[Fotostory] Tiefer als der Schmerz

  • Kapitel 30
    In der Falle


    Ich liebe dich, du Seele, die da irrt
    im Tal des Lebens nach dem rechten Glücke,
    ich liebe dich, die manch ein Wahn verwirrt,
    der manch ein Traum zerbrach in Staub und Stücke.


    Ich liebe deine armen wunden Schwingen,
    die ungestoßen in mir möchten wohnen;
    ich möchte dich mit Güte ganz durchdringen,
    ich möchte dich in allen Tiefen schonen.


    C.Morgenstern



    Tessas Hand zitterte, als sie die eisigkalte, vom Schnee feuchte Türklinke berührte.



    Für einen Moment zögerte sie noch einmal, dann drückte sie die Klinke entschlossen nach unten und war für einen Augenblick fast überrascht, dass sich die Tür sofort öffnete.
    Im Inneren des Gebäudes war es dunkel. Die eben noch gedämpfte Musik drang ihr nun lauter entgegen, schien aber aus einem der oberen Stockwerke zu kommen.
    Langsam und vorsichtig machte Tessa einige Schritte in das Gebäude hinein.
    Ihr Herz klopfte ihr bis zum Halse und ihre Augen wanderten unruhig hin und her, doch es war so dunkel im Raum, dass sie zunächst kaum etwas zu sehen vermochte.


    Mit einem lauten „Rumms“ fiel die Tür hinter ihr ins Schloss und Tessa schrak heftig zusammen und konnte sich nur im letzten Moment einen erschrockenen Aufschrei verkneifen. Sie spürte, wie weich ihre Knie mit einemmal waren. Es fiel ihr schwer, sich aufrecht zu halten und sie wagte kaum zu atmen und lauschte in den dunklen Raum hinein. Doch außer der Musik aus den oberen Etagen war nichts zu hören.
    Ganz allmählich begannen ihre Augen sich an das Dämmerlicht im Raum zu gewöhnen und sie konnte schemenhaft wahrnehmen, was sich um sie herum befand.



    Der Raum schien relativ leer zu sein. Einige Trennwände waren nur noch bruchstückhaft erhalten und standen in fast surrealistischer Art und Weise mitten in den offenen Raum hinein.
    Tessa konnte erkennen, dass verschiedene Dinge – Müll? – auf dem Boden verstreut lag. Außerdem erkannte sie einige abgenutzte und teils seltsam anmutende Möbelstücke.
    Das einzige Licht im Raum wurde von einigen wenigen Kerzen verbreitet, die auf dem Boden aufgestellt worden waren und innerhalb dieser Wände alles andere als Behaglichkeit symbolisierten.

    Vorsichtig ging Tessa weiter, setzte behutsam einen Schritt vor den anderen, bis irgendetwas unter ihrem Schuh krachte und zerbrach und sie erschrocken zurückwich.
    Als sie betrachtete, was vor ihr lag, holte sie tief Luft, denn es war eine Spritze – und es war nicht die einzige, die hier auf dem Boden verstreut lag.



    „Na Prinzesschen?“ tönte da eine raue, männliche Stimme von irgendwoher aus dem Raum und diesmal entwich Tessa wirklich ein leiser Aufschrei. Sie fuhr herum, um die Quelle der Stimme auszumachen und erkannte eine männliche Gestalt, die einige Meter entfernt auf einer Couch lag. „Komm ruhig näher, ich tu dir nichts“, fuhr die Stimme fort und Tessa ging vorsichtig ein paar Schritte näher, so dass sie das Gesicht des Mannes erkennen konnte.
    Es war ein ausgemergeltes, hageres Gesicht mit tiefen Furchen. Die Augen des Mannes wirkten im Halbdunkeln als besäßen sie keine Pupillen, als stammten sie nicht von einem menschlichen Wesen. Er lag auf der Couch ausgestreckt, hatte den Kopf in seine Hand gestützt und starrte ins Leere.


    Als er merkte, dass Tessa näher an ihn herangetreten war, setzte er sich langsam auf und beäugte sie im schummrigen Licht der hinter ihr brennenden roten Kerzen skeptisch.
    „Ich kenne dich nicht“, stellte er dann nüchtern fest.


    Tessa schluckte und spürte, wie ihre Hände zu zittern begannen. Sie beobachtete den Mann genau, doch er starrte wieder ins Leere und schien keine Anstalten zu machen, ihr gefährlich zu werden. Also nahm sie all ihren Mut zusammen und fragte mit dünner Stimme:
    „Kennst du zufällig einen Mann namens Jess?“




    Der Mann sah wieder zu ihr auf und schwieg einen Moment, dann erwiderte er: „Hab ich noch nie gehört. Wer soll das sein?“
    Tessa erwiderte nichts und blieb unschlüssig vor dem Mann stehen, bis dieser sie wieder anschaute und sagte: „Ich denke nicht, dass du hierher gehörst, Prinzesschen. Wir mögen keine Fremden. Du solltest besser gehen.“
    Tessa schluckte erneut und sagte dann langsam: „Ich suche ja auch nur Jess… und… woher willst du wissen, dass ich eine Fremde bin?“
    Der Mann sah sie einen Moment ausdruckslos an, dann fing er gackernd an zu lachen, so dass Tessa eine Gänsehaut überlief.



    „Prinzesschen, frag nicht so blöd. Dass du nicht hierher gehörst, sieht man dir an, man riecht es förmlich. Also mach, dass du weg kommst. Sind ja nicht alle hier so lieb wie ich, und das bin ich auch nur, weil mein Schuss gerade so gut war… Und jetzt geh und lass mich allein…“
    Und er legte sich wieder zurück in seine Ausgangsposition und ignorierte Tessa völlig.

