Beiträge von Innad

    chrissy: Ich denke, es ist wichtig, sich bewusst zu werden, dass einer alleine nichts ausrichten kann. Tessa wird Jess vermutlich nicht retten können, aber sie kann es ihm leichter machen. Manchmal reicht es schon, einfach nur da zu sein. Ein freundliches Wort oder einfach ein Happen zu essen sind für uns selbst kein großer Aufwand, für die Menschen, die danach dursten, aber lebensrettend. Ich denke, das ist es, was Tru ihr hat sagen wollen, auch wenn sie nicht genau weiß, worum es geht bzw. um wen oder was.
    Danke für Deinen lieben Kommi!


    Ich bin diesmal ziemlich fix mit der Fortsetzung, und diesmal ist es ein sehr langes Kapitel, aber ich kann es nicht mehr auseinanderdröseln, wüsste nicht, wie - von daher passt es ja- erst ein kurzes, dann ein langes. Viel geschieht nicht im nächsten Kapitel, aber wir lernen Jess besser kennen. Ich hoffe, es gefällt euch!


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    Kapitel 6



    Am nächsten Tag saß Tessa pünktlich um fünf Uhr im City Café und nippte nervös an einem Glas Wasser. Sie hatte in der vergangenen Nacht kaum geschlafen und wilde Träume von fluchenden Supermarktangestellten, alte Frauen, die sie mit Joghurtbechern bewarfen und Jess, der laut nach Hilfe rief, hatten sie immer wieder aufschrecken lassen.
    In ihrer Tasche hatte sie wie immer ein kleines Aufnahmegerät, damit sie sich nicht die Finger wundschreiben musste. Es lag ihr mehr, die Texte in aller Ruhe am Schreibtisch zu verfassen, wenn sie sich alles noch einmal anhören konnte.
    Sie hatte keine Ahnung, ob irgendjemand in der Agentur überhaupt Interesse an ihrem Artikel haben würde. Meist schrieb sie über belanglose Sachen wie örtliche Vereinstreffen oder ähnliches.
    Die Zeiger der Uhr zeigten bereits fünf Minuten nach fünf Uhr. Tessa wurde nervös. Was, wenn Jess nicht kommen würde?



    Vielleicht dachte er, ihr Angebot sei eine Falle. Sie könnte schließlich genauso gut von irgendeiner Behörde sein. Und wer wusste schon, in welcher Klemme Jess steckte – am Ende war er krimineller als sie dachte. Doch Tessa schüttelte sogleich über ihren eigenen Gedanken den Kopf. Sie war sich sicher, dass Jess ein guter Mensch war, nichts konnte sie davon abbringen. Darum hatte sie auch gar kein schlechtes Gefühl, sich mit ihm zu treffen oder gar Bange.
    Sie war so in ihre Überlegungen vertieft, dass sie nicht merkte, wie Jess unsicher das Café betrat und sich nach ihr umsah.



    Schließlich entdeckte er sie und nahm ihr gegenüber Platz. Sie lächelten sich an. „Schön, dass sie es geschafft haben“, sagte Tessa. Jess nickte. „Ich hab es ja versprochen.“
    Er griff nervös nach einer Karte und studierte diese eingehend.
    Tessa spürte seine Unsicherheit, die ihm der formelle Rahmen des Restaurants einzuflößen schien.
    Da sie nicht wusste, was sie sagen oder tun sollte und das Schweigen ihr unheimlich wurde, sagte sie: „Jess, stört es Sie, wenn ich das Aufnahmegerät mitlaufen lassen, während wir sprechen? Es fällt mir leichter, das alles in Ruhe zu schreiben.“



    Jess sah auf. „Oh – nein, das stört mich überhaupt nicht, Tessa. Wenn es Ihnen so am leichtesten fällt, Sie sind der Profi“, er lächelte schief. „Ich möchte nur nicht mit Namen genannt werden, wenn das in Ordnung ist?“
    Tessa nickte eifrig. „Natürlich ist das in Ordnung, ohnehin ändern wir die Namen normalerweise ab und erfinden irgendwelche Synonyme.“
    Jess lächelte. „Dann bin ich aber erleichtert. Und wie wollen Sie mich dann nennen?“ scherzte er. „Bitte nicht Ottfried Müller oder etwas ähnliches grausiges.“
    Sie lachten beide leise auf und das Eis schien gebrochen.




    Kurz darauf kam die Bedienung zu Ihnen und fragte, was sie zu speisen wünschten, nachdem sie Jess ein Glas Wasser gebracht hatte. Unsicher blickte Jess zu Tessa und diese ermunterte ihn: „Keine Bange, Jess, das geht alles auf Firmenkosten, Sie können bestellen, was Sie möchten.“
    „Wir haben heute ein wunderbares Abendmenue im Angebot“, pries die Kellnerin ihre Ware an. Jess sah Tessa nachdenklich an und sagte dann: „Gut, ich denke, das werde ich nehmen.“



    Während beide auf das Essen warteten, sprachen sie belangloses über dies und das, ohne auf das eigentliche Thema, weswegen sie sich hier getroffen hatten, einzugehen. So erklärte Tessa Jess beispielsweise, dass sie den Job bei der Zeitung nur vorübergehend machte, da sie auf einen freien Studienplatz wartete und dass sie vorhabe, Journalismus zu studieren. Nachdem sie Vorspeise und Hauptgang verdrückt hatten, sah Jess Tessa aufmerksam an. „Läuft ihr Aufnahmegerät denn?“ fragte er und Tessa merkte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. „Nein, natürlich nicht“, erwiderte sie. „Eigentlich haben wir ja noch gar nicht angefangen.“
    „Dann sollten wir das vielleicht tun?“ fragte Jess vorsichtig und sah sie ernst an. „Was wollen Sie von mir wissen, Tessa?“




    Tessa schluckte. Inzwischen war es draußen dunkel geworden, sie hatten völlig die Zeit vergessen. Jess hatte recht, es war höchste Zeit, zu beginnen. So holte sie ihr Aufnahmegerät aus der Tasche, drückte auf „Start“ und begann zu sprechen: „Ich weiß, dass Sie in Schwierigkeiten stecken, Jess. Aber ich möchte wissen, um was genau es sich handelt. Ich… ich nehme einfach mal an, dass es etwas mit … Drogen zu tun hat.“
    Tessa schluckte und sah ihn ernst an. Es war ihr nicht leicht gefallen, ihm diese direkte Frage zu stellen.



    Jess nickte. „Ja, Sie haben natürlich recht, Tessa. Ich nehme Drogen und das schon seit einer ganzen Weile.“
    Tessa schluckte, ließ sich jedoch nicht beirren. „Seit wann, Jess? Und warum – ich meine, gibt es einen bestimmten Grund, dass Sie angefangen haben?“
    Jess senkte den Kopf. „Es gibt vermutlich eine ganze Reihe bestimmter Gründe dafür. Einer weniger vernünftig wie der andere. Jeder sollte seine Finger von diesem Teufelszeug lassen. Es macht dich von Tag zu Tag kaputter, schaukelt dir vor, dir Lebensfreude und Kraft zu geben, nimmt sie dir aber nur mehr und mehr, bis du nur noch ein Schatten des Menschen bist, der du einmal warst.“



    Tessa schluckte und spürte seinen verbitterten Schmerz fast körperlich. Sie schwieg jedoch und ließ Jess weitersprechen.
    „Ich habe angefangen, als ich etwa dreizehn war. Heute bin ich zweiundzwanzig, ich stecke also sage und schreibe schon fast acht Jahre in diesem Teufelskreis fest. Ich habe damals natürlich mit scheinbar harmlosen Dingen angefangen – zuerst kamen mit elf die Zigaretten, die man ja rauchen musste, um wahnsinnig cool zu sein. Dann mit dreizehn hatte ich meinen ersten Joint. Viele sagen, das alles ist ganz harmlos. Vielleicht ist es das im Vergleich zu dem, was ich heute täglich brauche, ganz sicher sogar. Aber es ist vollkommener Schwachsinn zu glauben, dass es kein Fehler ist, mit jedweder Art von Drogen zu beginnen, Tessa.“


    Kapitel 5


    Tessa öffnete die Tür zu ihrem kleinen, aber gemütlichen Mädchenzimmer im Hause ihrer Eltern. Einen Moment blieb sie mit der Klinke in der Hand stehen und sah sich um, als sehe sie alles mit neuem Blick. Sie begriff, wie gut sie es hatte, dieses Reich ihr Eigentum nennen zu können.

    Erschöpft ließ sie sich auf die Couch fallen. Ihr fielen all die kleinen Luxus-Dinge auf, die sich in diesem Zimmer befanden – vom Notebook bis zu ihrem warmen, weichen Bett mit den geschnitzten Bettpfosten. Und ihr wurde schmerzlich bewusst, dass Jess nichts davon hatte. Vielleicht hatte er nicht einmal ein Bett zu schlafen. Was war ihm nur widerfahren, dass er sogar so ausgehungert war, dass er stehlen musste?



    Tessa seufzte hörbar. Sie war bis ins innerste von der Begegnung im Supermarkt aufgewühlt. Es fühlte sich an, wie das zittrige Vibrieren eines unruhigen Muskels, der einem manchmal übel mitspielt, nur war dieses zittrige Vibrieren irgendwo in ihr, an einem Ort, den sie nicht benennen, sondern nur fühlen konnte.


    Ein schwerer Stein schien auf ihrem Herzen zu liegen, der es mit schmerzhafter Deutlichkeit einige Zentimeter mehr in Richtung Leibesmitte zu drücken schien. Heute Morgen hatte sie alles noch für so selbstverständlich genommen. Ihr Leben, wie es war – in all seiner ruhigen und langweiligen Beständigkeit. Nun wurde ihr mit einemmal klar, dass es Menschen gab, denen es nicht so gut ging wie ihr- für die ein weiches Bett, warme Kleidung und ordentliche Mahlzeiten nicht so selbstverständlich waren wie für sie.
    Tessa atmete tief durch. Sie fühlte sich hundeelend ob der Hilflosigkeit, die sie bei diesem Gedanken empfand.



    Natürlich war sie nicht naiv, die Welt bisher nicht an ihr vorbeigegangen. Oft genug hatte sie die Obdachlosen am Straßenrand gesehen, war achtlos an ihnen vorbeigegangen oder hatte ihnen einige Münzen in ihre verfransten Pappbecher geworfen, ohne lange und intensiv darüber nachzudenken, welches Schicksal sich hinter ihnen verbergen mochte. Doch Jess war nicht nur obdachlos, da war sie sich sicher. Sein Schicksal war noch viel härter…
    In diesem Moment riss das Klopfen an ihrer Tür Tessa aus ihren Gedanken. Tante Tru steckte den Kopf ins Zimmer. „Nanu, du bist noch hier?“ fragte Tessa erstaunt, denn normalerweise ging Tante Tru gegen Nachmittag nach Hause, sobald gekocht und geputzt war – jetzt, wo Tessa selbst aus dem Haus war.



    Tru lächelte. „Ich hatte heute viel zu tun, Tessalein, und wollte dich unbedingt noch erwischen, ich kriege dich ja fast nicht mehr zu Gesicht, seit du arbeitest.“

    Tante Tru setzte sich neben Tessa und musterte ihren Schützling prüfend. „Tessalein, ich kenne dich seit du auf der Welt bist. Was ist los?“ sagte sie unvermittelt. Tessa sah sie mit großen Augen an. Tante Tru lächelte sanft. „Nun mach nicht so ein überraschtes Gesicht. Wann hast du es zum letzten Mal geschafft, etwas vor mir zu verheimlichen, mh?“
    Tessa musste grinsen. „Vermutlich noch nie.“
    „Na also“, sagte Tante Tru lächelnd. „Dann erzähl mir doch, was los ist.“



    Tessa zögerte und ihr Blick verlor sich einen Moment lang. Eigentlich hätte sie sich Tru gerne anvertraut, so wie in ihren Kindheitstagen und sich von ihr in den Arm ziehen lassen und trösten. Doch so einfach war das diesmal nicht. Tru konnte die Ungerechtigkeit der Welt ebenso wenig fortstreicheln wie Tessa sie hatte ignorieren können.
    Abgesehen davon zweifelte Tessa ernsthaft daran, ob Tru das, was sie getan hatte, gutheißen würde. Natürlich war Tru ein wunderbarer Mensch und mit Sicherheit besaß sie genug Toleranz und würde Menschen wie Jess grundlegend nicht verurteilen. Aber immerhin hatte Tessa heute – faktisch betrachtet – einem „Verbrecher“ geholfen, seine kriminelle Handlung zu vertuschen – im Prinzip hatte sie sich selbst strafbar gemacht, auch wenn sie das keinen Deut interessierte, denn das, was geschehen wäre, hätte sie im Supermarkt nicht eingegriffen, wäre mehr als nur unrecht gewesen.



