Beiträge von Nerychan

    Hallo,


    zunächst mal an alle ein ganz liebes Dankeschön für die vielen kleinen Botschaften und das warme Welcome Back!
    Ich bin froh, dass meine arme unschuldige Catalina ihre Fans noch nicht verloren hat. So hat sich die ganze Wiederaufbauerei mitsamt Fluchen und Schimpfen doch gelohnt und ich kann die Geschichte in Ruhe weiterspinnen.


    Julsfels: Wie ich dir ja schon geschrieben habe, es wäre schade gewesen, alles aufzugeben, wo wir soviel Zeit hineingesteckt haben. Und ein paar deiner Dinge fehlen ja auch noch. (schon in Vorbereitung und sieht toll aus :)
    Tja, ich fürchte, William ist wirklich ein Verlust, mit dem wir uns abfinden müssen. Leider.
    Welche deiner Vermutungen bezüglich Stanley zutrifft, das wirst du selbst herausfinden, es könnte allerdings ein kleines bisschen dauern, da ich nicht beabsichtige, das gleich aufzulösen. Es könnte natürlich auch sein, dass es da noch eine dritte Möglichkeit gibt. Jaja, Geheimnisse sind doch etwas feines, was?
    Und nein, für William und Catalina wird es definitiv kein Happy End geben. Es hat auch mir leid getan, aber wo soll ich sonst wohl meinen nach Rache dürstenden Geist hernehmen?
    Ich habe übrigens deinen Rat mit dem DL Ordner befolgt. Mal sehen, wie sich das auswirkt. Danke dafür und für deine Unterstützung.:)


    @Shoshana: alles auf einmal? Wow. Aber ich freue mich, dass ich dich neugierig machen konnte und hoffe, du hast noch viel Spaß beim Lesen.
    Es IST was ganz schlimmes passiert, das kann ich dir versichern. Nur was, das wird sich erst noch zeigen müssen. Es war jedenfalls schlimm genug, um ein sanftes Mädchen in einen Racheengel zu verwandeln. Allerdings hat natürlich alles seinen Preis, auch die Rache. Wie man noch sehen wird. *psst*
    Oh Patrick ist schon ein kleiner Dickkopf, wenn auch tatsächlich gut erzogen. Und er interessiert sich auch für Frauen, nur eben nicht für die, die man so auf dem Heiratsmarkt der Gesellschaft findet. Patrick ist ein Träumer, der sich die große Liebe wünscht, keine Zweckgemeinschaft für Vermögen und einen Erben. Und da es damals durchaus üblich war, dass ein Mann erst um die 30 heiratete, hat er ja noch Zeit, zumindest dachte er das.
    Und du scheinst meine Witwe nicht zu mögen. Ja warum denn nur? *unschuldig guck , hand vor den mund und böse grins*:rollauge
    Seitenlinien von Catalina gibt es nicht, obwohl auch ich bei der Planung der Geschichte durchaus an diese Möglichkeit gedacht habe. Aber Catalina war die Letzte ihrer Familie. Definitiv.
    Und wie lieb von dir, dass du auch an den armen Percy denkst. Mal sehen, was sich da tun lässt. Du wirst ihn auf jeden Fall noch wiedersehen.
    Nochmals vielen Dank fürs Dazustoßen und kommentieren. Ich freu mich sehr.



    Lenya: doch kein Kreischen? OH, das macht gar nichts, dafür ist der Kommi nämlich gut geworden. ;)
    Du hast vollkommen recht, eigentlich ergibt das alles keinen Sinn, aber du weißt ja, wie die Leute sind. Sie weigern sich oftmals nachzudenken, das erste was ihnen in den Sinn kommt, ist die ultimative Wahrheit.
    Also darfst du gern auf das Übel warten, denn dass es eins gibt, dessen darfst du sicher sein. Wessen Gesicht das allerdings trägt, das ... hebe ich mir für später auf.



    @Lllynya: eine gewisse Rivalität herrscht ja meist unter Brüdern, aber wohl vor allem wenn einer alles erbt und der andere nicht. Witzigerweise war es nie William, der vom Neid zerfressen wurde.
    Jaja, Catalina hatte nie vor, Ravensdale zu verlassen. William wollte allein zur Königin. So war es GEPLANT. Zumindest von den beiden. ;)
    Dass hier noch ein ganz anderer Plan abläuft, muss ich wohl nicht extra erwähnen, oder? Einer, der auf jeden Fall nicht vorsieht, dass William seine Catalina heiratet und ein reicher, glücklicher Mann wird.



    Die heutige FS ist eine Art Übergangsfortsetzung, was ein klein wenig schwierig war, da ich bestimmte Dinge nicht zu ausführlich machen wollte, denn immerhin wartet ja alles auf das eigentlich Wichtigste an Elizabeths Erzählung, nämlich wieso Catalina als Geist im Schloss der Morgans herumspukt und die Leute umbringt. Allerdings wird sie heute noch keine Gelegenheit dazu bekommen, dies zu berichten. Warum, naja, lest selbst.

    Nun bist du mir doch zuvor gekommen, aber ich hab mir auch den Luxus gegönnt, einfach alles, von Anfang an, noch mal durchzulesen. Nachlesen allein war mir nicht wirklich genug.
    Und eins ist klar, wenn diese Geschichte mal beendet sein wird (und ich kann mich mal wieder nicht entscheiden, ob ich mir das Ende wünschen soll, schon wegen der Auflösung, oder lieber eine unendliche haben möchte), dann landet sie auf jeden Fall auf meiner Festplatte, deine liebenswürdige Zustimmung vorausgesetzt.;)


    Tja, mir schwirren so viele Dinge wieder durch den Kopf, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Also wird’s wohl wieder so ein Ich-denke-über-alles-nach-Kommi. Ich hoffe, du verkraftest das.
    Ich könnte also damit beginnen, wieder ein Loblied auf deinen Wald zu singen, ich könnte mich an den Bildern festsaugen und staune immer jedes Mal aufs Neue, wie du das machst, dass es auch wirklich wie ein Wald aussieht und nicht einfach nur wie ein paar schnell hingestellte Bäume. Das ist wirklich einer der stimmungsvollsten Schauplätze geworden.
    Was nun aber nicht heißen soll, dass die anderen Kulissen schlechter wären, oh nein. Das Ganze macht einfach nur Spaß anzusehen, ich will ja nicht nur einfach schnell den Text überlesen, um ganz fix zu erfahren, wie es weitergeht, ich mach ja im Kino auch nicht die Augen zu, um nur die Dialoge zu hören. Aber es muss natürlich auch was zum gucken geben, von den ganzen kleinen Details bis hin zum Kopfzerbrechen, wie du bestimmte Handlungen hinbekommen hast usw. (man könnte es ja selber gebrauchen.:))
    Na du kennst mich und da es schon eine Weile her ist, seit ich dir das gesagt hab, wurde es einfach Zeit, das nochmal zu tun.


    So, nun aber zum großen Sorgenkind. Elias. Klar, wer sonst.
    Langsam, muss ich gestehen, macht mir der Junge richtig Angst. Konnte man anfangs noch glauben, dass er wirklich nur fehlgeleitet in diese Art Fanatismus hineingeraten ist, wirklich davon ausging, etwas Gutes zu tun, indem er so strikt gegen Hexerei war und dieses "Übel" von der Erde tilgen helfen wollte, so scheint er sich mir doch inzwischen in einer Weise geändert zu haben, die einfach nur erschreckend ist. Gerade durch das Lesen von Anfang an wird diese furchtbare Veränderung besonders bewusst. :eek:
    Wo ist nur der wissensdurstige und durchaus liebenswerte Junge hin, der mit Jorim an den Hof kam? Ich finde ihn nicht mehr.
    Dieser Elias hier ist nicht nur schlicht von der Macht in Versuchung geführt worden, er ist voll und ganz korrumpiert worden. Er genießt es dermaßen, anderen Furcht einzuflößen, er saugt ihre Angst ein, als wäre es ein Lebenselixier, es bereitet ihm Freude, Menschen Schmerz zuzufügen. Er sieht das schon gar nicht mehr als "Notwendigkeit", um seine Aufgabe erfüllen zu können. Nein, er hat Spaß daran!!! Er empfindet schon Vorfreude allein bei dem Gedanken daran, was er anderen antun kann!!!
    Es wirkt gerade so, als würde er einerseits völlig von der Fürstin abhängig sein, von ihrer Gunst und vielleicht auch den kleinen Brocken sexueller Erfüllung, die sie ihm hinwirft. Aber irgendein Teil seines Gehirns scheint schon zu begreifen, dass er kaum mehr als ein Schoßhündchen für sie ist. Doch statt sich von ihr zu lösen, hält er sich an den andern schadlos, an denen, die schwächer sind, die sich nicht wehren können.
    Im Grunde ist das abscheulich, mir fällt kein anderes Wort dafür ein. Und mir drängt sich die Frage auf, sollte er jemals aus dieser "Verirrung" aufwachen, wie er dann mit all dem leben soll, mit den Leben, die er auf dem Gewissen hat, mit den Schmerzen und dem Leid, das er andern zugefügt hat.
    Ich habe lange versucht, Verständnis für ihn aufzubringen und gehofft, jemand wie Lina könne ihn dem Einfluss der Fürstin entziehen und ihn wieder zurückholen, aber inzwischen fang ich an, da schwarz zu sehen, das kann man der armen Lina doch nicht antun.
    Ganz gleich, was in Zukunft noch passieren wird, aber für Elias gibt es keinen Weg zurück mehr, vielleicht einen neuen Weg zu einem andern Leben, wenn der Drehbuchautor dieses Dramas das zulässt, aber der Junge aus dem Kloster, der ist verloren. Und das ist sehr bedauerlich. :(


    Um so froher bin ich, dass du Lina aus dem Schloss entfernt hast, irgendwie war mir das doch etwas zu gefährlich, selbst wenn die Aufgabe, die sie da hin gebracht hat, schon wichtig gewesen ist. Aber wenn ich mir ansehe, in was sie da schon wieder hineingeraten ist, mit meiner speziellen Freundin, Fräulein Morgenhexe „ich koche gern mein eigenes Süppchen, aber wehe es kommt raus, dann werde ich so klein, mit Krönchen“, dann erscheint es mir ausnahmsweise mal vernünftig, dem nicht gerade wohlgemeinten Rat der Dame zu folgen und so schnell es geht, Fersengeld zu geben. Man stelle sich mal vor, so ein Magieausbruch hätte sich im Schloss ereignet, du liebe Zeit, allein bei dem Gedanken wird einem schlecht. :hua

    Und ich geh doch davon aus, dass es nicht unbedingt in der Absicht des Abtes gelegen hat, dass sie bei diesem Informationensammeln Schaden nimmt oder gar zu Tode kommt. Dass er so etwas billigend in Kauf nehmen würde, nur für sein „höheres“ Ziel, so schätze ich ihn nicht ein.
    Seine Reaktion auf ihr Geständnis, dass sie zaubern kann, hat mich zugegeben dennoch überrascht. Für einen Mönch geht er damit erstaunlich gut um. Aber das macht ihn so auch sehr sympathisch. Gut für Lina, jemanden wie ihn zu haben, der sie nicht verurteilt.
    Nein, nein, ich vergesse ihre drei Kavaliersräuber nicht. Langsam entwickeln sie sich zu etwas wie einer Art Ersatzfamilie. Was muss das für ein schönes Gefühl gewesen zu sein, ins Kloster zu kommen und zu sehen, dass sie immer noch da sind, und quasi auf sie warten.
    Besonders süß war die Szene, wo Jacob versucht, ihr klarzumachen, dass da bei Richard irgendwas gefühlsmäßiges im Busch ist und Lina viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, um das mitzukriegen. Ob sie das wohl noch herausfindet? Na das wär’s doch. Ganz anders als man es zu Anfang erwartet hätte, aber nachdem Elias sich langsam aber sich zum Monster entwickelt....und ich mag Richard. :rollauge

    Und nun bist du wohl endlich entschlossen, uns noch ein bissel mehr zu verraten, über Lina, ihre Mutter, und die Magie, die in ihr schlummert. Das finde ich gut.
    Klar, da ist ja noch der Verdacht des Fürsten, dass Lina seine uneheliche Tochter ist. Der wird sich übrigens mächtig wundern, dass das Mädchen auf einmal verschwunden ist. Bin mal gespannt, was er dann macht, ob er es auf sich beruhen lässt, oder doch versucht sie zu finden. Womöglich muss er sie dann gleich vor Elias und seinem Hexenwahn retten.
    Was mich beim Lesen immer etwas beschäftigt hat, und ich mir nie sicher war, es könnte natürlich auch sein, ich hab es übersehen. Wusste Adera nicht, dass Lina wirkliche Magie bewirken konnte? Ich ging natürlich davon aus, dass Lina nicht zufällig bei ihr gelandet ist, und Adera sie auch nicht einfach so ausgebildet hat, damit das Mädchen was lernt.
    Aber da diese Seherin so gut Bescheid weiß über Lina, drängte sich diese Frage natürlich wieder in den Vordergrund.
    Na ja, sehen wir mal, was du uns da für eine Verstrickung präsentierst.

    Bevor das nun tatsächlich zu einem Roman wird, und das könnte es locker, viel zu viel und doch längst nicht genug geschrieben, nun aber wenigstens noch etwas zu dem kleinen Special. Erstens eine tolle Idee und zweitens wirklich gut umgesetzt. Du hast ein richtiges komödiantisches Talent. Charaktere so zu überzeichnen, ohne sie vollkommen lächerlich und unglaubwürdig erscheinen zu lassen, das ist schon eine Kunst. Ich hab so lachen müssen, von der Ich-bin-ja-so-von-mir-überzeugt-Möchtegern-Superstar-Dame bis zum Pantoffelhelden alles dabei. Und der arme Regisseur brauch nach jeder Folge eine neue Sitzung beim Therapeuten. *prust* Der Arme!! (Da fällt mir doch ein, dass du ja gerade noch an einer anderen nicht so ganz ernsten Geschichte arbeitest, wenn die vom Humor nur halb so ist wie dieses Special, dann gehört die auch ins Abo)

    Alles in allem, ich bin immer noch oder schon wieder ganz verliebt in deine Geschichte, die für mich ohne Zweifel zu den besten gehört, die hier veröffentlicht werden. :anbet

    *





    Ein leises, aber beharrliches Klopfen ließ Catalina nur wenig später aus ihren Gedanken
    aufschrecken. Sie hätte unmöglich sagen können, wie lange sie nun schon hier saß und den
    Flammen im Kamin zusah, ohne dass sie ihr ängstlich pochendes Herz zur Ruhe bringen
    konnten. Die Bosheit hinter Stanleys so scheinheilig unschuldigen Worten während des
    Abendessens ließ sie noch immer zittern. Es bedurfte keines weiteren Beweises mehr, um ihr
    vor Augen zu führen, dass dies nicht mehr der Mann war, der sich in Spanien so
    freundlich um sie bemüht hatte. Doch hatte es diesen Mann überhaupt je gegeben, war er
    [FONT=&quot]nicht nur ein Trugbild gewesen? Schon wieder dieses Klopfen. Das konnte kein Diener sein.[/FONT]






    „William!“ flüsterte sie überrascht, als sie die Tür einen Spalt weit geöffnet hatte. Nach einem
    vorsichtigen Blick in den Gang trat sie einen Schritt zurück und ließ zu, dass er ihr Zimmer
    betrat.
    „Vergib mir mein nächtliches Eindringen!“ bat er mit einer galanten Verbeugung. „Doch ich
    wollte dich unbedingt noch einmal sehen, bevor ich morgen abreise.“ Ihr Lächeln gefor.
    „Ab...reise?“ würgte sie hervor. „Aber... wieso? Stanley? Hat...er?“
    „Das könnte man so sagen, ja.“ Er hob den Kopf und ja, er strahlte sie regelrecht an, als er
    nach ihren Händen griff und sie näher zog.