  • Diese starrte den seltsamen Mann noch einen Augenblick an und seufzte dann. Von ihm war nichts zu erfahren, das war klar. Offenbar war er gerade auf einem astreinen Trip und wusste nicht einmal mehr seinen eigenen Namen, geschweige denn, wer oder wo Jess war.



    Die Warnung des Mannes überhörte sie geflissentlich. Ohnehin gab es jetzt kaum ein Zurück mehr. Und wenn alle anderen Dark Hellows so gefährlich waren wie dieser Zeitgenosse, waren Jasmins Befürchtungen wohl etwas übertrieben gewesen. Vielleicht handelte es sich hier einfach nur um eine Gang, die sich zusammentat, um sich gemeinsam zu helfen… und ihre etwas seltsame Art und Weise, aufzutreten, brachte ihr diesen schlechten Ruf ein, versuchte Tessa sich selbst zu beruhigen und drehte sich langsam wieder um. Am anderen Ende des Raumes konnte sie an der Seite eine schmale Treppe ausmachen, die offenbar in die oberen Stockwerke führte, aus denen sie inzwischen nicht nur Musik sondern auch leise Stimmen erkennen konnte.
    Wenn sie Jess finden würde, dann wohl kaum hier unten, sondern dort oben, wo offenbar mehrere Leute waren.



    Langsam ging sie auf die Treppe zu und versuchte, einen Blick nach oben zu erhaschen, was ihr aufgrund der Dunkelheit nicht möglich war. Also blieb ihr keine Wahl, als einfach nach oben zu gehen und sich in die Höhle des Löwen zu wagen.
    Mit zittrigen Knien stieg sie also die Treppe nach oben. Die Musik wurde lauter, dazwischen war das Gemurmel verschiedener Stimmen zu hören.



    Doch zu sehen war auch hier zuerst niemand. Langsam ging Tessa einige Schritt vorwärts und wandte sich nach rechts. Ihre Augen hatten sich inzwischen soweit an das Dämmerlicht im Raum gewöhnt, dass sie einige auf dem Boden sitzende Grüppchen an Menschen erkannte. Vorsichtig ging sie auf diese zu. Die erste Zweiergruppe beachtete sie gar nicht. Entweder waren sie zu sehr in ihr Gemurmel vertieft oder erlebten gerade ähnliche Dinge wie der hagere Mann von der Couch im Untergeschoss. Jedenfalls beachteten sie Tessa nicht im geringsten, so dass diese schließlich einfach an ihnen vorbeilief und sich weiter in den Raum wagte.



    Überall standen Trennwände aus Plastik verteilt, die den einzelnen Grüppchen offenbar Schutz boten. Des Weiteren waren auch im oberen Stockwerk überall auf dem Boden Spritzen und Kanülen zu finden. Das Licht vieler roter Kerzen erhellte den Raum nur spärlich.




    Tessa blieb unschlüssig vor einer dieser Trennwände stehen, hinter der sie eine etwas größere Gruppe an Menschen auf dem Fußboden sitzend ausmachen konnte.



    Sie lauschte den gedämpften Stimmen und horchte mit einemmal auf. War das nicht die Stimme von Jess gewesen, die sie aus der Richtung der größeren Gruppe vernommen hatte?



    Ohne weiter nachzudenken erhob sie ihre Stimme und rief in den stillen Raum hinein: „Jess? Jess, bist du das? Ich bin`s – Tessa! Jess?“
    Im selben Moment biss sie sich auf die Lippen. Ihr war klar, dass dieser Ausruf wohl nicht besonders klug gewesen war. Doch es war nicht mehr zu ändern.

  • Aus der Gruppe der Menschen löste sich eine Gestalt und kam auf sie zu. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. War es Jess?
    Doch als der Mann näher kam, erkannte sie, dass es sich nicht um Jess handelte.




    „Was willst du hier?“ fragte er mit harter Stimme. „Wer bist du?“
    Tessa schluckte. „Ich… ich suche einen Mann namens Jess. Weißt du, wo er ist?“

    Der Mann blieb stehen und starrte sie an.
    „Nein, ich kenne keinen namens Jess“, sagte er dann kalt. „Ich weiß nicht, wer das ist und wo er ist.“



    Tessa nickte langsam und wusste nicht recht, wie sie sich verhalten sollte. Sie wollte sich schon umdrehen und weitergehen, als der Mann schneidend rief: „Bleib stehen!“

    Tessas Magen zog sich zusammen. Langsam drehte sie sich wieder um und starrte den Mann ängstlich an. Eine dunkle Vorahnung befiel sie.
    „Ich weiß nicht, wer dieser Jess sein soll“, sagte der Mann langsam. „Aber ich weiß eines sehr genau – wir mögen keine Schnüffler und keine Fremden. Du scheinst beides davon zu sein…“
    Und während er sprach, kam er langsam Schritt um Schritt weiter auf sie zu.



    Ängstlich verzog Tessa das Gesicht. Sie wollte sich umdrehen und weglaufen, doch es war zu spät dafür. Sie hatte sich verraten. Und als sie das verzerrte Gesicht des Mannes erkannte, wurde ihr klar, dass sie in der Falle saß.
    Und verloren war.


    Fortsetzung folgt!