    Und doch- sie war für Tru fast wie das eigene Kind. Sie war sich nicht sicher, ob diese sich nicht einfach nur Sorgen um sie machen würde. Also beschloss sie, ihr eine Halbwahrheit zu erzählen, in der Hoffnung, Tru würde ihr nicht anmerken, dass noch mehr dahinter steckte, als sie zu erzählen bereit war.

    „Es ist so“, sagte sie darum. „Ich habe heute einen Auftrag bekommen, jemanden zu interviewen, dem es nicht so gut geht. Und ich kann seitdem nicht aufhören, an ihn zu denken und dass es ihm so schlecht geht, während es uns allen so gut geht. Ich meine – wir sind reich, wir leben wie die Maden im Speck im Vergleich zu der Person, über die ich schreiben werde. Es ist so ungerecht und man kann nichts dagegen tun. Und das schlimmste ist, dass ich genau weiß, dass so viele Menschen genau diese Sorte Mensch für das, was sie ist, verurteilen, auch wenn diejenigen gar nichts dafür können, dass sie so arm und traurig sind. Und wenn ich ihm helfen würde, dann gäbe es sicher viele Menschen, die das nicht verständen.“



    Tante Tru nickte langsam. „Ich verstehe“, sagte sie dann. „Tessalein, du hast ein Herz aus Gold, und das weißt du auch. Wenn du einen armen oder hilfsbedürfigen Menschen siehst, möchtest du ihm sofort helfen. Das ist löblich und spricht für deinen guten Charakter. Ich brauche dir nicht zu erzählen, dass die Welt und das Leben nicht immer gerecht sind und unser lieber Herrgott, oder wer auch immer, seine Güter nicht unbedingt gerecht unter uns verteilt hat. Wir können nur begrenzt etwas machen, um dieser Ungerechtigkeit zu trotzen, doch jeder noch so kleine Versuch ist ein Schritt in die richtige Richtung. Lass dir nie von jemanden ausreden, dass das anders ist. Jeder Mensch verdient Hilfe. Und wenn du mit deinem Schreiben etwas für diesen Menschen tust, hast du schon einen Schritt in die richtige Richtung getan. Du wirst die Welt nicht retten können, Tessa. Aber du kannst versuchen, sie ein wenig besser zu machen.“



    Tessa lächelte erleichtert. Tru´s Worte waren wie Balsam für ihr Herz und sie war sich nun endgültig sicher, richtig gehandelt zu haben. Etwas wie Mut und Hoffnung kehrten in sie zurück und sie fühlte sich nicht mehr so elend wie vorher.
    „Ich danke dir, Tante Tru“, sagte sie.
    Tru lächelte. „Und nun sag, mein Schätzchen, ein junges Dingelchen wie du wird doch nicht etwa den kompletten Freitagabend zu Hause verbringen?“
    Tessa fiel erst jetzt wieder die Party ein, zu der sie eingeladen war. Eigentlich war ihr jedwede Lust vergangen, aber sie wollte die anderen nicht versetzen. Also antwortete sie. „Nein, ich gehe gleich auf eine Party, zu Mickey, weißt Du.“
    „Ach, Micky, an den kann ich mich noch sehr gut erinnern“, lachte Tante Tru und schien einen Moment in alten Zeiten zu schwelgen. Dann stand sie auf und sagte. „Ich muss nun auch nach Hause, Tessalein. Nun komm her und lass dich drücken. Du machst das schon alles ganz richtig, mein Mädchen.“



    Tessa schmiegte sich einen Moment wie ein kleines Kind in die mütterliche Wärme dieser herzlichen Umarmung, dann ließ Tru sie los, gab ihr einen Nasenstümper und verabschiedete sich. Tessa jedoch atmete tief durch. Sie dachte an den morgigen Tag und fragte sich, was sie erwarten würde… sie empfand Furcht und Neugier zugleich. Immer noch war ein Funken Unsicherheit übriggeblieben, ob sie das richtige tat. Doch dann sah sie wieder Jess traurige Augen vor sich auftauchen – und mit einemmal waren alle ihre Zweifel wie weggewischt und mit Tante Tru´s Worten im Kopf machte sie sich auf den Weg zu Mickey.


    Fortsetzung folgt!

    @ineshnsch: Du hast das schon ganz richtig erfasst, Tessa spürte einfach, dass Jess etwas besonderes ist - für sie. Mit Verliebtsein hat das absolut gar nichts zu tun, da ist nur so eine besondere Atmoshpähre zwischen den beiden, die sie dazu veranlasste, das zu tun, was sie getan hat.
    Danke für Deinen Kommi, deine Kommis sind immer so toll! :)


    Kiara: Nein, bisher machst Du mir noch keine Angst :) Deine Interpreationen sind immer so toll, so tiefsinnig, wahnsinn! Ob Du recht hast - sag ich nicht ;) Tränenreich könnte es werden, aber ich bin nicht immer nur traurig in meinen Geschichten - also bleibt gespannt!


    tear: Ich glaub, das, was Tessa tat, hätten wenige gemacht, um ehrlich zu sein. Aber nun kann sie ihn icht mehr weglassen. Warum erfährt man auch ein wenig im nächsten Kapitel.


    chrissy: Ich zitiere mal : "Er trat in ihr Leben, nur durch einen Blick. Und gehört jetzt fast dazu, ohne das es einer verhindern kann."

    Das hast Du wunderbar erfasst. Genau so ist es. Danke für Dein Lob, ich werde ja ganz rot ;)


    Dani: Psssst, nicht zu viel verraten. Ja, Du hast recht - es würden wenige in unserer Gesellschaft so handeln. Das zeichnet Tessa echt aus. Und Jess kann einem leid tun - verdammt leid tun. Warum erfährt man bald auch noch. Danke für Deinen Kommi!


    @SCW: Oh weh, ich hoffe, Du bist heute etwas wacher und konnetst ausschlafen :) Deine Idee mit der alten Frau fand ich richtig gut :) schade, dass Du mir das nicht vorher gesagt hast *lach*
    Ansonsten - deine Wünsche fürs HappyEnd hab ich mir notiert und werd sehen, was ich machen kann. Zur Zeit haben wir noch viiiiiele Kapitel vor uns und es ist noch alles drin *gg*

    vielen Dank auch für Deinen lieben Kommi!



    So, es geht weiter mit einem Übergangskapitel 5 - Kapitel 6 kommt dann recht rasch nach.

    „Ich – muss dann los, Tessa. Vielen Dank nochmals. Und passen Sie auf sich auf.“ Er hob die Hand kurz zum Gruß und ging ohne ein weiteres Wort zu sagen langsam davon.
    Tessa stand wie angewurzelt und sah ihm nach. In ihr schien ein wahrer Orkan an Gefühlen losgetreten worden zu sein.



    Es war schwer, auch nur eines dieser Gefühle zu erfassen, und doch spürte sie eine Sache glasklar: Sie konnte ihn nicht einfach so gehen lassen!
    „Jess!“
    Bevor sie weiter hatte nachdenken können, war ihr der Ruf entwichen und sie hastete ihm hinterher. „Jess, warten Sie bitte noch!“
    Jess drehte sich überrascht um. „Was ist los, Tessa?“
    Tessa blieb vor ihm stehen und holte tief Luft. Hilflos sah sie ihn an und sagte dann langsam. „Ich weiß nicht- Jess. Ich meine… ich kann Sie doch nicht einfach so gehen lassen, nachdem, was geschehen ist.“

    „Was meinen Sie damit?“ fragte Jess und sah sie mit großen, aber sanften Augen an.
    „Nun – ich… ich kann doch nicht so tun, als sie das alles nicht geschehen“, sagte Tessa rasch. „Verstehen Sie, Jess, Sie sind jetzt in meinem Leben, ich kann das nicht einfach streichen – und … ich sehe doch, dass Sie in Schwierigkeiten stecken…“



    Jess sah die junge Frau vor sich aufmerksam an. Ihre großen, blauen Augen schauten ihn mit einer solch kindlichen Naivität und Wärme an, dass es ihn bis ins innerste traf. Er schluckte und sagte dann langsam: „Das ist furchtbar nett von Ihnen, Tessa. Aber Sie können mir nicht helfen. Mir kann niemand mehr helfen.“
    Traurig senkte er den Blick. Tessa sog die Luft hörbar ein. „Das glaube ich nicht, Jess. Jedem kann geholfen werden, wenn derjenige sich helfen lässt.“
    „Ja, vielleicht ist das allgemeinhin so“, erwiderte Jess leise. „Aber mir kann niemand mehr helfen, glauben Sie mir.“
    Tessa schauderte. Seine Stimme klang so hoffnungslos und hatte etwas erschreckend endgültiges. Er sah sie gütig an und lächelte. „Nun machen Sie sich keine Sorgen. Ich bin doch nur einer von vielen, Tessa, und eine junge Frau wie Sie sollte mit mir besser nichts zu tun haben.“



    Tessa zog die Brauen zusammen und sah ihn scharf an. „Was denken Sie denn, was für eine junge Frau ich bin? Wieso sollte ich nichts mit Ihnen zu tun haben wollen?“
    Jess zuckte mit den Achseln und wählte seine Worte sorgsam, als er sanft sagte: „Ich wollte Sie nicht beleidigen, Tessa. Nur – Sie scheinen aus guten Verhältnissen zu kommen. Bestimmt haben Sie ein gutes, geordnetes Leben und ein schönes Zuhause, eine Familie, die zu Ihnen hält – ich will Sie nicht in meine Schwierigkeiten mit hineinziehen. Sie leben besser in Ihrer Welt weiter und ich in der meinen.“



    Tessa schluckte und wollte etwas empörtes erwidern, aber etwas in ihr sagte ihr, dass Jess im Grunde recht hatte und sich nicht überzeugen lassen würde. Desweiteren wusste sie ja selbst nicht genau, was sie eigentlich für ihn tun wollte.
    Nur eines war ihr klar – sie konnte ihn nicht einfach so fortgehen lassen!
    „Nun ja“, sagte sie langsam und mit einemmal kam ihr die rettende Idee. „Das mag alles richtig sein, was Sie da sagen. Aber Sie könnten anderen helfen, indem Sie Ihre Geschichte erzählen.“
    Er sah sie aufmerksam an. „Wie meinen Sie das?“
    „Ich arbeite bei einer Zeitung und kann einen Bericht über Ihre Geschichte schreiben – sozusagen als Warnung für alle anderen.“
    Ohne dass beide es ausgesprochen hatten, war klar, in welcher Art von Schwierigkeiten Jess sich befand. Und Tessa merkte, dass ihr Plan aufgegangen war.
    „Sie haben recht“, sagte Jess fest und sah nachdenklich auf den Boden. „Ich bin einverstanden, Tessa.“



    Sie spürte, wie sie innerlich triumphierte. „Morgen um fünf Uhr im City Café?“ schlug sie vor. „Passt das?“
    Jess nickte. „Ja, natürlich – ich habe Zeit. Ich werde da sein.“
    Er kratzte sich verwundert an der Nase, als ihn ein Tropfen darauf traf. Die beiden schauten in den Himmel, es hatte zu regnen angefangen.



    Jess lächelte Tessa nocheinmal an. „Ich werde da sein, versprochen. Aber nun muss ich los, sonst bin ich völlig durchnässt, bis ich… da sein werde.“
    Er hätte gerne gesagt, „zuhause“ … doch er wusste nicht einmal mehr, was das war…

    Schnellen Schrittes ging er davon. Tessa jedoch blieb reglos stehen und ließ sich nicht einmal von den Tropfen stören, die immer zahlreicher um sie herum zu auf die Erde fielen.
    Sie versuchte krampfhaft, ihre Gedanken zu ordnen, doch es schien völlig unmöglich zu sein. Was war da nur gerade eben geschehen?
    Was hatte sie dazu bewogen, all diese Dinge zu sagen und zu tun? Sie kannte sich selbst nicht wieder. Aber sie wusste, dass alles, was sie getan hatte, vermutlich richtiger gewesen war, als alles andere, was sie in ihrem bisherigen Leben getan oder gesagt hatte.



    Jess brauchte ihre Hilfe, auch wenn er es selbst nicht zugeben wollte. Und er faszinierte sie auf eine undefinierbare Art und Weise. Nicht als Mann, sondern als Mensch – seine stille Traurigkeit und seine unausgesprochene Verzweiflung berührten sie im tiefsten Herzen. Tessa war sich sicher – Jess würde so schnell nicht mehr aus ihren Leben verschwinden können… oder sie aus dem seinen. Ob sie beide das wollten oder nicht, war dabei völlig gleich.



