Slànach - Heilung

  • Oh Innad, du hast es mal wieder geschafft, mich in eine ganz eigentümliche Stimmung zu versetzen mit deiner FS!


    Habe mich mal wieder sehr aufgeregt über Alexandra, ganz besonders das hier:


    Zitat

    Ihre Mutter verzog das Gesicht. „Red nicht in diesem Ton mit mir, Shylah!“

    Die sollte sich mal fragen, WOHER ihre Tochter diesen Ton wohl hat! Und überhaupt ist das ganz und gar unmöglich, wie sie sich Shylah gegenüber verhält. Sie hört ihr nicht einmal zu, macht ihr nur Vorwürfe, hält sie klein

    Zitat

    „Hör auf, so einen Unsinn zu reden, Shylah. Mit dir kochen ist völlig unmöglich.......

    Andere Mütter würden sich wohl freuen, wenn ihre Kinder freiwillig helfen möchten, aber sie..... und so, wie es aussieht, ist Shylah schon daran gewöhnt, von ihrer Mama so behandelt zu werden. Aber trotzdem tut so etwas doch jedes Mal wieder weh. Ich kann es nicht verstehen! WAS für ein Problem trägt Alex wohl in sich herum, dass sie dermassen gereizt auf ihre Tochter reagiert??? Gerade jetzt, wo sie sich doch so sehr aufs neue Haus freut? Oder hat wohl irgendwas nicht geklappt? Vielleicht hat die Firma den Grossauftrag wieder zurückgezogen ?


    Irgendwie glaube ich ihr nicht, dass etwas mit der Oma passiert sein soll. Es hört sich wie eine Ausrede an. Denn sie hätte doch Shylah mitnehmen können, wenn sie zum Krankenhaus fährt, ist ja schliesslich ihre Oma. Nein, nein, da steckt doch was ganz anderes dahinter! Es muss was mit ihrem Mann und vielleicht mit dem neuen Haus zu tun haben! Ich hoffe nur, dass nicht Moritz etwas passiert ist!


    Ach, Innad, ich könnte dir jedes Mal wieder dasselbe schreiben, wie ich deine Charakterbeschreibungen liebe etc....aber das weisst du ja alles schon!


    Das wird jetzt so spannend und ich kanns kaum erwarten, weiter zu lesen!


    Alles Liebe
    :kiss
    Jane

  • Lidsi: Schön, dass Du Dich zu Wort meldest! Auch wenn ich verstehen kann, dass es Dir zeitweise schwer fällt zu lesen, wenn das so viele Erinnerungen in Dir hochruft :( Das tut mir echt leid und tja, was soll ich sagen... ich kann mir gut vorstellen, wie es Dir geht, wenn ich so an meine Charaktere in dieser Story denke.
    Dass Moritz viel arbeitet, ist natürlich an sich ok. Dass er Shylah diese Schuldzuweisungen antut, sicher nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er gar nicht schnallt, was er da furchtbares von sich gibt und was er seiner Tochter antut.
    Wegen der Klosterschule, noch ist es ja noch nicht entschieden, dass Shylah dort hingeschickt wird. Aber ich kann mir vorstellen, dass solche Schulen u.U. echt gruselig sein können, und ich wollte nicht mit Dir getauscht haben!
    Ich weiß jetzt gar nicht mehr,w as ich schreiben soll, denn Dein Kommi berührt mich wirklich, weil ich daran auch merke, dass das Thema der Story durchaus auch authentisch sein kann. Vielen lieben Dank an Dich!



    Llynya: Ja, ich fand dieses Kapitel selbst arg traurig. Warum Alexandra so abgelenkt war, wird man später noch erfahren, in einem der nächsten Kapitel. Warum Moritz Shylah das sagt... keine Ahnung. Vermutlich weil Alexandra am Abend erzählt, wie sehr die Kinder sie angestrengt haben und Moritz dann daraus schließt, dass sie "schuld" daran sind. So nach dem Motto, wären sie bräver, dann würde es seiner Frau nicht so schlecht gehen. Dass das ziemlich geradehinaus gedacht ist, stellt sich ja nicht in Frage.
    Aber wie oft sagt man sowas scheinbar harmloses zu Kindern, in bestem Erziehungswillen, und weiß gar nicht, was es auslöst? Einem Sohn einer Bekannten hat man mal im Krankenhaus gesagt, wenn er nicht brav ist, kommt er nicht mehr nach Hause... einfach so dahin gesagt. Aber das Kind war fix und alle und schrieb danach Abschiedsbriefe an seine Lieben zu Haus :( Man muss echt aufpassen, was man zu Kindern sagt, weil sie noch nicht so gut unterscheiden können zwischen "ernst gemeint" oder "nur so dahin gesagt". Ich denke, das ist es, was Moritz nicht versteht oder gar nicht merkt vielmehr.
    Das mit den Farben hat mir ehrlich gesagt auch gut gefallen. Was mit der Oma passiert, wird auch heute gelöst. Vielen Dank für deinen Kommi!