  • Hallo Innad!
    Also ich hab dich bzw. deine Geschichte bestimmt nicht verlassen ;)


    Das letzte Kapitel fand ich besonders spannend. Hab gemerkt, dass ich beim Lesen vom Mitfiebern in meinem Stuhl immer kleiner geworden bin und zwischendurch vergessen habe, weiter zu atmen *tiiiiefeinatmet*
    Schreib schnell weiter! Kann eine (hoffentlich) erneute Begegnung mit Jess kaum erwarten :)

  • Hallo Innad,


    da warst du schneller mit Fortsetzungposten, als ich nen Kommi da lassen konnte *lach* Aber sei es, wie es sei, hier dann jetzt ein Kommi:


    Die Bilder gefallen mir wieder außerordentlich gut! Du hast die ganze Atmosphäre, die dein Text untermalt, super eingefangen. Ich komme sofort in das Feeling, was zu dieser Sitation passt!
    Tessa ist ja mal wieder sehr hartnäckig. Ich denke, den Rat, den sie von dem Mann auf dem Sofa bekommen hat, war wirklich gut gemeint... aber ich kann sie ja irgendwie verstehen. Ich denke, mich würde es auch weiter treiben.
    Sie hat wahnsinnige Angst, ihre Liebe zu verlieren, diese nie wieder zu sehen, also sucht sie weiter, geht weiter... Sie klammert sich an ein Stückchen Hoffnung - die Hoffnung in zu finden, mit ihm zu reden, ihm zu sagen, wie sehr sie ihn liebt. Und sollte sie Jess wirklich finden, ist das doch ein großer Liebesbeweis, dass sie sich bis hierher getraut hat! Aber wird er sie auch noch lieben? Hat er vielleicht eine neue? Ist es wirklich Jess´s stimme, die sie da hört?


    Der Auffschrei war wirklich nicht das beste, was Tessa hätte tun können, aber passiert ist passiert. Ich bin sehr gespannt, ob er´s ist oder ob sie jetzt richtig in der Klämme sitzt! ...... Freu mich auf die Fortsetzung!

    [CENTER][COLOR="White"]Bussi @all Kiara :wink
    ***************[/CENTER][/COLOR]




    [CENTER][SIZE="1"][COLOR="Sienna"]P.S. Für Rehctshcbriefleher wird kiene Hatufng übrnemoemn! *g*[/COLOR][/SIZE][/CENTER]

  • Hallo Innad,
    da war Tessa total in Gedanken versunken, das sie gar nicht recht realisierte, welche Wege sie schon gegangen war. Die Angst um Jess, das was mit ihm ist oder sein könnte, der Glaube das er dachte das Tessa ihn nicht mehr sehen will, lies sie über sich hinauswachsen. In mancher Situation, handeln wir ohne Vernunft, ohne Angst und ohne uns über die folgen in klaren zu sein. Sie will Jess, kostet es was es wolle. Ihre liebe zu ihn, stellt alles andere im Schatten, sie muss ihn sehen, egal was es für folgen haben wird. Irgendwie ist es auch nachzuvollziehen und wer weis ob man auch so gehandelt hätte. Es ist immer schwer zu beurteilen, wenn man nicht selber in solch eine Situation steckt. Das was Tessa gerade macht, klingt etwas unvernünftig, aber hat sie denn eine andere Wahl? Jess wird bestimmt nicht von alleine irgendwann vor ihrer Tür stehen und darauf zu warten würde sie nicht aushalten.

    Nun hat sie das angebliche Gebäude gefunden und mir geht es auch eiskalt den Rücken runter, wenn ich nur daran denke, jetzt an Tessas stelle sein zu müssen.
    Der voll gedröhnte Mann, scheint in Moment für Tessa keine Gefahr zu sein, naja er schwebt wohl eh in Moment auf Wolke sieben und solange die Droge wirkt macht er sich eh über nichts Gedanken.
    Der andere Mann scheint ja nicht so unter Stoff zu stehen und sieht ziemlich Furcht einflößend aus. Das Tessa da aufgetaucht ist, das passt ihm gar nicht und wer weiß, was er jetzt macht mit ihr. Anscheinend kennt Jess da niemand oder er hat einen anderen Namen angegeben. Hofendlich kommt Tessa aus der Sache gut raus, oder Jess ist doch da und kann ihr helfen.
    Die Spannung ist kaum zu ertragen und die Angst von Tessa geht richtig in einen über.
    Beim lesen kann man sich so richtig in Tessa rein versetzten, geht jeden schritt mit ihr mit und spürt richtig das ungute Gefühl das sie innehat.
    Toll geschrieben und die Bilder sind sehr gut gelungen.:applaus
    Freue mich schon auf die Fs.
    Bis dann!:)

    [SIZE=3]*liebe grüße Ines*[/SIZE]
    [SIZE=3]Meine erste FS! Eine etwas andere Familie! [/SIZE][SIZE=3]
    [/SIZE]
    Liebe Grüße an Nintendog, Rivendell, PeeWee, Jane Eyre, Kautschi, Llynya, colle Omi, wawuschel, Panakita, Josijusa, Filour, fallin'angel undalle Leser!:knuddel



  • Hi Innad,


    jetzt verfolge ich deine Story schon von Anfang an und es wird immer spannender.
    Ich finde deinen Schreibstil wirklich klasse und toll ist auch, dass du das so durchziehst und nicht einfach irgendwann aufhörst, weil so eine Fotostory ja doch viel Arbeit ist.
    Deine Fotos haben sehr viel Ausdruck, sodass man richtig mitfühlen kann.