    Fortsetzung folgt!

    Kiara: Himmel, Deine Spürnase ist echt nicht schlecht, meine Liebe :-) Du wirst schon einige Fragen beantwortet bekommen in Kapitel 4 :-)

    @SCW: VIelen lieben Dank für diesen tollen Kommi! *hüpf*
    Die alte Dame spielt keine große weitere ROlle mehr, das kann ich schon verraten. :-) Aber dafür jemand anders ...




    Hier ist Kapitel 4



    Kapitel 4


    „Also gut, mein Schatz, ich denke, das sollte jetzt genug sein. Du hattest deinen Spaß, nun gib mir die Sachen, damit ich sie mitbezahlen kann.“
    Tessa stockte der Atem, als sie merkte, dass genau diese Worte gerade ihre Lippen verlassen hatten.
    Mit großen Augen sahen sie sowohl der Supermarktangestellte als auch der junge Mann selbst an, als sie sich zu ihr drehten.



    Tessa schluckte. „Was um Himmels willen tust du da?“ rief eine Stimme in ihrem Kopf. „Hat du den Verstand verloren?“
    Doch es war zu spät, sie hatte das Spiel begonnen und nun musste sie es zu Ende bringen, egal wie.
    Sie stützte die Hände in die Hüften und sah den jungen Mann herausfordernd an, inständig betend, er möge mitspielen und begreifen, worauf sie hinauswolle.
    Der Supermarktangestellte hatte derweil seine Fassung wiedergefunden und sah sie argwöhnisch an. „Junge Dame, entschuldigen Sie, aber können Sie mir bitte erklären, was das hier soll?“
    Tessas Herz schien einen Moment auszusetzen. Eine gute Frage, die dieser Mensch ihr da stellte – hätte sie noch eine Antwort darauf gehabt, wäre sie zumindest ein kleines Stück weiter gewesen als er!
    In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken, doch ihre Miene blieb so ruhig und gleichgültig, als habe sie ihre Rolle seit Jahren einstudiert.
    Sie ging ein Stück auf den Angestellten zu und sagte dann mit fester Stimme: „Ich muss mich vielmals bei Ihnen für meinen Freund entschuldigen. Er ist ein Weltenverbesserer und versucht immer wieder zu provozieren. Wissen Sie….“ Sie beugte sich ein kleines Stück zu dem Mann und senkte die Stimme. „Es ist nicht immer einfach mit ihm, aber er hat ein Herz aus Gold. Er macht solche Sachen oft, denn er hat eine leichte Persönlichkeitsstörung, die er im Alltag meistens gut im Griff hat, aber leider nicht immer. Ich habe zu spät reagiert, ich muss mich entschuldigen. Bitte verzeihen Sie ihm.“



    In Tessas Kopf drehte sich alles. Was für einen Mist erzählte sie hier eigentlich? Das klang unglaubwürdiger als alles andere, was sie je in ihrem Leben gehört oder gesehen hatte! Hätte sie nicht einfach ein gutes Wort für den Mann einlegen können? Wieso spielte sie diesem Menschen etwas derart unglaubliches vor?
    Wenn er ihr nicht glauben würde, könnte er sie im schlimmsten Fall wegen Mittäterschaft anzeigen – sie spürte, wie ihr Mund immer trockener wurde.

    Da hörte sie, wie der junge Mann, um den sich hier alles drehte, seine Stimme erhob. Sie klang sanft und doch männlich, etwas rau vielleicht im Unterton, aber sehr angenehm.
    „Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Meine Freundin hat recht, ich habe es herausgefordet. Manchmal habe ich mich selbst nicht unter Kontrolle. Es tut mir furchtbar leid, Schatz.“
    Tessa drehte sich mit großen Augen zu dem Mann um. Der Supermarktangestellte betrachtete die beiden mit zusammengezogenen Augenbrauen.
    Tessa spürte, dass er zweifelte und kurz davor war, sich von dem kleinen Schauspiel überzeugen zu lassen.
    Da trat der junge Mann einen Schritt auf sie zu und sagte erneut: „Sei mir nicht böse, ja?“
    Und als wolle er dem bizarren Schauspiel noch etwas mehr Wahrheitsgehalt verleihen, beugte er sich nach vorne und küsste sie sachte auf die Wange.



    Tessa brauchte einen Moment, um diese Überraschung zu verwinden. Erst als die grummelnde Stimme des Angestellten sich erhob, hatte sie sich soweit wieder gesammelt, dass sie ihm fest in die Augen schauen konnte.



    „Nun ja – ich hab Sie hier schon öfters einkaufen sehen, junge Dame, und ich glaube Ihnen, auch wenn mir das alles spanisch vorkommt. Wenn das wirklich Ihr Freund ist, sollten Sie mit ihm zu einem guten Therapeuten gehen oder dafür sorgen, dass das nicht noch einmal geschehen wird. Das nächstemal bin ich nicht so nachsichtig. Natürlich bezahlen Sie die Ware.“
    „Selbstverständlich!“ sagte Tessa schnell. Der Angestellte nickte, warf noch einen letzten skeptischen Blick auf Jess und verschwand dann wieder.
    Tessa spürte, wie ein ganzer Steinbruch von ihrem Herzen zu kullern schien. Sie konnte nicht fassen, dass man ihr die Geschichte wirklich abgekauft hatte! Wie verrückt war das nur?
    Doch um sich nicht noch im letzten Moment zu verraten, blieb sie ganz gelassen, zahlte die Ware und schritt gemeinsam mit dem jungen Mann aus dem Supermarkt, nachdem er ihr den Einkaufskorb zuvorkommend aus der Hand genommen hatte, um ihn zu tragen.

    Draußen gingen beide einige Schritte wortlos nebeneinander her, bis Tessa stehenblieb und auf den Wagen neben sich wies. „Mein Auto“, sagte sie wie zur Erklärung.
    Der junge Mann nickte und drückte ihr den Korb wieder in die Hand, damit sie ihn auf dem Rücksitz verstauen konnte.
    Als Tessa sich ihm wieder zuwandte, lächelte er betreten und sagte langsam: „Ich – ich muss mich wirklich bei Ihnen bedanken. Ich kann es gar nicht fassen, dass Sie das für mich getan haben.“



    Tessa seufzte. „Ich ehrlich gesagt auch nicht, aber viel mehr, dass es sogar geklappt hat. Anscheinend sind wir beiden gute Schauspieler, was?“ Sie lächelte schief. Auch sein Gesicht überzog ein Lächeln, dann wurde er wieder ernst: „Es gibt nicht viele Leute, die so etwas tun würden für… für jemandem wie mich.“
    Tessa zuckte mit den Schultern.
    „Ich fand es einfach ungerecht, wie dieser Mensch mit ihnen umgegangen ist. Und Sie brauchen sich doch nicht zu schämen, für das, was Sie sind.“ Sie sah ihn aufmerksam an, doch er schüttelte den Kopf.



    „Oh doch, das muss ich. Umso mehr muss ich Ihnen danken.“ Er sah sie an. „Ich heiße übrigens Jess.“
    „Und ich Theresa- man nennt mich aber nur Tessa.“
    „Ein schöner Name.“
    Betreten starrte er einen Moment auf seine Fußspitzen und sagte dann: „Sie sind ein guter Mensch, Tessa. Manch jemand würde Sie deswegen ausnutzen. Sie sollten vorsichtiger sein.“ Er sah sie ernst an. „Bitte glauben Sie mir eines – ich … ich stehle normalerweise nicht oder nur ganz selten. Ich… hatte nur solch einen furchtbaren Hunger…“
    Die letzten Worte kamen gepresst und schwerfällig über seine Lippen und Tessa spürte, wie sich ihr Herz zusammenzog. Sie räusperte sich und sagte dann: „Sie brauchen sich nicht vor mir zu rechtfertigen, Jess, wirklich nicht. Wenn ich nicht daran geglaubt hätte, dass Sie ein guter Mensch sind, hätte ich Ihnen nicht geholfen.“



    Jess nickte. „Das zeichnet Sie aus. Und doch, so seltsam das aus meinem Munde klingen mag, ich möchte Sie warnen. Das hier ist keine gute Gegend, gerade am Abend… Sie gehören hier nicht hin.“
    Tessa zog die Augenbrauen in die Höhe. „Sie klingen ja wie eine Großmutter.“ Sie verzog das Gesicht. „Wirklich, Jess, ich denke, ich bin alt genug, um zu entscheiden, wem ich vertrauen kann und wem nicht.“
    Sie lächelte schief. „Oder wollen Sie mich etwa vom Gegenteil überzeugen?“



    Jess schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht.“
    Tessa nickte und beugte sich ins Wageninnere, wo sie die Brötchen und die Schokolade hervorholte und Jess in die Hand drückte. „Das gehört Ihnen.“
    Beschämt sah er sie an. „Ich – ich danke Ihnen.“
    Wieder verstaute er die Sachen unter seiner Jacke und wippte dann nervös auf den Fußspitzen hin und her.

    Dieser verfluchte Alkohol! Marie schauderte, wenn sie daran dachte was sie alles in sich hinein gekippt hatte. Vor allem, in welchen Mengen. Aber dieser Mann hatte sie vollkommen aus der Ruhe gebracht. Er schien sie förmlich mit seinen Blicken auszuziehen. Sie war noch gänzlich unerfahren, was Männer anbelangte. Die offene Bewunderung dieser Schöpfung der Natur machte sie nervös. Um sich abzulenken, war Alkohol ins Spiel gekommen. Doch dieser bewirkte eher, dass sie etwas zugänglicher wurde. Eigentlich, ohne es recht zu wollen und bemerken. Doch bevor sie registrierte, was überhaupt mit ihr passierte, lag sie in seinen Armen. Draussen vor dem Lokal…in der unberührten Natur. Sie war gefallen – in einen Strudel aus Leidenschaft und Lust. Sie verlor die Gewalt über ihr sonst vernünftiges Bewusstsein.



    Als sie einigermassen zu sich kam, war es zu spät gewesen. Sie hatte mit ihm geschlafen! Dabei hatte sie sich auf ihr Jungfrauendasein etwas eingebildet. Gleich darauf schämte sie sich dafür, dass sie sich so vergessen hatte.
    Als sie kurz darauf von Susan, welche mal wieder zu spät kam, von der Anwesenheit ihres Bruders erfuhr, durchzuckte sie die Erkenntnis wie ein Schlag. Zu deutlich hatte sie noch das Foto vor Augen, welches ihr Susan über den Tresen zugeschoben hatte. Cedriks Gesicht hatte ihr entgegen gestrahlt.
    Von diesem Moment an war es aus gewesen mit ihrer Beherrschung. Sie hatte Unmengen von Alkohol in sich gekippt, um zu vergessen. Sie war dadurch mehr als nur ein bisschen angeheitert wesen. Das war es auch, wovon Susan wusste. Sonst ahnte diese selbstverständlich nichts. Sie hatte lediglich das Bild der schwankenden Marie vor Augen.
    Doch bekanntlich konnten Probleme schwimmen.



    „Entschuldigt ihr Süssen, es hat leider etwas gedauert. Die Schlange vor der Toilette war ziemlich lang!“ Vergnüglich vor sich hinsummend ließ sich Susan wieder auf ihrem Platz nieder.
    „Habt ihr euch gut unterhalten?“ Sei blickte neugierig von einem zum anderen.
    „Oh ja, wir haben viel Gesprächsstoff gefunden. Langweilig war uns gewiss nicht.“ Bezeichnend heftet er seinen Blick auf Marie. Diese lief rot an, schwieg aber zu dieser Frechheit, wie sie es im Stillen nannte.



    „Das ist schön! Süsse, hab ich dir schon erzählt wie das mit meinem Bruder zugegangen ist?“ Marie verdrehte genervt die Augen. Diese Geschichte kannte sie schon zur Genüge, aber Susan sprach einfach gern davon.
    „Ja, hast du Susan. Ich kenne die Geschichte fast auswendig.“ Damit stand sie auf, warf einen vernichtenden Blick auf Cedrik und entschuldigte sich ebenfalls kurz.
    Sie begab sich zu den Waschräumen und war froh, dass sich diesmal keine Menschenseele in der Nähe befand. Sie lehnte sich gegen die kalte Türe und versuchte, ihre erhitze Stirn damit zu kühlen. Doch es half nur bedingt.
    Aufgewühlt bis ins innerste hielt sie ihre Handgelenke unter fließend kaltes Wasser. Als auch das nichts half, fing sie mit den Handflächen etwas von dem kühlen Nass auf und erfrischte Gesicht und Nacken.



