Jess lachte, und Tessa fiel auf, dass sie dies so selten von ihm gehört hatte und dass sein Lachen so hell und klar klang, dass ihr das Herz aufging.
„Ach Tessa“, sagte Jess und wurde plötzlich ernst. „Dass du da bist, das ist nicht der Himmel. Das ist das Paradies.“
Und vorsichtig beugte er sich zu ihr und küsste sie sanft, dann immer leidenschaftlicher und inniger, bis sie schließlich beide in die Kissen sanken und sich festhielten und küssten, bis es ihnen fast den Atem raubte.
Kaum jemand von beiden bemerkte dabei, wie sie langsam und sanft ihre Kleider abstreiften, bis sie nur noch in ihrer Unterwäsche nebeneinander lagen.
Sanft streichelte Jess über Tessas Bauch und küsste sanft ihren Nabel, dann wanderte er wieder nach oben, bis er ihre Lippen fand.
„Du riechst so gut“, flüsterte er.
„Und du erst“, gab diese zurück, und ihr wurde bewusst, dass die stimmte. Obwohl sie es nie so empfunden hatte, als ob Jess unangenehm rieche, so war es doch oft so gewesen. Nun roch er nach sich selbst… nach Haut, nach Duschgel und nach … Jess eben.
Sanft strich er ihr das Haar aus dem Gesicht und drückte sie an sich. Dann sah er sie lange an und sagte dann leise: „Wir müssen es nicht tun, Tessa… wenn es dir zu früh ist, dann…“
„Nein“, flüsterte diese und sah ihn bewegt an. „Nein… es ist nicht zu früh… es hat so lange gedauert… ich will es…“
Und während draußen die Nacht hereinbrach, sanken beide erneut in die Kissen und vergassen für einen Moment alles, was geschehen war und was noch auf sie wartete… und für eine Nacht waren sie nicht mehr als ein Mann und eine Frau, die sich über alles liebten… und sich nahe waren.
Fortsetzung folgt.
Beiträge von Innad
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„Herrgott Jess! Wenn du diese Einstellung hast, wird das ganze scheitern!“, rief Tessa so leise wie möglich aus. „Du musst endlich einsehen, dass du Hilfe annehmen können musst, um aus dem ganzen Schlamassel zu kommen! Nicht nur von mir, sondern auch von Ärzten, Pflegern und Therapeuten! Das hat nichts mit Unfähigkeit oder Versagen zu tun, es ist eben einfach so! Und es gehört auch viel dazu, Hilfe anzunehmen! Das erfordert auch Mut! Irgendwann, wenn das alles vorbei ist, wirst du einmal auf eigenen Beinen stehen und mir das alles bestimmt zurück geben können! Aber noch ist es nicht soweit! Und wenn du wieder auf die Beine kommen willst, musst du die Hände nehmen, die dich hochziehen können! Versteh das doch endlich!“
Jess schluckte und seufzte resigniert und mit hängenden Schultern.
„Du hast vermutlich recht“, sagte er dann leise. „Es fällt mir nur so schwer. Aber gut – ich seh es ein. Aber irgendwann geb ich dir alles wieder zurück.“
„Ja… ja, natürlich“, sagte Tessa beschwichtigend und strich ihm über die Schultern. „Und nun lass uns mal schauen, was die hier so haben. Das hier ist wirklich ein günstiger Laden, also mach dir keine Sorgen.“
Sie verriet Jess nicht, dass das Geld ihr durchaus weh tat, denn sie hatte sich geschworen, das Geld von ihren Eltern so gut wie nicht mehr anzurühren, um sich die größtmögliche Unabhängigkeit zu wahren. Sie hatte noch einige Ersparnisse von ihrer Zeit beim Verlag, doch auf ewig würden diese nicht reichen. Tessa war klar, dass sie sich bald einen Nebenjob suchen musste. Doch daran verschwendete sie heute keinen Gedanken.
Gemeinsam begannen sie nun, die Kleiderständer zu durchsuchen und Jess probierte das ein oder andere an.
Nach etwa einer halben Stunde hatten sie einen großen Stapel an günstigen Kleidern zusammen gesucht, die Jess zumindest für einige Wochen eine vernünftige Garderobe garantierten. Darunter befanden sich zwei oder drei Pullover und Westen, einige Shirts, zwei Jeans, ein paar Packen Unterwäsche und ein gemütlicher Trainingsanzug.
Da alles reduziert war, tat es Tessas Geldbeutel auch nicht so weh, wie sie befürchtet hatte.
Dick bepackt stiegen sie also wieder ins Auto und fuhren auf direktem Weg zu Tessas Wohnung, damit Jess sich noch etwas ausruhen konnte.
Während Tessa die Kleider von den Etiketten befreite und zumindest die Unterwäsche noch eine Runde in der Waschmaschine drehen ließ, hüpfte Jess rasch unter die Dusche. Tessa hatte ihm schon vor einigen Tagen einen Beutel mit Kosmetikartikeln zusammengestellt, und ihm auch einen Rasierer und Rasierschaum gekauft.
Während Jess unter der Dusche stand, bestellte Tessa rasch eine Pizza, da sie keine Lust hatte, noch etwas zu kochen. Im Wohnzimmer sah es chaotisch, darum stellte sie den riesigen Karton auf dem Sideboard im Schlafzimmer ab und beschloss, dass Jess und sie es sich ebenso gut direkt im Bett gemütlich machen konnten. Es war schon recht spät geworden.
„Jess, die Pizza ist da!“, rief sie durch die geschlossene Tür ins Bad hinein. „Ich hab sie hier reingestellt, ich bin gleich wieder, gehe nur noch mal schnell in den Keller, die Wäsche in den Trockner tun!“
„Okay!“, hörte sie es aus dem Bad. „Ich komm auch gleich!“
Fünf Minuten später kam sie wieder ins Schlafzimmer und sah Jess in seine neuen Kleider gehüllt gerade am Sideboard stehen und sich ein Stück Pizza nehmen.
„Wow!“, stieß Tessa hervor, als er sich zu ihr herumdrehte.
„Was ist?“, fragte Jess irritiert.
„Nichts… nur… dachte ich gerade, wer ist dieser fremde Mann?“, lächelte Tessa. „Du siehst… einfach toll aus. Das steht dir supergut und… du bist rasiert!“
Jess lachte leise auf. „So – das heißt, ich habe dir unrasiert und in den alten Kleidern also doch nicht gefallen, mh?“
Tessa grinste verlegen. „Nun… das hast du gesagt.“
Jess lachte nun laut. „Ich nehm es dir nicht übel. Ich find mich selbst ziemlich sexy.“ Er grinste und zwinkerte. „Wieso essen wir nicht drüben?“
„Zu unordentlich“, erwiderte Tessa. „Hier ist es doch auch gemütlicher, oder?“
„Klar“, sagte Jess und setzte sich mampfend auf die Bettkante. „Und die Pizza ist göttlich!“
Lachend nahm Tessa sich ebenfalls ein Stück und setzte sich neben ihn.
Nachdem beide fast die ganze Pizza verdrückt hatten, machten sie es sich satt und müde auf dem Bett bequem, wo Jess Tessa in seine Arme zog und sie küsste.
„Das war köstlich“, sagte er dann genießerisch. „Ich hatte sein ewigen Zeiten keine Pizza mehr! Und keine sauberen Kleider! Es ist wie im Himmel!“
Tessa lächelte. „Und was ist mit mir? Dass ich da bin zählt gar nicht mehr?“
Jess rieb seine Wange an der ihren.
„Das glaubst du wirklich?“
„Naja… wenn ich dich so höre… geht es dir nur um Pizza und Kleider“, zwinkerte sie.*geht noch weiter*
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Beklommen starrte Jess an der hohen, grauen Wand nach oben, doch er sagte nichts mehr, nahm statt dessen nur Tessas Hand und ging auf die Eingangstür zu.
Gemeinsam verschwanden sie im Inneren des grauen Betonklotzes.
Nach anderthalb Stunden ließen sich beide erschöpft wieder in die Sitze des Wagens fallen.
„Was für ein Behördenwahnsinn“, stöhnte Jess. „Ich hätte fast vergessen, wie kompliziert das alles sein kann. Gottlob waren wir gut informiert, sonst würden wir morgen früh noch darin herum irren und die richtigen Ansprechpartner suchen!“
Tessa nickte seufzend. „Da muss ich dir recht geben“, sagte sie und lächelte Jess dann an. „Aber nun ist alles geklärt und in die Wege geleitet, und du kannst mit völlig freiem Kopf morgen in die Entzugsklinik gehen. Das ist doch schon einmal ein echter Fortschritt, oder? Und es ist sogar erst früher Nachmittag, so dass wir den Rest des Tages noch für uns haben.“
Jess lächelte. „Ja, das ist das schönste daran. Was wollen wir jetzt machen?“
Tessa betrachtete kritisch Jess´ Äußeres. Sie hatte schon am Morgen beschlossen, ihm noch bevor er in die Klinik ging, einige neue Kleider zu besorgen. Doch sie kannte seinen Stolz und wusste, dass sie dieses Unterfangen geschickt einfädeln musste, darum sagte sie leichthin: „Weißt du, ich brauche noch dringend ein Buch für mein eines Seminar, das ich nächsten Monat besuchen will… würde es Dir was ausmachen, wenn wir noch kurz in die Stadt fahren, damit ich in den kleinen Buchladen kann… wir könnten da ja auch eine Kleinigkeit essen… ein Stück Kuchen oder sowas, heute Abend können wir uns dann bei mir was machen.“
Jess nickte. „Okay, kein Problem“.
Kurze Zeit später kam Tessa aus dem besagten Buchladen getreten und erklärte Jess bedauernd: „War nicht vorrätig, ich musste es mir bestellen. Wollen wir jetzt was essen gehen und dann vielleicht noch vorne in dem einen Klamottenladen vorbei schauen?“
Jess sah sie skeptisch an. „Du willst heute Kleider shoppen gehen?“
„Naja… macht es dir etwas aus? Ich… ich bin unmöglich angezogen, ich brauch mal wieder eine neue Jeans…“
„Das ist Unsinn, und das weißt du“, erwiderte Jess. „Du bist schick und gut gekleidet, wie immer. Und Jeans hast du vermutlich ein Dutzend. Ich glaube, vielmehr willst du mich zu ein paar neuen Keidern überreden, stimmt´s?“
Ertappt biss Tessa sich auf die Lippen.
„Ist schon gut, wir können ja mal reinschauen“, räumte Jess ausweichend ein. „Und was dich angeht, ich finde dich wunderbar gekleidet, und ich will nie wieder sowas hören wie vorhin.“
Er lächelte und zog Tessa in seine Arme, um sie zu küssen.
„Aber wenn´s dich nicht stört“, sagte er. „Will ich vorher etwas essen.“
„Okay, kein Problem“, lachte Tessa und küsste ihn zurück.
Ein paar Straßen weiter kaufte sie darum zwei Stück Kuchen, die beide hungrig verdrückten. Dann bummelten sie noch einen Moment weiter durch die Straßen, bis sie an einem kleinen Kleiderladen angekommen waren, in den Tessa Jess bestimmt zog.
Sie merkte ihm das Unbehagen, welches seine Kleidung ihm in dieser Umgebung bereitete, offen an, was sie jedoch noch mehr in dem Entschluss, dass er neue Kleider benötigte, bestärkte.
Jess warf einen unsicheren Blick auf die Kleiderständer und zog Tessa dann beiseite.
„Tessa – lass uns gehen. Was soll ich denn hier? Dieser Kleider sind alle viel zu teuer. Ich hab kein Geld, das weißt du. Ich… ich dachte, du meinst das nicht ernst, was du vorhin gesagt hast…“
„Doch, das meinte ich natürlich ernst“, gab diese entrüstet zurück und fügte dann sanfter hinzu: „Jess… du weißt, ich liebe dich, egal, wie du angezogen bist… aber deine Kleider sind uralt, völlig verschlissen. Du brauchst ein paar neue Kleider für die Klinik.“
Jess runzelte die Stirn. „Tessa, das ist eine Entzugsklinik“, sagte er leise. „Und kein Gala-Hotel. Die wenigsten dort werden eine tolle Garderobe zur Schau stellen.“
„Ich will auch nicht, dass du Galakleidung trägst, sondern nur einige neue Pullover und ein oder zwei neue Hosen. So kannst du nicht einmal hier drinnen umher laufen, ohne Blicke auf dich zu ziehen“, erwiderte Tessa entschlossen.
