[Fotostory] Tiefer als der Schmerz

  • Monika begriff nun die betretene Situation, stand auf und schüttelte Niklas lächelnd die Hand. „Hallo, Niklas“, sagte sie jetzt und musterte den jungen Mann genau, der sich unter ihrem wissenden Blick zwar unwohl zu fühlen schien, es jedoch nicht zeigte. „Freut mich, Sie mal kennen zu lernen.“



    Die beiden standen einen Moment schweigend voreinander, dann wandte Niklas sich wieder Tessa zu und sagte: „Du schaust gut aus, Tessa. Wie… wie geht´s dir?“
    Tessa zuckte mit den Schultern und sagte: „Ganz gut. Und dir?“



    Niklas räusperte sich und sagte dann: „Auch gut, danke. Tessa… ich… nun… ich bin ganz froh, dich hier zu treffen.“
    Tessa sah ihn erstaunt an. „Ach ja?“
    „Ja, ich… ich wollte dich schon lange mal anrufen. Oder irgendwie Kontakt aufnehmen. Aber ich hab mich nicht getraut…“
    Tessa sah ihn skeptisch an. „Aha.“
    Niklas seufzte betreten und sagte dann ernst: „Hör zu, Tessa. Es ist einiges schief gelaufen zwischen uns… also ich meine… damals… und… nun… ich find´s schade, dass wir gar keinen Kontakt mehr haben. Es tut mir leid, was ich damals alles gesagt habe, das war so nicht ganz richtig. Ich… naja… ich meine einfach nur… ich fänd´s schön, wenn wir irgendwie wieder miteinander reden könnten.“



    Tessa sah ihn verunsichert an und musste feststellen, dass sie sein offenes Geständnis berührte. Sie musterte ihn langsam. Auch er hatte sich verändert. Seine Haare waren dunkler und länger geworden. Er schien zu trainieren, denn unter seinem engen Shirt sah man deutlich, wie sich die Muskeln abzeichneten.
    Er wirkte reifer, und doch jünger als damals.
    Tessa schluckte und musste zugeben, dass sie nun, da er hier vor ihr stand, spürte, dass sie Niklas trotz allem, was gewesen war, manchmal vermisst hatte.
    Dass er nun so reuig hier stand, war zumindest ein Anzeichen, dass es ihm nicht anders ergangen war. Doch war nicht viel zu viel zwischen ihnen geschehen, als dass man nun wieder „normal miteinander reden könnte“?



    Tessa zuckte mit den Achseln als Antwort. „Niklas… es ist viel passiert“, sagte sie dann. „Ich weiß nicht, ob…“
    Niklas unterbrach sie vorsichtig: „Tessa, ich… ich wollte nur wissen, ob ich dich mal anrufen darf… damit wir uns unterhalten können. Ich möchte dich nicht unter Druck setzen…“
    Tessa nickte. „Ich weiß“, sagte sie dann und lächelte, diesmal ehrlich.
    „Gut, natürlich kannst du anrufen. Du hast meine Nummer noch?“
    Er nickte. „Klar… hab ich nie gelöscht.“
    In diesem Moment fing Tessas Handy lautstark zu klingeln an.
    „Ach je“, sagte die schnell und sah Monika und Niklas an. „Feli… ihr entschuldigt mich.“
    Sie ging einige Schritte zur Seite und nahm ab. „Feli? Was ist los?“, wollte sie wissen und warf einen Blick über die Schulter, wo Monika und Niklas beisammen standen und offenbar zu plaudern anfingen.



    „Tessa!“, krisch eine aufgeregte Stimme am anderen Ende des Hörers. „Du musst vorbei kommen! Sofort!“
    Erschrocken antwortete diese: „Feli, was ist denn los? Nun bleib mal ruhig!“
    „Hauser!“, rief diese nur atemlos. „Das Abgabedatum ist heute!“
    „Was?“ Tessa verstand nur Bahnhof. „Was meinst du denn?“



    „Das Referat! Das Referat!“, schrie Feli in den Hörer.
    „Welches Referat?“
    „Tessa, mach mich nicht irre!“
    „Das bist du schon.“
    „Nein! Ich meine das Referat für Hauser, das wir zusammen machen!“
    „Feli, der Abgabetermin ist erst nächste Woche. Du hast es dir doch aufgeschrieben, 15. Juni.“
    „Nein! Das ist es eben!“, rief Feli am anderen Ende der Leitung atemlos. „Ich hab mich vertan! Ich war vorhin in der Bib, da habe ich ihn zufällig getroffen und er sagte mit gehässigem Grinsen, dass wir schon wissen, dass bis nachher um 18 Uhr das Referat auf seinem Tisch liegen muss, sonst können wir den Schein vergessen!“
    Tessa stieß einen erschrockenen Laut aus.



    „Soll das heißen, wir müssen bis heute Abend alles fix und fertig haben?“
    „Genau das, du Schnellmerkerin!“
    „Aber… uns fehlt noch einiges!“
    „Ich weiß, deswegen ruf ich ja an! Ich bin schon dabei, zu ergänzen, was noch fehlt. Aber allein schaff ich das nicht, du musst herkommen! Wir müssen das Ding unter Dach und Fach bringen, Tessa! Noch ein Semester mit diesem Ekel halte ich nicht aus!“
    „Ich auch nicht“, erwiderte Tessa aufgeregt. „Aber was machen wir jetzt?“
    „Was schon! Du kommst so schnell es geht her! Wir müssen das heute irgendwie fertig kriegen! Es sind nur noch vier Stunden!“
    „Oh Feli, wie hast du das nur durcheinander bringen können!“, rief Tessa ärgerlich aus.



    „Sorry, sorry, tausendmal sorry!“, quiekte es vom anderen Ende der Leitung. „Aber ich hab statt 05. Juni 15. geschrieben! Tut mir leid! Ein Versehen!“

  • Tessa gab einen genervten Laut von sich.
    „Du Chaostante!“, fluchte sie. „Mit dir mach ich nix mehr zusammen!“
    „Ach Tessa, nun stänker nicht rum, davon wird´s nicht anders. Komm lieber her! Wann kannst du da sein?“
    „Ich weiß nicht! Ich bin mit Moni in der Stadt! Ich klär es ab und komm dann!“
    „Komm so schnell es geht! Wir haben nicht mehr viel Zeit!“
    „Ach nee… sag nur! Ich seh, was ich tun kann!“



    Entnervt drückte sie das Handy aus und griff sich an den Kopf. „Diese Feli!“, stöhnte sie. Es war pures Glück, dass sie beide letzte Woche schon ungewöhnlich viel vorgearbeitet hatten und das Referat darum fast fertig war. Sonst wäre es nicht im Ansatz möglich gewesen, den Termin jetzt noch einzuhalten. Dennoch fehlten noch einige Angaben und Zusätze, und dies in weniger als vier Stunden zu vervollständigen, auszudrucken, zu binden und abzugeben, glich einem Wettlauf gegen die Zeit.
    Tessa drehte sich um und sah erstaunt, dass Monika und Niklas immer noch angeregt miteinander plauderten.



    Schnell ging sie zu ihnen. „Entschuldigt“, sagte sie. „Feli… diese Chaotin! Moni, ich hab ein Problem!“
    Monika drehte sich zu ihrer Freundin und sah sie erstaunt an. „Du bist ja ganz aufgeregt. Was ist denn?“



    Rasch erklärte Tessa, was geschehen war.
    „Moni, es tut mir leid, aber ich muss sofort los. Ich fahre dich noch schnell zu Haus vorbei und dann direkt zu Feli.“
    Monika jedoch winkte ab. „Ach was, Tessa, lass gut sein. Wenn du erst noch zu mir fährst, hast du doch einen riesigen Umweg. Feli wohnt doch am ganz anderen Ende der Stadt! Oder musst du noch mal nach Haus?“
    „Eigentlich nicht“, gab Tessa zu. „Feli hat alles zu Haus bei sich, was wir benötigen.“
    „Dann mach den Umweg nicht“, sagte Monika entschieden. „Das kostet dich locker eine halbe Stunde, die habt ihr nicht!“
    „Nein, eigentlich nicht… aber wie kommst du nach Haus?“
    „Ach, ich laufe oder ich nehm den Bus, irgendwie geht das schon. Ist doch schönes Wetter!“, beruhigte Monika sie.



    „Wo wohnen Sie denn?“, mischte Niklas sich da vorsichtig ins Gespräch ein.
    „Ganz in der Nähe von Tessa“, antwortete Monika. „Nur ein paar Straßen weiter.“
    „Ich will nicht aufdringlich sein, aber ich kann Sie auch schnell mitnehmen, bin mit dem Auto da und muss ohnehin auch in diese Richtung.“
    Er sah Tessa an und sagte dann wie zu Erklärung: „Ich bin ausgezogen zu Haus, und auch aus dem Studentenwohnheim. Ich wohne jetzt in einer kleinen Wohnung in der Weststadt.“
    „Also genau unsere Richtung“, stellte Monika fest. „Macht Ihnen das auch wirklich nichts aus?“
    „Nicht doch, ich fahre da ja sowieso lang“, sagte Niklas lächelnd.



    Verunsichert blickte Tessa von einem zum anderen. „Macht das wirklich nicht aus?“, fragte sie dann noch einmal.
    „Aber nein!“, riefen beide wie aus einem Mund und lachten dann.
    Tessa zuckte mit den Schultern.
    „Na dann! Ciao, Moni! Die Tüten bring ich dir nachher vorbei, treffen wir uns um acht bei dir?“
    „Ja, gute Idee. Machen wir es so!“
    Sie wandte sich Niklas zu und schüttelte ihm förmlich die Hand zum Abschied.
    „Aufwiedersehen, Niklas.“



    „Ich ruf dich an, ja?“
    „Ja, mach das…“, sagte sie ausweichend. „Ich muss jetzt los, entschuldigt.“
    Und schnellen Schrittes verließ sie den grünen Garten und machte sich auf den Weg zu Feli, um zu retten, was noch zu retten war.






    Fortsetzung folgt.

  • Liebe Innad, eine schöne Fs hat mir gefallen.