    Äusserlich erfrischt, innerlich nach wie vor total aufgewühlt stütze sie den Kopf in die Hände und weinte. Über den gestrigen Abend, über ihre Dummheit, hauptsächlich über sich selbst…
    In ihren Kopf kreisten die Gedanken. Immer um IHN! Cedrik! Es mochte komisch anmuten, dass sie diesem gestern zum ersten Mal begegnet war. Schließlich war er der Bruder ihrer besten Freundin. Susan und sie waren zusammen aufgewachsen. Trotzdem war Cedrik ihr nie begegnet.
    Marie wusste nur, dass Cedrik einem Fehltritt von Susans Vater entsprungen war. Somit war er sogar „nur“ ihr Halbbruder, doch Susan wollte dieses Wort nicht hören. Bruder blieb Bruder, ob er nun eine andere Mutter hatte oder nicht. Trotz des One Night Stand des Vaters damals, zerbrach die Familie etwa nicht daran. Sie wuchs noch fester zusammen, während Cedrik bei seiner leiblichen Mutter aufwuchs. Um das Familienglück nicht zu zerstören und seine Frau zu schonen, schränkte Susans Vater die Besuche bei seinem Sohn auf ein Minimum ein. Er liebte auch dieses Kind sehr, doch es wuchs ebenfalls in einer intakten Familie auf. Keiner wollte das Kind unnötig durcheinander bringen. Auch Susan erfuhr lange Zeit nichts von ihrem Bruder. Erst, als sie nach Meinung der Eltern alt genug dafür war, erzählte man ihr die ganze Wahrheit.



    Susan ging erstaunlich gelassen damit um, so wie es immer ihre Art war. Sie nahm Kontakt zu ihrem Halbbruder auf und bald verband die Geschwister ein inniges Band. Oft besuchten sie einander nicht, da die Entfernung einfach zu gross war. Doch brieflich und telefonisch hielten sie regen Kontakt.
    Das Schicksal wollte es wohl so, dass Marie Cedrik nie zuvor begegnete. Sie schluchzte erneut auf.



    Was würde Susan nur dazu sagen, welche ihren Bruder doch so sehr vergötterte? Würde sie ihr, Marie, das überhaupt jemals verzeihen??? Wie sollte sie ihrer Freundin jemals wieder ehrlich in die Augen sehen????


    Fortsetzung folgt!




    Text by FunnyChrissy
    Pictures by Innad

    Kapitel 3


    Konfrontation


    “Ich möchte dir gerne Cedrik vorstellen, gestern sind wir schließlich wegen des VORFALLS dazu nicht gekommen!“ Susan kicherte verhalten, während sie in dieses eine Wort eine besondere Betonung legte, räusperte sich geräuschvoll und holte sich ihre Fassung zurück.



    Marie mochte es überhaupt nicht, ausgelacht zu werden. Das wusste diese nur zu gut.
    Am liebsten wäre Marie davongelaufen. Panisch wanderten ihre Pupillen hin und her, immer auf der Suche nach einem Ausweg. Sie widerstand dem Bedürfnis, einfach los zu rennen. Stattdessen war sie vergeblich darum bemüht, ihre zitternden Hände unter Kontrolle zu bekommen. Ihr Herz klopfte so laut, dass sie Angst hatte, man könnte es bis ans andere Ende des Gebäudes hören. Vor ihren Augen tanzten goldene Pünktchen, die wie kleine Glühwürmchen wirkten. Eigentlich eine witzige Vorstellung, doch Marie war absolut nicht nach Lachen zumute. Ihre Gedanken überschlugen sich, fuhren regelrecht Achterbahn. Zusätzlich beschlich sie ein Gefühl von absoluter Hilflosigkeit. Spätestens zu diesem Zeitpunkt konnte sie das Sprichwort „Im Erdboden versinken“ richtig einordnen. Es war einer dieser Momenten, in welchem sie alles dafür getan hätte.
    All das ging ihr binnen weniger Sekunden durch den Kopf. Der Augenblick verschmolz mit ihren Gedanken und schien still zu stehen. Tatsächlich aber drehte sich die Erde weiter und Marie konnte nichts tun, um sie aufzuhalten.
    Die beiden Menschen ihr gegenüber schienen ihren inneren Kampf gar nicht zu bemerken. Während Susan ihren Blick mal abwechselnd Marie und Cedrik zuwandte, stand dieser mit lässig in die Hüfte gestützten Armen Marie gegenüber und musterte sie scheinbar gelangweilt.



    „Cedrik, das ist meine beste Freundin Marie. Ich hab dir schon oft von ihr erzählt. Sie ist wie mein zweites Ich.“ Damit deutete sie auf Marie und zwinkerte dieser kurz zu.
    „Marie, das ist Cedrik, mein lange verschollener Bruder. Endlich lernt ihr euch mal kennen, das wurde langsam Zeit!“ Freundschaftlich knuffte sie Cedrik in die Seite.
    Marie gefror währenddessen das Blut in den Adern. Dieser verboten gutaussehende Typ streckte ihr nun frech seine kräftige Hand entgegen. Um Susan nicht zu verunsichern, sollte sie eigentlich selbige ergreifen und ein „Hallo, ich freu mich Sie kennen zu lernen“ murmeln. Doch sie konnte nicht. Eine innere Macht schien ihre Glieder zu lähmen und an den Körper zu fesseln.
    Die Situation war ungewöhnlich. Wie ungewöhnlich, wussten nur die zwei Hauptpersonen derselbigen.
    „Hallo, Erde an Marie. Mir ist schon klar, dass Cedrik umwerfend gut aussieht und eine Sünde wert ist. Aber deshalb musst du ihn doch nicht mit deinen Blicken ausziehen.“ Sie kicherte fröhlich.
    EINE SÜNDE WERT! Wenn das jemand wusste, dann war es wohl Marie…
    Die junge Frau schluckte dreimal, überwand sich innerlich und sprang endlich über ihren Schatten. Mit ihrer allerletzten Selbstbeherrschung reichte sie Susans Bruder die Hand. „Hallo!“ Mehr brachte sie wirklich nicht heraus, ihr drohte schon dieses eine Wort im Hals stecken zu bleiben.
    „Hallo!“ Zumindest schien es ihm ähnlich zu gehen. Marie wusste nicht warum, aber auf eine Art empfand sie eine stille Schadenfreude.
    „Aha,“ kam es da von Susan. „Ihr braucht euch nicht unbedingt um den Hals zu fallen, verlangt keiner. Aber euch anzustarren wie zwei Fische auf dem Trockenen ist auch etwas ungewöhnlich!“



    Damit hakte sie sich bei beiden unter und dirigierte Marie und Cedrik in ein nahe gelegenes Café. Das Stammcafé der beiden Freundinnen...Ausgerechnet! „Na klasse,“ ging es Marie durch den Kopf. „Hier brauche ich so schnell nicht mehr Eis essen gehen. Warum muss mich der gestrige Abend sogar hier her verfolgen?“
    Kurze Zeit später sassen sich die völlig unterschiedlichen jungen Menschen gegenüber. Susan bestritt die Unterhaltung beinahe im Alleingang. Was dieser allerdings weder auffiel, noch zu stören schien. Sie fühlte sich sichtlich wohl als Wortführerin. Hin und wieder wurde von ihren Gegenübern ein „Ja“, „Ach so“ oder „Hhm…“ eingeworfen.



    Cedriks Blick hingegen schweifte ständig hin und her. Doch Marie entging nicht, wie intensiv er sie immer wieder musterte. Doch sie konnte nicht aus dieser Situation, ohne Susans Misstrauen zu erwecken.
    Nach etwa einer halben Stunde, die Marie eher wie ein ganzer Tag vorkam, erhob sich Susan entschuldigend und begab sich Richtung Toiletten. Wenn Marie etwas absolut nicht brauchen konnte, dann war es DAS!



    „Ich sehe es dir an, du denkst auch noch an unsere Nacht!“ Die tiefe, männliche Stimme jagte Marie tausend Schauer über den Rücken. Ihre Nackenhaare stellten sich schon beim Klang derselben auf und das Herz schien ein Eigenleben zu führen.
    „Wie kommst du darauf?“ Die junge Frau versuchte, ihrer Stimme einen desinteressierten Klang zu geben. Doch leider gelang es ihr nicht gerade meisterhaft.
    „Marie, süsse, kleine Marie…ich spüre noch heute deine Küsse auf meiner nackten Haut. Fühle deinen Körper…“
    Mit einer energischen Handbewegung schnitt sie ihm das Wort ab. „Sei still! Ich möchte davon nichts hören. Wir hätten das niemals tun drüfen! NIE! Schon wegen Susan. Und nenn mich nie wieder „süsse kleine Marie!“
    Er lächelte. „Was hat Susan mit unserer gemeinsamen Nacht zu tun, Marie?“
    Seine Gelassenheit reizte sie noch mehr. Gleichzeitig verstärkte sich aber auch diese nicht auszuhaltende Unruhe in ihr. Wie er da so vor ihr sass, männlich attraktiv, der Körper vom Sport gestählt, braunhaarig und mit diesen umwerfend veilchenblauen Augen. Solch eine Färbung hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht gesehen.



    Sein Gesicht wurde von seinen Augen beherrscht. Hinzu kam ein sensibler Mund, schön geschwungene Brauen, eine gerade Nase und ein etwas nach vorn gestrecktes Kinn. Es verriet seine Durchsetzungskraft…und gerade diese hatte auch sie schwach werden lassen. Oder war es etwa doch der Alkohol gewesen?

    Kiara: Schön, Dich auch hier zu lesen, das freut mich echt total! *hüpf*
    Ich bin ja mal gespannt, wann Deine Superspürnase wieder in Aktion tritt *lach* Langsam ist mir das ja fast unheimlich, wie Du das kannst.

    Zu Deiner Frage - es ist in der Tat so. Wir haben beide alle Locations und Charaktere gleich erstellt und uns geschickt und nun haben wir beiden sowohl die Nachbarschaft, in der wir fotografieren als auch alle beteiligten Sims 1:1 und so kann jede von uns fotografieren.

    Was Maries Gesichtszüge entgleisen lässt, wird sich bald zeigen - ich verrat nix *mundzukleb*


    Ines: Danke für Deinen Kommi, wir freuen uns tierisch über jeden Kommi, wirklich! Du hast recht, der P rüfer ist echt finster drauf *grusel* Und auch was Du zum Hotelgewerbe schreibst, stimmt - und obwohl beide Freundinnen so verschieden sind, liegt es ihnen gleichermaßen, das ist schon eine erstaunliche Sache.


    Wie ich Kiara schon schrieb, das Geheimnis um Maries "Entgleisung" wird gleich gelüftet...


    Jule: Glücklicherweise ist es Marie am Ende ja doch noch gelungen, sich einigermaßen in den Griff zu kriegen. Ob sie die P rüfung geschafft hat, ist natürlich noch offen.

    Vielen Dank für Deinen Kommi und Dein Lob, das freut uns echt total und wir hoffen, dass Du auch weiter dabei bleist! Es wird spannend bleiben, das kann ich euch schonmal versprechen.


    @Maiga: Vielen Dank auch wieder für Deinen lieben Kommi! Das Bild gefällt uns auch sehr gut, dass Du da ansprichst.
    Deine Spekulationen sind gar nicht schlecht -wir haben beide gestaunt, aber verraten wird natürlich nicht, inwiefern Du richtig liegst.
    Aber das Geheimnis wer da steht, wird ja gleich gelüftet... :)

    Das mit dem P r... ist leider nötig, ist ein Fehler der Website, wenn man p r ü zusammen hinteinander schreibt, kommt immer ein anderes Wort, ist wohl ein Code, bitte entschuldigt dieses Fehlerchen, aber es geht leider nicht anders.


    So und nun wünschen wir Euch viel Spaß bei Kapitel 3!

    Der Mann trug seltsame, abgetragene und abgewetzte Kleidung, die Tessa sofort auffiel. Sie musterte ihn lange und fragte sich, wie man nur mit solch einer Kleidung in die Stadt gehen konnte?
    In diesem Moment drehte sich der Mann einen kleinen Augenblick zu ihr um, als habe er ihre Gedanken gespürt.
    Tessa sog den Atem scharf ein.
    Irgendetwas in der Luft schien zu klirren, ihre Muskeln spannten sich mit einemmal an und verkrampften, ihr Herz schlug ihr bis zum Halse und um sie herum schien alles in Nebeln zu versinken.
    So schnell wieder Moment gekommen war, war er auch wieder vorbei.