Jess verzog das Gesicht. „Seit wann bist du so oberflächlich?“
Tessa rümpfte die Nase. „Nun mach aber mal einen Punkt, Jess! Das hat nichts mit Oberflächlichkeit zu tun. Ich liebe dich in deinen abgetragenen Jeans nicht mehr oder weniger als im Smoking, und das weißt du. Aber du wirst selbst einsehen, dass einige neue Kleider einfach unabdingbar für dich sind.“
Jess brummte etwas Unverständliches und sagte dann harsch: „Das mag ja sein, aber ich hab nun einmal kein Geld dafür, Tessa!“
Tessa sah ihn wütend an. „Mein Gott, Jess, nun stell dich nicht dümmer hin als du bist! ICH hab Geld, und ich kann dir das auslegen!“
„Ich will aber keine Almosen von dir haben!“
Nun wurde Tessa erst recht wütend.
„Jess Berger! Nun vergiss einfach mal für einen kleinen Moment deinen total unangebrachten Stolz und hör mir zu“, zischte sie.
„Du wirst in vier Wochen dein erstes Geld vom Amt erhalten“, sagte sie aufgebracht. „Und dann kannst du mir von mir aus häppchenweise alles zurück zahlen, wenn du unbedingt willst. Noch besser wäre es aber, du nimmst das jetzt einfach mal als ein Geschenk an, das dringend nötig ist und vergisst es einfach!“
„Ich will aber keine Geschenke von dir!“, gab Jess empört zurück. „Ich will für mich selbst sorgen und ich werde dir nicht zur Last fallen!“*geht noch weiter*
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Kapitel 68
Das erste Mal
Aufgeregt schlug Tessa die Autotür hinter sich zu und hastete durch das Krankenhausfoyer zu den Aufzügen. Freundlich nickte sie der Schwester am Empfang zu, die ebenso nett zurücklächelte.
So unangenehm und beklemmend es hier anfangs für Tessa gewesen war, so sehr hatte sie sich inzwischen an diese Umgebung gewöhnt. Immerhin kam sie nun schon seit fast sechs Wochen täglich hierher, um Jess zu besuchen.
Jene Nacht, in der sie hier mit Moni gezittert und gebangt hatte, war ihr zwar immer noch allzu gut in Erinnerung, aber deutlich verblasst.
Doch heute war ein besonderer Tag – es würde das letzte Mal sein, dass sie Jess hier besuchte. Vielmehr war es heute gar kein wirklicher Besuch mehr, dachte Tessa sich lächelnd, stieg aus dem Aufzug und ging raschen Schrittes zu der wohlbekannten Tür. Ihre Füße fanden den Weg schon fast von selbst. Sie klopfte nicht an, da sie wusste, dass Jess seit gestern Abend wieder allein auf dem Zimmer war, nachdem sein Zimmernachbar, der vierte in diesen sechs Wochen, entlassen worden war.
Lächelnd trat sie ins Zimmer ein. Jess saß am Tisch, hatte sich in seine alten, abgewetzten Kleider gehüllt und lächelte ihr zu.„Na?“, fragte Tessa lächelnd. „Bist du bereit?“
Jess lächelte zurück und zuckte unsicher mit den Schultern. „Ich denke schon“, sagte er dann langsam.
„War die Ärztin schon da?“
Jess nickte. „Ja, ich hab die Entlassungspapiere und alles weitere von ihr bekommen. Ich habe nun nur noch auf dich gewartet, sozusagen.“
Tessa sah ihn liebevoll an. „Dann können wir gehen, oder, Jess?“Jess nickte langsam. „Ja – ja, ich denke schon.“
Langsam erhob er sich und stand auf. Tessa musste daran denken, wie wacklig dies noch vor wenigen Wochen von statten gegangen war und wie mühelos und zuverlässig ihn seine Beine inzwischen wieder trugen.
Laut der Ärzte war Jess nun in einer – abgesehen von der immer noch bestehenden Abhängigkeit – sehr guten und stabilen Verfassung. Stabil genug, um das, was ihm bevor stand, zumindest von körperlicher Seite her verkraften zu können.
Jess rückte den Stuhl ordentlich zurück an seinen angestammten Platz und verharrte dann einen Moment reglos, um sich im Zimmer umzublicken und einen Blick aus dem Fenster zu werfen.
Vorsichtig berührte Tessa ihn an der Schulter.
„Hey“, sagte sie sanft. „Ist alles okay?“
Jess drehte sich langsam zu ihr um und nickte schwerfällig.
„Ja… weißt du… es klingt bestimmt unsinnig, aber das Zimmer hier war für mich irgendwie eine Art Zuhause in den letzten Wochen. So lange war ich sozusagen noch nie an ein- und demselben Ort.“
Er schnitt eine Grimasse, konnte aber nicht seine Unsicherheit und Rührung verbergen.
Tessa strich ihm sacht ein Haar aus dem Gesicht und sagte dann: „Es ist okay, wenn du dich dabei seltsam fühlst. Aber bald hast du ein besseres und richtiges Zuhaus, das glaub ich ganz fest.“
Jess nickte langsam. „Das hab ich schon. Du bist mein Zuhaus.“
Er zog sie fest in die Arme.„Nun, dann wollen wir mal“, seufzte er dann, ließ den Blick noch einmal durch das leere Krankenzimmer schweifen und folgte Tessa dann zur Tür.
Schweigend gingen sie durch den Flur, stiegen in den Aufzug und meldeten sich im Foyer bei der freundlichen Schwester endgültig ab.
Dann traten sie hinaus in die frische Luft. Einen Moment blieb Jess stehen und sog die Lungen tief voll davon. Es war Ende März, und inzwischen war es recht mild geworden, so dass man keine Jacke mehr brauchte, auch wenn der Himmel sich immer wieder bewölkt zeigte.
Langsam gingen Jess und Tessa auf den direkt vor dem Krankenhaus geparkten Wagen zu.Sie lächelten sich einen Moment an, bevor sie einstiegen. Tessa schlug die Autotür zu und auch Jess ließ sich in den Sitz sinken.
Es herrschte eine seltsame Stimmung zwischen ihnen. Ohne es auszusprechen, war beiden klar, dass dies der Beginn eines neuen Lebens für Jess sein konnte – und somit auch für sie beiden.
Doch viel mehr noch als das – es war sowohl für Jess die letzte Chance, als auch für die Liebe zwischen beiden.
Tessa warf Jess einen langen Blick zu und dieser hielt ihm stand. Dann ließ er die Autotür ins Schloss fallen, Tessa wandte den Blick ab und warf den Motor an.
„Wo fahren wir jetzt hin?“, fragte Jess, nachdem Tessa zurück gesetzt und den Wagen sicher auf die Straße gelenkt hatte.
„Erstmal zu den Behörden“, erwiderte diese. „Du musst dich dort jetzt unbedingt als arbeits- und mittellos melden, Jess, damit die ganzen Formalitäten noch über die Bühne gehen. Krankenversicherung und all sowas eben. Ich hab vor einigen Tagen schon mal mit einer Dame vom Amt telefoniert, und die sagte, es wird dann noch mindestens vier Wochen dauern, bis das erste Geld überwiesen werden kann, aber für das Krankenhaus und die Entzugsklinik ist das in Ordnung. Offenbar auch kein Einzelfall.“
Jess nickte langsam. „Mir behagt es nicht, dahin zu gehen, Tessa.“Tessa seufzte. „Das weiß ich, Jess, und doch muss es sein.“
„Ja, ich weiß. Immer diese ganze Bürokratie“, brummte er.
Tessa sah ihn von der Seite an. „Jess… wenn du wirklich etwas verändern willst, musst du das hinter dich bringen. Und verglichen mit allem anderen, was da… auf dich zukommt“, sagte sie langsam, so als wolle sie nicht von dem Schrecken sprechen, der Jess noch bevor stand. „Da wird das doch die leichteste Übung sein, oder? Ich komm ja auch mit.“
Jess lächelte und drückte ihre Hand. „Danke. Das hilft mir wirklich.“Schweigend fuhren beide weiter, bis sie an einem großen, grauen Hochhaus ankamen, in dem sich die verschiedenen Ämter befanden. Tessa lächelte Jess aufmunternd zu und gemeinsam stiegen sie aus dem Auto.
*geht noch weiter*
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Llynya: Ja, Du hast recht, dass Tessa es nicht bemerkte, wie es nach wie vor um Joshuas Gefühle steht, ist schon irgendwie seltsam. Aber so wie Du schreibst, war da vielleicht der Wunsch Vater des Gedanken.
Was Du zu den Hellows schreibst, ist natürlich richtig. Aber irgendwie kann ich Tessa verstehen, dass sie das so ein wenig zur Seite schiebt, sonst könnte sie sich ja niemals mehr sicher sein. Auf der anderen Seite ist es ja schon so, dass es damals sehr dunkel dort war und Tessa sich zudem verändert hat. Und so wie sie sagt, greifen die Hellows in der Regel keine Ottonormalverbraucher an, es ist mehr so eine Art Banden- und Szenenkram, der da untereinander ausgemacht wird. Darum schaut die Polizei auch so ein bißchen darüber hinweg, was natürlich nicht richtig ist.
Aber wenn die Hellows sich an jemanden wie Tessa in deren Gebiet wagen würden, gingen sie damit schon ein Risiko ein, und ob es das lohnt? Da Tessa ihnen ja eh nicht mehr gefährlich wird? Das ist fraglich. Anders schaut es natürlich aus, wenn die Polizei den Anschlag auf Jess´ nun doch irgendwie vergelten kann in der Szene. Dann wird es für ihn wieder brenzliger, denn sein Gesicht kennen sie natürlich sehr gut.Tessa wird nun nicht mehr so viel falsch machen können mit Jess wie zuvor. Sie hat Feli und Moni, die sie sozusagen mit der Nase darauf stoßen werden, da kann man sicher sein. Das stimmt schon.
Danke für Deinen lieben Kommi!
@JaneEyre: Oh, das ist aber süß, dass Du trotz Aua-Händen tipst. Aber schön langsam, ja?
Ob Jess nun noch etwas passiert, verrate ich nicht, das ist ja klar.
Was Du zu Tessas Eltern schreibst, ist völlig korrekt. Natürlich ging das alles sehr schnell. Ich denke, das hat zweierlei Dinge in sich, die man ansehen muss. Zum einen ist so, wie Du schreibst, dass sie sicher noch nicht eine grundlegend andere Einstellung haben. Auf der anderen Seite ist es glaub ich aber schon so gewesen, dass Tessas Standhaftigkeit und ihre echte Konsequenz-Bereitschaft ihnen ein Stückweit die Augen geöffnet haben. Manchmal merkt man ja nur durch einen "Schock", wie daneben man sich eigentlich verhalten hat.
Trotzdem hast Du recht mit dem, was Du schreibst, dass sie in ihrer Grundeinstellung sicher noch nicht völlig umgekrempelt sind und das wenn überhaupt noch lange dauern wird.
Ob du mit deiner Vermutung bzgl der Unterstützung, die sie Tessa und Jess evtl einmal zukommen lassen werden, recht behältst, verrate ich noch nicht, aber es ist durchaus denkbar.Das mit den Hellows hab ich so anfangs gar nicht gesehen, dass sie ihm eigentlich das Leben gerettet haben. Aber Du hast ja recht, das ist wirklich ein komischer Schicksalstreich, der in diesem Fall schöne Früchte mit sich bringen könnte, sowohl für Jess als auch für Tessa. Falls denn alles gut geht... noch steht Jess ja der schwere Entzug bevor, den er immerhin schon dreimal nicht überstanden hat.
Übrigens noch ein dickes Danke für das Lob zu den Bildern. Das freut mich, dass die Nachbarschaft so echt ausschaut, da hab ich beim Erstellen im Vorjahr nämlich ewiglich dran gesessen
Ich wünsch Dir weiterhin gute Besserung und heute bedanke ich mich besonders herzlich für Deinen Kommi!!!
@ALL: Heute im Laufe des Tages gibt es die Fortsetzung, sobald Photobucket nicht mehr seine Seite wartet und ich die Bilder hochladen kann!