    Rivendell: Ja, genau - Männer *grins* Ich hab ja schon bei Lidsi und Llynya einiges dazu geschrieben, was Moritz evtl dazu "bewegt" so was zu sagen. Aber Du als Mutter weißt ja sicher selbst, wie schnell man sowas sagt, aber wie viel man damit anrichten kann. Und besonders sensibel ist Moritz sicher nicht.
    Was mit der Oma los ist, erfahrt ihr heute. Dass Alexandra mit der Tapetenauswahl überfordert ist, glaub ich eher nicht. Aber Shylah mit einzubeziehen ... mh, ist ihr wohl zu anstrengend.
    danke für Deinen KOmmi!




    @Jane_Eyre: Ich denke, Alexandra merkt gar nicht so recht, wie eklig sie zu ihrer Tochter ist. Sie liebt sie ja aufrichtig, aber das Geplapper und das Gehampel von Shylah gehen ihr regelmässig brutal auf die Nerven. Das kann ein Kind natürlich schlecht bis gar nicht begreifen. Und es isti mmer wieder eine Zurückweisung par excellence, natürlich.
    Ob es wirklich nur eine Ausrede war, das mit der Oma, das erfährt man heute!
    Vielen Dank für Deinen KOmmi, gerade mit den autsch-Händen!!!!

  • Als erstes noch 2 Outttakes, nicht spektakulär, aber trotzdem ganz nett




    Christinas Vater hüpft in den Pfützen rum... hm, sieht nicht nach Spaß aus, aber der Balken ist hochgegangen, also hatte er welchen ;)




    Was Christinas Mutter da mit ihrer Hand macht, frag ich mich selbst. Und hintendran steht der Grabstein (Tombstone of L and D) :D

  • Kapitel 7


    Christina blickte ihre Freundin angespannt an. Shylah saß ungewöhnlich still und fast reglos auf der kleinen, gemütlichen Couch im Zimmer ihrer Freundin und starrte auf das Muster des Teppichs, fast als habe sie es noch nie zuvor im Leben gesehen.
    Langsam nahm Christina neben Shylah Platz und blickte sie an.
    „Hast du Angst?“, fragte sie dann gerade heraus.


    Shylah nickte langsam. „Ja, denn Mama war so komisch, so hab ich sie noch nie erlebt.“
    „Was genau hat sie denn gesagt?“
    „Dass etwas mit Oma ist und sie direkt ins Krankenhaus muss. Sie war schon den ganzen Mittag so komisch.“
    „Wieso?“
    „Ach, ich weiß nicht. Als ich früher heimkam, war sie schon so schlecht gelaunt. Sie hat gar nichts zu Mittag gegessen. Sie hatte nicht mal was gekocht“, erklärte Shylah langsam. „Es gab den Kuchen von gestern. Aber sie hat nichts gegessen.“
    „Meinst du, das hat mit deiner Oma zu tun?“
    Shylah zuckte die Schultern. „Ich weiß nicht.“
    „Aber Shylah…“, begann Christina vorsichtig. „Deine Mama ist doch oft schlecht gelaunt.“



    Shylah seufzte. „Ja, ich weiß“, sagte sie dann langsam und traurig. Christina wusste bestens darüber Bescheid, wie es bei den Schuhmanns oft zuging. Sie war Syhlahs engste Vertraute und hatte teilweise schon selbst bemerken müssen, wie oft Frau Schuhmann gereizt und übellaunig war.
    Shylah litt mehr darunter als sie zugeben wollte, und Christina wusste das sehr genau.
    „Aber diesmal war es anders“, sprach Shylah langsam weiter. „Irgendwas war nicht normal mit ihr.“
    Christina seufzte, stand auf und ging ein paar Schritte. „Wir müssen halt abwarten. Mama sagte mir nur, dass die Klavierstunde heute ausfällt, weil du zu mir kommst. Weil deine Eltern ganz dringend weg müssen.“