    „Es ist alles gut, Catalina. Ich habe mit ihm gesprochen, nun ja, gestritten tifft es wohl eher.
    Aber wir sind zu einer Einigung gelangt, zum ersten Mal seit langer Zeit. Ich werde nach
    London reisen und die Königin aufsuchen. Stanley hat einen Brief unterzeichnet, in dem er
    seinen Verzicht zu meinen Gunsten erklärt. Ich bin sicher, die Königin wird es akzeptieren
    und ihre Zustimmung geben. Du bist frei, Catalina. Du bist frei!“
    „Frei?“ Ihre Stimme zitterte. „Du...meinst, er...er hat wirklich....zugestimmt?“
    Sie vermochte es kaum zu glauben, dass es so einfach sein sollte. Doch William nickte.
    „Er wird es unserem Vater erklären und auch deinem. Er wird ja hoffentlich
    nichts gegen mich einzuwenden haben. Und dann, sobald ich zurück bin, wirst du meine Frau.
    Wenn du es dann noch willst!“







    „Natürlich will ich das“ hauchte sie, als würde ihr jeden Moment die Stimme versagen. Eben
    noch schien der Himmel für sie die Tränen zu vergießen, die sie nicht weinen konnte und die
    Zukunft konnte nicht düsterer sein, als die schweren Regenwolken, die ihre Last auf die Erde
    niederprasseln ließen. Doch nun, nur durch diese wenigen so bedeutungsvollen Worte,
    wurde alle Furcht in ihrem Herzen ausgelöscht. Nichts konnte süßer sein, als dieser allererste
    Kuss, sanft und zärtlich, so voller Verheißung auf das Glück an seiner Seite. Sie würde davon
    zehren, bis er wiederkehrte und der Priester die Worte sprach, die sie beide für immer
    verbinden würden.






    Am nächsten Morgen fand man Stanley scheinbar ohne Bewusstsein auf dem Boden neben
    dem Kamin. Als man ihn aufrichtete, bemerkte man ein kleines Blutrinnsal, das seinen
    Nacken hinuntergelaufen war und eine ziemlich große Beule an seinem Hinterkopf, die er
    sich wohl zugezogen haben musste, als er gegen die Einfassung des Kamins gestürzt war.
    Doch wie das geschehen war, das vermochte er nicht zu sagen. Das Letzte, woran er sich
    erinnere, sei der Streit mit seinem Bruder gewesen, behauptete er. Tatsächlich bestätigte
    Anne, das Dienstmädchen, eine laute Auseinandersetzung der beiden wegen der Spanierin
    gehört zu haben, über deren Ausgang sie allerdings nichts zu berichten wusste. Sie hatte wohl
    nicht gewagt, noch länger an der Tür zu lauschen.
    Wie auch immer, das Ganze war höchst mysteriös.“






    „Nun, das wäre doch leicht aufzuklären gewesen, man hätte doch nur William fragen
    müssen,“ warf Patrick ein, als Elizabeth an dieser Stelle ihre Erzählung unterbrach.
    „Ja, das hätte man, wenn es da nicht ein kleines, aber sehr bedeutendes Problem gegeben
    hätte. William Morgan war ... verschwunden. Sein Bett war unberührt. Keiner hatte ihn das
    Haus verlassen sehen, doch im Stall fehlten zwei Pferde.“
    „Zwei?“ rief Patrick. „Wieso denn zwei?“
    „Weil er nicht allein war. In dieser Nacht sind zwei Menschen verschwunden, Patrick, zwei.
    William und....Catalina.“







    ++++++++++++++++++++++++++++++
    An dieser Stelle werde ich das nun unterbrechen, damit es nicht gleich zuviel für den Wiedereinstieg wird. Und ich hoffe natürlich, ihr seid mir nicht allzu böse und bereit, mich und meine Catalina auch weiterhin zu begleiten.
    Bis bald.
    Nery

    *





    „Ich habe, ...hatte gar nichts vor.“ William konnte nicht verhindern, dass seine Stimme
    zusehends lauter wurde. „Sieh dich doch an. Der Himmel macht dir ein solches Geschenk und
    was tust du? Statt es mit aller Macht festzuhalten, verbringst du deine Zeit lieber in London in
    Gesellschaft von liederlichen Frauenzimmern und zweifelhaften Freunden. Und während du
    dich deinen Vergnügungen hingibst, sitzt deine Braut in diesem Eispalast und wartet, Tag für
    Tag, dass du kommst und dein Versprechen einlöst. Kein Wunder, dass ihr Herz sich von dir
    abwendet, da muss nicht erst ein anderer kommen und es dir stehlen, du hast es weggeworfen,
    Stanley, einfach so weggeworfen für nichts!“






    „Und da hattest du nichts besseres zu tun, als es aufzuheben und dich darum zu kümmern!
    Wie überaus nobel und selbstlos. Aber so ... völlig selbstlos war es dann wohl doch nicht,
    oder? Und jetzt erwartest du vermutlich von mir, dass ich zurücktrete und sie dir überlasse?
    Was?“ Stanley wusste nicht genau, ob er wütend sein oder lieber lachen sollte. Nur selten
    hatte sich William ihm gegenüber derart ereifert. Normalerweise begnügte er sich mit einem
    kurzen Wortwechsel, einem vorwurfsvollen Blick, um ihm deutlich zu machen, was er von
    ihm hielt. Und das war in der Regel nicht viel. Doch ganz offensichtlich hatte ihn sein Gefühl
    nicht getrogen, als er die beiden zusammen gesehen hatte und die Berichte der Dienstboten
    stimmten.






    „Ich erwarte gar nichts“ sagte William schon wieder etwas leiser, als ihm plötzlich klar
    wurde, das er auf diese Weise seinem eigentlichen Ziel in keinster Weise näher kam. Und so
    klangen seine nächsten Worte auch schon sehr versöhnlicher. „Du willst sie doch gar nicht,
    Stanley. Und sie hat etwas Besseres verdient, als ihr Leben hier in diesem Haus als deine
    ungeliebte Ehefrau zu fristen. Und mehr würde sie doch niemals sein, nicht wahr, Bruder? Ihr
    würdet beide nur verbittern. Das kannst du nicht wollen.“
    „Was willst du darauf hören?“ Stanley winkte ab. „Du weißt, wer diese Ehe verlangt. Wir
    haben keine Wahl. Unser Vater hat es so bestimmt und nun tanzen wir wie die Puppen an
    seinen Fäden.“ Langsam kehrte er zu seinem Bruder zurück, der ihm zwar zustimmte und
    trotzdem widersprach.






    „Was, wenn wir sie durchschneiden? Wenn wir beide dieses Spiel nicht mitspielen? Was kann
    uns schon passieren? Er kann dich nicht enterben, außer dem unveräußerlichen Besitz ist
    ohnehin kaum noch etwas da.Und mir kann man nichts wegnehmen, was ich nicht besitze.“
    „Du vergisst die Königin. Die kann uns eine Menge Schwierigkeiten bereiten. Da ihre eigene
    Ehe so denkbar unglücklich verläuft, scheint es ihr ein Bedürfnis zu sein, ihre Untertanen
    auch daran teilhaben zu lassen. Gott verfluche sie für diese Huld.“ Die letzten Worte hatte er
    nur noch gemurmelt, während er sich auf das Bett fallen ließ, sodass William ihn nicht
    verstehen konnte.
    „Lass mich mit der Königin sprechen. Wenn du keine Einwände erhebst, dann kann selbst sie
    nichts mehr dagegen sagen. Dann bist du von deinem Wort entbunden und kannst frei
    wählen.“






    Freie Wahl. Als ob es ihm darum ging! Doch zumindest ein Gutes würde das Ganze haben. Er
    wäre das Mädchen los, sauber und ohne sich die Hände schmutzig machen zu müssen. Und
    man würde ihn zudem als den Leidtragenden betrachten. Es mochte dem Narren noch nicht
    klar sein, doch man würde es nicht vergessen, dass er seinem Bruder die Braut weggenommen
    hätte. Er musste nur ja sagen und alle seine Probleme würden sich in Nichts auflösen. Alle,
    bis auf eines. Das Geld. Catalinas Vermögen sollte bei ihrer Heirat ihrem Ehemann zufallen,
    so hatte man es vereinbart. Nur, wenn nicht er sie heiratete, sondern William, dann gingen
    seine Ansprüche ebenso auf diesen über wie es seine Rechte taten.
    Allerdings....Stanley verzog die Lippen zu einem winzigen Lächeln.






    In seinem Bestreben, seine Tochter abzusichern, hatte der alte Mann einen Fehler begangen,
    einen Fehler, der es ihm, Stanley, nun erlauben würde, sich großzügig zu zeigen, ohne alles zu
    verlieren. Kurz vor der Abreise hatte Don Federico ihm eine kleine Truhe ausgehändigt, in
    dem sich, wie er erklärte, die Besitzurkunden seiner Güter und sein Testament befanden.
    Angesichts seines bevorstehenden Todes wollte er nichts dem Zufall überlassen, hatte an alles
    gedacht, alles vorbereitet, für den Tag, an dem seine Tochter sich vermählte. Jenes
    Versprechen, gegeben in der Kapelle seines Schlosses, schien ihm bindend genug zu sein, um
    Stanleys Namen in die Urkunden einzusetzen. Sobald der alte Mann tot war, würde alles ihm
    gehören. Er hatte nicht umsonst so lange mit der Hochzeit gewartet in der Hoffnung auf die
    erlösende Nachricht, doch nun erledigte sich sein Problem auf einmal ganz von selbst.





    ++++++++++++++++
    geht noch weiter

    ***






    Das musste wohl eines der schlimmsten Abendessen seines Lebens gewesen sein, dachte
    William, während er hinaus in die Nacht starrte. Regen trommelte leise gegen die Fenster,
    doch er nahm es kaum wahr. Seine Gedanken kreisten einzig und allein um sie. Catalina. Ihr
    bleiches Gesicht, als sie förmlich aus dem Zimmer geflohen war, er sah es noch immer vor
    sich. Und während ihm jeglicher Bissen im Halse stecken blieb, hatte Stanley einfach
    weitergeredet, als wäre nichts geschehen. Irgendwann konnte selbst William es nicht mehr
    ertragen und er hatte sich mit einem gemurmelten „Gute Nacht“ verabschiedet. Und nun stand
    er hier, wusste, dass er nicht würde schlafen können mit diesem Damoklesschwert über
    seinem Kopf, rang mit sich, das unvermeidliche Gespräch mit seinem Bruder gleich hinter
    sich zu bringen, oder nicht. Er vermochte nicht zu sagen, weshalb, aber im Augenblick war er
    sich gar nicht mehr so sicher, wie noch am Nachmittag, dass es ihm leicht gelingen würde, Stanley
    zum Verzicht zu bewegen, denn .... irgendwie benahm er sich ... merkwürdig. So gar nicht
    wie der Bruder, den er kannte.









    Aber vermutlich täuschte er sich. Nach seinem Entschluss, Stanley doch sofort aufzusuchen,
    hatte William erbost erfahren müssen, dass sich der Mann kurzerhand im Schlafzimmer des
    Herzogs einquartiert hatte, da ihr Vater aufgrund seiner Krankheit nunmehr im Erdgeschoss
    residierte. Doch nicht genug. Gerade, als er aus dem Treppenhaus kam, öffnete sich am
    anderen Ende des Ganges die Tür und eines der Dienstmädchen kam heraus. Sie strich sich
    noch im Laufen den Rock glatt und zupfte die Enden ihres Tuches über der Brust zurecht und
    schien keineswegs verlegen zu sein, als sie ihn bemerkte. Im Gegenteil! Den Blick, den sie
    ihm im Vorbeigehen zuwarf, konnte man gern aufsässig, ja sogar ein wenig triumphierend
    nennen. Es bedurfte nur wenig Fantasie, um sich vorzustellen, was da gerade geschehen war.
    Was für ein dummes Ding, sie war kaum mehr als ein flüchtiges Abenteuer für Stanley, wenn
    sie ihn langweilte oder er etwas neues fand, das ihn reizte, würde er sogar ihren Namen
    vergessen. Am liebsten wäre William wieder umgekehrt, doch die Angelegenheit duldete
    keinen Aufschub mehr.