    Ich hoffe nur, Tessa findet ihren Jess bald und die Geschichte wird ein gutes Ende haben! :-)


    Mach weiter so, ich freue mich schon auf die Fortsetzung!

    [CENTER][/CENTER]

  • INNAD!
    Muss ich jetzt beleidigt sein? Du weißt das ich die Story net verlassen würde!
    Ich hatte nur soviel mit der Schule zu tun!
    *schmoll*

    LG
    Luxa

    [SIZE=1]Da ist ein Ort, wo der Bürgersteig endet[/SIZE]
    [SIZE=1]Und bevor die Straße beginnt[/SIZE]
    [SIZE=1]Und dort wächst das Gras, das weiche weiße[/SIZE]
    [SIZE=1]Und dort brennt die Sonne, die purpurrot heiße[/SIZE]
    [SIZE=1]Und der Mondvogel schläft dort nach langer Reise[/SIZE]
    [SIZE=1]Im kühlen Pfefferminzwind[/SIZE]

  • Hallö Innad. :)


    Die Atmosphäre im dem Haus hast du ganz toll rübergebracht, sowohl durch den Text und durch die Bilder. Man kann richtig mit Tessa mitfühlen, wie unheimlich es da sein muss. Das sie nicht auf den Mann anfangs hört ist klar, sie ist ja nicht zum Spaß da, sondern weil sie keine andere Wahl hat. Aber weitere Erklärungen hätten in dem Moment wohl auch nichts gebracht.
    Die "Bewohner" des Hauses scheinen ja sonst nicht unbedingt alarmiert zu sein, dass da jemand Fremdes durchs Haus geht.
    Der Mann oben ist ein ganz anderes Kaliber und so auf sich aufmerksam zu machen, ist wirklich nicht sehr klug von ihr gewesen. Ich bin gespannt, wie und ob sie da wieder rauskommt. ;)


    Ich freu mich auf die nächste Fortsetzung mit der Auflösung. :)
    Ganz lieben Gruß
    Llyn

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19

  • wuiwuiwuiwuiwiu
    watt isn dass?
    was ham se wohl mit essa vor??
    aber was ich weiß, das ist ne richtig gute fottostorry


    benachrichtigst du mich bitte?

  • @dragoon: Danke für Deinen Kommi! :) Freut mich, dass es so spannend geworden ist! :)




    Kiara:
    Du hast recht, dass Tessa sich das gewagt hat, ist ein ziemlich heftiger Liebesbeweis... nur ob sie sich nicht selbst damit ein Bein gestellt hat, fragt sich. Danke für Deinen Kommi!




    @ineshnsch:
    Danke für diesen tollen, langen Kommi! Du hast das alles so toll beschrieben, genauso hab ich es empfunden! :)




    Louise:
    danke für Deinen Kommi! Was meinst Du mit der Frage, ob Niklas etwas damit zu tun hat? Mit der Gang? Mit Sicherheit nicht. Er ist zurzeit einfach von der Bildfläche verschwunden, weil er sich derartig mit Tessa zerstritten hat. Ansonsten kennt natürlich niemand Jess. Tessa muss ihn ja mehr oder minder geheimhalten. Ich denke, wenn sie zu ihren Kollegen oder gar Eltern ginge und ihnen ihren "Drogenjunkie-Freund" vorstellen würde, wären die Reaktionen recht bescheiden...
    Die Gang lernt man im nächsten Kapitel einen Tick besser kennen, aber allzu sehr wird darauf nicht eingegangen. Sicher ist einfach nur, dass sie nicht gerade die freundlichten Menschen sind...



    Mary: Über neue "Gesichter" freu ich mich immer ganz besonders! Danke für Deinen Kommi und Dein Lob! :) Und ja, es ist schon Arbeit, aber es macht ja Spaß und ist sozusagen mein Hobby :)




    Luxa.
    Hihi, nein bitte nicht beleidigt sein! Ist doch ok! :)




    @Llyna: Ich denke, viele von den Leuts da in dem Haus sind einfach zu "stoned", um zu schnallen, dass da jemand durchs Haus geht, der nicht hingehört. Vor allem weils ja auch sehr düster ist.
    Der Mann oben ist tatsächlich ein anderes Kaliber und das werdet ihr nun auch bald sehen. Danke für Deinen Kommi!




    @Dani04
    : Danke für Deinen tollen Kommi! Ja, Du hast recht - es ist dumm und naiv, aber irgendwie auch mutig und nachvollziehbar, dass Tessa sich da reinwagt. Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich dächte, da ist der Mensch drin, der mir am wichtigsten auf der Welt ist... ob ich meine Angst dann nicht besiegen könnte? Auch wenn es nicht gerade vernünfig ist.
    Dass dir das Gebäude so gut gefällt - also im Sinne von der Atmosphäre - freut mich, weil ich mir da echt unsicher war!




    @zaje:
    Danke für Deinen Kommi! Benachrichtigen tu ich eigentlich nicht hier, aber Du kannst das Thema ja abonnieren, dann kriegst Du immer eine PN, wenn es weitergeht! :)




    @All:
    Irgendwie ging das Forum gestern und heut Morgen nicht, aber die FS ist schon fertig! Aber mit der nächsten dauert es was, weil ich erstmal 2 Wochen weg sein werde zu 90%! Also müsst ihr euch was gedulden! :)

  • Kapitel 31
    Ich liebe Dich




    Tessa wich ein Stück zurück. Die Gedanken in ihrem Kopf überschlugen sich. Was sollte sie tun? Ein spontaner Instinkt sagte ihr, dass sie sich umdrehen und laufen sollte – laufen, so schnell ihre Beine sie trugen! Rennen! Sich retten!
    Doch die Angst schien ihre Beine zu lähmen, mehr als einen wackligen Schritt nach hinten schaffte sie nicht. Und schon war der unheimliche Fremde bei ihr angekommen und blieb einen knappen Meter vor ihr stehen.
    Seine Augen musterten sie kalt. Sein Gesicht wirkte hart, fast unmenschlich.