    (einer überraschenden Begegnung) Als ich das las, kam mir sofort Niklas in den Sinn.
    Mag zwar jetzt komisch klingen, aber das war so, denn als ich die Nacht den anderen Kommi schrieb, fragte ich mich was wohl Niklas macht und sehe da, heute sehen wir ihn wieder. Toll.:)

    Na da hatten die beiden Freundinnen einen schönes Mittag. Erst Shopping gehen und dann ein schöner leckeres Essen, zudem noch ein ausführliches Gespräch. Das Tessa jetzt über alles reden kann, bekommt ihr gut und auch Moni kann sich so einiges von der Seele reden. Es ist toll wenn man jemanden zum reden hat, noch besser aber, wenn man das gleiche durchmacht oder durchgemacht hat. So kann man gut von einander profitieren, Erfahrungen austauschen und Ratschlage geben.
    Das ist ein schönes Gelände wo sie das essen.
    Ist doch fast schon wie ein Wunder, oder? Da reden die beiden über Niklas und plötzlich taucht er auf. Das glaub ich das Tessa da sehr überrascht war.:eek:
    Niklas ist wohl erwachsender geworden, zumindest sieht er ein, was er falsch gemacht hat.
    Ja, ja so ist es meistens, geht man im streit auseinander, traut sich keiner den ersten Schritt zu machen. Aber manchmal hilft das Schicksal nach.
    Nun hat Tessa keine Zeit, da hat Feli sie ja ganz schön in Bedrängnis gebracht. Doch die beiden werden es schon schaffen mit dem Referat.
    Moni und Niklas sind ja schon ins Gespräch gekommen. Ob sie sich verstehen werden?
    Wer weiß, wer weiß was sich da entwickeln könnte.:rolleyes
    Hach freue mich schon auf die Fs.
    Die Bilder sind schön, da würde ich auch gerne essen gehen.
    Ach so, ganz ehrlich ich hätte Niklas nicht auf Anhieb erkannt. Er hat sich wirklich sehr verändert.
    Bis dann!:)

    [SIZE=3]*liebe grüße Ines*[/SIZE]
    [SIZE=3]Meine erste FS! Eine etwas andere Familie! [/SIZE][SIZE=3]
    [/SIZE]
    Liebe Grüße an Nintendog, Rivendell, PeeWee, Jane Eyre, Kautschi, Llynya, colle Omi, wawuschel, Panakita, Josijusa, Filour, fallin'angel undalle Leser!:knuddel



  • Ines
    hIHI, ich finde es auch erstaunlich, dass Du daran dachtest und er direkt in der n'chsten FS vorkam *sorrz f[r die Fehler meine Tastatur spinnt gerade
    Ja, ich denke, f[r beide M'dchen ist es gut, dass sie sich austauschen koennen und es stimmt, Niklas hat sich arg veraendert.
    so, bevor ich hier noch mehr Kauderwelsch schreibe, vielen Dank fuer den tollen kommi und es geht heute weiter mit Kapitel 77!

  • Kapitel 77
    Die Staffelei


    Tessa zog die Beine an, legte den Kopf auf einem der weichen Sofakissen ab und schloss für einen Moment müde die Augen. Es war ein ruhiger Samstagnachmittag. Die Wärme der letzten Tage war gewichen, nachdem es drei Tage fast ununterbrochen geregnet hatte.
    Tessa räkelte sich wohlig auf dem Sofa. Es tat gut, einmal so faul hier herum zu liegen. Nachdem das letzte Wochenende so chaotisch gewesen war. Zwar hatten Feli und sie es noch geschafft, das Referat fertig zu stellen, dafür aber einige Qualitätseinbußen hinnehmen müssen. Noch stand das Ergebnis jedoch aus. Das Klingeln des Telefons riss Tessa aus ihren Gedanken. Seufzend löste sie sich aus ihrer bequemen Lage, stand auf und nahm ab.
    „Hei, Tessalein!“, hörte sie eine weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung. „Bist du zu Hause?“
    „Ja, bin ich… sonst würde ich wohl nicht abnehmen“, stellte diese fest und lächelte. „Was ist los, Mama?“


    „Oh, dein Vater und ich sind gerade in der Stadt unterwegs und würden gerne auf einen Kaffee bei dir reinschneien, wenn es dir recht ist.“
    „Ja, natürlich, wenn ihr mögt“, erwiderte Tessa erstaunt. Es war noch nie vorgekommen, dass ihre Eltern einfach so an einem Samstagmittag vorbei gekommen waren. Sie war sich nicht einmal sicher, ob ihr Vater seit ihrem Geburtstag überhaupt noch einmal hier gewesen war.
    „Das ist toll!“, rief ihre Mutter fröhlich am anderen Ende der Leitung aus. „Wir sind in fünf Minuten bei dir.“
    Tessa legte den Hörer beiseite und sah sich um. Es war etwas chaotisch, aber mit wenigen Handgriffen hatte sie die dreckige Wäsche, die noch achtlos über der Stuhllehne gehangen hatte, ins Schlafzimmer verfrachtet, ihre Lehrmaterialien ordentlich im Bücherregal angeordnet und die benutzten Teller vom Vorabend und dem Frühstück in der Spülmaschine verstaut. Dann setzte sie Kaffee auf.
    Kaum war sie damit fertig, klingelte es auch schon an der Tür und kurz nachdem sie den Summer betätigt hatte, stand ihre Mutter gut gelaunt in ihrer Küche.
    „Hallo Tessa!“, begrüßte diese ihre Tochter und schnupperte in die Luft. „Mh, es riecht schon nach Kaffee.“ Mit diesen Worten zog sie ihre verdutzte Tochter in ihre Arme. „Geht es dir gut?“, fragte sie dabei vorsichtig.


    „Ja, danke“, antwortete Tessa. „Und euch? Alles in Ordnung?“, fügte sie dann misstrauisch hinzu.
    „Aber ja, natürlich“, erwiderte ihre Mutter gut gelaunt und lächelte. „Ich hoffe, wir stören dich jetzt nicht? Hattest du etwas vor?“
    Tessa schüttelte den Kopf. „Nein, ich hab nichts vorgehabt, ihr stört nicht. Wo ist Vater?“
    „Ach, der ist noch unten und parkt den Wagen und kommt dann herauf, er hat etwas dabei, das er ausladen muss“, sagte ihre Mutter und zwinkerte ihre Tochter geheimnisvoll an.


    „Was will er ausladen?“, fragte Tessa und sah ihre Mutter skeptisch an.
    „Mama, du hast doch nicht etwa Möbel gekauft, nur weil ich dir vor zwei Wochen erzählt habe, dass ich renoviere?“
    „Aber nein, Kind, aber nein!“, rief ihre Mutter schnell aus. „Du hast ja schließlich gesagt, du möchtest es diesmal ganz alleine gestalten! Das respektiere ich doch!“
    Tessa war immer noch nicht ganz überzeugt. „Was ist es denn dann?“, wollte sie wissen.



    „Sei nicht so neugierig!“, gab ihre Mutter statt einer Antwort zurück. „Du bist doch kein kleines Kind mehr!“ Sie lächelte. „Nun zeige mir lieber mal dein frisch renoviertes Wohnzimmer! Schon seit mehr als zwei Wochen bist du nun damit fertig, und ich hab es immer noch nicht zu Gesicht bekommen!“
    Tessa nickte und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. „Voilà!“, sagte sie dann nicht ohne Stolz und beobachtete ihre Mutter aufmerksam. Diese sah sich lange um und nickte dann lächelnd.
    „Wirklich gut, Tessa! Es gefällt mir ausgezeichnet“, stellte Amanda schließlich fest. „Diese Farben, einfach wunderbar. Und wie gut du all das miteinander arrangiert hast! Sicher hast du das von mir geerbt!“


    Tessa wollte gerade lächelnd etwas erwidern, als ein Gepolter auf der Treppe beide Frauen ablenkte. Rasch eilte Tessas Mutter zur Tür, um ihrem Mann, der mit einem unförmigen in Papier gehüllten Gegenstand die Treppe herauf kam und keuchte, die Türe aufzuhalten.
    Wenige Minuten später stand das lange verhüllte Teil in Tessas Wohnzimmer und ihr Vater sagte augenzwinkernd: „Mach es mal auf, Tessa!“
    Gespannt ging diese darauf zu und riss dann das Papier mit einem Ruck ab. Zum Vorschein kam eine wunderschöne Staffelei aus hellem Holz.
    Verwirrt stand Tessa vor ihr und starrte erst sie, dann ihre Eltern an. „Was… was soll ich damit?“, fragte sie verwirrt.


    Lächelnd sah ihr Vater sie an und sagte dann: „Das ist nicht für dich, Tessa. Das ist für Jess.“
    Erstaunt sah Tessa ihren Vater an und wiederholte dann: „Für Jess?“
    „Ja, für Jess“, fiel ihre Mutter nun ein und blickte die Staffelei an. „Du hast uns doch neulich davon erzählt, wie gut er malen kann und dass er darin immer besser wird. Wir haben uns unterhalten und denken, das ist ein Talent, das gefördert werden sollte, sobald er entlassen ist. Und dazu braucht es vor allem Materialien.“
    „Die nicht immer günstig sind“, ergänzte Tessas Vater. „Darum haben wir uns entschieden, ihm eine Staffelei zu kaufen, sozusagen als Starthilfe für sein, für euer neues Leben!“



    Tessa traute kaum ihren Ohren und ging verblüfft um die Staffelei herum. Sie war aus robustem Holz gearbeitet und sicher nicht günstig gewesen.
    „Aber…“, stammelte sie. „Aber ich glaube nicht, dass er es annehmen wird. Er ist zu stolz.“
    „Nun, dann sieh es als ein Geschenk für dich. Und wenn das Ding hier in deiner Wohnung herum stehen wird, kann er es ja schließlich benutzen, nicht wahr?“, wischte ihre Mutter die Bedenken beiseite.
    Tessa wusste nicht recht, was sie antworten sollte. „Aber… ich weiß nicht… ich…“
    „Tessa“, sagte ihr Vater da bestimmt. „Er muss es auch nicht annehmen. Es soll nur eine Geste von uns sein. Für euch beiden. Wir haben viel falsch gemacht und wollten euch damit nur zeigen, dass wir euch beide unterstützen.“



    Tessa sah ihn gerührt an. „Woher kommt euer plötzlicher Sinneswandel?“, fragte sie dann.
    „Setzen wir uns“, schlug ihr Vater vor und alle drei machten es sich auf der Couch bequem.

  • „Weißt du, Tessa“, begann er dann. „Ich denke, wir haben viel falsch gemacht. Du hältst so sehr zu diesem jungen Mann, und er kämpft sich durch bravourös durch diesen Entzug. Das hat Respekt und Anerkennung verdient.“


    „Ist es nur deswegen? Weil dir sein Durchhaltevermögen imponiert?“, fragte Tessa skeptisch.
    „Nein“, erklärte ihre Mutter da. „Was dein Vater damit sagen will ist, dass wir nicht ungeschehen machen können, was wir versäumt haben. Aber wir können einen Neuanfang wagen. Es hat eine Weile gedauert, bis wir uns an die Vorstellung gewöhnt haben, dass du diesen Mann liebst. Bitte nimm es mir nicht übel, Tessa. Aber ich bin deine Mutter. Natürlich würde ich dir jemand … besseren wünschen, in dem Sinne, dass ich dir jemanden wünsche würde, der einfacher für dich ist. Ich hätte dir einen Mann gewünscht, der für dich sorgen kann, der dir keine Sorgen und Ängste und Schwierigkeiten macht.“
    Sie seufzte. „Aber vermutlich ist das ein Utopie. Und wenn ihr beiden all das durchsteht, auch das, was noch auf euch zu kommt, dann liebt ihr euch wohl aufrichtig. Und eigentlich ist es das, was zählt. Das zu sagen, fällt mir nicht leicht. Aber es ist wohl die Wahrheit.“


    Tessa schluckte und lächelte ihre Mutter liebevoll an. „Das hast du schön gesagt, Mama“, sagte sie dann.
    „Ich habe deinen Vater auch nicht geheiratet, weil er Anwalt werden wollte“, sprach ihre Mutter schließlich weiter und lächelte ihrem Mann zu, was dieser erwiderte. „Natürlich habe ich diese Stellung immer genossen. Auch unser Leben, aber ich hätte ihn nicht verlassen, wenn er seine Arbeit verloren hätte und wir in ein kleines Haus hätten ziehen müssen. Ich denke nur, irgendwann wir man blind und oberflächig, und das ist uns auch passiert. Ich bin nicht glücklich darüber, dass dein Freund diese Vergangenheit hat. Aber da ich nichts tun kann, um dich daran zu hindern, mit ihm zusammen zu sein, werde ich es akzeptieren. Ich habe nur eine Weile dafür gebraucht. Und da dieser junge Mann dich wirklich zu lieben scheint, will ich alles tun, um ihn zu unterstützen… und damit auch dich. Ich will nicht, dass du dich so viel sorgst. Ich will nicht, dass du so viel Kummer hast, Tessa.“ Amanda senkte den Blick und man merkte ihr an, dass es ungewohnt für sie war, so offen über ihre Gefühle zu sprechen.