    „Muss das sein?“ fragte er dennoch mit deutlich hörbarem Vorwurf, als er das Zimmer betrat,
    ohne sich darum zu kümmern, ob das Mädchen auch wirklich gegangen war.
    „Muss was sein?“ Sein Bruder schien sich an dem Tadel nicht zu stören und streckte
    stattdessen die Finger nach dem Feuer aus. „Hier wird es einfach nie richtig warm, nicht
    einmal im Sommer, meinst du nicht auch?“ William schüttelte den Kopf und schloss die Tür.
    „Stanley! So geht das nicht weiter!“
    Der Mann richtete sich auf und musterte ihn mit seinen kühlen Augen. „Was geht wie nicht
    weiter, ... Bruder?“ Seine Miene wurde spöttisch. „Gehe ich recht in der Annahme, dass du
    gekommen bist, um mir mal wieder Vorhaltungen zu machen? Was stört dich denn diesmal?“
    „Es geht nicht um Vorhaltungen, trotzdem würde ich gern wissen, was du hier machst!“






    „Ich wollte mich gerade zur Ruhe begeben, was du im übrigen auch tun solltest.“ Stanley
    runzelte die Stirn. „Darüberhinaus glaube ich nicht, dass ich ausgerechnet dir irgendwelche
    Erklärungen schulde.“
    „Das denke ich doch. Und wenn nicht mir, dann zumindest unserem Vater.“ erwiderte
    William und bemühte sich, trotz seines aufkeimenden Zorns ruhig zu bleiben, ohne dass es
    ihm recht gelang. „Verdammt noch mal, wie kannst du das nur tun? Es mag ja sein, dass du
    deine Finger nicht mal von den Dienstmädchen lassen kannst, aber hier? Im Schlafgemach
    unseres Vaters, das dir längst nicht zusteht? Noch ist er nicht tot, Stanley und du entehrst ihn
    auf diese Weise in seinem eigenen Haus! Und das, wo deine....Braut“, er brachte das Wort
    kaum über die Lippen, „...unter dem gleichen Dach schläft. Hast du denn vor gar nichts mehr
    Respekt?“






    „Respekt?“ Sein Bruder fuhr herum. „Du wagst es von Respekt zu sprechen? Hast du mir
    denn Respekt erwiesen, als du dich in meiner Abwesenheit meiner Braut, ja meiner Braut
    genähert hast, um mir ihre Zuneigung zu stehlen? Wo war da dein Respekt?“
    Eine schiere Ewigkeit bohrten sich ihrer beider Blicke ineinander, bevor William den Kopf
    schüttelte. „Ich kann dir nichts stehlen, was du selbst verspielt hast, Stanley. Sei doch ehrlich,
    was bedeutet dir ihre Zuneigung schon? Kaum war sie hier, bist du abgereist, aus Gründen,
    die so durchsichtig sind, dass nur ein wirklich unschuldiges Gemüt wie ihres sie nicht
    durchschauen konnte. Du hast sie allein gelassen, in einem fremden Land, in einem fremden
    Haus, wo niemand auch nur ein freundliches Wort für sie übrig hatte.“






    „Und da musstest du dich natürlich zum Ritter in schimmernder Rüstung aufschwingen und
    sie retten, nicht wahr?“ höhnte Stanley. „Hast du die Zeit gut genutzt, um ihr immer wieder
    deine Ansichten über mein ach so schändliches Verhalten ins Ohr zu träufeln? Hast du ihr den
    tiefbetrübten Bruder vorgespielt, den wohlwollenden, besorgten Schwager und dabei natürlich
    ganz versehentlich leise vor dich hingesäuselt, dass du an meiner Stelle sie auf Händen tragen
    würdest? Hältst du mich für so dumm, dass ich nicht weiß, was du vorhast, mein ehrenhafter,
    vielgeliebter Bruder?“




    ++++++++++++++++
    geht noch weiter

    Hallo.


    Wie fängt man an, nach vier Monaten Pause? Mit einer Erklärung und einer Entschuldigung für das lange Schweigen.
    Aber um ehrlich zu sein, ich war einfach viel zu deprimiert und hätte am liebsten alles hingeworfen, nachdem mein Spiel sich im Januar, gerade als ich das Ravensdale Hall des 16. Jahrhunderts fertiggestellt hatte, entschied, partout nicht mehr starten zu wollen.


    Kein Beinbruch denkt man, wozu gibt es Sicherungen. Ja, das wäre eigentlich kein Problem, wenn das Spiel sie denn akzeptieren würde.
    Nach etlichen Neuinstallationen nahm es zwar meine mittels Simpe aus dem Spiel geholten Figuren (danke Lenya, ohne dich wäre nun alles hin), aber meine Häuser blieben, bis auf zwei Ausnahmen, ... hin.


    Sims Super Gau. (Ich finde, der Begriff trifft es gut, Llynya)


    Keine Ahnung, wie der Rechner das überlebt hat, aber es fehlte nicht mehr viel und er hätte einen Freiflug aus dem Fenster gewonnen.
    Stattdessen habe ich mich, teils zähneknirschend, teils fast schon heulend dazu entschlossen, alles wieder aufzubauen. Da steckte einfach zuviel Arbeit, nicht nur von mir allein darin, um es endfültig aufzugeben.


    Dank detaillierter Fotos der Häuser meine ich, alles wieder so hinbekommen zu haben, wie es mal war, sollte dennoch jemandem ein Unterschied, bitte ich das großzügig zu übersehen.


    Es tut mir leid, dass ich mich derart eingeigelt habe, aber ich hatte auch keine Ahnung, wie lange es dauert, angesichts der Tatsache, dass ich gerade in den letzten Monaten beruflich doch recht eingespannt war und nur wenig Geduld für die stundenlangen Möbelschiebereien aufbrachte.
    Und das schlimmste ist, dass ich immer noch keine Ahnung habe, woran es gelegen hat. Ich kann also nur hoffen und euch bitten, mir die Daumen zu drücken, dass es nicht wieder passiert. (ich scheine, was das betrifft, einfach ein richtiger Pechvogel zu sein)


    Natürlich ist mir klar, dass ein Wiedereinstieg nach so langer Zeit nicht ganz leicht ist und so mancher es wohl auch schon aufgegeben hat, auf eine Fortsetzung zu warten.
    Dennoch will ich mich an den Grundsatz halten, dass man zuende bringt, was man einmal angefangen hat, vielleicht findet doch der eine oder andere den Weg zurück. In diesem Sinn. Auf ein neues!


    Angesichts der langen Zeit verzichte ich heute mal auf die Beantwortung der Kommentare und beginne stattdessen gleich mit der Anschlussfortsetzung. Vielen Dank dennoch an euch alle.

    *






    „Du bist verrückt, vollkommen verrückt, weißt du das?“ flüsterte sie kopfschüttelnd, doch mit
    einem liebevollen Lächeln, als sie ihn endlich dazu bewogen hatte, sich wieder zu erheben.
    „Glaubst du wirklich, dein Bruder wird darauf eingehen?“
    „Warum nicht? Wir wissen beide, dass er dich nicht liebt und nur durch die Vereinbarung
    unserer Väter zu dieser Verbindung gezwungen war. Wir tun ihm einen Gefallen, wenn wir
    ihn davon entbinden.“ Ein Schatten legte sich erneut über ihr Gesicht.
    „Können wir das denn? Dürfen wir diese Vereinbarung einfach so... außer Kraft setzen?“






    William hauchte ihr galant, doch mit einem schalkhaften Lächeln einen Kuss auf die Hand.
    „Das tun wir doch gar nicht“ meinte er dabei zu ihrem nicht geringen Erstaunen.
    „Jetzt versteh ich überhaupt nichts mehr.“
    „Nun, die Vereinbarung besagt doch nur, dass du den Sohn des Duke of Ravensdale heiraten
    sollst, richtig?“
    „Richtig“ bestätigte sie, ohne zu wissen, worauf er eigentlich hinauswollte.
    „Das bin ich auch. Sein zweiter Sohn, ja, aber sein Sohn. Nur das ist von Bedeutung. Wenn
    du meine Frau wirst, und ich wünsche mir nichts mehr, dann wird die Vereinbarung
    eingehalten und alle sind zufrieden.“






    „Na sieh mal einer an“ dachte Stanley, als er auf dem Weg zurück in die Große Halle aus dem
    Fenster blickte. Gerade angekommen, hatte er pflichtschuldigst seinen Vater begrüßt, dessen
    jämmerlicher Zustand seine eigene Nachfolge und damit endlich Unabhängigkeit von der
    Gnade des Alten in greifbare Nähe rückte. Der Gedanke hellte seine Stimmung auf, ließ ihn
    fast schon heiter werden, bis er die zwei dort unten den Weg heraufkommen sah. Wie vertraut
    die beiden miteinander schienen, ein wenig zu vertraut für seinen Geschmack. Sein
    tugendhafter Bruder würde es doch nicht wirklich wagen? Ärgerlich runzelte er die Stirn.
    Falls doch, würde er dem sofort Einhalt gebieten müssen. Oder... bot sich ihm da womöglich
    eine Lösung für sein Problem, an die er noch gar nicht gedacht hatte? Er würde es
    herausfinden.
    Jetzt hatten sie die ungewohnte Geschäftigkeit vor dem Haus wohl bemerkt, William sah nach
    oben und Stanley zog sich sofort zurück.






    Nur wenige Minuten später amüsierte er sich über die leicht betretenen Gesichter der beiden,
    als er die Treppe herunter kam. Zumindest seine Braut ließ die gebührende Freude über seine
    Ankunft vermissen.
    „Ah, da seid ihr ja, ich wollte schon einen der Diener auf die Suche nach Euch schicken“
    hallte seine Stimme betont leicht durch den Raum. „Die Reise war lang und hat mich hungrig
    gemacht. Das Abendessen wird gerichtet. Ihr leistet mir doch Gesellschaft, nicht wahr?“
    Er beugte sich mit einem werbenden Lächeln über Catalinas Hand, die unter der Berührung
    kurz zusammenzuckte. „Ich bin entzückt, Euch wohlauf zu sehen, meine Liebe. Und
    William....“ Er wandte sich seinem Bruder zu. „Du bist schon länger zurück, wie ich höre.“
    „Schon eine ganze Weile, ja“ räusperte sich sein Bruder mit einem Seitenblick auf Catalina.
    „Was hat dich denn so lange in London aufgehalten?“






    Stanley zuckte mit den Schultern, als hätte er den deutlichen Vorwurf nicht gehört.
    “Die Königin natürlich. Ohne ihre Zustimmung verlässt niemand den Hof. Das solltest du
    doch am besten wissen. Und im Augenblick ist sie mal wieder in besonders schlechter
    Stimmung. Schließlich hat ihr der Gesandte keine guten Nachrichten aus Spanien
    mitgebracht, nicht wahr? Oder sollte sich König Philipp doch entschlossen haben, seine
    Gemahlin endlich wieder aufzusuchen?“
    William schüttelte den Kopf. „Ich glaube kaum, dass er das tun wird.“ Nein, es war ein
    offenes Geheimnis, dass der Ehemann der Königin sich nur höchst selten in England blicken
    ließ, sehr zum Bedauern seiner Gemahlin, die ihn vermisste und trotz seiner Gleichgültigkeit
    ihr gegenüber liebte.






    „Nun zumindest scheint sich der Gesundheitszustand Ihrer Majestät wieder etwas gebessert zu
    haben, was uns natürlich alle sehr beruhigt“ erklärte Stanley, als sie wenig später vor dem
    knisternden Kaminfeuer an der Tafel saßen. Er machte den Eindruck, als würde er die
    Anspannung, die über dem Raum lag, nicht bemerken und plauderte einfach weiter.
    „Ja, stellt Euch vor, meine Liebe, sie hat sich sogar soweit erholt, dass sie bei unserer Trauung
    anwesend sein wird. Sie besteht sogar darauf. Ich weiß...“ er warf ihr einen raschen Blick zu
    und vermochte so gerade noch zu sehen, wie sie erbleichte, bevor sie den Kopf tief über den
    Teller senkte. „...wir wollten nur eine Trauung im kleinen Kreis und nicht vor dem
    versammelten Hof in London. Aber die Ehre und Auszeichnung, die uns durch die Gegenwart
    der Königin zuteil wird, macht diese Unannehmlichkeit mit Sicherheit wett.“






    In Williams Kopf begann es zu arbeiten. Die Königin bestand darauf? Wieso? Hatte die für
    ihre Sittenstrenge bekannte Monarchin von Stanleys Eskapaden erfahren und wollte dafür
    sorgen, dass er nun endlich ein tugendhaftes Leben führte? Aber nein, wüsste sie von seinen
    Affären, hätte sie ihn eher aufs Land verbannt, als ihm eine solche Gunst zu gewähren. Nun,
    egal, was sie dazu gebracht hatte, ihre Entscheidung verkomplizierte die Situation für sie
    beide beträchtlich. Jetzt, da sich die Königin eingemischt hatte, musste er ihre Zustimmung
    für eine Eheschließung Catalinas mit ihm einholen, und wenn sie die verweigerte, war alles
    aus, dann blieb ihnen nur noch eins, die Flucht. Konnte er Catalina das zumuten?






    „Für unseren Vater wird die Reise sicherlich zu anstrengend“ erklärte Stanley unterdessen.
    „Ich werde also gezwungen sein, dich, Bruder, darum zu bitten, meine Braut zum Altar zu
    führen.“ William erstarrte, während sein Bruder ihn mit einem verbindlichen Lächeln
    bedachte und auf seine Zustimmung wartete.
    „Es tut mir leid, ich.. fühle mich nicht wohl. Schreckliche Kopfschmerzen.“ Catalinas
    Stimme zitterte, als sie sich erhob. „Bitte, entschuldigt mich.“ Sie eilte aus dem Zimmer, noch
    bevor einer der Männer etwas sagen konnte.








    +++++++++++++++++++++++++++
    Das war es dann wieder für heute. Ich verabschiede mich für dieses Jahr von euch und hoffe, wir sehen uns alle im neuen wieder.
    Allen ein schönes Weihnachtsfest, ein guten Rutsch und einen erfolgreichen Start ins Jahr 2009. Bis bald.
    Nery

    *






    „Catalina, wartet!“ Leicht atemlos stoppte William hinter ihr, nachdem er ihr vom Haus aus
    hinterher gelaufen war. Voller Erleichterung hatte er sie über den Hof gehen sehen, nachdem
    sie sich zwei Tage regelrecht in ihrem Zimmer versteckt hatte und nicht einmal zu den
    Mahlzeiten nach unten gekommen war. Sie fühle sich nicht wohl, hatte sie ihm durch ihr
    Mädchen ausrichten lassen. Auf seine Nachfrage hatte die auch nur mit den Schultern gezuckt
    und gemeint, sie wäre wohl etwas blass, würde kaum etwas essen, aber vor allem wolle sie
    niemanden sehen.






    William ahnte, was sie dort oben festhielt, immerhin quälte er sich ebenso wie sie. Nach
    diesem schicksalhaften Beinahe-Kuss war er im Schloss herum gelaufen wie ein gefangenes
    Tier im Käfig, hatte gebrütet, sich einen Narren geschimpft, einen ehrlosen Narren obendrein,
    der dem Bruder die Frau zu stehlen versuchte. Er hatte seinen Diener packen lassen und war
    dann doch geblieben. Wie hätte er sie einfach so verlassen können!
    Stattdessen stand er abends im Hof und sah zu ihren Fenstern hinauf, stellte sich vor, wie sie
    dort oben vor dem Kamin saß, mit vielleicht den selben Gedanken im Kopf wie er. Allein,
    grübelnd, gefangen in einer schier ausweglosen Situation. Oder... war er ihr womöglich zu
    nahe getreten? Mied sie ihn, weil er sich ihre Zuneigung nur eingebildet hatte? Eine
    schreckliche Vorstellung.