    „Du gehörst nicht hierher!“ zischte er. Tessa schluckte.
    Irgendetwas in ihr sagte ihr, dass er zwar genau dieselben Worte sagte wie der Mann von der Couch im Untergeschoss, aber dass er sie ganz anders meinte als dieser.
    „Ich…“, setzte sie an, schwieg dann aber wieder. Was sollte sie schon sagen?
    „Wie hast du uns gefunden? Wer hat dir von uns erzählt?“ erhob sich die harte Stimme des Mannes erneut.

    Tessa sah ihn ängstlich an, schwieg aber, woraufhin ihr Gegenüber einen verächtlichen Laut von sich gab.
    „Bist du etwa ein Bulle?“

    Tessa schüttelte heftig den Kopf. „Nein… nein! Ich suche nur jemanden… das ist alles. Ich hab das Gebäude hier gesehen und dachte, er wäre hier. Mehr nicht. Ich weiß gar nichts… ich weiß nicht einmal, wo ich hier bin…“
    Sie verengte ihre Augen, um besser erkennen zu können, wie der Mann auf ihre Worte reagierte. „Ich will nichts von euch… ich… ich kann wieder gehen…“, sagte sie langsam.



    Der Mann sah sie einen Moment schweigend an und fing dann leise und auf schauderliche Weise zu lachen an.
    „Nein, Püppchen, das glaube ich nicht“, sagte er dann mit einer derartigen eisigen Ruhe, dass es Tessa kalt den Rücken hinunterlief.
    „Hier kommt niemand einfach so hereinspaziert, ohne zu wissen, was er hier sucht… und vor allem kommt niemand einfach wieder heraus, ohne eine Lektion erteilt zu bekommen. Du bist bei den Dark Hellows, und wir mögen keine Eindringlinge. Ich am wenigsten von allen. Und damit du das auch begreifst, werde ich dir deutlich machen, was ich meine…“

    Tessa wich erschrocken einen weiteren Schritt zurück.



    „Was…. was willst du von mir?“ fragte sie panisch. „Geld? Ich hab kaum was bei mir… ich…“

    „Ich will kein Geld von dir“, erwiderte der Mann harsch. „Ich will etwas anderes… wo du schon mal da bist, Püppchen, und da du ganz nett aussiehst…“
    Er kam einen weiteren, bedrohlichen Schritt auf sie zu. „Du bietest mir viel mehr als Geld…“
    Entsetzen trat auf ihr Gesicht, als sie begriff, worauf er hinauswollte.



    „Nein…“, flüsterte sie fast flehend. „Bitte… du kannst alles haben, was ich bei mir habe… nur lass mich wieder gehen… ich werde niemanden etwas sagen…“

    „Das wirst du in der Tat nicht“, lachte der Mann. „Aber bevor ich das sicherstelle, werde ich mir noch den Lohn nehmen, den ich verdiene. Verstehst du, Püppchen, sozusagen das Eintrittsgeld zu unseren Heiligen Hallen…“
    Tessas Augen weiteten sich. In ihrem Kopf überschlugen sich Gedanken und Bilder… sie wollte schreien, sie wollte laufen… doch es ging nicht. Sie war wie gelähmt…



    Schon fühlte sie den Körper des Mannes näherkommen, der unschöne Geruch seines Atems stieg ihr in die Nase, seine Hände streckten sich nach ihr aus.



    Er packte sie hart und drückte sie mit seinem Gewicht gegen die nächste Wand. Sofort fingen seine Finger an, sich an ihrem Reißverschluss zu schaffen zu machen. Sein stinkender Atem fuhr über ihre Wange, über ihren Hals. Seine Lippen berührten ihr Ohr, ihre Halsgrube, ihr Haar. Übelkeit stieg in ihr auf, doch noch immer schien sie wie gelähmt.
    „Das geschieht nicht wirklich…“, schrie irgendetwas in ihr. „Es ist ein Traum, ein furchtbarer Traum! Ich muss aufwachen! Wach auf! Wach auf! Wach auuuuuuuf!“

    Wie ein schriller Schrei hallte es in ihrem Kopf, drang in ihr Bewusstsein und kam als eben dieser über ihre Lippen.
    „Neiiiin!“ Sie stieß den Mann mit ungeahnter Kraft von sich und taumelte einige Schritt vorwärts, bis er sie wieder eingeholt hatte und erneut nach ihr fassen wollte.
    Angewidert wich sie zurück. „Lass deine dreckigen Finger von mir!!!“



    Die Miene des Mannes verzog sich vor Wut. „Hat man dir zu Hause nicht beigebracht, dass man solche Wörter nicht in den Mund nimmt? Denkst du, du kannst entkommen? Ich bekomme immer, was ich will – und du wirst keine Ausnahme sein! Also zier dich nicht so, umso schneller wird es vorbei sein!“



    Und wieder kam er auf sie, streckte seine Arme nach ihr aus, sein übler Geruch begann sie erneut einzuhüllen.

  • Erneut schreiend wich sie zurück.