    Auch Tessa wusste zuerst nicht recht, was sie erwidern sollte. Dann aber drückte sie kurz die Hand ihrer Mutter und sagte: „Danke, Mama.“
    Ihr Vater räusperte sich und sagte: „Ich kann mich dem, was deine Mutter gesagt hat, ausnahmslos anschließen, Tessa. Du bist unsere Tochter, wir wollen nur dein bestes. Damit machen wir sicher nicht immer alles richtig. Aber wir wollen es versuchen. Und was diesen Jess angeht, so glaube ich, er hat einfach nicht die Hilfe erfahren, die ihm zugestanden hätte. Was wir dafür tun können, diesem Burschen wieder auf die Beine zu helfen, werden wir tun. Wenn ihr uns lasst…“
    Tessa sah ihn nachdenklich an und sagte dann: „Papa, das ist wirklich sehr nett und großzügig. Aber Jess hat seinen Stolz. Er wird kein Geld annehmen und auch sonst nichts. Ich weiß nicht einmal genau, ob er nach dem Entzug hierher ziehen wird, vielleicht hat er sogar ein Problem damit, erst einmal hier zu leben, weil er nichts verdient…“


    „Ich kann ihn gut verstehen“, erwiderte ihr Vater. „Aber er muss auch lernen, dass man manchmal Hilfe braucht, um sich zu entwickeln. Man will sich natürlich nicht abhängig machen, aber manchmal muss man das ein Stückweit, sonst kommt man nicht weiter.“
    Tessa nickte. „Ich weiß“, sagte sie dann. „Aber ich verstehe ihn auch. Ich bin jetzt einundzwanzig und will auch langsam auf meinen Füßen stehen, nicht immer von euch abhängig sein…“, sagte sie dann. „Ich überlege, mir einen Job zu suchen…“
    „Das ist löblich“, sagte ihr Vater zu ihrer Überraschung, denn sie hatte mit Protest gerechnet. „Ich kann dich gut verstehen, ich wollte in deinem Alter auch nicht mehr von meinen Eltern leben. Vielmehr konnte ich es auch gar nicht, weil sie nicht genug Mittel hatten.“


    „Nun, jedenfalls ist es deine Entscheidung“, sagte ihre Mutter. „Du sollst nur wissen, dass wir dich so lange unterstützen, wie du es brauchst und willst.“
    Tessa lächelte. „Das ist lieb von euch. Danke. Und was die Staffelei angeht, so freue ich mich darüber. Ich denke, Jess wird sie gut gebrauchen können. Und da sie nun einmal hier ist, und ich sie annehmen kann, kann er sie auch nutzen, das stimmt schon.“
    „Das denke ich auch“, stimmte ihre Mutter ihr zu. „Ihr verpflichtet euch zu nichts damit. Wirklich nicht. Nur, Tessa… es gibt da noch etwas, worüber wir mit dir reden wollten.“


    „Und zwar… wir würden Jess gerne einmal persönlich kennen lernen“, sagte ihr Vater direkt. „Es ist schwer für uns, immer über ein Phantom zu sprechen. Wir können uns kein Bild machen, wenn wir den jungen Mann nur durch dich kennen.“
    „Natürlich wissen wir, dass das nicht so einfach ist“, fuhr ihre Mutter fort. „Und wenn es zu viel für ihn ist, dann werden wir auch nicht darauf drängen, natürlich nicht. Wir wollten dir nur sagen, dass wir diesen Wunsch haben. Denkt einmal darüber nach.“
    Tessa schluckte und wusste nicht ganz, was sie erwidern sollte. Sie hatte auch schon daran gedacht, dass sie Jess ihren Eltern irgendwann einmal vorstellen sollte. Aber sie hatte immer damit gerechnet, damit bis nach dem Entzug zu warten. Nur würde der noch etwa ein Vierteljahr dauern. Sie konnte ihre Eltern durchaus verstehen. Sie sorgten sich und machten sich Gedanken. Es wäre viel leichter für sie, zu wissen, mit wem sie es zu tun hatten.
    Doch für Jess würde eine solche Begegnung viel Aufregung bedeuten. Was, wenn er dem noch nicht gewachsen war? Abgesehen davon hatte er manchmal starke Stimmungsschwankungen. Er war bei weitem nicht immer so gut gelaunt und so einfach und nett wie an jenem Tag, als sie ihn nach dem Entzug zum ersten Mal wiedergesehen hatte. Erst letzten Sonntag hatte er bei ihrem Besuch mal wieder kaum ein Wort mit ihr gesprochen, war übel gelaunt gewesen, so dass sie eigentlich froh war, als dieser Tag ein Ende fand.


    „Ich muss Jess fragen“, sagte sie nach einer Weile schließlich. „Er muss entscheiden, ob er dazu schon in der Lage ist.“
    „Das ist absolut richtig“, pflichtete ihr Vater bei. „Sprecht einfach in Ruhe darüber und sagt dann Bescheid. Wir erwarten ja nicht, dass wir ihn direkt morgen besuchen gehen können. Aber es wäre schon schön, ihn nicht erst kennenzulernen, wenn er hier in unserer Wohnung eingezogen ist.“
    Tessa sah ihren Vater skeptisch an, doch dieser sagte sogleich: „Oh, nein, Tessa, das hat sich anders angehört, als ich es gemeint habe, also bitte leg es jetzt nicht auf die Goldwaage.“
    Tessa nickte langsam. „Ja, ist gut“, sagte sie dann. „Ich werde sehen, was sich machen lässt. Aber ich kann euch nichts versprechen.“


    Sie stand auf, um den Kaffee zu holen und nachdem alle drei sich mit einer Tasse erfrischt hatten und noch ein wenig belanglos geplaudert wurde, verabschiedeten sich Tessas Eltern auch schon wieder und ließen diese nachdenklich zurück.
    Tessa wusste nicht recht, was sie von all dem halten sollte. Ihre Eltern hatten sich zwar durchaus bereits in den letzten Wochen, seit ihrem Gespräch, deutlich in ihrem Verhalten geändert. Hatten sich recht oft nach Jess erkundigt und echtes Interesse gezeigt. Aber sie hatten das Thema nie wieder so intensiv angesprochen wie heute.

  • Nachdenklich betrachtete Tessa die Staffelei, die sie inzwischen an eine Wand geschoben hatte, wo sie wirkte, als gehöre sie schon immer zur Einrichtung. Das erneute Klingeln des Telefons riss sie aus ihren Gedanken.
    „Tessa? Ich bin´s“, klang eine wohl vertraute Stimme an ihr Ohr, als sie den Hörer abgenommen hatte.



    „Jess!“, rief Tessa erfreut aus. „Ich hab gerade an dich gedacht… mehr oder weniger.“
    Jess lachte am anderen Ende der Leitung, was Tessa aufseufzen ließ. Er war offenbar wieder besser gelaunt.
    „Wie geht´s dir?“, fragte sie darum auch sofort. „Besser als die letzten Tage?“
    „Ja“, antwortete Jess ihr und fügte reumütig dazu: „Tut mir leid, dass ich letzten Sonntag so übel gelaunt war.“
    „Ist schon okay“, erwiderte Tessa lächelnd. „Hauptsache, du bist es jetzt nicht mehr.“
    „Schade nur, dass morgen kein Besuchstag ist“, gab Jess zurück. „Aber nächste Woche kommst du doch?“
    „Natürlich“, erwiderte diese schnell und dachte einen Moment über den Besuch ihrer Eltern nach. Dann sagte sie spontan: „Ich muss dich etwas fragen.“



    „Ja? Was denn?“, wollte Jess wissen.
    „Ich… meine Eltern, sie waren gerade hier.“
    „Oh je, gab es Streit?“
    „Nein, nein – gar nicht. Nur… es geht um dich.“
    „Um mich?“, fragte Jess erstaunt. „Was ist mit mir?“
    „Nun… sie… nun, ich weiß gar nicht, wie ich es sagen soll. Also… sie wollen dich gerne kennen lernen. Persönlich.“
    Einen Moment herrschte Stille, dann sagte Jess langsam: „Mich persönlich kennen lernen? Tessa… ich… nun ja, gerne, nur… es ist zurzeit etwas schlecht, einen gemeinsamen Termin zu einem Abendessen zu finden, meinst du nicht auch?“



    „Ja… natürlich, ich weiß“, sagte diese betreten. „Ich… ich weiß auch nicht. Ich dachte, vielleicht könnten sie mal an einem Besuchstag mitkommen?“
    Jess schwieg einen Moment. „Hältst du das für eine gute Idee?“
    Tessa schluckte. „Ich weiß nicht“, sagte sie ehrlich. „Ich weiß nur, dass es von ihnen aus ein wahnsinniger Schritt in unsere Richtung ist, dich kennen lernen zu wollen… und bis du zu Hause bist, kann es noch Wochen dauern.“
    „Ich weiß“, erwiderte Jess nachdenklich. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob das hier der richtige Ort für ein solches Zusammentreffen ist…“
    „Ich bin mir auch nicht sicher“, gab Tessa zurück. „Auf der anderen Seite glaube ich, für dich könnte es sogar einfacher sein, diese Konfrontation noch während der Therapie zu haben, denn dort bist du geschützt. Du hast deine Therapeuten, mit denen du das alles besprechen kannst. Früher oder später wird dieser Punkt ja doch kommen, oder?“



