Beiträge von Innad

    Tessa lächelte ihm noch einmal zu und verließ dann das Büro in Richtung Aufzug.
    Kurz darauf stieg sie einen Stock tiefer aus und sah sich suchend nach dem Hinweisschild für die Abteilung „R“ um.



    Nach wenigen Minuten hatte sie die Tür zu eben jener gefunden und stellte sich Frau Krainer vor, die sie ohne Umschweife an einen Arbeitsplatz führte und ihr kurz das Programm erläuterte, dann einen Stapel mit Akten auf den Tisch legte, die in das Programm eingetippt werden mussten.
    Tessa seufzte leise auf. Ganz so hatte sie sich ihre Praxisarbeit trotz aller Reden im Büro oben nicht vorgestellt. Das hier war Idiotenarbeit, und man musste dafür kein langjähriges Studium absolvieren… aber es gehörte nun einmal dazu.
    Also machte sie sich guten Mutes daran, den Stapel kleiner werden zu lassen. So ging der Tag langsam und zäh dahin, und als endlich alle Akten abgearbeitet waren, entließ Frau Krainer ihre neue Praktikantin dankend.
    Tessa ging zurück zu ihrem Arbeitsplatz, rieb sich müde die Augen, fuhr das Notebook herunter, an dem sie gearbeitet hatte und rückte den Stuhl zurecht.



    Müde ging sie dann zurück zum Auto und fühlte sich wie gerädert.
    Nun, der erste Tag war immer der schlimmste. Und morgen würde es sicher schon einfacher werden. Schließlich war dies hier genau das, was sie immer hatte tun wollen – mit diesem Gedanken etwas für den zähen Tag ausgesöhnt machte Tessa sich müde auf den Weg nach Haus.






    Fortsetzung folgt.

    Wenige Tage später war es dann bereits soweit. Tessa hatte am Morgen fast eine halbe Stunde vor dem Kleiderschrank verbracht, weil sie nicht recht wusste, welche Kleidung an einem ersten Arbeitstag angebracht sein würde. Vor drei Jahren, als sie den ersten Tag in der Agentur hinter sich gebracht hatte, war ihre diese Frage noch nicht so wichtig vorgekommen, doch jetzt fühlte sie sich reifer und erwachsener und wählte darum letztlich einen Rock und ein lockeres Oberteil, denn draußen war es immer noch sehr schwül und heißt, und wer konnte schon sagen, ob die Agentur in ihrem neuen Gebäude eine Klimaanlage besaß.
    Nachdem sie sich frisiert und geschminkt hatte, musste Tessa sich beeilen, um die halbe Stunde vor dem Kleiderschrank wieder aufzuholen. Sie verzichtete aufs Frühstück und schaffte es in letzter Minute, ihren Wagen vor dem neuen, fast komplett verglasten Gebäude der Agentur zu parken. Im Foyer angekommen suchte sie auf der Hinweistafel nach dem Bürokomplex, in dem Herr Andres sein Büro haben musste. Dann betrat sie aufgeregt den Fahrstuhl.



    In dem im Innenraum angebrachten Spiegel betrachtete sie sich noch einmal kritisch und stieg dann im vierten Stock guter Dinge aus. Das Büro Herrn Andres war nicht zu übersehen, so dass sie die Schultern straffte und zielstrebig auf die Glastür zuging. Es gab keinen Empfangstresen und auch keine Sekretärin, darum klopfte sie nur kurz dumpf an, woraufhin ein fröhliches „Ja bitte!“ ertönte.



    Tessa betrat das angenehm kühle, große Zimmer. Herr Andres saß wie immer an seinem Schreibtisch und strahlte sie lächelnd an.
    „Frau Wagner!“, rief er dann erfreut aus, stand auf und kam auf Tessa zu.
    „Ich hätte Sie beinahe nicht erkannt“, gab er zu und musterte Tessa beeindruckt. „Sie haben sich ordentlich verändert seit Sie bei uns gearbeitet haben. Sehr zum positiven, wenn ich das bemerken darf. Nun, erst einmal herzlich willkommen zurück!“



    Tessa lächelte und schüttelte ihm die Hand.
    „Danke, Herr Andres“, sagte sie und musterte ihr Gegenüber ebenfalls. Der Chef hatte sich nicht allzu sehr verändert. Seine Schwäche für ausgefallene Brillen schien geblieben zu sein, nur seine Haare trug er nicht mehr in Rastazöpfe geflochten, sondern zu einem losen Pferdeschwanz zusammen gebunden.
    „Setzen wir uns, setzen wir uns doch“, sagte Herr Andres eifrig und während er sich wieder hinter seinem Schreibtisch niederließ, bedeutete er Tessa gegenüber auf dem Stuhl Platz zu nehmen.



    „Nun, ich hoffe, Sie haben uns gut gefunden. Als Sie bei uns waren, müssten wir meines Wissens nach noch in den Bürogebäuden in der Seeligenstraße gewesen sein, nicht wahr?“
    Tessa nickte. „Ja, aber ich hab bereits im Internet gesehen, dass die Adresse sich geändert hat. Schon als ich die Anfrage an Sie schickte. Schön ist das hier.“
    „Ja, die anderen Räumlichkeiten wurden auf Dauer einfach zu eng“, erklärte Herr Andres. „Wir haben in den letzten Jahren expandieren können und unsere Angebote vergrößert. Zwischenzeitlich vereinen wir vier verschiedene Tageszeitungen.“
    Imponiert sah Tessa ihn an. „Das wusste ich gar nicht. Zu meiner Zeit waren es nur zwei.“
    Herr Andres lachte. „Ja, so entwickeln wir uns eben alle weiter, Frau Wagner. Was macht Ihr Studium? Sind Sie zufrieden?“



    Tessa nickte.
    „Ja, sehr, es macht große Freude und ist wirklich interessant. Aber diese Praxisphase wird mir jetzt sicher gut tun, denn immer nur graue Theorie ist auf die Dauer natürlich etwas eintönig.“
    „Wem sagen Sie das“, erwiderte Herr Andres lächelnd. „Sie hatten wirklich Glück, so schnell hier unter zu kommen. Es ist reiner Zufall, dass uns gerade eine Praktikantin abgesagt hatte, kurz nachdem ich Ihre E-Mail erhalten habe.“
    Tessa lächelte. „Dann habe ich wohl wirklich Glück gehabt.“
    „In der Tat. Sie werden jedoch feststellen, dass sich hier einiges verändert hat in den letzten zwei Jahren. Da Sie aber schon so lange bei uns gearbeitet haben, werden wir Ihnen sicher ein wenig anspruchsvollere Tätigkeiten anvertrauen können als den meisten anderen Praktikanten, denn Sie sind ja zumindest schon grob mit den internen Abläufen hier vertraut.“
    Tessa nickte. „Ich hoffe, ich erinnere mich noch an das meiste.“



    „Ja, bestimmt“, wischte Herr Andres ihre Bedenken hinweg. „Da Sie ja aber nur vier Wochen da sind, müssen Sie damit rechnen, nicht allzu große Projekte oder eigenständige Dinge anvertraut zu bekommen. Ich hoffe, es wird für Sie nicht ganz so langweilig wie in den ersten Monaten Ihrer ersten Praxisphase, aber ich kann Ihnen nichts versprechen. Die Praktikantenstellen sind fest in unseren Abläufen eingeplant, und auch die Tätigkeiten sind darum fest zugewiesen. Erst einmal wird es für Sie nur im etwas stupidere Recherche- und Verwaltungsarbeit gehen. Aber das gehört nun einmal auch dazu. Das wissen Sie ja aber alles.“
    Tessa nickte. „Natürlich, ich bin froh, dass ich diese Stelle hier bekommen habe und werde alles gerne machen, was an Arbeit da ist.“



    Herr Andres nickte zufrieden und warf einen Blick auf die Uhr.
    „Ich würde gerne noch weiter mit Ihnen plaudern, Frau Wagner, aber ich habe gleich ein wichtiges Telefonmeeting mit unserem Büro in Amsterdam. Gehen Sie doch einfach selbst einen Stock tiefer zur Abteilung R, dort ist Frau Krainer Ihre Ansprechpartnerin.“
    Tessa erhob sich und nickte lächelnd.
    „Ja, kein Problem, Herr Andres, ich finde sie schon.“
    Herr Andres schüttelte ihr die Hand. „Dann wünsche ich Ihnen eine erfolgreiche Zeit bei uns, Frau Wagner.“

    Kapitel 84
    Berufserfahrungen


    Die Tage vergingen, der Juni zog vorbei und wurde von den heißen Sommertagen des Julis abgelöst. Tessa und Monika sprachen nicht mehr weiter über das, was geschehen war. Hin und wieder telefonierten sie und trafen sich dann und wann zu zweit auf ein Eis oder einen Kaffee. Niklas war dabei fast nie Thema, zumal Monika es geschickt zu umschiffen versuchte. Jess derweil machte weiterhin gute Fortschritte, aber ein Entlassungstermin stand nach wie vor nicht fest. Noch sei er nicht stabil genug, so sagten seine Therapeuten.
    Es war klar, dass er die Villa nicht vor dem späten Sommer oder frühen Herbst würde verlassen können. So stellte Tessa fest, dass ihre Semesterferien vor ihr lagen, und sie ihre Zeit nicht wie gehofft mit Jess würde verbringen können. Ein Gespräch mit einer ihrer Dozentinnen brachte sie darum auf die Idee, ihren Praxismonat, der eigentlich erst in den Winterferien fällig gewesen wären, einfach nach vorne zu ziehen und so die freie Zeit zu nutzen.
    „Es wird schwer werden, jetzt noch etwas zu finden“, stellte ihre Dozentin jedoch fest. Doch Tessa war guter Dinge und kaum zu Hause angekommen, setzte sie sich an ihr Notebook und googelte nach einer ganz bestimmten Redaktion.


    Sie hatte ihr Praxisjahr, mit dem alles – auch ihre und Jess´ Geschichte- begonnen hatte, natürlich nicht vergessen, und sie erinnerte sich auch daran, dass ihr Chef ihr damals mehr oder minder verbindlich einen Praktikumsplatz zugesagt hatte.
    Natürlich kam ihre Anfrage auch für ihn jetzt mit Sicherheit sehr kurzfristig, aber probieren kostete ja schließlich nichts.
    Schnell hatte Tessa die Website der Agentur gefunden und stellte fest, dass der Verlag umgezogen war. Am einfachsten und schnellsten, so entschied sie, war es, eine E-Mail zu schicken, doch leider war die E-Mail Adresse ihres damaligen Chefs nicht hinterlegt, sondern nur eine einfache Info-Adresse. Trotzdem versuchte Tessa ihr Glück und ließ ihre Finger über die Tasten fliegen.


    Nachdem sie die E-Mail abgeschickt hatte, seufzte sie auf und warf einen Blick auf den Kalender. Die Ferien würden in weniger als zwei Wochen beginnen, die Vorlesungen erst Mitte Oktober wieder anfangen. Doch wenn Jess wirklich irgendwann im späten August entlassen würde, so wäre es ratsam für Tessa, nach Möglichkeit direkt zu Beginn der Ferien mit ihrer Praxisphase zu beginnen, um sich nicht zu überschneiden.
    Tessa biss sich nachdenklich auf die Lippen. Es wäre wirklich mehr als ungünstig, würde Jess gerade in der Zeit entlassen, in der sie jeden Tag von morgens bis abends arbeiten war. Wäre sie in dieser Zeit ganz normal an der Uni, so hätte sie wenigstens einige Stunden am Tag Zeit für ihn. Schließlich wäre diese Zeit eine sehr wichtige und prägende. Jess musste sich „draußen“ erst einmal wieder zurecht finden, und sie würde ihm dabei zur Seite stehen müssen, das war klar. Und wenn es nur darum ging, einen gemeinsamen Rhythmus zu finden, ein Alltagsleben. Dies direkt mit einer derart ungewöhnlichen Situation zu beginnen, war sicher nicht ratsam. Zumal sie die nächsten zwei Jahre ja auch noch zur Uni gehen würde und somit viel mehr Zeit zu Hause verbringen sollte.
    Tessa entschied, sicherheitshalber noch nach der ein oder anderen Agentur zu googeln und schickte noch drei E-Mails an die jeweiligen Ansprechpartner. Nun konnte sie nur noch hoffen und warten.
    Doch die Tage vergingen ohne jedwede Reaktion. Endlich, nach einer Woche, sagten zwei der Agenturen ab und letztlich auch die dritte. Nun stand nur noch die Reaktion ihrer alten Agentur aus. Seufzend beendete Tessa ihr E-Mail Programm und zog die Stirn kraus.


    Wenn alle anderen bereits aufgrund der kurzfristigen Anfrage abgesagt hatten, so würde es ihr hier sicher auch nicht anders gehen.
    Dabei wäre es so günstig gewesen, die Zeit nun mit dieser Orientierung zu nutzen, und studientechnisch bedeutete es für sie einen enormen Vorteil.
    Noch einmal öffnete Tessa das Programm, doch es zeigten sich keine neuen E-Mails, ausgenommen einiger uninteressanter Newsletter.
    Seufzend stand Tessa auf und schob den Stuhl wieder an den Schreibtisch heran.