    „Du fasst mich nicht an!!!!“ Ihr Schrei hallte durch das Gebäude, es erhob sich ein Gemurmel, doch niemand schien ihr zu helfen, niemand schien es zu kümmern. Warum auch? Sie war hier alleine, ausgeliefert. Doch so schnell wollte Tessa sich nicht aufgeben!
    Mit letzter Kraft stieß sie ihrem Peiniger ihr Knie in die Eingeweiden. Dieser keuchte auf, doch bevor sie davonlaufen konnte, hatte er sie am Arm gepackt und zurückgeschleudert.
    „Was denkst du, wer du bist, du kleine Schlampe! Nun wirst du bezahlen!!!“
    Ein Schlag, ein Schmerz, der sie durchfuhr. Sie keuchte.




    Doch es war nicht vorbei. Es begann erst. Immer und immer wieder traf sie seine Faust, seine Hand. Immer und immer wieder schien er auf sie einzuschlagen. Ihr Körper glühte, ihr Kopf brannte. Sie war nicht mehr fähig sich zu wehren. Zu denken.
    Wieder traf seine Hand ihren Körper. Sie hatte nicht einmal mehr die Kraft, zu schreien.



    Dann endlich war es vorbei. Ihr Körper erwies ihr Gnade. Ihr Beinen sanken ein und mit einem dumpfen Schlag fiel sie auf den harten Boden. Es wurde dunkel.

    Es wurde still.

  • „Tessa? Tessa, mach die Augen auf! Tessa, bitte… mach die Augen auf! Hörst du mich?!“
    Es war nicht lange still gewesen. Alles schien zu schmerzen. Sie fühlte sich wie losgelöst von jeder Wirklichkeit. Alles wie im Nebel. Dumpf. Unwirklich. Völlig abstrakt.
    „Tessa! Bitte!!! Tessa!!“

    Diese Stimme, die da so hartnäckig in ihr Bewusstsein zu dringen versuchte, schien vertraut, doch die Panik, die in ihr schwang, ließ sie seltsam fremd wirken. So fremd wie alles, das hier geschah. Ebenso fremd wie der schale, metallische Geschmack warmen Blutes auf ihrer Zunge. Ebenso fremd wie sich ihr schmerzender Körper fühlte.
    Langsam öffnete sie die Augen.



    „Tessa! Kannst du mich hören? Ich bin`s – Jess…“

    Jess….? Langsam schien der Nebel zu weichen, die Gedanken sich zu ordnen.
    „Jess….“; wiederholte sie mit dünner Stimme den Namen, den man ihr genannt hatte. „Jess…?“
    Das verschwommene Bild vor ihren Augen gewann an Kontrast und sie erkannte das besorgte Gesicht ihres Freundes, der sich über sie gebeugt hatte. Seine rauen Finger strichen sacht über ihre Wange.
    „Du musst sie wegbringen, Mann… so schnell es geht“, zischte irgendeine fremde Stimme. „Ich werde versuchen, dir den Rücken freizuhalten…“
    „Okay, Ben, danke… ich weiß nur nicht, ob sie sich etwas gebrochen hat… ich könnte sie noch mehr verletzen“, erwiderte Jess. Seine Stimme war dünn und schien zu zittern.
    „Du musst… hier könnt ihr nicht bleiben“, sagte die andere Stimme.
    „Tessa… ich werde dich jetzt hochheben. Wir müssen hier weg…“, richtete Jess die Stimme an sie. „Meinst du, du schaffst das?“
    Sie nickte, obwohl sie nicht recht verstand, was er gesagt hatte.




    Sie fühlte, wie seine Arme sich um sie schlangen. Ein Schmerz durchfuhr sie, als er sie nach oben hob und ihr Gewicht voll in seinen Armen hang.

    Langsam schlang sie die Arme näher um ihn und sein Duft, dieser vertraute, so lange vermisste Duft, stieg ihr in die Nase.



    Er begann zu laufen. Jede Erschütterung seiner Schritt schien eine kleine Explosion in ihrem Kopf auszulösen. Sie wimmerte, ohne es zu merken. Sein Atmen ging schnell.
    „Hast du Schmerzen?“
    Sie nickte wimmernd.
    „Es wird alles wieder gut, mein Kleines…“, seine Stimme klang unendlich sanft. „Halt noch ein wenig durch… wir sind gleich draußen.“

    Seine Hände umschlossen ihren Körper fester.



    Durch halbgeöffnete Augen konnte Tessa erkennen, dass sie sich immer noch in der Ruine befinden mussten.




    Doch nun war Jess an der Tür angekommen und stieß diese mit einem Ruck auf. Schwer atmend blieb er draußen stehen. Die kühle Nachtluft umschloss Tessa, doch sie wirkte auf sie wie eine Befreiung.




    „Wo steht dein Auto?“ keuchte Jess.

    „Bahnhof… Parkplatz… Park….“, stieß sie mühsam hervor. Er setzte sich wieder in Bewegung. Jeder Schritt stach wie tausend Messerstiche.
    „Jess?“
    Er blieb einen Moment stehen. „Tessa…“
    „Jess… ich… bin so froh… dass du da bist…“
    Jess erschauderte. „Tessa…“, seine Stimme klang dünn.

    Tessa lächelte schwach. Jess war da. Alles war gut.



    „Ich liebe dich, Jess…“, stieß sie mit letzter Kraft hervor.
    Dann wurde es dunkel um sie. Und das letzte, was sie spürte, war das warme Blut, das über ihre Lippen lief.



    Fortsetzung folgt.

