Beiträge von Innad

    Alexandra seufzte und wischte sich über die feuchten Augen. Sie fühlte sich so leer und müde und schwach, sie wusste nicht, wie sie es morgen schaffen sollte, diesen Termin zu überstehen, zumal er ihr bei allem, was sie gerade beschäftigte, lapidar und unwichtig vorkam.



    „Wir müssen uns heute Abend darüber unterhalten, wie wir entscheiden“, sagte Moritz sanft. „Aber vielleicht solltest du dich erstmal etwas frisch machen und ich mach uns ein paar Brote.“
    „Wo ist Devin?“, wollte Alexandra wissen.
    „In seinem Zimmer, er büffelt für die Mathearbeit morgen“, antwortete Moritz. „Wenn er sich anstrengt, schafft er sicher eine Zwei.“
    Alexandra nickte. „Natürlich strengt er sich an“, sagte sie dann.
    Moritz zuckte mit den Schultern. „So selbstverständlich ist das nicht. Der Junge hat eine grausige Einstellung zum Lernen und zur Arbeit, findest du nicht auch?“



    „Du siehst das zu eng“, erwiderte Alexandra müde und holte sich frische Kleidung aus dem Schrank. „Ich zieh mich schnell um, dann komme ich.“
    Moritz sah ihrer inzwischen schon fast nicht mehr schlanken, sondern regelrecht dürren Gestalt nach, wie sie im Bad verschwand. Er seufzte. Sein Blick fiel auf den Möbelkatalog auf dem Nachttisch. Dieser lag dort seit etwa vier Wochen unberührt. Seine Gedanken schweiften zu dem Haus, das sie kurz vor dem Tod seiner Schwiegermutter gekauft hatten. Es wartete nur darauf, eingerichtet und bezogen zu werden. Doch im Moment war dies undenkbar.



    Es war ein strahlend schöner Nachmittag, doch Alexandra schirmte ihre Augen gegen die Sonne ab. Das Licht war ihr zu grell, verstärkte ihre Kopfschmerzen und machte sie noch müder als sie ohnehin schon war. Die Tabletten, die ihr der Arzt verschrieben hatte, schienen noch nicht richtig zu wirken, denn immer noch fühlte sie sich schlapp, müde und gereizt.
    Moritz stieg aus dem Wagen und sie folgte ihm durch den Schulhof.


    Gemeinsam gingen sie die Treppen des Schulgebäudes hinauf in das Klassenzimmer Shylahs, wo bereits deren Lehrerin, die sie seit der dritten Klasse hatte, auf sie wartete.
    Frau Andresen lächelte freundlich, als die beiden das Zimmer betraten, schüttelte ihnen die Hand und bat sie, Platz zu nehmen.
    „Schön, dass Sie es einrichten konnten“, sagte Frau Andresen und blickte Alexandra lange an. „Noch einmal mein herzliches Beileid, Frau Schuhmann.“



    Alexandra nickte, erwiderte jedoch nichts, außer einem leisen „Danke…“, so dass Frau Andresen das Thema nicht weiter erörterte, sondern sofort sagte: „Ich bin froh, dass wir diesen Termin nun hinter uns bringen, denn die Zeit drängt. Haben Sie sich schon entschieden, auf welche Schule Shylah nach der Grundschule gehen soll?“
    Moritz warf Alexandra einen Blick zu, doch diese schwieg, so dass er erwiderte: „Nun, wir haben einige Möglichkeiten in Betracht gezogen… bis vor einigen Wochen waren wir noch recht sicher, dass das Mädchengymnasium für Shylah sehr geeignet wäre.“



    Frau Andresen nickte langsam. „Ja, da könnten Sie recht haben. Allerdings ist Shylah ein sehr aufgeschlossenes Mädchen, sie plappert gerne“, sie lächelte sanft „, und manchmal zugegebenermaßen auch zu viel, aber das ist nur Ausdruck ihrer Fantasie und ihrer Lebendigkeit. Das Mädchengymnasium würde ihr bestimmt die Möglichkeit geben, viele Freundinnen zu finden, allerdings sind die Erwartungen an die Schüler auch sehr hoch. Nicht, dass ich mir leistungstechnisch Sorgen machen würde, was Shylah angeht. Sie kommt gut mit, versteht den Stoff in fast allen Fächern recht schnell und arbeitet fleißig und konzentriert. Aber ich denke, wenn Sie zu sehr unter Leistungsdruck steht, wird ihr das nicht gut tun.“
    Moritz nickte langsam. „Nun… das heißt, Sie raten uns davon ab?“
    „Nicht unbedingt. Ich habe nur die Vor- und Nachteile erläutert“, erwiderte die Lehrerin und lächelte verbindlich. „Sie müssen auch bedenken, dass fast alle Schüler notentechnisch erst einmal einknicken, wenn sie auf die weiterführenden Schulen geschickt werden. Sowieso jene, die aufs Gymnasium gehen. Leider schafft unser Schulsystem den Übergang nicht so langsam und stufenweise, wie es für die Kinder von Nöten wäre.“



    „Das heißt, Sie denken, Shylahs Noten würden in den Keller gehen am Mädchengymnsium?“, mischte sich Alexandra jetzt ein. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Sie ist so fleißig und hat einen gewissen Ehrgeiz. Wenn ich mit ihr übe, will sie alles so oft machen, bis sie es zumindest fast ganz richtig kann.“
    Frau Andresen nickte. „Ja, Shylah ist fleißig. Ich bezweifle auch nicht, dass sie es an dem Mädchengymnasium schaffen würde. Letztlich haben ohnehin alle Gymnasien mehr oder minder einen Standard. Und ich halte Shylah durchaus geeignet fürs Gymnasium.“
    Moritz nickte und sagte dann: „Ohnehin haben wir unsere Meinung etwas geändert. Shylah bedrängt uns seit Wochen, auf die ALS gehen zu dürfen, weil viele ihrer Freunde dorthin wechseln. Wir sind davon nicht angetan. Wie ist Ihre Meinung dazu?“



    Frau Andresen schwieg einen Moment und sagte dann langsam: „Ich kann über die Astrid Lindgren Schule nichts Schlechtes sagen. Meine persönliche Meinung ist viel mehr, dass sie wesentlich besser ist als ihr Ruf. Die gymnasiale Stufe dort unterliegt genau denselben Standards und Anforderungen wie ein richtiges Gymnasium. Was ich entscheidend finde, ist, dass tatsächlich fast meine ganze Klasse auf diese Schule wechselt, und Shylah auf diesem Wege ihre Freunde nicht verlieren würde. Das ist auf jeden Fall ein Punkt, der für diese Schule spricht.“

    Kapitel 11




    Moritz öffnete langsam und vorsichtig die Tür zum Schlafzimmer.




    Es war dunkel darin und still. Er seufzte und warf einen Blick auf die Uhr. Sieben Uhr abends, und Alexandra lag wie so oft in letzter Zeit schon wieder im Bett. Oder immer noch? Er konnte es nicht mit Gewissheit sagen. Aber ein Blick in die Wohnung ließ ihn das Gegenteil vermuten. Es war sauber und aufgeräumt. Wie immer.
    „Schatz, wach auf. Ich bin zu Haus“, raunte er seiner Frau leise zu und knipste das Licht an. Brummelnd richtete Alexandra sich in den Kissen auf, rieb sich die Augen und sah Moritz einen Moment verständnislos an.



    Dann erhob sie sich langsam, schwankte einen Moment wie schwindelnd und ließ es dann zu, dass ihr Mann sie sanft zur Begrüßung küsste.
    „Wie geht es dir?“, fragte er besorgt und musterte die schmalen Gesichtszüge seines Gegenübers, die roten Augen, unter denen sich deutliche Schatten gebildet zu haben schienen.
    „Sehr gut“, erwiderte Alexandra spöttisch und als sie den skeptischen Blick ihres Mannes bemerkte, schauderte sie und begann zu weinen. „Wie schon“, schluchzte sie. „Was erwartest du denn von mir? Was erwartet ihr nur alle von mir?“
    Sanft zog Moritz sie in seine Arme und ließ sie einen Moment weinen, ohne etwas zu sagen. „Schatz, beruhige dich“, sagte er dann langsam. „Es ist ja alles gut. Warst du heute Morgen beim Arzt?“
    Alexandra nickte. „Er hat mir neue Tabletten verschrieben.“



    Moritz seufzte. „Und du willst wirklich nicht überlegen, seinem Rat zu folgen und einen Therapeuten zu suchen?“
    Alexandra funkelte ihn an. „Hör auf mit diesem Mist, Moritz Schuhmann!“, zischte sie. „Du warst noch nie bei so jemandem! Ich brauche nicht wieder so einen Quacksalber, der mir nur sagt, ich solle dich und den Rest meiner Familie verlassen, um das alles in Ruhe und für mich zu verarbeiten! Mit solchen Ratschlägen ist mir nicht geholfen!“
    Sie befreite sich aus seiner Umarmung, warf einen Blick in den Spiegel und stöhnte.
    „Ich sehe furchtbar aus“, stellte sie fest und schon wieder begannen ihre Schultern zu beben.
    Moritz wusste nicht recht, was er sagen sollte und trat wieder an sie heran. „Komm Schatz, das wird schon wieder werden“, tröstete er sie. „Mach dir nun keine Gedanken darum, wie du aussiehst. Deine Mutter ist erst vier Wochen tot. Es ist normal, dass du trauerst.“
    Alexandra nickte schniefend. „Ich vermisse sie so sehr“, hauchte sie dann. „Hätte ich sie doch nur nicht alleine zu dieser Untersuchung gehen lassen.“
    „Aber Schatz, du hättest nichts ändern können“, versicherte Moritz ihr zum hundertsten Mal, doch Alexandra schüttelte den Kopf. „Ich wäre da gewesen“, sagte sie dann. „Ich hätte ihr beistehen können.“



    „Schatz, sie war nicht einmal mehr bei Bewusstsein nachdem es geschehen ist…“, erklärte Moritz vorsichtig. „Das weißt du doch. Der Arzt hat es gesagt!“
    „Dieser Arzt! Dieser Arzt!“, schnaubte sie wütend. „Diese Ärzte allgemein! Sie haben Mama auf dem Gewissen!“ Sie sah Moritz an. „Ich hab mit Franziska telefoniert! Sie will Einsicht in alle Akten! Sie möchte wissen, ob wir das Krankenhaus verklagen können! Diese Weißkittel sollten dafür büßen, sie getötet zu haben! Nichts anderes war es!“




    Moritz strich Alexandra beruhigend über den Rücken. „Schatz, es war ein Unfall… jeder Eingriff birgt dieses Risiko…“
    „Ja, ich weiß“, sagte Alexandra mit dünner Stimme. „Aber wieso muss es ausgerechnet Mama treffen?“ Sie verzog das Gesicht. „Es kann doch nicht sein, Moritz, dass so etwas unbestraft bleibt! Und nun komm mir nicht damit, dass es ohnehin Darmkrebs war! Mama war rüstig und voller Lebensmut! Sie hätte ihn bestimmt besiegt! Es war nur ein kleines Geschwür, das hat man uns doch gesagt! Sie würde noch leben, sie würde vielleicht noch zehn Jahre leben!“
    Moritz wusste nicht recht, was er sagen sollte. Sie hatten dieses Thema schon so oft durchgekaut. Er war selbst fassungslos darüber, wie alles abgelaufen war im Krankenhaus.




