Ich kann doch nichts an deinen Problemen ändern.“
„Ich weiß“, sagte Jess seufzend. „Tut mir leid, aber… weißt du, du gehst mir manchmal einfach mit deinem Heile-Welt-Getue auf die Nerven.“ Er fasste sie sanft an die Schulter. „Sei mir nicht böse, Tessa. Du weißt ja, ich hab dich lieb. Aber … es ist einfach alles so nervig im Moment.“
„Wie meinst du das?“, schniefte Tessa. „Heile Welt? Was meinst du damit?“
„Ach, ich weiß nicht… in allem versuchst du was schönes zu sehen. Im Regen oder sonst was. Das nervt. Manches ist eben einfach total mistig, und wieso siehst du das dann immer als positiv? Und dann ist es auch nicht einfach für mich, dass du hier rein kommst und mir von deinem Alltag erzählst, und ich mir keine Vorstellung davon machen kann.“
„Soll ich nichts mehr davon erzählen? Warst du nicht derjenige, der gesagt hat, wir müssen uns kennen lernen, auch unseren Alltag?“, gab Tessa trotzig zurück.
Jess zuckte mit den Schultern. „Ja. Grundlegend schon. Aber manchmal ist mir das alles zu viel. Ich hab ja auch noch gar keinen Alltag. Vielleicht liegts daran. Was weiß ich. Ich hab jetzt auch keine Lust, darüber zu diskutieren.“
Einen Moment standen sie schweigend voreinander, bis Tessa sagte: „Ich gehe dann besser.“
Jess widersprach nicht, sondern nickte nur stumm.
„Sind wir uns nun sauer?“, fragte Tessa verunsichert. Jess schüttelte langsam den Kopf.
„Nein, sind wir nicht. Heute ist wohl nur nicht unser Tag.“
Er zog sie kurz in seine Arme und gab ihr einen schnellen Kuss auf die Wange. „Komm gut heim“, sagte er dabei schlicht.
Tessa drückte ihn an sich, doch er löste sich energisch aus ihrer Umarmung, lächelte sie schief an und öffnete dann die Türe, was Tessa klar machte, dass er sie mehr oder weniger heraus komplimentierte.
„Wir sehen uns nächste Woche?“, fragte er sanft, als sie an ihm vorbei auf den Flur trat. Tessa nickte langsam, auch wenn sie nicht recht wusste, ob sie zurzeit wirklich Lust dazu verspürte, wieder her zu kommen. „Ich denke schon“, sagte sie darum nur knapp. Jess drückte noch einmal ihre Hand und schloss dann die Tür.
Einen Moment stand Tessa verdattert im Flur, dann schnaubte sie wütend aus und ging schnellen Schrittes den Flur entlang, die Treppe hinunter, rannte durch den prasselnden Regen zum Auto und warf den Motor an.
Aufgebracht trat sie aufs Gas und fuhr mit quietschenden Reifen los. Sie fuhr nur wenige Kilometer und schon riss der Himmel auf und die Sonne schien. Sie merkte es kaum, ebenso wie die Tatsache, dass ihr die Tränen übers Gesicht liefen, bis sich ihre Sicht so sehr vernebelte, dass sie kurz recht heranfahren musste, um sich zu beruhigen und die Nase zu putzen.
Sie ließ die Scheibe hinunter und atmete mehrmals tief durch. Neben ihr rauschten die Blätter der mächtigen Bäume des Waldgebietes, durch das der Zubringer zur Autobahn führte, im Wind.
Tessa schniefte, schloss das Fenster wieder und warf erneut den Motor an. Je schneller sie nach Hause kam, desto besser war es.
Rasch bog sie auf die Autobahn ab und gab Gas, so dass sie nur eine knappe halbe Stunde später wieder in das Herz der Stadt hinein fuhr. Doch hier war die Straße war voll, es herrschte Feierabendverkehr und kaum in der Stadt angekommen, geriet Tessa rasch in den unvermeidlichen 18-Uhr- Stau, der nur in die Stadt hinein ging, während die Straße in die andere Richtung verlassen und leer wirkte. Seufzend drehte sie das Radio lauter und starrte aus dem Fenster, wo eine Katze auf dem Bürgersteig saß und nach Fliegen schnappte.
Einen Moment lächelte Tessa, dann gab sie wieder Gas, da die Kolonne vor ihr sich wieder in Bewegung setzte und kaum war das Kätzchen aus ihrem Blickfeld verschwunden, kehrten ihre Gedanken wieder zu Jess zurück. Sie fühlte sich miserabel und ungerecht behandelt. Dabei war dies nicht der einzige Fall, in dem es so gelaufen war. Schon etliche Male war sie zu Jess gekommen und hatte ihn schlecht gelaunt, frustriert und oft auch ungerecht vorgefunden. Auf manch einen mochte es wirken, als handele er den Entzug völlig locker und unproblematisch, doch dem war nicht so. Zwar hatte er die ersten Wochen gut überstanden und auch insgesamt konnte man eigentlich zufrieden sein. Doch immer wieder holte die Sucht ihn ein, machte die psychische Abhängigkeit ihn nervös und übellaunig. Wenn er dann noch über seine Zukunftsperspektiven nachdachte oder aber in einer Sitzung Dinge aus der Vergangenheit aufarbeitete, war er in einer mehr als mäßigen Verfassung.
Tessa seufzte. Alles in allem ging es Jess aber gut in der Villa. Er fand einen Ausgleich im Training und ging nun fast täglich in den Fitnessraum, um sich fit zu machen.
Außerdem bot sich ihm in der Villa die Gelegenheit, seiner Leidenschaft – der Malerei – nachzugehen. So oft ihm sich die Gelegenheit dazu bot, widmete er sich dieser Tätigkeit, und hatte schon einige atemberaubende Bilder gezaubert.
Dann dienten natürlich die regelmäßigen Einzel- und Gruppenstunden, die Suchtbewältigungsseminare, die man regelmäßig abhielt und der ein oder andere Ausflug, den man in der Gruppe unternahm – meist nur in die nahegelegenen Waldgebiete, beispielsweise zum Grillen oder Feiern – dazu, Ausgleich und Ablenkung zu schaffen.
Aber all dies konnte es nicht schaffen, die Dämonen völlig zu vertreiben- und an Tagen wie diesen hatte Tessa manchmal das Gefühl, Jess treibe ein gewisser Neid auf ihr Leben zu einem derartigen Verhalten.
Tessa schluckte und spürte, wie ihr erneut die Tränen in die Augen stiegen. Das alles nahm sie mehr mit als sie sich eingestehen wollte.
„Ich muss mit Moni reden“, dachte sie bei sich. Heute Abend war diese auf einem Seminar, das wusste sie. Doch gleich morgen, so nahm sie sich vor, wollte sie mit ihrer Freundin über den Streit sprechen. Moni würde ihr sicher sagen, was sie davon halten sollte. Auf Moni war immer Verlass.
So stand Tessa also am folgenden Abend vor Monikas Wohnungstür. Sie hatte die Freundin den ganzen Tag vergeblich zu erreichen versucht und hatte darum spontan beschlossen, einfach bei ihr vorbei zu schauen. Es war heiß draußen und die Schwüle des Sommerabends trieb einem den Schweiß auf die Stirn.
Tessa fächelte sich Luft zu und drückte dann dreimal den Klingelknopf – ein vereinbartes Zeichen zwischen den Freundinnen.
Tessa lauschte gespannt, doch es waren keine Schritte auf dem Flur zu hören. Irritiert kratzte sie sich am Kopf. Sie hatte vor drei Tagen mit Monika telefoniert, diese hatte ihr nichts davon gesagt, dass sie am Wochenende nicht erreichbar wäre. Normalerweise berichteten sie dies einander immer. Zwar hatten sie auch kein Treffen vereinbart, aber es war nicht unüblich, dass sie einander unangemeldet besuchten.
Obwohl Monika in den letzten zwei Wochen durchaus sehr eingespannt gewesen war mit ihrem Beruf, und Tessa und sie darum nicht viel Gelegenheit zum Reden gehabt hatten.
Tessa lauschte angestrengt und hörte Geräusche aus der Wohnung dringen, ein Poltern und leise Musik. Verwirrt drückte sie erneut dreimal auf die Klingel. Vielleicht stand Moni auch einfach nur unter der Dusche oder war gerade am Telefon?
Sie lauschte erneut und hörte schließlich, wie Schritte durch den Flur zur Wohnungstür kamen. Lächelnd blickte sie ihrer Freundin ins Gesicht, als diese die Tür öffnete.
„Tessa!“, rief diese aus. „Das ist ja… eine Überraschung!“
Tessa lächelte. „Hei Moni. Ich hab den ganzen Tag versucht, dich zu erreichen. Störe ich dich?“
Moni warf schnell einen unsicheren Blick hinter sich und sagte dann zerstreut: „Nein… nun… nicht wirklich… ist… ist was passiert oder kommst du einfach so vorbei?“
„Beides“, erwiderte Tessa wahrheitsgemäß. „Darf ich reinkommen?“
Unsicher sah Monika sie an, was Tessa verwirrt registrierte. Dann trat ihre Freundin zur Seite und sagte: „Ja natürlich, komm rein… ich… hab gerade nur nicht so viel Zeit, aber komm rein.“ -
Kapitel 80
Gewitterstimmung
Tessa warf einen Blick aus dem Fenster. Der Himmel hing voller Wolken, und ein warmer Sommerregen prasselte gegen die Scheiben. Es war schwül in dem kleinen Zimmer und Tessa musste zugeben, dass dringend gelüftet hätte werden müssen. Sie warf Jess einen Blick zu, der auf der Couch saß und unmotiviert an seinem Pullover herum fistelte.
„So ein blödes Wetter!“, stellte er fest. „Immer diese Gewitter, das ist schlimm.“
Tessa lächelte und setzte sich wieder neben ihn. „Es ist eben Sommer“, sagte sie aufmunternd. „Und der Regen ist wichtig für die Pflanzen.“Jess verzog das Gesicht. „Du alte Besserwissern“, sagte er und Tessa war sich nicht sicher, ob es im Scherz gemeint war oder nicht. „Ich find nichts an diesem Wetter, draußen ist viel schöner als in dieser Muffelbude hier.“
„Das könntest du ändern, indem du mal ein paar Fenster auf machst“, setzte Tessa vorsichtig an, doch Jess murrte nur etwas vor sich hin und sagte nichts weiter.
Tessa saß eine Weile schweigend neben ihm. Dass Jess heute mal wieder keinen guten Tag hatte, war ihr schon aufgefallen, als sie herein gekommen war. Inzwischen waren die Besuchzeiten für ihn so aufgelockert worden, dass sie ihn auch alle zwei Wochen Donnerstagsnachmittags besuchen konnte, was heute der Fall war. Sie hatte extra ein Seminar für ihn sausen lassen, was er natürlich nicht wusste.
Dass er nun so übellaunig war, ließ sie es fast bereuen, die Uni frühzeitig verlassen zu haben.
Sie warf ihrem Freund einen Blick zu, doch dieser starrte nur gelangweilt auf die gegenüber liegende Wand.„Jess, ich kann nichts für das Wetter“, sagte Tessa schließlich seufzend. „Oder ist noch etwas, was dir diese herrliche Laune beschert?“
„Was? Ich bin nicht schlecht gelaunt“, erwiderte er patzig. „Nur du scheinst heute ziemlich empfindlich zu sein.“
Tessa schwieg und sagte schließlich: „Das Wetter war doch die ganze Woche wirklich gut, oder? Und es soll morgen auch wieder unheimlich heiß werden. Ich bin jedenfalls ganz froh über diese Abkühlung.“Jess brummte nur, dann sagte er langsam: „Was hast du die ganze Woche so gemacht?“
„Uni“, erwiderte sie schlicht. „Wie immer. Nein, warte, vorgestern waren Feli und ich im Schwimmbad.“
„Na toll“, erwiderte er gereizt. „War bestimmt schön.“
Tessa schluckte verletzt und sagte dann: „Hast du ein Problem damit?“
„Nein, wieso sollte ich“, gab Jess schnippisch zurück, stand auf und ging im Zimmer auf und ab. „Ist doch schön, dass du mit irgendwelchen Leuten, die ich nicht einmal kenne in der Gegend herum flippst, während ich hier versaure.“Auch Tessa erhob sich jetzt und versuchte, ihre Kränkung nicht zu zeigen und freundlich zu antworten: „Jess, ich hätte sie dir gerne schon alle vorgestellt, aber das holen wir bald nach, das weißt du. Und schwimmen gehen kannst du hier doch auch wunderbar. Du hast es da sogar fast besser als ich, denn du hast den Pool immer vor der Haustür.“
Jess stöhnte auf und klatschte sich mit der Hand gegen die Stirn: „Das meinst du jetzt nicht wirklich ernst, oder?“Tessa schluckte. „Was ist denn jetzt schon wieder falsch?“, seufzte sie.
