[Fotostory] Because she witnessed

„Verdammt!“

In diesem ungemütlichen Aufklapp-Bett findet selbst ein Obdachloser keinen Schlaf.

Ich überlegte noch mal, dann schlug ich mir diese Behauptung schnell wieder aus dem Kopf. Ein Obdachloser wäre an meiner Stelle sicher froh. Doch ich bin es nicht! Ich bin ein entführtes Mädchen, welches in einem dunklen, feuchten Keller keinen Schlaf findet und einfach nur noch seine Eltern um sich haben möchte.

Ich wälzte mich von einer Seite auf die andere, die Bettdecke kratzte leicht an meiner Haut, mir war bitterkalt.

Seit Tagen trug ich nun dieselben Sachen, langsam aber sicher sehnte ich mich nach einer Dusche und ein paar neuen Klamotten. Nicht, dass ich stinken würde, nein…ich roch einfach nur etwas übel!

Mit einem Ruck saß ich auf der Bettkante. Meiner Haare waren zerzaust gewesen, also hatte ich mir die schöne Blumenspange, die mir meine Mum zum Geburtstag geschenkt hatte, in meine Hosentasche gestopft und hatte mein langes, blondes Haar jetzt auf der Schulter. Ich hatte keine Kraft, mich ganz zu erheben, deswegen blieb ich sitzen und starrte ins Leere…

„Normalerweise finden wir die Vermissten immer, wir werden unser Bestes geben, Mr. und Mrs. Hudgens, keine Sorge! Am Besten ist, sie fahren jetzt nach Hause und überlassen uns den Fall!“

Der Kommissar hatte kleine Fältchen auf der Stirn bekommen, nachdem er ausgesprochen hatte. Wie sollte Liz jetzt noch an Ruhe denken können? Ihre Tochter, ihr Ein und Alles, war verschwunden und die Polizei sagte Tag für Tag das gleiche. Liz war mit ihren Nerven am Ende und John hatte in diesem Moment Schwierigkeiten, ihr beizustehen, da er selber sehr drunter litt. Doch trotzdem hielten sie zusammen und fuhren nach Hause.

„Was ist, wenn sie tot ist…?“

Diese Worte schossen aus Johns Mund wie sonst was, und man hörte die Angst laut und deutlich in seiner Stimme. Liz blickte ihn mit großen Augen an.

„Nein, das ist sie nicht, bestimmt nicht. Eine Mutter spürt, wenn es ihrem Kind nicht gut geht. Und ich bin mir ganz sicher, dass sie irgendwo da draußen ein weiches Bett und etwas Warmes zu essen bekommt…wenn auch nicht von uns.“

„Bist du dir sicher?“

…

„Ganz sicher!“

Ob die Sonne schien oder es dunkle Wolken zu sehen gab, das wusste ich nicht, denn ich hatte nicht einmal ein Fenster in diesem Keller.

„Verdammt! Ich will hier weg und …“

Plötzlich hörte sie wieder Schritte, doch diesmal waren es keine Hackenschuhe, die sie hörte, und auch keine großen Treter, denn die würden auch Krach verursachen. Nein, es waren leichte Schritte. Das nahm mir etwas die Angst, und trotzdem versteckte ich mich hinter meinem Bett.

„Hallo? Wo bist du?“

Eine Jungenstimme hallte durch den Keller. Ich blickte hervor und…und da stand tatsächlich ein Junge, der bestimmt ihrem Alter gleicht. Zumindest sah er so aus.

Er hatte kurzes, schwarzes Haar und, wie ich fand, leuchtende Augen.

„Oh, ähm… hey! Ich.. ich soll dir hier diese Sachen geben, damit du wieder was frisches zum anziehen hast…!“

Er hatte eine etwas leise Stimme, doch ich konnte ihm Dank dem Hall deutlich verstehen. Doch ich wusste nicht, ob ich ‚Danke’ sagen sollte, oder doch fragen sollte, wer er ist und warum ich hier bin. Ich entschied mich fürs Erste, da er sicher selber nicht viel wusste.

„Danke… und wer bist du? Also, ich heiße Melody, und ich bin in einem Keller, weit weg von meinen Eltern und weiß nicht mehr weiter!“

Er blickte etwas verwirrt daher, dann setze er sich zu mir aufs Bett und sagte, dass er Dylan heißt. Ich fand diesen Namen schon immer sehr schön, da es diesen Namen früher immer in meinem Lieblingsmärchen gab. Ich erzählte ihm dass und er wurde rot. Jungs!

„Oliver? He, wo steckst du denn?“

Eine junge Frauenstimme, ich vermutete, dass es die der netten Frau von vorhin war, rief nach ihrem Sohn.

„Oh Mist, jetzt muss ich hoch, tut mir wirklich Leid…ach, Melody? Es war wirklich schön dich kennen zu lernen. Wir sehen uns bestimmt bald wieder!“

Oliver winkte mir schnell zu, bevor er die Treppen hoch lief und die Kellertür hinter sich schloss.

Nett.