    Der Mann drehte sich wieder um und wandte sich der Kasse zu. Tessa jedoch schien zu beben. Es war einer dieser Momente gewesen, in denen man weiß, dass sie besonders sind, einzigartig und entscheidend – warum auch immer.
    Sie sah die tiefblauen, leuchtenden Augen des Mannes vor sich – Augen, die eine Traurigkeit ausdrückten, wie sie Tessa in ihrem ganzen Leben noch nie gesehen hatte. Sie fühlte sich bis aufs innerste gerührt und berührt. Das Gesicht des Mannes war ausgemerkelt, Augenringe zierten seine masculinen Züge. Wäre er nicht so abgemagert und kränklich gewesen, hätte man ihn vermutlich attraktiv nennen können.
    Tessa war klar, dass dieser Mann große Probleme haben musste.
    In seiner Hand hielt er nur einen Comic und ihr ging durch den Kopf, wieso sich jemand wie er nur einen Comic kaufte? Er sah eher so aus, als brauche er eine ordentliche Mahlzeit.
    Mit einigen Cents bezahlte der Mann nun das billige Heftchen und nicht nur Tessa beobachtete diese Szenerie argwöhnisch.



    Lächelnd sah er sie an, als er sich umdrehte. Wieder stockte ihr für einen Moment der Atem, doch als er an ihr vorbeigehen wollte, ging plötzlich alles so schnell, dass es Tessa später kaum mehr in der richtigen Reihenfolge in Erinnerung behalten konnte.
    Ein Mann im Arbeitskittel kam schnellen Schrittes aus einem Nebenzimmer gespurtet und schrie zornig: „Warte nur, Bürschchen! So leicht kommst du mir nicht davon!“
    Der Supermarktangestellte schnitt dem jungen Mann den Weg ab, sah ihn verrächtlich an und tippte ihn dann auf die Brust.



    „Ich wette, du hast geklaut! Einer wie du kauft sich doch kein Comicheft, das kann man mir doch nicht weismachen!!! Also los, mach deine Taschen leer! Es ist immer dasselbe mit euch blöden Junkies!“
    Tessa schnappte hörbar nach Luft. Wie konnte dieser Mann es wagen, so mit einem anderen Menschen zu reden – so abwertend, als sei dieser junge Mann nichts als eine Ameise, die man am besten schnellstmöglich zerquetschen würde?



    Der junge Mann derweil seufzte auf und schien einen inneren Kampf zu führen, als er aus seiner verbeulten Strickjacke zwei Brötchen und einige kleine Schokoriegel zog.
    Tessa erschrak – sie hatte es sich gedacht, aber es schockierte sie dennoch.
    Der Supermarktangestellte derweil knallte die verräterischen Fundstücke auf die Kassentheke und sah den jungen Mann zornig und mit zusammengekniffenen Augen an.



    „Tja, mein Freund, das war`s dann wohl! Ihr beschissenen Junkies denkt wohl, ihr könnt mit uns machen was ihr wollt. Aber nicht mit mir, Freundchen. Ich hab die Nase voll von eurer Stehlerei. Ich rufe jetzt sofort die Polizei und dann kannst du dir hinter Gittern deinen goldenen Schuss geben!“
    Tessa zuckte zusammen. Das konnte doch nicht wahr sein, wie dieser Mensch da sprach! Abgesehen davon, war das hier doch ganz klar Mundraub! Man konnte deswegen doch niemanden einsperren!



    Ihre Augen fuhren hektisch hin und her und trafen den Blick des jungen Mannes. Wieder berührte sie die stille Traurigkeit in diesen tiefblauen Augen bis in ihr innerstes Mark.
    Sie konnte, sie durfte nicht einfach zusehen, wie dieser hirnverbrannte Supermarkttyp hier ein Exempel statuierte! Doch was sollte sie schon tun? Sie fuhr sich mit den Zungen über ihre trockene Lippe und bevor sie realisierte, was sie tat, trat sie einen Schritt nach vorne und erhob ihre Stimme….



    Fortsetzung folgt.

    chrissy: Wie lieb dass du doppelt kommentierst. Du schätzt Tessa schon ganz richtig ein. Sie ist beständig und vernünftig und hat ihre festen Ziele und doch ist sie irgendwie unzufrieden. Es läuft ihr sozusagen alles zu glatt momentan. Niklas ist ein sehr sanfter Mensch, ja, und er ist ein sehr guter Freund für Tessa, der ihr sehr nahe ist. Mehr kann ich noch nicht verraten, fürchte ich :-)

    @SCW: *froi* Ist das schön, dass Du auch mitliest, das find ich super!!! Also nein, ich hab Dir nicht hinterher spioniert :-D Finde es aber lustig, dass es diese Parallele gibt. Danke auf für das Kompliment bzgl der Sims. Findest Du echt, Niklas und Tessa passen optisch so gut zusammen? Ist mir nun gar nicht so aufgefallen.
    Man sieht daran, wie eng das Verhältnis der beiden Freunde ist, dass Tessa ihm die Dreiviertelstunde so verzeiht. Mh, ich fürchte, ICH wär stinkiger *lach*

    Ines: Schön, dass Du auch wieder mit dabei bist. Also, ich denke auch,Tessa braucht ein wenig Liebe, aber sie bezieht diese Unzufriedenheit wirlich nicht nur darauf. Ihr Leben läuft ihr sozusagen einfach zu sehr am Schnürchen. Sie ist gelangweilt. Übrigens hab ich es auch noch nie geschafft, bis 17 Uhr zu pennen. Kann man da abends überhaupt noch einschlafen ? *kicher* Ich freu mich sehr, dass Du wieder mitliest!!!

    Kiara: Oh, meine liebe Kiara hat die Story entdeckt, das freut mich ja total. Dein Einwand bzgl platonischer Freundschaft nach einer Beziehung ist absolut richtig, aber es gibt Fälle, da soll es geklappt haben- vielleicht ist das ja so einer? Und der/die/das ominöse Jess werdet ihr noch früh genug kennenlernen, keine Bange.

    Ich kann nun gar nicht viel zu Deinen Spekulatinen schreiben, weil ich sonst zuviel verrate. NUr soviel: Dein Scharfsinn hat Dich bei Sternenstaub schon sehr früh auf die richtige Fährte gebracht und Du hast da schon ein Talent für, aber vielleicht überrasch ich Dich diesmal ja auch? ;-)



    So ihr Lieben, es geht direkt weiter mit Kapitel 3. Viel Spaß dabei!


    Kapitel 3




    Es geschah nur fünf Tage später, am folgenden Freitag.
    Der Tag hatte eigentlich begonnen wie immer. Um neun Uhr war Tessa im Büro angekommen, hatte ordnungsgemäß erst einmal eine Runde Kaffee für den Rest der Redaktion gekocht und machte sich dann an ihre übliche Arbeit.
    Gegen Nachmittag verzog sich der Rest der Truppe in der üblichen Wochenend-Ausgaben-Sitzung und Tessa durfte wie so oft Telefondienst halten und nebenbei an einem langweiligen Artikel über das bevorstehende Mitgliedertreffen des Schützenvereins schreiben.
    Sie war nicht undankbar, als das Telefon sie einmal mehr aus dem langweiligen Geschreibsel holte und sie Niklas` Handynummer auf dem Display aufleuchten sah.



    „Niklas!“ sagte sie erfreut und nahm den Hörer ab. „Du rettest mich vorm Tod aus Langeweile. Was gibt es?“
    Vom anderen Ende der Leitung her drang Niklas aufgeweckte Stimme.
    „Ich dachte, die Zeitung sei dein Traumjob, Tessa“, lachte er. „Du klingst nicht gerade euphorisch.“
    Tessa runzelte die Stirn. „Schreib du mal über das Hahnschießen des Schützenvereins, dann wird dir das Lachen vergehen.“
    „Nun – jeder hat schließlich mal klein angefangen.“
    Leicht angesäuert brummte Tessa: „Rufst du nun an, um mich zu belehren oder gibt es was wichtiges?“
    Beschwichtigend sagte Niklas: „Natürlich ruf ich deswegen nicht an. Ich hab vorhin mit Mickey telefoniert und er sagte, einige aus der Clique sind dieses Wochenende in der Stadt und hat spontan entschieden, seine Bude für eine kleine Wiedersehensfeier zur Verfügung zu stellen. Du kommst doch, oder?“
    Tessa schwieg einen Moment.



    Eigentlich hatte sie sich auf einen ruhigen Abend zu Haus gefreut, doch die Vorstellung, die alten Gesichter wiederzusehen, war auch sehr verlockend.
    „Du wirst doch nicht etwa daran denken, zu Haus zu bleiben?“ posaunte Niklas da auch schon.
    „Na hör mal“, erwiderte Tessa. „Es haben es eben nicht alle so schön wie der Herr Student, der den kompletten Freitag zu haus vergammeln kann. Ich bin seit sieben auf den Beinen.“




    Niklas lachte am anderen Ende des Telefons und sagte dann: „Ich lass dich gar nicht zu Hause bleiben, dass das gleich klar ist.“
    Tessa gab sich geschlagen. „Na gut, du hast mich überredet. Soll ich etwas mitbringen?“
    „Ja, Mickey sagte, es fehlen noch Getränke und Knabbersachen und Süßigkeiten.“
    Tessa überlegte. „Okay, dann fahre ich nach der Arbeit direkt hier in den Supermarkt um die Ecke, das ist am einfachsten. Holst du mich denn ab, wie immer?“
    Niklas druckste herum. „Sonst gerne, das weißt du, Tessa, aber…“
    Tessa seufzte. „Ich versteh schon. Du bringst vermutlich Bettina mit, hab ich recht?“
    „Bist du sauer?“
    „Ach was!“ rief Tessa aufgebracht. „Es ist ohnehin besser für mich, selbst zu fahren, dann kann ich gehen, wann ich will, denn du bist bestimmt nicht so schnell müde wie ich.“
    „Tessa, wirklich, sonst gerne, aber…“
    „Niklas! Es ist in Ordnung“, rief Tessa. „Es ist doch ganz klar, dass du Bettina mitbringst, ihr seid jetzt immerhin ein Paar!“



    Sie sah Niklas grinsendes Gesicht regelrecht vor sich. Vor zwei Tagen hatte er sie abends aufgeregt angerufen und ihr die großen Neuigkeiten mitgeteilt. Tessa freute sich für ihn. Sie kannte Bettina nur flüchtig von ein oder zwei Treffen, aber sie war ein liebes Mädchen.
    „Gut, dann sehen wir uns heute Abend bei Mickey. Ich weiß nicht, ob ich es um acht schaffe“, sagte Tessa. „Kann auch einen Tick später werden.“
    „Bis nachher, Tessa.“
    Tessa legte auf, seufzte und setzte sich wohl oder übel wieder an ihren Artikel über den Schützenkönig.



    Es war kurz nach sechs, als Tessa vor dem kleinen Supermarkt in der Innenstadt parkte und mit einem Einkaufskorb bewaffnet durch die Regale streifte.
    Glücklicherweise war es nicht besonders voll, auch wenn Freitagabend war.
    Als sie gerade in den Kühltruhen nach Windbeuteln, die bei solchen Parties immer gut ankamen, stöberte, fiel ihr einige Meter weiter eine alte Dame auf, die wie gebannt auf eines der Produkte im Kühlregal starrte und die Lippen stumm bewegte.



    Tessa beobachtete sie eine kleine Weile und begriff schnell, dass die Dame versuchte, das Verfallsdatum auf einem der Saftbottiche zu lesen, es aber offenbar zu klein gedruckt war.
    Sie gab ihrem Herzen einen Stoß und ging auf die alte Dame zu. Wenn sie eines in ihrem Beruf lernen musste, dann, auf andere zuzugehen!
    „Entschuldigen Sie“, sagte sie höflich. „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“
    Die alte Frau drehte sich um und lächelte ihrer Retterin freundlich zu.
    „Oh, das wäre wirklich sehr nett von Ihnen, Fräulein – ich habe einfach keine guten Augen mehr, wissen Sie. Und ich kann nicht entziffern, wann dieser Saft hier abläuft. Ich trinke ihn nur so selten, müssen Sie wissen, aber meine Enkelin liebt Saft, darum habe ich immer etwas davon im Haus.“
    Tessa lächelte freundlich. „Ich kann Ihnen bestimmt helfen. Das ist aber auch klein geschrieben!“



    Sie sah genau auf die Packung und teilte der Dame dann mit, was sie wissen wollte.
    Dankbar sah diese sie an.
    „Ich muss sagen, ich treffe selten so nette, junge Leute wie Sie, Fräulein“, sagte sie lächelnd. „Das ist wirklich erfrischend und Ihre Eltern können wahrlich stolz auf Sie sein.“
    Sie legte die Saftpackungen in Ihre Tasche und verabschiedete sich mit den herzlichen Worten: „Möge Gott Sie segnen.“



    Tessa schluckte und war sehr stolz auf sich. Normalerweise war sie eher scheu und traute sich nur schwer, fremde Menschen anzusprechen, doch diese Erfahrung war viel wert für sie.
    Sie sah der altem Dame nach, wie diese an die Kasse schlurfte und bezahlte.
    Lächelnd widmete sie sich dann wieder ihrem Einkauf und als sie alles beisammen hatte, stellte sie sich ordentlich in die Schlange, die sich vor der Kasse gebildet hatte.
    Nachdenklich ließ sie ihren Blick über ihren Einkaufskorb schweifen und kontrollierte, ob sie auch nichts vergessen hatte – Cola, Fanta, eine Flasche Schnaps für Mickey großzügige Wohnungsfreigabe, Chips, Salzstangen, Schokolade, Windbeutel – alles war da.
    Sie sah wieder auf und musterte die Menschen um sich herum, einige saßen hinter ihr am Kaffeeautomaten und unterhielten sich, vor ihr in der Schlange standen ein Mann und eine Frau.