„Tessa, denkst du echt, das ersetzt es! Du könntest ja fast dein Vater sein, der auch so tolle Reden über diesen Pool hier geschwungen hat! Den ganzen Tag habe ich diese blöden Sitzungen, und inzwischen kann ich das Gelaber nicht mehr hören! Ich hocke hier in dieser Bude seit geschlagenen drei Monaten, fast noch mehr sogar! Und ich kann´s nicht mehr sehen! Da draußen ist das Leben und ich bin hier eingesperrt, es kotzt mich einfach an! Und dann kommst du hier immer alle paar Wochen oder Tage rein spaziert und gehst wieder in dein ach so tolles Luxusleben zurück, in das ich doch eh nicht passe!“
Er schnaubte aus. „Du weißt gar nicht, wie gut du es hast! Aber ein bisschen Verständnis ist dafür wohl auch zu viel, da erzählst du mir noch, wie gut es mir hier geht, weil ich ja einen Pool vor der Haustüre habe!“
Er stemmte die Hände in die Hüfte und sah sie missmutig an. Tessa derweil verzog wütend das Gesicht und wusste zuerst nicht, was sie sagen sollte.„Denkst du das echt von mir?“, sagte sie dann so ruhig wie möglich.
„Ach, was weiß ich“, erwiderte Jess genervt. „Ich weiß gar nicht mehr, was ich denken soll. Manchmal denke ich, es wäre besser, wenn ich dich gar nicht mehr sehe, damit ich nicht immer vor Augen gehalten bekomme, wie schön das Leben da draußen sein kann, während ich hier versauere…“
„Aber… Jess… du hast dir das rausgesucht, du bist kein Gefangener“, versuchte Tessa einzuwenden, doch Jess schnaubte nur verächtlich und sagte: „Du musst´s ja wissen, mh?“
Tessa schwieg und fühlte sich gekränkt, so sehr, dass sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen und ein dicker Kloß in ihrem Halse entstand.
„Du bist verdammt ungerecht“, murmelte sie weinerlich.Jess sagte nichts, schob das Kinn nach vorne und starrte zum Fenster hinaus.
Tessa schniefte und sagte: „Ich versuche wirklich, dich zu verstehen, Jess. Und ich denke mir, dass das alles nicht einfach für dich ist. Ich weiß es vielmehr. Aber ich kann auch nichts dafür, wie es ist. Es ist nicht meine Schuld. Ich zwinge dich nicht, hier zu sein. Ich zwinge dich zu gar nichts… und… das tut übrigens niemand. Und ich finds nicht richtig, dass du deine schlechte Laune an mir auslässt, wenn ich schon alles tu, um hier her zu kommen und dich zu sehen. Ich freu mich auf dich und dann bist du… so ein… Ekel. Das ist echt nicht fair“, sagte sie mit zitternder Stimme und wischte sich mit dem Handrücken über die feucht gewordenen Augen.Dieser sah sie einen Moment zerknirscht an und bemerkte dann, wie verdächtig ihre Schultern zuckten. Seufzend löste er sich aus seiner starren Haltung und kam einen Schritt auf sie zu.
„Nun wein doch nicht gleich“, sagte er deutlich freundlicher. „Das bringt doch nichts.“ -
@LLyn: Ja, ich kenne das auch gut, wenn man so im Streit auseinander ging und eine Weile danach ist alles relativeirt, aber man verliert sich aus den Augen. So gesehen war es ja auch heir eher dem Zufall zu verdanken, dass die beiden wieder Kontakt aufgenommen haben.
Ob tessa diese Vergangenheit allerdings ganz so leicht ruhen lassen kann, ist fraglich. Schließlich war Niklas schon ein großer Teil ihres Lebens. Auch wenn sie jetzt anders ist.
Die Unterhaltung zwischen den dreien fand ich auch witzig, machte Spass, sie zu schreiben!
DAnke für Deinen Kommi!
Nina: Hihi, Du glaubst also, wir sehen Niklas noch wieder. Dem kann ich zustimmen, nur wie und wann... erfahrt ihr sehr bald
Dass Niklas schon auch Großmut zeigte durch seine Aussprache, finde ich auch. Aber irgendwie war es für Tessa halt auch schon verletzend, so vieles mehr zu erfahren. Ich meine, es sich zu denken, ist das eine, es zu wissen,d as andere.
Danke für Deinen Kommi!@ALL: Ich bin etwas rührselig heute, denn vor 1 Jahr (am 29.6.) habe ich die erste Folge on gestellt!
Ich danke euch allen an dieser Stelle nochmal für eure Treue!!!
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"Außerdem dachte ich mir, dass deine Eltern nun sicher alarmiert wären und darauf achten, was du so machst.“
Tessa schnaubte entrüstet. „Niklas, ich war doch kein Kind mehr, ich war fast zwanzig, dachtest du, sie schleichen mir nach – so wie du?“ Sie lächelte. „Das war total abwegig!“
„Ich weiß“, gab Niklas zu. „Aber ich habe mit so etwas gerechnet. Ich hätte nicht gedacht, dass du so ausrastet, muss ich zugeben. Oder zumindest nicht, dass du dich tatsächlich von mir abkapselst.“
„Das war doch klar, Niklas. Wie hätten wir danach nur noch ein Wort sprechen können?“
„Ehrlich gesagt dachte ich, das mit dir und Jess geht ohnehin in die Hose, früher oder später. Ich habe darauf gewartet, dass du kommst und dich mir anvertraust und … ich dich trösten kann.“
Tessa schluckte. „Das war also mehr oder weniger ein gut zurecht gelegter Plan, mh? Nur leider hat er nicht funktioniert.“
Niklas grinste schief und betreten. „Nein, hat er nicht. Du bist nicht gekommen, und ich wusste nicht, was los war. Ich hätte nie gedacht, dass das zwischen euch so lange hält. Ich meine… ich dachte nicht einmal, offen gestanden, dass er es so lange überleben wird… nachdem du von Heroin sprachst.“
Tessa wusste zuerst nicht, was sie sagen sollte. Zu heftig war Niklas´ Geständnis.
Letztlich sagte sie: „Wir beide haben es überlebt, Niklas. Und wir sind sehr glücklich.“
Von den Problemen und Schwierigkeiten sagte sie bewusst kein Wort.
„Das freut mich für euch. Wirklich“, sagte Niklas und er klang aufrichtig dabei. „Nun, jetzt weißt du, was mich damals geritten hat. Natürlich hab ich mich auch um dich gesorgt, Tessa, das sei nicht außer Acht gelassen. Ich meine, ich wusste ja nicht, ob du nicht eines Tages aus Solidarität auch etwas nimmst. Oder in welchen Kreisen ihr euch bewegt.“
„Ich hätte nie etwas genommen“, sagte Tessa entschieden. „Du weißt, ich habe damals nicht einmal wirklich den Pott mitgeraucht.“
„Ja, aber das war etwas anderes“, räumte Niklas ein. „Man tut viel für jemanden, den man liebt.“
„Jess hätte mich verflucht, hätte ich auch nur einmal an einem Joint gezogen“, gab Tessa kalt zurück. „Und überhaupt, wenn man sieht, wie kaputt ein Mensch durch Drogen werden kann, kommt man niemals auf die Idee, etwas anzurühren. Niemals. Eine bessere Schocktherapie kann es nicht geben.“
Niklas nickte langsam. „Kann ich mir vorstellen…“, sagte er dann. „Naja. Jetzt weiß du jedenfalls alles. Und ich kann verstehen, wenn du sauer bist. Aber trotzdem möchte ich dich bitten, dass wir uns nun nicht mehr ignorieren und hassen.“
„Ich hab dich nie gehasst“, erwiderte Tessa aufrichtig. „Ich war nur verletzt und gekränkt und wütend.“
Niklas erwiderte nichts. Tessa starrte auf die verbliebenen Beeren in der Schale vor sich. Ihr war der Appetit vergangen. Eine Weile saßen beide mehr oder weniger schweigend beieinander und hielten das Gespräch mühsam im Gange, in dem sie ein wenig über die Uni und ihre Familien sprachen.
Schließlich seufzte Tessa und sagte lächelnd: „Sei mir nicht böse, Niklas. Aber ich habe noch einiges zu tun heute. Ich muss dann los, ich hoffe, das ist okay.“
Niklas nickte. „Ja, natürlich. Ich muss dann auch los.“
„Gut, dann werde ich mal zahlen…“
„Lass schon, ich mach das.“
Unbequem sah sie ihn an. „Niklas…“
„Als eine kleine Wiedergutmachung… auch wenn das so einfach nicht geht, ja, aber trotzdem…“
Tessa seufzte und nickte dann. „Gut, von mir aus.“
„Tessa?“
„Mh?“
„Treffen wir uns bald mal wieder?“, wollte Niklas wissen.
Tessa sah ihn unsicher an und sagte dann: „Niklas, ich … ich muss das erstmal alles verdauen und sacken lassen. Ich bin dir jetzt nicht unbedingt böse, aber… weißt du, mein Leben hat sich ohnehin geändert und ich habe viel zu tun und… lass mir Zeit, ja? Du kannst mich ja mal anrufen, wenn du magst. Oder wir chatten mal abends, irgendwann demnächst. Okay?“
Niklas nickte. „Ja, ich verstehe… ist okay, Tessa. Dann komm mal gut nach Hause.“
Tessa lächelte und stand auf. „Macht´s gut, Niklas. Grüß zu hause.“
„Du auch.“
„Mach ich“, sagte Tessa und dachte sich insgeheim, dass es wohl keine so gute Idee sein würde, gegenüber ihrer Eltern in der momentanen Situation Niklas wieder ins Spiel zu bringen und am Ende alte „Ideen“ zu erwecken.
Sie winkte eben jenem noch einmal zu und verließ dann schnellen Schrittes das Eiscafé.
Als sie im Auto saß und den Ort ihrer Jugend im Rückspiegel verschwinden sah, atmete sie tief durch.
Es war wie eine Befreiung. Es war gut gewesen, Klarheit zu bekommen. Aber je mehr Entfernung sie zwischen dem Café und sich ließ, desto deutlicher wurde ihr, dass Niklas ihre Vergangenheit war. Er passte nicht mehr zu ihr und ihrem Leben. Und das war gut so.
Fortsetzung folgt. -
Tessa dachte einen Moment nach und sagte dann spitz: „Das müsstest du mal genauer definieren, Niklas. Was davon war denn genau Unsinn? Dass du mich beleidigt hast? Dass du mich verfolgt hast, dass du mich bei meinen Eltern an den Pranger gestellt hast, dass du meinen Freund aufs härteste beleidigt hast, oder war es vielleicht viel mehr deine allgemeine Einstellung zu solchen Dingen?“
Niklas schluckte betroffen. „Du bist wohl doch noch ganz schön sauer“, stellte er fest.
Tessa seufzte. „Nicht sauer, Niklas. Enttäuscht, noch immer… und… nicht wirklich bereit, das zu vergessen und vergeben. Du hast dich ja nicht einfach nur mit mir gestritten, du hast dich völlig inakzeptabel verhalten und mein Vertrauen aufs gröbste missbraucht, das muss dir klar sein.“
Niklas nickte. „Ja, das ist mir schon klar, Tessa. Auch wenn mir nicht ganz klar war, wie schlimm es für dich gewesen ist. Ich dachte, du wärst sauer, weil ich dich verpetzt habe und weil ich mich so unfair verhielt.“
„Das ist nur einer der Punkte, Niklas“, erklärte Tessa. „Ich meine… deine Einstellung… was ist mit der? Würdest du heute wieder so handeln, so reden?“
Niklas schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht, Tessa. Es war falsch, wie ich mich verhalten habe und was ich sagte.“
„Aber was ist mit deiner grundlegenden Einstellung dazu? Zu Menschen wie Jess?“, wollte Tessa wissen.
Niklas seufzte und sagte dann ratlos: „Ich weiß es nicht, Tessa. Ich kann es dir nicht sagen. Ich denke nach wie vor, dass das, was du damals gemacht hast, nicht allzu ratsam war… aber ich hätte mich nicht so einmischen dürfen. Ich habe völlig falsch gehandelt.“
„Das hast du“, gab Tessa ihm recht. „Aber du solltest wissen, dass ich nach wie vor mit Jess zusammen bin. Und wie sollte ich normal mit dir reden können, wenn ich den Eindruck habe, du denkst über Menschen wie ihn noch immer so wie du es damals gesagt hast?“
Niklas schüttelte den Kopf. „Nein, das ist nicht so. Ich … ich denke doch gar nicht schlecht über diese Menschen, jedenfalls nicht so wie du das meinst. Natürlich finde ich es nicht gut, ganz und gar nicht. Und nimm mir nicht übel, wenn ich sage, dass man einer guten Freundin nicht unbedingt einen Freund wünscht, der drogensüchtig und obdachlos ist, Tessa. Du hättest andersherum auch nicht gerade vor Begeisterung aufgejuchzt, wäre ich mit dieser Offenbarung zu dir gekommen, sei ehrlich…“
Tessa dachte einen Moment nach und räumte dann ein: „Das nicht, nein. Und ich kann ja verstehen, dass du besorgt warst und beunruhigt. Aber ich bot dir damals mehrmals an, Jess selbst kennenzulernen. Dir mehr über ihn zu erzählen, damit du verstehst, was ich an ihm finde und warum deine Sorge zumindest zum Teil unbegründet ist.“
„War sie das denn?“, fragte Niklas. „Gab es in eurer Beziehung nie eine Situation, in der es gefährlich war für dich? Oder in der man sich um dich hätte sorgen müssen?“
Tessa schluckte und kämpfte gegen die Bilder aus jener Nacht an, in der sie in der Ruine angegriffen wurde.