    Hatte seine Schwiegermutter sich doch mehr oder minder nur zu einem Routineeingriff begeben. Natürlich wusste man über die Risiken solcher Behandlungen. Man wusste auch, dass bei jedem dieser Eingriff ein prozentualer Ansatz an „Unfällen“ geschah. Doch das waren bisher nur Zahlen auf dem Papier gewesen… jetzt waren sie es nicht mehr.
    Auch für ihn war es schwer zu akzeptieren, dass man dies nicht unterbinden konnte. Aber Ärzte waren nun einmal nur Menschen, auch wenn alles danach aussah, als sei bei seiner Schwiegermutter wirklich mehr als das normale Maß schiefgegangen. Dennoch – all der Ärger, die Wut und der Streit konnte sie nicht mehr zum Leben erwecken. Dass Franziska ihre Trauer im Gegensatz zu Alexandra, die seither in tiefe Depressionen und größten Kummer versank, durch Wut und Streitsüchtigkeit zu kompensieren versuchte, machte das ganze nicht einfacher.
    Alexandra hatte inzwischen wieder zu weinen begonnen und Moritz strich ihr hilflos über den Rücken.




    Er wusste, wie sie sich jetzt fühlte. Er selbst hatte vor Jahren seinen Vater bei einem Unfall verloren. Auch er wusste, wie ungerecht das Leben sein konnte. Sein Vater war an einem regnerischen Abend auf der Bundesstraße unterwegs gewesen, er hatte noch Einkäufe getätigt, als ein junger Fahrer zum Überholen ansetzte. Sein Vater riss das Lenkrad herum, schlitterte, kam von der Straße ab und fuhr mit hoher Geschwindigkeit in den Graben, wo er sich dreimal überschlug. Die Verletzungen waren zu schwer gewesen, als dass man noch etwas für ihn hätte tun können. Moritz wusste, wie verführerisch der Gedanke sein konnte, irgendjemanden zur Rechenschaft ziehen zu wollen, in der wahnsinnigen Hoffnung, den Verlust so erträglicher zu machen. Der Fahrer, der zum Überholen angesetzt hatte, war damals zu einer Geldstrafe und einigen Monaten Führerscheinentzug verurteilt worden. Eine lächerliche Strafe in Relation zum Verlust, den seine Tat mit sich gezogen hatte. Selbst heute stach es Moritz noch tief in die Brust, wenn er daran dachte. Doch irgendwann würde auch Alexandras Schmerz weniger werden, dessen war er sicher. Auch bei ihm war es so gewesen.
    „Komm, Schatz“, flüsterte er. „Beruhige dich. Ich hab Shylah mitgebracht. Sie hat schon bei Christina gegessen und ist jetzt in ihrem Zimmer.“



    Alexandra sah auf. „Wie… wie geht es ihr?“, fragte sie.
    „Es geht ihr gut“, beruhigte Moritz sie. „Es ist alles in Ordnung. Sie ist nur sehr aufgeregt wegen dem Gespräch mit ihrer Lehrerin morgen.“
    Verständnislos sah Alexandra ihn an. „Welches Gespräch?“
    „Aber Schatz, das weißt du doch. Morgen ist das Gespräch in der Schule. Wir müssen uns jetzt endlich entscheiden, wohin Shylah nach den Sommerferien gehen soll. Die Fristen sind eigentlich schon alle abgelaufen. Aber aufgrund der besonderen Umstände ist das wohl in Ordnung.“

    Alexandra verzog das Gesicht. „Oh nein! Morgen ist das schon? Moritz, ich kann nicht…“
    Moritz sah sie streng an. „Alexandra! Ich weiß, du machst viel mit zurzeit. Aber es geht um Shylahs Zukunft! Wir müssen jetzt eine Entscheidung treffen, und zwar wir beide!“

    Die arme Alexandra ist echt desorientiert... steht da aber auch der blöde Briefkasten im Weg herum... sowas!



    Moritz begegnet seiner Vergangenheit... sind wir nun in "Back to Future?" *lach*



    Und hier ist er wieder .... wir hätten ihn ja klar schon vermisst, oder? Und noch dazu ist er heute sehr schlecht gelaunt... ob er inzwischen wohl sauer ist, dass wir uns hier über ihn amüsieren, der Hr. Humble? Und wieso kommt er überhaupt schon wieder, wo er seinen PC in der Schule bereits ablieferte, als Shylah eingeschult wurde




    Also, was ist denn in Christinas Mutter gefahren? Läuft vorbei, haut die Tonne um und tut, als wär nix geschehen...






    So, das war´s dann auch für heute mit den Outtakes!

    Ich habe keine Ahnung, was Alexandra dazu veranlasst hat, so ein Gesicht zu machen, aber ich fand´s witzig




    Huch, ist Moritz schon ein Geist, dass er durch Türen gehen kann, wenn auch nur stückweise??




    Mal wieder ist kein Klo verfügbar... der arme Opa...




    Und das makabe daran ist, dass ein paar Meter weiter eine eigentlich gar nicht mehr unter den Lebenden weilenden Oma dasselbe Problem hat




    Nun ja... Oma ist wohl doch noch sehr lebendig und fängt einfach mal mit einem Besucher eine Partie "Fangen spielen" an *schock*



    Was diese gute Dame gemacht hat, kann ich echt nicht sagen... ist das nicht irgendso eine Fahrerin???



    Alexandra soll Moritz küssen... das stößt wie man unschwer sieht auf rege Begeisterung (der Ton dazu war übrigens "brrrr....bähhh")




    Das kommt davon, wenn man mehrmals dieselbe Person als Sim erstellt... da rennen sich plötzlich alle über den Weg


    Jane: :) Ich finde es ja toll, wie Du Dich in die Geschichte hinein fühlst. Trotzdem muss ich Alexandra weiterhin die Stange halten. Und nicht, weil ich eine allzu große Sympathie für sie als Sims-Figur entwickelt hätte, nein, sondern viel mehr, weil ich denke, dass viele Züge der Geschichte sehr nah am Leben sind und in der ein oder anderen Familie mit Sicherheit so oder ähnlich auch passieren (ich finde, das ist ein ganz anderes Ding als *tiefer*, was für mich viel mehr einfach nur eine "Geschichte" ist als diese hier).


    Und genau das, was Du ansprichst, ist eigentlich auch schon eines der großen Themen hier in der Story... nämlich die Frage, warum ist Alexandra so? Du sagst, Du tippst darauf, dass sie ein traumatisches Erlebnis hatte. Josijuas Vermutung der Depression trifft natürlich zu, sie war ja auch schonmal beim Arzt deswegen. Nun vergesst bitte nicht, dass diese Geschichte rückblickend erzählt ist. In der aktuellen Zeit ist Shylah erwachsen, wie erwachsen hab ich noch nicht verraten, aber zumindest so erwachsen, dass die Dinge, die wir gerade miterleben dürfen schon gut über 10 Jahre oder sogar noch um einiges mehr zurückliegen müssen. Nun sind Depressionen und psychische "knackse" heute etwas, für was die Leute weitaus mehr Verständnis aufbringen als vor 10-20 oder gar 30 Jahren. Damals war die Kenntnis gerade auch bei stinknormalen Allgemeinmediziniern auch nicht so gut wie heute. Und es gab wesentlich weniger Psychologen, die mit noch ganz anderen Methoden arbeiteten.


    Ich will Alexandra damit nicht verteidigen, denn ich finde es ja selbst nicht richtig, wie sie sich verhält. Ich will nur erklären, wieso es für sie nicht so einfach ist sich zu helfen. Nun mal wieder zu der traumatischen Sache. Das finde ich ganz wichtig. Denn ich kann schon eines verraten - wir werden hier keine hochgradig traumatischen Entdeckungen mehr in Alexandras Vergangenheit entdecken, im Sinne von Tod, Unfall, Vergewaltigung oder sowas in der Art. Denn genau darum geht es mir auch: zu zeigen, dass manche Menschen auch ganz "ohne" diese im Allgemeinsinn für Depressionen und schwierige Charakterzustände als "Auslöser" geltende Dinge eben depressiv, nervenkrank oder einfach psychisch labil sein können.


    Man sagt ja auch gerne: "Kleinvieh macht auch Mist" und ich denke, das trifft es bei Alexandra. Vielleicht hatte sie eine nicht so leichte Kindheit, dann der Stress mit Moritz, die Überforderung durch die Kinder, die ständigen Krisen in ihrer Ehe... manche Menschen sind so labil, dass allein das schon reicht, um sie völlig aus dem Takt zu bringen.


    Dass Menschen, die einen schweren Unfall oder ein furchtbares Ereignis hinter sich haben, aus dem Takt kommen, ist für jeden nachvollziehbar. Aber manche sind auch genetisch dazu veranlagt, einfach schnell depressiv zu werden... scheinbar ohne "jeden" wirklichen grund.


    Hihi, nun will ich mich hier aber nicht in Rage reden. Letztlich ist Alexandras Verhalten NATÜRLICH nicht richtig. Sie und Moritz machen sehr, sehr viel falsch (wobei ich nicht weiß, ob es eine Familie auf dieser Welt gibt, die nicht viele Fehler macht... wahrscheinlich nicht) und Shylah, die auch sehr sensibel ist, kriegt da natürlich die volle Breitseite ab.


    Sie wird eigentlich irgendwie ganz oft immer übersehen und niemand denkt so richtig an sie. So ist sie also in der Kirche mit da hinein getapst, ohne dass es jemand wirklich bemerkt hat. Auch jetzt, wo ihre Eltern nicht da sind, wird sie schnell zur Seite geschoben. Auch Devin sieht sie nicht, ergreift die Flucht (und ich kann hier sagen, dass er das durchaus freiwillig tat, so hab ich es zuminedst angedacht... er wurde also nicht abgeschoben, sondern hat sich verkrümelt... für einen 17-18jährigen find ich nicht unbedingt verwerflich und nachvollziehbar... er will wohl seine Ruhe haben, um ebenso mit seiner Trauer umzugehen).


    Franziska und Günther sind für Alexandra und Moritz zwar an der Kirche in die Presche gesprungen, aber danach sind auch ihnen die Ideen ausgegangen. Franziska hat mit Shylah natürlich nicht sooo viel zu tun, durch die Entfernung, und evtl ist da eine gewisse Befremdung. Letztlich ist sie selbst ja auch in Trauer und evtl ist ihr das alles einfach zu viel und die für sie einfachsteu nd beste Lösung ist es, Shylah in eine vertraute Umgebung zu bringen. Natürlich hast Du recht,d as funktioniert nicht. Shylah ist kein Kleinkind, das man mit Spielen ablenken kann. Sie trauert, sie braucht nun ihre Familie. Irgendjemanden. Und wenn sie nur bei Opa geblieben wäre, wenn sie nur still beieinander gesessen hätten. Sie wird mal wieder übergangen und letztlich ist jder mehr mit sich beschäftigt als mit ihr.


    So, das war mal ein langer Re-Kommi *lach* Danke auch für Deinen leidenschaftlichen langen Kommi!