    Jess schwieg einen Moment und sagte dann: „Du hast wohl recht, Tessa. Aber ich habe etwas Bedenken, dass dies ihren Eindruck nicht gerade verbessern wird.“
    „Sie wissen doch schon alles“, warf Tessa ein. „Ich glaube nicht, dass sie deswegen schlechter von dir denken. Vermutlich stellen sie sich das Therapiezentrum sogar etliche Male schlimmer vor… und werden nur positiv überrascht sein. Und wenn es dir zu viel wird, kann man es ja jederzeit abbrechen…“
    „Das stimmt“, erwiderte er. „Ich werde drüber nachdenken, ja? Und mit einem meiner Therapeuten sprechen…“
    „Ja, natürlich“, sagte Tessa schnell. „Mach das unbedingt… es tut leid, Jess.“
    „Was denn?“
    „Dass ich dich damit belaste. Du solltest jetzt nur an dich denken und…“
    Jess unterbrach sie. „Hör auf, Tessa. Das ist das Leben und genau das kommt auf mich zu. Du hast es ja selbst gesagt, irgendwann kommt diese Begegnung auf mich zu, also je früher desto besser.“



    „Stimmt“, pflichtete Tessa ihm bei. „Aber alles zu seiner Zeit, hast du selbst gesagt. Also denk einfach in aller Ruhe darüber nach und sag mir dann Bescheid.“
    „Mache ich“, versprach Jess. „Wie geht es dir sonst?“
    „Mir geht es gut“, antwortete Tessa. „Ich bin nur ziemlich träge.“
    „Wieso denn das?“
    „Ach, das Wetter…“
    „Was denn? Es scheint die Sonne… was will man mehr.“
    „Bei dir scheint die Sonne? Hier nicht. Es ist grau und bewölkt.“
    „Nein, hier scheint die Sonne. Was machst du heute noch? Gehst du heute Abend mit deinen Freunden weg?“
    „Nein“, sagte Tessa. „Heute haben irgendwie alle etwas vor. Ich werde es mir mit einem Buch oder einer DVD gemütlich machen“



    „Wahrscheinlich schlafe ich ohnehin nach zehn Minuten ein“, sprach sie weiter.
    Jess lachte. „So gut wie du will ich es einmal haben! Ich freu mich schon darauf, bald solche trägen, müden Abende mit dir gemeinsam verbringen zu können!“
    „Und ich mich erst!“, sagte Tessa lächelnd. „Ich wünschte, du könntest heute schon bei mir sein, wir würden es uns gemütlich machen, eine Pizza bestellen oder was beim Chinesen…“
    Jess lachte erneut auf. „Oder endlich mal kochen lernen, Tessa. Hier gibt´s weder Pizza noch Chinese, wir müssen uns selbst versorgen und ich sage dir, kochen kann irre entspannend sein!“
    Tessa grinste in sich hinein. „Vergiss es, mein lieber, wenn ich alles lerne, kochen gehört sicher nicht dazu. Umso besser, dass du es kannst, dann ist diese Aufgabenverteilung schon mal geklärt.“
    Wieder hörte sie Jess´ tiefes Lachen erklingen.
    „Wenn es weiter nichts ist!“



    Sie lachte ebenfalls leise auf. „Schade, dass du mir nicht heute Abend schon was kochen kannst. Ich habe richtig Hunger.“
    „Tut mir leid, ich kann dir heute nicht helfen“, sagte Jess bedauernd. „Am besten gehst du jetzt was essen, ich muss ohnehin aufhören. Wir hören uns nächste Woche wieder, ja? Bis dann, Tessa.“
    Lächelnd legte Tessa den Hörer auf und warf einen Blick zum Fenster. Draußen hatte es in feinen Fäden zu regnen begonnen. Müde kuschelte sie sich auf die Couch, schloss die Augen und träumte von Jess, der mit einer Hand auf seiner Staffelei pinselte und mit der anderen Chili con Carne kochte, während sie selbst auf der Couch lag und ihm lächelnd zusah.


    Fortsetzung folgt.

  • jetzt wird alles guhut jetzt wird alles guhhut
    *rumhops*
    hoff ich jedenfalls. das haben sie sich verdient!
    Deine Bilder und der Text sind wie immer der hammer!
    kann grad net mehr schreiben, hab noch was zu tun
    *innadknuffel*
    Svennnnni
    EDIT: ERSTE!

    [SIZE=1]Da ist ein Ort, wo der Bürgersteig endet[/SIZE]
    [SIZE=1]Und bevor die Straße beginnt[/SIZE]
    [SIZE=1]Und dort wächst das Gras, das weiche weiße[/SIZE]
    [SIZE=1]Und dort brennt die Sonne, die purpurrot heiße[/SIZE]
    [SIZE=1]Und der Mondvogel schläft dort nach langer Reise[/SIZE]
    [SIZE=1]Im kühlen Pfefferminzwind[/SIZE]

  • Liebe Innad


    Also nein, jetzt hab ich doch schon wieder jede Menge FS von dir verpasst! Schäm dich, Jane!!


    Nun, momentan kann ich leider vom Geschäft aus keine Kommis mehr schreiben, so wie ich es früher oft getan habe, denn Mai/Juni sind bei uns die strengsten Monate und da bleibt kaum eine freie Minute für Privates nebenbei..... dafür werden dann Juli und August wieder umso ruhiger....


    Kapitel 75: Hey, die Renovierungsszenen hast du super hin gekriegt! Obwohl du diese als „nur ein Zwischenkapitel“ bezeichnest, hat mir das gerade super gut gefallen! Es hat so herrlich erfrischend gewirkt und auch total echt! So, dass man am liebsten selber mit angepackt hätte.
    Jaja, das waren noch schöne Zeiten, als man als Anfang 20 mit einfachsten Mitteln und wenig Geld auskommen musste, und doch irgendwie zufrieden war. Bei mir ist diese Zeit ja schon etwas länger her als bei dir, gell. :D
    Es kann ja auch totalen Spass machen, aus wenig ganz viel zu machen. Und er regt auch ungeheuer die Kreativität an, wenn man nicht einfach in ein Möbelgeschäft geht und alles fixfertig einkauft. Da denk ich ja schon fast ein wenig wehmütig an meine eigenen „Early Twenties“ zurück.


    Soso, da soll sich also unser Joshua in seine Tutorin verliebt haben? Hm, ich bin da etwas skeptisch, wie ich auch Joshua selber immer noch nicht ganz über den Weg traue. Warum hätte er es Tessa verschweigen sollen, wenn es denn wirklich so wäre? Schliesslich erzählt man doch so etwas der besten Freundin, oder nicht?
    Und überhaupt finde ich seine zur Schau gestellte Fröhlichkeit immer etwas aufgesetzt, übertrieben, eben so, als ob er sich damit selber etwas beweisen müsste. So locker, wie er tut, ist er nämlich nicht! Ich muss ganz ehrlich sagen, dass der Typ mich ein bisschen nervt mit seinem selbstlosen Getue!


    Einen Moment lang dachte ich, dass Tessa doch einen kleinen Stich der Eifersucht empfand bei der Erwähnung dieser Antonia. Aber das ist wohl höchstens verletzte Eitelkeit. Oder???


    Kapitel 76: Oh jeh, oh jeh, das wird ja jetzt immer komplizierter hier! Hat Tessa bald 3 Männer zur Auswahl? Das war mein erster Gedanke, als Niklas da plötzlich aufgetaucht ist. Aber dann...... ich glaube, er und Monika sind sich ganz schön sympathisch ..... ich wette, die beiden gehen noch miteinander etwas trinken, verbringen vielleicht den Nachmittag (und Abend) zusammen, und dann....? Es wäre ja schön für Moni, wieder jemanden an ihrer Seite zu haben. Sie ist ja auch schon sehr lange Single. Aber nach allem, was sie über Niklas weiss, kann sie ihm gegenüber wohl noch unbefangen sein? Andererseits sind ja auch ein paar Jahre vergangen, und Menschen ändern sich. Niklas war damals noch sehr jung, fast noch ein Teenager, und heute ist er erwachsen und hat sich vielleicht auch entwickelt, genau wie Tessa. Auch hier bin ich sehr gespannt, wie das wohl weiter gehen mag.
    Ah, ja, bevor ichs vergesse: Tessa hat irgendwie schon wieder etwas merkwürdig reagiert, als Moni sie auf die Eifersucht wegen Joshuas neuem Schwarm angesprochen hat. Es scheint ihr doch etwas mehr auszumachen, als sie selber zugeben will!


    Feli: die Gute erinnert mich immer wieder sehr an mich ! Genau so etwas wie das Verwechseln eines Datums hätte auch mir passieren können!


    Kapitel 77: Wow, Tessa sieht ja wunderschön aus mit der neuen Frisur!


    Zitat von Innad

    „Wirklich gut, Tessa! Es gefällt mir ausgezeichnet“, stellte Amanda schließlich fest. „Diese Farben, einfach wunderbar. Und wie gut du all das miteinander arrangiert hast! Sicher hast du das von mir geerbt!“


    Diese Bemerkung ihrer Mutter – typisch! Wenn Tessa etwas gut macht, dann hat sie es natürlich von IHR geerbt, aber wenn ihr etwas nicht passt – woher hat ihre Tochter es dann?


    Als sie erzählte, dass der Vater noch etwas mitbringt, dachte ich mir schon: oh Schreck, was wird das wohl wieder sein? Aber ich war ehrlich total baff, als sie mit einer Staffelei für Jess anrückten! Da muss ich ihnen wirklich gratulieren! Wenn das so gemeint ist, wie sie es darstellen, dann haben sie wirklich was gelernt und sind auf gutem Weg. Aber leider kommen mir gerade auch wieder ein paar negative Gedanken, und ich hoffe, dass diese sich nicht bewahrheiten.
    Und dass sie jetzt auf einmal Jess sofort kennen lernen wollen, ja, sogar noch während er in Therapie ist, das finde ich auch höchst merkwürdig! Ich meine, Menschen in ihrem Alter können sich nicht so schnell ändern, auch wenn sie lange nachgedacht haben, aber die Grundeinstellung bleibt. Es sieht für mich so ein bisschen nach schlechtem Gewissen beruhigen und sich bei Tessa einschmeicheln aus. Ich traue ihnen nicht! Sie mögen es ja sogar gut meinen und aus ihrer Sicht das Richtige tun, aber..... da kommt noch was hinterher, da bin ich mir fast sicher!