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„Was soll mit ihnen sein?“
„Na, wenn Jess nun entzieht und wieder in der Stadt ist… dann bleibt das Problem doch bestehen, oder?“
Tessa zuckte die Schultern. „Ich hab da auch schon dran gedacht. Aber Jess sagt, für die müsste der Fall jetzt erledigt sein, weil sie ihn ja erwischt haben. Jasmin sagte auch mal sowas in der Richtung, dass es denen nicht unbedingt darum geht, den anderen wirklich umzubringen, sondern einfach nur darum, ihm einen Denkzettel zu verpassen… um sich Respekt zu verschaffen. Ich hoffe nur, dass die Polizei nicht wirklich jemanden von denen fasst, denn dann steht Jess als Verräter da und es wird wieder eng für ihn. Aber man muss auch dazu sagen, dass er nur wirklich in Gefahr ist, wenn er sich in der Szene aufhält. Die Hellows sind durchaus gefährlich, aber eigentlich nur für die Szene selbst, weißt du. Es ist ja nicht die Mafia… mit den Ottonormalverbrauchern legen die sich nicht an.“
Feli machte ein skeptisches Gesicht. „Bist du dir sicher?“
Tessa seufzte. „Ich weiß es nicht genau. Ich denke, wir sollten schon vorsichtig sein, ja. Aber auch der Polizist, der mich am Samstag vernommen hat, sagte mir, dass diese Straftaten innerhalb der Szene meistens schwer zu bekämpfen sind… naja, wenn du mich fragst, ist das Interesse seitens der Polizei da einfach nicht so groß, die lassen das sich untereinander ausmachen. Der Polizist sagte selbst ganz klar, dass die Sache noch mal anders ausgesehen hätte, wenn mich jemand angegriffen hätte.“
„Eigentlich schon ein starkes Stück, oder?“, schnaubte Feli. „Was ist denn da der Unterschied?“
„Tja… so ist die Realität wohl, auch wenn man es gar nicht glauben mag“, stellte Tessa kopfschüttelnd fest.
„Aber du bist doch damals auch in ihr Revier eingedrungen“, sagte Feli. „Und Jess sagte, du sollst auch aufpassen, oder?“
Tessa nickte. „Ja, das ist richtig. Aber ich hab auch nicht vor, nachts allein in den dunklen Gegenden herumzulaufen. Nicht mehr…“
Sie grinste schief. Feli jedoch war immer noch nicht beruhigt.
„Ja, aber, Tessa… du hast ihn vor deiner Haustür gefunden. Wurde er denn auch dort zusammengeschlagen? Wissen die vielleicht, wo du wohnst?“
Tessa schüttelte den Kopf. „Nein – Jess wurde nicht direkt dort zusammengeschlagen. Es war einige Straßen weiter, und er hat sich dann noch bis zu mir geschleppt, geklingelt, aber ich war ja nicht zu Haus…“, sie schluckte und durfte gar nicht daran denken, was geschehen wäre, wenn sie noch später nach Haus gekommen wäre. „Und selbst wenn, ich glaube auch nicht, dass sie sich an mir vergreifen würden… nicht in meinem Revier sozusagen… das ist viel zu riskant für die, da haben die kein Interesse dran. Das glaub ich nicht.“
Feli rieb sich die Stirn. „Mann – ich könnte an deiner Stelle nicht mehr ruhig schlafen.“
„Ich hab wachsame Nachbarn“, erwiderte Tessa und zwinkerte. „Nein, ernsthaft – ich denke nicht, dass da Grund zur Sorge besteht. Für die ist der Fall erledigt.“
Einen Moment schwiegen beide junge Frauen wieder, dann erhob Tessa unsicher die Stimme.
„Du… Feli… noch mal wegen Joshua… es… tut mir so leid, ihm so weh getan zu haben. Wusstest du, dass er anscheinend doch nicht über mich weg ist?“
Feli nickte. „Ja… was heißt, er hat´s mir nie gesagt, aber ich finde, man hat es schon gemerkt, auch wenn er es recht gut verstecken konnte. Aber als du das eben erzählt hast, war mir schon klar, dass er nicht so gut drauf reagieren würde.“
Tessa seufzte. „Ich will ihn nicht als Freund verlieren“, sagte sie dann langsam. „Ich mag ihn sehr.“
Feli tätschelte ihrer Freundin tröstend die Hand. „Ich weiß, und ich denke nicht, dass du ihn verlieren wirst. Vielleicht war diese kalte Dusche genau das, was er gebraucht hat um endlich zu begreifen, dass er nicht auf dich warten kann. Ich fürchte, er hat die ganze Zeit gehofft, dass du irgendwann über Jess weg bist und dich doch noch für ihn selbst öffnen kannst.“
Tessa seufzte. „Er hat nie mehr etwas dazu gesagt.“
„Ist doch auch verständlich“, erwiderte Feli. „Hättest du das in seiner Situation?“
Tessa schüttelte den Kopf.
„Nein, vermutlich nicht. Ach, ich fühl mich einfach mies deswegen.“
„Tessa, lass es – ehrlich, es hilft niemanden mehr, am allerwenigsten dir. Joshua kommt schon zurecht. Ich denke, er hat sich da an etwas festgebissen, von dem er selbst wusste, dass es keine Hoffnung gibt. Jetzt kann er endlich abschließen und danach wird er sicher wieder besser mit dir umgehen können. Abgesehen davon weiß ich, dass er auch noch mit ein oder zwei anderen Mädls liebäugelt.“
„Echt? Er hat gar nichts gesagt“, stieß Tessa hervor.
„Och, Tessa, du bist manchmal echt keine Schnellmerkerin“, stöhnte Feli grinsend. „Natürlich hat er dir nichts davon erzählt – ist doch klar. Aber wenn er erstmal über dich hinweg ist, und das wird jetzt, so wie die Dinge stehen, bestimmt schaffen, wendet er sich bestimmt anderen Objekten der Begierde zu, so dass ich euer Verhältnis von ganz alleine entspannen wird.“
„Ich hoffe es“, erwiderte Tessa. „Ich hoffe es wirklich.“
„Nun genug davon“, fiel ihr Feli ins Wort und grinste. „Es ist schon fast acht Uhr, und ich hab einen Bärenhunger. Was hältst du davon, wenn wir uns irgendwo eine Pizza holen und dann zu mir fahren? Oder hast du was vor heute Abend? Ich hab nämlich noch einen tollen Film rumliegen, den ich mir gestern geliehen hab. Was meinst du?“
Tessa lächelte. „Also, Hunger hab ich definitiv, und ein bisschen Ablenkung kann ich auch gut gebrauchen. Worauf warten wir also?“
Lächelnd drehte sie sich zur Kellnerin um und winkte sie heran, um zu bezahlen.
Dann hakte sie Feli unter und gemeinsam machten sie sich auf den Weg, um diesen aufreibenden Tag mit einem gemütlichen Mädls-Abend ausklingen zu lassen.
Fortsetzung folgt. -
Draußen wurde es allmählich dunkel und eine Bedienung ging von Tisch zu Tisch, um die kleinen Teelichter in den Lämpchen anzuzünden.
„Nun ja… nun weißt du alles“, schloss Tessa ihre Erzählung schließlich und warf einen gedankenverlorenen Blick zum Fenster hinaus.
Feli pfiff leise durch die Zähne und holte tief Luft.
„Und ich dachte, in dein Leben wäre mal ein bisschen Ruhe gekommen“, sagte sie langsam und lächelte. „Aber wenn es solche Aufregungen sind, dann kann man sich ja nicht beschweren. Ich will mir trotzdem gar nicht vorstellen, was du durchgemacht hast in jener Nacht im Krankenhaus. Wieso hast du denn nicht angerufen?“
Tessa zuckte mit den Schultern. „Sei nicht böse, Feli. Moni war ja bei mir, und ich war ehrlich gesagt ohnehin völlig kopflos. Was hätte ich dich da auch noch in Angst und Schrecken versetzen sollen. Du bist deswegen doch nicht eingeschnappt?“
Feli lachte leise auf. „Nein, Tessa, um Himmels Willen, natürlich nicht. Ich wollte damit ja nur sagen, dass ich für dich da bin, wenn du mich brauchst und Moni mal nicht zur Stelle ist.“
Sie zwinkerte und Tessa grinste. „Das hört sich jetzt auch überhaupt nicht eingeschnappt an…“
Feli lächelte. „Ich bin es nicht, wirklich! Ich freu mich einfach für dich, dass das alles trotz dieser Schrecken noch eine so gute Wendung zu nehmen scheint…“
Tessa nickte und wurde nachdenklich. „Ja, das stimmt. Aber ich kann mich noch nicht so ganz darauf einlassen. Irgendwie ging das alles zu schnell. Noch vor einer Woche habe ich mich schon fast mit dem Gedanken abgefunden gehabt, Jess niemals wiederzusehen, vor allem nach dem Treffen mit Jasmin im Januar. Und nun… nun ist er wieder da, es ist so viel geschehen und noch darüber hinaus weiß ich, dass er mich liebt und dass er mich nicht verlassen hat, weil er böse war… und noch dazu bietet sich die Hoffnung auf ein gemeinsames Leben, auf einen Jess, der nicht süchtig ist… ich kann mir das noch gar nicht vorstellen. Und manchmal denke ich, ich wache auf und habe das alles nur geträumt… wie so oft, wenn auch nie in derartiger Heftigkeit…“
Sie seufzte und sah Feli an. „Und ich denke daran, wie viel noch schiefgehen könnte… ich schäme mich fast, es zu sagen, weil ich doch an Jess glauben muss und sollte… aber… da ist ein Funken Angst und Misstrauen in mir, den ich einfach nicht still kriege…“
Feli sah Tessa nachdenklich an. „Und du denkst, das sei nicht normal oder in Ordnung?“, fragte sie dann langsam, und Tessa zuckte die Schultern.
Feli schüttelte den Kopf. „Nein, Tessa, das ist Unsinn. Es ist nur menschlich, dass du diese Gedanken hast. Ich kann mich nicht in deine Lage versetzen, aber ich fände es fast schon abnormal, wenn du diese Gedanken nicht hättest. Immerhin bist du sozusagen gebrandmarkt, was das angeht. Und so unschön es auch sein mag, es zu sagen, Jess hat noch nicht allzu viel getan, um sich dein Vertrauen zu verdienen, oder?“
Tessa schluckte. „Ja… ja, das stimmt wohl, aber darum sollte es doch nicht gehen… ich liebe ihn, er liebt mich… das sollte doch reichen.“
Feli nickte. „Ja, das tut es ja auch. Aber das heißt ja nicht, dass da nicht auch Zweifel, Ängste und eine gewisse Skepsis sein dürfen. Das ist doch letztlich auch ein gewisser Selbstschutz, Tessa. Mach nicht den Fehler, alles Schlechte wieder weg zu ignorieren, so wie damals, als du das erste Mal mit ihm zusammen warst…“
„Denkst du, das hab ich?“, erwiderte Tessa nachdenklich.
„Ja, das hast du mir selbst mal gesagt“, gab Feli zur Antwort. „Und du hast doch auch gesagt, du hast es deinen Eltern nur darum anvertraut, um nicht wieder die gleichen Fehler wie damals zu machen. Also – Skepsis ist richtig und wichtig. Und vielleicht kannst du dich sogar trauen, das in gewissem Maß auch Jess gegenüber zu zeigen. Nicht, um ihm das Gefühl zu geben, dass du ihm nicht vertraust. Sondern um dich nicht wieder zu verstellen ihm gegenüber.“
Tessa nickte langsam. „Du hast recht. Das sollte ich vielleicht tun. Es ist alles eben nicht so einfach.“
„Ja, und ich bewundere dich wieder einmal für deine Stärke“, sagte Feli langsam.