    Sie ging einige Schritte im Zimmer auf und ab und überlegte angestrengt, ob sie noch irgendeine Möglichkeit vergessen hatte. Vielleicht gab es ja noch eine passende Agentur, bei der sie auf die Schnelle anrufen und ihr Glück versuchen konnte.
    Sie warf einen nachdenklichen Blick aus dem Fenster. Draußen schien die Sonne, es war warm und die grünen, bauschigen Bäume waren von keinem Windhauch in Bewegung zu bringen, denn es regte sich kein Lüftchen.
    Ein blingender Ton ließ Tessa herumfahren.
    „Eine neue Mail“, stellte sie erstaunt fest und ging raschen Schrittes zurück zum Notebook.
    Ihr Herz schlug schneller, als sie den Absender erkannte. Sie ließ sich wieder auf den Stuhl sinken und las erstaunt die angekommene E-Mail durch.
    „Liebe Frau Wagner,
    natürlich sind Sie mir noch guter Erinnerung geblieben. Was Ihre Anfrage bezüglich eines Praktikumsplatzes angeht, so können wir Ihnen in der Zeit vom 18. Juli bis 15. August eine Stelle in unserer Recherche-Abteilung anbieten, gegebenenfalls können Sie auch während der Phase springen und andere Stellen beschnuppern.
    Bitte geben Sie uns kurz per Mail Bescheid, wenn Sie diese Stelle annehmen möchten. Sofern Sie nicht absagen, erwarte ich Sie am 18. Juli um 10 Uhr in unserer Agentur. Mit freundlichen Grüßen, Boris Andres.“


    Tessa kratzte sich verblüfft am Kopf, damit hatte sie nun wirklich nicht mehr gerechnet. Und dass ihr dann sogar noch der Chef höchstpersönlich, Herr Andres, auf Ihre E-Mail antwortete, schmeichelte sie fast ein wenig.
    Aufgeregt begann sie sofort, auf die E-Mail zu antworten, bedankte sich bei Herrn Andres und bestätigte den Termin.
    Dann schaltete sie das Notebook aus, lehnte sich zurück und lächelte. Es waren nur noch wenige Tage bis zum Praktikumsbeginn und sie dachte an jene Zeit zurück, als sie vor zwei Jahren in der Agentur gearbeitet hatte. Es kam ihr so weit weg vor, so unwirklich, wie in einer anderen Zeit. Es war so viel seither geschehen.
    Sie konnte sich trotzdem noch gut an alles erinnern, die Räumlichkeiten, die Kollegen und ihren extravaganten Chef. Auch jener Tag, an dem er sie wegen ihres Artikels über Jess in sein Büro bat, war ihr noch in lebendiger Erinnerung.


    Tessa lächelte versonnen in Erinnerung an jene Tage. Wenn man es so sehen wollte, hatte sie der Agentur eigentlich viel zu verdanken. Denn ohne ihre Arbeit doch hätte sie Jess vielleicht nie so kennengelernt… oder vielleicht doch? Wer konnte das schon sagen.
    Jedenfalls freute Tessa sich auf die Zeit in der Agentur. Nun, mit dem vielen neuen Hintergrundwissen nach der langen Zeit des Studiums, war Praxis genau das, was sie brauchen würde, und sicher würde es doppelt so spannend und interessant werden wie damals.

    Jane: Hui, was für ein langer Kommi!
    Ja, ich denke auch, es war für Jess und Tessa wichtig, dass Tessa sich an Jess wandte, als es ihr so schlecht ging, denn das hat so eine art "Machtverteilung" oder "Rollenverteilung" gekennzeichnet.


    Was Du zu der Sache mit Niklas schreibst... nun, wirklich "richtig" verhalten tut Tessa sich da sicher nicht. Aber sie ist halt auch nur ein Mensch und eigentlich läuft sie genau denselben Vorurteilen auf, die ihr selbst bzgl Jess einst auch entgegen gebracht wurden, nur in umgekehrter Hinsicht.
    Ich denke, das was Cassio schreibt, trifft das ganz gut, dass sie gar nicht nur so böse ist, weil Moni es ihr verschwiegen hat, sondern dass es sie kränkt, dass Moni AUSGERECHNET Niklas nimmt, nach allem, was Tessa ihr über diesen erzählt hat.


    Ich glaube, das hat sowas von... mh, wie soll ich sagen, als würde Dein Freund sich mit einem Deiner verhassten "Ex-Freunde" anfreunden oder so. IRgendwie hat das sowas von Partei-Ergreifen. Und ich denke mir, es ist sicher sehr schwer, wenn man so schlecht gegenüber jemanden eingestellt ist wie Tessa bei Niklas und dann die beste Freundin, die engste Vertraute, mit demjenigen zusammen kommt.


    Irgendwie fehlt da ein Stück Vertrauen, alleine nur, weil derjenige mit diesem Menschen zusammen und so nah ist. Ich persönlich kann das gut nachvollziehen. Wenn jemand meiner Vertrauten auf einmal gut Freund mit jemandem wäre, mit dem ich ein Problem habe - warum nun auch immer - würde ich nicht mehr wissen, wie viel ich demjenigen noch anvertrauen kann. Nichtmal weil ich ihm misstraue. Sondern weil es ein komisches Gefühl wäre. Wer kennt das nicht.


    Ob Niklas nun wirklich eine Veränderung durch gemacht hat oder Moni da nur was vorgaukelt, ist natürlich noch offen, und ich denke man wird es noch erfahren, aber ihr braucht schon etwas Geduld. :)




    cassio: Was für ein toller Kommi! Was Du über Niklas schreibst und wieso Tessa so ein Problem mit ihm hat, ist sehr gut getroffen, wie ich ja bei Jane schon schrieb. Ich denke, das ist mit einer der Gründe, weshalb Tessa da so durcheinander und missmutig ist.


    Aber auch weil Niklas einfach derjenige war, der ihr sehr weh tat. So wie Du schreibst, man kann das vergeben, aber nicht vergessen. Die Narbe bleibt und manchmal tun wir einfach DInge, die für immer oder zumindest LANGE unverzeihlich sind. Es ist eben nicht immer alles wieder vollständig gerade zu biegen und ich denke, das ist menschlich. Und Tessa darf ja auch mal unversöhnlich sein oder zumindest nicht mega versöhnlich ;)


    Was Jess angeht und den Rat, den er Tessa gab, so glaube ich, er hat das alles eben auch sehr objektiv sehen können. Denn letztlich sind "Moni" und "Niklas" für ihn ja mehr oder minder doch nur Namen, er kennt sie ja nicht.
    Und sieht das ganze nicht aus der Empathie Tessas sondern völlig neutral. DAss er jetzt so ein "Moralapostel" wird deswegen, der immer die Gegenseite aus einem Art "Helfer Syndrom" verteidigt, denke ich nicht :)


    Danke für Deinen tollen Kommi und das Lob!!




    @Llyn: Du hast recht, Zeit kann Wunden heilen und das ist auch der Grund, wieso Tessa z.B. eine Woche Zeit brauchte, bis sie sich mit Moni treffen konnte. Sie wollte ja nichts verletzendes sagen und manchmal braucht man einfach ein paar Nächte mehr, um "drüber zu schlafen". Es kommt nun sicher auch darauf an, als was Niklas sich wirklich entpuppt, richtig.
    Und dass Tessa zu Jess fuhr, war wirklich gut und wichtig.
    Danke für Deinen Kommi!!!

    Überrascht sah Monika sie an. „Mir hat er eine sehr deutliche Antwort gegeben. Dass er es nicht gut heißt. aber diese Menschen nicht mehr verachtet.“
    Tessa schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, Moni. Ich habe ihn auch sehr deutlich gefragt und hatte nicht den Eindruck, dass seine Grundeinstellung sehr viel anders ist. Vielleicht mag er nicht mehr so arrogant auf jene Menschen hinab blicken. Aber er kann immer noch nicht verstehen, wie man so jemanden lieben, ihm eine Chance geben kann, da bin ich mir sicher. Und gerade deshalb, auch wegen des Gesprächs, das ich erst neulich mit ihm führte, ist es für mich schwer nachvollziehbar, wie du mit ihm zusammen sein kannst. Wie kannst du an Kevin denken und gleichzeitig mit Niklas vertraut umgehen… was denkt er über deinen damaligen Freund? Weiß er davon?“



    Monika nickte. „Ja, er weiß es. Und er hatte viel Verständnis. Natürlich nicht so viel wie du. Nicht so viel wie jemand aus der Selbsthilfegruppe. Tessa, es sagt ihm nichts. Es ist für ihn nur ein Schicksal von vielen. Wenn man selbst nichts damit zu tun hatte, kann man nicht viel Verständnis erwarten. Er verachtet es nicht. Er macht es nicht schlecht. Mehr kann ich nicht erwarten.“
    Tessa schüttelte den Kopf.
    „Moni, ich glaub gar nicht, dass du so sprichst.“
    „Ach Tessa… welcher Mann würde schon das Schicksal, das Kevin hatte, verstehen können?“
    „Es gäbe sicher Männer“, erwiderte Tessa entrüstet. „Die richtigen würden es verstehen.“
    Monika aber schüttelte den Kopf.
    „Versteht denn Jess alles, was dich umtreibt? Alles, was dir geschehen ist? Würde er es denn verstehen, wenn du ihm erzählst, dass du monatelang in einer Halb-Beziehung mit Niklas gelebt hast? Oder würde er es nur akzeptieren und respektieren?“



    „Ich weiß nicht, ob er es wirklich nachvollziehen könnte. Aber jedenfalls hat er noch nicht verächtlich über Menschen, die in solch einer Situation sind, gesprochen“, gab Tessa zurück. „Und natürlich kann man nicht alles verstehen, weil man selbst gar nicht weiß, wie es in bestimmten Situationen ist. Man von außen schnell urteilt. Aber ich weiß von Niklas, dass er eine äußerst schlechte Meinung über diese Menschen hatte. Moni, ich kenne ihn schon lange. Niklas war eigentlich ein anständiger Kerl. Aber er ist arrogant gewesen und zu sehr von sich überzeugt. Er… kommt aus einer ganz anderen Welt als du.“
    Sie biss sich auf die Lippen und sah ihre Freundin schuldbewusst an. „Du weißt, was ich meine“, sagte sie dann aber fest. „Ich will damit nicht sagen, dass er etwas Besseres ist, oder dass ich etwas Besseres bin. Aber Moni… du hast keine Vorstellung davon, wie es in unseren Kreisen vor sich ging. Du kennst meine Eltern nur flüchtig, und die von Niklas sind fast noch schlimmer. Er hat von klein auf alles bekommen, was er wollte. Er musste nie etwas dafür tun. Nicht wie du. Deine Eltern hatten nicht so viel Geld, du hast schon mit fünfzehn gejobbt und… das ist eine ganz andere Welt. Und Niklas liebte diese Welt…“



    Monika schwieg einen Moment betroffen.
    „Natürlich kennst du ihn so gesehen besser als ich“, erwiderte sie dann langsam. „Aber vergiss nicht, dass du aus derselben Welt kommst. Und dass du Niklas immer als Vorbild hattest, bis sich deine Einstellung verschob, durch Jess eben. Auch du hast dich um hundertachtzig Grad gedreht. Wieso sollte er das nicht auch können? Vielleicht nichtmal um einhundertachtzig, aber zumindest um neunzig. Verstehst du, was ich meine? Und letztlich… auch Jess und du stammt aus verschiedenen Welten.“
    Tessa schüttelte den Kopf. „So meine ich das nicht. Natürlich kann Liebe das überwinden und man kann sich annähern. Nur… ach, ich weiß auch nicht. Ich weiß nicht mehr recht, was ich denken soll. Es kommt mir nur abstrus vor, mir dich mit Niklas vorzustellen. Du bist das absolute Gegenteil von ihm.“
    Monika lächelte. „Vielleicht ist genau dies der Grund, wieso ich ihn mag und er mich?“



    Tessa seufzte. „Kann sein“, erwiderte sie dann missmutig. „Ich kann es jedenfalls nicht verstehen. Aber ich muss mich wohl damit abfinden.“
    Monika blinzelte sie an. „Heißt das, es ist okay für dich?“
    „Ich mach mir Sorgen um dich“, erwiderte Tessa. „Ich hab Angst, dass er dich enttäuscht.“
    „Aber diese Erfahrung muss ich dann selbst machen“, gab ihre Freundin zurück. „Hast du nicht auch ein Problem damit, dass ich ihm vertrau… wo er dich so verletzt hat?“
    Tessa nickte. „Ja, das auch. Aber so wie du schon sagst, das war in der Vergangenheit. Und ist eine Sache zwischen ihm und mir. Es fällt mir nicht leicht, mir vorzustellen, dass er immer bei dir ein- und ausgeht… gerade er. Aber ich kann nichts dagegen tun. Und werde es auch nicht.“
    Monika lächelte schief. „Es mir wirklich wichtig, dass du damit klar kommst, Tessa. Dass es okay für dich ist.“



    Tessa nickte seufzend. „Es ist okay. Ich versuche es, damit klar zu kommen. Ich … weiß nur nicht, ob ich so viel mit Niklas zu tun haben will. Aber wir müssen ja nicht immer zusammen weg gehen, oder?“
    Monika lächelte. „Nein, das müssen wir nicht.“
    Tessa versuchte ebenfalls schief zu lächeln.
    „Sind wir damit wieder Freund?“, fragte Monika vorsichtig.
    Tessa seufzte. „Ach Moni, wir waren nie keine Freunde. Ich war nur enttäuscht und durcheinander…“



    Sie starrte auf ein Kind, das neben ihnen auf der Schaukel zu lachen begonnen hatte.
    „Bist du richtig verliebt?“, fragte sie dann.
    Monika nickte. „Sehr“, sagte sie aufrichtig. „Ich bin selbst ganz durcheinander deswegen.“
    Tessa lächelte. „Das kann ich verstehen“, erwiderte sie langsam. „Aber Moni… was wir hier besprechen… oder allgemein… das sagst du doch nicht Niklas, oder?“
    Moni schüttelte heftig den Kopf. „Nein, niemals! Versprochen!“
    Tessa nickte und verfiel in Schweigen, und auch Monika wusste nicht recht, was sie noch sagen sollte. Ein Kellner kam und räumt die Teller ab.
    „Wann trefft ihr euch wieder, du und Niklas?“, wollte Tessa wissen
    „Heute Abend“, erwiderte Monika.
    Tessa nickte und erwiderte nichts. Die beiden verfielen erneut in Schweigen und nur das Geplapper der anderen Café- Besucher und das sanfte Plätschern des Springbrunnens lockerte die Stille auf.