  • *brummel* na toll, jetzt wollt ich dir ein Karma geben und darf noch nicht *brummel*


    Super Fortsetzung. Hat Tessa ihren Jess endlich wieder gefunden, doch zu welchem Preis? Und auch zu welchem Preis für ihn? Was hat er mit ihrem Angreifer gemacht? Wird er jetzt auch nie wieder dorthin zurück kehren können? Wie schlimm sind Tessas Verletzungen? Was wird sie sagen, woher diese Verletzungen stammen?


    Fragen über Fragen! Das Kapitel ging echt unter die Haut!! *applaus* :applaus


    Ich bin sowas von gespannt, was im nächsten Kapitel kommen mag. Ob Jess aus dieser Begegnung etwas gelernt hat? Wie wichtig ist ihm Tessa? usw.... Mach gaaanz schnell weiter bitte!!

    [CENTER][COLOR="White"]Bussi @all Kiara :wink
    ***************[/CENTER][/COLOR]




    [CENTER][SIZE="1"][COLOR="Sienna"]P.S. Für Rehctshcbriefleher wird kiene Hatufng übrnemoemn! *g*[/COLOR][/SIZE][/CENTER]

  • Hallo Innad,

    wow…, was für ein tolles Kapitel, ist an Spannung kaum zu übertreffen. Klasse!!!:applaus
    Immer wieder beim lesen, habe ich gehofft das Tessa da noch raus kommt. Man ist das ne eklige Type, da ist sie ja gerade noch einer Vergewaltigung entkommen aber musste ganz schön einstecken. Aber Gott sei Dank ist Jess noch aufgetaucht und hat sie gerettet. Ich weiß zwar nicht, ob er denn Kerl da noch begegnet war oder da Tessa ja Besinnungslos am Boden lag, dieser Kerl sich nicht weiter mit ihr befassen wollte. Ben ist wohl ein guter Kumpel von Jess und es ist schön dass er ihn den Rücken frei hält. Hoffendlich ist Tessa nicht all zu schwer verletzt und sicherlich wird ihr dieses Ereignis noch eine Weile verfolgen, aber sie hat ihren Jess wieder.
    Ich bin jetzt aber mehr als neugierig wie es weitergeht und kann die Fs kaum abwarten.:)
    Die Bilder waren auch alle Super, man hat richtig Gänsehaut bekommen.
    Bis dann!

    [SIZE=3]*liebe grüße Ines*[/SIZE]
    [SIZE=3]Meine erste FS! Eine etwas andere Familie! [/SIZE][SIZE=3]
    [/SIZE]
    Liebe Grüße an Nintendog, Rivendell, PeeWee, Jane Eyre, Kautschi, Llynya, colle Omi, wawuschel, Panakita, Josijusa, Filour, fallin'angel undalle Leser!:knuddel



  • Kiara: Hihi, meine Kiara denkt natürlich schon ein paar Schritte weiter. Die Fragen, die Du gestellt hast, bzgl dessen, was in der Zwischenzeit geschehen ist und noch geschehen wird, sind natürlich auch nicht unwichtig. Aber das werdet ihr alles nach und nach erfahren.
    Freut mich, dass Dir das Kapitel so gut gefallen hat! :)


    Übrigens nicht wundern, dass ich deine FS noch nicht kommentiert hab. Bin gerade erst wieder heimgekommen und morgen schon wieder weg... aber ich hols nach!




    @ineshnsch: Sozusagen hat Jess sie gerettet, das ist richtig. Die Frage ist nun natürlich, was für Konsequenzen daraus entstehen, also aus allem, was geschehen ist. Freut mich, dass Dir das Kapitel so gut gefallen hat!! DAnke für Deinen Kommi!




    @DAni04: Keine Bange, Du kannst bestimmt weiterlesen... ! Hab Dir ja per ICQ schon einiges dazu gesagt vor mehreren Wochen!!! Also trau dich! :)




    @ALL: So heut geht es weiter! Viel Spaß!

  • Kapitel 32
    Nach Haus



    Tessa stöhnte leise auf und öffnete langsam die Augen. Sie konnte nicht lange in dem dämmrigen Zustand dumpfer Taubheit verbracht haben, denn Jess stapfte immer noch mit ihr durch die leeren, verschneiten Straßen. Wo sie sich genau befanden, wusste sie nicht – der Schwindel und der Schmerz in ihrem Kopf hatten sie jedweder Orientierung beraubt.
    Jess keuchte vor Anstrengung, setzte aber tapfer weiter einen Fuß vor den anderen und bahnte sich einen Weg durch die inzwischen beträchtlich gestiegene Schneedecke.


    „Jess…“, murmelte Tessa. „Ich bin zu schwer… bleib stehen…“
    Doch Jess schüttelte heftig den Kopf. „Wir sind gleich da, Tessa“, sagte er in einem beruhigenden Ton.
    Tessa schloss erneut für einen kleinen Augenblick die Augen und versuchte krampfhaft, sich in Erinnerung zu rufen, was genau geschehen war. Ihr Kopf fühlte sich doppelt so schwer und groß an als gewöhnlich, was wohl daran liegen mochte, dass er so unsagbar weh tat, stach und hämmerte. Auch ihr Gesicht fühlte sich trotz der eisigen Kälte um sie herum seltsam heiß und brennend an. Sie befühlte vorsichtig mit der Zunge ihre Lippen, von denen der metallische Geschmack von Blut zu stammen schien und zuckte zusammen, als sie die aufgesprungene Stelle erreichte, die für den unangenehmen Geschmack verantwortlich war.
    Das Knirschen des Schnees unter Jess Schuhen dröhnte in ihrem Kopf.