    Rivendell
    : Ja, das stimmt, da würde niemand geboren werden. Aber Shylah ist vermutlich eh schon so fertig, dass das Geschwätze vom Pfarrer sie ganz verschüchtert. Zumal sie ja auch gar nicht so viel in der Kirche istu nd das ganze sicher etwas unheimlich erschien.
    Mit dem Film hast Du recht *zwinker* an den musste ich dabei nämlich denken!
    Danke für deinen Kommi




    wawuschel:
    Oh, Sommergrippen sind gemein und übel! Ich hoffe, es geht Dir wieder besser!
    Ja, Du hast natürlich recht. Ich kann es nachvollziehn, dass Moritz mit ALexandra ins Krankenhaus wollte. Aber ich glaube, es wären doch noch 2 Minuten Zeit gewesen, sich um Shylah zu kümmern. Oder Franziska hätte sich halt kümmern müssen. Ich habe ja bei Jane schon geschrieben, sie war wohl auch etwas hilflos und ihr erschien die "Freundin"-Lösung die simpelste.
    Danke auch für Deinen Kommi! (den ich gar nicht kurz fand)



    Lidsi:
    Hihi, ja das wäre was, wenn der Pfarrerr mal verschwindet. Ich meine, er ist ja auch nur ein Mensch mit ebenso dringenden Bedürfnissen. A
    Nun zur FS selbst, danke für Dein Kompliment. Ich fand sie auch sehr traurig, das Schreiben ist dann irgendwie auch regelrecht bedrückend, aber nun ja...
    Ich denke auch, Devin hätte sich um Shylah kümmern können, und wenn er nur mit ihr nach Haus gegangen wäre und sich dort jeder von beiden ins Zimmer verkrümelt hätte. Evtl wäre es für Shylah schon tröstlicher gewesen, einfach in ihren vier Wänden zu sein, als bei Christina, die ihre Trauer wahrscheinlich auch nicht so recht verstehen kann, da ihr noch nichts ähnliches passiert ist...
    Aber leider ist auch Devin wohl eher derjenige, der sich zurück zieht... er hat es sicher nicht böse gemeint.
    Alva mag ich übrigens auch. Und keine Angst, Du hast nichts überlesen. Bisher weiß man noch sehr wenig darüber, wer sie ist... :)
    Danke für deinen Kommi!




    Nerychan: Ich finde es sehr spannend, wie ihr als Leser unterschiedlich reagiert und euch mit den Figuren identifziert. Die einen manchen Moritz, die anderen Alexandra, manche die Tante und den Onkel verantwortlich. Ich find das echt interessant. Ich denke, Moritz hat da schon einiges versäumt, dass er aber bei seiner Frau bleiben will in dieser bedenklichen Situation, kann ich verstehen, und ich denke auch, sie braucht ihn, mehr noch als die Schwester (wir wissen ja nicht, wie gut deren Verhältnis letztlich ist). Ich denke also nicht unbedingt so, dass Moritz zwingend bei den Kindern hätte bleiben müssen, er hätte nur daran denken müssen, zu organisieren, dass die nicht völlig sich selbst überlassen bzw. betreuungshalber abgeschoben werden.
    Aber da ist wohl auch alles zu schnell gegangen, als dass er da wirklich reagiert hätte. Und ja, vielleicht ist Moritz da ein wenig der Stiefel, aber es gibt ja nie jemanden, der alleinig schuld ist... wenn man überhaupt von schuld spricht.
    Ich denke, da hat jeder seinen Anteil dran. Außer vielleicht shylah. Denn die ist einfach noch zu klein, als dass sie irgendwas damit zu tun hat. Sie leidet einfach nur darunter.
    Und ja, Du hast recht - sie hat einen Schock. Und dieses Ereignis wird sich nie wieder aus ihrem Gedächtnis löschen lassen. Das wird ja auch nochmal deutlich, als Alva sagt, dass sie an jenem Tag aufhörte, Kind zu sein... zumindest ein Stückweit.
    Danke für Deinen Kommi, und ich hoffe, Deine Erinnerungen haben Dich nicht zu sehr aufgewühlt!



    @ALL: Ich denke, heute schaffen wir es zumindest ein bißchen aus der schweren Stimmung der letzten FS heraus. Wie es Shylah mit allem geht, wird dabei erstmal noch nicht verraten, heute wenden wir uns wieder einem ganz anderen Thema zu, dass über den Ereignissen der letzten FS fast in Vergessenheit geriet. Zur Auflockerung werden hoffentlich auch die neuen Outtakes dienen, die mal wieder zahlreich sind. Und ich provoziere sie echt nie ! *lach* Das ist wohl die natürliche Dynamik, wenn man so traurig schreibt, machen die Sims umso mehr Quatsch *gg*

    Nachdenklich betrachtete Tessa die Staffelei, die sie inzwischen an eine Wand geschoben hatte, wo sie wirkte, als gehöre sie schon immer zur Einrichtung. Das erneute Klingeln des Telefons riss sie aus ihren Gedanken.
    „Tessa? Ich bin´s“, klang eine wohl vertraute Stimme an ihr Ohr, als sie den Hörer abgenommen hatte.



    „Jess!“, rief Tessa erfreut aus. „Ich hab gerade an dich gedacht… mehr oder weniger.“
    Jess lachte am anderen Ende der Leitung, was Tessa aufseufzen ließ. Er war offenbar wieder besser gelaunt.
    „Wie geht´s dir?“, fragte sie darum auch sofort. „Besser als die letzten Tage?“
    „Ja“, antwortete Jess ihr und fügte reumütig dazu: „Tut mir leid, dass ich letzten Sonntag so übel gelaunt war.“
    „Ist schon okay“, erwiderte Tessa lächelnd. „Hauptsache, du bist es jetzt nicht mehr.“
    „Schade nur, dass morgen kein Besuchstag ist“, gab Jess zurück. „Aber nächste Woche kommst du doch?“
    „Natürlich“, erwiderte diese schnell und dachte einen Moment über den Besuch ihrer Eltern nach. Dann sagte sie spontan: „Ich muss dich etwas fragen.“



    „Ja? Was denn?“, wollte Jess wissen.
    „Ich… meine Eltern, sie waren gerade hier.“
    „Oh je, gab es Streit?“
    „Nein, nein – gar nicht. Nur… es geht um dich.“
    „Um mich?“, fragte Jess erstaunt. „Was ist mit mir?“
    „Nun… sie… nun, ich weiß gar nicht, wie ich es sagen soll. Also… sie wollen dich gerne kennen lernen. Persönlich.“
    Einen Moment herrschte Stille, dann sagte Jess langsam: „Mich persönlich kennen lernen? Tessa… ich… nun ja, gerne, nur… es ist zurzeit etwas schlecht, einen gemeinsamen Termin zu einem Abendessen zu finden, meinst du nicht auch?“



    „Ja… natürlich, ich weiß“, sagte diese betreten. „Ich… ich weiß auch nicht. Ich dachte, vielleicht könnten sie mal an einem Besuchstag mitkommen?“
    Jess schwieg einen Moment. „Hältst du das für eine gute Idee?“
    Tessa schluckte. „Ich weiß nicht“, sagte sie ehrlich. „Ich weiß nur, dass es von ihnen aus ein wahnsinniger Schritt in unsere Richtung ist, dich kennen lernen zu wollen… und bis du zu Hause bist, kann es noch Wochen dauern.“
    „Ich weiß“, erwiderte Jess nachdenklich. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob das hier der richtige Ort für ein solches Zusammentreffen ist…“
    „Ich bin mir auch nicht sicher“, gab Tessa zurück. „Auf der anderen Seite glaube ich, für dich könnte es sogar einfacher sein, diese Konfrontation noch während der Therapie zu haben, denn dort bist du geschützt. Du hast deine Therapeuten, mit denen du das alles besprechen kannst. Früher oder später wird dieser Punkt ja doch kommen, oder?“



    Jess schwieg einen Moment und sagte dann: „Du hast wohl recht, Tessa. Aber ich habe etwas Bedenken, dass dies ihren Eindruck nicht gerade verbessern wird.“
    „Sie wissen doch schon alles“, warf Tessa ein. „Ich glaube nicht, dass sie deswegen schlechter von dir denken. Vermutlich stellen sie sich das Therapiezentrum sogar etliche Male schlimmer vor… und werden nur positiv überrascht sein. Und wenn es dir zu viel wird, kann man es ja jederzeit abbrechen…“
    „Das stimmt“, erwiderte er. „Ich werde drüber nachdenken, ja? Und mit einem meiner Therapeuten sprechen…“
    „Ja, natürlich“, sagte Tessa schnell. „Mach das unbedingt… es tut leid, Jess.“
    „Was denn?“
    „Dass ich dich damit belaste. Du solltest jetzt nur an dich denken und…“
    Jess unterbrach sie. „Hör auf, Tessa. Das ist das Leben und genau das kommt auf mich zu. Du hast es ja selbst gesagt, irgendwann kommt diese Begegnung auf mich zu, also je früher desto besser.“



    „Stimmt“, pflichtete Tessa ihm bei. „Aber alles zu seiner Zeit, hast du selbst gesagt. Also denk einfach in aller Ruhe darüber nach und sag mir dann Bescheid.“
    „Mache ich“, versprach Jess. „Wie geht es dir sonst?“
    „Mir geht es gut“, antwortete Tessa. „Ich bin nur ziemlich träge.“
    „Wieso denn das?“
    „Ach, das Wetter…“
    „Was denn? Es scheint die Sonne… was will man mehr.“
    „Bei dir scheint die Sonne? Hier nicht. Es ist grau und bewölkt.“
    „Nein, hier scheint die Sonne. Was machst du heute noch? Gehst du heute Abend mit deinen Freunden weg?“
    „Nein“, sagte Tessa. „Heute haben irgendwie alle etwas vor. Ich werde es mir mit einem Buch oder einer DVD gemütlich machen“



    „Wahrscheinlich schlafe ich ohnehin nach zehn Minuten ein“, sprach sie weiter.
    Jess lachte. „So gut wie du will ich es einmal haben! Ich freu mich schon darauf, bald solche trägen, müden Abende mit dir gemeinsam verbringen zu können!“
    „Und ich mich erst!“, sagte Tessa lächelnd. „Ich wünschte, du könntest heute schon bei mir sein, wir würden es uns gemütlich machen, eine Pizza bestellen oder was beim Chinesen…“
    Jess lachte erneut auf. „Oder endlich mal kochen lernen, Tessa. Hier gibt´s weder Pizza noch Chinese, wir müssen uns selbst versorgen und ich sage dir, kochen kann irre entspannend sein!“
    Tessa grinste in sich hinein. „Vergiss es, mein lieber, wenn ich alles lerne, kochen gehört sicher nicht dazu. Umso besser, dass du es kannst, dann ist diese Aufgabenverteilung schon mal geklärt.“
    Wieder hörte sie Jess´ tiefes Lachen erklingen.
    „Wenn es weiter nichts ist!“



    Sie lachte ebenfalls leise auf. „Schade, dass du mir nicht heute Abend schon was kochen kannst. Ich habe richtig Hunger.“
    „Tut mir leid, ich kann dir heute nicht helfen“, sagte Jess bedauernd. „Am besten gehst du jetzt was essen, ich muss ohnehin aufhören. Wir hören uns nächste Woche wieder, ja? Bis dann, Tessa.“
    Lächelnd legte Tessa den Hörer auf und warf einen Blick zum Fenster. Draußen hatte es in feinen Fäden zu regnen begonnen. Müde kuschelte sie sich auf die Couch, schloss die Augen und träumte von Jess, der mit einer Hand auf seiner Staffelei pinselte und mit der anderen Chili con Carne kochte, während sie selbst auf der Couch lag und ihm lächelnd zusah.


    Fortsetzung folgt.