Tessa lächelte. „Ich weiß nicht, so stark bin ich gar nicht.“
Feli lachte leise auf. „Das bist du durchaus, nur siehst du selbst es nicht so, und das ist vermutlich auch normal. Und wie geht es jetzt genau weiter? Ich meine, vom zeitlichen Ablauf her? Wann wird Jess entlassen?“
Tessa zuckte mit den Schultern. „Das ist jetzt noch schwer zu sagen. Er macht sich zwar ganz gut und die Ärzte sind sehr zufrieden mit ihm. Aber er ist eben doch noch sehr schwach.“
„Ja, aber du sagtest doch, er ist nun auf einem Ersatzmittel? Wird das dann einfach immer weiter herunterdosiert?“
Tessa schüttelte den Kopf. „Die Ärzte sagen, der beste Weg, wirklich zu entziehen, ist immer noch der Totalentzug. Auch wenn er der schwerste ist. Und für den muss Jess schon wieder richtig stabil sein. Sie werden ihn offenbar so lange im Krankenhaus behalten, bis das wirklich gewährleistet ist. Dann geht er mehr oder minder direkt in die Entzugsklinik. Die Ärztin hat schon mit dieser Einrichtung telefoniert und er bekommt einen Platz dort.“
„Ah, das ist gut“, sagte Feli. „Und diese Einrichtung soll sehr gut sein, oder?“
Tessa nickte. „Laut der Ärztin schon. Sie ist auch nicht in der Stadt, sondern etwas außerhalb, mehr auf dem Land. Das klingt alles vielversprechend, muss ich sagen.“
Feli sah sie nachdenklich an. „Aber… wenn das so etwas besonderes oder sagen wir mal besseres ist, wer bezahlt das dann?“
„Laut dem Krankenhaus werden die Kosten erstattet“, erwiderte Tessa. „Es ist eine ganz normale Einrichtung, nur ist es offenbar so, dass der übliche Weg natürlich nicht in eine so weit entfernte Einrichtung – im Verhältnis zumindest – geht, sondern in die Einrichtungen hier in der Stadt. Man hat uns das so erklärt, wie wenn man zum Arzt geht und der einem erstmal immer die günstige Therapie verschreibt, obwohl man die bessere durchaus auch bezahlt bekäme.“
Feli schnaubte. „Das ist ja mal wieder typisch! Unfassbar eigentlich!“
Dann fiel ihr noch etwas ein: „Aber Jess ist doch gar nicht versichert… wie soll das gehen?“
„Er muss Sozialhilfe beantragen“, erwiderte Tessa und machte einen unbequemen Eindruck. „Das passt ihm natürlich nicht… aber es führt kein Weg daran vorbei, denn nur dann ist er versichert. Das muss er alleine auch, um die Krankenhauskosten erstattet zu bekommen. Sobald er gesund und entlassen ist, wird ihm der Weg auf die Ämter nicht erspart bleiben. Das kann alles rückwirkend gemacht werden, sagte mir die Ärztin. Aber er muss es trotzdem beantragen.“
„Ich verstehe gar nicht, wieso er damit solche Probleme hat“, stellte Feli fest. „Es ist doch allemal besser, als ein armes, hungriges, obdachloses Leben…“
Tessa seufzte. „Ich glaube, es ist bei Menschen wie Jess so …. sie haben nichts mehr, nichts, als ihren Stolz, weißt du…“
„Ich weiß echt nicht, ob ich das bewundernswert oder einfach nur idiotisch finden soll“, erwiderte Feli in ihrer direkten Art.
Tessa lächelte. „Kann ich nachvollziehen“, sagte sie.
Feli dachte einen Moment nach und sagte dann schnell: „Aber Tessa… sag mal… was ist nun mit diesen Hellows?“*geht noch weiter*
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Tessa schluckte und warf einen besorgten Blick zu Joshua, der still da saß und auf den Tresen starrte, als ob er dort eine unsagbare Entdeckung gemacht habe.
Feli starrte Tessa einen Moment verwirrt an und lächelte dann.
„Mein Gott, das ist… das ist ja der Hammer! Und das erzählst du uns erst jetzt? Wie genau ist das alles geschehen und… wie geht es nun weiter? Wo war er die ganze Zeit und wie stehen die Dinge zwischen euch jetzt?“
Tessa rang sich ein Lächeln ab und versuchte, nicht zu sehr auf den fast in Salz gegossenen Joshua zu achten, sondern unbeirrt weiter zu sprechen: „Ja… nun… er war das ganze Jahr wirklich in einer anderen Stadt wegen der Hellows… damit sie ihn nicht erwischen. Aber er wollte noch einmal zurück kommen, um mich zu sehen… er hat mir einen Brief geschrieben und als er diesen einwerfen wollte, ist er von den Hellows überrascht worden…“
„Sie haben ihn zusammengeschlagen?“, stieß Feli erschrocken aus, als ob sie Tessas Worte erst jetzt richtig begriff. „Ist es denn auch wirklich nicht schlimm?“
„Es war schlimm“, erwiderte Tessa langsam und dachte mit Schaudern an die furchtbare Nacht von Freitag auf Samstag zurück. „Wir wussten erst nicht, ob er durchkommen wird. Aber er hat es geschafft und ist inzwischen außer Gefahr, es geht ihm soweit ganz gut, er muss einfach nur noch etwas kräftiger werden, dann wird er sich auch bald erholen, sagen die Ärzte.“
„Dann warst du eben gerade bei ihm?“, fragte Feli.
Tessa nickte. „Ja, ich versuche, ihn so oft es geht zu besuchen.“
„Und… wie stehen die Dinge zwischen euch jetzt?“ wollte Feli wissen.
Tessa schluckte und warf erneut einen Blick auf Joshua, der sich nun zum ersten Mal in den letzten Minuten zu ihr umdrehte und ihr fragend und aufgewühlt ins Gesicht sah.
Sie schluckte und fühlte sich plötzlich, als habe man ihr die Kehle zugeschnürt.Doch es half alles nichts – früher oder später würde er sich der Wahrheit stellen müssen, also war es besser, sie ihm jetzt zu sagen.
„Es ist alles wieder in Ordnung“, sagte sie darum langsam. „Wir haben uns ausgesprochen und… uns ist klar geworden, dass wir beide Fehler machten… Jess kann sich wirklich nicht verzeihen, was er damals getan hat. Aber ich bin ihm nicht böse. Er hat seinen Fehler eingesehen und daraus gelernt. Er möchte jetzt noch mal einen Entzug machen, sobald er aus dem Krankenhaus entlassen wird. Und ich denke, er wird es diesmal sicher schaffen.“
Da sie sich bewusst war, dass das die eigentliche Frage noch nicht in Gänze beantwortet hatte, fügte sie schließlich noch leise hinzu: „Unsere Gefühle füreinander sind immer noch dieselben, Joshua… Feli. Wir… wir lieben uns nach wie vor.“
Es war wieder einen Moment still, dann lächelte Feli ihre Freundin herzlich an.
„Mensch, Tessa… das klingt doch eigentlich alles ganz gut. Natürlich musst du uns noch die Details erzählen, aber… ich freu mich echt für dich.“
Tessa lächelte und warf dann einen fragenden Blick zu Joshua.
Dieser schluckte schwer und sagte dann mit ungewöhnlich dünner Stimme. „Ja… ja, ich kann mich Feli da nur anschließen…“
Er fuhr sich nervös durchs Haar und warf dann einen Blick auf seine Uhr.
„Oh, schon so spät“, stammelte er. „Ich… ich muss los, ich muss… ich hab noch was… vor… Hausarbeit… Referat, mein ich… und Arbeit… und muss noch telefonieren mit… ja, also…“
Er versuchte schief zu grinsen und schob den Stuhl nach hinten. Tessa schluckte und wandte den Blick ab.Unschlüssig blieb Joshua einen Moment neben Tessa stehen, streckte vorsichtig die Hand nach ihrer Schulter aus und zog sie dann verunsichert wieder zurück.
„Also, Tessa… wir sehen uns“, sagte er dann nur unsicher. „Ich freu mich wirklich für dich und… und Jess. Bis dann irgendwann.“
Und rasch drehte er sich auf dem Absatz um und ging schnellen Schrittes die Treppen hinab.
Tessa seufzte und schloss für einen Moment die Augen. Sie fühlte sich schlecht.„Ach, Tessalein – nimm´s nicht so schwer“, hörte sie Felis Stimme zu sich dringen. Sie sah ihre Freundin traurig an.
„Das war nicht einfach“, sagte sie dann langsam. „Ich wusste nicht, dass es doch noch so schlimm ist bei Joshua… ich dachte… wenn ich das gewusst hätte, ich…“
Feli winkte ab. „Hör auf, dich verrückt zu machen, Tessa. Joshua muss das mit sich selbst abmachen.“Sie warf der Kellnerin, die seit einigen Minuten offenbar nichts mehr zu tun hatte, einen Blick zu und beugte sich dann zu Tessa. „Komm, lass uns an einen der hinteren Tische gehen, da sind wir ungestörter…“
Tessa nickte und beide begaben sich zu einem der freien Ecktische.„Und nun erzähl mir mal alles ganz genau und von vorne“, drängte Feli und Tessa begann bereitwillig und nun viel befreiter zu berichten, was in den letzten Tagen vorgefallen war, ohne etwas auszulassen – von jenem Zeitpunkt an, als sie Jess halb erfroren vor dem Haus gefunden hatte, über das Gespräch mit ihren Eltern bis hin zu dem letzten Besuch am Nachmittag, wo Jess schon wieder einige Schritte selbst gegangen war und wesentlich frischer und kräftiger wirkte.
*geht noch weiter*
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Kapitel 67
Des einen Freud, des andern Leid
„Hey ihr beiden! Ihr seid ja schon da!“, rief Tessa erfreut aus, als sie die Treppen nach oben kam und Felicitias und Joshua an der Bar des „Friends“ entdeckte.
„Ja, weil du ein bisschen zu spät ist“, gab Joshua belustigt zurück und schob den Barhocker neben sich ein Stück nach hinten, damit Tessa dort Platz nehmen konnte.
Tessa lachte. „Ja, entschuldigt, ich… ja, ich war noch unterwegs und bin direkt hierher gekommen, da hab ich mich wohl etwas verpasst. Könnt ihr mir noch mal verzeihen?“Joshua und Feli lachten auf. „Weil du es bist“, sagte Joshua zwinkernd und betrachtete die junge Frau neben sich bewundernd. „Du siehst heute irgendwie anders aus, Tessa. Du strahlst ja richtig. Hast du ein Honigkuchenpferd verschluckt?“
Tessa kicherte. „Nein, nicht wirklich, ich hatte zwar ein Honigbrötchen zum Frühstück…“
„Aha!“, stellte Joshua fest und grinste. „Wusste ich es doch!“
„Habt ihr schon was zu trinken bestellt?“, fragte Tessa schnell.
„Nein“, erwiderte Feli. „Wir wollten auf dich warten.“
„Dann lasst mich mal, ich lade euch heute ein“.
Tessa wandte sich der Kellnerin zu und bestellte für alle drei einen alkoholfreien Cocktail.
Skeptisch sahen ihre Freunde sie an. „Was ist los, was ist der Grund für diese Großzügigkeit? Deinen Geburtstag vergessen haben wir definitiv nicht, der ist erst wieder in einigen Monaten. Haben wir irgendwas verpasst?“
Tessa lächelte und zuckte mit den Schultern. „Kann man wohl sagen, ja…“
Joshua sah sie aufmerksam an und auch Feli lehnte sich nach vorne, um ihr ins Gesicht blicken zu können.
„Was ist los, Tessa?“
Sie drehte sich lächelnd zu Joshua um und wollte gerade Luft holen und ihren Freunden alles berichten, als sie den Blick Joshuas brauner Augen plötzlich bewusster wahrnahm als vorher und stockte.
Verwirrt blickte sie ihm ins Gesicht und schluckte dann hart, drehte sich zur Seite und murmelte wesentlich gedämpfter als zuvor: „Ich… ich würde sagen, wir warten erstmal, bis wir was zu trinken haben. Ich bin völlig ausgetrocknet…“
Joshua sah sie besorgt von der Seite an. „Es ist doch nichts passiert, oder? Etwas schlimmes, meine ich?“Tessa schüttelte den Kopf und erwiderte nichts mehr, sondern starrte einen Moment nur gedankenverloren vor sich hin. Feli schien zu begreifen, dass ihre Freundin einfach noch einen Augenblick brauchte und plapperte munter und unbekümmert über ihre Hausarbeit und wie weit sie sei, so verwickelte sie Joshua sehr schnell in eine kleine Diskussion über eine Quellenangabe, die sie für fragwürdig hielt, er jedoch nicht.
Tessa derweil hörte den beiden nur mit halbem Ohr zu und warf dabei immer wieder Seitenblicke zu Joshua. In den letzten Monaten hatte sich das Verhältnis zwischen ihnen wieder so entspannt, und an die Begebenheit im Park hatte keiner von ihnen jemals mehr ein Wort verloren, sie schien fast schon nicht mehr existent zu sein. Sie waren Freunde, sehr gute Freunde – mehr nicht. Doch eben, als sie so fröhlich und ausgelassen an die Bar gekommen war, hatte sich Joshuas Blick verändert und mit einemmal musste Tessa erkennen, dass er offenbar immer noch mehr als rein freundschaftliche Gefühle für sie hegte.