    Ach, Innad, diese FS haben mir wieder super gut gefallen, natürlich auch deine wunderbaren Bilder, aber das weißt du ja!:applaus


    Lieber Gruss
    :knuddel
    Jane

  • Hallö Innad, :)


    Boah, warst du schon wieder fleißig. Ich weiß wieder gar nicht wo ich anfangen soll. :rollauge


    Tessa und Jess arbeiten nun also an ihrer Beziehung, was ja auch nötig ist. Jetzt da Jess wieder mehr er selbst ist und die Zwei wohl bald mit dem Alltag zu kämpfen haben, merken sie auch, dass sie bisher nicht wirklich viel über den anderen wissen. Obwohl Jess ja auch gesagt hat, dass er selber manchmal gar nicht weiß, was er eigentlich gerne hat und ihn interessiert. Da merkt man mal, wieviel Drogen einem kaputt machen. Plötzlich zählen so kleine Dinge wie ein Lieblingsessen oder welche Farbe man eigentlich mag, nicht mehr und nur noch der nötigste wird beachtet. Die kleinen Dinge, die das Leben eigentlich erst lebenswert machen, werden davon völlig in den Hintergrund gedrängt...
    Was mir aufgefallen ist, dass Jess durch die Therapie plötzlich viel erwachsener wirkt, als Tessa. Obwohl erwachsener ein falsches Wort ist, vielleicht wäre selbstsicherer richtig, vielleicht auch realistischer. Bisher war Tessa ja immer die Starke und diejenige, die immer mehr erwachsener, selbstsicherer war und nun scheint sich das Verhältnis zu verschieben. Obwohl sie trotzdem beide gleichberechtigt sind. ;)


    Die Umräumaktion hat mir sehr gut gefallen. Wieder mal hat sich gezeigt, dass Tessa inzwischen richtig gute Freunde gefunden hat, etwas was wohl neben der Liebe das Wichtigste im Leben ist. Ich glaube, jeder der schon einmal renoviert hat oder gar umgezogen ist, weiß um wieviel schneller und spaßiger das Ganze mit den richtigen Leuten ist. *g
    Und sie haben tolle Arbeit geleistet, das Wohnzimmer sieht toll aus und es passt zu Tessa. :)


    Hach, und ein alter Bekannter ist auch mal wieder aufgetaucht. Ich denke, viele haben sich gefragt, was Niklas so gemacht hat in dem letzten Jahr. Sicher hat sich auch Tessa gefragt, was aus ihrem ehemaligen Freund geworden ist. So ganz sind die Personen, die man mal geliebt hat, ja nie aus dem Leben/Gedanken verschwunden, auch wenn man sich das manchmal wünscht. Ich kann aber auch verstehen, dass Tessa da ein bisschen skeptisch ist, was Niklas angeht. Mir ginge das genauso, schließlich ist die "Trennung" ja nicht sehr harmonisch abgelaufen. Aber er scheint ja ein bisschen zur Einsicht gekommen zu sein, obwohl vielleicht plagt ihn ja nur, dass er seine Freundin nicht überzeugen konnte, dass Jess schlecht für sie ist. :misstrau


    Oha, Tessas Eltern sind ja immer wieder für Überraschungen gut. Ich finde es eine liebe Geste von ihnen, dass sie für Jess eine Staffelei besorgt haben. Gut, Geschenke sind vielleicht nicht der richtige Weg bei Jess, aber die Geste zählt doch auch schon. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Tessas Eltern es leicht gefallen ist, diesen Schritt zu wagen und Jess als "zukünftigen Schwiegersohn" zu akzeptieren. Darum bin ich auch sehr positiv überrascht, dass sie ihn kennenlernen wollen. Klar, es musste wohl früher oder später so kommen, aber das sie mit so wenigen Vorurteilen und Freundlichkeit an die Sache rangehen, finde ich toll. Das könnte auch nicht jeder, gerade weil es doch um die einzige Tochter geht.
    Jess' und Tessas Zweifel was diese Begegnung angeht, kann ich aber auch nachvollziehen. Aber sie haben da schon recht, früher oder später müssen sie da durch und solange Jess noch in der Therapie ist, hat er den Halt der Therapeuten hinter sich, sollte da etwas schief gehen. Insofern kann es ja nicht falsch sein, die Begegnung in dieser Situation herbeizuführen.
    Ich bin schon sehr gespannt darauf, wenn Herr und Frau Wagner Jess zum ersten Mal begegnen. Ich hoffe ja, dass sie den positiven Eindruck nicht wieder verspielen. :D


    Ganz liebe Grüße :knuddel
    Llyn

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19

  • So ich meld mich auch mal wieder. ;)


    Schön das Jess und Tessa sich mal richtig ausgesprochen und auch mal offen über ihre Ängste geredet haben.
    Ich hoffe wirklich der Neuanfang zwischen den beiden klappt. :) Sie haben es verdient.


    Die Renovierungsaktion was super und das Wohnzimmer ist richtig toll geworden.


    Moni ist bereit sich auf eine neue Liebe einzulassen? Das ist großartig und ich wünsche ihr viel Glück dafür. Und ich denke auch da gibt es schon zumindest einen Kandidaten. ;) Denn ich denke Nicklas hat viel über die Sache nachgedacht und sieht es nun vielleicht etwas anders.


    Und auch die Eltern scheinen allmählich zu begreifen das ihre Tochter es ernst meint und auch in der Lage ist damit klar zu kommen. Schön das sie eienen Schritt auf Tessa zu gegangen sind.
    Bin schon sehr auf das Treffen zwischen ihnen und Jess gespannt, denn Tessa hat Recht er ist nun mal zu stolz um Allmosen anzunehmen. Aber vielleicht sieht er doch ein, das das nun mla ihre Art ist damit umzugehen und sie es ehrlich meinen.



    So, nächstes Mal wirds wieder ausführlicher. Versprochen. ;)

    My Name Is Love - Nina Love

  • Luxa: :) Danke für Deinen Kommi! Ich sag mal nix zu Deiner Hoffnung, dass alles gut wird... wäre ja unspannend. *winke*



    Jane: Hihi, macht doch nix, wenn Du mal ein paar FS verpasst, bin ja auch allgemein eher fix, denke ich, aber wir bewegen uns sooo gaaaaaaaaaaaaanz allmählich auf die letzte Runde zu, ein bißchen haben wir aber schon noch vor uns, aber mich drängt es jetzt, die Sache zum Finale zu bringen, auch wenn das schätzungsweise noch bis in den Spätsommer / Herbst dauern wird, also keine falschen Hoffnungen oder Befürchtungen :) Es ist noch alles offen!


    Also, was Du nur immer mit Joshua hast *lach*, der arme Kerl tut mir langsam schon leid. Da ist er so ein Liebchen und niemand traut ihm. Sind wir Menschen so oder traut ihr mir als Schreiberin nur nicht zu, dass ich so einen Menschen ohne Hintergedanken erschaffe? Ich hoffe, wenn dem so ist, dass ihr nicht allzu enttäuscht seid, wenn dem doch so ist, denn das darf ich schon verraten, von Joshua haben wir nicht mehr allzu viel zu erwarten. Er ist und bleibt einfach ein guter Freund!


    Mit Niklas sieht es da natürlich ganz anders aus! Auch Deine Überlegung bzgl der drei Männer zur Auswahl war natürlich nicht total abwegig, waren Tessa und Niklas doch schließlich lange selbst ein Paar und gerade zu Beginn der Story wurde ja deutlich, dass Tessa doch offenbar auch immer noch das ein oder andere Gefühl in sich beherbergte.
    Aber auf der anderen Seite ist zwischen ihnen so viel zerbrochen, wie könnte sie ihm je verzeihen oder darüber hinaus sogar noch Liebe für ihn empfinden? Tja, das ist natürlich die große Frage, wie das mit den beiden letztlich weitergehen wird.


    Tessas Eltern ändern sich natürlich nicht von heute auf morgen, nein. Ich denke, was sie so zu ihrer veränderten Einstellung bewegt, sind einige Dinge. Zum einen wissen sie klar, dass sie Tessa verlieren werden, wenn sie nicht zumindest versuchen, Jess zu akzeptieren. Ich glaube nicht, dass das Verhältnis zwischen allen so bald wirklich gut und entspannt werden wird, aber wenn sie ihn weiterhin kategorisch ablehnen, werden sie ihre Tochter damit verlieren, so viel ist mal klar, und auch ihnen, nachdem Tessa so klar und bestimmt reagierte im Januar. Abgesehen davon haben wir nun schon Juni und ihre Eltern hatten fünf Monate zum nachdenken. Ab und an haben sie alle ja auch miteinander gesprochen, nur habe ich diese Begegnungen natürlich nicht alle thematisiert, weil das offen gestanden auch eine gewisse Zähe in die Story gebracht hätte. Wichtig ist jetzt nur zu sehen, dass sie sich wirklich bemühen, ihre Sichtweise zu ändern.


    Weißt du, ich habe mir, als ich das Kapitel schrieb oder bzw. die Storyline an sich, auch gedacht, dass es eher schwierig ist, diese Umstellung im Verhalten darzsutellen, weil sie einem unrealistisch vorkommt. Aber auf der anderen Seite habe ich es selbst schon erlebt, dass manche Personen lange völlig ahnungslos über die Gefühle des anderen waren und ein klärendes Gespräch allen beteiligten regelrecht die Augen öffnete und Menschen sich so veränderten, wie man es niemals für denkbar gehalten hätte.


    Ich denke, Amanda und Herbert ist einfach deutlich geworden, dass sie ihre Tochter sehr vernachlässigt haben. Ich glaube, das ist niemals in vollem Bewusstsein geschehen und die "Früchte" dieses Verhaltens nun so zu sehen, regelrecht vor Augen gehalten zu bekommen, tut natürlich weh. Natürlich steckt hinter ihrem Verhalten viel schlechtes Gewissen und der Drang, sich gut mit ihrer Tochter zu stellen. Aber warum auch nicht? Ich denke, man kann ihnen ihre grundlegende Ansicht doch gar nicht unbedingt übelnehmen, ich will nicht wissen, wie ich reagieren würde, wenn MEIN Kind eines Tages ankäme und mir verkündet, dass es einen drogensüchtigen, obdachlosen Freund hat. Egal ob schon 18 oder älter, ich würde wahrscheinlich den Drang verspüren, es hinter Schloss und Riegel zu verbannen, um es bloß zu schützen, ist ja klar. Von daher denke ich, dass die beiden sich schon SEHR überwinden, auch mal ganz abgesehn von ihren Standesbedingten idiotischen Wertvorstellungen.


    Aber ich bin da selbst recht kritisch und befürchte, der Wandel der beiden ist nicht ganz glaubwürdig, aber ich will die Story damit nicht ewig in die Länge ziehen, darum fällt es dem ein wenig zum Opfer!



    @Llyn: Was Niklas angeht, so ist die Frage natürlich groß, was er bereut. Bereut er sein Verhalten, seine Einstellung oder nur, dass er Tessa nicht bekehren konnte?
    Noch weiß er ja gar nicht, ob es Jess noch gibt, wie sie zu ihm steht. Er hat sotzsagen nur herausgefunden, dass es Tessa recht gut geht, denn sonst würde sie ja nicht so auftreten wie sie es tut. Aber mehr weiß er ja nicht. Die Frage ist natürlich, ruft er sie an und was wird er sagen?


    Ich hab jetzt bei Jane schon so viel geschrieben, dass ich ein wenig abkürze, was ihre Eltern betrifft. *gg*



    Nina: Hihi, ich finde es spannend, wie ihr alle das Gespräch zwischen Moni und Niklas deutet. Vielleicht hat Moni ihm ja auc nur etwas über Tessa erzählt oder NIklas hofft, über sie an tessa heran kommen zu können? Wer weiß :-)


    Danke für Deinen Kommi!



    Entschuldige, dass ich mich kürzer fasse, aber ich bin von der Hitze ziemlich geplagt und muss jetzt dringend in ein kühlerees Zimmer! Aber erst kriegt ihr noch die FS!