    „Weißt du, Tessa“, begann er dann. „Ich denke, wir haben viel falsch gemacht. Du hältst so sehr zu diesem jungen Mann, und er kämpft sich durch bravourös durch diesen Entzug. Das hat Respekt und Anerkennung verdient.“


    „Ist es nur deswegen? Weil dir sein Durchhaltevermögen imponiert?“, fragte Tessa skeptisch.
    „Nein“, erklärte ihre Mutter da. „Was dein Vater damit sagen will ist, dass wir nicht ungeschehen machen können, was wir versäumt haben. Aber wir können einen Neuanfang wagen. Es hat eine Weile gedauert, bis wir uns an die Vorstellung gewöhnt haben, dass du diesen Mann liebst. Bitte nimm es mir nicht übel, Tessa. Aber ich bin deine Mutter. Natürlich würde ich dir jemand … besseren wünschen, in dem Sinne, dass ich dir jemanden wünsche würde, der einfacher für dich ist. Ich hätte dir einen Mann gewünscht, der für dich sorgen kann, der dir keine Sorgen und Ängste und Schwierigkeiten macht.“
    Sie seufzte. „Aber vermutlich ist das ein Utopie. Und wenn ihr beiden all das durchsteht, auch das, was noch auf euch zu kommt, dann liebt ihr euch wohl aufrichtig. Und eigentlich ist es das, was zählt. Das zu sagen, fällt mir nicht leicht. Aber es ist wohl die Wahrheit.“


    Tessa schluckte und lächelte ihre Mutter liebevoll an. „Das hast du schön gesagt, Mama“, sagte sie dann.
    „Ich habe deinen Vater auch nicht geheiratet, weil er Anwalt werden wollte“, sprach ihre Mutter schließlich weiter und lächelte ihrem Mann zu, was dieser erwiderte. „Natürlich habe ich diese Stellung immer genossen. Auch unser Leben, aber ich hätte ihn nicht verlassen, wenn er seine Arbeit verloren hätte und wir in ein kleines Haus hätten ziehen müssen. Ich denke nur, irgendwann wir man blind und oberflächig, und das ist uns auch passiert. Ich bin nicht glücklich darüber, dass dein Freund diese Vergangenheit hat. Aber da ich nichts tun kann, um dich daran zu hindern, mit ihm zusammen zu sein, werde ich es akzeptieren. Ich habe nur eine Weile dafür gebraucht. Und da dieser junge Mann dich wirklich zu lieben scheint, will ich alles tun, um ihn zu unterstützen… und damit auch dich. Ich will nicht, dass du dich so viel sorgst. Ich will nicht, dass du so viel Kummer hast, Tessa.“ Amanda senkte den Blick und man merkte ihr an, dass es ungewohnt für sie war, so offen über ihre Gefühle zu sprechen.


    Auch Tessa wusste zuerst nicht recht, was sie erwidern sollte. Dann aber drückte sie kurz die Hand ihrer Mutter und sagte: „Danke, Mama.“
    Ihr Vater räusperte sich und sagte: „Ich kann mich dem, was deine Mutter gesagt hat, ausnahmslos anschließen, Tessa. Du bist unsere Tochter, wir wollen nur dein bestes. Damit machen wir sicher nicht immer alles richtig. Aber wir wollen es versuchen. Und was diesen Jess angeht, so glaube ich, er hat einfach nicht die Hilfe erfahren, die ihm zugestanden hätte. Was wir dafür tun können, diesem Burschen wieder auf die Beine zu helfen, werden wir tun. Wenn ihr uns lasst…“
    Tessa sah ihn nachdenklich an und sagte dann: „Papa, das ist wirklich sehr nett und großzügig. Aber Jess hat seinen Stolz. Er wird kein Geld annehmen und auch sonst nichts. Ich weiß nicht einmal genau, ob er nach dem Entzug hierher ziehen wird, vielleicht hat er sogar ein Problem damit, erst einmal hier zu leben, weil er nichts verdient…“


    „Ich kann ihn gut verstehen“, erwiderte ihr Vater. „Aber er muss auch lernen, dass man manchmal Hilfe braucht, um sich zu entwickeln. Man will sich natürlich nicht abhängig machen, aber manchmal muss man das ein Stückweit, sonst kommt man nicht weiter.“
    Tessa nickte. „Ich weiß“, sagte sie dann. „Aber ich verstehe ihn auch. Ich bin jetzt einundzwanzig und will auch langsam auf meinen Füßen stehen, nicht immer von euch abhängig sein…“, sagte sie dann. „Ich überlege, mir einen Job zu suchen…“
    „Das ist löblich“, sagte ihr Vater zu ihrer Überraschung, denn sie hatte mit Protest gerechnet. „Ich kann dich gut verstehen, ich wollte in deinem Alter auch nicht mehr von meinen Eltern leben. Vielmehr konnte ich es auch gar nicht, weil sie nicht genug Mittel hatten.“


    „Nun, jedenfalls ist es deine Entscheidung“, sagte ihre Mutter. „Du sollst nur wissen, dass wir dich so lange unterstützen, wie du es brauchst und willst.“
    Tessa lächelte. „Das ist lieb von euch. Danke. Und was die Staffelei angeht, so freue ich mich darüber. Ich denke, Jess wird sie gut gebrauchen können. Und da sie nun einmal hier ist, und ich sie annehmen kann, kann er sie auch nutzen, das stimmt schon.“
    „Das denke ich auch“, stimmte ihre Mutter ihr zu. „Ihr verpflichtet euch zu nichts damit. Wirklich nicht. Nur, Tessa… es gibt da noch etwas, worüber wir mit dir reden wollten.“


    „Und zwar… wir würden Jess gerne einmal persönlich kennen lernen“, sagte ihr Vater direkt. „Es ist schwer für uns, immer über ein Phantom zu sprechen. Wir können uns kein Bild machen, wenn wir den jungen Mann nur durch dich kennen.“
    „Natürlich wissen wir, dass das nicht so einfach ist“, fuhr ihre Mutter fort. „Und wenn es zu viel für ihn ist, dann werden wir auch nicht darauf drängen, natürlich nicht. Wir wollten dir nur sagen, dass wir diesen Wunsch haben. Denkt einmal darüber nach.“
    Tessa schluckte und wusste nicht ganz, was sie erwidern sollte. Sie hatte auch schon daran gedacht, dass sie Jess ihren Eltern irgendwann einmal vorstellen sollte. Aber sie hatte immer damit gerechnet, damit bis nach dem Entzug zu warten. Nur würde der noch etwa ein Vierteljahr dauern. Sie konnte ihre Eltern durchaus verstehen. Sie sorgten sich und machten sich Gedanken. Es wäre viel leichter für sie, zu wissen, mit wem sie es zu tun hatten.
    Doch für Jess würde eine solche Begegnung viel Aufregung bedeuten. Was, wenn er dem noch nicht gewachsen war? Abgesehen davon hatte er manchmal starke Stimmungsschwankungen. Er war bei weitem nicht immer so gut gelaunt und so einfach und nett wie an jenem Tag, als sie ihn nach dem Entzug zum ersten Mal wiedergesehen hatte. Erst letzten Sonntag hatte er bei ihrem Besuch mal wieder kaum ein Wort mit ihr gesprochen, war übel gelaunt gewesen, so dass sie eigentlich froh war, als dieser Tag ein Ende fand.


    „Ich muss Jess fragen“, sagte sie nach einer Weile schließlich. „Er muss entscheiden, ob er dazu schon in der Lage ist.“
    „Das ist absolut richtig“, pflichtete ihr Vater bei. „Sprecht einfach in Ruhe darüber und sagt dann Bescheid. Wir erwarten ja nicht, dass wir ihn direkt morgen besuchen gehen können. Aber es wäre schon schön, ihn nicht erst kennenzulernen, wenn er hier in unserer Wohnung eingezogen ist.“
    Tessa sah ihren Vater skeptisch an, doch dieser sagte sogleich: „Oh, nein, Tessa, das hat sich anders angehört, als ich es gemeint habe, also bitte leg es jetzt nicht auf die Goldwaage.“
    Tessa nickte langsam. „Ja, ist gut“, sagte sie dann. „Ich werde sehen, was sich machen lässt. Aber ich kann euch nichts versprechen.“


    Sie stand auf, um den Kaffee zu holen und nachdem alle drei sich mit einer Tasse erfrischt hatten und noch ein wenig belanglos geplaudert wurde, verabschiedeten sich Tessas Eltern auch schon wieder und ließen diese nachdenklich zurück.
    Tessa wusste nicht recht, was sie von all dem halten sollte. Ihre Eltern hatten sich zwar durchaus bereits in den letzten Wochen, seit ihrem Gespräch, deutlich in ihrem Verhalten geändert. Hatten sich recht oft nach Jess erkundigt und echtes Interesse gezeigt. Aber sie hatten das Thema nie wieder so intensiv angesprochen wie heute.

    Kapitel 77
    Die Staffelei


    Tessa zog die Beine an, legte den Kopf auf einem der weichen Sofakissen ab und schloss für einen Moment müde die Augen. Es war ein ruhiger Samstagnachmittag. Die Wärme der letzten Tage war gewichen, nachdem es drei Tage fast ununterbrochen geregnet hatte.
    Tessa räkelte sich wohlig auf dem Sofa. Es tat gut, einmal so faul hier herum zu liegen. Nachdem das letzte Wochenende so chaotisch gewesen war. Zwar hatten Feli und sie es noch geschafft, das Referat fertig zu stellen, dafür aber einige Qualitätseinbußen hinnehmen müssen. Noch stand das Ergebnis jedoch aus. Das Klingeln des Telefons riss Tessa aus ihren Gedanken. Seufzend löste sie sich aus ihrer bequemen Lage, stand auf und nahm ab.
    „Hei, Tessalein!“, hörte sie eine weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung. „Bist du zu Hause?“
    „Ja, bin ich… sonst würde ich wohl nicht abnehmen“, stellte diese fest und lächelte. „Was ist los, Mama?“


    „Oh, dein Vater und ich sind gerade in der Stadt unterwegs und würden gerne auf einen Kaffee bei dir reinschneien, wenn es dir recht ist.“
    „Ja, natürlich, wenn ihr mögt“, erwiderte Tessa erstaunt. Es war noch nie vorgekommen, dass ihre Eltern einfach so an einem Samstagmittag vorbei gekommen waren. Sie war sich nicht einmal sicher, ob ihr Vater seit ihrem Geburtstag überhaupt noch einmal hier gewesen war.
    „Das ist toll!“, rief ihre Mutter fröhlich am anderen Ende der Leitung aus. „Wir sind in fünf Minuten bei dir.“
    Tessa legte den Hörer beiseite und sah sich um. Es war etwas chaotisch, aber mit wenigen Handgriffen hatte sie die dreckige Wäsche, die noch achtlos über der Stuhllehne gehangen hatte, ins Schlafzimmer verfrachtet, ihre Lehrmaterialien ordentlich im Bücherregal angeordnet und die benutzten Teller vom Vorabend und dem Frühstück in der Spülmaschine verstaut. Dann setzte sie Kaffee auf.
    Kaum war sie damit fertig, klingelte es auch schon an der Tür und kurz nachdem sie den Summer betätigt hatte, stand ihre Mutter gut gelaunt in ihrer Küche.
    „Hallo Tessa!“, begrüßte diese ihre Tochter und schnupperte in die Luft. „Mh, es riecht schon nach Kaffee.“ Mit diesen Worten zog sie ihre verdutzte Tochter in ihre Arme. „Geht es dir gut?“, fragte sie dabei vorsichtig.


    „Ja, danke“, antwortete Tessa. „Und euch? Alles in Ordnung?“, fügte sie dann misstrauisch hinzu.
    „Aber ja, natürlich“, erwiderte ihre Mutter gut gelaunt und lächelte. „Ich hoffe, wir stören dich jetzt nicht? Hattest du etwas vor?“
    Tessa schüttelte den Kopf. „Nein, ich hab nichts vorgehabt, ihr stört nicht. Wo ist Vater?“
    „Ach, der ist noch unten und parkt den Wagen und kommt dann herauf, er hat etwas dabei, das er ausladen muss“, sagte ihre Mutter und zwinkerte ihre Tochter geheimnisvoll an.


    „Was will er ausladen?“, fragte Tessa und sah ihre Mutter skeptisch an.
    „Mama, du hast doch nicht etwa Möbel gekauft, nur weil ich dir vor zwei Wochen erzählt habe, dass ich renoviere?“
    „Aber nein, Kind, aber nein!“, rief ihre Mutter schnell aus. „Du hast ja schließlich gesagt, du möchtest es diesmal ganz alleine gestalten! Das respektiere ich doch!“
    Tessa war immer noch nicht ganz überzeugt. „Was ist es denn dann?“, wollte sie wissen.