„Nein“, antwortete sie dann ehrlich. „Diese Situationen gab es durchaus. Aber … das berechtigte dich dennoch nicht dazu, mir diese Beziehung verbieten zu wollen.“
Sie funkelte ihn an und wunderte sich, wie viel alte Wut da noch in ihr war. „Ich kann gar nicht verstehen, dass du dir das heraus genommen hast, Niklas…!“
Niklas nickte langsam. „Ja, ich weiß, Tessa. Ich weiß, das war nicht richtig. Aber ich will es dir erklären, wenn du mich lässt…“
Tessa nickte zustimmend und Niklas fuhr fort: „Tessa, ich… wir waren so lange befreundet, wir waren lange zusammen und… ich war nie richtig über dich hinweg. Ja, ich weiß, wir hatten gesagt, wir sind nur Freunde. Und ich war mir auch nicht bewusst darüber, dass da noch mehr ist, was ich für dich empfinde. So wie es war, war es gut für mich. Wir waren so nah befreundet, dass ich dich immer an meiner Seite hatte. Ich konnte dich umarmen, wenn ich wollte, ich konnte dich praktisch sogar küssen, du hast nie etwas gesagt…“
Er sah sie lange an. „Du weißt, dass es so war. Was zwischen uns bestand, war nie reine Freundschaft. Es war ein seltsames Zwischending…“
Tessa schluckte und musste ihm recht geben.
Wie oft hatten sie sich auf eine Art und Weise berührt, die durchaus Spekulationen über die Art und Weise ihrer Beziehung zugelassen hätte.
Aber sie beide waren frei gewesen und hatten sich wohl nur langsam voneinander gelöst.
„Ja“, gab Tessa zu, auch wenn es ihr schwerfiel. „Aber zu jenem Zeitpunkt, als ich Jess kennen lernte, hattest du doch schon eine neue Freundin. Es war anders, wir waren beide voneinander weg.“
Niklas seufzte. „Das dachten wir. Oder ich. Es war etwas anderes, dass ich eine Beziehung hatte, Tessa. Ich… das klingt furchtbar, aber… ich wollte dir keine zugestehen. Und dann auch noch mit so einem… so einem Kerl. Bitte nicht mir das nicht übel. Ich denke heute nicht mehr so. Aber damals erschien es mir so. Ich dachte mir, was findest du nur an ihm, wenn du mich haben könntest?“
„Aber du wolltest mich doch auch gar nicht mehr!“, rief Tessa verwirrt aus.
„Das dachten wir beide. Aber ich wollte dich noch“, gab Niklas zu und starrte auf seine Schuhspitzen. „Und irgendwie glaube ich, ich hatte Besitzansprüche auf dich.“ Er seufzte. „Ich muss echt irre gewesen sein. Wenn ich das heute so höre, wie ich das sage, denke ich, das gibt es doch nicht. Aber es war so. Ich glaube, ich dachte irgendwie, es geht immer so weiter… dass ich mal hier und mal da eine Freundin habe, aber du ständig mein Hinterhalt bist…“
Tessa schnaubte. „Das ist ziemlich harter Tobak, Niklas. Ich war also immer dein Trostpflaster?“
„Nein… nein, wirklich nicht!“, bestritt dieser. „Du warst viel mehr immer meine große Liebe…“
Betreten schwiegen beide einen Moment, dann sprach Niklas weiter. „Ich hab das erst bemerkt, als du nicht mehr da warst, als wir verstritten waren. Bettina machte bald mit mir Schluss, denn sie merkte ja, dass ich gar nicht so viel für sie empfand, wie ich es gemusst hätte. Und dann wurde mir nach und nach alles klar.“
„Und heute?“, fragte Tessa bange. „Heute empfindest du aber nicht mehr so?“
Niklas schüttelte den Kopf. „Nein, heute nicht mehr. Aber ich bedaure, dass unsere Freundschaft zerbrochen ist. Die war nämlich viel wert.“
Tessa seufzte. „Und du denkst, wir können wieder Freunde sein?“
„Ich weiß es nicht. Sag du es mir…“
„Nein“, erwiderte diese. „Oder … ich weiß nicht. Niklas, ich… ich kann das alles nicht vergessen. Okay, ich verstehe nun eher, wieso du damals so ausgetickt bist. Aber deine Einstellung zu Jess, dein anmaßendes Verhalten… ich meine… ich hätte das nie von dir gedacht.“
Niklas sah sie betreten an, nickte aber. „Ja, ich kann dich ja irgendwie verstehen.“
„Dass du mir sogar nachspioniert hast… und dachtest du etwa, du kriegst mich zurück, wenn du mich bei meinen Eltern anschwärzt?“
„Nein,“ erwiderte Niklas. „Das nicht. Aber ich hatte dich an jenem Tag mit ihm gesehen und das, was ich befürchtet hatte, war Wahrheit geworden – ihr hattet euch verliebt. Mir war das von Anfang an klar, Tessa.“
Tessa sah ihn irritiert an. „Wieso? Wir waren anfangs nur befreundet, Jess und ich.“
Niklas lachte trocken auf. „Hach, Tessa, da kannte ich dich wohl besser als du dich selbst. Schon vom ersten Moment an, wo du mir von ihm erzählt hast, habe ich gemerkt, dass du etwas für ihn empfindest.“
„Na, dann hast du mehr gewusst als ich.“
„Mag sein“, erwiderte er. „Und als ich euch dann sah, sind mir die Sicherungen durch gebrannt. Ich dachte, wenn ich deine Eltern mit ins Spiel bringe, werden sie dir den Umgang verbieten. Ich hätte nie gedacht, dass du dich über sie hinweg setzt.“
„Tja, da siehst du mal“, erwiderte Tessa leicht spöttisch. „Aber wieso hast du ihnen nichts gesagt, als ich behauptete, Jess wäre weggegangen? Und du hast auch nicht gesagt, dass wir zusammen sind.“
„Das hab ich mich nicht getraut“, erwiderte Niklas langsam. „Es wäre zu hart gewesen. Auch für deine Eltern. Und… ich war mir nicht sicher, ob du wirklich lügst, als du sagtest, er ginge fort. Es hätte ja sein können." -
Am folgenden Tag äußerte sie ihre Bedenken auch gegenüber Feli und Joshua, mit denen sie gemeinsam zwischen zwei Vorlesungen in einer ruhigen Ecke des Literaturgebäudes saß.
Am Abend waren schwere Gewitter über die Stadt gezogen und es hatte deutlich abgekühlt, aber in der Sonne, die inzwischen wieder durch die Glasfronten des alten Gebäudes fiel, begannen die drei bereits wieder zu schwitzen.
„Oh mann, hätte ich doch nur etwas leichteres angezogen“, stöhnte Feli und fächerte sich Luft zu. „Heute Morgen war es so kalt, dass ich gefroren habe und jetzt fließe ich dahin. Ich glaube, ich lasse das Germanistikseminar nachher sausen.“
„Du bist nicht die einzige, der es so geht“, erwiderte Tessa und zupfte an ihrem engen Oberteil herum, um etwas Luft darunter zu lassen. „Aber nun sagt mir doch mal, was ihr von dieser Geschichte mit Niklas haltet? Meint ihr, ich soll wirklich hingehen?“
Joshua sah sie verwirrt an. „Denkst du etwa darüber nach, nicht zu gehen? Das wäre nicht besonders nett, muss ich dir sagen.“
„Niklas war auch nicht nett zu mir“, gab sie trotzig zurück und seufzte dann. „Aber nein, eigentlich will ich schon hingehen, schließlich hab ich es ihm zugesagt. Ich weiß ja nur nicht, was ich davon halten soll. Er war für mich eigentlich gestorben, nach seinem Auftritt damals. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass er seine Meinung ernsthaft geändert hat.“
„Wenn du nicht hingehst und ihn anhörst, wirst du es nie raus finden“, stellte Feli fest. „Wieso machst du dich dann vorher so verrückt? Du verlierst doch nichts dabei. Wenn du merkst, er ist derselbe Hornochse wie früher, stehst du einfach auf und gehst. Aber dass er sich gemeldet hat, ist doch schon mal ein ganz netter Zug an ihm.“
„Vielleicht will er aber auch nur sein Gewissen beruhigen“, gab Tessa zu bedenken. „Und wünscht sich von mir, dass ich´s ihm nehme?“
Joshua zuckte mit den Achseln. „Wäre ein menschlicher Wunsch, oder?“
„Ja, aber so einfach mach ich es ihm nicht“, gab Tessa zurück. „Er hat damals Mist gebaut und damit muss er nun leben.“
„Schon, Tessa“, sagte Feli langsam. „Aber seit wann verurteilst du die Menschen denn so im Vorhinein? Wieso lässt du es nicht einfach auf dich zu kommen?“
Tessa zuckte mit den Achseln. „Ach, ich weiß auch nicht, Feli. Niklas und ich waren so gut befreundet und sogar noch mehr als das. Es tat damals sehr weh, was er getan hat und ich hab lange daran geknabbert. Es war mir jetzt endlich gleich und da taucht er wieder auf und wirbelt alles durcheinander. Ich… hab für so was jetzt gerade gar keinen Kopf. Ich muss mich um Jess kümmern, um die Uni und meine seit neustem so verwandelten Eltern, da fehlt es mir noch, mich wieder mit Niklas beschäftigen zu müssen.“
Joshua lächelte. „Dir bleibt wohl nichts anderes übrig“, sagte er. „Denn wie ich dich kenne, würdest du es dir selbst nie verzeihen, wenn du ihn jetzt nicht wenigstens anhörst. Das passt nicht zu dir.“
Tessa seufzte. „Was ihr nur immer alle denkt, was zu mir passt und was nicht. Vielleicht bin ich ja auch mal zickig und ungerecht, wie wäre das?“
Feli lachte. „Denkst du denn, das bist du nicht?“ Kichernd sah sie ihre Freundin an, die skeptisch die Augenbrauen hochzog.
„Bin ich das denn?“
„Ungerecht vielleicht nicht, aber zickig kannst du schon sein“, lachte Feli. „He, was kuckst du so. Du bist eine Frau, oder, das gehört dazu.“
Tessa streckte ihr die Zunge heraus. „Ihr seid mir ja eine echte Hilfe“, sagte sie sarkastisch.
„Nun“, stellte Joshua grinsend fest. „Wie gut, dass du niemals ungerecht bist, nicht wahr?“
Empört funkelte Tessa ihn an, woraufhin er nach seinem Rucksack griff und sagte: „Ich muss los, meine werten Damen. Man sieht sich – und, Tessa, ich bin gespannt, was Niklas dir sagen wird!“
Er zwinkerte und verschwand. Tessa warf Feli einen Blick zu und musste dann selbst grinsen.
„Nun, wir dürfen gespannt sein“, kicherte Feli dann philosophisch, griff ebenfalls nach ihrer Tasche und sagte: „Los, du Zicke, wir kommen sonst zu spät zu unserem Kolloquium.“
Lachend erhob Tessa sich, folgte Feli und schob den Gedanken an das Treffen fürs erste zur Seite.
Der Zeiger der Uhr zeigte bereits fünf nach sechs, als Tessa am Eiscafé ankam. Sie blieb einen Moment vor dem kleinen Häuschen stehen und lauschte den vertrauten Geräuschen von klappernden Löffeln und zischenden Espressomaschinen. Dann ging sie lächelnd durch das Gebäude hindurch, nickte den Kellnern, die zum Großteil noch dieselben waren wie vor Jahren, als sie hier nach der Schule Eis gegessen hatten, freundlich zu und betrat den kleinen, unspektakulären Terrassenbereich, wo sie Niklas schon an einem der hinteren Tische entdeckte.
Es war ein seltsames Gefühl, fast, als tauche sie in die Vergangenheit ein. Eine Vergangenheit, von der sie nicht sicher wusste, ob sie diese schön oder eher schlecht empfinden sollte. Ein Teil von ihr sehnte sich hier hin zurück, in diese Zeit, die noch so unbeschwert und naiv gewesen war, ein anderer war heilfroh, all dies schon lange hinter sich gelassen zu haben, gereift und gewachsen zu sein.
Langsam ging sie auf den kleinen Tisch zu und sagte: „Hei Niklas“, während sie den Stuhl nach hinten rückte. Auf dem Tisch stand eine fast geleerte Schale mit Beeren, die Niklas offenbar schon gegessen hatte.