  • Kapitel 78
    Familie Wagner



    Tessa stieg aus ihrem Wagen und drehte sich langsam nach hinten um, wo ihr Vater seinen silberfarbenen Mercedes dicht hinter ihren Kleinwagen geparkt hatte und beide Eltern gerade ebenfalls ausstiegen.
    Sie lächelte ihnen zu, und versuchte nicht zu zeigen, wie nervös und angespannt sie sich eigentlich fühlte.
    Jess hatte dem Treffen überraschend schnell zugestimmt, nachdem er mit seinen Therapeuten gesprochen hatte. Diese waren offenbar derselben Meinung, wie Tessa sie selbst schon geäußert hatte, nämlich dass das Zusammentreffen im geschützten Raum der Therapie vermutlich empfehlenswerter sei als „im echten Leben“, wo Jess neben dieser Begegnung ohnehin mit genug Herausforderungen konfrontiert werden würde. So aber war eine langsame und vorsichtige Annäherung möglich. Und sollte das Treffen problematisch verlaufen, so befand sich Jess im übertragenen Sinne „auf seinem eigenen Grund und Boden“ und hatte die Möglichkeit, sich der Situation ganz nach seinen eigenen Bedürfnissen und Möglichkeiten zu entziehen, wenn er nicht mehr konnte.
    Tessa ging einige Schritte voraus und blieb vor dem Eingang zur Villa stehen. „Hier sind wir“, sagte sie an ihre Eltern gewandt. Ihre Mutter schnupperte in die Luft, während ihr Vater sich erstaunt umsah. „Wie schön und gepflegt das alles hier ist!“, äußerte er beeindruckt.
    Die große Flügeltür des Hauses öffnete sich und Jess trat heraus. Unschlüssig blieb er einige Meter von der Türe entfernt stehen. Tessa lächelte ihm zu und schob ihre eigene Unsicherheit in den hintersten Winkel ihres Herzens, denn sie wusste, dass sie jetzt für Jess da sein und vermitteln musste, also ging sie schnellen Schrittes auf ihn zu, während ihre Eltern ihr langsam folgten.


    „Hallo“, sagte Jess befangen und sah Tessa verunsichert an, doch diese lächelte ihn aufmunternd an, beuge sich zu ihm und küsste ihn zu dessen eigener Verwunderung stürmisch zur Begrüßung, ganz so, als sei sie alleine gekommen und dies nur ein ganz gewöhnlicher Besuchstag von zahlreichen.
    „Hei Jess“, sagte sie dann und lächelte ihn an, während sie ihm beruhigend die Schulter streichelte und leise zuflüsterte: „Sei ganz locker, sie beißen nicht – und wenn, dann werde ich ihnen Maulkörbe verpassen.“
    Jess flog ein befangenes Lächeln über das Gesicht, während er den Wagners einen schüchternen Blick zu warf, den beide mit einem offenen Lächeln erwiderten.


    Tessa legte Jess die Hand auf den Rücken und schob ihn sanft einige Schritt nach vorne, bis er direkt vor ihrem Vater stand.
    „Papa, das ist Jess“, sagte sie dann so ungezwungen wie möglich und beobachtete angespannt die Mimik ihres Gegenübers. Doch ihr Vater lächelte weiterhin freundlich und schien von Jess zumindest nicht negativ überrascht zu sein. „Jess, das ist mein Vater“, vollendete Tessa denn mit fester Stimme ihre Vorstellung.
    Ihr Vater derweil merkte dem jungen Mann sofort seine Schüchternheit an und beschloss es so zu handhaben wie immer und einfach auf ihn zuzugehen. So streckte er ihm denn auch mit einer gewissen Förmlichkeit, aber dennoch nicht kühl die Rechte entgegen und sagte: „Freut mich, Sie kennen zu lernen, Jess.“
    Jess lächelte und fand nun auch seine Stimme wieder, indem er freundlich erwiderte: „Freut mich auch, Herr Wagner.“


    Tessa griff sanft nach Jess Arm und drehte ihn zu ihrer Mutter, die ihn mit unverhohlener Neugier musterte. Aber auch ihr schien das, was sie da sah, nicht zu missfallen, denn sie lächelte den jungen Mann freundlich an und streckte ihm ebenfalls die Hand zum Gruß entgegen.
    „Ich bin Tessas Mutter“, übernahm sie selbst ihre Vorstellung. „Freut mich, Sie kennen zu lernen, Jess. Ein herrliches Plätzchen Erde haben Sie hier, wenn ich das sagen darf.“


    Jess lächelte etwas befangen. „Ja, es ist sehr schön hier draußen, auch wenn ich selbst natürlich wenig dazu beitrage, offen gestanden…“
    Es entstand eine unangenehme und etwas peinliche Pause, als Amanda klar wurde, dass sie Jess gerade darauf aufmerksam gemacht haben musste, dass er keinerlei Besitz hatte und sie selbst für einen Moment vergessen hatte, warum sich der junge Mann hier in dieser Idylle befand.
    Tessa bemerkte die Situation jedoch sofort und sagte schnell: „Wollen wir uns nicht setzen?“, während sie auf eine Vierergruppe von hellen Tischen und Stühlen wies.
    Gemeinsam gingen sie über das weiche Gras und nahmen auf den robusten, aber bequemen Holzstühlen Platz.



    Da saßen sie nun, alle vier und wussten nicht recht, was sie sagen sollten. Jess starrte verlegen auf seine Schuhspitzen, Herr und Frau Wagner sahen sich interessiert im Garten um und Tessa warf nervöse Blicke von einem zum anderen, während sie krampfhaft überlegte, wie sie ein halbwegs vernünftiges Gespräch in Gange zu bringen vermochte, doch ihr wollte nichts einfallen. Gemeinsamkeiten zwischen ihren Elternteilen und Jess, über die man hätte sprechen können, gab es nicht oder Tessa war sich ihrer zumindest nicht bewusst. Eine unbefangene Geschichte über ihr erstes Kennenlernen, wie man es zu solchen Gelegenheiten gerne zum Besten gab, war unter Anbetracht eben jener Umstände, wie sie sich getroffen haben, mehr als unpassend und völlig undenkbar.
    Also griff Tessa auf das ultimative Gesprächsthema zurück, dessen sich die Menschheit so gerne bedient, wenn ihr nichts besseres einfällt, über das es sich zu sprechen lohnen könnte:
    „Herrliches Wetter ist das heute, nicht?“, stieß sie hervor und kam sich im selben Moment reichlich blöde vor.


    Doch zu ihrer eigenen Erleichterung griffen ihre Eltern das Thema nur zu gerne auf, ihre Mutter nickte begeistert und sagte: „Ein wunderschöner Tag. Ich habe vorhin den Wetterbericht gehört, und es soll die ganze Woche warm bleiben. Stellt euch vor, am Freitag sollen wir sogar bis zu achtunddreißig Grad bekommen!“, sie seufzte, „ich glaube, ich werde mir dann frei nehmen, bei diesen Temperaturen sagen ohnehin die meisten Kunden ihre Termine ab.“ Sie lächelte Jess zu. „Wer will sich bei solch einer Hitze schon Cremes und Masken antun?“



    Jess lächelte befangen zurück, er verstand nicht viel von Cremes und Masken, konnte aber durchaus nachvollziehen, dass man bei einer solchen Hitze zu nahezu gar nichts mehr Lust hatte.
    „Ich nehme an, dass dieser wunderschöne Pool dort hinten an solchen Tagen besonders rege genutzt wird?“, wandte sich Tessas Vater an Jess. „Es muss sehr schön sein, sich an einem solch warmen Tag hier erfrischen zu können. Ich habe für so etwas leider keine Zeit, meine Geschäfte machen es mir meist unmöglich, unseren Pool zu Haus zu nutzen, auch wenn er um vieles kleiner ist als dieses Exemplar hier.“


    Betreten warf Jess Tessa einen Blick zu, er wusste offensichtlich nicht recht, was er darauf erwidern sollte. Diese biss sich auf die Lippen. Das hier lief ganz und gar nicht so, wie sie es sich erhofft hatte. Dass beide Eltern direkt von ihrem Arbeitsleben anfingen und man die Aussage ihres Vaters unter Umständen sogar als einen versteckten Hinweis darauf, dass er glaube, Jess könne hier den ganzen Tag in der Sonne liegen, während er sich abschuftete, hätte verstehen können – all das bildete nicht gerade das Fundament für ein offenes und gutes Gespräch.

  • Da ihr Vater Jess jedoch immer noch fragend anblickte und offenbar auf eine Erwiderung wartete, zu der jener nicht recht fähig zu sein schien, versuchte Tessa zu vermitteln und sagte: „Weißt du, Vater, ich denke, Jess und die anderen Patienten haben nicht so sehr viel Zeit zum Schwimmen, weil es hier ein rechtes engmaschiges Tagesprogramm gibt. Nicht wahr, Jess?“



    Jess nickte langsam, räusperte sich und sagte dann langsam und unsicher: „Äh… nun… ja, das ist schon so, ja. Natürlich haben wir auch etwas Freizeit, aber die meiste Zeit des Tages ist mit Therapiestunden ausgelastet.“
    „Sehr vernünftig“, antwortete ihr Vater nun und nickte zufrieden. „Wenn man den ganzen Tag nichts zu tun hat, denkt man nur zu viel nach.“
    Er fühlte, wie ihn seine Frau leicht in die Rippen stieß, räusperte sich und fügte rasch hinzu: „Das… das geht jedenfalls mir so.“
    Jess nickte und nachdem Tessa ihm aufmunternd zugelächelt hatte, sagte er: „Mir auch, Herr Wagner… darum bin ich ganz froh, wenn ich den ganzen Tag etwas zu tun habe… ich denke sonst ununterbrochen darüber nach, was geschehen ist, was hätte anders kommen können und wie es weitergehen wird… und irgendwann wird man davon ganz verwirrt… nun… ja… jedenfalls ist das bei mir so.“



    Tessa Vater nickte zustimmen und nun ergriff ihre Mutter das Wort: „Es ist hier wirklich außergewöhnlich schön, Jess. Geradezu friedlich und harmonisch. Man könnte hieraus genauso gut eine Schönheitsfarm oder ein Wellness Hotel machen…“
    Sie schluckte und biss sich auf die Lippen, und auch Tessa stöhnte innerlich. Doch Jess, der inzwischen wohl etwas seiner Befangenheit zu verlieren schien, lächelte und sagte: „Manchmal fühlt man sich hier draußen auch eher wie in einem sogenannten Wellnesshotel als in dem, was es wirklich ist.“
    Dankbar lächelte Frau Wagner ihr Gegenüber an und sagte: „Ja, Tessa erzählte uns bereits, dass sich diese Einrichtung sehr von denen in der Stadt zu unterscheiden scheint. Auch ich muss zugeben, dass ich positiv überrascht bin, wobei das sicher auch an dieser herrlichen Lage hier liegt. Alleine die Landluft vermittelt einem ein Gefühl von Urlaub.“



    „Das stimmt“, fiel nun Tessa ein. „Aber es ist nicht nur das, was den Unterschied macht. Ich denke, es ist alles, vor allem der Therapieansatz, nicht wahr, Jess?“
    Jess nickte langsam und sagte dann: „Ja, völlig anders als in der Stadt.“
    Tessa realisierte schnell, dass es ihm offenbar eher unangenehm war, über die Therapie zu sprechen. Kein Wunder, immerhin schämte er sich ja offensichtlich für das, was ihn dazu gebracht hatte, überhaupt erst hier her kommen zu müssen.
    „Nun, es ist schön zu wissen, dass es auch noch Einrichtungen gibt, denen die Qualität wichtiger ist als die Quantität“, sagte Herr Wagner da. „Was nützt es schon, im Jahr 500 Patienten als therapiert zu entlassen, wenn dieser Erfolg nicht dauerhaft ist?“



    Jess nickte langsam. „Da haben Sie recht, Herr Wagner. Sehr recht sogar.“
    Auch Tessa nickte eifrig. „Ja, das stimmt, Papa. Und das macht auch den Unterschied zu den Einrichtungen in der Stadt.“
    Wieder entstand eine unschöne Pause. Tessa konnte es ihren Eltern nicht verübeln, dass sie kein Gespräch begannen. Erst jetzt wurde ihr klar, dass fast jedes Themengebiet Glatteis für sie bedeutete. Sie seufzte innerlich. War dies nicht eigentlich Unsinn? Schließlich wussten sie von Jess´ Vergangenheit, und auch er war sich klar darüber.
    Warum also dieses Thema so peinlich umschiffen?