    „Sei nicht so neugierig!“, gab ihre Mutter statt einer Antwort zurück. „Du bist doch kein kleines Kind mehr!“ Sie lächelte. „Nun zeige mir lieber mal dein frisch renoviertes Wohnzimmer! Schon seit mehr als zwei Wochen bist du nun damit fertig, und ich hab es immer noch nicht zu Gesicht bekommen!“
    Tessa nickte und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. „Voilà!“, sagte sie dann nicht ohne Stolz und beobachtete ihre Mutter aufmerksam. Diese sah sich lange um und nickte dann lächelnd.
    „Wirklich gut, Tessa! Es gefällt mir ausgezeichnet“, stellte Amanda schließlich fest. „Diese Farben, einfach wunderbar. Und wie gut du all das miteinander arrangiert hast! Sicher hast du das von mir geerbt!“


    Tessa wollte gerade lächelnd etwas erwidern, als ein Gepolter auf der Treppe beide Frauen ablenkte. Rasch eilte Tessas Mutter zur Tür, um ihrem Mann, der mit einem unförmigen in Papier gehüllten Gegenstand die Treppe herauf kam und keuchte, die Türe aufzuhalten.
    Wenige Minuten später stand das lange verhüllte Teil in Tessas Wohnzimmer und ihr Vater sagte augenzwinkernd: „Mach es mal auf, Tessa!“
    Gespannt ging diese darauf zu und riss dann das Papier mit einem Ruck ab. Zum Vorschein kam eine wunderschöne Staffelei aus hellem Holz.
    Verwirrt stand Tessa vor ihr und starrte erst sie, dann ihre Eltern an. „Was… was soll ich damit?“, fragte sie verwirrt.


    Lächelnd sah ihr Vater sie an und sagte dann: „Das ist nicht für dich, Tessa. Das ist für Jess.“
    Erstaunt sah Tessa ihren Vater an und wiederholte dann: „Für Jess?“
    „Ja, für Jess“, fiel ihre Mutter nun ein und blickte die Staffelei an. „Du hast uns doch neulich davon erzählt, wie gut er malen kann und dass er darin immer besser wird. Wir haben uns unterhalten und denken, das ist ein Talent, das gefördert werden sollte, sobald er entlassen ist. Und dazu braucht es vor allem Materialien.“
    „Die nicht immer günstig sind“, ergänzte Tessas Vater. „Darum haben wir uns entschieden, ihm eine Staffelei zu kaufen, sozusagen als Starthilfe für sein, für euer neues Leben!“



    Tessa traute kaum ihren Ohren und ging verblüfft um die Staffelei herum. Sie war aus robustem Holz gearbeitet und sicher nicht günstig gewesen.
    „Aber…“, stammelte sie. „Aber ich glaube nicht, dass er es annehmen wird. Er ist zu stolz.“
    „Nun, dann sieh es als ein Geschenk für dich. Und wenn das Ding hier in deiner Wohnung herum stehen wird, kann er es ja schließlich benutzen, nicht wahr?“, wischte ihre Mutter die Bedenken beiseite.
    Tessa wusste nicht recht, was sie antworten sollte. „Aber… ich weiß nicht… ich…“
    „Tessa“, sagte ihr Vater da bestimmt. „Er muss es auch nicht annehmen. Es soll nur eine Geste von uns sein. Für euch beiden. Wir haben viel falsch gemacht und wollten euch damit nur zeigen, dass wir euch beide unterstützen.“



    Tessa sah ihn gerührt an. „Woher kommt euer plötzlicher Sinneswandel?“, fragte sie dann.
    „Setzen wir uns“, schlug ihr Vater vor und alle drei machten es sich auf der Couch bequem.

    Ines
    hIHI, ich finde es auch erstaunlich, dass Du daran dachtest und er direkt in der n'chsten FS vorkam *sorrz f[r die Fehler meine Tastatur spinnt gerade
    Ja, ich denke, f[r beide M'dchen ist es gut, dass sie sich austauschen koennen und es stimmt, Niklas hat sich arg veraendert.
    so, bevor ich hier noch mehr Kauderwelsch schreibe, vielen Dank fuer den tollen kommi und es geht heute weiter mit Kapitel 77!

    Hallo Kiara!


    Deine FS waren mal wieder sehr schön und sehr geheimnisvoll! Nun wissen wir also, um welches Buch es sich handelt. Nicht auszudenken, wenn ein solch mächtiger Gegenstand in die Hände Siterius´ fiele! Da kann ich auch nachvollziehen, dass selbst Kenoras Leben dagegen eigentlich "unwichtig" ist, so schlimm es sich auch anhören mag.


    Ich bin jetzt sehr gespannt, was Telorion ausrichten kann, wer er bei seinen Eltern angekommen ist.


    Dass die Wachen in Tina die Prinzessin sehen, wundert mich nicht. Schließlich ist die Ähnlichkeit auf der Hand liegend. Vielleicht spielt das dem Schloss noch einen Bonus ein? Wer weiß. Ich bin echt gespannt, wie es weitergehen wird!

    Die FS haben mir toll gefallen, Nerychan!


    Wirklich gut gelungen ist Dir auch das Kloster und auch die Angst, die Catalina empfunden hat, als sie die schützenden Mauern hat verlassen müssen!


    Oh, ich sehe gerade beim Schreiben, dass Du eine weitere FS gepostet hast, die ich noch gar nicht gelesen habe :rollauge


    Mein Kommi daraufhin kommt dann später!

    Hallo Rivendell!


    Zwei wunderschöne Fortsetzungen hast Du da gezaubert! Ich fand die Episode im Weltall sehr authentisch, wie man sich das so vorstellt eben, sehr spannend und interessant und natürlich gut durchdacht.


    Die Bilder waren wie immer erste Sahne.


    Auch die weite Episode, wo Venus und Xio sich wieder trennten, hat mich sehr berührt. Ich finde, Du hast hier auch so schön noch einmal den Unterschied zwischen den beiden Schwestern deutlich gemacht. Sie mögen "nur" ein gutes Jahr auseinander sein, aber Kim ist ja doch deutlich, deutlich jünger als Venus.


    Venus, die eigentlich viel getroffener ist, bewahrt Größe und ist tapfer, während Kim in typischem Kind-Getue trotzig sagt, dass Xio ja nun wohl nicht gehen darf.


    Dieser Unterschied hat mir sehr gefallen, auch hat er mich sehr berührt.


    Tolle FS!

    Hallo Jane!


    Wie immer eine tolle FS! Besonders beömmelt hab ich mich über dieses Bild:



    :applaus


    Total klasse, wie "schlecht" Frau von Arx angezogen ist. Zum Weglaufen, finde ich!


    So richtig typisch, wie man sich so eine Lehrerin im Schlimmstfall vorstellt.


    Nun aber mal zum Inhalt Deiner tollen FS.


    Ich bin ja erstmal froh, dass sich Enrica und Sophia wieder ein wenig miteinander vertragen haben. Auch wenn ich Enricas Einstellung nach wie vor nicht gutheißen kann. Ich muss da weiterhin Partei für Sophia ergreifen. Ich finde es wirklich alles andere als nett, Sophia Vorwürfe zu machen, von wegen sie habe sich einem verheirateten Mann an den Hals geschmissen. Klar ist da was wahres dran, aber der Mann hätte seinen Hals ja nicht anbieten müssen, ne. Immerhin ist er der Reifere von beiden und ich finde, enrica könnte nach wie vor um einiges sensibler vorgehen und ihrer Freundin nicht auch noch ein mieses Gewissen machen und sie verurteilen, denn das hat sie nicht verdient.


    Das erstmal vorneweg. Übrigens finde ich, Enrica sieht mit der zusammengebundenen Haaren viel hübscher aus als mit den offenen und der Spängelchen Frisur! Ich hätte sie fast nicht wieder erkannt!


    Dann zu "Gabriel" McHoffmann... nun... der ist für mich immer noch der Oberhammer! Sophia einfach so abzuspeisen! Er ist doch Pädagoge, er müsste doch sehen, dass dieses zarte Mädchen ihm mit Haut und Haaren verfallen ist! Dann tut er auch noch so blöd so, als würde er ihr gar nicht aus dem Weg gehen, dabei ist es doch so!


    Ich verurteile übrigens gar nicht, dass er ihr aus dem Weg geht! bei weitem nicht, das find ich sogar ausnahmsweise mal richtig vernünftig, auch wenn ich es vom Verhalten her eher unschön finde, dass er sie nach allem so zur Seite schiebt. Ich finde, er hätte sie in einem passenden Moment zur Seite nehmen und vernünftig mit ihr reden müssen. Ihr klar machen, dass er sich vergessen hat, dass das nie wieder vorkommt, dass er nicht mehr für sie empfindet und dass das alles insgesamt schlichtweg Wahnsinn ist, auf was die beiden da zusteuern! Das KANN nur ins Auge gehen!


    Stattdessen ignoriert er sie, tut so, als wäre es nicht so und zur absoluten Oberkrönung macht er ihr dann noch hoffnungsschürende Versprechungen, ihr zu mailen! Was will dieser Knilch denn nun genau? Ich fürchte, das weiß er selbst nicht! Das ist an sich menschlich und wäre Sophia in seinem Alter könnte ich ihn gar nicht so verurteilen! Aber er hat ihr gegenüber eine gewisse Pflicht. Er ist ihr LEHRER! Er ist nichtmal nur viel viel älter sie, er ist auch noch ihr Lehrer.


    Dass Sophias Hoffnungen nun wieder nach oben geschnellt sind, ist klar. Umso gemeiner von "ihrem Gabriel". Was ich übrigens toll fand, war dass Du uns wieder einen kleinen, kurzen Einblick in dessen Kopf erlaubt hast. Die Stelle, als es ihn heiß durchfährt, weil Sophia "seine Frau" erwähnt, hatte eine unheimliche Aussagekraft, finde ich. Das zeigte nochnmal, dass er sich wirklich nicht klar ist, was er da tut.


    Schade fand ich auch, dass Sophia zu Haus so dürftig empfangen wurde. Das beweist für mich auch noch einmal die extremen Probleme, die in der Familie Winter bestehen. Regula ist wieder einmal am Ende mit ihren Nerven, von ihrer Depression gefangen und kann für ihre Tochter nicht so da sein, wie sie es gebraucht hätte. Zwar ist die zwar kein "kleines Mädchen" mehr, aber ich denke, nach diesem turbulenten Urlaub hätte ihr die mütterliche Wärme sicher unbewusst sehr gut getan. Aber sie hat sie nicht bekommen.


    Clemens ist mal wieder zu sehr in seinen geschäftlichen Dingen verstrickt, wie immer. Und auch ihr Bruder Eric ist nicht wirklich da.


    Gut, dass sie wenigstens mit JAckie weggehen konnte. Auch wenn ich die ja schockierend finde. Wie kann man in so einem jungen Alter nur schon so desillusioniert sein? Natürlich mag sie recht haben, das Leben ihrer Eltern klingt nicht gerade wie aus dem Bilderbuch. Aber das Leben ist nunmal kein Bilderbuch. Es ist keine Lösung, sich wegzuwerfen und zu denken, damit tut man sich einen Gefallen. Ich denke, es wird für Jackie eine Zeit kommen in ihrem Leben, in dem sie diese Phase sehr schwer bereuen wird. Mal abgesehen von den Gefahren, die eine solche Tätigkeit auch heute noch mit sich bringt.