    „Ja, aber du darfst sonst doch nie deine Unterrichtsstunden ausfallen lassen!“, erwiderte Shylah aufgebracht. „Erinnerst du dich nicht daran, wie oft wir deine Mutter deswegen bekniet haben? Als wir mit der Schule den Ausflug in den Zoo gemacht haben, hat sie sich kaum dazu überwinden können.“
    Christina nickte. „Ja, da ist meine Mama ziemlich streng. Darum war ich ja auch so überrascht.“
    „Es muss also sehr ernst sein“, sagte Shylah leise und stand auf, um aus dem Fenster zu blicken. Es regnete immer noch in Strömen, der Himmel war grau und von schwarzen Wolken verhangen. Es schien fast, als sei die Sonne vom Himmel verschluckt worden.

    Das Mädchen fröstelte und spürte, dass ungeweinte Tränen in ihrer Kehle aufstiegen. Obwohl sie sonst so gerne bei ihrer Freundin war und sich dort fast wie zu Haus fühlte, ergriff sie jetzt ein unsagbares Gefühl von Verlassenheit und Einsamkeit.




    Christina trat an ihre Seite und blickte ebenfalls nach draußen. Sie spürte, dass es ihrer Freundin nicht gut ging, aber irgendetwas daran verunsicherte sie. Sie war ein viel zu schlichtes und lockeres Gemüt, als dass sie sich so viele Gedanken darum hätte machen können wie Shylah, selbst wenn es ihre eigene Familie betroffen hätte.
    „Blödes Wetter“, sagte Christina darum dann auch wie zur Ablenkung. „Sonst hätten wir draußen spielen können.“
    „Mir ist gerade nicht nach Spielen“, erwiderte Shylah, und es klang fast trotzig.
    Sie drehte sich zu Christina um, setzte sich wieder auf die Couch und sagte dann: „Verstehst du denn nicht, Christina… ich hab Angst… ich meine, was wenn… wenn Oma jetzt… wenn sie … stirbt?“



    Christina stand reglos da und wusste nicht, was sie erwidern sollte. Ihre Großeltern lebten allesamt noch. Ihre Großeltern väterlicherseits wohnten nur einige Häuser entfernt, ihre Großeltern mütterlicherseits wohnten etwa einhundert Kilometer weit entfernt, und sie sah sie nur ein- oder zweimal im Monat, manchmal auch weniger.
    Shylah hingegen hatte schon im Alter von vier Jahren ihren Großvater väterlicherseits verloren. Er war bei einem Autounfall ums Leben gekommen, obgleich er noch recht jung gewesen war.
    Obwohl Shylah so jung gewesen war, hatte sich dieses Ereignis offenbar doch in sie eingebrannt.
    „Ich weiß nicht, wie das ist“, sagte Christina dann auch langsam. „Wenn jemand stirbt, meine ich.“



    Shylah nickte. „Ich weiß. Es ist schlimm. Aber ich kann mich auch nicht so arg daran erinnern, wie das bei Opa Gustav war. Ich weiß nur, dass alle ganz komisch waren. Es war alles so kalt damals. Es war eine unschöne Zeit. Ich möchte das nicht wieder haben.“
    Christina legte den Kopf schief. „Ach, Shylah – nun mach dich nicht so irre. Du kannst ja doch nichts ändern, wenn du jetzt grübelst. Vielleicht… vielleicht geht’s deiner Oma ja schon wieder gut. Und deine Mama wollte nur schnell zu ihr, damit sie nicht so allein ist. Was ist eigentlich mit deinem Opa? Wieso ist der nicht zu deiner Oma gefahren?“
    „Ich hab keine Ahnung“, sagte Shylah. „Vielleicht ist er das ja auch. Bestimmt sogar.“
    Christina nickte und Shylah starrte wieder aus dem Fenster. Da man nun nichts an der Situation ändern konnte, dachte Christina sich, konnte man wohl das Beste daraus machen und die Zeit sinnvoll nutzen. Darum ging sie zum Puppenhaus und ließ sich davor nieder. Egal, was mit Shylahs Oma war – und Christina ging immer noch davon aus, dass das nichts schlimmes sein würde – sie verdankte ihr den Ausfall ihrer Klavierstunde, und nun konnte sie statt über irgendwelchen blöden Symphonien zu sitzen, die Zeit mit Spielen verbringen.