    „Es tut mir leid, wenn ich Euch gekränkt habe“ sagte er unsicher, nur um sie daran zu
    hindern, sich abzuwenden.
    „Ihr habt mich nicht gekränkt, in keinster Weise, Mylord“ erwiderte sie leise und wollte
    weitergehen. Obwohl es offensichtlich war, dass sie die Unterhaltung nicht fortzusetzen
    wünschte, hielt er sie zurück.
    „Wenn ich Euch nicht verletzt habe, warum weicht Ihr mir dann aus?“
    „Ich... ich weiche Euch doch nicht aus, ich ....“ sie brach ab und starrte blicklos vor sich hin.
    „Wir müssen darüber reden, Catalina, wir können nicht einfach so tun, als wäre es nie
    geschehen!“ Ganz leise, als fürchte er sie mit jedem lauten Wort zu erschrecken, sagte er es.
    “Doch, genau das müssen wir! Selbst wenn...“
    „Wenn ....?“






    „Wenn ich nicht weiß, wie ich das machen soll“, hauchte sie und ließ sich auf die nächste
    Bank fallen. „Ich kann an nichts anderes mehr denken, als an... an Euch, William.“
    Der kalte Ring, der sich um sein Herz gelegt hatte, zersprang in tausend Stücke und er konnte
    es nicht verhindern, dass ihm die Freude über ihr Geständnis ins Gesicht geschrieben stand.
    „Das geht mir genauso, ganz genauso.“
    Das kleine schüchterne Lächeln auf ihren Lippen verflog sofort wieder. „Es ist unmöglich,
    William...ich darf es nicht, genauso wenig wie Ihr. Wir...wir...müssen uns davon lösen.
    Diesen Tag darf es nie gegeben haben. Wir müssen es vergessen, alles vergessen.“






    „Vergessen? Ist es dafür nicht längst zu spät?“ Er setzte sich neben sie, ohne sie anzusehen.
    „Ich kann nicht vergessen, was ich in Euren Augen gesehen habe, wie mein Herz schlug, als
    ich Euch in meinen Armen hielt, was es jetzt, in diesem Moment fühlt, da Ihr hier neben mir
    sitzt. Ich kann es nicht vergessen, ich will es nicht, verlangt das nicht von mir!“
    „Wenn es nur nach meinen Wünschen ginge,“ sagte sie leise und voller Verzweiflung.
    „Doch...das geht es nicht. Ich bin ihm versprochen, ich habe vor Gott mein Wort gegeben, die
    Frau Eures Bruders zu werden, sobald ich in England ankomme. Vor Gott, William. Wie
    könnte ich mich dem jetzt noch entziehen, ohne uns alle zu entehren, mich, Euch, Euren
    Bruder und unsere Väter? Selbst wenn ich es noch so sehr wünsche, es ist unmöglich.“






    „Aber genau das ist der Punkt, Catalina. Nicht Ihr seid es, welche die Ehre meines Bruder
    verletzt, sondern er selbst. Ihr seid bereits seit Wochen hier, Ihr solltet längst seine Gattin
    sein, und nichts ist geschehen. Stanley hat das gleiche Versprechen gegeben wie Ihr. Und?
    Hat er es gehalten? Hat er gehalten, was er Eurem Vater gelobt hat? Catalina?“
    Sie schüttelte Kopf.
    „Also ist er wortbrüchig geworden, nicht Ihr. Und damit seid Ihr selbst nicht mehr an das
    Versprechen gebunden!“ Der Eifer in seinen Worten ließ sie einen Moment lächeln.
    „So einfach ist das nicht.“
    „Doch! Natürlich ist es das.“ Er sah sie an und der Gedanke, der ihm dabei durch den Kopf
    schoss, war ebenso abenteuerlich wie verlockend.






    Noch ehe sie wusste, wie ihr geschah, hatte er sie von der Bank gezogen und war vor ihr auf
    die Knie gesunken.
    „William!“ Erschreckt sah sie sich um. „Was um Himmels Willen tut Ihr da? Wenn uns
    jemand sieht!“
    „Sollen sie doch“, lächelte er und griff nach ihren Händen. „Ich tue das einzig Richtige!“
    Seine Finger umschlossen die ihren mit festem Griff, als wolle er sie nie wieder loslassen.
    „Wollt Ihr, Dona Catalina, mir die große Ehre erweisen, mir Eure Hand zum Ehebund zu
    reichen? Ich habe keine Reichtümer, nur mein Herz und meine Liebe, doch beides lege ich in
    Eure Hände und schwöre Euch Liebe und Treue, vor Gott dem Allmächtigen, solange ich
    lebe.“
    „William!“ Sie konnte den Blick nicht von seinen ernst blickenden Augen wenden, die sie
    regelrecht anflehten, ihn zu erhören. „William, dein Bruder...er...“
    „Er wird dich freigeben, ganz sicher. Ich spreche mit ihm, sag ... einfach nur...ja. Ja?“






    +++++++++++++++++++++
    geht gleich weiter

    Der letzte Tag vor Weihnachten. Gerade noch Zeit, eine Fortsetzung zu posten.
    Alle schon die Geschenke eingepackt? Wer von euch war denn für die Schneebestellung zuständig? Hier im Forum sind zwar zeitweise ein paar Flocken gefallen, aber leider haben sie nicht bis zu uns geschafft.
    Nun, dann wird es eben wieder eine grüne Weihnacht.


    Aber vorher gibts noch ein wenig Lesestoff.


    Ein ganz liebes Dankeschön an die ganz Treuen, die mir mit ihren Kommentaren hier und beim Karma selbst mit welchem welchem versorgt haben.



    Lenya: Ausbund von Ehre? Ich glaube nicht, dass einem damals was Schlimmeres passieren konnte, als diese zu verlieren, so schwer das für uns heute vielleicht nachvollziehbar ist. Ich würde ihn ja so gern einfach mit ihr verschwinden lassen, aber erstens steht uns da die verflixte Ehre im Weg und zweitens, wer soll denn dann Stanleys Nachfahren alle umbringen? Nein, das geht nun aber wirklich nicht. :rollauge Danke, dass du mich nie lange auf deinen Kommi warten lässt.



    Llynya: ob es bis zum Ehebruch kam, wird man noch sehen müssen, fürchte ich. Im neuen Jahr. Aber auf jeden Fall hast du Recht, dass Elizabeth viele Dinge nicht wüsste, wenn Catalina sie ihr nicht selbst erzählt hätte.
    Dein Mitgefühl tut Catalina sicher gut, sie wird es noch brauchen.
    Aber vorher wird der gute William sich wohl was einfallen lassen müssen, wenn er das Dilemma irgendwie lösen will. *schon mal nach unten zeig*
    Ganz lieben Dank, dass du es immer schaffst, ein paar Zeilen da zu lassen, das tut mir gut. :D



    Rheasylvia: es ist immer wieder toll, mit dir über meine Geschichte reden zu können, Gedanken zu entwickeln, Fäden einfach weiterzuspinnen, oder einfach mal zu fluchen, wenn man nicht weiterkommt. Dass du mir immer zuhörst, das hilft mir sehr, ich hoffe, das weißt du. Auch dass du, trotz Stress, Krankheit und wenig Zeit trotzdem immer wieder schreibst. Ich hab dich lieb. Sehr. :)



    Julsfels: es wird ein böses Ende mit den beiden nehmen, leider steht das ja nunmal schon fest. Aber ja, es ist auch ein Anfang, wohin der führen wird, zur neuen Katastrophe oder doch zu einem guten Ende, und wenn ja für wen, das .... wird das neue Jahr zeigen.
    Patrick ist in der Tat ein Verwandter, wenn auch kein Nachkomme von Stanley. Er stammt von dessen Bruder ab.
    An den schönen Bildern bist du ja zum Teil selbst schuld, und wenn du mir das Stroh bastelst, pack ich es auch noch in die Halle, wenn du darauf bestehst.
    Danke für deine Unterstützung, ohne dich wäre das alles nicht möglich. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber ehrlich gesagt, kann man das gar nicht oft genug sagen. ;)




    So, nun gehts aber los mit der nächsten Fortsetzung. Viel Vergnügen!

    So, nun war ich so langsam, dass ich jetzt gleich zwei Fortsetzungen zu kommentieren habe, aber das macht auch nichts.
    Irgendwie bieten sie einen schönen Kontakt.
    Fangen wir doch mal mit meiner Lieblingshassfigur in der Geschichte an. Der verehrten durchlauchtigsten Frau Fürstin.
    Musste die Gute also warten? Na das ist aber auch eine Frechheit! Wie kann er nur? Mal abgesehen davon, dass sie selbst wenn er sofort aus seinem Zimmer geflogen wäre, als der Page ihm die Nachricht brachte, sie trotzdem hätte warten müssen.
    Irgendwie beginnt der Fürst mir gerade sehr leid zu tun. Es sollen ja nicht alle arrangierten Ehen unglücklich gewesen sein, aber diese da, die ist es auf jeden Fall, soviel steht schon mal fest.
    Mit diesem Eiszapfen kann man ja nicht glücklich werden.
    Was sucht die Frau eigentlich bei Elias? Wärme, Zuneigung? Weiß sie, was das ist? Ich kann es mir im Augenblick nicht vorstellen. Sie ist verwöhnt und arrogant. Sich absolut ihrer Stellung bewusst und vergibt sich doch jedesmal eine Menge, wenn sie sich mit einem der Niedriggestellteren einlässt. Sie muss ein verdammt einsames Geschöpf sein, ob sie sich das nun eingesteht oder nicht, aber sie ist zu bedauern.
    Zu schade, dass mein Vorrat an Mitgefühl gerade für den Fürsten drauf gegangen ist.
    Eigentlich sollte der Mann die Frau zum Teufel jagen, Grund genug hätte er ja durch den ständigen Ehebruch. (Vorausgesetzt natürlich, seine eigenen kleinen Affären bleiben schön unter der Bettdecke versteckt) Aber er wirds wohl nicht tun und damit noch eine ganze Weile weiter in der Eiswüste leben.


    Für Lina dürfte Elias' Zustand reichlich gefährlich werden. Natürlich muss man jemandem die Schuld geben für den Ärger, den er jetzt am Hals hat. Warum sollte man sich die Mühe machen, nachzudenken und den Richtigen dabei rauszufinden. Man könnte ja dabei auf eine unbequeme Wahrheit stoßen, nämlich, dass er selbst nur ein Spielzeug in den Händen einer gelangweilten Frau ist. Ein jederzeit auswechselbares Spielzeug.
    Aber nein, denken ist gerade nicht beliebt. Was liegt also näher, als sich Lina auszugucken. Ist doch egal, dass ER SIE aufgehalten hat und nicht umgedreht. Dass er den hohen Herrn rauskehren musste, und deshalb noch später kam, als er es ohnehin schon tat. Nein, natürlich ist das Mädchen ganz allein an allem schuld.
    Arme Lina, jetzt muss sie doppelt aufpassen. So ganz wasserdicht ist ihre Geschichte ja nicht, jemand wie Elias, der leider in diese Dinge viel zu viel Energie steckt, kann da leicht etwas finden, was ihr zum Verhängnis werden kann.


    Und gerade wenn man anfängt, sich so richtig Sorgen um das gute Kind zu machen, da kommst du mit dem nächsten Hammer.
    Fürstenkind, wenn auch unehelich?
    Na sieh mal einer an. Das hätte man dem guten Mann doch gar nicht zugetraut, dass er wirklich mal richtig verliebt war. Dass man ihm diese Liebe nicht gelassen hat, das ist klar, gibt genug Beispiele in der Geschichte für die tragische Fürstenliebe. Ich bin ja richtig erleichtert, dass du Sarah nicht gleich das Schicksal der Agnes Bernauer hast erleiden lassen.
    Nun zumindest fängt man nun langsam an, gewissen Dinge bei dem Fürsten zu verstehen. Verstehen, nicht tolerieren, das muss ich klar sagen. Er weiß ja selbst, dass er Fehler über Fehler macht, aber er ist zu....ja was eigentlich? Zu faul, zu resigniert, um etwas zu ändern? Das dumme ist nur, dass durch sein Handeln oder Nichthandeln das Schicksal aller Menschen da beeinflusst wird. Das Blut jedes einzelnen, der von Elias und der Dame Fürstin ausgelöscht worden ist in deren Wahn, klebt auch an der Hand des Fürsten.
    Ob das seiner Sarah gefallen hätte? Ich glaube kaum.
    Und nun trifft er also ein Mädchen, das aussieht wie seine große Liebe. Er ist sich verdammt schnell sicher, obwohl er ja kaum wissen konnte, dass Sarah schwanger gewesen war. Und was nun, mein lieber Fürst? Was wirst du nun tun?
    Dich offen zu ihr bekennen? Na der Fürstin fallen die Augen raus, und ob man dem Mädchen damit einen Gefallen tut, das wage ich auch zu bezweifeln.
    Andererseits wäre ich auf das Gesicht von Elias schon gespannt, wenn er das herausfindet. Dem guten dürfte seine ganze Arroganz aus dem Gesicht kippen.
    Und dann haben wir ja noch Linas Kräfte. Wo sie die wohl herhat? Von der Mutter?
    Oh, oh, nicht dass man Sarah dann noch vorwirft, sie hätte den Fürsten verzaubert, damit er sich in sie verliebt.
    Du lieber Schreck, ich höre lieber auf zu spekulieren, ich finde nämlich sonst gar kein Ende mehr.
    Aber, das verspricht sehr, sehr interessant zu werden. Ich hoffe noch auf eine sehr lange Geschichte.
    Liebe Grüße und wie immer mein höchstes Lob für deine liebevoll gestalteten Bilder und den wunderbar leicht geschriebenen Text. Bis bald!

    *





    Kurze Zeit später lagen sie beide Kopf an Kopf im Gras und sahen zu, wie der Wind die
    Blätter der Bäume hin und her wiegte. Auf einem der Äste über ihnen saß ein kleiner Vogel
    und sang voller Inbrunst sein Lied.
    „Für wen er wohl singt?“ fragte sie flüsternd.
    „Bestimmt für seine Liebste“ antwortete er ebenso. „Schaut, da drüben, das ist sie bestimmt.
    Und der kleine Sänger hofft, dass sie zu ihm kommt.“
    „Und wird sie es tun?“
    „Ich glaube schon. Er gibt sich doch solche Mühe. Seht nur, sie hüpft von Ast zu Ast, immer
    näher.“






    „Sie ist zu beneiden“ seufzte sie und in ihrer Stimme lag auf einmal eine solche Traurigkeit,
    dass William sich aufsetzte und sie ansah. Es brauchte nicht viel, um sich vorzustellen, was in
    ihr vor ging.
    „Es wird alles gut werden, Ihr werdet sehen“ suchte er sie wieder aufzumuntern, sich seiner
    eigenen Hilflosigkeit wohl bewusst.
    „Wird es das?“ fragte sie, ohne ihn anzusehen.
    Er nickte und räusperte sich, um den Gedanken nicht auszusprechen, der ihm gerade durch
    den Kopf schoss. War es wirklich gut, wenn sie die Frau seines Bruders wurde? Wäre es nicht
    viel besser, wenn....
    „Wisst Ihr, was ich nicht verstehe?“ Sie drehte den Kopf zu ihm herum, sah ihn einen
    Moment lang an und stand dann auf.