Wenn sie nun bedachte, was sie ihren Freunden gerade zu erzählen plante, machte sich ein Knoten in ihrem Magen breit.Sie hatte die ganze Zeit keinen Gedanken daran verschwendet, wie die Offenbarung von Jess´ Rückkehr und der plötzlichen Hoffnung auf eine vielleicht doch noch glückliche und gemeinsame Zukunft als Paar auf Joshua wirken würde.
Nachdem die ersten Tage nach Jess´ Auftauchen nur Monika von allem gewusst und sich so von ganzem Herzen für ihre Freundin gefreut hatte, war es Tessa kaum in den Sinn gekommen, dass die beiden anderen Menschen, die ihr so nahe standen, anders reagieren könnten. Bei Feli hatte sie da nach wie vor keine Sorgen – aber nun, da ihr wieder klar geworden war, dass Joshua vielleicht noch Gefühle für sie hegte, hatte sie plötzlich Angst, ihm zu sagen, was geschehen war.
Sie warf einen schnellen Blick auf ihn. Er hatte sich mit einem Arm auf den Tresen gestützt und schnaubte gerade etwas von „völlig unlogisch“ in Richtung Feli, während die Kellnerin die Cocktails auf den Tresen vor ihnen stellte. Rasch griff Tessa nach dem Glas und trank einen hastigen Schluck. Es tat ihr im Herzen weh, die Gewissheit zu haben, Joshua gleich furchtbar weh tun zu müssen. Aber es führte kein Weg daran vorbei.
Feli nippte an ihrem Drink und beendete die Diskussion um die Quellenangabe rasch, indem sie sich bereit erklärte, sie zu ändern und Joshua somit keinen Diskussionsbedarf mehr gab. Dann wandte sie sich ihrer Freundin zu und sagte: „So, Tessa, nun, da wir was zu trinken haben, spann uns nicht mehr länger auf die Folter und sag uns, was los ist.“
Auch Joshua drehte sich nun gespannt zu Tessa und wartete darauf, dass diese etwas sagte.
Nervös fuhr diese sich mit der Zunge über die Lippen, seufzte dann und dachte bei sich, dass es vielleicht wie mit einem Pflaster zu handhaben sei – je schneller es abgerissen war, desto weniger weh tat es, und so war es vielleicht auch hier.
„Es ist so“, sagte sie darum mit fester Stimme. „Jess ist wieder da.“
Einen Moment herrschte Stille zwischen den drei Freunden, dann sagte Feli: „Wie meinst du das, er ist wieder da? Wie… wie geht das?“
„Nun… er ist wieder zurück gekommen“, erwiderte Tessa langsam. „Am Wochenende… am Freitagabend. Ich fand ihn vor meinem Haus… zusammengeschlagen… er ist jetzt im Krankenhaus, aber es geht ihm schon wieder ganz gut und... ja…“*geht noch weiter*
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Kiara: Hach, Du machst mir mit Deinem KOmmi eine echte Freude, weisst du das? Weil Du einfach im letzten Absatz auch noch einmal so schön aufzählst, was jetzt noch alles kommen und passieren könnte... ich hab nämlich so ein bißchen Bange, dass jetzt, wo Jess wieder da und sozusagen "alles gut" zu sein scheint, der Spannungsbogen in den Keller sackt. Aber so einfach ist das ja alles nicht. Da hätte ich ja auch gleich am Anfang sagen können, reiches Mädchen lernt armen Kerl kennen und alles ist gut.
Darum find ich es toll, dass Du auch jetzt noch weiter denkst... die Story ist nämlich noch lange nicht zu Ende, auch wenn es danach aussehen mag!
Dass Jess endlich wachgerüttelt worden ist, hat wohl wirklich mit allem zu tun, was geschehen ist. Auch dass er dem Tod so nahe war wie nie zuvor. Ich denke, das und auch die Tatsache, dass Tessa ihm verzeiht, gibt ihm den nötigen Halt. Er weiß jetzt, dass es nur zwei wege gibt - Entziehen und Leben oder Nicht-Entziehen und Sterben. Einen von beiden wird er also gehen...
Danke für Deinen kommi!
Shareena: Ja, es war wichtig, dass Tessa endlich mal die Wahrheit gegenüber ihrer Eltern raus ließ. Sonst wäre ja auch eine echte gemeinsame Zukunft mit Jess von Anfang an undenkbar gewesen. Ich find es auch wichtig zu sehen, dass sie es gemacht hat, BEVOR sie von Jess Entschluss wusste, also ohne jedwede Bedingung daran zu knüpfen.
Ob Jess und Tessa noch glücklich werden, ist natürlich noch fraglich, klar, jetzt sieht alles gut aus, aber einfach werden wird es nicht.
Danke für Deinen Kommi!
@Llyn: Ja, auch Du siehst es ganz richtig, es wird nicht einfach werden. Auch wenn jetzt alles noch "Gut" aussieht - es gibt noch viele Unbekannten.
Und ich glaube auch nicht, dass Tessa das nochmal so unbeschadet übersteht... ich denke, da würde viel kaputt gehen.
Danke für Deinen lieben KOmmi!!! *winke*@ALL: Ich hoffe, ihr seid lesefest. Die nächste FS ist echt arg lang. Aber ich dachte mir, es bringt wenig, sie in 2 zu teilen - also lest es halt in 2 Abständen, wenn ihr mögt
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Liebe Kiara!
Ich hab die FS mal wieder verpennt. Schlimm ist das mit mir zurzeit. Ich werde alt
Aber nun mal zum Inhalt. Ich fand, das war die bisher schönste FS von allen, für mich zumindest. Die Bilder, das geheimnisvolle, mystische, das traurige, verzweifelte - irgendwie war da so viel Emotion und Geheimnisvolles drin, dass es mich echt berührt hat.
Auch das von Rivendell zitierte Bild hat mich total getroffen - man vergisst völlig, wie es entstanden ist, und kauft ihm voll ab, was es darstellen soll und noch darüber hinaus.
Nun zum eigentlichen Inhalt zurück - ich hatte also recht mit meinem Nasenvergleich
Somit ist Telorion also Kenaras ... Bruder? Halbbruder? Oder sowas in der Art zumindest.
Die Sterne als Transportmittel für den geheimen Gesang zu nutzen, finde ich eine wunderschöne Idee von Dir. Das ist einfach toll.
Ich bin gespannt, wie es nun für Telorion weitergeht, ob er heil in Merlaron ankommt und was hinter allem steckt.
Eine tolle FS, Kiara, echt *schmacht*
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Hm, ich hab echt wieder eine FS verpasst *esnichtfasse*
Also, mir haben beide FS sehr gut gefallen. Ich mach mir etwas Sorgen um Elias, nicht wegen Lady Morgenröte (übrigens, für diesen Namen hättest Du glatt einen Oscar verdient :roftl:applaus), sondern weil er als junger Hüpfer, naiv, unerfahren und ziemlich ungesund stur (vor allem für einen "bescheidenen" Mönch) alleine am Fürstenhof bleiben will.
Mal abgesehen davon, dass ich mich frage, wie das so einfach gehen soll. Zum einen muss der Fürst ihn dazu ja weiterhin willkommen heißen, zum anderen haben die Mönche doch eigentlich die Pflicht zu laufen, wenn der Abt pfeift, sozusagen. Wird es für Elias nicht irgendwelche schwerwiegenden Konsequenzen innerhalb des Klosters haben, wenn er die Anweisungen einfach nicht befolgt? Das ist doch eigentlich eine Gehorsamkeitsverweigerung, die der Abt sicher nicht so einfach hinnehmen kann und wird...
Dann mal zu dem Kapitel mit Lina und den Räubern. Das ist Dir sehr gut gelungen, finde ich. Mir geht es gefühlstechnisch genauso wie Lina. Ich finde Jacob am sympathischsten, er wirkt ein bißchen trottelig, aber herzensgut und nett. Henry mag ich auch nicht, er wirkt großmaulig und nicht wirklich vertrauensselig.
Richard hingegen finde auch ich irgendwie am faszinierensten, geheimnisvollsten und männlichsten. Ich könnte mir auch durchaus vorstellen, dass es irgendwann zwischen ihm und Lina knistern könnte.
Ich muss Dir da ein ganz großes Lob aussprechen, dass bei mir als Leserin diese drei Figuren also genauso ankommen, wie Lina sie als eine der Protagonisten auch sieht. Das ist wirklich nicht so einfach hinzubekommen und zeigt auch, dass Du die Sims gut erstellt hast, dass sie diese Sympathien oder Antisympathien direkt mit auslösen.
Auch wenn Richard als Sim jetzt nicht unbedingt Sexiest Man Alive sein mag, so hat er so etwas männlich- geheimnisvolles. Du hast die Differenzierung zwischen den Figuren also sehr, sehr gut hinbekommen. Dafür ein riesiges Lob!
Ich bin gespannt, wie es Lina in der Stadt ergeht und wie ich schon sagte, glaube ich, es könnte gar nicht so schlecht für sie sein, dass sie zu den Räubern gestoßen ist, denn sie merkt jetzt ja schon selbst, wie "weltfremd" sie in all den Jahren und bei all dem Wissen, welches Adera ihr vermittelt hat, doch geblieben ist. Da ist die Hilfe der Räuber schon sehr gut, auch wenn es für Lina natürlich nicht gerade gut ist, mit "solchen" Leuten in Verbindung gebracht zu werden.
Da sie ja aber nun eh das Geheimnis ihrer Identität nicht mehr wahren kann, wenn die Räuber sie verrieten, ist es wohl das kleinere Übel zu stehlen als sich offiziel als Hexe zu bekennen, und noch dazu als eine, die magische Fähigkeiten besitzt und nicht nur ein bißchen Kenntnisse in Kräuterkunde oder Alchemie....
Bin gespannt, wie es weitergehen wird!
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[B][B][B][B]
[B][B]Die Nacht lag weich wie ein Seidentuch über der Stadt. Ein laues Lüftchen wehte durch die
Gassen. Das funkeln der Sterne ließ so manchen, der nicht schlafen konnte, an wundervolle Dinge
denken. Liebespärchen, die zu dieser Zeit noch unterwegs waren, dachten in dieser magischen
Nacht an ihre Zukunft.
[/B][/B][/B][/B][/B][/B]Das ist ein ganz starker Absatz, finde ich! Wow!
Einfach klasse formuliert, fast poetisch.Zum Inhalt : Ich find es super, dass John seine eigenen Ängste überwunden bzw. so weit in den Hintergrund gedrängt hat, dass er Venus nun nicht mehr den Weg versperrt. Alles ander wäre auch dumm gewesen, denn er kann sie letztlich nicht daran hindern, mehr über ihre Herkunft heraus zu bekommen. Und dass dieser Tag vermutlich irgendwann kommen wird, war wohl von Anfang an so vorprogrammiert.
Allerdings macht mir Dein letzter Absatz schon Sorgen. Ich hoffe, dass John´s Ängste nicht berechtigt sind und man nicht doch noch auf Venus aufmerksam wird, mehr als man es vielleicht geworden wäre, wenn sie eine ganz weltlich-schnöde Ausbildung gemacht hätte... :hua
Ich bin gespannt, wie es weitergeht... *fingernägelkau*
Zu den Bildern mag ich auch mal wieder was sagen: Die sind gigantisch. Wie kriegst Du die Sims nur immer zu solch realistischen Posen?
Obwohl ich ja überzeugt bin, dass der kleine GArtentisch mitsamt John nach vorne gekippt wäre im real life
aber trotzdem ist das Bild einfach stark, auch das, auf dem Venus so schön auf dem Gartenstuhl rumlümmelt.
Klasse!
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Sie schnaubte auf. „Was wäre ich nur für ein Mensch, wenn ich das nicht täte?“
Jess lächelte schmerzlich. „Nicht dieser wundervolle, der hier vor mir sitzt, nehme ich an.“
Tessa winkte ab. „Hör auf, mir zu schmeicheln. Auch ich hatte meine Fehler, oder etwa nicht? Ich hätte von Anfang an zu dir stehen müssen. Das hab ich nicht. Ich hab ein Doppelleben geführt – und das in vollem Bewusstsein. Wer ist da nun besser und wer schlechter, frage ich dich?“
Jess schüttelte den Kopf. „Ich seh es nicht ganz so wie du. Ich stehe tief in deiner Schuld, Tessa. Aber dennoch…“ Er sah sie ernst an.