Ja, ich fand ihn wirklich sehr sympathisch. Und er war nicht einer von den meisten, wie z.B. die aus meiner Klasse, die mich nicht leiden mögen nur weil ich ein paar Dinge schon genau so gut kann wie manche 6. Klässler. Dafür konnte ich ja wohl auch nichts, immerhin hatten meine Eltern mich schon mit frühem Alter in den besten kindergarten geschickt

Mama sagt immer, die seien nur eifersüchtig. Aber sie weiß ja auch nicht wie es ist, alle gegen sich zu haben.

Ich blickte durch den Raum. Dabei musste ich wieder an Loraine denken. Sie ist eine der wenigen, die sich wirklich mit mir abgeben wollen. Ihr ist es ganz egal, ob ich besser bin als sie oder nun nicht. Sie sagt, sie mag mich so wie ich bin und das macht mich wirklich glücklich. Was sie jetzt grade wohl macht…?!

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„Jooohn! Komm jetzt endlich runter, das Essen wartet nicht auf dich!“

Liz hatte nach einigen Tagen endlich wieder gekocht. Gerade wollte sie die Treppen hochlaufen, da klingelte auch schon das Telefon. Erschrocken blieb sie stehen.

„Das Telefon! John, das Telefon klingelt!“

Hektisch lief Liz in Richtung Telefon, bei jedem Hüpfer hoffend, es gäbe Neuigkeiten. Sie stand vor dem Telefon, betete leise und sprach immer wieder vor sich hin.

„Oh bitte, lieber Gott, gebe mir meine Melody wieder.“

Sie atmete tief ein, griff den Hörer und hielt ihn sich ans Ohr.

„Hallo, ich bin es, Loraine -"

Liz war zutiefst enttäuscht, hatte sie doch so gerne Melodys Stimme hören wollen. Aber unhöflich wollte sie auch nicht wirken, immerhin war Loraine Melodys beste Freundin. Und Liz wusste ganz genau, dass ihre Tochter nicht so viele dieser Sorte hatte.

„-ist Melody vielleicht zu Hause? Es sind ja immerhin Ferien, vielleicht könnten wir was unternehmen!“

„Oh, ähm, nun ja, also -"

Liz hielt nicht viel vom lügen, aber die Wahrheit zu sagen kam im Moment auf gar keinen Fall in Frage. Nur, was sollte sie Loraine jetzt erzählen?

„-Nun, Melody ist zu ihrer Tante nach England geflogen. Ich weiß nicht genau, wie lange sie bei ihr bleibt, aber ich werde ihr sagen, dass du angerufen hast“

Sie legte den Hörer auf, drehte sich um und wollte zurück in die Küche. Doch sie blieb etwas erschrocken stehen, denn John hatte das gesamte Gespräch mitverfolgt.

„Seit wann lügst du denn, und dann auch noch so heftig?“ John grinste sie etwas frech an, hatte er es ja nicht böse gemeint.

„Ach John, hör auf mit dem Quatsch. Oder wär’s dir lieber gewesen, wir hätten ihr gesagt dass wir selbst nicht wussten wo unsere Melody steckt und sie solle uns doch bald wieder beehren? Unsinn, nun komm endlich, Essen ist fertig.“

Ich versuchte, etwas aus dem Fenster sehen zu können. Aber unmöglich. Es war zu weit oben und außerdem eh zu klein. Viel Mondschein bietet es auch nicht. Wenn ich doch bloß in meinem kuscheligen Bett bei Mama und Papa liegen könnte.

Ich saß dem Bett. Ständig schaute ich rüber zur Treppe, in der Hoffnung, Oliver würde dort stehen und mich anlächeln. er war irgendwie anders. So nett, ihm war alles völlig egal. Aber genau das lässt ihn auch irgendwie traurig aussehen. Ich würde nur zu gerne wissen, was da oben los ist. Vielleicht war er auch der Sohn von Newman?

Aber er hatte ehrlich gesagt keinerlei Ähnlichkeit mit ihm.

Ich konnte nicht einschlafen und vertrieb mir die Zeit mit nachdenken. Immerzu dachte ich an Mum. Nur gut, dass wir jetzt Ferien in der Schule hatten, so würden keine Fragen auftauchen. Obwohl…es interessierte sich ja doch keiner für mich. Also brauch ich mir keine allzu großen Sorgen machen. Ich möchte nur wissen, was die hier mit mir wollen. Ich mein, ich sitz hier sicher schon 1 Woche fest. Frische Luft kenn ich gar nicht mehr.

Wie, als hätte jemand diese Gedanken gelesen, ging die Kellertür mit einem lauten knirschen auf und jemand stieg die Treppe herab.

„Oliver!“

„Psst, leise, bitte. Wenn die mich hier unten erwischen, krieg ich sicherlich eine Woche Hausarrest.“

Ich freute mich wirklich riesig über Olivers Besuch. Er kam zu mir und setzte sich auf den Stuhl mir gegenüber.

„Was machst du denn hier unten“, fragte ich ihn.

„Naja, oben ist es ziemlich langweilig und ich hab Gesellschaft gesucht. Naja, und mitten in der Nacht Freunde anzurufen wäre sicherlich das letzte, was in Frage kommen würde.“

Ich musste kichern. Er hatte irgendetwas an sich, es gefiel mir einfach, hier zu sitzen und mit ihm zu reden.