    „Er… scheint ein gänzlich anderer Mensch zu sein, als der, den ich in Spanien kennen gelernt
    habe. Dort war er so... freundlich und liebenswürdig, er.... erweckte den Eindruck, er würde
    diese Verbindung wünschen, als wäre es nicht nur eine... Vereinbarung unserer Väter, doch
    nun… wartet er und wartet und wartet. Worauf wartet er, William? Warum ist er nicht hier?“
    Der Mann atmete tief ein und aus. Er konnte ihr unmöglich sagen, was er vermutete. Es war
    ein hässlicher Verdacht, ein unwürdiger Verdacht, doch je länger Stanley fern blieb, desto
    mehr erhärtete er sich. Sein Bruder hatte es schon als Kind immer verstanden, alles zu seinem
    persönlichen Vorteil zu nutzen. Und dieser Vorteil lag mit Sicherheit nicht in einer ehelichen
    Verbindung mit Spanien, angesichts der Veränderungen, die ihnen allen bevor standen, wenn
    die Königin starb und ihre Schwester den Thron bestieg.






    Worauf sein Bruder wartete? Darauf, dass der alte Herzog seine Augen schloss, denn dann
    würde ihm, als dem neuen Duke keiner mehr vorschreiben können, wen er zur Gattin nahm.
    Was für ein Esel sein Bruder doch war, was für ein .... Himmel, er konnte die Resignation in
    ihren Augen kaum ertragen.
    „Wenn er mich nicht will, warum hat er mich dann hierher gebracht?“
    Weil unser Vater ihm kein Geld mehr geben wollte.... aber auch das konnte er, nein, wollte er
    ihr nicht sagen.
    „Ich weiß einfach nicht mehr weiter, William. Ich habe alles zurückgelassen, was mir etwas
    bedeutet, meine Heimat, meinen Vater... und wofür? Um hier allein zu sein, von keinem
    gewollt, eine Last, von der man sich lieber heute als morgen befreien möchte?“






    Sie schlug die Hände vors Gesicht und wandte sich ab, um ihre Tränen vor ihm zu verbergen.
    Und er konnte nicht nur da stehen und zusehen. Er konnte es einfach nicht. Leise trat er hinter
    sie, zog sie mit sanfter Gewalt zu sich herum und in seine Arme. Nur trösten wollte er sie, nur
    halten, bis ihre Tränen verebbten.
    Doch, es war ein Fehler, das wusste er, kaum, dass ihr Kopf sich auf seine Schulter legte, ihre
    Arme sich um ihn schlangen und ihr Körper sich an ihn schmiegte. Nur mit allergrößter Mühe
    gelang es ihm, die Hände ruhig zu halten, nicht einfach ihren Kummer hinweg zu streicheln.






    Und dann hob sie den Kopf und blickte ihm direkt in die Augen. Alles ringsum verstummte,
    selbst der eifrige kleine Sänger schien seine Werbung zu unterbrechen, um zu sehen, was da
    unter ihm vorging.
    Sie war ihm so nah, so unglaublich nah, er fühlte das Klopfen ihres Herzens an seiner Brust,
    genauso schnell wie sein eigenes. Unaufhaltsam wurde er zu ihr gezogen, nur noch ein kleines
    Stück und er würde ihre Lippen berühren, ein einziges Mal nur.... nur ein...ein ... Mal. Sie
    erzitterte, kam ihm entgegen. Fühlte sie es auch?
    „William!“ hauchte sie in einer Mischung aus Verlangen und Wehmut. Es war nur ein Wort,
    doch es genügte, um den Bann zu brechen. Was zur Hölle machte er hier? Sie war die Braut
    seines Bruders! Und doch wollte er sie nicht los lassen, konnte er es nicht. Stattdessen tat sie
    es für ihn.
    „Ich...wir... sollten jetzt lieber zurück, bevor man uns sucht.“






    Am Schloss angekommen, eilte sie, kaum dass er sie vom Pferd gehoben hatte, an ihm vorbei,
    durch die große Halle zur Treppe hinauf, als wäre der Teufel hinter ihr her.
    „Catalina, warte... wir...“ er brach ab, als hinter ihm plötzlich eines der Hausmädchen
    auftauchte. Sie warf ihm einen eigentümlichen Blick zu, dass er sie schon zurecht weisen
    wollte, doch dann knickste sie und verschwand in Richtung Küche. Und William ließ sich auf
    die Bank vor dem Kamin fallen.
    Das hatte er nicht gewollt, ganz gewiss nicht, aber passiert war es trotzdem. Er konnte es nicht
    länger leugnen. Er hatte sich verliebt, unsterblich verliebt, in die Frau, die seine Schwägerin
    werden sollte.
    Er sollte das beenden, so schnell es nur ging, er sollte hier weg. Gleich!
    Aber.... Er sah zur Treppe hinüber. Konnte er das überhaupt noch?





    +++++++++++++++++++++++++
    So, das war der Teil für heute. Der nächste wird definitiv in einer Woche gepostet, da die Bilder fertig sind und ich nun auch genau weiß, wie sich der Text dazu gestalten wird. Also diesmal keine lange Wartezeit.
    Allen einen schönen dritten Advent und liebe Grüße.
    Nery

    *





    „Catalina....“ Ganz leise drang die Stimme ihres Vaters in ihr Bewusstsein. „Die Diener
    warten darauf, die Kutsche zu beladen. Es ist hohe Zeit.“
    Ihr Kopf neigte sich noch tiefer, als könne sie den Abschied durch ihr Gebet hinauszögern
    und wusste doch, es war unmöglich. Hinter ihr stapelten sich die Truhen und Kisten mit ihrer
    gesamten persönlichen Habe, ihren Kleidern, ihrem eigenen Schmuck und den Juwelen ihrer
    Mutter. Dies war ein Abschied für immer. Wenn sie diesen Raum verließ, würde sie ihn nie
    wieder betreten. Der Gedanke ließ sie erschauern.
    „Catalina.“ Es half nichts. Sie hob den Kopf und sah der Madonna über dem kleinen
    Hausaltar mit einem letzten flehenden Blick ins Antlitz, bevor sie sich umwandte.






    „Noch immer in Zweifeln gefangen, mein Kind?“ fragte Don Federico seine Tochter
    nachsichtig.
    „Nein, mein Vater. Das ist es nicht.“ Es war keine Lüge. Der englische Lord hatte sich als ein
    Mann von doch recht angenehmem Äußeren und guten Manieren herausgestellt, der sich
    durchaus die Mühe machte, sich das junge Mädchen, das man ihm zur Braut bestimmt hatte,
    geneigt zu machen. Er verstand es zu plaudern, seine Komplimente waren wohl gesetzt und
    nicht übertrieben. Kurz, seine Gesellschaft wurde ihr zunehmend angenehm und der Gedanke
    an eine Ehe mit ihm verlor seinen Schrecken.
    „Was hält dich dann in diesem Zimmer fest, während dein Bräutigam dich voller Ungeduld
    erwartet?“






    „Ihr seid es, Vater. Der Gedanke schmerzt mich, dass Ihr bei meiner Hochzeit nicht bei mir
    sein werdet, dass Ihr mich nicht zum Altar führt, wie es Brauch ist.“
    „Auch ich bedauere das über alles. Doch du weißt, dass diese Reise zu anstrengend für mich
    sein wird, und wenn der Herr mich zu sich ruft, dann soll es hier geschehen, wo deine Mutter
    mich erwartet..“
    „Natürlich Vater, es ist nur....“ Unfähig sich noch länger zurückzuhalten, warf sie sich in
    seine Arme, die sich nach kurzem Zögern um sie schlossen. „Ich werde Euch so furchtbar
    vermissen!“ Behutsam drückte seine Hand sie an sich.
    „Der Duke of Ravensdale wird dich in sein Haus aufnehmen, dich beschützen und dir in
    Zukunft ein Vater sein. Und du wirst es ihm vergelten, indem du ihm eine gute Tochter und
    seinem Sohn eine gute Ehefrau sein wirst. Und nun....“ Don Federico straffte die Schultern
    und schob sie sanft aber bestimmt von sich. „Haltung, Catalina. Ich möchte stolz auf dich
    sein.“






    Und sie bewahrte ihre Haltung. Sie lächelte, als ihr Bräutigam sie bei ihrer Ankunft im Hafen
    von Dover mit seinen beiden jüngeren Brüdern bekannt machte. Sie lächelte, als er sie nach
    Ravensdale Hall brachte, einem großen, von außen recht freundlich wirkenden aber innen vor
    Kälte klirrenden Kasten und sie seinem Vater vorstellte, einem von Gicht geplagten
    mürrischen alten Mann mit eingefallenen Wangen.
    Sie lächelte immer noch, als er die Hochzeit verschob, bis sein Vater sich von seinem letzten
    Anfall erholt hätte, als er ihr mitteilte, sie für kurze Zeit verlassen zu müssen, um einigen
    wichtigen Geschäften am Hofe der Königin nachzugehen und aus ein paar Tagen ein paar
    Wochen wurden.
    Sie bewahrte Haltung und ließ sich nicht anmerken, wie sie unter der Einsamkeit und der
    Gleichgültigkeit litt, mit der man ihr begegnete.






    Sie bewahrte Haltung, bis ein Blick und ein paar freundliche Worte sie ins Wanken, und eine
    kurze, doch so harmlose Berührung sie zum Einsturz brachten. Wie warm seine Finger ihre
    Hand umschlossen hatten, einen kleinen Moment nur, doch er genügte, dass die Wärme auf
    sie überging, ihren ganzen Körper erfüllte und die Kälte daraus vertrieb, weit besser als es das
    Kaminfeuer vermocht hatte. Und dabei hatte sie die ganze Zeit in seine unergründlichen
    blauen Augen gesehen, so wie er in ihre.
    Wie schwer es ihr gefallen war, seine Hand loszulassen, ihn nicht zurückzurufen, als er nach
    einer knappen Verneigung das Zimmer verließ. Und wie unendlich traurig sie sich auf einmal
    gefühlt hatte.






    Doch ihre Befürchtung, auch William würde nun nach London zurückkehren und sie mit dem alten
    Mann, der niemals sein Gemach verließ und den unfreundlichen Dienern allein lassen, erfüllte
    sich nicht. Im Gegenteil. Er tat alles, um sie die letzten Wochen und die Nachlässigkeit seines
    Bruders vergessen zu lassen. Sie nahmen die Mahlzeiten gemeinsam ein und er unterhielt sie,
    indem er sie mit seinem Land und dessen Bewohnern vertraut machte. Es erstaunte sie, wie er
    in einem Moment noch voller Ernst über die angespannte Lage sprechen konnte und sie schon
    im nächsten zum Lachen brachte.
    Die Tage flogen nur so dahin, wenn sie mit ihm zusammen war und sie ertappte sich immer
    öfter dabei, wie sie die beiden Brüder miteinander verglich.






    So war Stanley niemals mit ihr ausgeritten, er hatte sie nicht einmal gefragt, ob sie reiten
    konnte, dabei tat sie das sogar sehr gern. William dagegen hatte sich schon am nächsten Tag
    danach erkundigt, da sie, wie er mit einem Augenzwinkern meinte, dringend frische Luft
    bräuchte und doch auch endlich etwas von ihrer neuen Heimat kennenlernen müsse. Und so
    hatte er sie jeden Tag begleitet und sich gefreut, wenn ihre Wangen sich vom Wind leicht
    röteten, sie ihm lachend davon galoppierte und er ihr nachjagen musste.
    An einem besonders sonnigen Spätnachmittag kamen sie während ihres Ausflugs an dem
    alten verlassenen Kloster vorbei, das sich nicht weit vom Schloss befand. Er hielt an und half
    ihr vom Pferd.
    „Dies ist mein geheimer Lieblingsplatz. Ich kam schon als kleiner Junge immer hierher,“
    erklärte er. „Damals wohnten wir noch auf der anderen Seite vom Tal, und der Weg hierher
    war etwas weiter. Niemand interessierte sich mehr dafür, so war es der ideale Ort, sich vor der
    Welt zu verstecken und meine eigenen Abenteuer zu erleben.






    Ich kletterte in den langsam verfallenden Räumen herum, über reichlich brüchige Treppen in
    jeden noch so kleinen Winkel auf der Suche nach verborgenen Schätzen. Oder aber...“ er
    deutete auf den unteren Teil des ehemaligen Kirchturms, der längst eingestürzt war „..ich
    befreite eine wunderschöne Prinzessin aus den Fängen eines Drachens.“
    „Die Prinzessin war gewiss sehr dankbar, von einem solch edlen Ritter gerettet zu werden!“
    Ihre Augen strahlten ihn so warmherzig an, dass er verlegen den Kopf senkte. Es war fast so,
    als hätte sie seine Gedanken erraten, denn in diesem Moment, fühlte er sich wieder wie der
    kleine Junge von damals, nur dass diesmal sie die Prinzessin war und der Drache sein
    eigener...
    ‚Nein’ rief er sich energisch zur Ordnung. ‚So etwas darfst du nicht einmal denken!’
    „Kommt! Ich zeige Euch, was man hier noch tun kann, außer klettern.“ sagte er stattdessen
    und führte sie am alten Refektorium vorbei hinauf zu der kleinen Wiese.




    +++++++++++++++++++++
    geht gleich weiter

    *





    Eine drückende Stille lag nach Elizabeths letzten Worten über dem Raum. Patrick und seine
    Mutter sahen sie eine ganze Weile schweigend an, als wären sie sich noch nicht darüber klar,
    was sie von dem Gehörten halten sollen.
    Schließlich räusperte sich der junge Mann vernehmlich.
    „Woher weißt du denn, dass diese... wie nennst du sie? Catalina? Dass diese Catalina die Frau
    ist, ehm... war, der diese Juwelen gehört haben, Tante?“
    „Sie hat es mir gesagt.“
    „Hat sie das?“ Zwar bemühte er sich, nicht allzu skeptisch zu klingen, aber es gelang ihm
    nicht recht. „Und wann?“
    „Am Tag von Johns Beerdigung!“ erwiderte Elizabeth ruhig.






    „Johns Sohn war so außer sich über den Zusatz zum Testament, dass wir das Haus so schnell
    es ging verließen und die Zeit bis zur Beerdigung bei einem Nachbarn verbrachten. Mein
    Vater wollte mich ursprünglich nicht wieder mit ins Schloss nehmen, doch ich bestand darauf.
    Diese Beisetzung bot mir für lange Zeit die letzte Gelegenheit, Ravensdale Hall zu betreten
    und die musste ich nutzen, denn ich wollte sie unbedingt noch einmal sehen.“
    Sie schwieg einen Moment, sah auf ihre schlanken Finger hinunter, bevor sie fortfuhr:
    „Noch während sich die Trauergäste für den Gottesdienst in der Großen Halle versammelten,
    schlich ich mich hinunter in die Kapelle. So schnell es ging, eilte ich an dem Sarg vorbei,
    hinüber zu dem Epitaph. Meine Finger zitterten und ich brauchte mehrere Versuche, bis ich
    die richtige Kombination erneut herausgefunden hatte.






