Ein Herbstspaziergang
Es war ein regnerischer Tag, als Melissa Wagner und Nathalie Schäfer einen letzten Versuch ihre Beziehung zu retten unternahmen. Eigentlich war ihnen das Wetter nur recht. Es passte einfach zu ihrer Stimmung. Nach über 3 Jahren Beziehung, war ihnen klar, dass in letzter Zeit irgendwas falsch lief und sich keiner mehr richtig auf den anderen verlassen konnte. Trotzdem hielten sie noch die Hand des anderen, einfach um ein bisschen Wärme an diesen kalten, nassen Tag zu haben.

Melissa und Nathalie waren eigentlich immer sehr glücklich gewesen, auch wenn sie sich häufiger mal anhören mussten, wie unnormal ihre Beziehung doch wäre. Aber da standen die beiden drüber. Sie wussten zu wem sie gehörten. Bis jetzt. Irgendetwas war zwischen sie getreten und nichts war mehr wie früher.

Schweigend gingen sie über die Wege im Park. Keiner der Beiden wollte den Anfang machen. Melissa beobachtete lieber die alte Dame mit ihrem Hund und schwieg eisern. Nathalie suchte noch nach den richtigen Worten, die nicht nach Bitterkeit und Ironie klangen. Jeder der beiden Frauen war klar, dass dies das Ende ihrer Beziehung bedeuten konnte, aber keine wollte den ersten Schritt machen.

Sie konnten sich nicht mal mehr auf den Weg durch den Park einigen. Nathalie wollte den kürzeren Weg und Melissa lieber den langen Weg. Es war bezeichnend für ihr Leben. Während Nathalie lieber schnell ans Ziel kommen wollte und jede mögliche Abkürzung wahrnahm, war Melissa lieber länger unterwegs, aber dafür kostete sie alles aus, was das Leben ihr bietet.

Und wie immer gab Nathalie nach und folgte ihrer Freundin auf den langen Weg durch den Park. Immer war sie diejenige die Kompromisse einging und versuchte Melissa alles recht zu machen. Nur jetzt hatte sie keine Kraft mehr um weiterhin die Nachgiebige zu sein. Jetzt wollte sie ihr Leben so leben, wie es kam und nicht mehr auf jeden eingehen.

Da standen sie nun und sahen sich an. Doch keiner sagte ein Wort. Stumm ließen sie sich nass regnen und keiner der Beiden wollte den ersten Schritt machen. Melissa öffnete ein paar mal den Mund, aber schloss ihn gleich wieder. Ihr fiel es schon immer schwer, ihre Gefühle in Worte zu packen. Sie war mehr der praktische Typ, der lieber handelte als redete. Manchmal wünschte sie sich, dass sie mehr reden würde, aber sie schaffte es einfach nicht über ihren Schatten zu springen.

Mit einem Mal erkannten Beide, dass es keinen Zweck hatte, noch weiter im Regen zu stehen und sich anzusehen. Mit gequälten Lächeln machten sie sich weiterhin schweigend wieder auf den Weg raus aus dem nassen Park. Sie wussten, dass es keinen Zweck mehr hat, mit diesem Spaziergang und mit ihnen.

Nathalie ließ sich etwas hinter Melissa zurückfallen. Zu schwer fiel ihr es noch weiterhin neben ihr zu gehen, als gleichwertige Partner. Ihr wurde gerade erst bewusst, dass sie das schon lange nicht mehr waren. Zu sehr hatte sie sich für die Beziehung aufgeopfert und Melissa sprang nicht einmal über ihren Schatten und redete über ihre Sorgen und Ängste.

Als die Beiden endlich den Ausgang erreichten. Gingen sie, als wäre es verabredetet gewesen, jeder in die andere Richtung. Beiden war bewusst, dass dies das letzte Mal gewesen ist, dass sie zusammen durch ihren einstigen Lieblingspark gegangen sind. Vor ihnen lag nun der schwierige Gang 3 Jahre Glück und Zufriedenheit zu vergessen und neu anzufangen.