    Schließlich rief Tessa einen der Kellner zu sich, die beiden Mädchen bezahlten, standen auf, lächelten sich zu und verabschiedeten sich schließlich.
    Tessa sah Monika nach, wie sie die Straße hinunter ging. Sie war nicht mehr wütend auf sie. Aber dass zwischen ihr und der Freundin etwas zerbrochen war, was so schnell nicht zu kitten sein würde, war offensichtlich.



    Fortsetzung folgt.

    Kapitel 82
    Verwirrungen



    Tessa sah Monika lange und schweigend an. Ein zarter Windstoß fuhr durch ihr Haar, doch dessen Luft war warm und angenehm.
    Da Monika ebenfalls schwieg, seufzte Tessa, lehnte sich in dem gemütlich-knarzenden Rattansessel nach hinten und sah sich schweigend um. Monika hatte sie zwei Tage nach der unfreiwilligen Begegnung angerufen und um eine Aussprache gebeten. Das ganze war nun schon fast eine Woche her, weil Tessa erst einmal etwas Abstand erbeten hatte, um die ganze Sache zu verdauen. Nun hatten sie es heute, an einem sonnigen Sonntagnachmittag, endlich geschafft, sich zu sehen und sich direkt in ihrem Lieblingscafé für die Sommertage getroffen.
    Eigentlich hätte dies ein wundervoller, leichter Nachmittag sein können. Es war warm, aber nicht so sehr, dass man in der Sonne verging. Die Luft roch nach Sommer und die Vögel in den Bäumen zwitscherten, auf den Straßen war es angenehm ruhig und das beruhigende Plätschern eines Springbrunnens erfüllte den kleinen Café-Garten.
    Tessa warf Monika wieder einen befangenen Blick zu.



    Diese seufzte und begann dann schließlich zu sprechen.
    „Tessa… bist du mir noch sauer?“, fragte sie leise.
    Tessa seufzte und zuckte mit den Schultern.
    „Ich weiß nicht. Irgendwie ja“, erwiderte sie dann.
    Monika betrachtete resigniert ihre Fußspitzen und wusste offenbar eine Weile nicht recht, was sie daraufhin sagen sollte – etwas, das bei ihr äußerst selten vorkam.
    Dann setzte sie an und erwiderte: „Weißt du… das ist alles einfach blöd gelaufen…“


    Tessa sah sie skeptisch an.
    „Ja, das schon, aber nicht nur das…“, antwortete sie daraufhin.
    Monika nickte schuldbewusst.
    „Ich weiß. Ich hätte es dir sagen sollen. Das mit Niklas und mir, meine ich.“
    Tessa machte eine zustimmende Kopfbewegung.
    „Ja, das wäre besser gewesen.“
    „Aber… ich habe mich nicht getraut“, gestand Monika ein. „Ich… ich hatte solche Angst vor deiner Reaktion. Mir war klar, dass du aus allen Wolken fallen würdest… und am Anfang war alles noch so frisch. Ich wollte mir selbst erst einmal über alles klar werden, bevor ich es dir sage.“



    Tessa seufzte. „Ja… ein Stückweit kann ich das verstehen, nur… das war nicht richtig.“
    „Das weiß ich“, gab Monika zu. „Ich würde es heute auch anders machen, wirklich, Tessa. Ich meine, wir sind doch Freundinnen, wir haben uns immer alles gesagt. Ich kann verstehen, dass du dich hintergangen gefühlt hast.“
    „Aber nicht nur das“, erwiderte Tessa und holte tief Luft. „Moni… ich…ich will deine Gefühle nicht verletzen, aber… ich kann das einfach nicht begreifen, dass du … du und Niklas… ich meine… nach allem, was ich dir über ihn erzählt habe. Nach allem, was zwischen ihm und mir abgelaufen ist… ich kann das nicht verstehen, wie kann ein so reifer, verständnisvoller Mensch wie du… mit deinem Hintergrund… sich mit ihm einlassen? Mit jemandem wie Niklas?“


    Monika seufzte. „Ich dachte mir, dass du das nicht verstehen kannst. Und wenn ich in deiner Position wäre, würde es mir sicher nicht anders gehen. Aber Tessa… ich… wie soll ich dir das nur erklären? Es hat eben einfach gefunkt. Ich hab zuerst versucht, dagegen anzukämpfen. Ich wollte dich nicht verlieren, nicht verletzen. Und natürlich wusste ich ja, wie Niklas damals über alles dachte, und ich habe es aufs schärfste verurteilt.“
    Tessa lehnte sich zurück, als die Kellnerin ihnen die bestellten Sachen auf den Tisch stellte und betrachtete nachdenklich ihren Teller.
    „Aber… wieso hast du dich um entschieden?“, fragte sie dann.



    Monika zuckte hilflos mit den Schultern.
    „Es hatte mich erwischt“, gestand sie ein. „Ich war verliebt. Es… es war beängstigend, denn seit Kevin hatte ich mich so eigentlich nicht mehr gefühlt. Und Niklas… hat nicht aufgegeben. Er hat mich mehrmals angerufen, und schließlich habe ich einem weiteren Treffen zugestimmt.“
    Tessa schluckte und fragte sich, zu welchem Zeitpunkt das alles wohl hinter ihrem Rücken geschehen sein mochte. Kurz bevor oder schon nachdem sie mit Niklas gesprochen hatte?
    Monika beobachtete ihre Freundin angespannt und fuhr dann fort: „Weißt du… ich … konnte einfach nichts tun. Es sind meine Gefühle, und ich war hilflos. Niklas, er… ich habe ihn ganz konkret darauf angesprochen, was er heute von Drogensüchtigen hält. Und wieso er sich dir gegenüber so verhalten hat damals. Er hat es mir erklärt.“


    Tessa sah auf. „Ach? Und was hat er dir gesagt?“
    Monika zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, dasselbe wie dir… dass er sich Sorgen um dich gemacht hat damals. Aber auch eifersüchtig war. Tessa, sein Verhalten war nicht richtig. Ganz und gar nicht. Vermutlich war es sogar noch weniger richtig als wir dachten, wenn wir darüber gesprochen haben…“
    „Und trotzdem kannst… du dich auf ihn einlassen?“, fragte Tessa verständnislos. „Moni, er hat mich benutzt. Er hat meine Eltern gegen mich ausgespielt. Mich als sein Eigentum betrachtet, während er nett in der Gegend herum flirtete.“
    Monika schwieg betreten, denn offenbar wusste sie dagegen nicht viel einzuwenden.




    Nachdem beide eine Weile geschwiegen und in ihrem Essen herumgestochert hatten, ergriff Monika doch wieder das Wort: „Weißt du, Tessa… ich kann nicht viel darüber sagen, was damals war. Auch zwischen euch. Ihr habt vielleicht nie recht begriffen, dass ihr nicht mehr zusammen seid. Ich meine, auch du hast doch mal zugegeben, noch ein bisschen was für Niklas empfunden zu haben, bevor du Jess kennen gelernt hast.“
    „Ja, aber ich war immer solo. Ich hätte nie… ich habe mich für ihn gefreut, als er mit dieser Bettina zusammen kam…“
    „Aber nicht jeder Mensch ist so wie du, Tessa. Und… wir alle machen Fehler. In der Vergangenheit. Wichtig ist doch, dass wir daraus lernen.“
    Tessa schwieg und seufzte. „Ja, Monika. Mag sein. Nur hat Niklas wirklich daraus gelernt?“


    Monika nickte. „Ja, davon bin ich überzeugt. Sonst hätte ich mich doch gar nicht auf ihn einlassen können, Tessa.“
    Tessa sah sie skeptisch an. „Du hast gesagt, du hast ihn direkt gefragt, was er heute über Drogensüchtige denkt. Was hat er da geantwortet? Ich habe nämlich auf meine Fragen hin darüber keine echte Antwort bekommen.“

    Tabatha: Danke für Deinen Kommi! Ja, Menschen können sich ändern. Mal sehen, ob das bei Niklas denn auch der Fall ist...


    Nina: Ja, klar, hat Jess sich entschuldigt :)
    Und ich denke auch, es war gut, dass Tessa zu ihm gefahren ist. Wie es mit ihr und Monika weitergeht, kommt heute raus.
    Danke für Deinen Kommi!

    Hei Jane!


    Diesmal fällt mir gar nicht sooo viel zum Schreiben ein. :D


    Erstmal finde ich es gut, dass Eric mit Tobias geredet hat. Das muss für den armen Kerl ja auch schon etwas unangenehm gewesen sein. Und so wie es ausschaut, ist Tobias ja wirklich sehr vernünftigt und umsichtig, was Sabrina angeht, und weist ihr die grenzen auf und nimmt eine große Rücksicht auf ihre Behinderung.


    Ich weiß ja nicht, wie die ärztliche Diagnose genau ist, aber irgendwie wirkt Sabrina auf mich nie wie ein Kind. Nicht wegen des Aussehens. Sie wirkt auf mich eher wie... "2 Seelen wohnen, ach, in meiner Brust", weißt Du, was ich meine?


    Und vielleicht sieht ihre berechtigt besorgte Familie halt nur die eine Seite, und Tobias dafür eben verstärkt die andere. Ich glaube jedenfalls, Regula muss Sabrina irgendwann auch los lassen. Vielleicht wächst diese ja doch noch über sich hinaus. Und es wäre nicht das erste Mal, dass eine düstere Diagnose der Ärzte sich als nicht ganz so dramatisch erweist und der Mensch die Ärzteschaft in der Entwicklung seiner selbst zu überraschen versteht!


    Die Bilder waren wie immer grandios, besonders das mit den Badmintonschlägern :) Toll!

    Er lächelte sie an. Tessa lächelte zurück, sah der Katze nach, die sich mauzend weiter auf ihren Weg durch den Garten machte und nickte.
    „Ja, da hast du wohl recht.“



    Jess stand ebenfalls auf und zog sie zu sich. Sanft gab er ihr einen Kuss.
    „Geht es dir jetzt ein bisschen besser?“, fragte er behutsam.
    Tessa nickte. „Ja. Viel besser. Ich wünschte nur, ich müsste jetzt nicht alleine zurückfahren.“
    Jess lächelte schmerzlich. „Das wünschte ich auch. Es fällt mir schwer, dich jetzt gehen zu lassen. Aber ich weiß, dass du das schaffen wirst.“



    Tessa lächelte. „Ja, bestimmt. Und wir können ja telefonieren, nicht wahr?“
    „Aber natürlich.“ Er strich ihr sanft über die Wange. „Pass auf dich auf, ja? Und fahr vorsichtig nach Haus.“
    Sie nickte. „Versprochen.“
    Gemeinsam gingen sie zum Ausgang, wo Jess stehenblieb. Sie küssten sich noch einmal, dann ging Tessa langsam los.
    „Tessa!“, rief Jess ihr hinterher, als sie einige Schritte gegangen war.
    Sie drehte sich herum.
    „Sei tapfer, ja?“
    Tessa lächelte und nickte. „Natürlich“, antwortete sie und hob die Hand, um ihm zu zuwinken.



    Jess tat es ihr nach und lächelte ihr noch einmal zu.
    Dann verschwand er wieder im Garten, während Tessa sich umdrehte und zurück zum Auto ging. Sie verharrte einen Moment am Ende des Zaunes und blickte zurück zu dem Gebäude, in dem Jess nun wohl wieder verschwunden war. Sie war froh hergekommen zu sein.
    Und mit wesentlich leichterem Herzen als kurz zuvor machte sie sich auf den Heimweg.



    Fortsetzung folgt.