    Doch dann stand ich wieder vor ihr. Sie schien überhaupt nicht überrascht zu sein, mich noch
    einmal zu sehen, im Gegenteil, irgendwie hatte ich das Gefühl, sie wäre sogar froh darüber.
    Trotzdem murmelte ich erst eine leise Entschuldigung für mein neuerliches Eindringen und
    dann noch eine ganze Welle von Dankesworten für ihr Geschenk. Meinem Eifer dabei gelang
    es sogar, ein Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern.
    „Ich hoffe, dein Vater wird es weise nutzen, sonst wird es ihm kein Glück bringen. Dies war
    ein Fluch für alle Ravensdales, sie nahmen immer nur und gaben kaum etwas zurück.“
    Damals verstand ich nicht wirklich, was sie meinte, aber heute, heute weiß ich, wie recht sie
    damit hatte.






    Wie schon bei meinem ersten Besuch hier, streckte sie die Hand ein Stück nach vorn und der
    Stuhl, auf dem du jetzt sitzt, Patrick, kam über den Boden geglitten und blieb vor mir stehen,
    so dass ich mich setzen konnte. Und wie an dem anderen Tag wagte ich es immer noch nicht,
    sie zu fragen, wie sie das machte. Ebenso wenig wie mir die Frage über die Lippen kam, wie
    sie Onkel John dazu gebracht hatte, mir sozusagen im letzten Moment diese Truhe zu
    vererben. Wie er überhaupt noch dazu hatte in der Lage sein können, obwohl er an der
    Schwelle des Todes stand und schon seit Stunden ohne Bewusstsein war, darüber rätselte ein
    jeder hier im Haus. Doch nur ich wusste, dass sie ihn irgendwie zurückgeholt haben musste.






    Ich hatte mich nämlich daran erinnert, dass sie, bevor die andern das Zimmer betraten, Onkel
    John mit ihrer Hand mehrmals über die Stirn gestrichen hatte und dass dabei ein seltsam
    warmes Licht von ihr auszugehen schien. Gleich darauf war der Atem des Sterbenden ruhiger
    geworden, als hätte sie die Krankheit, die ihn sterben ließ, einfach angehalten, damit er uns
    retten konnte. Und da gab es ja noch mehr Rätsel. Wieso hatte sie gewusst, wo die vor so
    langer Zeit verschwundenen und längst in Vergessenheit geratenen Juwelen versteckt
    gewesen waren?
    „Nun, es war einmal mein Schmuck und ich habe zugesehen, wie man die Truhe in das Fach
    hineingelegt hat“, meinte sie mit einem melancholischen Lächeln, als ich mich endlich traute,
    zumindest diese eine Frage zu stellen.






    Ich starrte sie an. „Aber das ist unmöglich!“ stammelte ich. „Das muss vor über zweihundert
    Jahren passiert sein, das ist... viel zu lange her!“
    „Für einen Menschen schon, ja.“ Noch immer lächelte sie schwach. „Aber für Geister hat die
    Zeit nicht die gleiche Bedeutung.“
    Mir blieb der Mund offen stehen. Bedenkt wie alt ich damals war, und welche Sorgen meine
    Gedanken trotzdem schon beschäftigten, ich hatte einfach nicht daran gedacht, trotz all der
    unheimlichen Dinge, die sie umgaben. „Du bist ein... Geist.... ein richtiger Geist?“ Ich hätte
    vermutlich schreien und weglaufen sollen, als sie nickte, aber ich blieb wie festgewachsen auf
    dem Stuhl sitzen, unfähig mich zu rühren.
    „Dann bist du.... die spanische Braut?“ hauchte ich schließlich, als mir wieder einfiel, was ich
    gelesen hatte.






    „Die spanische Braut?“ wiederholte sie leise und sah mich forschend an, lange, als wollte sie
    mir tief in meine Seele blicken. „Ja, so haben sie mich genannt. Die Spanierin, die Fremde,
    die nicht hierher gehörte. Die ungewollte Braut, mehr war ich nicht für sie. Dabei... sollte
    alles ganz anders sein, ganz anders.“
    Auf einmal schien sie mich völlig vergessen zu haben, ihr Blick wurde starr, ihre Gedanken
    eilten zurück und ich....wagte kaum zu atmen und.... hörte zu....“




    ++++++++++++++++++++
    geht gleich weiter

    Einen schönen Samstagnachmittag euch allen.
    Ich habs mal wieder geschafft, dank einer neuen Tastatur und einer kleinen Inspirationswelle, die mich gepackt hat. Ich gebe zu, dass diese und auch die nächsten Fortsetzungen recht schwierig zu schreiben sind, weil man doch gerade diese Szenen besonders gut machen möchte und man einfach nicht zufrieden ist.
    Ob es mir also gelungen ist, müsst ihr wohl entscheiden. :)


    Zunächst erstmal wie immer ein herzliches Dankeschön an alle Kommischreiber und Karmaspender und auch an alle anderen, vor allem für die Geduld. Ich kann zumindest eines sagen, die Bilder für die nächste FS sind schon fertig.



    Lenya: ich denke schon, dass sie ihr leidgetan hat, irgendwie. Sie war ja schließlich auch mal ein Mensch und hatte Gefühle, Hoffnungen und Träume. Es könnte also durchaus sein, dass sie auch als Geist durchaus noch ein Herz besitzt, imaginär versteht sich. Und bitte nicht platzen, wie sollst du denn sonst weiterlesen. ;)



    @gotti: magische Wirkung? Doch, könnte man so sagen, obwohl der Vater das meiste natürlich verkaufen musste. Gutes und Böses können so nah beiander liegen und alles hat seinen Preis, auch das Gute. Wie man noch sehen wird.
    Was deine Überlegung zu dem Raum betrifft, darauf werde ich dir in den nächsten Fortsetzungen antworten. Ich will es noch nicht vorweg nehmen. :rollauge


    Tabatha: hallo und willkommen. Ich freu mich, dass dir auch die neue zusagt. Die Bibliothek ist mein absoluter Lieblingsraum, neben der Kapelle. Und auch der, an dem ich am längsten gebastelt habe.
    Die Juwelen hat der Vater wirklich verkauft, die meisten zumindest. Es blieb ihm nichts anderes übrig, wenn er die Familie vor dem Ruin retten wollte.
    Deine beiden anderen Fragen werden noch beantwortet, keine Sorge, aber alles zu seiner Zeit. :)
    Und ich werde versuchen, die Wartezeit möglichst kürzer zu halten, es ist nur im Augenblick etwas verhext, man nimmt es sich immer vor, aber das Real Life macht einem ständig Striche durch die Rechnung. :(



    Rheasylvia: nenn sie ruhig Gespenst, ich glaube, das Wort Untote würde ihr nicht gefallen. Mit dem Rest hast du recht. Dreihundert Jahre können eine verdammt lange Zeit sein, wenn man einsam durch dunkle Hallen wandelt. Da kann selbst das Bedürfnis nach Rache langsam verschwinden und der Fluch, der doch für die anderen gedacht war, zum eigenen Fluch werden. Mal sehen, ob sie sich daraus befreien kann, oder Patrick, oder wer auch immer. Ich verrate nichts. :rollauge



    Llynya: gut reingeflitzt. Und nicht zu spät. Besser als ich. :(
    Elizabeth hab ich mir tatsächlich immer als ein Mädchen vorgestellt, das viel reifer war als andere in ihrem Alter. Einfach auch durch ihren Hintergrund. Die Mutter schwerkrank, der Vater beschäftigt, da muss man früh lernen, selbstständig zu werden. Aber Kinder sind auch generell eher bereit, an das Fantastische zu glauben, als Erwachsene, das hat sich ja bis heute nicht geändert.
    Und ja, Geduld zahlt sich aus. Immer. Man muss ja auch nicht immer alles gleich verstehen, wo bliebe denn sonst die Spannung. Die kleinen Überraschungen machen das Ganze erst interessant. (das schaffst du ja auch immer wieder, siehe deine neueste Fortsetzung)




    Und was Elizabeth nun noch so zu erzählen hat, ist eine laaaaange Geschichte, weshalb das Ganze sich über mehrere Fortsetzungen hinziehen wird. Ich schätze, ihr habt nichts dagegen.
    Viel Vergnügen, beim Lesen.

    Hallo alle zusammen,


    ich hoffe, ihr steckt noch nicht allzu sehr im Weihnachtsstress.
    Ich leider schon irgendwie.
    Wie schon bei der letzten Fortsetzung erwähnt, hab ich meine Tastatur im Tee ertränkt, was sie mir reichlich übel genommen hat. Schreiben ist im Augenblick wie Krafttraining für die Finger, weil so gut wie jede Taste klemmt, und manche kaum oder gar nicht mehr will. Weshalb sich die neue Fortsetzung soweit verzögert, dass ich sie erst im Laufe dieser Woche posten kann. Wenn mein neues Keyboard den Weg zu mir gefunden hat, was hoffentlich morgen der Fall sein wird. Ich werde dann zusehen, die nicht auch gleich wieder zu schrotten.
    Ich weiß, ihr müsst im Augenblick eine Menge Geduld aufbringen, bitte verzeiht mir noch mal.
    Wünsche trotzdem allen eine schöne Woche. Bis bald.

    *seufz*
    Sieht ganz so aus, als hätte Elias schon eine ausgeprägte Form der "Hofkrankheit". Von den berühmten Mönchstugenden wie "Demut" scheint er nichts mehr zu wissen.
    Also wenn hier nicht bald was passiert, dann seh ich wirklich schwarz für den Jungen.
    Fanatismus in welcher Form auch immer ist schon schlimm genug, aber wenn dann auch noch so eine Arroganz dazu kommt, dann...
    Mit welcher Selbstverständlichkeit er sich da als Herr aufführt, als wären die Dienstboten nichts wert, so tief wie sie unter ihm stehen. Aber eins vergisst er dabei, in den Augen des Fürsten, und ich wette auch in denen der Fürstin, Interesse hin oder her, ist er nichts anderes, als ein Diener, jemand, der sich für sie die Hände schmutzig macht.
    Und die sind schmutzig, die triefen schon vor Dreck und Blut. Ob er das je wieder abwaschen kann?
    Es ist schade, dass soviel Intelligenz, wie er sie doch offensichtlich besitzt, derartig verschwendet wird. Wieviel Gutes könnte er bewirken, wenn er von diesem Wahn abkäme.
    Doch zunächst mal sollte Lina sich bemühen, ihm aus dem Weg zu gehen, sonst findet der die Wahrheit schneller heraus, als sie ihren Auftrag erfüllen kann. Wie gesagt, er ist nicht dumm, und scheint trotz allem ein gutes Gefühl für Menschen zu haben.
    Zusammen mit der Macht, die man ihm verliehen hat, ist das eine gefährliche Kombination.
    Ich wünsche ihm, dass er aufwacht, bevor er zu spät ist, vielleicht wären die Erinnerungen daran, wie es im Kloster gewesen ist, ein guter Anfang dafür.
    Aber leider glaube ich nicht daran.
    Allerdings würde mich tatsächlich interessieren, was wohl geschehen würde, sollte der Fürst von seinem (was heißt hier Art von?) Verhältnis mit der Fürstin erfahren? Wie schnell der gute Elias dann von seinem hohen Ross herunterstürzen würde?
    Es heißt ja nicht umsonst, Hochmut kommt vor dem Fall. Nun, hochmütig ist er nun genug... warten wir auf den Fall.


    Wie immer tolle Idee, toll umgesetzt und in Szene gesetzt.
    Und die Gewitter... oh ja... pass auf, dass der gute Elias nicht plötzlich vom Blitz getroffen wird, statt des Rosengitters. :)

    *






    ‚Was für ein Gesetz?’ fragte ich. Aber sie antwortete nicht. Sie war an das Bett getreten, sah
    auf den Duke hinab und ihr Blick war so seltsam leer dabei, dass ich es nicht wagte, sie noch
    einmal anzusprechen. Nach einer geraumen Weile fuhr sie sich mit der Hand übers Gesicht,
    wie man es tut, um trübe Gedanken zu verscheuchen und wandte sich erneut mir zu.
    ‚Ich weiß, dass ich dich verwirrt habe. Das tut mir leid. Ich kann das Gesetz nicht ändern, aber
    ich kann es aufhalten, zumindest so lange, dass ich dir helfen kann.’
    Sie drehte sich um und ging auf den großen Schrank am anderen Ende des Raumes zu. Ich
    konnte nicht sehen, was sie tat, aber plötzlich schwenkte der große Kasten mit einem leisen
    Ächzen beiseite, als würde er von einer unsichtbaren Hand gezogen.






    Sie trat an die dahinter liegende Wand, berührte das Paneel der Wandverkleidung und auf
    einmal war in dem vollkommen stillen Raum ein Klicken zu hören, ein Teil des Paneels
    sprang auf und gab eine dunkle Öffnung frei. Sie streckte ihre Hand hinein und holte eine
    Truhe aus ihrem Innern, bevor sie sich abwandte, das Paneel zurück glitt und der Schrank
    wieder an seine Stelle rückte.
    Sie stellte die Truhe einen Moment auf dem Bett ab und beugte sich dann über mich.






    ‚Hör mir zu, kleine Liz’ sagte sie und strich mir sanft über das Haar. ‚Gleich wird der
    Sohn des Duke heraufkommen, zusammen mit den anderen. Du bleibst hier sitzen, und sagst
    kein Wort. Lass die anderen reden. Ich werde jetzt gehen, aber hab keine Angst, alles wird
    gut, ich werde immer in deiner Nähe sein. Vertrau mir.’ Sie drehte sich um, ich sah, wie sie
    dem Duke kurz die Hand auf die Stirn legte und dabei leise etwas vor sich hin murmelte.
    Dann streckte sie die Hand aus und die Truhe schwebte vor meinen staunenden Augen vom
    Bett zum Nachtisch hinüber. Ich hörte Schritte auf dem Flur, eine laute harte Stimme, die sich
    mit einer anderen, ebenso lauten aber eher schrillen mischte. Sie kamen immer näher. Ich
    wollte sie warnen, doch sie war bereits fort.






    Aufgeregt starrte ich zur Tür, als sie sich öffnete, und wie sie es gesagt hatte, der Sohn des
    Duke herein kam, gefolgt von seiner Frau, dem Anwalt und dem Kammerdiener des Duke,
    die aber beide an der Tür stehen blieben und sehr erboste Mienen zogen.
    Als der Lord meiner ansichtig wurde, schien er nicht sehr erfreut zu sein, mich hier
    vorzufinden, doch die Tatsache, dass er nun bald erben würde, ließ ihn mich schnell wieder
    vergessen. Er trat an das Bett heran, wie um zu sehen, ob sein Vater denn nicht endlich tot sei, und
    wich entsetzt wieder zurück.