Freudig blickte dieser sah an und sagte: „Schön, dass du es geschafft hast. Ich dachte schon, du kommst nicht mehr.“
Tessa lachte. „Ich musste erst noch einen Parkplatz finden. Früher sind wir immer hier her gelaufen oder mit dem Mofa gefahren, das war etwas einfacher.“
„Ja“, stimmte Niklas ihr zu. „Ich war schon ein Weilchen nicht mehr hier, und du?“
„Seit Jahren“, erwiderte Tessa. „Ich bin fast gar nicht mehr in dieser Ecke, weil ich ja nicht mehr bei meinen Eltern wohne. Schon lange nicht mehr.“
Niklas nickte langsam. „Ich weiß. Wie gefällt es dir in der Wohnung?“
„Gut“, gab Tessa zur Antwort und lächelte dem Kellner zu, der an ihren Tisch getreten war. „Ich hätte auch ganz gerne die frische Beerenschale, sonst nichts.“ Der Keller nickte, nahm die leere Schale mit und verschwand.
„Wie? Kein Eis?“, fragte Niklas erstaunt. „Seit wann isst du kein Eis, wenn sich dir die Gelegenheit dazu bietet?“
Tessa lächelte verbindlich und sagte: „Es hat sich einiges geändert, Niklas. Das sagte ich ja schon…“
Niklas wurde ernst und nickte. „Ja, stimmt. Es ist eine lange Zeit vergangen…“
Tessa nickte langsam, dann schwiegen beide eine Weile und starrten vor sich hin, bis der Kellern kam und eine große Schale mit frischen Beeren auf den Tisch stellte. Langsam begann Tessa daran zu knabbern und sagte dann: „Nun, Niklas… du wolltest mich sprechen, also rück mit der Sprache heraus…“
Niklas schluckte, starrte die Beeren an und sagte dann: „Ich denke, du weißt, worum es geht…“
Tessa wischte sich über den Mund und nickte. „Ich nehme es an, ja.“
„Nun…“, begann Niklas zögerlich. „Es tut mir echt leid, was damals passiert ist.“
Tessa nickte wieder. „Das sagtest du aber schon.“
Niklas seufzte. „Das ist nicht so einfach, Tessa. Ich… ich war damals ein ziemlicher Idiot. Ich hab viel gesagt und getan, was Unsinn war.“ -
Kapitel 79
Erklärungsversuche
Es war nur wenige Tage nach dem recht erfolgreichen Treffen zwischen Jess und Tessas Eltern, als Tessa eines Nachmittags von der Uni nach Hause kam und schon beim Aufschließen der Türe hörte, dass ihr Telefon klingelte.
Freudig ließ sie ihre Tasche fallen und hastete ins Wohnzimmer; bestimmt war es Jess, und sie war gespannt zu erfahren, wie das Treffen im Nachhinein auf ihn gewirkt hatte, denn bisher hatte sich noch keine weitere Gelegenheit ergeben, um mit etwas Abstand darüber zu sprechen.
„Hallo“, rief sie freudig in den Hörer, doch ihre muntere Miene verflog, als sich ihr Gegenüber als jemand anders entpuppte.„Oh, hallo… Niklas“, sagte sie weitaus gedämpfter und spürte, wie ihr Herz vor Schreck über seinen Anruf schneller zu schlagen begann. Zwar hatte er versprochen, sie anzurufen, nachdem dies aber in den letzten zwei Wochen nicht passiert, dafür aber so viele andere Dinge geschehen waren, hatte sie das Treffen im Park fast völlig vergessen und keinen echten Gedanken mehr daran verschwendet.
Nun, da sie ihn so unerwartet am anderen Ende der Leitung vorfand, fühlte sie sich befangen und nervös zugleich, ließ es sich aber nicht anmerken und versuchte, nicht zu freundlich, aber auch nicht zu kalt zu sagen: „Entschuldige, ich bin gerade erst nach Haus gekommen.“
„Macht doch nichts“, erwiderte Niklas langsam und man spürte, dass auch er unsicher war. „Störe ich dich denn auch nicht?“„Nein, tust du nicht“, erwiderte Tessa wahrheitsgemäß und wartete schweigend darauf, dass er etwas sagte.
Langsam begann Niklas dann auch zu sprechen: „Nun… ich hab dir ja gesagt, ich würde dich gerne mal anrufen. Tut mir leid, dass ich das erst heute mache, aber die letzten zwei Wochen waren echt vollgepackt.“
„Ja, macht doch nichts“, antwortete Tessa und pusselte an einem Faden herum, der sich aus dem Bund ihres schwarzen Tops gelöst hatte.
„Ganz schön warm ist das heute, nicht?“, fragte Niklas und Tessa musste grinsen. Das Wetter mal wieder, der ultimative Gesprächsstoff, wenn man nicht wusste, was man sagen soll.
„Ja, ist es“, sagte sie dann. „Ich bin froh, dass ich zu Haus bin, in der Uni ist es bei diesen Temperaturen kaum auszuhalten. Wenn ich gleich noch geduscht habe und was lockeres angezogen, werde ich ein neuer Mensch sein.“Sie schwieg einen Moment und sagte dann: „Aber du rufst mich doch sicher nicht an, um mit mir übers Wetter zu sprechen, oder, Niklas?“
Dieser schluckte am anderen Ende deutlich hörbar und sagte dann langsam: „Nein, natürlich nicht. Ich… Tessa, ich find es einfach so schade, dass alles so gelaufen ist, wie es nun mal gelaufen ist…“
„Nun…“, erwiderte Tessa zögerlich. „Was soll ich dazu sagen, Niklas? Ich hab´s mir nicht so gewünscht, weißt du.“
„Ich weiß, ja“, gab dieser langsam zurück. „Aber ich finde diesen Zustand unerträglich.“„Welchen Zustand?“, hakte Tessa nach.
„Na, dass wir nicht mehr miteinander sprechen…“
„Tun wir doch gerade.“
„Tessa… komm schon, du weißt, was ich meine.“
Tessa seufzte. „Niklas, was willst du von mir hören?“
Dieser gab einen unsicheren Laut von sich und meinte dann: „Nichts, ich… ich will nur sagen, dass ich nicht weiter mit dir verstritten sein möchte und dass… du mir fehlst, seit wir uns verstritten haben. Und ich mich bei dir entschuldigen will und dir erklären, was damals los war mit mir.“
Tessa zögerte, ehe sie sagte: „Ich weiß nicht, Niklas… ich kann mir nicht vorstellen, wie du das erklären willst.“Niklas seufzte. „Ja, du hast recht, eigentlich kann ich das, was ich damals gesagt habe, wohl eher nicht entschuldigen. Aber sollen wir uns deswegen für ewig böse sein? So bist du doch gar nicht, Tessa…“
Tessa schluckte und sagte dann: „Niklas, du weißt doch gar nicht mehr, wer ich bin oder wie ich bin. Es sind fast zwei Jahre vergangen seitdem.“
„Ich weiß, entschuldige“, stimmte er ihr zu. „Ich wollte damit nur sagen…“
„Ich weiß schon“, unterbrach ihn Tessa schnell. „Und ich finde es schön von dir, dass du dich entschuldigst… und ja, ich find es auch nicht schön, aufeinander böse zu sein.“
Niklas atmete offenbar erleichtert auf und sagte dann: „Das ist schön. Ich würde gerne mit dir darüber sprechen, was damals los war, Tessa.“Tessa zögerte einen Moment. Sie war sich nicht sicher, ob sie zustimmen sollte, tat es dann aber doch: „Gut, Niklas, das können wir machen. An was hast du gedacht?“
„Ich würde mich gerne mit dir treffen, wenn´s dir recht ist.“
„Und wann?“
„Sag du etwas. Wann hast du denn Zeit?“
Tessa dachte einen Moment nach. „Diese Woche nicht mehr. Aber vielleicht nächste Woche einmal, nach der Uni, gegen Abend?“
„Das passt super“, erwiderte Niklas freudig. „Treffen wir uns doch am Dienstag um 18 Uhr im Eiscafé in der Schröderstraße. Kennst du das noch?“
„Natürlich“, erwiderte Tessa und dachte mit einem wehmütigen Lächeln daran, wie oft sie und Niklas früher in diesem Café Eis geschlemmt hatten, in der Schulzeit sogar oft gemeinsam mit ihren Freunden.
„Gut, dann bist Dienstag“, sagte sie schnell und legte auf.
Nachdenklich schaute sie dann aus dem Fenster. Ob es so eine gute Idee gewesen war, dem Treffen zuzustimmen? -
Ines: Ich find es echt toll, dass Du das mit dem Outfit von Tessas Eltern ansprichst, denn das habe ich bewusst so gemacht. Ich glaube auch, wären sie in Anzug und Kostümchen gekommen, wäre es für Jess noch deutlicher gewesen, dass sie "über ihm" stehen.
Dass sie von ihrer Arbeit reden, ist natürlich wieder typisch. Aber man kann annehmen, dass sie sonst sehr viel darüber sprechen, wenn sie irgendwo sind und sich mit irgendjemanden austauschen. Es ist eben ein großer Bestandteil ihres Lebens, und sonst haben sie leider nicht so arg viel.
Danke für Deinen tollen Kommi!Nina: Ja, das stimmt, vieles ist zweideutig zu verstehen gewesen. Im Prinzip hätte man etliche Aussagen der Eltern als "von oben herab" oder irgendwie als Andeutung auf Jess´ Problematik werten können, aber ob sie´s so gemeint haben, weiß man natürlich nicht.
Ich denke auch, sie haben sich gut geschlagen und wirklich versucht, so tolerant wie möglich zu sein. Und das tut Jess und Tessa sicherlich auch sehr gut.
Danke für Deinen lieben KommI!
@Llyn: Hihi, ich merke schon, Du traust mir nicht und witterst kommende KatastrophenIch sage dazu mal nix...
Und ja, das Gespräch hatte sicher Züge, wie sie bei jedem ersten Aufeinadnertreffen von Schwiegersohn in spee und Schwiegereltern ist. Nur dass es hier natürlich noch etwas schwieriger war, aber alle haben sich gut durchgeschlagen!
Danke für Deinen Kommi! *winke*
Kiara: hihi, ich musste bei Deiner Beschreibung eures ersten Treffens schmunzeln. Mir ging es ganz ähnlich, es gibt wirklich angenehmere Situationen, da gebe ich Dir total recht
Und ich denke auch, man muss den Wagners großen Respekt dafür zollen, dass sie sich zurück gehalten haben. Ich denke wirklich, sie haben große Angst, Tessa zu verlieren und wollen nun etwas gut machen, darum reißen sie sich gewaltig am Riemen.
Danke auch für Deinen Kommi! -
Tessa schluckte gerührt und griff nach seiner Hand.
Ihre Eltern wussten einen Moment nicht recht, was sie sagen sollten, dann ergriff schließlich Amanda das Wort: „Jess… es ehrt Sie wirklich, Ihre Fehler so offen einzugestehen und uns sozusagen um Entschuldigung für die Fehler, die Sie gegenüber Tessa begangen haben, zu bitten. Aber letztlich ist Tessa erwachsen, sie trifft ihre eigenen Entscheidungen. Was Ihre Qualität als Mensch und Partner angeht, so muss ich zugeben, dass es uns anfangs sehr schwer fiel, Ihnen diese zuzugestehen. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich bin eben eine Mutter und noch dazu eine Frau, die schon immer in geordneten Verhältnissen lebte… und natürlich ist mir der Gedanke, meine Tochter könne all dies versagt bleiben, unerträglich… natürlich würde ich mir vielleicht einen … nun, sagen wir… sozial besser gestellten Partner für Tessa gewünscht haben. Aber ich weiß, dass nicht meine Wünsche maßgebend für Tessas Entscheidungen und schon gar nicht für ihre Gefühle sind. Und das ist wohl auch ganz gut so, denn jeder von uns muss seine Erfahrungen wohl selbst machen. Und dass Sie meine Tochter aufrichtig lieben, ist gerade in der heutigen Zeit sehr viel wert…“
„Das wichtige ist, dass Sie sich auf den Weg gemacht haben“, fügte Tessas Vater nun hinzu. „Davor habe ich wirklich Respekt, muss ich sagen. Es ist schwer nachzuvollziehen, wie viel Willenskraft das gekostet haben muss.“
Jess nickte. „Sehr viel, Herr Wagner.“ Er warf Tessa einen liebevollen Blick zu. „Aber ich hatte einen guten Grund und die beste Hilfe, die man haben kann.“
Tessa lächelte leicht, und auch ihre Eltern lächelten und sahen ihre Tochter ebenso liebevoll an, und es kam ihnen vor, als sähen sie diese nun in einem völlig anderen Licht.
„Auch Tessa hat dafür meine Anerkennung“, sagte ihr Vater schließlich. „Es ist bestimmt nicht leicht, jemanden so schwierigen zu leben… nehmen Sie´s mir nicht übel, Jess, dass ich dies so offen ausspreche.“
Jess schüttelte den Kopf. „Wie könnte ich? Es ist genau das, was ich auch denke…“
Nun schien sich die Atmosphäre etwas gelockert zu haben, so dass man sich noch etwa eine halbe Stunde weiter unterhielt. Man sprach über die Pracht des Gartens, wobei Tessas Eltern überlegten, sich nun vielleicht doch etwas mehr Zeit für ihren Garten zu nehmen, um sich ebenfalls so eine wunderschöne Oase für die wenige Freizeit zu schaffen.