    Tessa schüttelte den Kopf. „Das tut jetzt doch nichts zur Sache!“, rief sie aufgebracht. „Abgesehen davon hatte ich nicht das Gefühl, dass seine Grundeinstellung zu Menschen wie dir anders wäre als damals, wenngleich nicht mehr so extrem! Aber selbst das ist egal! Es geht nicht um Niklas und mich, sondern Monika um mich!“
    Jess sah sie sanft an. „Ja, ich weiß, Tessa. Aber… es geht auch um Niklas.“



    Tessa sah ihn fragend an.
    „Nun, Tessa… was macht dich so wütend daran, dass Niklas und sie sich verliebt haben? Zweifelsohne war es falsch, dich nicht einzuweihen. Und es muss schlimm für dich sein, es so erfahren zu haben. Das war ein riesiger Fehler von beiden. Aber wir machen eben Fehler, dafür sind wir Menschen“, sagte Jess einfühlsam und sah Tessa liebevoll an. „Du weißt das.“



    Tessa nickte unsicher. „Ja… aber weißt du… wieso gerade Moni? Wie kann sie sich auf so einen Menschen einlassen… mit ihrem Hintergrund… ich meine, ich gönne Moni von ganzem Herzen eine neue Liebe. Aber doch nicht Niklas! Nicht ihn! Er ist so… oberflächlich, er kann arrogant sein und wenn ich daran denke, wie er sich verhalten hat… das ist inakzeptabel gewesen. Kein Mensch kann sich so sehr ändern, Jess, dass er von einer derartig schlechten Meinung, einer solchen Halsstarrigkeit in das andere Extrem verfällt.“
    Jess sah Tessa erstaunt an.
    “Aber Tessa”, erwiderte er. “Du weißt, dass das nicht stimmt. Menschen können sich durchaus ändern. Ich tu es. Du hast getan. Sogar deine Eltern versuchen es.“
    Tessa sah ihn betroffen an. „Denkst du das wirklich?“



    Jess nickte. „Ja, aber natürlich. Ich gebe dir ja recht, Tessa. Es ist schwer nachvollziehbar, wie Monika sich ausgerechnet in jemanden wie Niklas verlieben kann, es scheint nicht zu passen. Und es ist ganz normal, dass du dich hintergangen fühlst.“
    „Nicht nur das“, sagte Tessa schnell. „Ich habe Angst wegen Moni. Dass er sie verletzt. Moni ist viel zu gut für ihn!“
    Jess lachte leise auf. „Ach, Tessa. Merkst du nicht, dass du dich gerade so verhältst, wie du es von allen anderen Leuten nie erwartet hast?“
    „Was meinst du?“
    Er sah sie lange an. „Denkst du denn, nur ein Mensch hat damals, als wir zusammen kamen, gedacht, ich sei gut für dich? Wir passen zusammen?“
    Betroffen schluckte Tessa. „Nein, natürlich nicht. Aber das ist doch etwas ganz anderes.“
    Jess nickte. „Es ist anders, ja. Aber nicht so sehr. Ich glaube, du solltest den beiden eine Chance geben.“
    Tessa schluckte und sah traurig zu Boden.
    „Ich weiß nicht, ob ich das kann“, sagte sie leise.
    Jess nickte verständnisvoll. „Ich weiß.“



    „Ich… ich hab das Gefühl, als würde ich meine beste Freundin verlieren. Moni war immer so mein Schiff in der Brandung…“, sie sah ihn rasch an. „Nimm mir das nicht übel, ich meine- auch in der Zeit, als du noch fort warst.“
    „Ich bin dir nicht böse darum. Sprich weiter.“
    „Und nun… ich habe das Vertrauen zu ihr verloren. Ich meine, nun … nun ist sie mit Niklas zusammen… sie sind sich nah… mein ganzes Bild von ihr hat sich verschoben… ich hätte das nie gedacht. Und ich weiß nicht mehr, wie ich sie einschätzen soll. Und dass sie es mir nicht gesagt hat, macht alles nicht gerade besser.“
    Jess nickte, zog Tessa dichter an sich heran und drückte sie an sich.
    „Zeit heilt alle Wunden“, sagte er sanft. „Glaub mir. Du und Monika, ihr solltet euch mit etwas Abstand aussprechen. Gib ihr die Chance, dir zu erklären, was los war. Sich zu entschuldigen. Dann kannst du weitersehen.“
    Tessa nickte und klammerte sich fest an ihn.



    „Es ist tut so gut, bei dir zu sein“, murmelte sie und sah ihn dann an. „Bekommst du jetzt auch keinen Ärger wegen mir?“
    Jess lachte. „Nein, ich glaube nicht. Auch wenn wir das sicher nicht zur Gewohnheit werden lassen sollten. Aber ich bin froh, dass du hergekommen bist. Dass du es nicht mit dir abmachen wolltest.“
    Er sah sie zärtlich an. „Und tut mir auch leid wegen gestern.“
    Tessa nickte. „Mir auch.“
    „Ich denke, das gehört wohl zu einer Beziehung dazu. Sich zu streiten, meine ich.“
    Tessa seufzte lächelnd. „Ja, ich fürchte auch.“
    Jess strich ihr ein Haar aus der Stirn. „Bald bin ich ganz bei dir. Und dann musst du dich nicht mehr wie ein Dieb einschleichen, wenn du meine Hilfe brauchst. Dann bin ich immer für dich da, wenn du mich brauchst.“
    Tessa lächelte dankbar. „Das ist ein schöner Gedanke“, stellte sie leise fest.



    Sie rutschte vorsichtig wieder von Jess´ Schoß herunter und starrte auf die Halme des Seegrases im Teich.
    „Aber ich weiß nicht, ob ich Monika einfach so gegenüber treten kann. Ich … fühle mich so verletzt. Ich kann es immer noch nicht fassen…“
    Jess strich über ihren Rücken. „Lass dir Zeit, Tessa. Schlaf eine Nacht darüber oder auch mehrere. Dann sieht die Welt sicher wieder anders aus…“
    Tessa nickte. Im Gebüsch raschelte es und einen kleinen Augenblick später tauchte eine schwarze Katze auf, deren Augen im Mondlicht funkelten. Mauzend strich sie um Tessas Beine herum und diese sagte lächelnd: „Na, du?“



    Sie löste sich vorsichtig aus Jess´ Umarmung, stand auf und beugte sich zu der Katze hinunter.
    „Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, sie anzurufen“, gestand sie dann, während sie der Katze sanft die Ohren kraulte, woraufhin diese genüsslich zu schnurren begann.
    Jess sah den beiden lächelnd zu und sagte dann: „Ich denke, das wirst du gar nicht müssen. Bestimmt meldet Monika sich bei dir. Tessa, du solltest ihnen eine Chance geben. Wirklich.“



    Tessa nickte.
    „Es fällt mir nur schwer, mir das vorzustellen. Jetzt gerade.“
    „Ja, aber weißt du… wir waren auch froh um jeden Menschen, der uns eine gegeben hat, nicht wahr?“

    Kapitel 81
    Weitsicht


    Tessa wischte sich unwirsch die Tränen aus dem Gesicht. Ihre Hände zitterten, ebenso ihre Knie, als sie langsam aus dem Wagen ausstieg. Ohne nachzudenken ging sie den vertrauten Weg entlang. Sie wusste nicht einmal recht, was sie hier tat. Ein Schaudern überlief sie. Immer wieder stiegen ihr die Bilder von Monika und Niklas in den Kopf und die Schmach, die sie erfasst hatte, als sie erkennen musste, was zwischen beiden vor ging.
    Wieder stiegen ihr die Tränen in die Augen. Ihr MakeUp musste inzwischen völlig verschmiert sein, doch es war ihr gleich. Langsam setzte sie einen Fuß vor den anderen, fast mechanisch, bis sie ihr Ziel erreicht hatte.
    Seufzend blieb sie vor dem großen, hellen Gebäude stehen. Durch die Fenster drang heimeliges Licht nach draußen. Irgendwo zierpte eine Grille. Es wirkte alles so friedlich. Tessa schluchzte leise auf und ließ die Schultern hängen.


    Was tat sie hier eigentlich? Sie wusste es nicht genau. Sie wusste nur, dass Jess hinter diesen Mauern war, und allein das schien ihr wie automatisiert genügt zu haben, hier her zu fahren. Erst jetzt, da sie im Garten der Villa stand, fragte sie sich, was sie hier tat. Es war keine Besuchszeit. Sie war Jess so nah, und doch war er unerreichbar für sie.
    Wieder begann sie zu schluchzen. Sie fühlte sie so einsam wie selten zuvor.
    „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, klang eine verwundert-besorgte Stimme an ihr Ohr.
    Tessa sah auf und blickte einem rothaarigen Mann ins Gesicht, den sie anhand seiner Kleidung sofort als einen der Ärzte der Anstalt identifizierte.


    Tessa schniefte und sah den Mann unsicher an. „Ich… ich weiß nicht“, stammelte sie dann verunsichert und wusste nicht recht, was sie sagen sollte.
    Der Mann kam einfühlsam ein Stück näher und sagte: „Ich bin Doktor Teving… und… ich kenne sie… sind Sie nicht die Freundin von Herrn Berger?“
    Tessa nickte langsam. „Ist etwas geschehen?“, fragte der Arzt vorsichtig. „Sind sie darum her gekommen?“
    Tessa schniefte wieder. „Ja… nein… ich…“, stammelte sie dann und schämte sich zugleich. „Ich wusste nicht recht wohin“, sagte sie darum wahrheitsgemäß und starrte auf den Boden.
    „Sie wissen, dass keine Besuchszeiten mehr sind?“, fragte der Arzt sanft und sie nickte betreten.
    „Ist etwas schlimmes geschehen?“, wollte ihr Gegenüber wissen. Tessa wusste nicht recht, was sie sagen sollte und zuckte mit den Schultern.
    „Das kommt wohl auf die Betrachtungsweise an“, sagte sie mit zitternder Stimme.
    Doktor Teving nickte verständnisvoll und spürte, dass er nicht weiter in sie dringen sollte.
    „Hören Sie“, sagte er vorsichtig. „Eigentlich verstößt es gegen die Regeln, aber ich denke, in Ihrem Fall kann ich durchaus eine Ausnahme machen. Soll ich Herrn Berger benachrichtigen, damit Sie beiden kurz sprechen können?“


    Tessa sah ihn überrascht an. „Das… würden Sie das tun?“
    Er nickte. „Ja, auch wenn es nicht dem Reglement entspricht. Aber natürlich ist das hier kein Gefängnis, und Herr Berger nicht völlig unerreichbar, das wissen Sie doch. Ich werde sehen, ob ich ihn finde. Bleiben Sie doch so lange hier, ja…“
    Er warf ihr einen besorgten Blick zu. „Ich kann Sie doch alleine lassen?“
    Tessa nickte tapfer. „Ja“, sagte sie und versuchte ein dankbares Lächeln, was nicht ganz gelingen wollte. „Natürlich. Vielen Dank.“
    Der Arzt nickte und ging durch die Tür. Tessa sah ihm nach, wie er die Treppen nach oben ging.


    Einen Moment blieb sie stehen und starrte bewegungslos in die Richtung, in welche der Arzt verschwunden war. Dann fuhr sie sich seufzend über die feuchten Augen und schauderte.
    Sie warf einen Blick in den klaren Sternenhimmel und spürte, wie sich ihre Augen erneut mit Tränen füllten. Sie fühlte sich so verletzlich, so verraten… es gab wenig Menschen, denen sie je so vertraut hatte wie Monika. Und ausgerechnet sie war es, die ihr so weh tat- wer sollte das begreifen, fassen, verarbeiten können?
    Erneut musste Tessa schniefen und hätte beinahe wieder zu weinen angefangen, wäre die Türe hinter ihr nicht schwungvoll geöffnet worden und gleich darauf Jess´ warme Stimme an ihr Ohr gedrunen.
    „Tessa!“, rief er atemlos. „Was… was ist denn los? Doktor Terving hat mir gesagt, dass du hier unten bist und etwas passiert sein muss!“
    Tessa wischte sich übers Gesicht und antwortete mit zitternder Stimme: „Ja… oder nein… ich… ach Jess…“


    „Hey, was ist denn los?“, fragte dieser besorgt, trat näher an sie heran und fasste sie sanft am Arm. Sie sah auf und blickte direkt in seine blauen Augen, die sie besorgt und fragend musterten. Seine Nähe und fürsorgliche Gegenwart schienen ihre letzte Beherrschung dahin gehen zu lassen und Tessa begann hemmungslos zu weinen.
    Erschrocken zog Jess sie näher an sich und redete beruhigend auf sie ein.
    „Schhh…“, sagte er sanft. „Schh, ist ja gut, Tessa. Was immer es ist, wir schaffen das schon. Schh… beruhig dich doch.“
    Doch Tessa konnte nicht, sie schluchzte haltlos weiter.
    „Ach Jess“, stammelte sie zwischen den Schluchzern. „Du wirst mich für dumm und hysterisch halten!“


    Nach einer Weile schaffte sie es, sich wieder so weit zu beruhigen, dass Jess sie zu einer der Bänke führen konnte, wo sich beide hinsetzten.
    Jess zog sie an sich heran und sagte sanft: „Nun erzähle mal von vorne… was ist passiert? Ist etwas mit deinen Eltern?“
    Tessa schüttelte den Kopf. „Nein“, sagte sie leise. „Nein, nein, gar nicht. So schlimm ist es nicht… es ist… ach, Jess… ich bin so traurig und fühle mich so verraten.“
    Und so schnell wie möglich schilderte sie ihm unter einigen Schluchzern, was sich nur eine Stunde zuvor ereignet hatte. Jess strich ihr dabei immer wieder beruhigend über Rücken und Haar und hörte ansonsten schweigend und aufmerksam zu.