    Liebe Kiara

    ich lese ja die ganze Zeit schon mit, hab es aber nie zum Kommi geschafft ;)
    Also ich bin echt begeistert: Deine Story hat sowas märchenhaftes, überirdisches und ist dabei doch ganz geerdet und normal und sehr spannend dabei. Wie du die verschiedenen Reiche und Figuren einbringst, oft ohne einem klar zu machen - extra - was für eine Rolle sie haben werden, find ich klasse

    Anna tut mir leid, sie scheint ein Spielball in diesem kranken Spiel von dieser blöden Elvira-Sippe zu sein. Und sie liebt ihren Mann doch aufrichtig!


    Die Bilder sind wie immer toll - die Hochzeit gefällt mir sehr. Bin gespannt wie es weitergeht

    Liebe Dani

    erstmal vielen lieben Dank für Deinen Kommi, ich freu mich wahnsinnig über jeden und Deinen ganz besonders!
    Hihi, find ich ja witzig, dass Niklas dich an Deinen Bruder erinnert. Das ist ja ein Ding. Aber manchmal hat man das, ich kenn das auch.

    PageRanking - das ist irgendwas vom Forum aus. Das heißt eigentlich immer " p r ü f e n d".
    Ich habs nun mal mit einem Abstand versehen.

    Meine liebe Tear
    da hab ich doch vor lauter Onlinestellen vergessen, Deinen Kommi zu kommentieren :) Asche über mein Haupt! Ich freu mich sehr, dass Du wieder mitliest! Auf Jess darfst Du gespannt sein, aber erstmal bleibt es nur ein Name :)
    Niklas ist ein echt guter Freund ja, und wer weiß, was Tessa wirklich für ihn fühlt ;) Aber ich verrate mal noch nichts und hoffe, Du liest weiter mit und bist gespannt

    Während dieser den Motor anwarf und losfuhr, sah sie nachdenklich aus dem Fenster.



    Sie wünschte Niklas von Herzen, dass er in Bettina eine gute Partnerin würde finden können und doch schmerzte sie der Gedanke daran, ihn bald entbehren zu müssen. Seit sich die Clique verstreut hatte, beschlich sie manchesmal das Gefühl von Einsamkeit und einem „Nicht-Gebraucht-Werden“. Seit Tagen ging ihr die Frage nach dem Sinn ihres Daseins im Kopf herum. Sie war nicht depressiv oder zweifelte an ihrer Art zu leben oder dem Leben ganz allgemeinhin. Nur schien sich in letzter Zeit alles in einen so gemächlichen und doch aufreibenden Trott hineinzufinden, dass sie manchen Morgen aufwachte und sich fragte, was der Sinn und Zweck an dieser ganzen maschinerieartigen Sache namens „Leben“ sein mochte.
    „Was ist los, Tessa?“ unterbrach Niklas ihren philosophischen Gedankenausflug. „Du schaust so verträumt aus dem Fenster. Ist was?“



    Tessa zuckte mit den Schultern. „Ach nein, es ist alles in Ordnung soweit…“
    „Soweit?“ Niklas sah sie p rüfend an. „Ich kenn dich doch. Was ist dir für eine Laus über di Leber gelaufen? Ich bin gerade in derartiger Hochstimmung, dass ich genug gute Laune für uns beide habe. Also sag schon.“
    „Ach ich weiß nicht“, erwiderte Tessa langsam. „Irgendwie ödet mich momentan alles an. Dabei ist es nicht einmal langweilig, wie mein Leben momentan läuft. Aber irgendwie hat sich alles so eingefahren. Ich beneide dich regelrecht um die Veränderung, die nun in form von Bettina in dein leben tritt. Eine neue Liebe, wie aufregend das sein muss.“



    Niklas warf ihr einen Seitenblick zu. „Sehnst du dich auch nach einem Freund?“
    Sie zuckte mit den Schultern. „Nicht wirklich. Ich bin ja ganz zufrieden so wie es ist. Und doch auch wieder nicht. Aber das hat nichts mit einem Freund zu tun. Ich wünschte nur, mein Alltag wäre irgendwie… inniger… lebendiger. Ich kann es gar nicht ausdrücken. Seit dem Abitur ist irgendwie alles so … gewöhnlich. Ich weiß auch nicht.“
    Niklas dachte einen Moment nach und als er an der Ampel hielt, drehte er sich zu ihr und sagte: „Aber Alltag ist doch nicht schlechtes. Ich meine – auch wenn ich jetzt wirklich mit Bettina zusammenkomme, was zugegebenermaßen aufregend ist, lebe ich trotzdem meinen Alltag. Mein Leben geht mehr oder minder ganz normal weiter. Ich werde morgens aufstehen, duschen und Zähne putzen wie an jedem anderen Tag, weißt du. Eben nur mit einer Frau an meiner Seite.“



    Tessa schüttelte den Kopf. „So meine ich das nicht. In meinem Leben ist zur Zeit einfach keine Abwechslung. Es plätschert einfach nur so vor sich hin. Und ich warte darauf, dass etwas entscheidendes passiert. Manchmal fühle ich mich wie eine alte Großmutter.“
    Sie biss sich auf die Lippen.



    Niklas lachte. „So siehst du jedenfalls nicht aus.“
    „Na danke, das ist ja schon mal etwas, nicht wahr“, sagte Tessa zynisch. „Ernsthaft, ich meine einfach nur, dass mein Leben momentan so… so…“
    „Normal ist?“ vollendete Niklas ihren Satz und Tessa bejahte.
    „Aber das ist doch nichts schlechtes. Schlag dir diesen Traum von einem entschiedenen, welterschütternden Ereignis aus dem Kopf, so etwas geschieht nur zu selten und ist meistens nichts positives. Normalität bedeutet Stabilität und Beständigkeit und das ist etwas sehr gutes, Tessa.“
    Er sah sie wieder an. „Wer weiß, vielleicht wirst du dir bald wünschen, diese ruhigen und völlig normalen Zeiten würden zurückkehren?“



    Tessa schüttelte den Kopf. „Das kann ich mir nicht vorstellen, wenn ich ehrlich bin. Es muss etwas geschehen. Ich weiß, dass ich unzufrieden bin, aber ich weiß nicht wieso. Eine veränderung jedweder Art wäre gut für mich. Da bin ich mir ganz sicher.“



    Niklas schwieg dazu und auch Tessa richtete ihren Blick wieder auf die Straße. Hätten die beiden geahnt, welch heftiger Donnerschlag bald in tessas Leben treten und es aus ihren Fugen bringen würde – vermutlich hätte keiner von beiden es glauben können.
    Doch in diesem Moment rauschten sie noch ahnungslos durch die Stille der Nacht und fühlten sich sicher in der Gewissheit ihres ganz normalen, ruhigen Daseins.



    Fortsetzung folgt

    Kapitel 2


    Tessa strich sich sachte eine Strähne aus ihrem Gesicht und sah sich dann p rüfend im Spiegel an. Sie dachte an das, was Niklas zu ihr gesagt hatte: „Mach dich hübsch für heute Abend…“
    Ihr Hochgefühl von vorhin war verschwunden. Im Moment war es ihr sogar eher danach, sich selbst ein wenig dafür zu schelten, solche unsinnigen Gedanken gehabt zu haben.
    Es war, wie sie gesagt hatte – für einen Freund hatte sie eigentlich gerade weder Muse noch Zeit. Ihre Arbeit bei der Zeitung nahm sie zu sehr ein. Es war zwar nur eine Überbrückung, bis sie endlich den ersehnten Studienplatz im Journalismus bekommen würde, aber er war fordernd und anstrengend. Zwar schrieb sie meistens nur über regionale Dinge wie Vereinstreffen oder wurde dazu auserkoren, lästige Büroarbeiten zu erledigen – aber sie war schließlich nur eine Art Praktikantin oder Aushilfe und durfte sich nicht viel davon erwarten. Dennoch war es eine gute Sache, dass sie schon einmal „Zeitungsluft“ schnuppern konnte und ab und an durfte sie sogar kleine Interviews schreiben und ihr Chef hatte ihr gesagt, wenn sie eine Idee für einen Artikel hatte, solle sie einfach drauf los tippen und er würde ihn sich ansehen. Bisher war diese Idee ihr aber noch nicht so recht über den Weg gelaufen.
    Sie warf einen erneuten und letzten Blick in den Spiegel und befand, dass ihr Aussehen für diesen Abend definitiv gut genug war. Schließlich war es Niklas´ großer Abend und nicht ihrer!



    Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass es bereits fünf nach acht war und sie sich sputen musste. Also steckte sie nur schnell den Kopf ins Wohnzimmer und verabschiedete sich rasch von ihren Eltern, um sich dann geduldig wartend vor der Haustür zu positionieren.
    Sie warf einen erneuten Blick auf die Uhr, es war inzwischen fast viertel nach und von Niklas keine Spur. Dass er schon einmal ein paar Minuten zu spät kam, war nichts neues, aber eine so heftige Verspätung hatte Tessa selten erlebt.
    Nach weiteren zehn Minuten griff sie zu ihrem Handy, doch es meldete sich nur die Mailbox. Tessa zog die Stirn in Falten und fragte sich, ob sie etwas falsch verstanden hatte. Aber nein, Niklas hatte klar und deutlich „acht Uhr“ gesagt und dass er sie abholen wolle.
    Sie verschränkte genervt die Arme. Langsam taten ihr die Füße in den hochhackigen Sandalen, die sie übergestreift hatte, weh und der laue Abend hatte eine merkliche Abkühlung erfahren, seit sich im Horizont dicke Wolkenberge vor den funkelnden Sternenhimmel geschoben hatten.
    Als Tessa weitere zehn Minuten später der erste Regentropfen auf ihre sommersprossenbedeckte Nase traf, rümpfte sie diese angewidert und stieß einige Flüche aus, die allesamt den Namen „Niklas“ enthielten.



    Der Abend war für sie gelaufen, so beschloss sie. Also drehte sie sich auf dem Absatz um und ließ die Tür geräuschvoll ins Schloss fallen.
    Den überraschten Blicken ihrer Eltern, als sie wieder ins Zimmer gestapft kam, setzte sie nur ein brummelndes „Niklas, dieser Idiot!“ entgegen und nachdem sie sich in der Küche mit einem riesigen Stück Schokokuchen getröstet hatte, ging sie zurück in ihr Zimmer und schlüpfte in einen gemütlichen Trainingsanzug, um den Rest des Abends faul auf der Couch zu verbringen.
    Eine Weile grübelte sie, ob Niklas auch nichts zugestoßen sein mochte, doch da sie ihn nach wie vor nicht auf dem Handy erreichte, beschloss sie, erst einmal abzuwarten. Bei Niklas wusste man schließlich nie…
    Tessa kannte ihren alten Freund wie ihre Westentasche – nur eine halbe Stunde später ertönte ein zaghaftes Klopfen an ihrer Tür und einen Moment später kam Niklas mit schuldbewusster Miene ins Zimmer gestiefelt.