Jess erkundigte sich vorsichtig nach dem Kosmetikstudio Amandas, und diese gab ihm bereitwillig Auskunft. Auch Tessas Vater riss kurz an, was seinen Arbeitsalltag ausmachte und Jess wirkte sichtlich imponiert und für einen kleinen Moment fast wieder verschüchtert, doch Tessa drückte seine Hand und lächelte ihm aufmunternd zu. Und als Herr Wagner lächelnd erzählte, dass auch er während seines Studiums als ganz normaler Arbeiter in einem Supermarkt angefangen habe, um sich die Kosten für sein Studium zu verdienen, fiel die letzte Anspannung von Jess ab.
Nach einer halben Stunde jedoch ging allen allmählich dann doch wieder der Gesprächsstoff aus. Zu fremd war man sich noch, zu angespannt die Sachlage, zu seltsam die Tatsache, dass man sich im Garten eines Sanatoriums befand und Tessas Eltern mit einer Welt, die sie sonst nur aus Zeitungsberichten und mit dem allergrößten Desinteresse oder gar leichter Verachtung betrachtet hatten, in unmittelbare Berührung kam.
So war es für alle dann doch recht befreiend, als man sich nach einer halben Stunde erhob und sich Tessas Eltern verabschiedeten.
„Es war schön, Sie kennen zu lernen“, sagte Jess ehrlich, als er beiden zum Abschied noch einmal die Hand schüttelte.
„Das gilt für uns genau“, erwiderte Tessas Vater. „Das nächste Mal wenn wir uns sehen, wird dies hoffentlich schon nach der erfolgreichen Therapie sein, Jess. Ich wünsche Ihnen noch viel Glück und natürlich Durchhaltevermögen!“
Jess nickte und gemeinsam mit Tessa blickte er dem Ehepaar nach, wie es langsam aus ihrer Sichtweite verschwand.
Nun gingen beide wieder einige Schritte zurück in den Garten, sogen die warme Luft tief ein und spürten, wie die Anspannung allmählich nach ließ.
„Und?“, fragte Tessa dann mit einem Seitenblick auf Jess. „Wie geht´s dir?“
Jess lächelte. „Ich bin irgendwie so k.o. wie nach einem Zehn-Kilometer-Lauf, aber sonst gut.“
„Wie fandest du es?“
Jess zuckte mit den Schultern. „Sag du es mir. Ich fand es nicht so schlimm, wie befürchtet. Wie hab ich mich geschlagen?“
Tessa umarmte ihn lächelnd. „Sehr gut.“
Er lachte leise. „Das sagst du jetzt nur so.“
„Nein“, erwiderte sie empört. „Ich mein´s ernst. Ich war überrascht, wie gut du dich geschlagen hast, und ich bin verblüfft darüber, wie gut sich meine Eltern verhalten haben.“
Nachdenklich sah sie ihn an. „Seit unserer Aussprache habe ich das Gefühl, ich kenne diese Menschen gar nicht mehr. Sie sind so anders.“
Jess nickte. „Manchmal müssen wir Menschen wohl wachgerüttelt werden, und dann erst sind wir fähig uns zu verändern. Ich glaube, es ist schon irgendwie in uns, aber wir entdecken es oft erst nach langer Zeit. So wie ich auch.“ Er lächelte. „Durch dich.“
„Was? Was hast du entdeckt?“
„Nun… mich vielleicht… oder zumindest den Jess in mir, der hofft und glaubt und der Zuversicht besitzt. Und der durchhalten kann, weil er weiß, wofür.“
Tessa lächelte glücklich und umarmte Jess innig.
Wortlos setzten sie sich in den Schatten einer Weide und genossen still den Rest des aufregenden Nachmittags, während ein leichtes Lüftchen die Blätter über ihren Köpfen sanft hin- und herwiegte.
Fortsetzung folgt. -
Da ihr Vater Jess jedoch immer noch fragend anblickte und offenbar auf eine Erwiderung wartete, zu der jener nicht recht fähig zu sein schien, versuchte Tessa zu vermitteln und sagte: „Weißt du, Vater, ich denke, Jess und die anderen Patienten haben nicht so sehr viel Zeit zum Schwimmen, weil es hier ein rechtes engmaschiges Tagesprogramm gibt. Nicht wahr, Jess?“
Jess nickte langsam, räusperte sich und sagte dann langsam und unsicher: „Äh… nun… ja, das ist schon so, ja. Natürlich haben wir auch etwas Freizeit, aber die meiste Zeit des Tages ist mit Therapiestunden ausgelastet.“
„Sehr vernünftig“, antwortete ihr Vater nun und nickte zufrieden. „Wenn man den ganzen Tag nichts zu tun hat, denkt man nur zu viel nach.“
Er fühlte, wie ihn seine Frau leicht in die Rippen stieß, räusperte sich und fügte rasch hinzu: „Das… das geht jedenfalls mir so.“
Jess nickte und nachdem Tessa ihm aufmunternd zugelächelt hatte, sagte er: „Mir auch, Herr Wagner… darum bin ich ganz froh, wenn ich den ganzen Tag etwas zu tun habe… ich denke sonst ununterbrochen darüber nach, was geschehen ist, was hätte anders kommen können und wie es weitergehen wird… und irgendwann wird man davon ganz verwirrt… nun… ja… jedenfalls ist das bei mir so.“
Tessa Vater nickte zustimmen und nun ergriff ihre Mutter das Wort: „Es ist hier wirklich außergewöhnlich schön, Jess. Geradezu friedlich und harmonisch. Man könnte hieraus genauso gut eine Schönheitsfarm oder ein Wellness Hotel machen…“
Sie schluckte und biss sich auf die Lippen, und auch Tessa stöhnte innerlich. Doch Jess, der inzwischen wohl etwas seiner Befangenheit zu verlieren schien, lächelte und sagte: „Manchmal fühlt man sich hier draußen auch eher wie in einem sogenannten Wellnesshotel als in dem, was es wirklich ist.“
Dankbar lächelte Frau Wagner ihr Gegenüber an und sagte: „Ja, Tessa erzählte uns bereits, dass sich diese Einrichtung sehr von denen in der Stadt zu unterscheiden scheint. Auch ich muss zugeben, dass ich positiv überrascht bin, wobei das sicher auch an dieser herrlichen Lage hier liegt. Alleine die Landluft vermittelt einem ein Gefühl von Urlaub.“
„Das stimmt“, fiel nun Tessa ein. „Aber es ist nicht nur das, was den Unterschied macht. Ich denke, es ist alles, vor allem der Therapieansatz, nicht wahr, Jess?“
Jess nickte langsam und sagte dann: „Ja, völlig anders als in der Stadt.“
Tessa realisierte schnell, dass es ihm offenbar eher unangenehm war, über die Therapie zu sprechen. Kein Wunder, immerhin schämte er sich ja offensichtlich für das, was ihn dazu gebracht hatte, überhaupt erst hier her kommen zu müssen.
„Nun, es ist schön zu wissen, dass es auch noch Einrichtungen gibt, denen die Qualität wichtiger ist als die Quantität“, sagte Herr Wagner da. „Was nützt es schon, im Jahr 500 Patienten als therapiert zu entlassen, wenn dieser Erfolg nicht dauerhaft ist?“
Jess nickte langsam. „Da haben Sie recht, Herr Wagner. Sehr recht sogar.“
Auch Tessa nickte eifrig. „Ja, das stimmt, Papa. Und das macht auch den Unterschied zu den Einrichtungen in der Stadt.“
Wieder entstand eine unschöne Pause. Tessa konnte es ihren Eltern nicht verübeln, dass sie kein Gespräch begannen. Erst jetzt wurde ihr klar, dass fast jedes Themengebiet Glatteis für sie bedeutete. Sie seufzte innerlich. War dies nicht eigentlich Unsinn? Schließlich wussten sie von Jess´ Vergangenheit, und auch er war sich klar darüber.
Warum also dieses Thema so peinlich umschiffen?
Irgendwann räusperte sich ihr Vater und sagte dann: „Tessa erzählte, Sie seien sehr talentiert im Malen, Jess.“
Jess sah auf, warf Tessa einen Blick zu und sagte dann bescheiden: „Nun… man kann das selbst sehr schlecht beurteilen, wissen Sie. Es macht mir Freude… und ich würde behaupten, dass ich es nicht schlecht beherrsche.“
„Er untertreibt“, warf Tessa ein. „Er beherrscht es sogar sehr gut.“ Sie lächelte ihn an.
„Keine falsche Bescheidenheit“, sagte ihr Vater lächelnd an Jess gewandt. „Ich weiß, das gilt allgemeinhin als Tugend, Jess, aber es ist Unsinn, seine Fähigkeiten unter den Scheffel zu stellen. Immerhin haben wir nicht unbegrenzte Fähigkeiten.“
Er warf seiner Frau einen unsicheren Blick zu, als wolle er prüfen, ob er schon wieder etwas falsches gesagt hatte, doch diese lächelte, also fuhr er fort: „Ich meine damit, jeder Mensch hat nur ein paar Fähigkeiten, die das normale Maß übertreffen. Bei Tessa beispielsweise ist dies das die Sprache. Meine Frau hat ein Händchen fürs Dekorieren und Gestalten, und ich… nun ich bin pedantisch genug, um Jurist zu sein.“
Ein herzliches Lachen lockerte die Runde auf und Jess sagte: „Ja, da haben Sie sicher recht, Herr Wagner. Nur offen gestanden kann man mit all den Begabungen, die Sie nannten, mehr anfangen als mit der Malerei. Die Kunst ist ein brotloses Gewerbe…“, Jess schluckte… „nicht dass ich behaupten dürfte, mich damit nicht zu verbessern. Aber trotzdem strebe ich nach allem, was in meinem Leben geschehen ist, nun doch nach einer gewissen Stabilität, die mir die Malerei in beruflicher Hinsicht gar nicht bieten könnte.“
Tessas Vater nickte. „Das ist seine sehr vernünftige Einstellung, Jess. Nun wirke ich wohl nicht gerade als der Träumer schlechthin, aber ich rate Ihnen dennoch, sich ein paar Träume zu behalten. Auch mit der Kunst kann man ein gutes Auskommen erreichen, wenn man nur dafür arbeitet. Aber das ist ja noch Zukunftsmusik. Ich nehme an, Sie wissen noch nicht genau, wie es beruflich und bildungstechnisch für Sie weitergehen soll, wenn Sie diese Therapie hier erfolgreich hinter sich lassen können?“
Jess schüttelte den Kopf. „Nein, Herr Wagner, darüber habe ich mir noch keine konkreten Gedanken gemacht… es… ist zu früh und…“, versuchte er sich zu entschuldigen, doch diesmal unterbrach ihn Tessas Mutter und sagte: „Jess, Sie brauchen sich nicht zu rechtfertigen. Die Gesundheit geht immer vor und Sie haben ja noch einige Wochen Zeit, um sich zu entscheiden. Ich bin mir sicher, mit Tessas Hilfe werden Sie schon das richtige finden.“
Jess nickte und lächelte ihr dankbar zu, während Tessa sie eher erstaunt ansah.
Jess pusselte nervös an seinem T-Shirt herum und sagte dann: „Herr und Frag Wagner… ich… möchte mich entschuldigen bei Ihnen, für all die Unannehmlichkeiten, die ich Tessa bereitet habe…“
Irritiert blickte Tessa ihn an und auch ihre Eltern wirkten etwas verblüfft, doch Jess ließ sich nicht beirren und fuhr fort: „Ich bin mir ziemlich sicher, Sie hätten sich einen besseren Mann für sie gewünscht, und ich kann das nur allzu gut nachvollziehen. Trotzdem möchte ich mich bedanken für die Chance, die Sie uns geben, denn wir empfinden wirklich sehr viel füreinander.“ Er seufzte. „Kurz gesagt, ich kann Tessa natürlich nicht viel bieten. Kein Haus, kein Einkommen, nichtmal eine ansatzweise sichere Zukunft. Aber ich liebe sie wirklich aufrichtig…“ -
Kapitel 78
Familie Wagner
Tessa stieg aus ihrem Wagen und drehte sich langsam nach hinten um, wo ihr Vater seinen silberfarbenen Mercedes dicht hinter ihren Kleinwagen geparkt hatte und beide Eltern gerade ebenfalls ausstiegen.
Sie lächelte ihnen zu, und versuchte nicht zu zeigen, wie nervös und angespannt sie sich eigentlich fühlte.