    Sie ist dafür auch zu jung. Nicht gefestigt genug. Ich will mal alle Moralvorstellungen zur Seite schieben und Prostitution einfach mal wertfrei behandeln, auch wenn es mir zugegebenermaßen natürlich eher schwer fällt. Aber ich finde JAckie zu jung dazu. Es ist was anderes, wenn sie sich 10 Jahre später oder auch nur 5 Jahre später zu sowas entscheidet. Gerade mal mit Erreichen der Volljährigkeit ist das absolut zu früh. Ich bin mir bei ihr auch nicht sicher, ob sie sich wirklich schützt. Am Ende sitzt sie einmal mit einer schweren Krankheit oder einem unehelichen Kind da. Und was wird dann aus ihren hochschwebenden Träumen von Geld und Berlin und wasweißichwas?


    Ich bin froh, dass Sophia sich nicht den Kopf von ihr verdrehen lässt und das, was Jackie tut, im Grund nach wie vor klar ablehnt. Irgendwie fällt mir dabei auf, dass ihre Freundinnen ganz schön krass drauf sind und total unterschiedlich. Enrica die totale Moralpredigterin, die da meiner Meinung nach schon zu arg ist, und Jackie der totale Wirrkopf, die Ausbrecherin, die sich selbst mit ihrem Verhalten evtl einmal schaden wird und das Wort "Ethik" und "Moral" wohl nur aus dem Duden kennt, zumindest momentan.


    Sehr interessant, dass Sophia sich zwischen zwei derart gegensätzlichen Charakteren wohl fühlt.


    Nun, ich bin ja mal gespannt, wie es zwischen "Gabriel" und Sophia jetzt wietergehen wird. Wird er ihr schreiben? Oder kommt er zu Hause, wieder im Kreis seiner "Lieben" endlich zur Vernunft ???

    So, jetzt möchte ich Dir doch auch mal antworten! :)


    Eine schöne FS hast Du da gezaubert! Jetzt verstehe ich also auch endlich, was Elias bis dato ja noch unerklärlichen Hass auf Hexen und Druiden ausgelöst hat. Natürlich kann man davon ausgehen, dass es ein absoluter Irrglaube ist, zu denken, die Behinderung seiner Schwester habe etwas mit dem Trank der Hexe zu tun gehabt. Erstens weiß man das "heute" ja besser und ist sich bewusst darüber, dass solche Missbildungen schon lange vorher entstehen und genetisch sind. Wie schön wäre es, wenn man "einfach etwas geben müsste", um so etwas zu beeinflussen, denn dann könnte man es ja auch wieder rückgängig machen.


    Aber in diesem mittelalterlichen Zeitalter denkt man da natürlich noch anders, zumal verkrüppelte Kinder ja zumindest hier in unserem Mittelalter als Kreaturen des Teufels galten :( und ich nehme an, dass es in Turlarea ähnlich empfunden wird.


    Natürlich ist es engstirnig und dumm von Elias, so zu denken.


    Er hat in der Gemahlin des Fürsten nun natürlich endlich die Befürworterin und Subventioniererin gefunden, auf die er nur gewartet hat. Ach, wäre Jorim doch nur noch da und könnte ihm den Kopf zumindest ein bißchen zurechtrücken! :(


    Ich denke, genau das wird es wohl auch sein, was Lina in ihrer Vison gesehen hat. Das, was bevorsteht. Ein Krieg, der Turlarea zerreisen wird. Wie so vieles auf der Welt aus Engstirnigkeit und einer Art Fanatismus erzeugt! Ich hoffe, DU lässt es nicht ganz so weit kommen!!!!


    Natürlich wächst die Spannung von mal zu mal mehr. Ich bin mir auch irgendwie immer noch sicher, dass es bald einmal ein Zusammentreffen zwischen Lina und Elias geben wird. Anfangs dachte ich ja noch, evtl könntest du mit den beiden etwas planen... dass sie schicksalmässig als PAAR verbunden werden. Aber da bin ich mir jetzt nicht mehr so sicher.


    Ich warte einfach mal ab :)

    Tessa gab einen genervten Laut von sich.
    „Du Chaostante!“, fluchte sie. „Mit dir mach ich nix mehr zusammen!“
    „Ach Tessa, nun stänker nicht rum, davon wird´s nicht anders. Komm lieber her! Wann kannst du da sein?“
    „Ich weiß nicht! Ich bin mit Moni in der Stadt! Ich klär es ab und komm dann!“
    „Komm so schnell es geht! Wir haben nicht mehr viel Zeit!“
    „Ach nee… sag nur! Ich seh, was ich tun kann!“



    Entnervt drückte sie das Handy aus und griff sich an den Kopf. „Diese Feli!“, stöhnte sie. Es war pures Glück, dass sie beide letzte Woche schon ungewöhnlich viel vorgearbeitet hatten und das Referat darum fast fertig war. Sonst wäre es nicht im Ansatz möglich gewesen, den Termin jetzt noch einzuhalten. Dennoch fehlten noch einige Angaben und Zusätze, und dies in weniger als vier Stunden zu vervollständigen, auszudrucken, zu binden und abzugeben, glich einem Wettlauf gegen die Zeit.
    Tessa drehte sich um und sah erstaunt, dass Monika und Niklas immer noch angeregt miteinander plauderten.



    Schnell ging sie zu ihnen. „Entschuldigt“, sagte sie. „Feli… diese Chaotin! Moni, ich hab ein Problem!“
    Monika drehte sich zu ihrer Freundin und sah sie erstaunt an. „Du bist ja ganz aufgeregt. Was ist denn?“



    Rasch erklärte Tessa, was geschehen war.
    „Moni, es tut mir leid, aber ich muss sofort los. Ich fahre dich noch schnell zu Haus vorbei und dann direkt zu Feli.“
    Monika jedoch winkte ab. „Ach was, Tessa, lass gut sein. Wenn du erst noch zu mir fährst, hast du doch einen riesigen Umweg. Feli wohnt doch am ganz anderen Ende der Stadt! Oder musst du noch mal nach Haus?“
    „Eigentlich nicht“, gab Tessa zu. „Feli hat alles zu Haus bei sich, was wir benötigen.“
    „Dann mach den Umweg nicht“, sagte Monika entschieden. „Das kostet dich locker eine halbe Stunde, die habt ihr nicht!“
    „Nein, eigentlich nicht… aber wie kommst du nach Haus?“
    „Ach, ich laufe oder ich nehm den Bus, irgendwie geht das schon. Ist doch schönes Wetter!“, beruhigte Monika sie.



    „Wo wohnen Sie denn?“, mischte Niklas sich da vorsichtig ins Gespräch ein.
    „Ganz in der Nähe von Tessa“, antwortete Monika. „Nur ein paar Straßen weiter.“
    „Ich will nicht aufdringlich sein, aber ich kann Sie auch schnell mitnehmen, bin mit dem Auto da und muss ohnehin auch in diese Richtung.“
    Er sah Tessa an und sagte dann wie zu Erklärung: „Ich bin ausgezogen zu Haus, und auch aus dem Studentenwohnheim. Ich wohne jetzt in einer kleinen Wohnung in der Weststadt.“
    „Also genau unsere Richtung“, stellte Monika fest. „Macht Ihnen das auch wirklich nichts aus?“
    „Nicht doch, ich fahre da ja sowieso lang“, sagte Niklas lächelnd.



    Verunsichert blickte Tessa von einem zum anderen. „Macht das wirklich nicht aus?“, fragte sie dann noch einmal.
    „Aber nein!“, riefen beide wie aus einem Mund und lachten dann.
    Tessa zuckte mit den Schultern.
    „Na dann! Ciao, Moni! Die Tüten bring ich dir nachher vorbei, treffen wir uns um acht bei dir?“
    „Ja, gute Idee. Machen wir es so!“
    Sie wandte sich Niklas zu und schüttelte ihm förmlich die Hand zum Abschied.
    „Aufwiedersehen, Niklas.“



    „Ich ruf dich an, ja?“
    „Ja, mach das…“, sagte sie ausweichend. „Ich muss jetzt los, entschuldigt.“
    Und schnellen Schrittes verließ sie den grünen Garten und machte sich auf den Weg zu Feli, um zu retten, was noch zu retten war.






    Fortsetzung folgt.

    Monika begriff nun die betretene Situation, stand auf und schüttelte Niklas lächelnd die Hand. „Hallo, Niklas“, sagte sie jetzt und musterte den jungen Mann genau, der sich unter ihrem wissenden Blick zwar unwohl zu fühlen schien, es jedoch nicht zeigte. „Freut mich, Sie mal kennen zu lernen.“



    Die beiden standen einen Moment schweigend voreinander, dann wandte Niklas sich wieder Tessa zu und sagte: „Du schaust gut aus, Tessa. Wie… wie geht´s dir?“
    Tessa zuckte mit den Schultern und sagte: „Ganz gut. Und dir?“



    Niklas räusperte sich und sagte dann: „Auch gut, danke. Tessa… ich… nun… ich bin ganz froh, dich hier zu treffen.“
    Tessa sah ihn erstaunt an. „Ach ja?“
    „Ja, ich… ich wollte dich schon lange mal anrufen. Oder irgendwie Kontakt aufnehmen. Aber ich hab mich nicht getraut…“
    Tessa sah ihn skeptisch an. „Aha.“
    Niklas seufzte betreten und sagte dann ernst: „Hör zu, Tessa. Es ist einiges schief gelaufen zwischen uns… also ich meine… damals… und… nun… ich find´s schade, dass wir gar keinen Kontakt mehr haben. Es tut mir leid, was ich damals alles gesagt habe, das war so nicht ganz richtig. Ich… naja… ich meine einfach nur… ich fänd´s schön, wenn wir irgendwie wieder miteinander reden könnten.“



    Tessa sah ihn verunsichert an und musste feststellen, dass sie sein offenes Geständnis berührte. Sie musterte ihn langsam. Auch er hatte sich verändert. Seine Haare waren dunkler und länger geworden. Er schien zu trainieren, denn unter seinem engen Shirt sah man deutlich, wie sich die Muskeln abzeichneten.
    Er wirkte reifer, und doch jünger als damals.
    Tessa schluckte und musste zugeben, dass sie nun, da er hier vor ihr stand, spürte, dass sie Niklas trotz allem, was gewesen war, manchmal vermisst hatte.
    Dass er nun so reuig hier stand, war zumindest ein Anzeichen, dass es ihm nicht anders ergangen war. Doch war nicht viel zu viel zwischen ihnen geschehen, als dass man nun wieder „normal miteinander reden könnte“?



    Tessa zuckte mit den Achseln als Antwort. „Niklas… es ist viel passiert“, sagte sie dann. „Ich weiß nicht, ob…“
    Niklas unterbrach sie vorsichtig: „Tessa, ich… ich wollte nur wissen, ob ich dich mal anrufen darf… damit wir uns unterhalten können. Ich möchte dich nicht unter Druck setzen…“
    Tessa nickte. „Ich weiß“, sagte sie dann und lächelte, diesmal ehrlich.
    „Gut, natürlich kannst du anrufen. Du hast meine Nummer noch?“
    Er nickte. „Klar… hab ich nie gelöscht.“
    In diesem Moment fing Tessas Handy lautstark zu klingeln an.
    „Ach je“, sagte die schnell und sah Monika und Niklas an. „Feli… ihr entschuldigt mich.“
    Sie ging einige Schritte zur Seite und nahm ab. „Feli? Was ist los?“, wollte sie wissen und warf einen Blick über die Schulter, wo Monika und Niklas beisammen standen und offenbar zu plaudern anfingen.