    Onkel John hatte die Augen geöffnet, sein Blick war klar, sein Atem ging zwar langsam, aber
    er röchelte nicht mehr so. Er richtete sich auf und winkte seinem Anwalt, zu ihm zu kommen.
    Er deutete auf die neben ihm stehende Truhe und verkündete leise, aber vernehmlich:
    ‚Der gesamte Besitz des Duke of Ravensdale wird traditionsgemäß an meinen Nachfolger
    übergehen. Doch über meinen persönlichen Besitz kann ich frei verfügen, was ich hiermit zu
    tun gedenke. Dass ich meinen Sohn nicht liebe, dürfte jedem in diesem Haus bekannt sein.
    Doch dieses kleine Mädchen hier hat meine einsamen Tage oft mit Leben erfüllt, und dafür
    bin ich ihr dankbar. Außerdem trägt auch sie den Namen Morgan, dem mein Sohn so wenig
    Ehre gemacht hat. Deshalb bestimme ich, dass Lady Elizabeth Morgan diese Truhe samt
    Inhalt erhält. Ich verlange, dass dieser mein Wille anerkannt und durchgeführt wird.’
    Sein Anwalt hatte während seiner Rede alles niedergeschrieben, ließ ihn und den
    Kammerdiener als Zeugen das Dokument noch unterschreiben und fertigte eine Kopie für
    den Sohn an.






    Dessen anfängliche Gleichgültigkeit verflog, als ihm seine ebenso habgierige Frau lautstark
    klar machte, dass sich in der Truhe etwas sehr Wertvolles befinden müsse, etwas, das er mehr
    als gut gebrauchen konnte, denn außer dem unveräußerlichen Erbgut besaß der Duke kaum
    noch Nennenswertes.
    Ich kam nur mit Mühe auf die Beine, als der Kammerdiener die Truhe nahm und sie mir
    hinhielt. Er musste sie gleich darauf wieder abstellen, denn sein Herr fiel ebenso plötzlich,
    wie er sich aufgerichtet hatte, wieder nach hinten. Er konnte ihm nur noch die Augen
    schließen.
    „Ihr dürft die Truhe ruhig nehmen, Mylady“ sagte der Anwalt. „Sie gehört nun rechtmäßig
    Euch.“ Ich umklammerte die Truhe, sie war furchtbar schwer und schlüpfte
    gemeinsam mit ihm aus dem Zimmer.






    Draußen im Gang saß mein Vater, bleich und in sich zusammengesunken. Doch als der
    Anwalt ihm erzählte, was sich soeben im Schlafzimmer des alten Duke abgespielt hatte, da
    traten ihm die Tränen in die Augen, Tränen der Trauer um seinen toten Freund, aber auch der
    Erleichterung. Wie jeder andere vermutete er Geld oder etwas ähnlich Wertvolles in der
    Truhe, etwas, das uns aus den Schwierigkeiten heraus helfen würde.
    Dieser Tag war der Beginn eines neuen Lebens für unsere Familie. Auch du Patrick verdankst
    ihm deinen Wohlstand. Denn wir hatten alle recht. Der Inhalt dieser Truhe genügte, um
    unsere Schulden zu bezahlen und obendrein einen Neuanfang zu wagen. Und seit diesem Tag
    lächelte uns das Glück zu.“






    Der junge Mann nickte.
    „Vater hat mir davon erzählt, wie die unverhoffte Erbschaft unsere Familie zu Wohlstand
    kommen ließ. Doch er sagte, es wäre ein letztes Geschenk unter Freunden gewesen, weil die
    beiden Männer sich so gut verstanden hätten.“
    „Das ist auch richtig, wenn auch nur zum Teil. Immerhin hatte ich die Truhe bekommen,
    nicht mein Vater. Außerdem hätte er ihm die Truhe doch auch schon früher geben können,
    meinst du nicht? Stattdessen kam der alte, schon halbtote Duke gerade noch lange genug zu
    Bewusstsein, um ein Zusatztestament über eine Truhe aufzustellen, die niemand vorher je
    gesehen hatte. Nein, Patrick, hinter der Sache steckte eine Menge mehr. Denn was wir in der
    Truhe gefunden hatten, waren Juwelen, Catalinas Juwelen, die vor mehr als zweihundert
    Jahren verschwunden waren. Durch das Bild aus der Ahnengalerie erkannte ich sie sofort. Sie
    hatten dieses Haus nie verlassen, ebenso wenig wie deren Besitzerin.“






    ++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Damit ist das Ende der heutigen Fortsetzung erreicht. Was Elizabeth sonst noch zu erzählen hat, und das hat sie, das kommt dann beim nächsten Mal. Nochmals danke für die Geduld und ich hoffe, es hat euch gefallen.
    LG
    Nery

    *






    Zum Zeitpunkt meiner Begegnung mit ihr war ich schon lange allein, mein Bruder befand
    sich in Eton, das einzige Zugeständnis, das Vater den herrschenden Regeln machte. Er war zu
    sehr damit beschäftigt, den völligen Ruin von uns abzuwenden. Und so verbrachte ich meine
    Tage zumeist im Schlafzimmer meiner geliebten Mutter, um keine der seltenen Gelegenheiten
    zu verpassen, wenn das Laudanum, dass sie wegen ihrer furchtbaren Schmerzen nehmen
    musste, sie zu klarem Bewusstsein kommen ließ. Ich war es gewöhnt, leise zu sein und mich
    nur auf Zehenspitzen durch den abgedunkelten Raum zu bewegen, und da es niemanden gab,
    mit dem ich hätte spielen können, ließ man es zu. Dienstboten gab es kaum noch, und die
    wenigen waren immer beschäftigt. Kurz, ich hatte niemanden, mit dem ich reden konnte, dem
    ich meine Probleme, meine Ängste und Freuden anvertrauen konnte.






    Und da traf ich plötzlich eine Fremde und fühlte mich sofort so stark zu ihr hingezogen, dass
    ich ihr in einem ungeheuren Redestrom alles erzählt habe. Sie hat mich nicht ein einziges Mal
    unterbrochen. Sie saß einfach nur da, in ihrem altmodischen Kleid, dass ihr nach meiner
    Meinung gut stand und hörte zu. Ich weiß nicht mehr, wie lange es dauerte, aber sie ließ mich
    geduldig zu Ende erzählen. Dann sah sie mich eine Weile schweigend an und sagte
    schließlich:
    ‚Ich fürchte, der Duke wird deinem Vater nicht mehr helfen können. Er wird den heutigen
    Tag nicht überleben. Es tut mir leid.’
    Zuerst verstand ich nicht, wovon sie sprach, doch als ich den Sinn ihrer Worte begriff und sie
    fragen wollte, woher sie das wisse, war sie verschwunden. Ich suchte den ganzen Raum ab, es
    gab keine andere Tür, nur die, durch die ich gekommen war, aber das Zimmer war und blieb
    leer. Ihr könnt euch vorstellen, wie verwirrt ich war. Ich fragte mich, ob ich mir die
    Erscheinung nur eingebildet hatte, aber noch brannten alle Leuchter im Zimmer, ich hatte aber
    nur einen angezündet!






    Ich denke, es ist verständlich, dass mir nicht nur unheimlich zumute wurde, sondern dass ich
    wirklich richtige Angst bekam, ich riss die Tür auf und rannte so schnell ich nur konnte in die
    Kapelle zurück. Ich blieb erst vor der Kapellentür stehen, als mir einfiel, dass ich die Kerze
    dort vergessen und auch die Grabplatte nicht wieder zurückgeschoben hatte. Also lief ich
    zurück, doch sie stand auf ihrem Platz, als wäre sie nie verrückt worden. Der Staub, in dem
    vorher deutlich meine Fußabdrücke zu sehen waren, zeigte plötzlich keinerlei Spuren mehr,
    dass hier kürzlich jemand gestanden hatte. Und ein Blick zum Altar hinüber zeigte mir, dass
    keiner der Leuchter fehlte.
    Wie betäubt verließ ich die Kapelle. Ich versuchte, mir darüber klar zu werden, ob das eben
    Erlebte tatsächlich real oder doch nur eine Sinnestäuschung war, hervorgerufen durch meine
    zugegeben recht lebhafte Phantasie.“






    „Ich denke, genauso wird es gewesen sein.“ meinte Patrick freundlich. „Du hast erzählt, du
    wärest sehr einsam gewesen. Was liegt da näher, als sich eine imaginäre Freundin zu
    schaffen, jemanden, den man ganz für sich allein hat, den man mit niemandem teilen muss,
    den nur du sehen konntest, einen Geist eben.“
    Lady Alice nickte eifrig. „Das wäre doch völlig verständlich.“
    Elizabeth schüttelte den Kopf. Die zwei schienen jede Erklärung in Betracht zu ziehen, nur
    nicht die Wahrheit. Würde sie den beiden erzählen, sie wäre König Artus begegnet, würden
    sie ihr wohl eher glauben.
    „Ich wünschte es wäre so gewesen“ seufzte sie daher. „Aber es handelte sich um eine reale
    Erscheinung, das sollte ich bald herausfinden.






    Zunächst bemerkte ich das geschäftige Treiben um mich herum nicht. Doch dann kam mein
    Vater auf mich zu und zog mich in einen Nebengang. Wo ich gewesen sei, fragte er mich.
    Dabei klang seine Stimme irgendwie gehetzt, besorgt und traurig zugleich. Wir müssten jetzt
    gehen, meinte er. Ich wollte aber unbedingt noch zu unserem Gastgeber, denn das, was ich
    soeben gehört hatte, spukte noch immer in meinem Kopf herum. Aber mein Vater sah mich
    nur an und sagte mit unglaublich müder Stimme:
    ‚Du kannst nicht mehr zu ihm, meine Kleine, Onkel John liegt im Sterben.’ Er streckte seine
    Hände aus und zog mich in seine Arme. Er hatte das schon lange nicht mehr getan, doch ich
    nahm es kaum wahr. In meinem Kopf dröhnten die Worte der Fremden ‚Der Duke wird den
    heutigen Tag nicht überleben!’, wieder und immer wieder hörte ich dieselben Worte. Ich hielt
    mir die Ohren zu, doch es half nichts.
    ‚Sie hat es gewusst, Vater, wieso hat sie es gewusst?’ rief ich und lief hinaus.






    Ich wollte zu ihm, denn ich hatte ihn sehr gern. Er war noch kein alter Mann, gerade mal 52,
    aber er war nicht sehr glücklich. Früh Witwer geworden, blieb ihm von seinen drei Söhnen
    nur der jüngste, ein Taugenichts und Verschwender, wie man ihn sich schlimmer nicht
    vorstellen kann. Stellt euch James vor und das noch eine Spur schlimmer. Onkel John hatte
    ihm sein Haus verboten und verschloss sich auch vor seinen Nachbarn, weshalb er mit den
    Jahren ein einsamer Mensch wurde. Doch zu mir war er immer gut gewesen, jetzt lag er im
    Sterben, und sie hatte es gewusst. Ich kann nicht sagen, warum, aber aus irgendeinem Grund
    wusste ich, dass sie etwas mit seinem Tod zu tun hatte, und der Gedanke erschreckte mich.
    Ich hatte den Absatz gerade erreicht, da hörte ich, wie der Butler die Haustür öffnete und den
    Sohn des Duke und seine grauenhafte Frau hereinließ. Die Geier waren angekommen in der
    Erwartung ihrer Beute. Ich hatte nicht mehr viel Zeit, deshalb beeilte ich mich.“






    Es war niemand in der Nähe, als ich mich in sein Schlafzimmer schlich. Auch drinnen fand
    ich niemanden vor. Er lag auf seinem Bett, seine Gestalt verschwand fast zwischen den
    Kissen, seine große Hakennase ragte aus dem wachsbleichen Gesicht, die Augen waren
    geschlossen, er röchelte nur noch, ein furchtbares Geräusch. Ich fühlte mich unsagbar elend.
    Ich war allein mit einem sterbenden Menschen. Zum erstenmal in meinem Leben stand ich
    dem Tod direkt gegenüber und ich musste plötzlich daran denken, dass ich womöglich bald
    ebenso am Bett meiner Mutter stehen würde. Das allein genügte, mir die Tränen in die Augen
    zu treiben. Ich zog mir einen Stuhl heran und weinte leise vor mich hin.






    Und da verspürte ich plötzlich einen kleinen Lufthauch, der mich frösteln und zwei der Kerzen verlöschen ließ, und als ich
    aufblickte, sah ich direkt in ihre meergrünen Augen. Eigentlich wollte ich etwas sagen, doch
    kein Laut kam über meine Lippen. Ich war gefangen in ihrem Anblick, unfähig etwas zu
    sagen oder mich zu bewegen. Erst als ich ihre Stimme vernahm, brach der Bann.
    ‚Du solltest nicht hier sein, Kleines. Das ist kein Ort für dich. Außerdem wenn sie dich hier
    finden, dann bekommst du sicher Schelte’ meinte sie. Und sie sagte das wieder auf diese
    unendlich sanfte Art, als wäre sie meine Mutter, die mich beschützen will. Auf einmal fiel es
    mir ganz leicht, sie zu fragen, was ich wissen wollte, warum sie vom Tod des Duke gewusst
    hatte. Da legte sich ein Schatten über ihr Gesicht und ihr Lächeln wurde traurig.
    ‚Seine Zeit ist noch nicht gekommen, aber er muss dennoch gehen. Das ist das Gesetz seiner
    Familie.’ Ich bemühte mich, es zu verstehen, nur gelang es mir nicht.





    ++++++++++++++++++++++
    geht noch weiter

    *






    „Warum um alles in der Welt rennst du so, als ob der Teufel hinter dir her wäre?“ keuchte sie,
    während sie sich gleichzeitig fragte, ob sie nicht lieber doch damit aufhören sollte, sich derart
    eng einzuschnüren, selbst wenn die Mode es verlangte. Allerdings bemerkte sie, dass auch ihr
    Sohn ein wenig nach Luft rang, da er, um sie einzuholen, noch schneller hatte laufen müssen.
    „Woher willst du wissen, dass das, was du suchst, noch existiert, Tante Liz?“ fragte Patrick
    gerade und reichte seiner Mutter den Arm, damit sie sich auf ihn stützen konnte. „Immerhin
    hat mein Vorgänger in der Kapelle einige Umbauten vorgenommen, wobei ich mich immer
    noch frage, woher er das Geld dafür genommen hat, wo er doch so gut wie nichts mehr
    besaß.“
    „Beruhigt Euch beide, es ist alles noch da, ich habe bereits gestern Abend nachgesehen. Wir
    müssen hier entlang.“ Elizabeth wies auf das schmale Seitenschiff, in dem die ältesten
    Familiendenkmäler aufgestellt waren.






    „Diese beiden Epitaphe für seine Eltern ließ der zweite Duke Stanley Morgan hier aufstellen“
    erklärte Elizabeth. „Er verfügte, sie niemals zu versetzen. Und er hatte dafür einen sehr guten
    Grund. Passt auf!“
    Sie drückte der Reihe nach auf drei der kleinen Wappenschilde auf der Umrandung der
    Grabplatte des Mannes und plötzlich klappte die Platte mit einem unheimlichen Geräusch
    nach hinten. Lady Alice wich erschrocken zurück, während Patrick fasziniert hinein lugte und
    es kaum erwarten konnte, den zum Vorschein gekommenen Gang zu betreten. Allein seine
    Erziehung hemmte seinen Eifer und ließ der Tante den Vortritt. Nach einer kleinen Warnung
    vor den Spinnweben ging sie den beiden voran.