„Wenn du mir wirklich verzeihen kannst… und wo wir uns doch offenbar beide immer noch genauso lieben wie vorher… wenn nicht noch mehr… Tessa… meinst du, du könntest mir eine zweite Chance geben?“
Tessa holte tief Luft. „Ja… ich… natürlich, Jess…“, begann sie zögernd. „Aber… ich… ich habe Angst, dass… ich will dich nicht noch einmal verlieren und… das werde ich wohl…“
Jess nickte. „Ja, über kurz oder lang.“
Schweigend sahen sich beide an, dann sprach Jess weiter: „Aber ich will dich nicht mehr verlieren. Und ich will dir nicht mehr weh tun. Und abgesehen davon will ich nicht sterben! Und darum werde ich nicht mehr so weiterleben wie bisher.“
Tessa riss die Augen auf und starrte ihn an.
„Was meinst du damit?“
Jess holte tief Luft und sagte dann: „Ich habe mit der Ärztin gesprochen, und die hat mir bestätigt, was ich selbst schon weiß, nämlich, dass es fünf vor zwölf ist. Es ist wohl mehr oder weniger schon ein Wunder, dass ich das hier überhaupt überlebt habe…“, er warf ihr einen warmen Blick zu. „Und das wohl auch nur, weil ich irgendwie gespürt habe, dass da jemand ist, der auf mich wartet.“
Sie lächelte schmerzlich, sagte aber nichts, da Jess direkt weiter sprach: „Jedenfalls ist es zurzeit so, wie du wohl weißt, dass ich auf einem Ersatzmittel gehalten werde. Aber das ist keine dauerhafte Lösung… und… nun, ich habe der Ärztin erzählt, wie mein letzter Entzug von statten gegangen ist… und sie sagte, dass es keinerlei Chancen gegeben habe, ihn zu überstehen. Nicht so.“
Tessa nickte. „Ich weiß, das hat man mir auch oft gesagt.“
„Ja, und ich schäme mich dafür, dir all das zugemutet zu haben, nur weil ich zu stolz war, mir echte Hilfe zu holen“, sagte Jess leise und sah Tessa traurig an. „Ich hätte dir das niemals antun dürfen. Aber was geschehen ist, kann ich nicht mehr ändern. Was ich aber sehr wohl ändern kann, ist die Zukunft, Tessa… und wenn du mir dabei helfen willst, habe ich das schönste Ziel vor Augen, das es geben kann.“
„Was … willst du damit sagen?“, fragte Tessa langsam, die es kaum wagte, ihre Vermutung auch nur bis in ihre Gedanken kommen zu lassen.
„Nun, ich habe der Ärztin auch meine vorigen Entzugsversuche beschrieben… naja… und offenbar war ich da nicht unbedingt in den besten Händen“, sprach Jess weiter. „Sie hat mir eine Adresse gegeben, die ein Geheimtip unter den Anstalten für Drogenentzug sein soll… draußen auf dem Land… mit einem ganz anderen und erfolgsversprechenden Konzept als der Rest der gängigen Einrichtungen, vor allem denen hier in der Stadt. Die Kosten würden laut ihr sogar übernommen. Und Tessa, ich will es schaffen. Sobald ich hier raus bin, werde ich mich dort anmelden und den Entzug noch einmal angehen.“
Tessa sah ihn wortlos an, dann sagte sie langsam: „Das… ist wunderbar, Jess, wirklich. Nur… bitte sag mir eines, willst du das auch wirklich? Du musst es selbst wollen. Nicht nur für mich, nicht für uns – du musst es für dich wollen, verstehst du. Für dich allein. Weil du es dir wert bist…“
Jess nickte. „Ich weiß, Tessa. Und ich will es für mich. Natürlich auch für dich und uns. Aber hauptsächlich für mich. Ich bin noch zu jung zum Sterben. Und wenn du dich ändern kannst, wieso sollte nicht auch ich das können? Jeder kann das, oder nicht? Auch wenn es schwer wird. Aber ich glaube, das – das war ein Zeichen. Es ist meine letzte Chance, verstehst du. Die allerletzte. Und ich werde sie nutzen, Tessa.“
Tessa brauchte einen Moment, um diese Information zur Gänze zu verarbeiten, dann hellte sich ihr Gesicht auf.
„Jess… das… ich finde das großartig“, stieß sie dann hervor und griff nach Jess´ Hand. „Und ich bin mir sicher, dass diesmal alles gut wird, vor allem, weil du es unter professioneller Hilfe machen wirst.“
Jess nickte. „Ja, ich muss dort nur einen Therapieplatz bekommen, aber die Ärztin hat mir ihre Hilfe angeboten, und ich denke, das wird schon gut gehen. Und danach kann ich komplett von vorne anfangen. Es wird nicht leicht werden, aber diesmal bin ich guter Dinge, denn ich weiß, wofür ich es tu und was auf dem Spiel steht.“
Er lächelte Tessa an. „Und nun möchte ich, Tessa, dass du mir ein bisschen was von dir erzählst. Du siehst ganz anders aus als noch vor einem Jahr. Obwohl du damals schon so hübsch warst, so bist du jetzt noch schöner, wirklich. Du siehst tatsächlich irgendwie… reifer und erwachsener aus. Erzähl bitte ein bisschen etwas.“
Tessa lächelte verlegen. „Ich weiß nicht… was soll ich da schon erzählen? Ich studiere ja seit März letzten Jahres. Und – ja, es klappt ganz gut.“
Jess lächelte ihr zu. „Das ist wunderbar. Ich bin froh, dass du trotz allem angefangen hast mit dem Studium.“
„Ja – es war nicht einfach, aber meine Freundin Monika hat mir den Kopf zurecht gerückt…“
So begann Tessa ein wenig zu erzählen, wie sie Monika kennen gelernt hatte und wie es auf der Uni war und auch, dass sie einige andere Freunde gefunden hatte, die ihr beistanden.
Nach einer Weile merkte sie, wie Jess´ Konzentrationsfähigkeit allmählich nachließ und er etwas blass und still wurde.
„Bist du müde?“, unterbrach sie sich darum nach einer Weile und sah ihn besorgt an.
„Ein wenig“, gab dieser zu. „Ich bin wohl immer noch nicht so fit, wie ich gerne wäre.“
„Lass dir Zeit“, erwiderte Tessa sanft. „Du bist schon viel fitter, als wir alle es noch vor zwei Tagen je gedacht hätten. Du solltest jetzt eine Runde schlafen, und ich komm dich morgen wieder besuchen.“
Sie lehnte sich nach vorne und küsste Jess sanft, was dieser erwiderte.
In diesem Moment öffnete sich die Türe und Doktor Langboldt kam ins Zimmer. Als er die Szene erfasste, lächelte er und sagte: „Oh, ich hoffe, ich störe nicht.“
Verlegen stand Tessa auf und schüttelte den Kopf. „Oh – ähm, nein, ich wollte gerade gehen.“
Doktor Langboldt lachte leise auf. „Nun – wegen mir müssen Sie das nicht. Ich wollte nur noch einmal nach unserem Patienten schauen.“ Er wandte sich Jess zu. „Wie fühlen Sie sich, Herr Berger?“
Jess lächelte. „Ein bisschen matschig, aber sonst ganz gut.“
„Wirklich erstaunlich, wie gut Sie sich in diesen Tagen erholt haben“, sagte der Arzt anerkennend. Tessa stützte grinsend die Hände in die Hüften.
„Ja, er ist ein echtes Naturtalent im Sich-Aufrappeln“, zwinkerte sie Jess zu und dieser grinste schief.
„Aber jetzt muss ich mich verabschieden, ich glaube, Jess ist ziemlich müde und ich hab auch noch einiges zu tun.“
„Bis morgen, Tessa“, sagte Jess leise und winkte ihr zu.
„Auf Wiedersehen, Frau Wagner.“ Doktor Langboldt nickte ihr freundlich zu.
Lächelnd schloss Tessa die Tür hinter sich und trat langsam und aufgewühlt ans gegenüberliegende Fenster, wo sie ihren Blick über die schneebedeckten Häuser schweifen ließ.
Sie war glücklich.
Fortsetzung folgt. -
Kapitel 66
Perspektiven
Langsam ging Tessa den Flur entlang und blieb vor der Tür zur Intensivstation stehen.
Wie schon in den letzten beiden Tagen klopfte ihr Herz aufgeregt gegen ihre Brust. Es war immer wieder etwas besonderes, hier her zu kommen, um Jess zu sehen. Zum einen war es eine Art kribbelnder Vorfreude, dann aber auch wieder der Schrecken, den dieser Ort immer noch auf sie ausübte und auch immer wieder die Furcht, es könne etwas in der Zeit ihrer Abwesenheit geschehen sein und Jess wieder in ernstlicher Gefahr… oder schlimmer.
Nachdem sie kurz geklingelt hatte, öffnete sich die Tür binnen kürzester Zeit und eine Schwester steckte ihren Kopf hinaus.
„Jess Berger, nicht wahr?“, nahm sie Tessa sofort die Worte aus dem Mund, und als diese nickte, sagte sie schnell: „Er ist nicht mehr hier, tut mir leid.“
Für einen Moment schien Tessas Herz auszusetzen, doch die Schwester sprach sofort weiter: „Keine Angst, er ist nur verlegt worden, auf Normalstation. Zimmer 258, im zweiten Stock, Innere.“ Sie lächelte Tessa freundlich zu und schloss dann wieder die Tür.
Diese seufzte erleichtert auf und lächelte dann erfreut, während sie sich rasch auf den Weg in den zweiten Stock machte. Jess hatte in den letzten Tagen wirklich erstaunlich gute Fortschritte gemacht. Gestern Abend, nach dem Gespräch mit ihren Eltern, war sie noch einmal zu ihm gefahren, nachdem sie sich zu Haus kurz umgezogen und frisch gemacht hatte.
Aber er war sehr müde gewesen und hatte nur wenig sprechen können, darum war sie nicht lange geblieben und hatte ihn lieber schlafen lassen.Er hatte auch am Morgen, als sie ihn schon einmal besucht hatte, nur wenig gesprochen, aber einen deutlich kräftigeren und stabileren Eindruck gemacht als am Vortag. Auch die Ärztin war sehr zufrieden gewesen. Dass er nun allerdings derartige Fortschritte gemacht hatte, um auf die Normalstation verlegt werden zu können, überraschte Tessa und machte sie froh.
Sie hatte bisher nur wenig mit ihm über das Vorgefallene sprechen können, er war einfach nicht kräftig genug dazu gewesen. Eigentlich hatten sie nur recht wenig gesprochen, sich mehr angesehen und an den Händen gehalten. Es gab wohl einfach Momente im Leben, in denen Worte nicht das wichtigste waren, dachte Tessa bei sich, als sie aus dem Aufzug stieg und der Beschilderung auf die Innere folgte.
Schnell hatte sie das benannte Zimmer gefunden und klopfte vorsichtig an. Von innen war leise „Herein!“ zu vernehmen und vorsichtig drückte Tessa die Türklinke hinunter.
Auf der linken Seite des Raumes befand sich ein leeres Bett, aber hinter dem zwischen den Betten stehenden Paravent konnte sie die Schemen eines Mannes im Bett erkennen.Sie trat vorsichtig näher und erkannte nun Jess, der ausgestreckt und in einen blauen Krankenhauspyjama gehüllt auf dem Bett lag und in einem Buch las. Sie sah ihn erstaunt an und konnte nicht fassen, wie gut er sich in der letzten Nacht erholt zu haben schien, dass er jetzt schon wieder so wacker im Bett lag und las.
Als Jess Tessa näher kommen hörte, blickte er auf, legte das Buch zur Seite und lächelte sie erfreut an.
„Tessa!“, sagte er dann und streckte ihr die Hände entgegen. Vorsichtig kam Tessa zu ihm, nahm seine Hände und fühlte den inzwischen so viel stärkeren Druck eben jener, beugte sich zu ihm und küsste ihn sanft und kurz auf den Mund.