    Als Tessa schließlich fertig war, schniefte sie noch einmal und sah Jess dann fragend an. Dieser jedoch erwiderte zu erst nichts, strich ihr nur weiter über den Rücken und sah sie aufmerksam an.
    „Was sagst du?“, fragte Tessa schließlich traurig.
    „Nun… es war sicher ein Schock für dich, das so zu erfahren“, erwiderte Jess vorsichtig.
    Tessa verzog das Gesicht.
    „Ein Schock ist gelinde gesagt!“, erwiderte sie wütend. „Ich… fühle mich so verraten und verkauft, Jess! Monika hat mir immer alles gesagt! Und ich dachte, sie zu kennen! Es will mir einfach nicht in den Kopf, wie sie sich mit einem wie… wie Niklas einlassen kann! Nach allem, was sie über ihn weiß!“
    Jess überlegte einen Moment und betrachtete das Wasser des Teiches vor sich.


    „Niklas… du hast nie viel über ihn erzählt“, sagte er dann. „Nur dass er dir sehr weh getan hat und so eine schlechte Meinung über mich äußerte.“
    Tessa nickte und erklärte ihm in kurzen Worten, was damals geschehen war und was sich ereignet hatte, seit sie Niklas im Park wieder begegnet war.
    Jess nickte langsam. „Aber Tessa, war es nicht auch mutig von Niklas, sich mit dir auszusprechen?“

    Gwendoline: Hm, ich weiß nicht, ob es wirklich so sehr überreagiert war. Tessa fühlt sich eben einfach total verraten und hintergangen und das von einem der wichtigsten Menschen ihres Lebens. So viel haben Moni und sie durchgestanden und ich glaube, tessa hätte ihr jeden Mann zugetraut, nur nicht Niklas, was nach dessen Aussagen damals ja auch klar ist.
    Dass Tessa egoistisch war, weil sie reinplatzte, finde ich übrigens nicht ;) Ich habe ja geschrieben, dass die beiden sich sehr oft "einfach spontan" besucht haben. Tessa dachte zuerst nur, Monika habe ein Problem und fand sich egoistisch, weil sie das nicht sofort bemerkt hat, als diese die Tür öffnete. Was das Problem war, ist dann ja klar geworden.
    Jess hat sich überreagiert, er war aber eben halt einfach nur schlecht gelaunt und überreizt, das ist ja jeder mal. Und gerade in einer Situaiton wie seiner kann man ja auch nicht nur gut gelaunt sein.
    Das Wetter - ja, das hat sich da so reingeschlichen *lach* Aber ist im wahren Leben ja auch oft so, dass man übers Wetter redet, ständig und überall!
    Danke für Deinen KOmmi!!




    Ines:
    ich gebe dir recht, es gibt einfach Tage, an denen ist man mies drauf. Und da ist Abstand oft das einzig vernünftige, solange bis sich alle wieder beruhigt haben, von daher war es ganz gut, dass sie gegangen ist.
    Was Moni anbelangt, natürlich ist ihr eine neue Liebe zu gönnen.
    Aber sie hätte es Tessa schon sagen müssen. Ich glaube nicht, dass das nur aus Rücksicht war. Sondern auch ein bißchen aus Feigheit. Auch wenn das Monikas Image sicher etwas ankratzen würde. Aber der Moment wäre ja eh irgendwann gekommen und was hätte es für einen Sinn, es Tessa zu verschweigen, außer sich selbst vor der unbequemen Situation zu drücken? Tessa war nicht mehr oder weniger belastbar als sonst auch, dass Moni hätte sagen müssen, ich warte noch. So ist nur passiert, was unbedingt verhindert hätte werden sollten - dass Tessa es durch Dritte oder eben zwischen Tür und Angel erfährt.
    Wie es mit Moni und ihr weitergeht, ist noch fraglich, aber man wird es bald erfahren!
    Danke für Deinen tollen Kommi!




    Nina:
    Ja, Du hast recht, Tessa war in dem Streit auch etwas seltsam drauf. Ich denke, sie muss das auch erst noch lernen und ihr Helfersyndrom zurück stellen. Jess darf ja auch mal mies drauf sien. Aber die beiden haben halt noch gar keine Erprobung und Übung im Beziehungsalltag, das merkt man deutlich an dieser Stelle.
    Was Moni gemacht hat, war sicher keine Glanzleistung. Dass sie Niklas eine Chance gibt, ist die eine Sache, aber es Tessa nicht zu sagen, die andere.
    Wie es weitergeht mit den beiden, erfährt man bald!
    Danke für Deinen Kommi!




    Josijusa: Interessant, wie Du das siehst. Ich finde aber nicht so ganz, dass Tessa so kindisch war. Ich finde, sie ist viel mehr "nur" emotional. Ich finde auch ihre Reaktion gegenüber Niklas eigentlich korrekt. Ich meine, er hat ihr sehr weh getan damals. Und seine Aussagen, was er heute über Drogensüchtige denkt, waren doch mehr als nur schwammig. Und auch dass er damals aus Eifersucht so gehandelt hat - das ist zwar menschlich, aber nicht halb so heldenhaft wie man damals dachte. Da dachten alle Leser noch, es sei, weil er Tessa schützen will. Aber das hat ihn gar nicht in edr Hauptsache getrieben. Er war viel mehr berechnend. Also eigentlich ist Niklas ein ganze Stück schlechter weggekommen als man dachte ;) und darum ist es für mich ganz klar, dass Tessa nun nicht unbedingt superversöhnlich sein kann. Außerdem war sie ja auch gar nicht sooo unversöhnlich, sie hat ihn ja angehört und gesagt, man kann in kontakt bleiben, nur eine echte Freundschaft hat sie ausgeschlossen, weil sie die Zeiten eben geändert haben. Ich denke, alte Freundschaften zu beleben, ist ohnehin etwas sehr schwieriges. Bei mir perösnlich hat es bisher nur seltenst geklappt. Man verändert sich einfach zu sehr und wenn das, worauf man von früher zurück greifen kann, nicht sehr stark ist oder das Zerwürfnis nicht schlimm war, klappt es vielleicht, aber meiistens ist es schwierig.
    Was Jess angeht, so denke ich auch, es war Beziehungsalltag. Und beide müssen das einfach noch lernen. Und ich glaube auch, Niklas und Jess kann man da nicht so ganz vergleichen. Abgesehen davon würde ich meinen Freund auch viel mehr vergeben als einem Mann wie Niklas *lach* ist wohl normal.
    Was aber stimmt ist, dass Tessas Emotionalität der ersten Folgen wieder etwas rausgekommen ist, das stimmt. Sie hat durch Monis "Verrat" eben einfach ihre Sicherheit verloren. Moni ist und war so wichtig für sie, der Mensch, dem sie voll vertraut hat. Wohl mehr als Jess sogar! Sicher!
    Und dann passiert sowas. Das bringt das Weltbild gerne mal zum Wanken, auch wenn es "eigentlich" gar nicht soooo schlimm ist.
    Danke für Deinen sehr tiefsinnigen Kommi!



    Jane: Wow, was für ein langer Kommi! Was Deinen Re-Kommi angeht, sprichst Du viele wichtige Punkte an. Ich denke, man wird sehen müssen, wie sich das Verhältnis weiter entwickelt zwischen den Wagners und Jess/Tessa.
    Was Niklas angeht, so bin ich froh, dass Du die erste bist, die dessen "Herumschleichen" um echte Antworten bemerkt hat und auch, dass er zwar Erklärungen angegeben hat, aber keine echte Aussagen zu treffen fähig war. Darum ist auch Tessas Zurückhaltung zu verstehen, finde ich.
    Ich dachte schon, ich habe das total vergrutzt beim Schreiben, weils niemandem aufzufallen schien.
    Was Monika angeht, gefällt mir auch Deine Skepsis sehr gut. Monika ist eigentlich sehr vernünftig, ja. Aber vielleicht ist sie bei Niklas doch etwas blind geworden? Man weiß es nicht genau, das ist richtig. Es ist auf jeden Fall seltsam, dass die beiden sich gefunden haben und durchaus mit etwas Skepsis zu betrachten, völlig richtig.
    Die Zeit wird zeigen, ob Niklas sich wirklich verändert hat oder nicht.
    Danke für Deinen Kommi!



    Kiara: Deine Alternativen sind korrekt. Eigentlich kann tessa sich nun nur distanzieren oder aber verzeihen und annehmen. Wobei das erste natürlich sehr schwer wäre. So viel wie beide durchgemacht haben. Und ganz korrekt wäre das auch nicht.
    Ja, diese zwei Tage gingen echt in die Hose für die ARme.
    Danke für Dein Lob bzgl der Bilder und danke für Deinen Kommi!




    @Llyn: Was Tessas Weggehen bei Jess angeht, war das wohl echt das beste. Was Moni angeht, so glaube ich gar nicht unbedingt, dass die immer so viel stärker war. Zum einen wurde es durch mich so dargestellt, weil es ja nicht um Monis Geschichte ging. Zum anderen ist es glaub auch einfach ihr Alter, denn sie ist ja etwas älter als Tessa und das merkt man deutlich.
    Aber Moni ist auch oft schon einfach so zu Tessa gekommen, das hatte ich ja erwähnt, und daher ist das für beide eigentlich auch normal.
    Wo ich Dir widersprechen muss :) ist bei dem Punkt, dass Moni es ihr nicht gesagt hat. Ich glaube durchaus, es wäre für Tessa viel weniger verletzend gewesen, hätte sie es ihr gesagt. In Ruhe und im rechten Zeitpunkt. Denn so fühlt sie sich ja völlig hintergangen, verraten und verkauft. Und anders wäre sie sicher auch platt, durcheinander und völlig geschockt gewesen, aber Monika hätte in Ruhe mit ihr reden können und es wäre wohl gar nicht so eskaliert. Alleine dass Niklas in dem Moment anwesend war, ist ja eigentlich Grütze gewesen.
    Und ich denke, darum auch ihre sehr emotionale Reaktion.
    Danke für Deinen Kommi!

    „So“, brummte Frau Wolf. „Sind wir nun alle wieder auf unseren Plätzen? Gut. Hallo noch mal an euch alle, ihr wisst ja inzwischen, wie ich heiße, aber ich nicht, wie ihr heißt. Darum will ich, dass sich jeder von euch kurz vorstellt. Ab morgen möchte ich, dass ihr euch Namensschilder schreibt und auf den Tisch stellt, damit wir das Kennenlernen erleichtern können. Also dann fangen wir mal zu meiner Linken an.“



    Shylah schluckte, als sie bemerkte, dass sie als zweite dran kommen würde. Ehe sie recht wusste, was sie sagen sollte, war die Reihe schon an ihr und etliche Augenpaare starrten sie neugierig an.
    „Ich… ich bin Shylah“, sagte sie mit dünner Stimme. „Shylah Schumann.“
    „Shylah, was das denn für ein bekloppter Name?“, brüllte einer der Jungen, woraufhin ein Gelächter erfolgte. Shylah lief puterrot an und starrte auf ihre Fußspitzen.
    „Ruhe dahinten!“, fuhr die schneidende Stimme von Frau Wolf durch den Raum. Mit wogenden Hüften schritt sie auf den Tunichtgut zu und fixierte ihn streng.
    „Name!“, bellte sie dabei und der eben noch so vorlaute Junge wurde auf seinem Sitz ganz klein, als er leise sagte: „Joachim Lechner…“
    „So, so, Joachim. Einen wirklich schönen Namen hast du da“, stellte die Lehrerin spöttisch fest und sagte dann: „Wie du es wohl fändest, wenn wir nun alle eine Runde über deinen Namen lachen?“
    Er schluckte und sagte gar nichts.
    Frau Wolf kehrte nach vorne zurück, warf einen Blick in die Runde und sagte dann ernst: „Ich erwarte nicht viel von euch, denn ich halte nichts von übertriebener Strenge. Aber ich erwarte, dass ihr eure Mitschüler und Mitschülerinnen respektiert und sie nur so behandelt, wie ihr selbst euch wünscht, behandelt zu werden. Ist das klar? Es ist nicht lustig, wenn man auf Kosten anderer lacht, haben wir uns verstanden?“