    „Komm, spiel mit!“, rief sie Shylah zu. Doch diese schüttelte den Kopf.
    „Ich kann das jetzt nicht.“
    „Ach, komm, Shylah, endlich kann ich mal einen Donnerstagmittag zum Spielen nutzen, statt über den blöden Fingerübungen zu brüten. Und zusammen spielt es sich doch so viel besser!“
    Shylah drehte sie zu ihr und rang sich ein Lächeln ab.
    „Sei froh, dass du ein Instrument spielst. Ich würde auch gerne!“
    Sie ließ sich neben ihrer Freundin nieder und nahm lustlos eine der Spielfiguren in die Hand.
    „Das sagst du so. Es ist ja auch schön“, erwiderte Christina langsam. „Aber es ist auch immer so viel Arbeit, und dieses ständige Üben, diese langweiligen Fingerübungen!“
    „Mama sagt, wenn wir im neuen Haus sind, darf ich auch ein Instrument spielen“, sagte Shylah langsam und dachte damit zum ersten Mal am heutigen Tage wieder an das neue Haus. Die Vorstellung daran jagte ihr sonst ein Kribbeln durch den Magen, aber heute schien selbst das nicht zu gehen.



    „Und an was denkst du?“, fragte Christina und ließ ihre Spielzeugfigur munter durch die Räume des Puppenhauses hüpfen.
    „Weiß nicht. Mama sagt, Violine wäre ganz gut.“
    „Boah, das soll aber total schwer sein“, erwiderte Christina.
    Shylah zuckte mit den Schultern. „Ich hätte lieber ein Klavier, so wie du. Aber ich glaube, Mama findet Violine besser. Und Papa sagte mal was von Trompete.“
    „Um Himmels Willen, das passt doch gar nicht zu dir.“
    „Nein, das tut es nicht. Ich denke, da spiele ich lieber Geige.“
    Christina nickte eifrig und konzentrierte sich wieder auf ihr Spiel. Auch Shylah versuchte ihrer Freundin zuliebe mitzuspielen, doch es wollte ihr nicht recht gelingen.


    *geht noch weiter*

  • Die Zeit schien sie wie ein Kaugummi zu ziehen und je später es wurde, desto nervöser fühlte sich Shylah. Obwohl Christina sie mit allen Mitteln abzulenken versuchte, konnte sie sich nicht konzentrieren. Nach einer Weile stand sie vom Tisch auf und ließ das Spiel, das beide gerade gespielt hatten, unbeachtet stehen. Es war inzwischen dunkel geworden.



    „Ich verstehe nicht, wo Mama und Papa so lange bleiben“, sagte sie ängstlich. „Es ist schon dunkel.“
    Christina warf einen Blick zum Fenster und dann zur Uhr. „Oh, es ist schon fast sieben. Es gibt bestimmt bald Abendessen. Du bleibst doch, oder?“
    Shylah zuckte mit den Schultern. „Hab ich eine andere Wahl?“
    „He, das klingt ja, als wolltest du nicht hier sein!“

    Shylah schüttelte den Kopf. „Doch, ich bin gerne hier, das weißt du. Aber ich denke mir die ganze Zeit, dass da doch was dahinter stecken muss, wenn Mama und Papa so lange wegbleiben…“
    Christine stand nun auch vom Tisch auf und berührte ihre Freundin an der Schulter.
    „Du machst dir Sorgen, hm?“
    Shylah nickte betrübt. Christina zog ihre Freundin herzlich in die Arme und zwickte sie dabei in die Seite, was dieser ein Lächeln entlockte.




    „Lass uns mal runter gehen zu Mama. Vielleicht weiß die ja mehr. Außerdem hab ich Hunger, und es müsste schon längst Essen geben.“
    Gemeinsam gingen die beiden Mädchen nach unten, wo Christinas Mutter bereits in eine Schürze gehüllt in der Küche stand und das Essen zubereitete.



    „Na, ihr beiden?“, sagte sie lächelnd. „Habt ihr Hunger?“
    „Wie verrückt“, gab Christina Antwort, doch Shylah zuckte nur mit den Schultern.

    „Du Mama, Shylah bleibt zum Abendessen, oder?“, fragte Christina.
    Ihre Mutter nickte und sah Shylah einen Moment nachdenklich und fast traurig an. Dies entging dem Mädchen nicht und sie schauderte.
    „Hast du auch ein bisschen Hunger, Kleines?“, fragte Christinas Mutter sanft an Shylah gewandt, während beide Mädchen sich an den Tisch setzten und sie ihnen Teller mit dampfendem Essen vor die Nasen stellte.