    „Am anderen Ende dieses Ganges befindet sich ein geheimer Raum. Beides existierte schon,
    bevor der erste Duke Ravensdale Hall auf den Mauern der alten Abtei erbauen ließ, die man
    unter König Henry größtenteils abgerissen hat. Jedenfalls ließ er ihn bestehen und zeigte ihn
    nur seinem ältesten Sohn als eine Art Familiengeheimnis. Doch Stanley Morgan hat niemals
    jemand anderem davon erzählt, sondern behielt das Geheimnis für sich und tat alles, damit es
    auch so blieb. Er verbarg den Zugang hinter dem Epitaph des Vaters, nachdem er den
    Öffnungsmechanismus mit den Wappen hatte verbinden lassen. So glaubte er sicher sein zu
    können, dass niemand außer ihm je wieder hier hinein gelangen würde. Er hatte nur nicht mit
    der Neugier eines kleinen Mädchens gerechnet.“






    Hinter sich spürte sie die wachsende Ungeduld ihres Großneffen und öffnete die Tür. Wieder
    quietschte sie in den Angeln, und wieder hörte es sich wie der Klagelaut eines Menschen an.
    Zielsicher ging sie zum Leuchter auf der Kommode und entzündete die Kerzen, damit ihre
    Verwandten, die staunend in der Tür stehen geblieben waren, etwas mehr sehen konnten von
    dem kleinen Zimmer.
    „Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie jagt dieser Ort mir Schauer über den Rücken!“
    meinte Lady Alice und weigerte sich zunächst entschieden, auch nur einen Fuß über die Schwelle
    zu setzen. Also schob sich Patrick an ihr vorbei und begann, sich in dem Raum umzusehen.
    Als erstes fielen ihm die Waffen genau gegenüber auf und er steuerte direkt darauf zu.






    „FLM?“ las er und drehte sich wieder zu Elizabeth um. „Was bedeutet das?“
    „Das sind die Initialen des ursprünglichen Besitzers, Don Federico de Lorca y Mondragos,
    Conde da Silva. Er gab sie seiner Tochter Catalina mit, als Geschenk für ihren zukünftigen
    Schwiegervater, den ersten Duke of Ravensdale.“
    „Schwiegervater? Dann ist sie... diese... diese spanische Braut aus dem Bericht?“
    Elizabeth nickte und ließ sich in den Lehnstuhl sinken. „Dona Catalina kam als Braut in
    dieses Haus und ist hier verschwunden, ebenso wie ihre Juwelen, zu denen auch diese beiden
    Dolche dort gehörten. Sie...ist der Geist, von dem ich sprach, der Fluch der Morgans, der
    jeden Titelträger heimsucht. Und bevor du mich fragst, woher ich das weiß, ich hab sie
    gesehen, hier, in diesem Raum, als ich den Eingang entdeckte.“
    Lady Alice erbleichte und wurde von Patrick sofort in einen der Klappsessel genötigt,
    bevor er sich ebenfalls niederließ.






    „Aber das ist doch alles Unsinn, Tante Liz,“ wandte Patrick ein, als er sich von seinem ersten
    Erstaunen erholt hatte. „Ich will ja gern glauben, dass du überzeugt bist, hier vor fünfzig
    Jahren etwas gesehen zu haben, aber du musst bedenken, du hattest doch bestimmt Angst und
    deine Sinne waren aufs äußerste aufgeregt. Das kleinste Geräusch kann in solchen
    Augenblicken ...“
    „Das mein Lieber ist Unsinn.“ schnitt sie ihm ein wenig unwirsch das Wort ab. „Glaubst du
    vielleicht, nur weil ein Luftzug einen Vorhang bewegt, bilde ich mir ein, hier jemanden stehen
    zu sehen? Aber genau so war es. Ich öffnete die Tür“, ihre Stimme wurde leiser, während sie
    erneut in ihren Erinnerungen versank. So mussten die beiden sich anstrengen, um sie noch zu
    hören.






    „Es war dunkel in dem Raum. Der einzige Lichtstrahl kam von meiner Kerze. Die Luft war
    dumpf und roch modrig. Ich spürte, wie in mir der Ekel hochstieg. Vorsichtig schob ich die
    Tür ganz auf und betrat den Raum. Doch als ich mich umdrehte, blieb mir vor Schreck fast
    das Herz stehen und ich erstarrte.
    Mir genau gegenüber stand eine Frau und blickte mir direkt in die Augen. Die Kerze fiel aus
    meiner Hand und erlosch. Ich taumelte nach hinten und suchte nach der Tür, doch ich konnte
    sie nicht finden. Ich begann zu stottern, irgendetwas, das wie eine Entschuldigung für mein
    Eindringen klingen sollte und ich wäre wohl davongerannt, wenn sie nicht etwas getan hätte,
    das meine Beine in Butter verwandelte, so dass ich mich unmöglich von der Stelle bewegen
    konnte. Vor meinen Augen und ohne dass sie ihn auch nur mit dem kleinen Finger berührt
    hätte, bewegte sich der Leuchter. Er entzündete sich selbst aufs neue und schwebte vom
    Fußboden auf die Kommode hinter mir. Ja und dann ...






    ‚Du solltest vorsichtiger sein, oder willst du das ganze Haus in Brand stecken?’ fragte sie
    mich und ließ ein leises, perlendes Lachen hören. Nie werde ich dieses Lachen vergessen. Es
    klang so freundlich und gütig und ließ mich sofort Vertrauen fassen. Ich hatte das Gefühl, als
    würde ich sie schon seit einer Ewigkeit kennen, als wäre sie... eine Freundin, eine sehr gute
    Freundin.“ Ihr Blick glitt traurig von Lady Alice zu Patrick.
    „Ich hatte damals keine Freundin mehr. Solange mein Vater genügend Geld besaß, waren dein
    Großvater und ich von sogenannten Freunden nur so umlagert, doch nachdem die finanzielle
    Katastrophe über uns hereinbrach, verließ uns einer nach dem andern aus fadenscheinigen
    Gründen.





    ++++++++++++++++++
    geht noch weiter

    *






    „Ich war damals elf Jahre alt und häufig mit meinem Vater auf Ravensdale Hall zu Besuch. Er
    und der damalige zehnte Duke, den ich stets nur Onkel John nannte, waren nicht nur entfernte
    Verwandte, sondern auch sehr gute Freunde.
    Unser Leben war nicht leicht zu jener Zeit. Nicht nur, dass meine Mutter schwerkrank war,
    nein, meinen Vater plagten schon seit einer geraumen Weile noch ganz andere, schwere
    Sorgen, die er mit Onkel John besprach, während ich die Unmengen an Büchern erkundete,
    die es in der Bibliothek zu entdecken gab.
    Man hatte zwar versucht, es vor mir zu verheimlichen, aber letztendes konnte mir nicht
    verborgen bleiben, dass mein Vater unter enormem Geldmangel litt. Uns stand das Wasser bis
    zum Hals. Wenn nicht ein Wunder geschehen würde, so hörte ich Vater einmal zu dem Duke
    sagen, würden wir bald unser Heim und alles, was wir besaßen, verlieren. Mein Vater war
    kein guter Landwirt gewesen.“






    Eine Weile sinnierte sie traurig vor sich hin, gefangen in ihren Erinnerungen. Doch dann gab
    sie sich einen Ruck und fuhr fort.
    „An diesem speziellen Tag, der unser aller Leben so grundlegend veränderte, war mein Vater
    in ganz besonders gedrückter Stimmung gewesen. Er hoffte, dass Onkel John ihm noch
    irgendeinen Rat geben konnte, wie er die Katastrophe, die uns drohte, noch abwenden könne.
    Doch als wir auf Ravensdale Hall eintrafen, sagte man uns, dass der Herzog, obwohl schon
    eine Weile leidend, plötzlich schwer erkrankt war. Mein Vater wurde ganz blass und schickte
    mich in die Bibliothek, während er selbst zu seinem Freund eilte. Obwohl ich normalerweise
    jedes Mal tief in der Welt der Bücher versank, wenn ich mich hier aufhielt und dabei alles
    andere vergaß, konnte ich mich diesmal einfach nicht auf ein Buch konzentrieren. Wahllos
    griff ich von einem zum andern, immer in Gedanken bei meinem Vater.






    Aber dann... dann fand ich doch etwas, das mich zu fesseln vermochte. Aus einem der etwas
    älteren Bücher, in denen die Geschichte des Königreiches behandelt wurde, fielen einige eng
    beschriebene Seiten Papier heraus und verschwanden fast unter dem Regal. Es kostete mich
    große Mühe, die kleinen verschnörkelten Buchstaben zu entziffern, aber was da geschrieben
    stand, lohnte die Mühe in meinen Augen.
    Geschrieben wurden diese Seiten von Johns Großvater, einem Mann mit einem aufwendigen
    Lebensstil, wie ich heute weiß. Er ließ einen Großteil des Schlosses umfassend renovieren, bis
    ihm das Geld ausging. Etwas, das alle Morgans miteinander teilten. Ihr Geld reichte nie.“
    Patrick räusperte sich zwar vernehmlich, doch Elizabeth störte sich nicht daran und sprach
    weiter.






    Er schrieb davon, wie er im Zuge der Renovierung in der Bibliothek auf ein paar alte
    Dokumente gestoßen war, in denen von einem Rätsel die Rede war, das man nie hatte lösen
    können. Im 16. Jahrhundert war nach dem Tod des zweiten Duke eine gewisse Zahl
    kostbarster Juwelen verschwunden, welche dieser geerbt und dem Familienschatz einverleibt
    hatte. Es gab keinen Hinweis darauf, dass er sie verkauft hätte, obwohl er als Grundherr nicht
    erfolgreicher gewesen war, als mein Vater. Doch, obwohl man das Schloss auf den Kopf
    stellte, die Juwelen blieben verschwunden. Johns Großvater berichtete nun, dass er aus
    Neugier diese Suche fortgesetzt hatte. Ich denke eher, er hoffte, durch diese Juwelen wieder
    zu Geld zu kommen. Er scheiterte, doch seine Suche brachte etwas anderes zutage, dass
    nämlich die Geschichte dieser Juwelen noch weitaus geheimnisvoller war, als es anfangs
    erschien. Nicht nur sie waren verschwunden, sondern auch ihre ehemalige Besitzerin....Johns
    Großvater erwähnte ihren Namen nicht, er nannte sie nur noch die „spanische Braut“.






    Ich war so fasziniert von dieser Geschichte, dass ich all meinen eigenen Kummer vergaß. In
    dem Bericht hieß es, der einzige noch existente Hinweis auf die Juwelen wäre ein Porträt von
    Stanley Morgan und seiner Gemahlin, auf dem sie einen Teil dieser Juwelen trug. Ich musste
    mir das einfach ansehen. Also ließ ich das Buch in der Bibliothek zurück und wanderte durch
    das fast schon totenstille Haus zur Ahnengalerie, wo es hängen sollte. Niemand nahm von mir
    Notiz, die Diener hasteten an mir vorbei, als würden sie mich gar nicht sehen. So hatte ich
    genügend Muße, mir die Bilder in Ruhe anzusehen. Das Porträt unseres pferdeverrückten
    Vorfahren kannte ich schon, es war nur eine kleinere Kopie dessen, was in Langley Park hing.
    Also beachtete ich es nicht weiter. Stattdessen wurde ich sofort von dem seines Bruders
    Stanley angezogen. Ich weiß noch genau, dass ich mich immer unwohler fühlte, je länger ich
    in seine hochmütig blickenden Augen sah. Dabei war ich doch nur wegen der Juwelen
    gekommen. Es war wirklich besonders kostbarer Schmuck, würdig, von einer Königin
    getragen zu werden und mit Sicherheit ein schwerer Verlust für die Familie.






    „Ich weiß welches Bild du meinst, es hängt immer noch in der Galerie,“ warf Patrick ein, als
    sie eine kurze Pause machte. „Wer weiß, was mit dem Schmuck passiert ist. Vielleicht hat er
    ihn beim Spiel verloren. Er wäre nicht der Einzige in dieser Familie, der auf die Weise sein
    Vermögen durchgebracht hat. Aber ich sehe immer noch nicht, was das nun alles mit diesem
    sogenannten Geist zu tun hat, von dem du sprichst?“
    Sie lächelte still, verschränkte ihre Hände und sah ihn mit einem gütigen Lächeln an. Geduld
    war noch nie eine seiner Stärken gewesen.
    „Einen Augenblick noch, mein Junge. Ich komme gleich dazu. Er hat den Schmuck nicht
    verspielt, noch hat es ein anderer getan. Aber lass mich das Ganze der Reihe nach erzählen.“






    Wie ihr wohl inzwischen selbst herausgefunden habt, führt von der Ahnengalerie eine Treppe
    direkt in die Kapelle. Ich folgte dem Bericht und ging hinunter. Zwar rechnete ich kaum
    damit, irgendeinen Hinweis zu finden, dem nicht auch schon Johns Großvater nachgegangen
    wäre, aber es erschien mir doch alles viel zu faszinierend, um es nicht zu tun, es war ein
    Abenteuer, das ich zu bestehen hatte. Ich ahnte ja noch nicht, was für ein Abenteuer das
    werden würde. Denn nur wenige Augenblicke später fand ich in der Kapelle etwas, womit ich
    nicht mal in meinen wildesten Fantasien gerechnet hätte, etwas, dass der Mann damals
    übersehen hatte.“
    Sie hielt inne und sah ihre Zuhörer an. Die beiden sahen aus wie Kinder, denen man eine
    spannende Gutenachtgeschichte erzählte.
    „Nun“ meinte sie und sprang in einem plötzlichen Entschluss auf. „Es wäre wohl das Beste,
    die Tatsachen für mich sprechen zu lassen.“ Ohne eine weitere Erklärung wandte sie sich zur
    Tür.






    „Wo willst du hin, Tante Liz?“ rief Patrick ihr erstaunt hinterher und stieg aus dem Bett.
    „Ich werde in die Kapelle gehen und wenn ihr sehen wollt, was ich dort gefunden habe, solltet
    ihr mich begleiten.“
    Patrick sah fragend zu seiner Mutter hinüber, die nur hilflos die Schultern zuckte, sich
    ebenfalls abwandte und der Tante folgte. Es blieb ihm nichts weiter übrig, als in größter Hast
    in ein paar Hosen zu steigen, einen Hausmantel überzuwerfen und sich im Hinausstolpern die
    Schuhe anzuziehen.
    Was um alles in der Welt war nur in seine Tante gefahren? fluchte er dabei leise vor sich hin.
    Sie eilte in solchem Tempo durch die Gänge und die Treppen hinab, dass die beiden, obwohl
    um vieles jünger, Schwierigkeiten hatten, mit ihr Schritt zu halten. Ihr schien es nichts
    auszumachen, während Lady Alice völlig außer Atem in der Kapelle anlangte.






    ++++++++++++++++++++
    geht noch weiter