    Sie warf Shylah einen Blick zu und lächelte sie dann aufmunternd an.
    Diese erwiderte das Lächeln zaghaft, während ihre Sitznachbar ebenfalls recht schüchtern seinen Namen vortrug, woraufhin niemand in der Klasse mehr wagte, auch nur die kleinste Reaktion zu zeigen.
    So verlief die Vorstellungsrunde ohne weitere Zwischenfälle. Dann teilte Frau Wolf die Stundenpläne aus, versprach, am kommenden Morgen eine Führung durch die Schule zu machen, da sie der Meinung war, dass alle heute schon genug erlebt hätten und sich ohnehin nichts mehr einprägen könnten.
    „Ich werde euch in den Fächern Englisch, Geschichte und Sozialkunde unterrichten“, erklärte sie dann ihrer Klasse. „In allen anderen Fächern habt ihr andere Lehrer, der jeweilige Name steht auf eurem Stundenplan. Ihr bleibt fast immer in diesem Raum hier, ausgenommen sind allerdings der Biologie-, Kunst- und Sportunterricht. Habt ihr noch Fragen?“



    Da sich niemand mehr meldete, nickte Frau Wolf und entließ die Klasse für den heutigen Tag, um zurück in die Obhut der unten wartenden Eltern zu kehren.
    Alexandra und Moritz saßen auf einer der Sitzbänke im Foyer und begrüßten Shylah herzlich, als sie mit klopfendem Herzen, aber froh, es hinter sich zu haben, wieder nach unten kam.
    „Na, wie war es?“, fragte Moritz gespannt. „Schlimm?“
    „Ein bisschen“, gab Shylah zu. „Aber Frau Wolf ist wirklich nett.“

    Alexandra lächelte spöttisch. „Na, wenigstens etwas bei dem schlechten Geschmack, den sie offensichtlich hat.“
    Frau Anton, die bei den beiden saß, lächelte Alexandra zu. „Sehr schrill, da muss ich Ihnen recht geben. Ich dachte zuerst, es sei eine Schülerin, denn dass eine Lehrkraft so angezogen ist, hätte ich nicht für möglich gehalten.“
    In diesem Moment kam Christina die Treppen herunter gerannt.
    „Mama, es ist toll gewesen!“, rief sie begeistert. „Unserer Lehrer ist wirklich nett und die Klasse scheint in Ordnung zu sein. Und morgen hab ich direkt als erstes Sport!“
    Sie wandte sich nun ihrer Freundin zu.
    „Und wie war´s bei dir? Eure Lehrerin war in aller Mund in unserer Klasse. Voll abgefahren.“
    „Ja, ich weiß“, lachte Shylah. „Und sie ist auch total krass drauf. Komm mal her, ich erzähl´s dir.“ Und schnell tuschelte sie ihrer Freundin zu, was im Klassensaal vorgefallen war.



    „Wow, nicht schlecht. Scheint, als sei nicht gut Kirschen zu essen mit ihr“, stellte Christina lachend fest.
    „Na, in dem Moment kam es mir zugute“, erwiderte Shylah lächelnd
    Die beiden quatschten noch ein wenig, während sich ihre Eltern angeregt über das Aussehen Frau Wolfs ausließen. Dann erhob sich Alexandra, blickte auf die Uhr und sagte: „Wir müssen leider los. Ich muss noch kochen und meinen Vater holen.
    Frau Anton nickte verständnisvoll. „Grüßen Sie ihn von mir.“
    „Danke, Frau Anton, das mach ich gerne. Shylah, verabschiede dich bitte. Wir müssen los.“
    Die beiden Freundinnen umarmten sich noch einmal.
    „Treffen wir uns heute Mittag bei dir?“, fragte Christina. „Dann können wir weiter erzählen.“



    „Abgemacht“, erwiderte Shylah mit einem fragenden Blick zu ihrer Mutter, die seufzend nickte.
    Die beiden winkten sich noch einmal zu, dann verließ Shylah mit ihren Eltern das Gebäude. Als sie ins Auto stiegen, blickte sie noch einmal zurück. Eigentlich war der Tag heute gar nicht schlecht gewesen, befand sie. Und spürte, dass sie sich auf den morgigen zu freuen begann.




    Fortsetzung folgt.

    Als es still genug war, lächelte der Mann und sagte mit lauter, kräftiger Stimme:
    „Herzlich Willkommen, meine Damen und Herren, liebe Schülerinnen und Schüler! Mein Name ist Helmut Rühling, und ich bin der Direktor dieser Schule.“ Er lächelte offen in die Runde und fuhr dann fort: „Es freut mich, Sie alle heute hier begrüßen zu dürfen. Das ist ein wichtiger Tag für all die Kinder, die heute eine neue Schullaufbahn hier starten. Ich hoffe, dass diese Zeit euch allen als eine schöne, aufregende und vor allem lehrreiche in Erinnerung bleiben wird!“




    Er hielt einen Moment inne und ließ den Blick durch die Runden schweifen. Shylah fühlte ihr Herz laut klopfen und hätte sich am liebsten ganz klein gemacht, ohne zu wissen, warum eigentlich.
    Herr Rühling wirkte nett und fair, aber sehr streng und wie ein Mann von Prinzipien.
    Dass dem so war, stellte sich aus durch die nachfolgenden Worte heraus: „Ein gemeinschaftliches Zusammenleben, wie es die Schule nun einmal ist“, fuhr dieser fort. „Bedarf natürlich auch gewissen Regeln und Rahmenbedingungen, damit es funktioniert. Darum möchte ich gleich zu Beginn auf einige Dinge hinweisen, die verboten sind. Zum einen ist das Rauchen überall streng verboten. Natürlich dürfte das hoffentlich noch niemanden von euch betreffen, und ich möchte euch auch mit auf den Weg geben, dies für immer so zu belassen. Solltet ihr aber dennoch einmal dazu kommen zu rauchen, ist das hier verboten. Dass jedwede Art von Drogen oder Waffen, auch Messern, ebenso verboten sind, ist selbst redend.“




    Alexandra warf Moritz einen entsetzten Blick zu, der fast so etwas wie „Hab ich es nicht gesagt“, hätte heißen können, doch dieser winkte ab und zischte. „Nur Theorie, Schatz, nur Theorie…“
    Auch Shylah musste schlucken. Drogen? Waffen? Zigaretten?
    All das waren Dinge, die sie höchstens aus dem Kinderfernsehen, wo vor ihnen gewarnt wurde, gekannt hatte. Sie schluckte und bekam noch mehr Angst vor den „großen Schülern“. Langsam wurde ihr klar, dass diese Schule hier wirklich ein ganz anderes Kaliber war als alles, was sie vorher erlebt hatte.



    Der Direktor sprach derweil weiter und erläuterte noch einige schulischen Grundsätze, erläuterte, wie viele Klassen und Schüler es gab, stellte die Pausenpläne vor und kam schließlich dazu, die Klassen vorzulesen.
    Er begann mit der ersten der beiden Gymnasialklassen, doch nachdem sie einige Schüler erhoben hatten und gemeinsam mit einem schlanken Lehrer mit Brille verschwunden waren, saß Shylah noch immer unter den Wartenden.
    „Mama… haben die mich falsch eingetragen?“, sagte sie leise in einem Anflug von Panik, doch ihre Mutter beruhigte sie: „Es gibt zwei Gymnasialklassen.“
    Da begann Herr Rühling auch schon, die zweite Klasse vorzulesen, und nun befand sich auch Shylahs Namen unter den genannten.
    „So, liebe Klasse 5GB, ich möchte euch jemanden vorstellen“, schloss Herr Rühling und nickte einer Person in der ersten Reihe zu. Daraufhin erhob sich eine dickliche Frau, die ein schrilles Kleid gehüllt und ebenso schrill geschminkt war.
    „Das ist eure Klassenlehrerin, Frau Wolf“, stellte Herr Rühling vor. Die Genannte trat nach vorne, lächelte und sagte dann mit einer rauchigen, aber nicht unangenehmen Stimme: „Hallo, meine Schäflein, ich bin Frau Wolf. Wenn ihr mir bitte folgen würdet. Bitte nur die Schüler. Die Mamas und Papas dürfen sich ein wenig entspannen, bis wir wieder kommen.“



    Alexandra schüttelte den Kopf und musste dann lächeln.
    „Was für eine Frisur!“, stellte sie fest. „Was für ein Kleid! Was für ein MakeUp! Was für eine Person! Shylah, ich glaube, da kannst du dich auf was gefasst machen!“
    Sie lachte leise.



    Shylah war gar nicht recht zum Lachen zumute, auch wenn sie die Lehrerin trotz ihrer gewöhnungsbedürftigen Erscheinung nicht unsympathisch fand. Sie musste jetzt aufstehen und vor allen Leuten hinter Frau Wolf aus dem Raum gehen.
    Das trieb ihr den Schweiß auf die Stirn, auch wenn sie nicht die einzige war, die sich nun erheben und nach draußen gehen musste.
    „Das wird schon“, munterte ihre Mutter sie auf.
    „Ihr wartet doch hier?“, fragte Shylah bange.
    „Aber natürlich“, beruhigte sie ihr Vater.



    Nun fand Shylah auch den Mut, aufzustehen und nach draußen zu gehen, wo Frau Wolf bereits mit einigen anderen Schülern stand. Nach zwei Minuten schienen alle eingetrudelt zu sein, Frau Wolf zählte ihre Schäfchen rasch ab und verkündete dann mit lauter Stimme: „Alle mir nach, ich zeige euch euren Klassenraum! Es ist der Raum 23A, er befindet sich im ersten Stock. Merkt euch den Weg gut, denn morgen bin ich nicht da, um euch zu navigieren!“



    Sie winkte ihre Schützlinge zu einem kleinen Grüppchen zusammen und führte sie dann die Treppe hinauf und durch einige verwinkelte Gänge, bis sie vor der Tür mit der Aufschrift „23A“ standen.
    „Geht schon mal hinein, ich hole noch schnell meine Notizen!“, rief Frau Wolf und schloss der Klasse auf, woraufhin alle gespannt in den Saal stürmten und sich die besten Plätze zu ergattern versuchten. Shylah nahm schüchtern auf einem der vorderen Stühle Platz und sah sich um. Einige kannte sie bereits aus ihrer alten Klasse, aber der Großteil der Schüler und Schülerinnen war ihr gänzlich fremd.
    Während die Klasse auf die Rückkehr der Lehrerin wartete, erhob sich langsam summendes Stimmgewirr und bald hielt es die ersten nicht auf ihren Plätzen. Ein Junge und ein Mädchen stürmten zum Fenster. Der Junge rief begeistert: „Ey cool, wir haben direkten Ausblick auf die Basketballplätze!“, während das Mädchen rief: „Da hinten wird es ganz dunkel, es gibt bestimmt noch Regen heute! Und ich wollte ins Schwimmbad!“

    Shylah jedoch beobachtete sie nur still und versuchte, so wenig wie irgend möglich aufzufallen.



    Zum Glück kam kurz darauf Frau Wolf zurück ins Zimmer. Sie pfiff einmal schrill und zur Überraschung ihrer Schützlinge scharf durch die Zähne, so dass die Gespräche schnell verstummten und die Ausreißer hastig auf ihre Plätze zurück eilten.

    Christina nickte eifrig. „Oh, auf jeden Fall. Mama und ich waren schon früher hier und da hatte die erste Stunde noch nicht begonnen! Ich sag dir, Shylah, die anderen hier sind alle so alt, dass ich richtig Angst bekommen habe!“
    Shylah schluckte. „Noch größer als die Viertklässler damals waren?“
    „Viel schlimmer“, gab Christina zurück. „Ich hab einen Zehntklässer gesehen, der sah richtig furchterregend aus! Der hatte überall Ringe in den Ohren und der Nase!“



    „Oh weh, da hab ich auch Angst vor“, sagte Shylah und machte ein bedenkliches Gesicht. „Und wir beiden werden nicht mal in eine Klasse kommen, ist das nicht furchtbar?“
    „Ja, echt blöd, aber du bist halt auf dem Gymnasium, und ich nicht“, sagte Christine bedauernd. „Aber es werden bestimmt viele andere von unserer ehemaligen Klasse dabei sein!“

    „Ja, aber ich versteh mich doch mit niemanden so wirklich gut, außer mit dir“, sagte Shylah und machte ein ängstliches Gesicht.
    „Das wird schon!“, wischte Christina ihre Bedenken weg. „In den Pausen hast du mich doch auch!“
    Während die Mädchen miteinander plauderten, sahen sich Moritz und Alexandra aufmerksam um.
    „Ich hab es mir schlechter vorgestellt, du nicht auch, Schatz?“, sagte Moritz zufrieden.