    Shylah schüttelte den Kopf. „Nein, nicht so recht…“
    „Aber du musst etwas essen“, erwiderte Christinas Mutter mit Nachdruck. „Es hilft niemanden, wenn man nichts isst.“

    Shylah nickte ergeben. Die Tür öffnete sich und Christinas Vater kam in die Küche, wo er ebenfalls an dem großen, robusten Holztisch Platz nahm und einen nachdenklichen Blick zu Shylah warf.
    „Na, Shylah, alles in Ordnung?“, fragte er dann, erntete einen vielsagenden Blick von seiner Frau und begann dann schweigend zu essen.



    Es wäre wohl recht still am Tisch gewesen, hätte Christina nicht die meiste Zeit unbekümmert über dies und das geplappert. Ihre Eltern gaben ihr geduldig Antwort, warfen dem stillen Mädchen aber immer wieder besorgte Blicke zu.
    Shylah rührte ihr Essen kaum an und als die Teller alle leer waren, sagte Christinas Mutter mitfühlend: „Schon gut, Shylah, wenn du satt bist, musst du nicht weiter essen.“
    Dankbar legte Shylah das Besteck zur Seite und sah Christinas Mutter dann an.
    „Frau Anton“, begann sie langsam. „Wissen Sie, wann meine Mama mich wieder abholen kommt?“
    Christinas Mutter schluckte und setzte sich dann neben Shylah, während Herr Anton aufstand und das Geschirr abräumte und Christina dabei zu verstehen gab, dass sie ihm zur Hand gehen sollte.



    „Weißt du, Shylah…“, sagte Frau Anton langsam. „Deine Mama und dein Papa sind noch im Krankenhaus, und ich kann dir nicht genau sagen, wann sie heute zurück kommen. Ich habe vorhin mit deiner Mama besprochen, dass du, sollte es zu spät werden, heute bei uns schlafen kannst.“
    Shylah sah Frau Anton mit großen Augen an. „Aber… ich hab ja gar keine Schlafsachen dabei“, stotterte sie dann langsam.
    „Das macht nichts“, erwiderte Frau Anton sanft. „Du kannst dir zur Not etwas von Christina ausborgen.“
    „Und morgen? Morgen ist doch Schule. Wir dürfen doch sonst nie beieinander übernachten, wenn wir Schule haben…“
    „Ja, das stimmt, aber heute ist eine Ausnahme.“
    „Frau Anton, was… was ist mit Devin? Wo ist mein Bruder, wissen Sie das?“
    „Ja, er ist auch bei einem seiner Freunde vom Gymnasium.“
    „Aber… meine ganzen Schulsachen sind noch zu Haus.“

    „Christina hat mir erzählt, dass morgen ein Projekttag bei euch stattfindet“, erinnerte Frau Anton sie sanft. „Das passt in diesem Falle natürlich optimal, weil ihr nichts mitnehmen müsst.“



    Shylah schluckte. „Frau Anton…“, sagte sie dann langsam und beklommen. „Was… was ist mit meiner Oma?“
    Frau Anton strich ihr sanft über die Schulter. „Ich weiß es nicht, Shylah, ich weiß nur, dass sie sehr krank ist, und darum müssen deine Eltern bei ihr sein.“
    „Wird sie sterben?“
    Shylah sah die Frau neben sich mit ängstlichen Augen an. Diese schwieg einen Moment, fast so, als suche sie nach Worten, dann erwiderte sie langsam: „Ich weiß es nicht, Shylah. Das liegt allein in Gottes Händen. Sprich heute Abend ein Gebet mehr für sie, vielleicht kannst du ihr so helfen.“



    Shylah schluckte schwer. Ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. Sie wollte aufspringen und weglaufen, nach Hause, in ihr Zimmer, sich im Bett verkriechen und weinen.

    *geht noch weiter*

  • Sie fühlte den Blick Frau Antons auf sich gerichtet und wand sich darunter. So nett diese ihr auch alles erklärt hatte, in diesem Moment sehnte Shylah sich ihre Mutter herbei, ihren Vater, ihren Großvater – oder wenigstens Devin, wenigstens ein vertrauter Mensch, der ihr beistehen können würde. Frau Anton lächelte sie tröstlich an und stand dann wieder auf.