„Hast du eigentlich noch Geschwister“, wollte ich von ihm wissen. Ich war wirklich neugierig geworden.

„Nein, ich sitze oft allein in meinem Zimmer, weil meine Eltern kein zweites Kind wollen. Dabei würde ich mir eigentlich schon eins wünschen. Mein richtiger Vater ist weggegangen, als ich 3 war. Aber naja, das ist jetzt auch egal.“

Da saßen wir dann, einer schaute den andren an, und das sicherlich 5 Minuten lang. Grad wollte ich diese Stille unterbrechen, da tat er es auch schon.

„Und du-", fing er an,

„-hast du denn Geschwister?“

„Nein, ich bin auch ein Einzelkind. Aber nicht, weil meine Eltern kein zweites wollen, sondern weil sie einfach, naja, sie arbeiten beide in einer Firma, die ihnen gehört. Sie haben einfach keine Zeit. Ich weiß, das sie mich lieben, aber es haben jetzt sicherlich schon 4 verschiedene Nannys bei uns gelebt, um auf mich aufzupassen, während sie in wichtigen Besprechungen sind.“

Er blickte mich traurig an, das konnte ich spüren, ohne ihn anzusehen.

„Mein Dad hat mir dann immer tolle Reisen versprochen, die er dann aber nur selten einhalten konnte, weil doch wieder was dazwischen gekommen ist.“

....

„Hey!“

Oliver stieß dieses kleine Wort, wohl aus Versehen, so laut aus, dass er es sogleich bereute und sich die Hand vor den Mund drückte. Er hielt kurz inne, hatte er doch geglaubt, kleine Schritte wahrzunehmen. Doch als er sich sicher war, dass es nur eine Einbildung war, sprach er weiter.

Er blickte mich mit erwartungsvollen Augen an. Ich war mir aber nicht ganz so sicher bei der Sache. Ich meine, was wäre, wenn uns jemand erwischen würde? Gut, es war Nacht und sie würden bestimmt alle schlafen, aber trotz allem hatte ich ein ungutes Gefühl bei der Sache. Mum hat immer gesagt, ich soll nichts Unüberlegtes tun.

Ich schaute ihn verwirrt an, entschied mich aber letztendlich positiv, hatte ich Oliver doch nicht enttäuschen wollen.

„Also gut, bleib einfach dicht hinter mir, ich gucke dann immer, ob die Luft auch rein ist.“

Wir liefen beide die Treppe hoch, vor der Tür blieb er plötzlich stehen und öffnete sie einen Spalt. Ich musste mich eng an ihn schmiegen, sonst wäre ich kopfüber die Treppe runtergefallen. Ich atmete seinen Duft ein. Er roch wirklich sehr gut, und er war so warm.

„Niemand da, komm, wir müssen da lang.“

Er zeigte in Richtung Treppe. Wir schlichen zu ihr hinüber, wobei ich mir währenddessen die Einrichtung anschaute. Stil hatte seine Mutter ja, das musste man ihr lassen. Es war alles sehr einladend eingerichtet.

„Die Treppe hoch.“

Bei einer Stufe knarrte es dann plötzlich ganz laut. Wir blieben beide wie angewurzelt stehen, sahen uns an. Nichts. Wir hatten wirklich Glück gehabt.

Kaum hatte ich mich versehen, standen wir auch schon in seinem Zimmer. Es war wirklich Jungenhaft, übrigens auch blau. Er hatte wirklich ein Paradies für die männliche Seite in seinem Zimmer. Die Möbel waren hell, und auch die Farben hatten einen hellen Touch.

„Oliver?“

Oh nein, Mum hatte recht. Ich sollte nie wieder etwas mit einem schlechten Gefühl tun.

„Los, schnell, geh unter den Schreibtisch. Ich schlüpf ins Bett.“

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„Ja, hier bei Hudgens?“

John meldete sich am Telefon, Liz schien gerade beim einkaufen zu sein.

„Wie? Sie haben schon eine Spur? Und?“

John schien einerseits glücklich, andererseits etwas aufgeregt. Er wollte seine Tochter so schnell wie möglich wieder in seinen Armen halten.

„Gut, danke, wir werden gleich da sein!“

„Ich bin wieder da.“

John blickte sofort in Richtung Tür.

„Liz, hör zu, die Polizei hat gerade angerufen und-"

Liz blickte ihn mit großen Augen an, ließ fast sogar die Einkäufe fallen.

„Was? Was haben sie gesagt. Wo ist Melody? Haben sie meine kleine Melody gefunden?“

Liz fiel John überglücklich in die Arm. Das war nach ein paar qualvollen tagen endlich mal wieder eine gute Nachricht für sie.

„Wir finden sie wieder, nicht wahr?“ Sie blickte ihn mit einem Lächeln im Gesicht an.

„Ja“. sagte John, wobei er etwas unsicher dreinschaute. Aber das hatte Liz glücklicherweise nicht gesehen.

…