    Diese zuckte unsicher die Schultern. „Ich weiß nicht“, sagte sie dann. „Es ist ganz nett, aber ein bisschen dunkel und alt, das alles.“
    „Ach, das stimmt nicht. An Devins Schule sieht es auch nicht viel besser aus, abgesehen davon, dass sie von außen etwas romantischer wirkt“, wandte er ein und fasste seine Frau an den Schultern. „Das ist heute ein großer Tag, oder? Nun haben wir eigentlich gar keine richtigen Kinder mehr, im eigentlichen Sinne. Shylah wird jetzt langsam pubertär, und diese Schule hier ist nur der Anfang davon.“
    Alexandra seufzte. „Ja, ich weiß. Das wird alles sehr stressig werden“, sagte sie dann und fügte etwas wehmütiger hinzu: „Und die Zeiten, wo sie unser kleines Mädchen ist, sind natürlich auch vorbei.“



    Moritz nickte und sah sich um. „Sie wird sich hier bestimmt gut einleben, und ich denke, es ist gut, dass sie hier her geht und nicht so weit fahren muss.“
    Alexandra machte ein bedenkliches Gesicht. „Ja, Moritz, aber die Hauptschüler hier… Shylah ist so naiv und manchmal so tollpatschig. Ich hab Angst, dass sie Probleme mit ihnen bekommen wird.“
    „Ach, das wird schon nicht passieren“, sagte Moritz schnell. „Shylah ist intelligent und wird sich aus allem heraus halten.“
    Alexandra sah nicht wirklich überzeugt aus, konnte aber nichts mehr erwidern, weil in diesem Moment Rosa Anton an sie heran trat und freundlich grüßte.
    „Hallo Herr und Frau Schuhmann“, sagte sie lächelnd. „So trifft man sich dann doch wieder, was? Alles in Ordnung zu Hause?“



    Freundlich lächelte Alexandra zurück. „Ja, alles in Ordnung. Und bei Ihnen? Wo ist Ihr Mann?“
    „Ach, leider auf Dienstreise“, erwiderte Frau Anton bedauernd. „Diesmal in Peru, drei Monate.“
    Alexandra machte ein bestürztes Gesicht. „Oh, wie furchtbar. Ich würde verrückt werden.“
    Rosa Anton zuckte aber nur mit den Schultern und lächelte: „Nun, wir sind es so gewöhnt. Wie geht es denn Ihrem Vater?“
    Alexandra seufzte. „Er hält sich tapfer, aber es ist schwierig für ihn. Er schafft es nicht, sich allein zu versorgen.“
    Ihr Gegenüber nickte verständnisvoll. „Das kann ich mir vorstellen, wo Ihre Mutter doch immer alles gemacht hat.“
    Sie sah sich um und sagte: „Schön ist es hier, oder? War Shylah auch so aufgeregt? Christina konnte kaum schlafen heute Nacht.“
    Alexandra lachte auf. „Ja, ich glaube, sie ist schon sehr aufgeregt, wobei ich nicht weiß, ob sie heute Nacht geschlafen hat oder nicht.“


    Moritz, der während des Gesprächs etwas zur Seite gegangen war, um einige der Aushänge zu betrachten, kam wieder heran und sagte: „Wollen wir nicht hinein gehen? Ich denke, es wird bald anfangen.“
    Die beiden Frauen nickten und riefen nach ihren Töchtern. Gemeinsam ging man in Richtung der Aula, wo bereits viele Sitzplätze belegt waren und das Gewirr von vielen Stimmen einem laut entgegen drang.



    Während sich Christine und ihre Mutter eine Reihe hinter die Schuhmanns setzten und Shylahs Eltern Platz nahmen, blieb Shylah stehen und schaute sich beeindruckt um.
    Sie wusste gar nicht, wo sie zuerst hinschauen sollte, so viele fremde Gesichter und Stimmen, so viele Eindrücke rauschten in diesem Moment auf sie ein.
    Es war gigantisch.



    „Shylah, setz dich“, hörte sie die Stimme ihrer Mutter und rutschte rasch zwischen den beiden Stühlen ihrer Eltern durch, um sich in deren Mitte zu setzen.
    „Wie geht´s nun weiter?“, frage sie ihre Mutter.
    „Der Rektor hält eine Ansprache, dann werdet ihr auf Klassen verteilt“, erwiderte diese ruhig. „Bist du nervös?“
    Shylah nickte beklommen und sah ihre Mutter an. „Ich würde am liebsten wieder nach Hause“, sagte sie weinerlich. Alexandra lächelte ihrer Tochter aufmunternd zu.
    „Ach, meine Kleine, das schaffst du. Du wirst sehen, das wird ganz toll werden“, sagte sie sanft und sah sie fröhlich an. „Genieß es!“



    Shylah schluckte und nickte, hatte aber keine Zeit mehr, noch weiter nachzudenken, denn in diesem Moment betrat ein Mann mittleren Alters das Zimmer, ging zielstrebig nach vorne und klopfte dreimal vorsichtig auf die Trommel des Schlagzeugs, um sich Gehör zu verschaffen.
    Allmählich verstummten die Stimmen im Raum und die Köpfe drehten sich nach vorne.

    Kapitel 13



    An diesem Morgen war Shylah voller kribbelnder Gefühle im Bauch aufgewacht. Der Wecker hatte sie zu einer – nach den langen Ferien – ungewohnt frühen Zeit aus dem Bett gerissen. Es war erst halb sieben, doch heute fiel ihr das Aufstehen nicht schwer. Mit einem Ruck war sie aus dem Bett gesprungen. Wie jedes Mal in den letzten Wochen sog sie erst einmal den Geruch nach neuen Möbeln ein. Noch war ihre Umgebung ungewohnt für sie. Manchmal meinte sie immer noch, in ihrem alten Kinderzimmer aufzuwachen, wo sie die hellblaue Tapete mit den Bärchen freundlich anlächeln würde. Doch da sie, wie ihre Mutter es zu bezeichnen pflegte, schon vor dem Umzug „mit einem Bein in der Pubertät“ zu stehen schien, hatte Alexandra beschlossen, das Zimmer weniger kindlich und etwas jugendlicher zu gestalten, damit Shylah nicht innerhalb des nächsten Jahres auf eine Renovierung bestünde, da ihr alles zu verspielt sein würde.
    Shylah strich die Bettdecken glatt, denn sie wollte heute keinen Streit mit ihrer Mutter haben. Diese hatte ihr bereits beim Einzug klar gemacht, dass sie nun alt genug sei, um ihr Zimmer etwas besser in Ordnung zu halten als vorher.



    Nachdem Syhlah die Zierkissen ordentlich auf dem Bett drappiert hatte, betrachtete sie zufrieden ihr Werk. Ihr Bett diente jetzt als eine Art Couch, auf der sie gerne herum lümmelte und sich in ihren Träumereien verlor.
    Ein Blick auf den Wecker zeigte jedoch, dass dafür gerade keine Zeit war. Die Schule rief – und das zum ersten Mal! Seltsam war die Vorstellung, in weniger als zwei Stunden in dieser großen Schule zu sein, neue Menschen kennen zu lernen und ab sofort keine Grundschülerin mehr zu sein.
    Shylah nahm sie frische Kleidung und tapste ins Badezimmer, wo sie unter die Dusche sprang und dann einen Blick in den Spiegel warf. Eigentlich war es aber fast genauso seltsam, dachte sie bei sich, den Gedanken zu fassen, jetzt wieder zurück in ihr altes Klassenzimmer in der Grundschule zu gehen. In diesem Sommer war so viel geschehen. Der Tod ihrer Großmutter, die Veränderungen, welche die Familie seitdem erfahren hatte, der Umzug, das neue Zimmer… und auch sie selbst hatte sich verändert, stellte Shylah fest. Sie war in den letzten drei Monaten regelrecht in die Höhe geschossen, wie ihr Großvater verwundert zu sagen pflegte, wenn er wie jeden Mittag von ihrer Mutter zum Essen abgeholt wurde.



    Shylah warf einen schnellen Blick auf die Uhr. Es war erst kurz vor sieben, und somit noch massig Zeit, bis man um halb acht losfahren musste. Shylah kicherte, als sie zurück in ihr Zimmer ging. Es war eigentlich völlig unsinnig, zur Schule zu fahren, sie lag ja nur wenige Häuserblocks entfernt, man brauchte nicht einmal eine Viertelstunde zu Fuß. Aber sie konnte sich schwerlich vorstellen, dass ihre Mutter vor hatte, auf Pumps diesen Weg zu gehen.
    Shylah konnte nie recht verstehen, wie man in solchen Schuhen laufen konnte. Sie schwor sich insgeheim, so etwas nie zu tragen. Man sah damit ja aus wie ein Storch im Salat.
    Auf Frühstück verspürte Shylah an diesem Morgen keinen Appetit, dazu war die Aufregung einfach zu groß. Um sich ein wenig abzulenken, holte sie sich eines der letzten Bücher, das sie in den Ferien angefangen hatte, aus dem Schrank und begann zu lesen.
    Nach einer Weile öffnete sich die Tür und ihre Mutter kam ins Zimmer.
    „Bist du dann soweit, Shylah?“, fragte sie. „Wir wollen losfahren.“ Sie trat einige Schritte weiter ins Zimmer und betrachtete ihre Tochter nachdenklich.
    In letzter Zeit ging es ihr oft so, dass sie diese kaum wieder erkannte.
    Die letzten Monate waren unendlich anstrengend gewesen. Den Tod ihrer Mutter zu verarbeiten, das war für Alexandra schwer genug gewesen und vermutlich war sie selbst jetzt noch nicht durch damit. Geholfen hatten ihr in dieser schweren Zeit fast nur die Pillen, die ihr der Arzt verschrieben hatte. Nach einer Weile war die Müdigkeit verschwunden, die Schlappheit ebenso und nach und nach war es ihr gelungen, wieder am Alltag teilzunehmen.



    Das Haus hatte nur darauf gewartet, renoviert und eingerichtet zu werden, was sie mit Feuereifer getan hatte. Die Ablenkung hatte gut getan, auch wenn ihr immer wieder schmerzlich durch den Kopf gegangen war, wie sehr sie den Rat ihrer Mutter hier und da benötigt und ersehnt hätte. Alexandra musste zugeben, dass sie in den letzten Wochen nicht viel Zeit für ihre Kinder gehabt hatte. Die ersten Wochen nach der Beerdigung waren ohnehin wie in dicke Nebelschwaden verpackt an ihr vorbei gezogen. Dann hatte sie der Umzug so eingespannt, dass kaum Zeit für etwas anderes gewesen war.
    Und letztlich spannten sie nun die Sorgen um ihren Vater ein, der einfach nicht alleine zurecht kam und seit dem Tod ihrer Mutter regelrecht hilflos war. Sie hatte den Job in Moritz´ Firma vorerst zurück gestellt und wollte nun bald wieder mittags arbeiten gehen, etwa ab ein Uhr. Denn vorher musste sie für ihren Vater kochen, der es gewohnt war, am Mittag warm zu essen und abends höchstens eine Suppe zu sich zu nehmen.
    Nur ein oder zwei Tage die Woche gelang es ihr, auch morgens ins Büro zu fahren, dann wärmte sich ihr Vater etwas auf. Doch auch dies war nicht so einfach, denn er bestand darauf, jeden Mittag etwas anderes zu essen. Also musste Alexandra geschickt planen und einiges einfrieren, damit er genug Abwechslung im Essen hatte. Aber zurzeit musste man einfach noch auf seine Marotten Rücksicht nehmen, denn er litt immer noch sehr unter dem Tod seiner Frau und eigentlich waren alle froh, dass es ihm gesundheitlich recht gut ging.
    Alexandra zwang sich, aus ihren Gedanken zurück in die Realität zu finden und betrachtete Shylah nun genauer, die inzwischen das Buch zur Seite gelegt hatte und vor ihr stand.
    „Willst du etwa so gehen?“, fragte sie dann mit hochgezogenen Brauen und musterte die Kleidung der Tochter.



    Shylah hatte mit dem Umzug darauf bestanden, sich ab sofort so oft sie möglich selbst die Kleidung auswählen zu dürfen. Zuerst war Alexandra davon nicht angetan gewesen, denn ihre Tochter war oft so chaotisch, dass sie es wohl fertig brächte, einen grünen und einen gelben Schuh zu tragen, wenn sie in Gedanken war. Doch dies war bisher nicht geschehen.
    Trotzdem musste man ab und zu noch nachhelfen.
    „Was denn?“, fragte Shylah und in ihrer Stimme klang ein leichter Trotz mit, den Alexandra seufzend zur Kenntnis nahm.
    Hätte die Pubertät bei ihrer Tochter doch nur noch etwas auf sich warten lassen- nur noch ein halbes Jahr oder mehr, dachte sie sich resigniert. Bis sich alles wieder etwas eingerenkt, beruhigt, sie selbst Kräfte gesammelt hätte.
    Aber leider ließ sich die Natur nicht aufhalten und seufzend realisierte Alexandra, dass wohl auch bald ein klärendes Gespräch zwischen ihr und ihrer Tochter, was weibliche „Dinge“ betrag, von Nöten sei. Noch vor wenigen Monaten war Shylah ihr so kindlich erschienen, dass sie geglaubt hatte, all dies liege noch in aller fernster Zukunft. Doch dem war offenbar nicht so.
    „So kannst du nicht gehen“, sagte sie entschieden und sah ihre Tochter streng an. „Das ist ein Einschulungsfest mit Reden und allem drum und dran. Du bist angezogen als wolltest du im Garten buddeln. Ich hab dir extra ein Kleid für heute gekauft.“



    Shylah schob eine Lippe nach vorne, sagte aber nichts, so dass Alexandra zur Kommode schritt und das Kleid hervor holte.
    Shylah sah es mit unverhohlener Abneigung an, sah dann an sich herunter und sagte: „Ich weiß gar nicht, was an dem hier schlimm sein soll. Das ist eine Schule, Mama. Ich meine, soll ich jetzt jeden Tag im Kleid dahin marschieren? Was wenn man mich dann auslacht?“
    „Wieso sollte dich jemand auslachen?“, gab ihre Mutter verständnislos zurück. „Ich wette, die meisten Mädchen haben heute Kleidchen an.“

    Shylah seufzte. „Na gut, Mama. Du, Mama, ich bin aufgeregt.“
    Alexandra lächelte. „Kann ich verstehen. Aber das wird schon, Shylah.“ Sie warf einen Blick auf die Uhr und stöhnte: „Himmel, dass wir nicht einmal pünktlich sind. Nun zieh das rasch an und dann mach ich dir die Haare. So kannst du das nicht lassen, das sieht ja völlig ungepflegt aus. Aber beeil dich!“
    Mit diesen Worten rauschte sie aus dem Zimmer. Shylah derweil seufzte auf und betrachtete das Kleid trotzig, schälte sich dann aber doch aus ihren Kleidern und begann, sich umzuziehen.