    „Geht jetzt nach oben, ja?“
    „Wann müssen wir ins Bett?“, fragte Christina unbekümmert, die von dem ganzen Gespräch offenbar nur wirklich mitbekommen hatte, dass Shylah vielleicht hier übernachten sollte.
    „Ich komme nachher rauf… heute etwas später, vielleicht kommen Shylahs Eltern ja doch noch“, erwiderte Frau Anton, strich Shylah kurz über den Kopf, gab Christina einen Kuss auf die Wange und machte sich dann in der Küche zu schaffen.
    Langsam folgte Shylah ihrer Freundin nach oben und ließ sich dazu überreden, das Spiel fortzusetzen. Doch sie war nicht ganz bei der Sache. Immer wieder schweifte ihr Blick zum Fenster und sie hoffte inständig, ein vertrautes Paar Scheinwerfer auftauchen zu sehen. Doch nichts geschah.
    Nach etwa zwei Stunden klopfte es an die Zimmertür und Frau Anton steckte den Kopf ins Zimmer.
    „Shylah, deine Mama hat angerufen“, sagte sie.



    Shylah sprang und sah Frau Anton gespannt an.
    „Sie wird es nicht schaffen, dich abzuholen“, erklärte Christinas Mutter und lächelte Shylah tröstend an. „Also übernachtest du hier. Ich hab dir schon Schlafsachen rausgelegt, sie liegen im Bad. Räumt jetzt doch bitte alles zusammen und dann geht es ins Bett, ja?“
    „Hat… sie etwas gesagt?“, stieß Shylah hervor.
    Frau Anton nickte. „Ja, sie hat gesagt, ich soll dir eine gute Nacht von ihr wünschen und dass du ein braves Mädchen sein sollst, aber das bist du ja immer. Morgen wird sie dir alles erklären.“
    „Wann… wann morgen?“, fragte Shylah.
    „Ich kann es dir nicht genau sagen, Shylah. Vielleicht schon nach der Schule. Und nun geht schlafen, ihr beiden, ja? Wenn etwas ist, Shylah, dann ruft ihr einfach, ja?“



    Christina sah ihre Freundin an. „Alles okay?“
    „Nein“, gab Shylah zurück und schluckte gegen die Tränen an. „Ich will heim.“
    „Wieso? Wir haben doch sonst so viel Spaß, wenn wir zusammen übernachten…“

    „Aber Christina, denk doch mal nach… es muss ganz schlimm um Oma stehen, wenn Mama und Papa sogar in der Nacht dort bleiben müssen!“
    Christina schluckte und nickte. „Ja, das stimmt schon. Aber weißt du was, Shylah, wir beten einfach gleich zusammen ganz doll für deine Oma, ja? Dann lässt Gott sie bestimmt nicht sterben und morgen nach der Schule ist deine Mama wieder da und erklärt dir alles.“
    Sie lächelte ihr Freundin tröstend an. Shylah nickte und versuchte zu lächeln.
    „Ja, gut…“
    „Lass und jetzt ins Bad gehen, sonst wird Mama böse“, erwiderte Christina und zog ihre Freundin mit sich ins Bad.
    Kurz darauf lag Shylah in einen Pyjama von Christina gehüllt neben ihrer Freundin in deren großem Bett und hörte diese gleichmäßig schnarchen. Sie selbst fand jedoch lange nicht in den Schlaf.



    Am nächsten Morgen gab es immer noch keine neuen Nachrichten von ihrer Mutter, und da beide Mädchen so spät schlafen gegangen waren, hatte es am Morgen lange gedauert, bis sie fertig waren. Darum konnte sie nur rasch eine Schale Müsli essen und machten sich dann direkt auf den Weg in die Schule.
    Shylah hatte von Frau Anton ein paar Kleider von Christina bekommen. Zum Glück hatten beide Mädchen fast dieselbe Größe. Auch die Haare hatte sie beiden Mädchen mit einigen geschickten Handgriffen gerichtet.
    Gemeinsam gingen sie still den Gehweg in Richtung Schule entlang, aber sie sprachen nicht viel. Zum einen waren beide übermüdet, zum anderen hingen sie ihren Gedanken nach. Auch Christina machte sich inzwischen Sorgen wegen Shylahs Oma, denn nach so langer Zeit wurde auch ihr klar, dass sie Lage ernster sein musste, als alle gedacht hatten.