„Ich bin völlig perplex“, stieß sie dann hervor und betrachtete Jess lächelnd. „Du siehst so viel besser aus als gestern. Was haben sie heute Nacht mit dir gemacht, dass Du wieder so fit bist?“Jess lächelte leicht und zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, aber ich fühle mich auch schon viel besser. Manchmal ist Schlaf eben die beste Medizin, hat die Ärztin heute Morgen zu mir gesagt, als man mich verlegt hat. Ich bin vorhin sogar schon wieder einige Schritte gegangen, auch wenn mir noch alles weh tut.“
Tessa lächelte. „Das ist toll, wirklich.“ Dann setzte sie sich auf den Stuhl neben seinem Bett und eine Weile schwiegen beide sich an, was fast etwas bizarr wirkte. Doch jetzt, wo Jess wieder vollkommen gegenwärtig war, entstand eine peinliche Stille zwischen beiden.Nach einigen Minuten durchbrachen diese beide fast zeitgleich, als Tessa ansetzte „Weißt du, ich…“ und Jess sagte: „Tessa, ich wollte…“
Sie stockten beide und mussten dann lachen, was Jess offenbar einige Schmerzen bereitete, denn er hielt sich danach mit gequältem Gesichtsausdruck den Bauch.
„Alles okay?“, fragte Tessa ängstlich und er nickte. „Ja, keine Bange, ist nur die Operationsnarbe, das tut noch ein bisschen weh beim Bewegen und vor allem offenbar beim Lachen…. Tessa, ich wollte nur sagen, dass… ich danke dir, dass du jeden Tag hier warst in den letzten zwei oder drei Tagen… und dass du mich gefunden hast und mir das Leben gerettet…“
Tessa sah ihn ernst an. „Das ist nichts, wofür du mir danken musst… ich bin froh, dass ich noch rechtzeitig nach Haus gekommen bin. Kannst… weißt du, was genau geschehen ist?“
Jess atmete tief durch und nickte. „Ja, gestern konnte ich mich noch an kaum etwas erinnern, aber heute Morgen wusste ich alles wieder. Es waren die Hellows, Tessa…“Tessa nickte. „Das hab ich mir schon gedacht, und ich hab es so auch der Polizei gesagt…“, angespannt beobachtete sie seine Gesichtszüge. „Ich hoffe, das war nicht falsch…“
Jess schüttelte den Kopf. „Aber nein, natürlich nicht. Vorhin war auch ein Polizist bei mir, und ich hab ihm das meiste gesagt… ich denke ohnehin nicht, dass sie irgendjemanden von der Bande schnappen werden… und das ist vermutlich auch besser so.“
Er sah Tessa wieder ernst an. „Hast… hast du meinen Brief bekommen?“
Tessa nickte langsam und schluckte schwer. „Ja, der Arzt hat ihn mir in der Nacht, als du hierher kamst, gegeben...“
Jess sah sie ernst an. „Ich hoffe, du glaubst mir, wie leid mir das alles tut. Ich wollte nicht wieder in dein Leben treten und erneut alles durcheinander bringen, Tessa…“
Tessa sah ihn offen an. „Das hast du nun wohl trotzdem“, sagte sie leise und lächelte schief. „Aber ich bin unendlich dankbar dafür, Jess…“Jess sah sie erstaunt an. „Wie… meinst du das, Tessa?“
Tessa runzelte die Stirn und griff dann nach seiner Hand. „Was gibt es daran denn nicht zu verstehen, du Dummerchen?“
Jess schluckte. „Heißt das… du verzeihst mir? All den Mist, den ich gebaut habe? Alles, was ich dir angetan habe?“
Tessa sah ihn offen an. „Braucht es da noch eine Antwort? Ich bin doch schließlich hier, oder nicht?“
„Aber… wie kannst du mir all das verzeihen? Ich… ich hab dich im Stich gelassen…“, setzte Jess mit brüchiger Stimme an. Doch Tessa schüttelte den Kopf.
„Ich weiß, Jess, und ja, ich habe sehr gelitten in jener Zeit. Aber eins ist mir klar geworden – ich liebe dich nun mal. Daran kann und will und werde ich nichts ändern, verstehst du. So einfach ist das.“ Sie sah unsicher zu Boden, weil sie nicht recht wusste, welche Reaktion sie jetzt erhoffen oder erwarten sollte.
Jess war einen Augenblick still, dann sagte er langsam: „Und ich liebe dich, Tessa.“Er fuhr sich unsicher über die Stirn und sprach dann langsam weiter: „Ich bin ein elender Feigling gewesen, dich im Stich zu lassen. Oft hab ich mir gedacht, es wäre besser gewesen, wenn wir uns nie begegnet wären…“
Tessa sah ihn entsetzt an. „Das darfst du nicht sagen!“, fiel sie ihm ins Wort.
Jess seufzte. „Wenn man es aber rational betrachtet, habe ich nicht unrecht, oder? Und dennoch… dennoch wäre mein Leben so viel leerer und sinnloser gewesen ohne dich. Trotz allem.“ Er griff nach ihrer Hand. „Es tut mir leid, dass ich nicht genug für uns gekämpft habe… ich hab dir so viel genommen.“
Tessa blickte ihn einen Moment nachdenklich an, dann schüttelte sie den Kopf: „Und trotzdem glaube ich, du hast mir mehr gegeben als genommen. Jess, ich hab durch dich so viel gelernt. Ich glaube ganz ehrlich nicht, dass ich ohne dich der Mensch wäre, der ich heute bin. Als ich dich kennen lernte, da war ich noch ein kleines, naives und wohl auch verwöhntes Mädchen. Ich hab mich nur an wenigen Leuten festgeklammert, von denen ich dachte, sie hätten den totalen Durchblick, wie es in der Welt so zugeht. Doch du hast mir die Augen geöffnet. Rückblickend glaube ich, als ich dich kennenlernte, das war wie… wie wenn man aus einem engen, dunklen Raum nach draußen tritt und die Welt um sich herum zum ersten Mal richtig wahrnimmt – Berge, Flüsse, Wälder, Städte… ich hab mich nur durch dich so verändert. Heute bin ich ein ganz anderer Mensch, und ich würde behaupten, ein besserer. Ich bin durch dich erwachsen geworden, habe mich von meinen Eltern und den ganzen alten Wertvorstellungen gelöst…“, sie lächelte ihn an. „Das war dein Geschenk an mich. Ich glaube, du hast mir viel mehr gegeben, als du dir vorstellen kannst.“Jess blickte sie ernst an. „Denkst du das wirklich?“, fragte er langsam.
Sie nickte. „Ja, natürlich, Jess.“
„Aber du hast so viel verloren durch mich. Ich hab dir weh getan, dich verletzt…“
„Ja, hast du“, gab sie zu. „Aber es war keine Entscheidung, die du getroffen hättest, wenn du… nun ja, wenn du einen klaren Kopf gehabt hättest, oder?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein, niemals… die Drogen machen einen Menschen aus mir, den ich selbst nur hassen kann“. Er schluckte. „Und doch brauchte ich sie zum Überleben. Mehr als dich. Wie kannst du mir das nur verzeihen?“*geht noch weiter*
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Kiara: Ja, es ist ein harter Schritt mit den eigenen Eltern zu brechen. Aber ich denke, Tessa war wirklich bereit es zu tun, weil sie einfach gesehen hat, dass ihre Eltern ihr kein Stückweit zuhören, nicht für sie da sind und auch nicht hinterfragen. Es geht ja nicht, dass Eltern einen nur unterstützen und lieben, wenn man das Kind ist, was sie gerne hätten...
von daher hatte sie wohl schon recht mit ihrer "Androhung". Aber Du hast recht, die Reaktion der Eltern war vorhersehbar. Es wäre auch heftig gewesen, wenn sie mit ihr gebrochen hätten. Das wäre schon sehr stolz und hochmütig von ihnen gewesen. Dass Tessa die Karten so offen auf den Tisch gelegt hat, führte also dazu, dass sie ihre Ansichten noch einmal neu ordnen mussten.
Ob es allerdings wirklich zu einer Begegnung kommt... steht noch in den Sternen, das stimmt. Vor allem muss Jess dazu ja auch in der richtigen Verfassung sein.
Ob Du mit Deiner These recht hast... ich hülle mich in Schweigen :p
Danke für Deinen Kommi!Luxa: Klar, wenn Du eine FS schreiben willst, helfe ich Dir gerne! Danke für Deinen lieben Kommi!!! Ich hoffe, es geht Dir wieder besser!
Llynya: Hihi, ich hoffe, ich bin nicht wieder zu schnell für Dich heute
Ich gebe Dir total recht, dass man auch als junge Erwachsene noch die Unterstützung seitens der Eltern gut gebrauchen kann, die Familie ist immer wichtig, auch wenn man sich losgelöst hat, was Tessa ja rein materiell noch nichtmal hat. DAss sie endlich mal offen ausgesprochen hat, was sie denkt und auch zu Jess gestanden, war einfach sehr wichtig, ich denke, für beide Seiten. Ich glaube, Wunder wird man nicht in der Kommunikation zwischen beiden erwarten können. Auf der anderen Seite hilft so ein Knall manchmal ja doch, alles komplett neu zu ordnen und die Karten neu zu mischen. Bleibt also abzuwarten, wie es mit den dreien weitergeht.
Dass Du wie Kiara dem Frieden nicht traust, kann ich fast verstehenAber meine Finger bleiben versiegelt und still, was das betrifft. *lach*
Vielen lieben Dank für deinen Kommi!!! -
In ihren Bildern gab es kein schwarzen Farben oder braunen. Sie waren bunt und fröhlich – so wie das Leben sein kann, wenn es einem zulächelt. Aber das wusste sie natürlich noch nicht.
Shylah drehte sich langsam herum und blickte gedankenverloren in den blauen Himmel. In der Nähe stieß ein Wasserreier einen blechernen Schrei aus.
Der schwere Duft von Ginsterbüschen wehte von irgendwo her zu ihnen und vernebelte einem fast die Sinne.
„Aber die Welt ist bunt, Shylah“, hörte sie Alvas beruhigende Stimme an ihr Ohr dringen. „Sie ist voller Farben, und schwarz und braun gehören genauso dazu wie gelb und rot und grün…“
Shylah nickte langsam. „Ich weiß“, erwiderte sie langsam. „Heute weiß ich das, Alva…“
Sie drehte sich wieder schaudernd dem Gebäude zu, starrte einen Moment geistesabwesend auf die im Sonnenlicht funkelnden Fenster, dann wandte sie sich der alten Frau erneut zu.
„Aber an diesem Tag, Alva, kehrte erst einmal die Farbe schwarz zurück in unser Leben“, sagte sie langsam und schwerfällig. „Und so schnell sollte sie nicht wieder gehen.“
Sie schloss die Augen und sah die Bilder erneut vor sich aufsteigen.
Die Tür zum Kinderzimmer wurde mit einem Ruck aufgerissen.
„Shylah – zieh bitte Schuhe an und komm schnell mit!“
Die Aufregung in der Stimme ihrer Mutter ließ Syhlah schlagartig alle Stifte zur Seite legen und aufspringen. Rasch war sie in ihre Schuhe geschlüpft und ihrer Mutter hinterher nach draußen gerannt, wo diese sie ins Auto steigen ließ.
Ohne ein Wort zu sagen startete Alexandra den Motor und gab Gas. Ängstlich musterte Shylah das Gesicht ihrer Mutter im Rückspiegel. Alexandra war leichenblass und ihre Hände zitterten, als sie den Wagen um die Kurve lenkte. Es hatte zu regnen begonnen und die Tropfen prasselten laut gegen die Scheiben und auf das Blech des Autos.
„Mama“, fragte Shylah mit dünner Stimme. „Mama, was ist los? Wo fahren wir hin?“
Alexandra warf einen Blick zur Seitel und sagte dann mit trockener Stimme: „Du gehst zu Christina. Ich muss weg… ich…“
„Zu Christina? Aber das geht nicht, die hat heute Mittag Klavierstunde…“
„Ich hab mit ihrer Mutter gesprochen, das geht schon in Ordnung…“
Shylah spürte, wie es sie eisig überlief. Christinas Mutter ließ sonst nie mit sich reden, wenn es um die allwöchentliche Musikstunde ging.
„Mama“, setzte Shylah noch einmal an, fast schon weinend. „Mama, was ist denn passiert?“
Das Auto kam mit quietschenden Reifen vor Christinas Elternhaus zum stehen.
Nun drehte Alexandra sich langsam zu ihrer Tochter um. In ihren Augen standen Tränen.
„Es ist etwas mit deiner Großmutter, Shylah. Sie ist im Krankenhaus und… es geht ihr nicht gut. Ich muss sofort zu ihr. Bitte sei ein braves Mädchen und bleib bei Christina, bis wir näheres wissen, ja?“
Ungeachtet des Regens sprang Alexandra aus dem Wagen und öffnete ihrer Tochter die Autotür. Ungestüm drückte sie das Kind dann an sich, so fest, dass Shylah unwillkürlich nach Luft schnappte.