Jess hatte dem Treffen überraschend schnell zugestimmt, nachdem er mit seinen Therapeuten gesprochen hatte. Diese waren offenbar derselben Meinung, wie Tessa sie selbst schon geäußert hatte, nämlich dass das Zusammentreffen im geschützten Raum der Therapie vermutlich empfehlenswerter sei als „im echten Leben“, wo Jess neben dieser Begegnung ohnehin mit genug Herausforderungen konfrontiert werden würde. So aber war eine langsame und vorsichtige Annäherung möglich. Und sollte das Treffen problematisch verlaufen, so befand sich Jess im übertragenen Sinne „auf seinem eigenen Grund und Boden“ und hatte die Möglichkeit, sich der Situation ganz nach seinen eigenen Bedürfnissen und Möglichkeiten zu entziehen, wenn er nicht mehr konnte.
Tessa ging einige Schritte voraus und blieb vor dem Eingang zur Villa stehen. „Hier sind wir“, sagte sie an ihre Eltern gewandt. Ihre Mutter schnupperte in die Luft, während ihr Vater sich erstaunt umsah. „Wie schön und gepflegt das alles hier ist!“, äußerte er beeindruckt.
Die große Flügeltür des Hauses öffnete sich und Jess trat heraus. Unschlüssig blieb er einige Meter von der Türe entfernt stehen. Tessa lächelte ihm zu und schob ihre eigene Unsicherheit in den hintersten Winkel ihres Herzens, denn sie wusste, dass sie jetzt für Jess da sein und vermitteln musste, also ging sie schnellen Schrittes auf ihn zu, während ihre Eltern ihr langsam folgten.„Hallo“, sagte Jess befangen und sah Tessa verunsichert an, doch diese lächelte ihn aufmunternd an, beuge sich zu ihm und küsste ihn zu dessen eigener Verwunderung stürmisch zur Begrüßung, ganz so, als sei sie alleine gekommen und dies nur ein ganz gewöhnlicher Besuchstag von zahlreichen.
„Hei Jess“, sagte sie dann und lächelte ihn an, während sie ihm beruhigend die Schulter streichelte und leise zuflüsterte: „Sei ganz locker, sie beißen nicht – und wenn, dann werde ich ihnen Maulkörbe verpassen.“
Jess flog ein befangenes Lächeln über das Gesicht, während er den Wagners einen schüchternen Blick zu warf, den beide mit einem offenen Lächeln erwiderten.Tessa legte Jess die Hand auf den Rücken und schob ihn sanft einige Schritt nach vorne, bis er direkt vor ihrem Vater stand.
„Papa, das ist Jess“, sagte sie dann so ungezwungen wie möglich und beobachtete angespannt die Mimik ihres Gegenübers. Doch ihr Vater lächelte weiterhin freundlich und schien von Jess zumindest nicht negativ überrascht zu sein. „Jess, das ist mein Vater“, vollendete Tessa denn mit fester Stimme ihre Vorstellung.
Ihr Vater derweil merkte dem jungen Mann sofort seine Schüchternheit an und beschloss es so zu handhaben wie immer und einfach auf ihn zuzugehen. So streckte er ihm denn auch mit einer gewissen Förmlichkeit, aber dennoch nicht kühl die Rechte entgegen und sagte: „Freut mich, Sie kennen zu lernen, Jess.“
Jess lächelte und fand nun auch seine Stimme wieder, indem er freundlich erwiderte: „Freut mich auch, Herr Wagner.“Tessa griff sanft nach Jess Arm und drehte ihn zu ihrer Mutter, die ihn mit unverhohlener Neugier musterte. Aber auch ihr schien das, was sie da sah, nicht zu missfallen, denn sie lächelte den jungen Mann freundlich an und streckte ihm ebenfalls die Hand zum Gruß entgegen.
„Ich bin Tessas Mutter“, übernahm sie selbst ihre Vorstellung. „Freut mich, Sie kennen zu lernen, Jess. Ein herrliches Plätzchen Erde haben Sie hier, wenn ich das sagen darf.“Jess lächelte etwas befangen. „Ja, es ist sehr schön hier draußen, auch wenn ich selbst natürlich wenig dazu beitrage, offen gestanden…“
Es entstand eine unangenehme und etwas peinliche Pause, als Amanda klar wurde, dass sie Jess gerade darauf aufmerksam gemacht haben musste, dass er keinerlei Besitz hatte und sie selbst für einen Moment vergessen hatte, warum sich der junge Mann hier in dieser Idylle befand.
Tessa bemerkte die Situation jedoch sofort und sagte schnell: „Wollen wir uns nicht setzen?“, während sie auf eine Vierergruppe von hellen Tischen und Stühlen wies.
Gemeinsam gingen sie über das weiche Gras und nahmen auf den robusten, aber bequemen Holzstühlen Platz.
Da saßen sie nun, alle vier und wussten nicht recht, was sie sagen sollten. Jess starrte verlegen auf seine Schuhspitzen, Herr und Frau Wagner sahen sich interessiert im Garten um und Tessa warf nervöse Blicke von einem zum anderen, während sie krampfhaft überlegte, wie sie ein halbwegs vernünftiges Gespräch in Gange zu bringen vermochte, doch ihr wollte nichts einfallen. Gemeinsamkeiten zwischen ihren Elternteilen und Jess, über die man hätte sprechen können, gab es nicht oder Tessa war sich ihrer zumindest nicht bewusst. Eine unbefangene Geschichte über ihr erstes Kennenlernen, wie man es zu solchen Gelegenheiten gerne zum Besten gab, war unter Anbetracht eben jener Umstände, wie sie sich getroffen haben, mehr als unpassend und völlig undenkbar.
Also griff Tessa auf das ultimative Gesprächsthema zurück, dessen sich die Menschheit so gerne bedient, wenn ihr nichts besseres einfällt, über das es sich zu sprechen lohnen könnte:
„Herrliches Wetter ist das heute, nicht?“, stieß sie hervor und kam sich im selben Moment reichlich blöde vor.Doch zu ihrer eigenen Erleichterung griffen ihre Eltern das Thema nur zu gerne auf, ihre Mutter nickte begeistert und sagte: „Ein wunderschöner Tag. Ich habe vorhin den Wetterbericht gehört, und es soll die ganze Woche warm bleiben. Stellt euch vor, am Freitag sollen wir sogar bis zu achtunddreißig Grad bekommen!“, sie seufzte, „ich glaube, ich werde mir dann frei nehmen, bei diesen Temperaturen sagen ohnehin die meisten Kunden ihre Termine ab.“ Sie lächelte Jess zu. „Wer will sich bei solch einer Hitze schon Cremes und Masken antun?“
Jess lächelte befangen zurück, er verstand nicht viel von Cremes und Masken, konnte aber durchaus nachvollziehen, dass man bei einer solchen Hitze zu nahezu gar nichts mehr Lust hatte.
„Ich nehme an, dass dieser wunderschöne Pool dort hinten an solchen Tagen besonders rege genutzt wird?“, wandte sich Tessas Vater an Jess. „Es muss sehr schön sein, sich an einem solch warmen Tag hier erfrischen zu können. Ich habe für so etwas leider keine Zeit, meine Geschäfte machen es mir meist unmöglich, unseren Pool zu Haus zu nutzen, auch wenn er um vieles kleiner ist als dieses Exemplar hier.“Betreten warf Jess Tessa einen Blick zu, er wusste offensichtlich nicht recht, was er darauf erwidern sollte. Diese biss sich auf die Lippen. Das hier lief ganz und gar nicht so, wie sie es sich erhofft hatte. Dass beide Eltern direkt von ihrem Arbeitsleben anfingen und man die Aussage ihres Vaters unter Umständen sogar als einen versteckten Hinweis darauf, dass er glaube, Jess könne hier den ganzen Tag in der Sonne liegen, während er sich abschuftete, hätte verstehen können – all das bildete nicht gerade das Fundament für ein offenes und gutes Gespräch.
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Luxa:
Danke für Deinen Kommi! Ich sag mal nix zu Deiner Hoffnung, dass alles gut wird... wäre ja unspannend. *winke*
Jane: Hihi, macht doch nix, wenn Du mal ein paar FS verpasst, bin ja auch allgemein eher fix, denke ich, aber wir bewegen uns sooo gaaaaaaaaaaaaanz allmählich auf die letzte Runde zu, ein bißchen haben wir aber schon noch vor uns, aber mich drängt es jetzt, die Sache zum Finale zu bringen, auch wenn das schätzungsweise noch bis in den Spätsommer / Herbst dauern wird, also keine falschen Hoffnungen oder Befürchtungen
Es ist noch alles offen!
Also, was Du nur immer mit Joshua hast *lach*, der arme Kerl tut mir langsam schon leid. Da ist er so ein Liebchen und niemand traut ihm. Sind wir Menschen so oder traut ihr mir als Schreiberin nur nicht zu, dass ich so einen Menschen ohne Hintergedanken erschaffe? Ich hoffe, wenn dem so ist, dass ihr nicht allzu enttäuscht seid, wenn dem doch so ist, denn das darf ich schon verraten, von Joshua haben wir nicht mehr allzu viel zu erwarten. Er ist und bleibt einfach ein guter Freund!
Mit Niklas sieht es da natürlich ganz anders aus! Auch Deine Überlegung bzgl der drei Männer zur Auswahl war natürlich nicht total abwegig, waren Tessa und Niklas doch schließlich lange selbst ein Paar und gerade zu Beginn der Story wurde ja deutlich, dass Tessa doch offenbar auch immer noch das ein oder andere Gefühl in sich beherbergte.
Aber auf der anderen Seite ist zwischen ihnen so viel zerbrochen, wie könnte sie ihm je verzeihen oder darüber hinaus sogar noch Liebe für ihn empfinden? Tja, das ist natürlich die große Frage, wie das mit den beiden letztlich weitergehen wird.Tessas Eltern ändern sich natürlich nicht von heute auf morgen, nein. Ich denke, was sie so zu ihrer veränderten Einstellung bewegt, sind einige Dinge. Zum einen wissen sie klar, dass sie Tessa verlieren werden, wenn sie nicht zumindest versuchen, Jess zu akzeptieren. Ich glaube nicht, dass das Verhältnis zwischen allen so bald wirklich gut und entspannt werden wird, aber wenn sie ihn weiterhin kategorisch ablehnen, werden sie ihre Tochter damit verlieren, so viel ist mal klar, und auch ihnen, nachdem Tessa so klar und bestimmt reagierte im Januar. Abgesehen davon haben wir nun schon Juni und ihre Eltern hatten fünf Monate zum nachdenken. Ab und an haben sie alle ja auch miteinander gesprochen, nur habe ich diese Begegnungen natürlich nicht alle thematisiert, weil das offen gestanden auch eine gewisse Zähe in die Story gebracht hätte. Wichtig ist jetzt nur zu sehen, dass sie sich wirklich bemühen, ihre Sichtweise zu ändern.
Weißt du, ich habe mir, als ich das Kapitel schrieb oder bzw. die Storyline an sich, auch gedacht, dass es eher schwierig ist, diese Umstellung im Verhalten darzsutellen, weil sie einem unrealistisch vorkommt. Aber auf der anderen Seite habe ich es selbst schon erlebt, dass manche Personen lange völlig ahnungslos über die Gefühle des anderen waren und ein klärendes Gespräch allen beteiligten regelrecht die Augen öffnete und Menschen sich so veränderten, wie man es niemals für denkbar gehalten hätte.
Ich denke, Amanda und Herbert ist einfach deutlich geworden, dass sie ihre Tochter sehr vernachlässigt haben. Ich glaube, das ist niemals in vollem Bewusstsein geschehen und die "Früchte" dieses Verhaltens nun so zu sehen, regelrecht vor Augen gehalten zu bekommen, tut natürlich weh. Natürlich steckt hinter ihrem Verhalten viel schlechtes Gewissen und der Drang, sich gut mit ihrer Tochter zu stellen. Aber warum auch nicht? Ich denke, man kann ihnen ihre grundlegende Ansicht doch gar nicht unbedingt übelnehmen, ich will nicht wissen, wie ich reagieren würde, wenn MEIN Kind eines Tages ankäme und mir verkündet, dass es einen drogensüchtigen, obdachlosen Freund hat. Egal ob schon 18 oder älter, ich würde wahrscheinlich den Drang verspüren, es hinter Schloss und Riegel zu verbannen, um es bloß zu schützen, ist ja klar. Von daher denke ich, dass die beiden sich schon SEHR überwinden, auch mal ganz abgesehn von ihren Standesbedingten idiotischen Wertvorstellungen.
Aber ich bin da selbst recht kritisch und befürchte, der Wandel der beiden ist nicht ganz glaubwürdig, aber ich will die Story damit nicht ewig in die Länge ziehen, darum fällt es dem ein wenig zum Opfer!
@Llyn: Was Niklas angeht, so ist die Frage natürlich groß, was er bereut. Bereut er sein Verhalten, seine Einstellung oder nur, dass er Tessa nicht bekehren konnte?
Noch weiß er ja gar nicht, ob es Jess noch gibt, wie sie zu ihm steht. Er hat sotzsagen nur herausgefunden, dass es Tessa recht gut geht, denn sonst würde sie ja nicht so auftreten wie sie es tut. Aber mehr weiß er ja nicht. Die Frage ist natürlich, ruft er sie an und was wird er sagen?Ich hab jetzt bei Jane schon so viel geschrieben, dass ich ein wenig abkürze, was ihre Eltern betrifft. *gg*
Nina: Hihi, ich finde es spannend, wie ihr alle das Gespräch zwischen Moni und Niklas deutet. Vielleicht hat Moni ihm ja auc nur etwas über Tessa erzählt oder NIklas hofft, über sie an tessa heran kommen zu können? Wer weiß
Danke für Deinen Kommi!