    Der Schultag zog sich für Shylah wie ein Kaugummi, und sie konnte sich kaum auf den Stoff konzentrieren, so dass die Lehrer sie mehrmals zur Ordnung riefen. Christina musste sich jedes Mal auf die Zunge beißen, um in ihrer offenen Art nicht einfach zu erklären, was mit Shylah los war und warum sie so in Gedanken versunken schien. Die Lehrer hätten sicher Verständnis dafür aufgebracht. Doch Shylah hielt ihre Freundin zurück. Noch wusste ja niemand, was genau los war, und Shylah war überzeugt, dass Erwachsene immer Fakten und Beweise haben wollten – und die konnte sie nicht liefern.
    Sie war heilfroh, als der Schultag endlich zu Ende war und sie gemeinsam mit Christina aus dem Schulgebäude treten konnte. Hoffnungsvoll spähte sie in allen Richtungen, ob sie irgendwo ihre Mutter oder ihren Vater stehen sah. Doch da war niemand.
    Enttäuscht und mit kummervollem Herzen trat sie darum wieder gemeinsam mit ihrer Freundin den Heimweg an.



    „Was glaubst du, wann deine Eltern sich melden werden?“, fragte Christina nachdenklich, während sie unter dem blauen Himmel eines herrlichen Frühlingstages nach Hause gingen.
    „Ich weiß nicht“, erwiderte Shylah. „Es kann doch nicht mehr lange dauern, oder? Ich meine… ich kann ja nicht ewig bei euch bleiben…“
    Christina nickte. „Bestimmt weiß Mama schon wieder mehr, wenn wir heimkommen…“
    Sie wurde von dem lauten Geräusch einer Autohupe unterbrochen und quiekend drehten sich beide Mädchen erschrocken um.



    Über Shylahs Gesicht flog ein Strahlen, als sie den Wagen ihres Vaters erkannte. Dieser parkte am Straßenrand und stieg aus.
    „Papaaaa!“, rief Shylah erleichtert und voller Freude und flog ihrem Vater in die Arme.
    Dieser lächelte sie müde an und strich ihr sanft über den Kopf. Er sah müde und überanstrengt aus.
    „Hallo, Kleines. Es tut mir so leid, dass wir nicht früher kommen konnten. Ich bin eben an der Schule gewesen, aber du warst schon weg.“
    „Oh Papa, ich bin so froh, dass du da bist!“, stieß Shylah hervor und umklammerte ihren Vater wie einen Rettungsanker.
    Dieser gab ihr einen kurzen Kuss und lächelte dann Christina zu.
    „Christina, ich würde Shylah gerne direkt mitnehmen. Soll ich dich schnell nach Haus fahren?“
    Christina schüttelte den Kopf. „Nein… nein, ich kann laufen, Herr Schuhmann.“
    „Papa… Papa, wo ist Mama?“, fragte Shylah schnell.



    „Der geht es nicht so gut, Shylah… sie ist zu Haus.“
    „Und… was ist mit Oma?“
    Ängstlich blickte Shylah ihren Vater an, der sich unbequem durchs Haar fuhr und dann sagte: „Das können wir zu Haus besprechen, Shylah…“
    „Nein! Ich will es jetzt wissen!“, rief Shylah aufgebracht, und es schien, als löse sich in diesem Moment all die Ungewissheit und Angst der letzten Nacht. Die Tränen schossen ihr in die Augen und rannen wie kleine Bäche ihre Wangen herab.

    *geht noch weiter*

  • „Ich will es jetzt wissen!“, schrie sie schon fast. „Sag es mir jetzt! Seit gestern warte ich auf euch! Ich hatte Angst, ich hab Angst, Papa! Wo ist Oma??“
    Christina sah ihre Freundin erschrocken an, so hatte sie diese noch nie erlebt.
    Moritz sah seine Tochter betroffen an und wollte sie in die Arme schließen, doch das Kind schrie auf und wehrte ihn ab.
    „Ich will wissen, was mit Oma ist!“



    Resigniert seufzte Moritz und warf Christina einen bekümmerten Blick zu.
    Er hatte Shylah es nicht hier sagen wollen, sondern in Ruhe, zu Haus. Auf der anderen Seite war Alexandra im Moment außerstande, irgendetwas zu tun oder zu sagen und hätte es ohnehin nicht geschafft, sich um Shylah zu kümmern. Vielleicht war es besser, wenn er es ihr alleine sagte und sich erst einmal ausschließlich um sie kümmern konnte.
    Schließlich musste die Kleine in den letzten Stunden voller Angst und Ungewissheit gewesen sein müssen.
    Er schluckte hart und kämpfte mit sich selbst. Die Worte wollten ihm kaum über die Lippen kommen. Zu tief saß der Schrecken noch in ihm selbst. Die letzten Stunden waren die Hölle gewesen, und aus eigener Erfahrung wusste er, dass die nächsten Tage und Wochen nicht besser werden würden.