    Mühsam gelang es ihr, die Bilder der vergangenen Minuten zumindest fragmentweise zu rekonstruieren… sie erinnerte sich an ihre Erkundung der Ruine und an die Auseinandersetzung mit diesem unheimlichen Mann, der sie wohl so zugerichtet hatte.
    Doch was war geschehen, nachdem einer seiner Stöße sie offenbar so hart auf den Hinterkopf hatte fallen lassen, dass sie das Bewusstsein verloren hatte?
    Auf einmal war Jess dagewesen – doch wo war er hergekommen? Was war in der Zwischenzeit geschehen?
    Sie öffnete die Augen erneut, weil Jess stehengeblieben war. Sie standen vor ihrem Auto, das friedlich auf dem kleinen Parkplatz stand, als sei nichts in der Zwischenzeit geschehen.

    „Wo hast du den Schlüssel?“ fragte Jess atemlos. Tessa löste vorsichtig einen Arm, der um Jess´ Schulter gelegen hatte und tastete mit klammen Fingern nach dem Schlüssel in ihrer Tasche, den sie glücklicherweise auch fand. Für einen Augenblick hatte sie befürchtet, irgendjemand in der Ruine habe sie vielleicht ausgeraubt, als sie ohnmächtig am Boden lag.
    Kurz darauf hatte Jess sie sachte auf den Beifahrersitz gesetzt und war neben sie ins Auto gesprungen. Nun hatte er die Hände aufs Lenkrad gelegt und versuchte, keuchend wieder zu Atem zu kommen.



    Als ihm dies einigermaßen gelungen zu sein schien, sagte er fest. „Ich fahre dich jetzt sofort ins Krankenhaus, Tessa!“
    Tessa fuhr so schnell herum, dass sie schmerzerfüllt das Gesicht verzog, doch sie ignorierte dies und erwiderte hastig: „Nein, Jess!“
    Jess sah sie erstaunt an und sagte dann ernst: „Tessa… du bist verletzt, ich bin mir nicht sicher, ob er dir nicht etwas gebrochen hat. Du brauchst einen Arzt!“
    Er sah sie ernst und besorgt an.


    Doch Tessa schüttelte erneut den Kopf und richtete sich unter einem leisen Stöhnen etwas im Sitz auf. In ihrem Kopf überschlugen sich erneut die Gedanken. Irgendetwas in ihr sagte ihr, dass Jess vermutlich nicht unrecht hatte. Immerhin tat ihr jede Faser ihres Körpers weh, was kein Wunder darstellte, nachdem er so brutal behandelt worden war. Und doch wehrte sich alles in ihr vehement gegen den Gedanken, in eine Klinik zu fahren.

  • „Nein, Jess – es geht mir schon wieder besser“, sagte sie schnell, und hoffte, ihn damit überzeugen zu können.
    Doch er schüttelte heftig den Kopf

    „Tessa… sieh dich doch an! Du hast Schmerzen… das MUSS sich jemand ansehen!“



    „Nein, Jess… hör zu…“, sagte sie schnell. „Ich weiß, dass du nicht unrecht hast. Aber ich glaub nicht, dass etwas gebrochen ist.“ Sie bewegte langsam Arme und Beine, was zwar etwas schmerzhaft, aber durchaus machbar war. „Ich glaube, mir tut nur alles durch den Aufprall weh.“



    Sie lehnte sich ein wenig im Sitz zurück und holte Atem. Dann sprach sie weiter: „Jess… überleg doch bitte… wenn wir eine Klinik fahren, wird jeder fragen, woher diese Verletzungen kommen…“
    Sie sprach nicht weiter und sah ihn nur aufmerksam an.



    Jess begriff, worauf sie hinauswollte und schluckte. Er sah aus wie ein in die Enge getriebenes Tier. Tessa merkte, dass er zwischen der Sorge um sie und der Angst um die Konsequenzen abzuwägen versuchte. Langsam erhob er die Stimme: „Tessa… das ist mir egal… ich hab Angst um dich.“
    Sie griff langsam nach seiner Hand, bedacht darauf, keine allzu schmerzhafte Bewegung zu machen. „Ich weiß… aber bitte fahr mich einfach nur nach Haus. Mehr brauch ich nicht. Ich will einfach nur nach Haus…“



    Sie sah ihn flehentlich an und er schluckte.
    „Jess“, ihre Stimme war eindringlich. „Bitte…“
    Mit Schaudern dachte Tessa daran, was geschähe, würde ihre Eltern erfahren, was heute passiert war.
    Jess schluckte. „In Ordnung“, sagte er langsam. „Aber wenn es dir schlechter geht, werde ich nicht zögern, den Krankenwagen zu rufen…“
    „Ich möchte einfach nur nach Haus…“, inzwischen war ihre Stimme schwach geworden, sie merkte, dass sie am Rand ihrer Kräfte war. Sie sehnte sich nur noch nach ihrem Bett und dem geborgenen Schutz ihrer vier Wände.



    Jess sah sie einen Moment schweigend an. In seinem Blick lag eine ungekannte Zärtlichkeit. Dann nickte er und warf den Motor an, während Tessa sich schwach im Sitz zurücklehnte und Jess in wenigen Worten erklärte, wohin er fahren musste.

    Dann gab Jess Gas und schweigend fuhren sie gemeinsam durch die Nacht – nach Hause.









    Fortsetzung folgt.