    „Asche über mein Haupt, Tessa!“ rief er sogleich.
    Sie musste gegen ihren Willen grinsen. Er war einfach unverbesserlich.
    „Nun? Was hast du mir zu sagen?“ Krampfhaft versuchte sie ernst zu bleiben, was ihr beim Anblick seines schuldbewusst verzogenen Gesichts mit den großen Augen nicht wirklich gelang.
    „Es tut mir wahnsinnig leid, aber mir ist etwas ganz wundervolles dazwischen gekommen! Bettina hat angerufen und abgesagt!“
    Tessa stand auf und verzog das Gesicht. „Das musst du mir erklären, wieso ist das wundervoll?“
    „Na, weil wir bis eben telefoniert haben!“ lachte Niklas.
    „Ja sag mal, du hättest mich doch aber wenigstens anrufen können!“ beschwerte Tessa sich nun. „Ich hab mir Sorgen um dich gemacht, du Quatschkopf!“



    Niklas zuckte lachend mit den Schultern. „Wie soll ich dich denn bitte anrufen, wenn ich selbst telefoniere?“
    Grummelnd zog Tessa die Brauen in die Höhe. „Sag mir wenigstens, ob ich umsonst eine dreiviertel Stunde vor der Tür auf die gewartet hab oder nicht.“
    „Nein, hast du nicht!“ Niklas strahlte wie ein Honigkuchenpferd. „Wir sind uns richtig nah gekommen, Tessa! Und morgen wollen wir uns im Café treffen. Ich glaube, ich bin ganz dicht dran. Sie hat gesagt, sie mag mich sehr gerne. Das ist doch gut, oder?“



    Tessa schlug vergnügt in die Hände. „Mensch, Niklas, das ist nicht nur gut, das ist eindeutig! Mein Gott, freu ich mich für dich!“ Sie hatte schon lange wieder vergessen, dass sie ihm eigentlich hatte böse sein wollen.



    Niklas jedoch war sich seines Fehltrittes durchaus noch bewusst und sagte entschuldigend. „Es tut mir echt leid, dass ich dich versetzt habe. Aber wenn du noch Lust hast, lade ich dich zur Entschuldigung gerne auf einen kleinen Drink ein. Wie wäre es, wenn wir zu *Schusters* gehen?“
    Tessa überlegte einen Moment. Eigentlich hatte sie entschieden, den Abend zu Hause zu verbringen, aber Niklas´ Angebot war verführerisch und wer wusste schon, wie oft sie ihn in den nächsten Wochen noch alleine zu Gesicht bekommen würde – wenn er mit Bettina zusammen käme. Denn Tessa war schließlich ein Mädchen wie alle anderen und wusste genau, dass Niklas` Freundinnen es nicht gerne sahen, dass sie noch so gut befreundet waren – vor allem nicht vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sie selbst einmal ein Liebespaar zu sein versucht hatten.
    „Also gut“, willigte sie darum ein. „Ich zieh mir nur rasch was anderes an, warte du im Auto.“



    Diesmal machte sie sich keine große Mühe um ihr Outfit, das *Schusters* war ihr absolutes Stammcafé und dort würde sie mit Sicherheit niemanden begegnen, der ihr Leben verändern würde. Also schlüpfte sie nur schnell in Jeans und ein Shirt und ließ sich zwei Minuten später neben Niklas ins Auto fallen.

    "Nun ja - es ist so. Ich hab vorhin mit Bettina telefoniert und sie hat mir gesagt, dass sie heute Abend da sein wird und ich hab daraufhin gesagt, dass wir ja auch kommen wollen. Ich - hab das einfach so dahin gesagt, weil - es wäre für mich eine wahnsinnige Chance, weißt du..."



    Tessa lächelte leise. Seit Wochen redete Niklas nur noch von Bettina, die er auf der Uni kennengelernt hatte. Aber er kam einfach nicht richtig an sie heran und obwohl man es ihm nicht ansah, konnte er furchtbar schüchtern sein.

    "Dann sieht die Sache natürlich anders aus", sagte sie gnädig und grinste ihn an. "Ich werd es ja nicht verantworten wollen, dass du mir die nächsten fünf Wochen immer noch die Ohren wegen ihr volljammerst." Sie zwinkerte frech. "Also pass auf - ich muss jetzt erstmal unter die Dusche und dann muss ich noch frühstücken - oder Abendessen, wie auch immer. Danach brauche ich noch eine Stunde, um einen Artikel für die Zeitung fertigzustellen, weil ich den morgen abgeben muss..."

    Tessa überlegte einen Moment und sagte dann. "Also holst du mich am besten um acht Uhr ab. Aber ich will um Mitternacht wieder hier sein, ich muss morgen früh raus."



    "Kein Problem, Tessalein!" sagte Niklas fröhlich. "Ich bringe dich um punkt zwölf Uhr nach Hause, wenn es sein muss, trage ich dich eigenhändig ins Bett!"

    Tessa lachte herzhaft auf. "Das werde ich schon noch alleine schaffen, mein Lieber." Sie sah ihn sanft an. "Ich wünsch dir wirklich sehr, dass das mit Bettina klappt. Du hast es verdient. Und wenn sie dich nicht nimmt, weiß sie nicht, was gut ist."



    Niklas lächelte Tessa an. "Danke, Tessalein. Dein Wort in Gottes Ohr. Und nun sag - du machst dich heute Abend aber richtig hübsch, oder? Vielleicht können wir dich sogar auch noch verkuppeln! Das wäre doch wunderbar, oder? Wenn wir beiden am selben Abend jemanden fänden?"



    Tessa lachte kurz auf, aber ihre Stimme klang bitter, als sie sagte: "Ach hör doch auf, Niklas. Für wen soll ich mich hübsch machen, wen interessiert das denn. Und auf Männerschau bin ich schon lange nicht mehr."

    Niklas sah sie aufmerksam an. "Was ist mit dir los? Bist du traurig?"
    Tessa schüttelte den Kopf. "Nein - nein, bin ich nicht. Es ist nur so... ich will zur Zeit gar keinen Freund haben. Ich muss mich auf Uni und Arbeit konzentrieren, was anderes ist gar nicht wichtig."
    "Ach was, Tessa. Jeder Mensch braucht Liebe", sagte Niklas altklug. "Und ich will nie mehr hören, dass es niemanden interessiert, ob du hübsch bist oder nicht. Ohnehin bist du hübsch, ob mit oder ohne Schminke - und MICH interessiert es."

    Seine Worte jagten Tessa warme Schauer über den Rücken und sie lächelte ihn sachte an.

    Niklas erhob sich und zog seine Augenbrauen zusammen. Sein Gesicht sah wieder spitzbübisch aus und grinsend sagte er: "Obwohl, wenn ich mir dich so anschaue, dann siehst du momentan eher aus wie..."

    Tessa sprang auf und funkelte ihn spaßeshalber an. "Nun? Wie...?"



    Niklas begann schallend zu lachen. "Wie eine Gewitterhexe! Du gehörst wirklich dringend unter die Dusche!"

    Tessa ballte die Hand spielerisch zur Faust. "Dann pass bloß auf, dass ich dir keine Blitze in deinen allerwertsten schieße, du Frechdachs!"



    Niklas winkte ab. "Damit kann ich leben. Und nun lass ich dich alleine, damit du duschen gehen kannst und nachher auch rechtzeitig fertig bist. Wartest du dann vorm Haus, wie immer?"

    Tessa nickte und umarmte Niklas kurz.



    Er gab ihr einen freundschaftlichen Nasenstümper und verabschiedete sich mit den Worten: "Dann bis gleich, du alte Hexe!"

    Die Türe schnappte zu und Tessa blieb alleine im Zimmer zurück. Dieser Niklas! Sie musste gegen ihren Willen grinsen und begann, sich auf den heutigen Abend zu freuen. Und vielleicht hatte Niklas ja gar nicht unrecht... und der Zufall würde ihr heute Abend das große Liebesglück bringen?

    Bei diesem Gedanken stahl sich ein sanftes Lächeln auf ihr Gesicht.



    Das Schlagen der Standuhr im Wohnzimmer riss sie schließlich aus ihren Gedanken - sie musste sich beeilen, wenn sie alles bis um acht Uhr schaffen wollte.

    Nur wenige Minuten später stand sie unter der Dusche und während das warme Wasser über ihren Körper lief, träumte sie schon wieder von diesem einen Moment, in dem sie spüren würde, dass sich ihr Leben verändern sollte. Und irgendetwas in ihr flüsterte ihr zu, dass dieser Moment nicht mehr weit entfernt zu sein schien.



    Fortsetzung folgt.

    Kapitel 1


    Es war ein Sonntag im späten Sommer. Ein frecher Sonnenstrahl kitzelte Tessa an der Nase, doch die junge Frau ließ sich nicht davon beeindrucken. Ein kurzer Blick auf ihren Wecker zeigte ihr, dass es noch viel zu früh zum Aufstehen war. Sie fühlte sich müde und schläfrig und aalte sich in dem wonnigen Gefühl, einen Tag vor sich zu haben, an dem sie nahezu nichts zu erledigen hatte. Welch ein Luxus! dachte Tessa sich genießerisch und entschloss sich kurzerhand, den Tag vorerst im Bett zu verbringen.

    Schnell hatte sie sich wieder in den Kissen vergraben und nur wenig Minuten später hatte der freche Sonnenstrahl seinen Kampf verloren und die junge Frau schlief erneut tief und fest.



    Draußen im Flur knarzten die Holzdielen geräuschvoll. Tessa rümpfte die Nase und drehte sich brummelnd auf die andere Seite. Ihr Vorhaben, den Vormittag zu verschlafen, schien sich wohl doch nicht in die Tat umsetzen zu lassen.

    Wieso musste das aber auch immer so einen vermaledeiten Krach machen, wenn irgendjemand durch den Flur zur Toilette ging? Gähnend rieb Tessa sich die Augen. Das Bett war so warm und gemütlich, dass sie keine Lust verspürte, es zu verlassen. Aber nun war sie wach und sich noch einmal in den Schlaf zu kuscheln, dazu hatte sie nach dem zweitmaligen unschönen Wecken tatsächlich keine Muse mehr.

    Mit zusammengekniffenen Augen schlug sie darum die Bettdecke zurück und erhob sich gähnend, ohne zu merken, dass sie nicht mehr alleine im Zimmer war.



    "Na, du Langschläferin?" sagte eine lachende Stimme. "Hast du auch endlich ausgeschlafen?"

    Tessa fuhr herum und blickte in zwei spitzbübisch funkelnde, grüne Augen.
    "Niklas!" entfuhr es ihr. "Was machst du denn hier? Wie kommst du überhaupt hier rein?"

    Niklas grinste frech. "Deine Mutter hat mich reingelassen. Ich dachte, ich sollte mal den sonntäglichen Weckdienst aktivieren, bevor du noch die nächsten hundert Jahre zu verschlafen gedenkst."



    Tessa musste gegen ihren Willen lächeln. Das war typisch Niklas! Kein anderer hätte es gewagt, einfach mitten am Morgen so mir nichts- dir nichts in ihr Zimmer zu stapfen und sie aus dem Schlaf zu reißen. Doch Niklas durfte das - und das aus guten Gründen.

    Er war ihr engster Vertrauer und liebster Freund - und lange Zeit war er sogar noch mehr als das gewesen. Schon im Kindergarten waren sie befreundet gewesen und irgendwann einmal hatten sie sich dazu entschlossen, später einmal "Mutter-Vater-Kind" zu sein. In der Pubertät geriet diese Sache zuerst in Vergessenheit, aber irgendwann flammte die Leidenschaft zwischen beiden wieder auf. Die Beziehung hielt knappe zwei Jahre, dann mussten beide feststellen, dass sie als Liebespaar nicht wirklich funktionierten - eine tiefe, innige Freundschaft jedoch war das, was sie aus diesen Jahren mitnahmen.

    Tessa gähnte herzhaft.



    "Die nächsten hundert Jahre verschlafen? Ich wäre schon froh, wenn ich es nur einmal EINEN Sonntag schaffen würde, länger als bis zehn Uhr zu schlafen."

    Niklas lachte schallend auf. "Was lachst du denn jetzt so?" Tessa verzog das Gesicht.
    "Warum ich lache? Schau mal auf die Uhr, du alte Schnarchnase. Ich denke, deinen zehn-Uhr-Rekord hast du definitiv geschlagen, wenn du nicht gerade von zehn Uhr abends redest!"

    Tessa warf einen hektischen Blick auf die Uhr und merkte, wie ihr die Gesichtszüge entgleisten. "Das gibt es nicht!" rief sie. "Es kann nie im Leben fünf Uhr abends sein!"

    Niklas derweil bekam sich vor Lachen nicht mehr und hielt sich inzwischen grölend den Bauch.



    Tessa runzelte die Stirn. "Hör mal, so witzig ist das nun auch wieder nicht. Sag mir lieber, was dich dazu bringt, mich in aller Herrgottsfrühe..." Wieder entwich Niklas ein prustendes Lachen und Tessa verbesserte sich: "Mich aus dem Bett zu werfen, zu welcher Uhrzeit auch immer."

    Niklas sah auf und verkniff sich ein erneutes Lachen, während Tessa an sich herunterblickte und sich mit einemmal dringend nach einer Dusche und richtiger Kleidung sehnte - auch wenn sie sich vor Niklas nicht schämte, schließlich hatten sie schon im Sandkasten miteinander gespielt.