„Mama hat dich lieb, mein Schatz“, presste Alexandra langsam hervor.
Dann rannte sie zurück zur Fahrerseite, stieg ins Auto und fuhr mit aufheulendem Motor davon.
Fortsetzung folgt.
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Frustriert starrte Shylah wieder auf ihren Teller und sagte dann: „Wieso sagst du mir nie was?“
Alexandra blickte sie verblüfft an. „Shylah, es gibt nun mal Dinge, die Kinder nichts angehen. Damit musst du dich abfinden. Sei nicht immer so neugierig.“
Shylah starrte auf ihren Teller und hatte plötzlich keinen Appetit mehr.
„Hab ich was falsch gemacht?“, fragte sie plötzlich ängstlich. „Bist du mir böse?“
„Nein, Shylah, bin ich nicht, herrgott, nun löcher mich nicht mit Fragen, du machst mich irre“, rief Alexandra aus. „Tu mir einen Gefallen und geh jetzt in dein Zimmer und spiel ein bisschen.“
Alexandra schritt zum Tisch und räumte dem Mädchen den halbvollen Teller einfach unter der Nase weg. Dann hörte man sie in der Küche mit Geschirr klappern und gleich darauf die Schlafzimmertür hinter sich zu werfen.
Shylah verharrte reglos am Tisch und schluckte hart gegen die aufsteigenden Tränen an, was relativ zwecklos war.
Fast lautlos glitt sie vom Stuhl und tapste in ihr Zimmer. Leise schloss sie die Tür hinter sich und schlich zu einem ihrer Kuscheltiere, das sie wie verzweifelt und herzlich an sich drückte.
Dann schienen sich alle Schleusen zu öffnen und die Tränen brachen aus ihr heraus.
„Ach Bobo“, weinte sie ihrem Teddybären zu. „Ich wünschte, wir beide könnten einfach hier weggehen und zu Menschen, die uns lieb haben.“
Shylah schniefte und legte den Bären beiseite. Sie ging einige Schritte durchs Zimmer und versuchte erneut, die Tränen zu unterdrücken. Sie war schon fast elf, da war es doch kindisch, einfach so zu weinen. Doch all das nützte nichts – die Tränen flossen weiter.
Nach einer Weile konnte Shylah sich mühsam wieder beruhigen. Sie blickte aus dem Fenster in den grauen Himmel, der seltsam gut zu ihrer Stimmung passte. Dann wischte sie sich mit dem Handrücken über das tränennasse Gesicht.
Langsam kletterte sie auf ihr Bett und zog die Beine an. Eine Weile saß sie so da und versuchte, den brennenden Schmerz in ihrer Brust zu unterdrücken. Sie wusste nicht, was sie immer falsch machte. Sie hatte sich so oft geschworen, nichts mehr falsch zu machen. Aber je mehr sie das versuchte, desto weniger schien es zu gelingen.
Sie spürte etwas wie Angst in sich aufkeimen. Wenn Mama im Schlafzimmer verschwand, war das nie ein gutes Zeichen. Meistens ging es ihr dann nicht gut. Und wenn Papa abends nach Haus kam und merkte, dass Mama wieder krank war, kam er des öfteren zu Shylah ins Zimmer und sprach sie ernst darauf an.
„Mama ist krank wegen dir“, sagte er dann meist. „Du darfst Mama nicht immer so aufregen.“
Shylah schluckte. Sie hatte ihre Mutter doch lieb, auch wenn sie so oft mit ihr streiten musste. Sie wollte nicht, dass Mama krank war. Vielleicht würde sie irgendwann sterben und sie, Syhlah, würde dann schuld sein. Allein der Gedanke daran ließ sich ihr kleines Herz so eisigkalt anfühlen, dass sie fast meinte, unter dem Schmerz selbst sterben zu müssen.
„Wir müssen versuchen, Mama nicht mehr so viel zu ärgern“, sagte sie zu ihrem Teddy, nachdem sie vom Bett gesprungen war und diesen wieder an sich gezogen hatte.
Die braunen Augen des Bären sahen sie treuherzig an und Shylah überkam ein Gefühl von Geborgenheit.
Sie drückte das Bärchen noch einmal fest an sich, dann stand sie auf und nahm an ihrem kleinen Zeichentisch Platz. Langsam begann sie zu malen. Das war immer der beste Trost für sie. Sie liebte es zu malen, sich Fantasielandschaften oder Menschen auszudenken und diese zu Papier zu bringen.*geht noch weiter*
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Kapitel 6
Alexandra nippte nervös an ihrem Kaffeebecher und ging dann unruhig in der Küche auf und ab. Im Haus war es still, so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören.
Sie warf einen unruhigen Blick auf das Prospekt mit verschiedenen Tapetenmustern, das unberührt auf der Küchenanrichte lag.
Mit einer unwirschen Bewegung nahm sie es zur Hand und packte es in einen der Schränke. Im Moment war ihr Kopf für all das nicht frei.
Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie bereits seit einer halben Stunde unruhig hier hin- und herwanderte. Es kam ihr jedoch vor, als seien schon Stunden vergangen.
Sie hörte, wie die Haustür ins Schloss fiel. Gleich darauf steckte Shylah ihren Kopf in die Küche und strahlte ihre Mutter an.
„Hallo Mama! Ich bin da-ha!“
Verwirrt blickte Alexandra erneut auf die Uhr. Es war erst kurz nach zwölf, und sie hatte das Kind nicht vor ein Uhr erwartet.
„Shylah!“, sagte sie irritiert. „Was machst du denn schon hier?“
„Herr Krüger is krank“, erwiderte das Mädchen unbekümmert und umarmte ihre Mutter gutherzig, welche diese Geste geistesabwesend erwiderte.
„Ich hab einen Mordshunger, Mama“, verkündete Shylah sogleich. „Das Pausenbrot heute war nicht so toll. Papas Brote sind besser.“
Alexandra verzog genervt das Gesicht. „Schon gut, Shylah. Ich… ich weiß gar nicht, ich hab noch nichts zu essen gemacht.“
Das Mädchen riss die Augen auf. „Noch nichts gemacht? Wieso das denn?“
Alexandra schnaubte. „Weil ich dich erst eine Stunde später erwartet habe, du Dummerchen. Hör mir doch zu, wenn ich mit dir spreche.“
„Ach Mama, ist nicht schlimm. Wieso kochen wir nicht zusammen? Das wollte ich schon lange mal machen.“
„Hör auf, so einen Unsinn zu reden, Shylah. Mit dir kochen ist völlig unmöglich, du bist dazu viel zu verträumt und unsorgfältig“, erwiderte Alexandra ungeduldig und öffnete den Kühlschrank. „Ich glaube, es ist noch ein Rest vom Kuchen von gestern übrig. Lass uns den essen.“
Shylah hatte ob der schlechten Beurteilung ihrer Mutter schmollen wollen, aber die Aussicht auf Kuchen ließ sie sich zurückhalten. Kuchen zum Mittag – wann gab es das denn sonst?
Also trottete sie ihrer Mutter hinterher ins Esszimmer und nahm auf einem der Stühle Platz. Während sie langsam ihren Kuchen spachtelte, beobachtete sie ihre Mutter neugierig, die das verführerisch aussehende Stück Leckerei auf ihrem Teller vor sich nicht einmal anrührte.
„Was´n los, Mama?“, mampfte sie dann schließlich, als sie nicht mehr wusste, wo hin sie schauen sollte.
Verwirrt sah ihre Mutter sie an, und es war selbst Shylah klar, dass diese gerade gedanklich ganz woanders gewesen war.
„Nichts – nichts, was soll los sein“, war die barsche Antwort.
Shylah schluckte und überlegte, was sie tun sollte. Vermutlich wäre es in dieser Situation am vernünftigsten gewesen zu schweigen, doch das war etwas, das für Shylah in den allermeisten Fällen immer die schlechteste Wahl darstellte. Sie musste einmal mehr an dieses Sprichwort denken, das sie einmal im Kinderfernsehen gehört hatte: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“ Sie schüttelte energisch den Kopf ob ihrer eigenen Gedanken. Dieser Mensch konnte nur Unsinn im Kopfe gehabt haben.
Und selbst wenn – dachte Shylah bei sich, Silberschmuck gefiel ihr ohnehin besser als dieses blöde, altbackene Gold.
„Mama“, erhob sie darum ihre Stimme wieder. „Soll ich dir mal was sagen? Heute in der Schule ist was ganz komisches passiert. Der Felix, der ist die Treppe runter gefallen und hat sich die Lippen blutig geschlagen. Und die Lehrerin sagte dann zu ihm, das sei seine eigene Schuld, weil er so getobt und nebenbei den Tobias verhauen hat. Aber ich fand das ganz schlimm, Mama, denn das tut doch sicher sehr weh, wenn man sich so die Lippen aufschlägt.“
Sie sah ihre Mutter mit großen Augen an, doch diese schien ihr gar nicht zugehört zu haben. Eigentlich war dies nicht ungewöhnlich, dennoch kränkte es das Mädchen jedes Mal aufs Neue. Trotzig schob diese darum ihre Unterlippe nach vorne und redete unbeirrt weiter: „Außerdem, Mama, reden inzwischen schon alle darüber, auf welche Schulen sie im Sommer wechseln. Es ist ja auch gar nicht mehr so lange hin bis zu den Sommerferien. Schließlich sind bald schon Osterferien und dann dauert es nicht mehr lange bis zu den Sommerferien. Mama, wo soll ich denn nun hingehen?“
Eine Frage, die sie ihren Eltern inzwischen fast täglich stellte.
Alexandra sah ihre Tochter verwirrt an und erwiderte dann: „Shylah, ich hab dir gerade nicht zugehört. Wenn du fertig mit dem Essen bist, räum den Teller ab und geh Hausaufgaben machen, ja.“
„Ich hab nix auf.“
Alexandra zog die Brauen hoch. „Seit wann hast du nichts auf?“
„Weil wir heute nur Kunst und Sport hatten, und da kriegt man nichts auf.“
„Du hast sonst an Donnerstagen aber durchaus immer was auf“, erwiderte Alexandra skeptisch.
„Ja, Mama, klar, weil wir in der fünften Stunden den Krüger mit Mathe haben. Aber der ist doch heute nicht da gewesen, darum bin ich auch schon hier. Du bist heute aber vergesslich“, stellte Shylah nüchtern fest.
Ihre Mutter verzog das Gesicht. „Red nicht in diesem Ton mit mir, Shylah!“
Shylah zog eine Flutsche und schickte sich an, aufzustehen, bis ihr Blick auf dem unberührten Stück Kuchen ihrer Mutter hängen blieb.
„Wieso isst du deinen Kuchen nicht, Mama?“, fragte sie langsam. „Schmeckt´s dir nicht?“
Ihre Mutter seufzte. „Ich hab nicht so viel Hunger, Shylah. Bist du satt?“
„Ja, schon… ist doch aber schade um den Kuchen.“
Alexandra seufzte und stand auf. „Hier, iss mein Stück noch, wenn du magst.“
Shylah strahlte und huschte schnell auf den Stuhl ihrer Mutter, während diese unruhig im Zimmer auf und ab zu gehen begann.
Shylah beobachtete dieses Verhalten erstaunt und sagte dann mit für ein Kind ihres Alters erstaunlichem Ernst: „Mama, du hast doch was…“
Alexandra starrte ihre Tochter irritiert an und schüttelte dann den Kopf, während sie unwirsch sagte: „Shylah, geh mir nicht auf die Nerven, ja. Iss deinen Kuchen und dann geh spielen.“*geht noch weiter*
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Tja, man muss nur unken und schon klappts. Habe heute Mittag etwas Zeit gefunden und die FS fertiggestellt. DA die Fotos auch nicht so aufwendig waren, ist sie tatsächlich schon fertig *selbstüberraschtbin*
Aber erstmal hab ich noch ein paar Outtakes für euch
Eiei, wer hat denn da nicht aufgeräumt? Und das bei der so ordentlichen Alexandra???
Moritz kommt nicht drüber hinweg, dass er Insekten töten musste
Und zu lang draußen war er offenbar auch noch, denn jetzt ist er erkältet (oder kommt das von dem Insektizid?)
Naja... wirklich verliebt ist Alexandra wohl auch nicht mehr???
So, und nun kommt die Fortsetzung!