    Irgendwann räusperte sich ihr Vater und sagte dann: „Tessa erzählte, Sie seien sehr talentiert im Malen, Jess.“
    Jess sah auf, warf Tessa einen Blick zu und sagte dann bescheiden: „Nun… man kann das selbst sehr schlecht beurteilen, wissen Sie. Es macht mir Freude… und ich würde behaupten, dass ich es nicht schlecht beherrsche.“
    „Er untertreibt“, warf Tessa ein. „Er beherrscht es sogar sehr gut.“ Sie lächelte ihn an.
    „Keine falsche Bescheidenheit“, sagte ihr Vater lächelnd an Jess gewandt. „Ich weiß, das gilt allgemeinhin als Tugend, Jess, aber es ist Unsinn, seine Fähigkeiten unter den Scheffel zu stellen. Immerhin haben wir nicht unbegrenzte Fähigkeiten.“



    Er warf seiner Frau einen unsicheren Blick zu, als wolle er prüfen, ob er schon wieder etwas falsches gesagt hatte, doch diese lächelte, also fuhr er fort: „Ich meine damit, jeder Mensch hat nur ein paar Fähigkeiten, die das normale Maß übertreffen. Bei Tessa beispielsweise ist dies das die Sprache. Meine Frau hat ein Händchen fürs Dekorieren und Gestalten, und ich… nun ich bin pedantisch genug, um Jurist zu sein.“
    Ein herzliches Lachen lockerte die Runde auf und Jess sagte: „Ja, da haben Sie sicher recht, Herr Wagner. Nur offen gestanden kann man mit all den Begabungen, die Sie nannten, mehr anfangen als mit der Malerei. Die Kunst ist ein brotloses Gewerbe…“, Jess schluckte… „nicht dass ich behaupten dürfte, mich damit nicht zu verbessern. Aber trotzdem strebe ich nach allem, was in meinem Leben geschehen ist, nun doch nach einer gewissen Stabilität, die mir die Malerei in beruflicher Hinsicht gar nicht bieten könnte.“



    Tessas Vater nickte. „Das ist seine sehr vernünftige Einstellung, Jess. Nun wirke ich wohl nicht gerade als der Träumer schlechthin, aber ich rate Ihnen dennoch, sich ein paar Träume zu behalten. Auch mit der Kunst kann man ein gutes Auskommen erreichen, wenn man nur dafür arbeitet. Aber das ist ja noch Zukunftsmusik. Ich nehme an, Sie wissen noch nicht genau, wie es beruflich und bildungstechnisch für Sie weitergehen soll, wenn Sie diese Therapie hier erfolgreich hinter sich lassen können?“
    Jess schüttelte den Kopf. „Nein, Herr Wagner, darüber habe ich mir noch keine konkreten Gedanken gemacht… es… ist zu früh und…“, versuchte er sich zu entschuldigen, doch diesmal unterbrach ihn Tessas Mutter und sagte: „Jess, Sie brauchen sich nicht zu rechtfertigen. Die Gesundheit geht immer vor und Sie haben ja noch einige Wochen Zeit, um sich zu entscheiden. Ich bin mir sicher, mit Tessas Hilfe werden Sie schon das richtige finden.“



    Jess nickte und lächelte ihr dankbar zu, während Tessa sie eher erstaunt ansah.
    Jess pusselte nervös an seinem T-Shirt herum und sagte dann: „Herr und Frag Wagner… ich… möchte mich entschuldigen bei Ihnen, für all die Unannehmlichkeiten, die ich Tessa bereitet habe…“
    Irritiert blickte Tessa ihn an und auch ihre Eltern wirkten etwas verblüfft, doch Jess ließ sich nicht beirren und fuhr fort: „Ich bin mir ziemlich sicher, Sie hätten sich einen besseren Mann für sie gewünscht, und ich kann das nur allzu gut nachvollziehen. Trotzdem möchte ich mich bedanken für die Chance, die Sie uns geben, denn wir empfinden wirklich sehr viel füreinander.“ Er seufzte. „Kurz gesagt, ich kann Tessa natürlich nicht viel bieten. Kein Haus, kein Einkommen, nichtmal eine ansatzweise sichere Zukunft. Aber ich liebe sie wirklich aufrichtig…“

  • Tessa schluckte gerührt und griff nach seiner Hand.



    Ihre Eltern wussten einen Moment nicht recht, was sie sagen sollten, dann ergriff schließlich Amanda das Wort: „Jess… es ehrt Sie wirklich, Ihre Fehler so offen einzugestehen und uns sozusagen um Entschuldigung für die Fehler, die Sie gegenüber Tessa begangen haben, zu bitten. Aber letztlich ist Tessa erwachsen, sie trifft ihre eigenen Entscheidungen. Was Ihre Qualität als Mensch und Partner angeht, so muss ich zugeben, dass es uns anfangs sehr schwer fiel, Ihnen diese zuzugestehen. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich bin eben eine Mutter und noch dazu eine Frau, die schon immer in geordneten Verhältnissen lebte… und natürlich ist mir der Gedanke, meine Tochter könne all dies versagt bleiben, unerträglich… natürlich würde ich mir vielleicht einen … nun, sagen wir… sozial besser gestellten Partner für Tessa gewünscht haben. Aber ich weiß, dass nicht meine Wünsche maßgebend für Tessas Entscheidungen und schon gar nicht für ihre Gefühle sind. Und das ist wohl auch ganz gut so, denn jeder von uns muss seine Erfahrungen wohl selbst machen. Und dass Sie meine Tochter aufrichtig lieben, ist gerade in der heutigen Zeit sehr viel wert…“



    „Das wichtige ist, dass Sie sich auf den Weg gemacht haben“, fügte Tessas Vater nun hinzu. „Davor habe ich wirklich Respekt, muss ich sagen. Es ist schwer nachzuvollziehen, wie viel Willenskraft das gekostet haben muss.“
    Jess nickte. „Sehr viel, Herr Wagner.“ Er warf Tessa einen liebevollen Blick zu. „Aber ich hatte einen guten Grund und die beste Hilfe, die man haben kann.“
    Tessa lächelte leicht, und auch ihre Eltern lächelten und sahen ihre Tochter ebenso liebevoll an, und es kam ihnen vor, als sähen sie diese nun in einem völlig anderen Licht.
    „Auch Tessa hat dafür meine Anerkennung“, sagte ihr Vater schließlich. „Es ist bestimmt nicht leicht, jemanden so schwierigen zu leben… nehmen Sie´s mir nicht übel, Jess, dass ich dies so offen ausspreche.“
    Jess schüttelte den Kopf. „Wie könnte ich? Es ist genau das, was ich auch denke…“



    Nun schien sich die Atmosphäre etwas gelockert zu haben, so dass man sich noch etwa eine halbe Stunde weiter unterhielt. Man sprach über die Pracht des Gartens, wobei Tessas Eltern überlegten, sich nun vielleicht doch etwas mehr Zeit für ihren Garten zu nehmen, um sich ebenfalls so eine wunderschöne Oase für die wenige Freizeit zu schaffen.
    Jess erkundigte sich vorsichtig nach dem Kosmetikstudio Amandas, und diese gab ihm bereitwillig Auskunft. Auch Tessas Vater riss kurz an, was seinen Arbeitsalltag ausmachte und Jess wirkte sichtlich imponiert und für einen kleinen Moment fast wieder verschüchtert, doch Tessa drückte seine Hand und lächelte ihm aufmunternd zu. Und als Herr Wagner lächelnd erzählte, dass auch er während seines Studiums als ganz normaler Arbeiter in einem Supermarkt angefangen habe, um sich die Kosten für sein Studium zu verdienen, fiel die letzte Anspannung von Jess ab.
    Nach einer halben Stunde jedoch ging allen allmählich dann doch wieder der Gesprächsstoff aus. Zu fremd war man sich noch, zu angespannt die Sachlage, zu seltsam die Tatsache, dass man sich im Garten eines Sanatoriums befand und Tessas Eltern mit einer Welt, die sie sonst nur aus Zeitungsberichten und mit dem allergrößten Desinteresse oder gar leichter Verachtung betrachtet hatten, in unmittelbare Berührung kam.



    So war es für alle dann doch recht befreiend, als man sich nach einer halben Stunde erhob und sich Tessas Eltern verabschiedeten.
    „Es war schön, Sie kennen zu lernen“, sagte Jess ehrlich, als er beiden zum Abschied noch einmal die Hand schüttelte.
    „Das gilt für uns genau“, erwiderte Tessas Vater. „Das nächste Mal wenn wir uns sehen, wird dies hoffentlich schon nach der erfolgreichen Therapie sein, Jess. Ich wünsche Ihnen noch viel Glück und natürlich Durchhaltevermögen!“



    Jess nickte und gemeinsam mit Tessa blickte er dem Ehepaar nach, wie es langsam aus ihrer Sichtweite verschwand.
    Nun gingen beide wieder einige Schritte zurück in den Garten, sogen die warme Luft tief ein und spürten, wie die Anspannung allmählich nach ließ.
    „Und?“, fragte Tessa dann mit einem Seitenblick auf Jess. „Wie geht´s dir?“
    Jess lächelte. „Ich bin irgendwie so k.o. wie nach einem Zehn-Kilometer-Lauf, aber sonst gut.“
    „Wie fandest du es?“
    Jess zuckte mit den Schultern. „Sag du es mir. Ich fand es nicht so schlimm, wie befürchtet. Wie hab ich mich geschlagen?“
    Tessa umarmte ihn lächelnd. „Sehr gut.“



    Er lachte leise. „Das sagst du jetzt nur so.“
    „Nein“, erwiderte sie empört. „Ich mein´s ernst. Ich war überrascht, wie gut du dich geschlagen hast, und ich bin verblüfft darüber, wie gut sich meine Eltern verhalten haben.“
    Nachdenklich sah sie ihn an. „Seit unserer Aussprache habe ich das Gefühl, ich kenne diese Menschen gar nicht mehr. Sie sind so anders.“
    Jess nickte. „Manchmal müssen wir Menschen wohl wachgerüttelt werden, und dann erst sind wir fähig uns zu verändern. Ich glaube, es ist schon irgendwie in uns, aber wir entdecken es oft erst nach langer Zeit. So wie ich auch.“ Er lächelte. „Durch dich.“
    „Was? Was hast du entdeckt?“
    „Nun… mich vielleicht… oder zumindest den Jess in mir, der hofft und glaubt und der Zuversicht besitzt. Und der durchhalten kann, weil er weiß, wofür.“



    Tessa lächelte glücklich und umarmte Jess innig.
    Wortlos setzten sie sich in den Schatten einer Weide und genossen still den Rest des aufregenden Nachmittags, während ein leichtes Lüftchen die Blätter über ihren Köpfen sanft hin- und herwiegte.