Entschuldige, dass ich mich kürzer fasse, aber ich bin von der Hitze ziemlich geplagt und muss jetzt dringend in ein kühlerees Zimmer! Aber erst kriegt ihr noch die FS!
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Huhu Nerychan!
Also, ich habe nun beide FS gelesen! Zur ersten muss ich sagen, dass Catalina mir wirklich leid tut, auch ihr Vater. Es muss hart sein, das einzige Kind so weit weg zu geben, es nicht den Familiensitz erben lassen zu können, nur weil man es als Baby einem anderen versprochen hat. Wie gut, dass die Menschen heute aus sowas gelernt haben und so einen Mist zumindest in unseren gefilden nicht mehr machen!
Catalina fühlte sich in England natürlich sehr, sehr einsam. Und da sind zarte Bande zwischen dem Bruder ihres Mannes und ihr erwacht. Das schreit ja förmlich nach Problematik. Was die Frage angeht, wer auf den britischen Thron kommt, das wissen wir ja. Es wurde Elizabeth, eine der berühmtesten Königinnen der Weltgeschichte. MIr ist nur noch nicht so ganz klar, was das mit Catalina zu tun hat. Zwar führte Spanien in der elisabethanischen Zeit einen Krieg gegen England, aber ob das da irgendwie zusammen hängt? Wer weiß. Die Andeutungen aus dem ersten Kapitel lassen ja zumindest vermuten, dass es da irgendwelche Komplotte gibt, die durchaus auch direkt mit dem Königshaus zu tun haben.
Nun einmal zum letzten Kapitel. Das war richtig schaurig. Schon als die Alice und Patrick nach Ravensdale kamen, überlief es mich beim Lesen kalt. Brr, was für ein unschöner Ort.
Ich habe ja befürchtet, dass sie nicht auf ihre Tante hören werden
Und dabei habe ich das Gefühl, dass Patrick ihr gar nicht so wenig Glauben schenkt, sondern vielmehr seine Mutter. Auch weil Patrick so seltsam redet, als er in der Gruft unten ist. Es tat mir beim Lesen richtig weh, als er davon sprach, sich "zu Hause" in Langley schon sein Plätzchen, wo er seine letzte Ruhe fände, aussuchte, und nun hier landen würde. Und auch dass er darüber sprach, dass all das keine ZUfälle waren. Ob ihn da wohl Alice in die Richtung gedrückt hat, das Erbe ja auch anzunehmen und nicht auf Liz zu hören?
Das wird sie sich vielleicht noch schwerstens vorwerfen...
Ich denke übrigens, der "Hausgeist" ist Catalina selbst. Erstens schaut das letzte Bild so aus, und zweitens könnte ich mir jetzt vorstellen, dass in jener Zeit ein großes Unglück geschah und die Seele der "spanischen Braut" eben nicht ruhen kann und sich geschworen hat, alle Ravendales, die jemals auf dieses Grundstück kommen werden, dafür büßen zu lassen, was sie mitgemacht hat. Brr, wie schaurig!
Und darum auch ganz großes Kino, Nerychan! Echt, jetzt! Ich bin so begeistert von dieser FS, ich kann´s gar nicht sagen. Sie gefällt mir offen gestanden sogar noch besser als "Celia", warum weiß ich auch nicht, vielleicht weil sie durch den historischen bezug und die fehlende "Fantasy"-Seite (nicht Fantasie!
) irgendwie authentischer wirkt. Dabei find ich Celia auch schon klasse!
Mir gefallen übrigens auch Deine Bilder hier etwas besser. Sie wirken nicht so bunt und überladen wie teils bei Celia, obwohl das da natürlich dazugehört und auch gut ist!
Ach, ich will damit nur sagen, ich finde, DU hast Dich seither nochmal deutlich weiter entwickelt und Deine Story zählt für mich zu den besten, die ich je gelesen habe! Ich freu mich arg auf die FS und bin schon gespannt, ob wir im 18. Jhd. bleiben oder wieder zurück ins Mittelalter huschen werden!
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Alva nickte. „Das ist richtig. Es ergibt keinen Sinn. Das ist genau das, was ich dir erklären wollte. Die Schuld ist uralt und eigentlich meist gar nicht wirklich existent. Wir urteilen gerne und schnell, Shylah. Machen diesen oder jenen verantwortlich, verurteilen das Verhalten der Menschen, weil wir gewisse Vorstellungen haben, wie es zu sein hat. Aber oft sind es so viele Dinge, die einen Menschen so werden lassen, wie er ist. Auch du bist geformt worden durch das, was dir geschehen ist. Und dir wird noch mehr geschehen, schönes und trauriges. Und es wird dich formen. Es wird deine Handlungen beeinflussen. Du wirst Fehler machen. Manchmal nur kleine, wie vielleicht einen Topf Nudeln überkochen lassen oder schwarze Socken mit weißen zu waschen“, sagte Alva lächelnd.
„Aber manchmal wirst du auch schwerwiegende Fehler machen. Du wirst Menschen verletzen, kränken. Sie gegen dich aufbringen. Du wirst Menschen aber auch helfen, ihnen Hoffnung geben. Du wirst ihren Weg egal wie beeinflussen, so dass er danach nie wieder derselbe sein wird wie zuvor. Das meiste davon wirst du unbewusst tun.“
Shylah nickte und schluckte schwer. „Ich habe einen Menschen schon sehr beeinflusst, durch all das, was zurzeit in mir vorgeht“, sagte sie langsam. „Vielleicht hat ihn das nachhaltig geschädigt… zumindest geht es nicht spurlos an ihm vorbei.“
„Ich weiß“, sagte Alva und wusste, wovon Shylah sprach. „Aber bist du nun deswegen schuld?“
Die beiden Frauen schwiegen einen Moment und es war nur das Rauschen der Birke zu hören, unter deren Blätterdach sie es sich gemütlich gemacht hatten.
„Nein… ich… ich kann ja nichts dafür…“, sagte Shylah dann langsam.
„Also, wer kann etwas dafür?“
Shylah lächelte einsichtig. „Ja, Alva, ich verstehe. Du hast recht, man gibt schnell jemandem die Schuld und vielleicht gibt es so etwas wie Schuld auch gar nicht, zumindest nicht so, wie wir es gerne bezeichnen.“
Alva lächelte und blickte einen Moment nachdenklich auf das sich kräuselnde Wasser des Weihers. Dann sagte sie: „Erzähl weiter, Shylah. Was ist mit dir geschehen nach jener Zeit, in der du deine Großmutter verloren hast?“
Shylah rieb sich die Stirn und sagte langsam: „Ich habe mich verändert, Alva. Die Grundschule neigte sich dem Ende zu. Die Ferien begannen. Meine Mutter litt immer noch sehr unter dem Verlust und musste langsam wieder lernen, sich ins Leben zu integrieren. Ihr Arzt hatte ihr eine Vielzahl an Antidepressiva verschrieben, die sie nach und nach wieder auf die Beine brachten, auch wenn man ihr deutlich ansah, wie schlecht es ihr eigentlich noch immer ging. Nach den ersten Wochen der tiefen Depression, die sie so gut es ging vor uns abzuschirmen versuchte, um uns nicht zu beunruhigen, fasste sie sich wieder und stürzte sich mit Feuereifer in die Renovierung des Hauses.“
„Als sich die Sommerferien dem Ende zuneigten, zogen wir ein. Es begann ein ganz neues Leben, für uns alle. Ein neues Haus. Eine neue Schule. Ein ganz neue Situation, in der wir uns befanden..“ Shylah lächelte. „Ich kann mich noch gut daran erinnern… wie ich zum ersten Mal in meinem neuen Zimmer stand. Das war kein Kinderzimmer mehr, Alva… denn nicht nur meine Umgebung hatte sich geändert. Auch ich.“
Shylah lächelte in Erinnerung an jene Tage. „Es war eine aufregende Zeit. Alles war neu und anders. Ich war überzeugt, dass jetzt eine wunderschöne Zeit anfangen würde.“
Seufzend schloss Shylah die Augen und tauchte erneut tief in ihre Erinnerungen ein…Fortsetzung folgt.
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Kapitel 12
Shylah fröstelte, obwohl die warme Sonne ihr auf den Rücken brannte.
Sie und Alva saßen eine Weile schweigend nebeneinander und beobachteten, wie sich das Schilf auf dem kleinen Weiher sanft hin- und herwiegte. Es wirkte friedlich und ruhig, so als gebe es nichts im Leben, wovor man sich ängstigen müsste, nichts, was dunkel und bedrohlich sei.
„Was ist nun also die Wahrheit?“, fragte Alva unvermittelt, als habe sie Shylahs Gedanken erraten. „Der Friede oder die Angst? Oder beides?“
Shylah lächelte. „Das Leben an sich ist die Antwort, denke ich“, erwiderte sie und Alva lächelte zufrieden.
„Du hast so viel gelernt“, sagte sie dann sanft und Shylah nickte. „Das Leben hat es mich gelehrt“, sagte sie dann ohne Bitterkeit und richtete den Blick zurück auf das Gebäude neben sich, das sie wieder unwillkürlich zusammen schaudern ließ.
„Es ist schon eine seltsame Sache, dieses Schicksal“, sagte sie dann. „Wenn man bedenkt, dass jede noch so kleine Entscheidung, die wir heute und hier treffen, in vielen Jahren einmal eine Bedeutung erlangen könnte, von der wir nicht zu träumen wagten…“
Alva nickte.
„Keine unserer Handlungen bleibt ohne Konsequenz“, erklärte sie dann. „Nicht einmal die kleinste. Mit jeder Handlung lösen wir einen neuen Domino-Effekt aus. Doch oftmals bemerken wir dies gar nicht, weil es für uns nicht erachtenswert ist. Hin und wieder jedoch kann es geschehen, dass ein winziger Stein, der wir einmal umstießen, später zu einem echten Felsbrocken wird.“
Sie sah Shylah an. „Was jedoch wichtig dabei ist, Shylah, ist zu begreifen, dass es so etwas wie Schuld im Leben nicht wirklich gibt.“
Shylah schüttelte nachdenklich den Kopf. „Das klingt gut und schön, aber ich kann das nicht verinnerlichen. Ich meine, wenn ich etwas tu, was jemand anderen verletzt, bin ich doch schuld daran, Alva.“
Alva lachte leise. „Ja, das ist die Krücke unserer Sprache. Schuld ist im eigentlichen Sinne doch etwas anderes. Es heißt, jemanden für etwas verantwortlich zu machen, im Sinne davon, dass man ihn dafür bestrafen kann, dass man es verurteilt, als falsch und schlecht kennzeichnet.“
„Ja, und warum nicht?“, erwiderte Shylah. „Wenn mich jemand verletzt oder mir etwas antut, ist das doch auch schlecht und verurteilenswert.“
„Aber nur, wenn wir in gut und böse aufteilen“, warf Alva ein.
