Aus "Spieltrieb" von Juli Zeh.
"Der Pragmatismus, hatte sie einmal gesagt, ersetzt uns alles, was früher die großen Ideen, die Ideologien und Religionen, der Glaube an Friede, Menschrechte und Demokratie zu bieten hatten. Der Pragmatismus hält uns davon ab, zu Verbrechern zu werden, oder macht uns zu solchen, wenn es nötig ist. Er legitimiert das Bestehen von Rechtssystem, Familie und Arbeit, er lässt uns nett sein und empfiehlt, sich ein angenehmes Äußeres zu erwerben. Nachdem wir uns aller Zwänge nach und nach entledigt haben, sorgt ein einziger Betreuer für uns: Pragmatismus. Du wirst schon sehen, uns, den Entleerten, fehlt es wahrlich an nichts!"
"Ein Ort ist ein Ort. Die Frage, wo man sich befinde, wird für gewöhnlich überschätzt. Wir leben nicht mehr wie Tiere, die sich ihre Futterplätze merken müssen. Essen und Trinken und eine Bettstatt für die Nacht finde ich überall auf der Welt und glaube dennoch, dass Geschmack und Konsistenz des Essen und der Geruch des Laken eine Bedeutung für mich haben könnten. Der blaue Himmel, scheint es, ist zum farbigen Pappdeckel einer Spielesammlung geworden. Wenn das alles ein Spiel ist, sind wir verloren. Wenn nicht – erst recht."
"Es geht doch immer nur darum, dass eine, dass die Geschichte sich selbst erzählen kann. Wir alle sind nicht mehr als leise Stimmen im kakophonem Chor, gelegentlich ein vorwitziges Solo spielend, nie mehr als wenige Sekunden, wenige Zeilen lang.
Und hiermit ist alles gesagt."