    Fortsetzung folgt.

  • Liebe Innad, nun sind Tessas Eltern doch noch zu Besinnung gekommen. Doch wie du schon geschrieben hast, ist ihnen bewusst geworden das sie nicht so weiter denken können ohne ihre Tochter zu verlieren. Auch wenn sie sich bemühen werden, so wird es einige Zeit brauchen bis sie ihre Einstellung ablegen bzw. erweitern können.

    Das Treffen mit Jess ist doch gut gelaufen und besser hätte man es unter den Umstanden gar nicht erwarten können.
    Was mir gut gefallen hat, ist das Tessas Eltern ganz normal oder neutral gekleidet waren und nicht so im ich hab was, ich bin was Outfit erschienen sind.
    Dass sie nun viel von ihrer Arbeit erzählten, war vielleicht nicht so angebracht. Doch dafür leben sie und so schade es auch ist, scheinen sie nur in der Arbeit Bestätigung zu finden.
    Es ist schön einen tollen Job zu haben, aber Arbeit ist nicht das ganze leben. Es ist wichtig, fürs Geld, fürs Ego, das Gefühl haben was Sinnvolles zutun und auch um in gewisser Weise gesund zu bleiben. Dabei sollte man aber nicht die anderen schönen Dinge die das Leben zu bieten hat vergessen.
    Na egal, Jess wird sich dran gewöhnen, denn er wird die Arbeitswelt seiner (hoff ich) zukünftigen Schwiegereltern noch öfters erklärt bekommen.
    Nun ist Jess und Tessa eine weitere Last genommen, auch wenn an dem Verhältnis zur Ihren Eltern und Jess noch einiges zu tun ist, ist doch der Anfang der immer am schwierigsten ist gemacht.
    Liebe Innad, das waren wieder zwei sehr schöne Gefühlvolle Fortsetzungen, mit schönen Bilder und Futter fürs Herz. :applausWo man so richtig mit Jess und Tessa mitfiebern kann und sich mit ihnen freut.:D
    Ich freue mich schon auf die nächste Fs.
    Bis dann!:)

    [SIZE=3]*liebe grüße Ines*[/SIZE]
    [SIZE=3]Meine erste FS! Eine etwas andere Familie! [/SIZE][SIZE=3]
    [/SIZE]
    Liebe Grüße an Nintendog, Rivendell, PeeWee, Jane Eyre, Kautschi, Llynya, colle Omi, wawuschel, Panakita, Josijusa, Filour, fallin'angel undalle Leser!:knuddel



  • Wirklich eine schwere Prüfung die Jess da zu bewältigen hat auch wenn er sich auf seinem "Terrain" befindet. Und nach dieser ein wenig verunglückten Begrüßung wieder Fuß zu fassen ist nicht einfach. :rolleyes


    Dazu kommt das man vieles zweideutig verstehen kann, auch wenn der Gegenüber es vielleicht nur harmlos gemeint hat. Umso schöner das sie dann doch noch einen Weg gefunden haben "halbwegs" normal miteinander zu reden. Und sein offenes Geständnis hat dann sein übriges getan. Aber genauso wichtig war es auch, das die Eltern das Thema "unbeschönigt" angesprochen haben, denn nur so hat man die Möglichkeit auf einander zu zu gehen.



    Ich denke dies war auch für Tessa und Jess ein wichtiger Schritt in ihrer Beziehung, denn auch wenn beide sich vorher schon einig über ihre Gefühle waren und auch darüber sihc von nichts und niemanden da reinreden zu lassen, ist es doch sicherlich umso schöner wenn man weiss das auch die Eltern diese Beziehung tolerieren. Auch wenn es bis zur Akzeptanz noch ein wenig dauern wird, haben sie sich ja inzwischen schon sehr verändert und sind auf dem besten Wege dahin. Und auch für Tessa wird es trotz allem einfacher sein, zu wissen das die Eltern ihr vertrauen.





    Sag mal wo hast du Tessas Frisur in dieser Fs her, die gefällt mir sehr gut? :confused:

    My Name Is Love - Nina Love

  • Hallö Innad, :)


    Na, so schlimm war es doch gar nicht. *g*
    Eigentlich war es nicht viel anders, als wenn ein ganz "normaler" zukünftiger Schwiegersohn zum ersten Mal die Eltern der Freundin trifft. Jeder ist nervös und auch die Gespräche sind nicht so fließend, wie als wenn man sich schon besser kennt. Natürlich war es hier etwas schwieriger die Themen zu umschiffen, die schmerzhaft sein könnten, aber im Großen und Ganzen ist doch alles gut gelaufen.
    Es gab trotz der angespannten Atmosphäre keinen Streit oder gehässige Worte und man merkte, dass Tessas Eltern sich ehrlich bemüht haben, Jess besser kennenzulernen. Ihre Eltern wirken wirklich wie verwandelt und blicken auch mal auf ihre Jugend zurück, wo sie selbst noch nicht alles hatten und das Leben nicht ganz so angenehm war wie heute. ;)
    Ganz schön fand ich von ihnen, dass sie eingesehen haben, dass es den "Traumschwiegersohn" nicht gibt und es alleine zählt, dass Tessa glücklich ist und das auch Jess gesagt haben. Ich denke dadurch wird sich das Verhältnis zwischen ihnen wohl doch zum Guten wenden, auch durch Jess' Offenheit was seine Situation angeht wurde da schon ein Grundstein gelegt. :)


    Hm, aber irgendwie machen mir die vielen Sorgenfreien Fortsetzungen doch ein wenig Sorgen, dass da doch noch ein großer Knall kommt. :hua
    Ganz liebe Grüße
    Llyn

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19

  • Da war es also... das angesprochene und von der Familie Wagner erbetene Treffen mit dem für sie noch unbekannten Freund ihrer Tochter, an den sie ihr Herz verloren hat.
    Ich finde, es lief besser ab, als ich vorher angenommen habe. Die Wagners waren recht offen, haben versucht darauf zu achten was sie sagen, um keine Ablehnung zu veräußerlichen (jaja, wer weis, wie es innern drin aussieht oder was sie später im Auto bequatschen) und waren mehr als höflich! *hutab*
    Das Jess mulmig bei der ganzen Angelegneheit war und auch Tess sich anfänglich nicht wirklich wohl in ihrer Haut fühlte, ist natürlich für jeden nachvollziehbar.
    Ich erinnere mich noch heute, als ich meine Schwiegereltern das erste mal getroffen habe... wir saßen bei ihnen im Wohnzimmer, haben den smalsten Smaltalk gehalten und auf einmal verschwindet mein jetziger Exfreund und heutige Mann ^^ einfach auf´s Klo und scheint nimmer wieder zu kommen *lach* Boa wir haben kein einziges Thema gefunden!
    Um so mehr kann ich mich in Jess hinein versetzen, klar anderer Hintergrund aber irgendwie gleiche Situation, auch wenn Tessa ihm keinen deu von der Seite gewichen ist!
    Ich bin gespannt, wie das Verhältnis zwischen allen werden könnte, wenn Jess aus dem Entzug entlassen wird in ein paar Monaten... es wird ja sicherlich ein weiteres Treffen geben und auf dessen Handlungsverlauf bin ich jetzt schon sehr gespannt!


    Liebe Innad, eine wunderschöne Fortsetzung hast du uns mal wieder präsentiert, mit atemberaubenden Bilder und Text! Ich freue mich jetzt schon sehr auf die nächste!

    [CENTER][COLOR="White"]Bussi @all Kiara :wink
    ***************[/CENTER][/COLOR]




    [CENTER][SIZE="1"][COLOR="Sienna"]P.S. Für Rehctshcbriefleher wird kiene Hatufng übrnemoemn! *g*[/COLOR][/SIZE][/CENTER]

  • Ines: Ich find es echt toll, dass Du das mit dem Outfit von Tessas Eltern ansprichst, denn das habe ich bewusst so gemacht. Ich glaube auch, wären sie in Anzug und Kostümchen gekommen, wäre es für Jess noch deutlicher gewesen, dass sie "über ihm" stehen.
    Dass sie von ihrer Arbeit reden, ist natürlich wieder typisch. Aber man kann annehmen, dass sie sonst sehr viel darüber sprechen, wenn sie irgendwo sind und sich mit irgendjemanden austauschen. Es ist eben ein großer Bestandteil ihres Lebens, und sonst haben sie leider nicht so arg viel.
    Danke für Deinen tollen Kommi!



    Nina: Ja, das stimmt, vieles ist zweideutig zu verstehen gewesen. Im Prinzip hätte man etliche Aussagen der Eltern als "von oben herab" oder irgendwie als Andeutung auf Jess´ Problematik werten können, aber ob sie´s so gemeint haben, weiß man natürlich nicht.
    Ich denke auch, sie haben sich gut geschlagen und wirklich versucht, so tolerant wie möglich zu sein. Und das tut Jess und Tessa sicherlich auch sehr gut.
    Danke für Deinen lieben KommI!



    @Llyn:
    Hihi, ich merke schon, Du traust mir nicht und witterst kommende Katastrophen :D Ich sage dazu mal nix... ;)
    Und ja, das Gespräch hatte sicher Züge, wie sie bei jedem ersten Aufeinadnertreffen von Schwiegersohn in spee und Schwiegereltern ist. Nur dass es hier natürlich noch etwas schwieriger war, aber alle haben sich gut durchgeschlagen!
    Danke für Deinen Kommi! *winke*



    Kiara:
    hihi, ich musste bei Deiner Beschreibung eures ersten Treffens schmunzeln. Mir ging es ganz ähnlich, es gibt wirklich angenehmere Situationen, da gebe ich Dir total recht :)
    Und ich denke auch, man muss den Wagners großen Respekt dafür zollen, dass sie sich zurück gehalten haben. Ich denke wirklich, sie haben große Angst, Tessa zu verlieren und wollen nun etwas gut machen, darum reißen sie sich gewaltig am Riemen.
    Danke auch für Deinen Kommi! :)