    „Tessa!“, krisch eine aufgeregte Stimme am anderen Ende des Hörers. „Du musst vorbei kommen! Sofort!“
    Erschrocken antwortete diese: „Feli, was ist denn los? Nun bleib mal ruhig!“
    „Hauser!“, rief diese nur atemlos. „Das Abgabedatum ist heute!“
    „Was?“ Tessa verstand nur Bahnhof. „Was meinst du denn?“



    „Das Referat! Das Referat!“, schrie Feli in den Hörer.
    „Welches Referat?“
    „Tessa, mach mich nicht irre!“
    „Das bist du schon.“
    „Nein! Ich meine das Referat für Hauser, das wir zusammen machen!“
    „Feli, der Abgabetermin ist erst nächste Woche. Du hast es dir doch aufgeschrieben, 15. Juni.“
    „Nein! Das ist es eben!“, rief Feli am anderen Ende der Leitung atemlos. „Ich hab mich vertan! Ich war vorhin in der Bib, da habe ich ihn zufällig getroffen und er sagte mit gehässigem Grinsen, dass wir schon wissen, dass bis nachher um 18 Uhr das Referat auf seinem Tisch liegen muss, sonst können wir den Schein vergessen!“
    Tessa stieß einen erschrockenen Laut aus.



    „Soll das heißen, wir müssen bis heute Abend alles fix und fertig haben?“
    „Genau das, du Schnellmerkerin!“
    „Aber… uns fehlt noch einiges!“
    „Ich weiß, deswegen ruf ich ja an! Ich bin schon dabei, zu ergänzen, was noch fehlt. Aber allein schaff ich das nicht, du musst herkommen! Wir müssen das Ding unter Dach und Fach bringen, Tessa! Noch ein Semester mit diesem Ekel halte ich nicht aus!“
    „Ich auch nicht“, erwiderte Tessa aufgeregt. „Aber was machen wir jetzt?“
    „Was schon! Du kommst so schnell es geht her! Wir müssen das heute irgendwie fertig kriegen! Es sind nur noch vier Stunden!“
    „Oh Feli, wie hast du das nur durcheinander bringen können!“, rief Tessa ärgerlich aus.



    „Sorry, sorry, tausendmal sorry!“, quiekte es vom anderen Ende der Leitung. „Aber ich hab statt 05. Juni 15. geschrieben! Tut mir leid! Ein Versehen!“

    Schweigend aßen die beiden Frauen auf. Dann rieb Monika sich genießerisch den Bauch und sagte: „Ach, das war gut.“
    Tessa nickte. „Superlecker. Aber jetzt bin ich total voll.“
    „Lass uns ein bisschen die Füße vertreten“, schlug Monika vor.
    Gemeinsam schlenderten beide durch den japanischen Garten und ließen sich dann schließlich müde und satt auf einer der Bänke am Teich nieder.



    „Boah, was für ein herrlicher Tag“, stellte Tessa fest und reckte das Gesicht gen Sonne. „Shopping, gutes Essen, Sonne… was will man mehr“, fügte Monika hinzu.
    Tessa lächelte. „Morgen besuche ich Jess wieder. Ich freu mich wahnsinnig.“
    Monika grinste. „Das glaube ich. Hast du noch mal mit ihm gesprochen?“
    „Ja, gestern. Ihm geht´s ganz gut. Letzte Woche war er ziemlich launisch. Am Telefon, und auch als ich dort war.“
    „Es ist nicht so einfach für ihn“, sagte Monika. „Er ist immer noch süchtig.“
    „Ja, das wird er immer bleiben“, erwiderte Tessa ernst. „Es ist sozusagen eine unheilbare Krankheit.“



    Monika nickte traurig. „Ich weiß. Ich hoffe wirklich für euch, dass ihr es schafft. Alles, was noch vor euch liegt.“
    Tessa sah sie mitfühlend an. „Es ist bestimmt nicht leicht für dich, das alles mit mir und Jess, oder? Ich meine… du hast es dir doch so sehr auch gewünscht für dich und Kevin und…“
    Monika zuckte mit den Schultern und betrachtete ihre Fußspitzen.
    „Ja, es ist nicht immer einfach. Aber ich gönne es euch von Herzen, wirklich. Für Kevin war es einfach zu spät. Es war wohl unser Schicksal. Ich hätte nichts tun können, um es zu verhindern, auch wenn ich lange gebraucht habe, um das zu einzusehen.“
    Sie betrachtete nachdenklich einen Fisch im Teich, der mit seinen großen Lippen nach Fliegen schnappte.
    „Aber ich denke, es wird für mich auch Zeit, damit abzuschließen. Es ist schon so lang her“, sagte sie dann ernst und sah Tessa an. „Das Leben geht weiter.“



    Tessa nickte langsam.
    „Aber geht das so einfach? Damit abzuschließen? Ich meine, mir ist es bei Jess nie gelungen… heute weiß ich natürlich, dass es gut so war. Was wäre gewesen, wenn ich mich Joshua damals geöffnet hätte und Jess nun zurück gekehrt? Ich will gar nicht darüber nachdenken…“
    Monika seufzte. „Brauchst du ja auch nicht. Es kam ja nicht so. Aber die Sache bei Jess war anders. Erstens war es noch nicht so lang her, wie es das bei mir ist. Und dann habe ich Sicherheit. Ich weiß, Kevin wird nie wiederkommen.“
    Nachdenklich beobachtete Tessa zwei Kinder, die auf der anderen Parkseite Seilhüpfen spielten. „Du denkst also, du bist darüber hinweg, kannst es vergessen?“



    Monika schüttelte den Kopf. „Nein. Ich weiß nicht, ob man je darüber hinweg kommt, den Menschen, den man liebt, zu verlieren. Und dann auch noch so… und vergessen kann man es sowieso nicht.“
    Sie streckte ihre Beinen aus, fuhr sich durchs Haar und fuhr dann fort: „Aber abschließen, irgendwie, das kann man damit wohl. Weitermachen, sich davon lösen… in Liebe darin zurück denken, nicht in Gram und Schmerz. Ich glaube, das kann ich langsam.“
    Tessa lächelte. „Das ist schön, Moni.“
    Sie überlegte einen Moment und lachte dann: „Wie wäre es, wenn wir das heute Abend feiern gehen? Ich hätte mal wieder Lust, tanzen zu gehen!“



    Monika zuckte mit den Schultern. „Warum nicht?“
    „Gut, dann kannst du deine neuen Klamotten auch direkt einweihen“, zwinkerte Tessa. „Aber nicht so lange heute Abend, ich will morgen nicht zu spät raus, weil ich zu Jess muss.“
    Moni lachte. „Ihr Studenten! Was ist denn bei dir *nicht zu spät raus*?“
    „Naja… so um zehn oder elf“, lächelte Tessa und Moni lachte hell auf.
    „Tessa? Bist du das?“
    Verwirrt sah Tessa sich um und riss dann die Augen auf, als sie erkannte, von wem diese Frage stammte.
    „Du???“



    Verwirrt blickte Monika von dem jungen Mann, der vor ihrer Bank stand und Tessa betreten anlächelte und ihrer Freundin, die diesen mit bewegtem Gesicht anstarrte, hin und her.
    Schließlich räusperte sich der junge Mann, versuchte unbekümmert zu wirken und sagte: „Lange nicht gesehen…“



    Tessa fing sich und versuchte, ebenfalls betreten zu lächeln.
    „Nun… ja, kann man wohl so sagen…“
    Monika blickte zu dem jungen Mann auf und sah Tessa dann fragend an, da diese ihr Gegenüber jedoch immer noch irritiert lächelnd ansah, ohne sich zu rühren, lächelte auch Monika und sagte schlicht. „Hallo auch.“



    Niklas schien sie erst jetzt zu bemerken und lächelte sie freundlich an.
    „Hallo“, erwiderte er unsicher.
    Tessa derweil hatte ihren Schrecken so weit verwunden, dass sie aufstand und Monika vorstellte: „Monika, das ist Niklas… ein… alter Bekannter aus meiner Schulzeit.“
    Sie spürte, wie sein Blick sie bei diesen Worten traf und schluckte, sagte jedoch fest: „Niklas, das ist Monika, meine beste Freundin.“

    Kapitel 76
    Der Japanische Garten



    Es war ein heller, freundlicher Samstag. Die Junisonne strahlte vom Himmel, es war jedoch nicht zu schwül oder warm, ein kleines Lüftchen umspielte die Blätter der Bäume und in deren Ästen zwitscherten hunderte von Vögeln.
    Tessa und Monika sogen die sommerliche Luft tief ein, als sie die Straße entlang gingen. Es war noch nicht ganz Mittagszeit und in der Stadt waren viele Leute unterwegs, um Besorgungen zu machen. Auch Tessa und Monika hatten sich schon um zehn Uhr zum Shoppen getroffen, denn laut Monika war es dringend Zeit, die Sommergarderobe etwas aufzufrischen.
    Nun waren sie mit ihren Einkäufen fertig, hatten die schweren Tüten in Tessas Auto verstaut und beschlossen, etwas essen zu gehen, denn Shopping machte schließlich hungrig.
    „Es gibt einen tollen Essensstand in dem neuen japanischen Garten“, schlug Monika vor. „Da kann man an der frischen Luft sitzen, es soll toll dort sein. Mein Kollege Adrian hat mir vor ein paar Tagen davon erzählt.“
    „Dann lass uns das doch probieren“, erwiderte Tessa und gemeinsam schlugen sie den Weg zum nicht weit entfernten japanischen Garten ein, der erst vor wenigen Wochen fertig gestellt worden war.


    „Es sieht wirklich toll aus“, stellte Tessa fest, als beide durch das kleine Tor in den Garten spazierten.
    Man hatte hier eine echte grüne Oase mitten im Stadtinneren erschaffen. Große und kleine Bäume reckten ihre Äste gen Himmel, kleine Zierbrunnen plätscherten sanftmütig vor sich hin, asiatische Statuen starrten die Besucher mit weitaufgerissenen Mäulern an, in einem kleinen Teich schwammen Fische und Frösche umher und von dem Essenstand, der mitten zwischen all dem Grün stand, wehte ein verführerischer Bratduft herüber, der den Frauen das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.
    „Hast du auch so einen Hunger?“, fragte Monika lächelnd und sah Tessa an, die in Gedanken versunken neben ihr stand.




    „Ja sicher“, erwiderte diese. „Ich hab nur gerade an den Park der Villa Sonnenschein denken müssen. Da ist es auch so schön grün. Hier in der Stadt sieht man so was viel zu selten. Jess wird das sicher vermissen, wenn er entlassen wird.“
    „Na, dann kannst du ja hierher fahren“, lachte Monika. „Und irgendwann werdet ihr vielleicht vermögend und kauft euch ein Häuschen außerhalb. Deine Eltern wohnen doch auch am Stadtrand und haben Garten, oder?“
    Tessa nickte und lachte dann: „Ja, aber nicht vergleichbar mit dem hier. Sie haben beide keinen grünen Daumen und das meiste macht ein Gärtner ein oder zweimal im Monat, aber sie legen nicht viel Wert auf den Garten. Sind ja eh nie da, um draußen zu sitzen.“
    Monika warf ihr einen Blick zu. „Stänkere nicht schon wieder, Tessa. Lass uns den Tag lieber genießen.“ Tessa lächelte. „Das ist wahr, Moni. Und ich hab Hunger, also komm, probieren wir diesen Asiaten mal aus.“
    Beide gingen zielstrebig auf den Essensstand zu und nahmen auf den Barhockern Platz.