    "Ich wollte dich etwas wichtiges fragen - und etwas mit dir besprechen." Niklas Gesichtszüge wurden ernster und Tessa spürte instinktiv, dass ihren besten Freund etwas zu belasten schien.



    "Komm, setzen wir uns", meinte Tessa und ließ sich in die gemütlichen hellen Polster ihrer Couch fallen. Niklas setzte sich neben sie und begann herumzudrucksen: "Weißt du - eigentlich wollte ich dich nur fragen, ob wir heute Abend zusammen ins ´TakeOff´gehen wollen?"
    Tessa zog die Augenbrauen hoch. "An einem Sonntagabend losziehen? Was sind das denn für neue Angewohnheiten? Wobei ich zugegebenermaßen nicht behaupten kann, nicht ausgeschlafen zu sein." Sie grinste ein wenig über sich selbst. "Trotzdem machen wir das sonst doch nie - gibt es einen besonderen Grund?"



    Niklas räusperte sich verlegen und rutschte unruhig auf der Couch hin und her.

    Prolog


    Es war ein ruhiger Sonntagnachmittag, als Tessa Wagner sich unter einen großen, ruhigen Baum im Schatten setzte und ihr Tagebuch hervorholte. Sie hatte entschieden ihre Geschichte aufzuschreiben, um niemals zu vergessen, was in den letzten Jahren geschehen war.


    "Wenn ich an die Zeit zurückdenke, als ich noch ein kleines Mädchen war, so kommt sie mir so leicht und unbeschwert vor, gleich einer samtenen Feder, die sich in die Lüfte erhebt, ohne zu wissen, was Schwerkraft und Trauer oder Anstrengung sein könnten.
    Lange Zeit glaubte ich mich eingehüllt in diese weiche Blase aus Friedseligkeit, in der mich nichts und niemand stören konnte außer meinen eigenen manchmal traurigen Gedanken, die oft solche Nichtigkeiten zum Anlass fanden, dass sie mir heute tatsächlich ein feines Lächeln entlocken können."



    Tessa sah auf. Über ihr rauschten die Blätter des Baumes, als wollten sie ihren zitternden Fingern Ruhe und Erhabenheit einflößen. Für einen Moment zauderte sie, ob sie wirklich weiterschreiben sollte. Zu sehr spürte sie die Angst vor all den Erinnerungen und den damit verknüpften Empfindungen, welche ihr Herz zusammenzogen und es sich wie ein schwerer, nasser Sack anfühlen ließen - und es gleichzeitig zu seltsam flattrigem Schlag verleiteten.

    Sie stand auf und holte tief Luft. Hier stand sie nun, mit ihren 24 Jahren, kurz vor dem Abschluss ihres Studiums. Ihre hellblauen Augen funkelten im Sonnenlicht und ließen nichts von den Leiden erahnen, die sie nur wenige Jahre zuvor durchlebt hatte.



    Doch nun war ihre Geschichte zu Ende ... und fing vielleicht gerade erst an? Vieles war geschehen in diesen Jahren und eigentlich fühlte sie sich heute glücklich, sehr glücklich sogar. Doch um sich mit allem, was ihr widerfahren war, endgültig auszusöhnen, musste sie zurück eintauchen in diese Zeiten, in denen sich Licht und Schatten abwechselten, aufeinander folgten wie flattrige Wimpernschläge und sie mit Leichtigkeit hinauf- und herabschleuderten, ohne sie jemals wissen zu lassen, ob sie am Ende in die Dunkelheit stürzen oder weich gefangen würde.

    So setzte Tessa sich wieder in den Schatten des Baumes und begann zu schreiben. Vor ihren Augen lebten all die Menschen auf, die ihr nahe standen. Sie sah ihren Vater auf der Couch sitzen und Zeitung lesen, wie er es so oft tat.



    Er war erfolgreicher Anwalt und selten zu Hause. Er liebte seine Arbeit, reiste viel in der Welt umher, um große Firmen zu vertreten. Er ermöglichte auf diese Weise seiner kleinen Familie ein luxuriöses, angenehmes Leben - aber viel voneinander hatten sie nie gehabt.

    Ihre Mutter hatte sich nach der Hochzeit einen Traum erfüllt und ein Kosmetikstudio in der Innenstadt eröffnet. Entsprechend unpassend kam die Schwangerschaft mit Tessa, doch ihre Mutter ließ dies ihre Tochter nie spüren. Auf ihre Karriere zu verzichten kam ihr dennoch nicht in den Sinn.



    So war es kein Wunder, dass Tessa als wärmste und gegenwärtigste Person ihrer Kindheit und Jugend nur ein Bild vor Augen hatte:
    Tante Tru!



    Tante Tru war wohl die gütigste Person, die man sich vorstellen konnte. Nur wenige Monate nach Tessas Geburt stellte man sie als Haushälterin und Kindermädchen ein. Sie kümmerte sich um alles, wofür Mutter und Vater keine Zeit hatten - und das war eine Menge.

    Sie kochte, backte und putzte und hielt das Haus in perfekter Ordnung.



    Doch was viel wichtiger war - sie war für Tessa da, wann immer diese sie brauchte. Sie war es, die ihr Pflaster auf die Wunden klebte, wenn sie sich ein Bein aufgeschürft hatte und sie war es, die ihr meistens eine GuteNacht Geschichte vorlas.

    Als Tessa älter wurde, begann sie die Einsamkeit im Haus zu genießen. Sie nutzte die Freiheiten, die ihre Eltern ihr ließen, aber sie nutzt sie nie AUS. Oft versammelte sich die komplette Clique im Wagnerschen Wohnzimmer und schlug die Zeit tot.

    Lächelnd musste Tessa daran denken, als sie den Stift ansetzte. Doch wo waren heute all ihre Bekannten aus der damaligen Zeit? Sie wusste es nicht.



    So begann sie zu schreiben: "Nach dem Abitur gingen wir alle unsere Wege. Manche von uns begannen zu studieren und zogen in andere Städte, verteilt über den ganzen Globus. Andere begannen eine Ausbildung und vergassen ihre alten Freunde gänzlich. Wir verstreuten uns in alle Himmelsrichtunge und jeder von uns fand seinen ganz eigenen Weg. Und so brachte mich der meine eines Tages zu... Jess."

    Hallo ihr lieben!


    nachdem ich meine erste Fotostory "Sternenstaub" abgeschlossen habe, möchte ich Euch neben "Immortelle", an der ich zusammen mit FunnyChrissy arbeite, meine neue und nächte Fotostory "Tiefer als der Schmerz" präsentieren.

    Die Geschichte ist schon fertig geschrieben - sie ist wie Sternenstaub schon vor einer Weile entstanden - allerdings ist die Fotostory noch nicht fertig gestellt, das heißt, ich muss mich noch durchfotografieren und einige Änderungen vornehmen.

    Trotzdem denke ich, dass ich mit den Fortsetzungen in der Regel nachkommen werde und ihr nicht allzu lange warten müsst.

    Und nun hoffe ich, dass Euch die Story gefällt. Über Kommentare und Kritik freue ich mich natürlich jederzeit sehr und natürlich benachrichtige ich auch.


    Und nun viel Spaß mit


    Cover by Innad

    Copyright by Innad, alle Rechte vorbehalten




    http://de.youtube.com/watch?v=BFLNfeC9chE

    Ein letzter Blick in den Flurspiegel zeigte nur, dass ihre verzweifelten Versuche im Bad nicht unbedingt viel geholfen hatten. Aber dafür war jetzt wirklich keine Zeit mehr. Also öffnete sie die Haustüre und stand ihrer besten Freundin gegenüber.
    Diese hielt in der üblichen Umarmung zur Begrüssung inne und kicherte vergnügt in sich hinein. „Süsse, du sieht zum Fürchten aus.“
    „Danke,“ nuschelte Marie vor sich hin. „Gleichfalls!“ Gleichmütig zuckte Susanne mit den Schultern.
    „Jetzt hab dich mal nicht so, es gibt tragischeres als den gestrigen Abend. Obwohl…“ Wieder versuchte Susanne, ein Kichern zu unterdrücken. Also kam nur ein Glucksen aus ihrer Kehle. Das wiederum wirkte so merkwürdig, dass die humorvolle Marie normalerweiser Tränen gelacht hätte. Doch heute war einfach ALLES anders.



    Susanne hakte ihre Freundin nun unter und zog sie die Strasse entlang. Beinahe willenlos ließ diese das mit sich geschehen.
    „Sag mir mal, wie ich so die heutige Prüfung schaffen soll?“ Verzweifelt fuhr sich Marie durch ihr Haar, welches normalerweise wie Gold zu glänzen schien. Heute hatte sie es nur rasch zu einem wirren Pferdeschwanz gebunden. Normalerweise fiel es ihr in weichen Wellen auf die Schultern. Oder sie band es geschickt hoch und steckte es zu einer modernen Frisur fest. Marie war eine natürliche Schönheit, welche Schminke und Make Up nicht nötig hatte. Ihre gertenschlanke Figur wies genau an den richtigen Stellen Rundungen auf. Zwei dunkelbraune Augen blickten meist lebenslustig in die Welt. Doch heute waren sie regelrecht glanzlos



    Marie und Susanne kannten sich von Kindesbeinen an, hatten dieselben Schulen besucht und schließlich den gleichen Berufszweig gewählt. Doch während Marie alles ziemlich ernst nahm und ehrgeizig ihre Ziele verfolgte, neigte Susanne eher zur Gemütlichkeit und nahm alles nicht so genau. Dafür verfluchte sie sich oft selbst, aber dieser Zustand dauerte nie besonders lange an. Sie versuchte, einfach das Leben zu genießen. Was ihr auch meistens sehr gut gelang. Vom Äusserlichen her neigte Susanne etwas zur Fülligkeit, doch die paar überschüssigen Pfunde standen ihr ausgezeichnet. Sie hatte eine sehr frauliche Figur, rotes Haar und katzengrüne Augen. Sie wirkte auf alle Männer sehr anziehend, während Marie eher im Hintergrund blieb. Diese nahm sich selbst nicht besonders wichtig und machte auch sonst recht wenig aus ihrem Typ. Susanne verstand dies zwar nicht, aber nahm ihre Freundin so wie sie war.



    „Die Prüfung schaffst du doch mit links. Du lernst schließlich schon seit Monaten dafür. Was soll da bitte noch schief gehen?“ Susanne knuffte Marie freundschaftlich in die Seite.
    Diese zog eine Grimasse. „Es ist aber alles wie ausgelöscht. Ich verstehe nicht, wie ich mich auf all das einlassen konnte. Ich begreife nicht, wie ausgerechnet am Vortag der Prüfung meine Vernunft dermassen über Bord geworfen wurde. Ach Susan, was soll ich nur tun?“ Dabei blieb im Raum stehen, ob sie nun die Prüfung oder den vergangenen Abend meinte.
    Susanne, von den meisten nur Susan gerufen, blieb kurz stehen und schenkte der verzweifelten Marie einen aufmunternden Blick. „Für alles gibt es einen Weg, Schnecke. Auch dafür! Du kannst es ohnehin nicht mehr ändern – deine Prüfung geht jetzt vor. Du wirst mit 1,0 bestehen. Da bin ich sicher. Was sollte ich an deiner Stelle sagen? Du weißt, lernen ist nicht meine Stärke.“ Dabei grinste sie aber beinahe lausbubenhaft



    „Ach Susan, du bist unmöglich! Es geht hier doch um deine Zukunft.“ Wieder traf Susanne ein unzufriedener, beinahe trauriger Blick.
    „Marie, jetzt beruhige dich endlich mal. Alles kommt so, wie es kommen muss. Entweder ich bestehe, oder ich rassle durch. Der Rest ergibt sich schon.“
    Was sollte man dazu schon sagen? So war sie eben – Susanne wie sie leibte und lebte. Normal hätte Marie ihr nun einen Vortrag über „Verantwortungsbewusstsein“ gehalten. Doch dafür fehlte dieser heute echt der nötige Antrieb. Zusätzlich hatte das, was sie in der letzten Nacht getan hatte, auch nicht sehr viel mit Verantwortung zu tun.
    Weiterhin wusste sie überhaupt nichts mehr….weder ob sie die Prüfung bestehen, noch den gestrigen Abend je aus ihrem Leben löschen konnte…



    Wenn sie gewusst hätte, dass eben dieser ereignisreiche Abend wirklich ihr komplettes Leben verändern würde, wäre sie wohl schnell wieder unter ihrem weichen Berg aus Baumwolle verschwunden…


    Fortsetzung folgt!

    Kapitel 1:
    Text by FunnyChrissy
    Pictures by Innad