    Wenig später war man an der Schule angekommen. Shylah war schon einmal hier gewesen, um sich das Gebäude von außen anzuschauen. Aber jetzt, an diesem besonderen Tag, wirkte alles ganz anders auf sie.



    „Und, Shylah? Schon aufgeregt, mh?“, fragte ihr Vater hinter ihr. „Sieht doch ganz nett aus, oder nicht? Und hier wirst du jetzt die nächsten sechs Jahre fast jeden Tag verbringen.“
    Shylah nickte und sah das Gebäude mit großen Augen an.
    „Ja, ich kann das gar nicht recht fassen, Papa“, sagte sie dann langsam.
    Der Schulhof war leer und still, denn für alle anderen Schüler hatte bereits der reguläre Unterricht begonnen. Doch im Foyer erkannte man einige Menschen, die hin- und her wuselten.
    Shylah sah sich noch einmal um und musste zugeben, dass diese Schule hier schon etwas ganz anderes war als die kleine, überschaubare Grundschule. Neben ihr sprudelten vier Wasserfontänen zischend in die Luft, ein Stück rechts davon befanden sich zwei Basketballplätze und auf der linken standen Schaukeln und ein Fußballtor. Der Hof umfasste nicht das ganze Gelände, so dass einem neben der normalen Betonfläche auch freundliche Rasenstücke entgegen strahlten.



    „Wir sollten hinein gehen“, sagte Alexandra da. „Wir sind ohnehin spät dran.“
    Moritz und Shylah nickten und gingen durch die großen Flügeltüren in das Foyer, in dem einige Schüler und auch einige Eltern herum spazierten und sich unterhielten. Der Großteil schien sich jedoch schon in der Aula zu befinden, die rechts an das Foyer angrenzte.
    Shylah sah sich gespannt um und sog den Geruch des Teppichbodens und der Wände tief ein. Es roch ganz anders als in ihrer alten Schule. Erwachsener, dachte sie sich ehrfürchtig.

    „Shylah!“, riss sie eine vertraute Stimme aus ihren Gedanken. „Da bist du ja!“
    Sie drehte sich um und erblickte Christina, die lächelnd auf sie zu gerannt kam und vor ihr stehen blieb.
    „Ich dachte schon, du kommst nicht mehr“, stellte sie halb vorwurfsvoll fest.



    Shylah grinste schief. „Es gab noch ein paar Probleme mit meiner Mutter“, flüsterte sie dann vielsagend. „Ich musste mich noch mal umziehen.“
    Christina nickte wissend. „Ja, ich mich auch. Ich wollte meine neue Jeans anziehen, aber Mama sagte, es muss heute ein Rock sein.“
    „Die beiden haben sich bestimmt abgesprochen“, kicherte Shylah und sah sich dann um. „Wie findest du es hier? Ist das nicht alles furchtbar aufregend?“

    Outtakes!



    Fangen wir mit einem guten alten Bekannten an *lach*




    Autsch! Shylah stand beim Regen draußen und ist vom Blitz getroffen worden!




    Nun stinkt sie, das findet sie gar nicht fein!




    Und bevor sie duschen kann, macht sie sich auch noch in den Schlüpfer und stinkt noch mehr! Die Ärmste!





    Die junge Alexandra liest mal schnell Zeitung, während Shylah eingeschult wird




    So viele Personen auf einem Grundstück - das geht nicht gut




    Frau Anton beschwert sich zu Recht - da steht ihr doch echt der doofe Moritz ihm Weg. Nun kann sie gar nicht aufstehen! Immer diese Probleme!




    Und das ist eigentlich gar kein Outtake, aber ich finds witzig... was machen Shylah und Christina denn da hinten???


    ERSTMAL DANKE FÜR ALL DIE TOLLEN KOMMIS!


    Nerychan: Ja, es ist schon seltsam, wie der Mensch immer jemanden suchen will, der "schuld" hat. Ich denke, Alva hat die Kette auch nur so lange fortgeführt, weil sie Shylah klar machen wollte, dass diese selbst die Verantwortung dafür übernehmen muss, die Dinge, die ihr zugestoßen sind, zu verarbeiten und sie irgendwie für sich umzusetzen. Denn ich finde auch, so lange man in dieser "Opfer"-Rolle steckt, also sagt, der und der ist schuld daran, dann braucht man meist nichts zu machen, weil einen selbst ja nichts angeht.
    Was die Schule angeht... so lass Dich mal überraschen, da erfährt man heute mehr! :)




    wawuschel: Ja, das stimmt, was Du sagst. Natürlich ist es wichtig, dass man verantwortungsbewusst handelt. Das hat Alva ja aber auch gesagt, in dem sie Shylah klar zu machen versuchte, dass auch sie Fehler macht. Natürlich ist man nicht frei von "jeder Schuld" im Sinne von "Verursachen". Und abgesehen davon hakt die Logik ohnehin irgendwo, wo ich aber als Schreiberin irgendwann auch ausgestiegen bin zugegebenermaßen :rolleyes Darum ist es so, dass Alva Shylah damit nur klar machen wollte, dass sie nicht allein dem, was ihr geschehen ist (was ja noch nicht verraten wurde, worum sich´s handelt) oder aber ihrer Mutter oder ihrem Vater,ihrer Tante oder ihrem Bruder usw. die SCHULD geben kann, auch weil sie das nicht weiterbringt, wie ich Nerychan schon schrieb, weil man in der Opferrolle natürlich sehr wenig (re)agiert.




    Lidsi:
    Ja, natürlich, viele Menschen machen sich keine Gedanken über Konsequenzen. Wenn man das jezt aber richtig weit führt, könnte man auch sagen, wenn ich jetzt beispielsweise die Schuld für irgendwas jemand anderem gebe, dann könnte ich mich in dem Moment selbst von jedweder weiteren Schuld freisprechen.
    Shylah hat ja am ende angedeute, dass sie jemanden offenbar selbst auch schon verletzt oder belastet hat, aber sich dafür auch nicht schuldig fühlt, weil sie die Situation nicht gewollt hat... Du siehst, irgendwo ist das alles sehr verworren. DAmit will ich aber nicht sagen, dass man sich nicht über die Konsequenzen seines Handelns bewusst sein sollte. Ich fürchte nur, manchmal klappt das nicht, aber so lange man den guten Willen hat, nichts zu tun, was anderen schadet, denke ich, dass man ganz gut durchs Leben kommt ohne allzu großen Schaden anzurichten...


    Was die Outs angeht, irgendwie ist wohl der Original Sim, der hinter Shylah steckt, mit Brille im BodyShop abgelegt, ja, aber eigentlich hat Shylah keine Brille :)




    Jane:
    Ja, ich gebe Dir recht, natürlich ist Alexandras Verhalten nicht richtig. Das ist 100prozentig so! Und das was Du mit dem psychologischen Erbe ansprichst, ist ein ganz wichtiger Punkt, aber das wirst Du noch sehen im Laufe der geschichte, Du hast zumindest was wichtiges angesprochen.
    Ja, das bei Alexandra sind Depressionen gewesen, von Anfang an. Vielleicht nicht die klassische Form davon. Aber hinter fast jeder Psychosomatik steckt ja eine Depressionsähnliche Problematik.
    Ich denke, es ist keine klassische Depression, die Alexandra da hatte, also die klassische mit Müdigkeit und Lustlosigkeit usw. Sondern eher eine schleichende, die mit stetiger Überreizung des Nervenkostüms, Überbelastung und Unzufriedenheit zu tun hatte. Nach Jahren bricht das dann halt mal so richtig aus.


    DAs mit der Schuld ist eine schwierige Sache und ich bin bei meinen Gedankengängen, die ich da natürlich durch Alva ein bißchen habe fließen lassen ;) auch irgendwann gescheitert. Verantwortung ist ein ganz wichtiges Wort. Aber jemanden schuldig machen ist was anderes, als jemanden zur Verantwortung ziehen.
    Wenn ich jetzt sagen wir mal eine Tasse fallen lasse, und schuld bin, bin ich auch gleichzeitig verantwortlich. Aber ändern kann ichs nicht mehr. Und ich denke, schuld und verantwortlich sein ist oft dasselbe. Nur bei schuld sein finde ich hat es oft so was... dass das Opfer sich eben dann nicht mehr bewegen muss. So nach dem Motto, als würde Alexandra sagen: Meine Eltern sind schuld an allem und damit bin ich fein raus. Wenn sie aber sagt, sie sind verantwortlich, dann hat das einen ganz anderen Klang, oder?
    Ist eine schwierige Sache. Ich glaube, Alva will Shylah damit nur sagen, dass sie sich nicht auf dieser Schuldfrage ausruhen darf, sondern nun selbst Verantwortung für sich zeigen muss, um mit den Dingen, die damals falsch gemacht wurden, umzuhgehen und sich nicht in der Position des verletzten Kindes festzusetzen, weil sie dann auch nicht weiter kommt... was das jetzt verständlich? *kopfkratz*




    Rivendell: Ja, ich denke auch, irgendwie sind wir ja "nur" Puzzleteile aus unsren Vorfahren, mit eigener Würze freilich und bei jedem kommt was neues dazu.
    Das stimmt schon.




    Llynya: Ja, finde ich auch ganz typisch, dieses "Wenn ich Kinder habe, mach ichs mal anders..." und wie viele Eltern haben schon gemerkt, dass die Theorie nur sehr wenig mit der Realität zu tun hat. Und manchmal kann man eben nichts oder nur wenig an den Umständen ändern oder es fehlt schlichtweg Mut und Kraft dazu. So ging es Shylahs Eltern eben auch. Oft sieht man die Probleme ja auch nicht, bzw. will sie nicht sehen.

    Tolle Fortsetzungen waren das!


    Bei der vorherigen bekam ich echt Gänsehaut. Dieser Elias! Ist er sich eigentlich bewusst, dass er in übertragenem Sinne Blut an seinen Händen kleben hat?? Ich war echt schockiert, dass man mit der alten Frau so kurzen Prozess gemacht hat. Wie furchtbar! :( Das ist ja echt wie im Mittelalter auch hier. Schlimm, daran erinnert werden zu müssen, dass es auch bei uns einmal so gelaufen ist. Der Mensch kann schon furchtbar sein, wenn er von Fanatismus ergriffen wird :(


    Die letzte FS - war doch klar, dass das in die Hose geht. Ich bin wirklich enttäuscht von Richard, der mir bisher ja doch immer einen recht vernünftigen Eindruck gemacht hatte und nun so blindlings in die Falle tappt. War doch klar, dass sie es nicht schafen werden, da völlig heil wieder raus zu kommen.


    Natürlich bangt es mich jetzt in der Hauptsache um Lina. Wenn die Mönche feststellen, WER sie wirklich ist, könnte das echte Probleme verursachen. Ich hoffe, sie finden es nicht heraus und lassen Gnade walten!



    Übrigens: Die Fotos im Kloster sind echt toll. Und die Outs mal wieder zum Schießen! :D

    Eine sehr interessante FS!


    Da besteht also eine Vebrindung zwischen Tina und der Königin! NIcht nur Tina sieht wie die Prinzessin aus, sondern auch die Königin wie Tinas Mutter. Ein weiterer Hinblick darauf, dass Merlaron eine Art Parallelwelt zu unsrer sein könnte, denn auch Herr Seedner sah ja Terros Vater ähnlich.


    Aber eines irritiert mich. Hab ich da was verpasst oder überlesen? Tinas Mutter ist tot? Aber im ersten Kapitel ruft Tina doch nach ihr, während sie ihren Koffer packt:


    „Ja Mama, hab ich eingepackt! Und wenn du jetzt nicht aufhörst nach unsinnigen Dingen zu fragen, vergess ich bestimmt noch irgendetwas wichtiges!“ Tina wirkte sichtlich genervt. Seit gut 30 Minuten versuchte sie nun ihre Tasche für die 2-zweiwöchige Sprachreise zu packen, die in weniger als einer Stunde starten würde.



    :misstrau:rollauge


    Hm.... hat Tina da mit ihrer Mutter nur geistig gesprochen???? Vermutlich, und darum brachte sie wohl auch nur ihr Vater zum Bahnhof.


    Ich bin ja mal gespannt, wie es weitergeht, und ob noch irgendjemand den Irrtum rasch aufdeckt!