    Rasch hatten beide etwas gefunden und bestellt.
    „Und, Tessa, wie fühlst du dich inzwischen in der neuen Wohnung?“, fragte Monika, während sie den Koch beobachtete, der gekonnt die Zutaten in der Pfanne schwenkte und mit großartigen Gesten Gewürze über das Essen streute.
    „Nun, neue Wohnung ist ja zu viel gesagt“, lachte Tessa. „Aber ich fühl mich pudelwohl nach der Renovierung. Ich bin euch echt dankbar, und auch Joshua. Und was Feli mir erzählt hat, scheint zu stimmen. Er hat Andeutungen gemacht, die in genau diese Richtung gehen.“




    Monika lachte. „Hat es auch gestimmt, dass sie dich für eifersüchtig hält?“
    Tessa schnaubte. „Natürlich nicht! Nun fang du auch noch damit an! Ich hab Jess, wieso sollte ich eifersüchtig auf Joshua sein? Dass er in mich verliebt war, hat unsere Freundschaft die ganze Zeit unglaublich belastet.“
    „Joshua ist schon ein besonderer Kerl“, erwiderte Monika. „Es ist selten, dass man es nach so einer Sache schafft, befreundet zu bleiben. Ohnehin ist es selten, dass sich Mann und Frau befreunden.“
    Tessa nickte und dachte an Niklas. Wie immer, wenn sie sich daran erinnerte, wie ihre Freundschaft zerbrochen war, versetzte es ihr einen Stich.
    „Ich hoffe, es geht nicht so aus wie das letzte Mal, dass ich mit einem Mann befreundet war“, sagte sie zerknirscht.
    Monika schwieg, bis der Koch die dampfenden Schüsseln vor sie gestellt hatte.
    „Mh, sieht das lecker aus“, stellte Tessa fest und griff nach den Stäbchen.
    Monika betrachtete ihr Essen und sagte: „Du redest von diesem… diesem Typen, mit dem du mal zusammen warst früher?“


    Tessa nickte kauend. „Ja, Niklas“, sagte sie dann mit halbvollem Mund und schluckte das heiße Essen hinunter. „Das ist lecker.“
    Monika nickte. „Ja, es ist echt lecker. Guter Tipp.“
    Sie sah Tessa an. „Aber das war doch etwas ganz anderes mit diesem Niklas. Und es hätte dir auch mit jedem anderen Menschen passieren können. Also auch mit einer Frau. Wenn man eben engstirnig ist, dann ist man es. Manche Menschen sind so.“
    Tessa seufzte. „Ja. Aber es erschreckt mich noch heute, dass man jahrelang so gut mit jemandem befreundet sein kann, ohne das zu merken. Ich meine, wir haben uns gekannt, uns vertraut. Ich dachte, ich kenne ihn in- und auswendig.“


    Monika nickte. „Ich weiß, das ist wirklich das krasse daran gewesen. Schade, dass ihr euch nie mehr habt aussprechen können.“
    Tessa schüttelte den Kopf. „Was hätte man da noch besprechen sollen? Er hatte eine klare Meinung, für ihn waren Menschen wie Jess sozialer Abfall, mehr nicht!“
    Monika seufzte. „Ich weiß, ich kenne das ja auch. Es gibt so wenige, die hinter die Fassade schauen. Wer begreift schon, dass dieses Schicksal jedem passieren kann? Es gibt so viele abhängige Menschen, man braucht nur die VIPs anzuschauen, die bei irgendwelchen Galaveranstaltungen schön und toll wirken. Die Hälfte davon wirft irgendetwas ein. Nur dass die genug Geld haben, um nicht völlig abzustürzen. Obwohl das auch schon genug von ihnen passiert ist.“
    Tessa nickte und betrachtete nachdenklich ihr Essen.


    „Aber ich glaube, das war es noch nicht einmal. Die Abhängigkeit, meine ich. Ich weiß genau, dass Niklas selbst schon mal eine geraucht hat. Also ich meine gekifft. Früher zumindest.“
    „Das ist was anderes“, warf Monika ein. „Nicht dass es gut zu heißen ist. Aber das ist noch keine Abhängigkeit. Außerdem ist es ein ganz anderes Kaliber als Heroin, Tessa.“
    „Natürlich!“, stimmte diese sofort zu. „Aber wo fängt es an, wo hört es auf? Wer hätte ihm beispielsweise, Niklas mein ich, garantiert, dass es ihm nicht auch passieren kann? Es hätte nur etwas Schlimmes geschehen müssen und schon wäre er vielleicht auch in diesem Teufelskreis gewesen.“
    „Klar“, erwiderte Monika. „Das ist korrekt. Und manchmal muss nicht mal etwas offensichtlich schlimmes passieren. Manchmal rutscht man auch einfach ab, verliert die Kontrolle, den Weg aus den Augen, ohne dass etwas passiert.“


    Tessa nickte. „Ich denke, es ist einfacher, schlecht über Menschen wie Jess oder Kevin zu urteilen… als sich wirklich damit auseinander zu setzen, wie es zu so etwas kommt.“
    „Ja, das ist es“, stimmte Monika ihr zu. „Vor allem auch, weil es vielen Menschen Angst macht. Weil sie in sich drin genau wissen, dass das so oder ähnlich jedem von uns passieren kann. Dass man abrutscht, warum auch immer. Die Kontrolle verliert. Davor ist niemand geschützt. Und das macht vielen Angst, darum ist es einfach zu verurteilen und sich abzugrenzen.“

    Ines: Boah, ein toller langer Kommi! Du hast das alles nochmal richtig schön zusammen gefasst und gut erkannt, wie immer!
    Ich hoffe, es geht Dir bald besser, es soll ja etwas kühler werden in Deutschland, ich hoffe, bei euch oben auch und nicht nur im Süden?
    Vielen lieben Dank für diesen tollen Kommi!!!



    @ALL: Heute geht es mit einem schönen Nachmittag in der Junisonne weiter, passend zum Wetter (nur nicht ganz so warm wie es im RL ist :D ) und einer überraschenden Begegnung an eben jenem Mittag. Ich bin schon gespannt wie ein Flitzebogen, was ihr dazu sagt :D

    „Die Möbel sind fertig und die Farbe dürfte trocken sein. Wir sollten uns ans Anräumen machen“, erklärte Joshua. Feli zwinkerte Tessa zu, als Joshua aus dem Raum ging, doch diese streckte ihr nur die Zunge heraus und folgte ihm nach draußen.
    Gemeinsam waren die Möbel schnell ins Zimmer geschafft und arrangiert. Da es noch nicht zu spät war, halfen alle tatkräftig, die Möbel nun auch wieder einzuräumen.
    Nur zwei Stunden später seufzte Tessa erschöpft auf und betrachtete sich zusammen mit Joshua zufrieden ihr Werk.



    „Es sieht einfach toll aus“, sagte sie aufgeregt. „Ich hätte nie gedacht, dass das alles so schön harmoniert. Du hast das toll mit mir ausgesucht, Joshua. Du solltest Innenarchitekt werden oder so.“
    Dieser lachte nur laut auf. „Nein danke, ich glaube, ein Studium reicht! Aber ich find´s auch schön. Es passt zu dir, oder? Findest du nicht?“
    „Doch, voll und ganz! Es ist viel besser als vorher!“, stellte Tessa zufrieden fest und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, während Joshua sich erschöpft auf einen der weißen Rattanstühle fallen ließ.



    Das dunkle rosa an den Wänden wurde durch einen weißen Zierbalken von dem etwas dunkleren Violett abgetrennt. Die Farbe wirkte jugendlich und doch reif, warm und doch nicht erdrückend.
    Die Essgruppe hatte Tessa komplett ersetzt. Da sie die weiße Farbe nicht ganz aufgeben wollte, hatte sie mit Joshua bei einem Trödler eine weiße Vierergruppe aus alten Rattansesseln ersteigert und den dazu passenden Glastisch. Die Sitzkissen hatte sie in der Farbe auf die Wand abgestimmt. Die Essgruppe wirkte nun endlich hell und freundlich.
    Den alten Phonowagen, auf dem ihr Fernseher Platz gefunden hatte, war durch eine moderne Wohnwand ersetzt worden, die sie ebenfall sehr günstig bei erworben hatte.
    Nur der Schreibtisch war etwas teurer gewesen, denn den hatte sie bei einem schwedischen Möbelhaus erworben. Doch da dies schließlich der Platz war, an dem sie am meisten ihrer Arbeit nachging, hatte Tessa entschlossen, dass sie hier am falschen Ende gespart hätte.



    „Es ist sieht wirklich toll aus“, stellte nun auch Feli fest. Sie saß gemeinsam mit Susanne und Moni auf dem weißen Sofa, das Tessa nebst ihrem Bücherregal behalten hatte und das in der neuen Umgebung eine völlig andere, wesentlich hübschere Geltung erlangte.
    „Ja, das stimmt“, sagte nun auch Moni und streckte die schmerzenden Beine aus. „Die viele Arbeit hat sich gelohnt!“
    Auch Susanne nickte zustimmend. „Es ist nicht mehr so kalt wie vorher“, stellte sie fest. „Und hat viel mehr von deinem Charakter, finde ich.“
    Tessa kam lächelnd auf ihre Freundinnen zu. „Ich danke euch für eure Hilfe“, sagte sie dann gerührt. „Und besonders dir, Susanne.“



    Dann drehte sie sich zu Joshua um.
    „Dir muss ich am meisten danken“, sagte sie dann noch einmal. „Ohne dich hätte ich das nie so toll und für so wenig Kohle hinbekommen. Wirklich… danke, Joshua. Du weißt, das ist nicht selbstverständlich.“
    „Ach was, unter Freunden ist es das“, sagte dieser schnell. „Und das mein ich jetzt ernst. Du hast es einfach verdient, Tessa, nach allem, was du durchgemacht hast. Ich finde, du hast diesen Neuanfang verdient. Ihr beide habt ihn verdient. Ich hoffe jetzt nur, dass Jess das hier auch mögen wird.“ Joshua sah sich um. „Aber wenn nicht, hat er einfach keinen Geschmack.“
    Tessa lachte leise auf. „Nun… ich glaube nicht, dass rosa und lila so seine Farben sind, aber ich denke trotzdem, dass er es mögen wird, zumindest für den Anfang. Es weiß ja noch gar niemand, wie es dann genau weitergeht.“
    „Und erstmal war es für dich wichtig, etwas zu ändern“, stimmte Joshua zu. „Und ich denke, das hat auch was symbolhaftes, findest du nicht?“
    Tessa lächelte. „Absolut, das stimmt. Ich danke dir.“
    Sie zog ihn in die Arme und er lächelte. „Gerne geschehen.“



    Tessa sah ihre Freundinnen an und sagte: „Wie sieht´s aus? Wollen wir uns in einer Stunde bei Lucelli treffen, ich lade euch auf eine Pizza ein, als kleines Dankeschön. Oder seid ihr zu fertig?“
    Die Mädchen lachten. „Für Pizza kann man doch gar nicht zu fertig sein, oder?“
    Auch Joshua grinste. „Ich schließe mich der weiblichen Mehrheit an, auch wenn ich dort mal wieder der Hahn im Korb sein werde, fürchte ich. Es wird Zeit, dass wir männliche Verstärkung bekommen.“ Er lächelte und Tessa lächelte erstaunt zurück.
    „Gut“, sagte sie dann. „Dann würd ich sagen, alle nach Hause, duschen!“
    Das ließen sich ihre Helfer nicht zweimal sagen. Und als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, ging Tessa bedächtig durch ihr Wohnzimmer, sah sich um und fühlte sich eigenartig fremd und doch unendlich wohl in diesen vier Wänden.
    Nachdem sie sich immer wieder umgesehen und den Geruch von frischer Farbe ihr die Sinne benebelt hatte, schloss sie die Tür hinter sich, sprang unter die Dusche und machte sie frohen Herzens auf den Weg zur Pizzeria.

    Fortsetzung folgt.