„Ja, ich weiß, Alva, die Polarität auf der Erde, die hauptsächlich durch Religionen wie das Christentum erschaffen und geprägt wurde“, sagte Shylah. „Aber es gibt doch wirklich gut und böse, es ist wichtig, dass gewisse Dinge nicht rechtens sind, um unsere Welt in ihren Fugen zu halten.“
Alva nickte. „Das stimmt, Shylah. Aber der Begriff der Schuld ist in den letzten Jahrhunderten so gewichtig geworden, dass wir damit um uns werfen, ohne darüber nachzudenken. Wenn du es so willst, geben wir alle die Schuld doch immer nur weiter. Was hat deine Mutter damals veranlasst, nicht für dich da zu sein?“
Shylah zuckte mit den Schultern. „Das kann ich nicht mit einem Satz beantworten. Es war so vieles… sie hatte Probleme, sie war oft allein und…“
„Also, wer ist nun schuld an ihrer Misere?“, warf Shylah ein. „Dein Vater? Deine Großeltern?“
Shylah schluckte. „Ich weiß nicht… das kann man so doch nicht sagen. Ich hätte ein schlechtes Gewissen, einen von ihnen als den Hauptverursacher hinzustellen.“
Alva nickte. „Und nun nehmen wir einmal an, wir tun es. Sagen wir, dein Vater hatte schuld. Er hätte sich mehr um sie und euch kümmern können. Doch warum tat er es nicht?“
Shylah dachte nach. „Ich weiß es nicht. Ich denke, er konnte nicht anders. Er… er stand immer im Schatten seiner älteren Geschwister, Alva. Ich glaube, er musste so viel Zeit in seinen Beruf investieren, weil das eine Art Kompensation dafür war.“
„Wie meinst du das?“
Shylah seufzte. „Ich weiß nicht… es gab viele Ereignisse, die das deutlich zeigten… mein Vater war der jüngste, seine beiden Brüder – Zwillinge- Anton und Simon waren immer die Stars seiner Eltern… egal, um was es ging, meine Großmutter sprach immer nur von ihnen. Mein Vater zählte gar nicht. Und wir eigentlich auch nicht. Wie oft waren Anton und Simon mit ihren Familien zum Essen bei ihr eingeladen… wir niemals. Außer an Geburtstagen. Anton arbeitet als Angestellter bei einem Automobilkonzern, Simon war recht erfolgreich in einer kleinen Redaktion, wo er leitender Angestellter war. Mein Vater hat es von allen wohl am weitesten gebracht, aber meine Großmutter Anna redete immer nur, ununterbrochen, von Simon und Anton. Mein Vater blieb immer außen vor… wohl auch schon vor dem Tod meines Opas.“
Shylah seufzte. „Ich glaube, ihr war nie klar, wie weh sie meinem Vater damit tut. Und der hat es auch nie gezeigt. Dann starb auch noch sein Vater auf diese tragische Weise… ich habe keine Ahnung, ob er ihn anders behandelt hatte, ich war noch so klein. Aber ich habe ihn eher zurückhaltend und ruhig in Erinnerung, während meine Oma ein Derwisch war. Herzensgut, aber oft recht hart und stur.“
Alva nickte. „Also… ich nehme an, wir können die Schuld nun an deine Großeltern weitergeben?“
Shylah sah sie irritiert an. „Welche Schuld?“
„Nun, die Schuld daran, dass deine Mutter nicht für dich da war.“
„Was haben sie damit zu tun?“
Alva lachte leise auf. „Nun… deine Mutter war nicht für dich da, weil sie sich alleine gelassen fühlte. Daran war dein Vater schuld. Dein Vater strebte immer so sehr nach Ansehen und Karriere, weil er von seinen Eltern benachteiligt wurde. Also sind seine Eltern schuld. Warum benachteiligten sie ihren Sohn wohl? Was war da los?“
„Ich habe keine Ahnung“, gestand Shylah irritiert. „Ich meine… ich weiß nicht, wie meine Urgroßeltern waren… ich weiß nur, dass mein Uropa wohl im Krieg gefallen ist.“
„Nun, dann nehmen wir doch einmal an, dass dieses Ereignis deine Großmutter derart traumatisierte, dass sie so wurde, wie sie eben war. Wer ist nun schuld? Dein Uropa?“
„Wieso sollte er? Er wurde getötet, im Krieg, er hat sich das nicht ausgesucht!“
„Also, wer ist dann schuld? Der Soldat, der ihn erschoss?“
Shylah schnaubte verwirrt. „Alva, das ergibt keinen Sinn!“ -
Alva und Shylah reden über ein Thema, das Shylah - nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen - irgendwie nicht ganz geheuer ist
Alva muss mal... (keine Angst, habe ihr danach direkt Erleichterung verschafft), will aber nichtmal aufstehen, um sich zu beschweren
Shylah altert und Herr Degen freut sich ganz arg
Alexandra ist mal wieder sauer (vermutlich immer noch über die andere Alexandra, die sie gehauen hat), dabei merkt sie gar nicht, dass Shylah zum Teenie wurde
Bei dem neuen Haus hatte ich den freien Willen noch an und ehe ich mich versah, fingen Alexandra und Moritz an rumzuschmusen *gg* Ist das nicht schön?
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wawuschel: Oh, was für ein langer Kommi wieder, wie schön!
Ja, Alexandra sieht wirklich fertig aus.
Nun ist also entschieden, auf welche Schule sie gehen wird, ja. Und Du hast recht, beide haben sich auch daran orientiert, was für Shylah am besten wäre und sich von der Lehrerin ja auch gut beraten lassen. Ob sich das dann letztlich auch alles so gestaltet wie alle nun hoffen, ist ja eh immer die Frage.
Was die Depressionen Alexandras angeht, natürlich sind Tabletten eigentlich nur Übergangslösungen. Aber dass sie sich nach ihrem letzten bescheidenen Versuch sehr gegen eine erneute Therapie versperrt, kann man ja irgendwie auch verstehen. Vielleicht hofft sie ja auch, dass es irgendwann wieder besser wird.
Dass Du das ähnlich durchgemacht hast, lässt Dich da natürlich vieles noch einmal anders sehen. Natürlich ist es immer gut, wenn der Rest der Familie dann aufgefangen wird, dann kann man sich auch mehr auf sich selbst konzentrieren. Leider ist das eben nicht immer der Fall.
Danke für Deinen tollen Kommi!
@Llyn: Ja, Du hast recht, Alexandra sollte sich wirklich helfen lassen. Aber ich denke, es fällt ihr sehr schwer, und wie ich ja auch schon in meinem Vor Kommi schrieb, ist es nun einmal auch so, dass die Geschichte, die wir gerade lesen, schon einige Jahre vor heute spielt... und da der Umgang mit "solchen" Dingen sogar auf ärztlicher Seite wohl auch noch nicht so aufgeklärt war wie man das heute ganz selbstverständlich gewöhnt ist.
Was das Krankenhaus angeht und Franziska, so hilft es natürlich keinem, jemandem die Schuld zu geben, nein. Ich denke, das ist einfach jetzt eine Hoffnung, die Wut zu kompensieren, was natürlich ziemlich hoffnungslos ist, zumal man so ein Krankenhaus glaub eh nicht so leicht verklagen kann.
Mit Shylahs Schule wirst Du sehen, ob da wirklich das letzte Wort gesprochen ist
Danke für Deinen Kommi!@ALL: Ich war heute fleissig, ich weiß, überraschend schnell, aber gewöhnt euch nicht dran! Heute wird es auch etwas philosophisch und es passiert nicht arg viel. Die Outtakes sind heute nicht so ganz zahlreich und natürlich ist mir Hr. Humble wieder mehrmals über den Weg gelaufen, aber ich hab ihn euch diesmal erspart *lach*
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„Aber denken Sie nicht, dass ein Kind immer wieder schnell neue Freunde findet?“, warf Moritz ein. „Ich glaube, das stärkt doch nur den Charakter, oder nicht?“
Frau Andresen schüttelte den Kopf. „Ich würde das nicht so pauschalisieren, Herr Schuhmann. Shylah ist nicht das selbstsicherste Kind, jedenfalls nicht nach dem, was ich beobachtet habe. Wenn sie völlig alleine an ein anderes Gymnasium wechselt, wird es ihr dort durchaus schwerfallen. Natürlich nur zu Beginn. Aber es wird viel Neues auf einmal sein. Für unsere Kinder ist ein Schulwechsel wie ein kleiner Weltenzusammenbruch. Ein totaler Neuanfang. Die meisten sind furchtbar nervös und voller Ängste, auch wenn sie sich natürlich auch freuen, was ihrer altersgemäßen Neugier entspricht. Aber Shylah ist recht sensibel und wenn sie auf ein auswärtiges Gymnasium geschickt wird, werden sich viele ihrer Klassenkameraden schon kennen. Das wird ihre Situation erschweren. Allerdings gebe ich Ihnen recht, dass dies nicht Hauptentscheidungsgrund sein kann und soll.“
Moritz sah Alexandra an, die nun langsam und mit müder Stimme sagte: „Sie könnten uns also durchaus die ALS empfehlen, Frau Andresen?“
Diese nickte. „Ja, durchaus.“
„Wissen Sie, durch den Tod meiner Schwiegermutter ist die Situation etwas schwierig geworden, was Shylahs Betreuung angeht, wenn wir nicht zu Hause sind“, sagte Moritz langsam. „Mein Schwiegervater ist selbst etwas hilflos in seinem Haushalt, und im Moment eher nicht belastbar. Wir dachten vorher, es könne funktionieren, dass Shylah mit dem Bus von der Mädchenschule nach Hause fährt und dann bei meiner Schwiegermutter bleibt, falls meine Frau nicht zu Haus ist. Auch besaß meine Schwiegermutter selbst einen Führerschein… und hätte Shylah zur Not abholen können. Meine Mutter besitzt diesen leider nicht… Zudem werden wir bald umziehen, und das neue Haus liegt sehr nahe an der ALS. Shylah könnte zu Fuß gehen… und zum Mittagessen zu meiner Mutter gehen, denn auch deren Haus ist nahe an der Schule gelegen.“
Frau Andresen nickte. „Sie wissen aber, dass das Mädchengymnasium Nachmittagsunterricht anbietet? Shylah könnte dort Mittagessen und nachmittags betreut werden.“
Alexandra nickte. „Ja, das weiß ich. Aber danach müsste sie auch nach Hause kommen und ich bin offen, Frau Andresen, Shylah ist manchmal ein Wirrkopf und mir macht der Gedanke, sie im Bus fahren zu lassen, ein wenig Kummer.“
Frau Andresen lächelte. „Nun, Shylah redet sehr gerne und viel und wenn sie das tut, vergisst sie vieles, da muss ich Ihnen recht geben.“
„Es besteht auch noch die Möglichkeit, sie an Devins Schule zu geben“, erklärte Moritz. „Aber wenn wir sie schon an eine gemischte Schule geben, wäre es wohl einfacher, sie bei ihren Freunden zu lassen. Gehen denn wirklich alle Schüler dieser Klasse auf die ALS?“
Frau Andresen nickte. „Alle, nur Shylahs Zusage fehlt noch. Natürlich werden sich die Schüler auf die drei Schulformen verteilen, einige gehen auf den Hauptschulzweig, andere zur Realschule und etwa acht von ihnen auf das Gymnasium. Shylahs Freundin Christina hat den Realschulzweig gewählt, obgleich sie die Fähigkeiten für das Gymnasium ebenfalls besäße“, erklärte Frau Andresen. „Aber da alles auf einem Gelände ist, würden die beiden Mädchen weiterhin befreundet bleiben können.“
Moritz und Alexandra wechselten Blicke. Sie hatten schon am Abend mehr oder weniger entschieden, von dem Plan, Shylah auf die „Nonnenschule“ zu schicken, abzurücken. Alexandra hatte anfangs noch fest damit gerechnet, Shylah das erste oder zweite Jahr so oft als möglich nicht mit dem Bus fahren zu lassen. Zudem war auch ihnen bekannt, dass der Anspruch dort recht hoch war. Nun, so wie die Dinge lagen, würde niemand von ihnen beiden Zeit und Kraft haben, Shylah mit der nötigen Aufmerksamkeit in all diese Dinge einzuführen. Doch sie waren sich einig gewesen, dass die Bildung des Kindes nicht unter den momentan so schwierigen Umständen leiden dürfte. Da ihnen Frau Andresen nun aber so deutlich versichert hatte, dass die ALS ebenfalls eine gute Schule sei und Shylah durch deren Besuch keinerlei Nachteile, eher sogar Vorteile entstünden, fiel beiden die Entscheidung leicht.
Frau Andresen lächelte, als Moritz ihr mitteilte, dass Shylah nach den Sommerferien mit ihren Freunden zur ALS gehen sollte.
Sie holte das Anmeldeformular hervor und legte es auf den Schreibtisch.
„Füllen Sie es rasch aus“, sagte sie. „Die Fristen sind eigentlich schon fast vorbei, aber ich weiß, dass es ohnehin zwei Gymnasialklassen geben wird und noch genug Plätze vorhanden sind. Noch ein Vorteil übrigens, beide Klassen werden klein und überschaubar sein, während die anderen Gymnasien oft Klassen mit über fünfundzwanzig Schülern haben.“
Moritz lächelte und steckte den Bogen in seine Jackentasche.
„Vielen Dank, Frau Andresen.“
Auch Alexandra rang sich ein Lächeln ab.
Gemeinsam gingen beide nach unten und stiegen ins Auto. Moritz lächelte seiner Frau zu.
„Und, Schatz? Wollen wir schon nach Hause? Oder etwas essen gehen? Oder vielleicht am Haus vorbeifahren?“
Doch Alexandra schüttelte den Kopf. „Nein, Moritz, danke… es ist nett, dass du fragst. Aber ich bin so furchtbar müde. Ich muss mich hinlegen.“
Sie bemerkte den frustrierten Blick ihres Mannes. Ihr traten die Tränen in die Augen.
„Ach Moritz“, sagte sie langsam. „Gib mir noch etwas Zeit, ja? Bald werden die Medikamente sicher wirken und dann… dann bin ich auch wieder für euch alle einsatzfähig... und komme wieder zur Arbeit und...“
Moritz griff nach ihrer Hand. „Ist gut, Schatz“, sagte er aufrichtig. „Lass dir alle Zeit der Welt. Ich liebe dich und bin für dich da. Wir alle sind für dich da, auch deine Kinder.“
Alexandra lächelte schmerzlich. „Ich weiß“, sagte sie. „Und du und die Kinder, ihr seid auch alles, was mich noch aufrecht hält.“
Sanft beugte Moritz sich zu ihr und küsste sie.
Dann warf er den Motor an und fuhr nach Hause, wo ihn sicher schon Shylah nervös erwartete, um zu erfahren, welches Schicksal sie für sie gewählt hatten.
Fortsetzung folgt.