    Sanft strich er dem Mädchen über die Wange und sah sie dann erst an.
    „Du musst jetzt sehr stark sein, Shylah“, sagte er dann mit brüchiger Stimme. „Deine Oma ist heute Morgen gestorben. Es tut mir leid, Shylah. Oma ist tot.“
    Shylah schauderte zusammen. Obwohl die warme Sonne ihre Haut wärmte, war es plötzlich kalt geworden. Eiskalt.




    Fortsetzung folgt.

  • Oh nein! Also doch! Ich habe es mir ja fast gedacht.
    Wow, Du hast die Ängste von Shyla super beschrieben. Ich konnte das richtig nachvollziehen und spüren. :applaus
    Ich hoffe nur, dass Alexandra jetzt deswegen nicht so schroff zu Shyla sein wird. Das Kind trauert ja schließlich genauso. Aber ich will sie ja nicht schon vorneweg schlecht machen. Allerdings bin ich sehr gespant auf Alexandras Reaktion.

    Ein traurige Fortsetzung, die Du sehr toll rübergebracht hast. *tränchenwegwisch*

    :knuddel Rivendell

  • Rivendell: Ja, leider ist es so, wie Du befürchtet hast. Wie Alexandra nun reagiert, ist natürlich fraglich... sie ist nun natürlich selbst völlig neben sich, kann man annehmen.
    Danke für Deinen Kommi!


    @ALL: Sorry, dass es so lang gedauert hat mit der nächsten FS. Aber da ja auch nicht so viel Ressonanz kam, scheint es ja nicht sooo arg schlimm zu sein ;) Ich hoffe, ihr lest noch alle mit, und habt nur keine Zeit, euch zu melden... Heute wird´s auch nicht viel fröhlicher, fürchte ich, aber seht selbst.

  • So, erstmal die Outtakes, wie immer...




    Naaa... die kucken sich aber sehr interessiert an. "Guten Tag, das ist dein Sohn... guten Tag, das ist deine Mutter... alles klar?"




    Schon wieder Herr Humble! Ein netter Mensch, schenkt der Friedhofskirche einen PC mit Sims Spiel, da wird sich der Küster aber mächtig freuen...!





    Und Shylah räumt schonmal vor der Kirche auf... so kann man das ja nicht lassen... fängt sie schon an wie Muttern? :D










  • Kapitel 9





    Shylah saß still auf dem Stuhl vor ihrem kleinen Schreibtisch. Draußen trommelte der Regen gegen die Fensterscheiben. Es war still im Haus, man hätte eine Stecknadel fallen hören können.



    Sie fühlte sich kalt und klamm, aber sie wagte kaum, sich zu bewegen. Ihre nackten Füße waren zu Eisklötzen geworden, aber sie spürt es kaum. Sie war mit ihren Gedanken weit, weit fort.
    Sie versuchte krampfhaft, sich an ein Gesicht zu erinnern. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten vor lauter Anstrengung, ihre Gedanken zu kontrollieren. Doch es wollte nicht gelingen. So sehr sie sich auch die verschiedensten Bilder und Ereignisse zurück in die Erinnerung zu rufen versuchte, desto weniger formte sich das gewünschte Gesicht vor ihrem inneren Auge. Alles, was sie zustande brachte, war eine seltsam-schemenhafte Form, einen Körper und sonst nichts.



    Wütend stand Shylah auf und trabte im Zimmer hin und her. „Konzentrier dich“, flüsterte sie sich selbst dabei zu, doch all das half nichts. In ihr blieb alles nur grau und stumm und das Gesicht ohne Konturen.



    Schließlich blieb Shylah resigniert stehen und gab ihre Bemühungen auf. Eine Träne stahl sich in ihre Augenwinkel und sie wischte sie ab. Sie hatte schon so viel geweint, es nutzte nichts, noch einmal anzufangen. Langsam krabbelte sie wieder auf ihren Schreibtischstuhl und starrte vor sich hin, für eine Weile ohne jeden Gedanken fassen zu können.


    Dann resignierte sie wieder, stand erneut auf und ging im Zimmer auf und ab, von seltsamer Unruhe erfasst. Ob der Rest der Familie noch schlief? Aber sie hatte vorhin das Badezimmerwasser gehört… also musste irgendjemand schon wach sein.
    Mit einemmal öffnete sich die Tür und ihr Vater streckte den Kopf ins Zimmer.
    „Shylah? Es gibt Frühstück, kommst du bitte…“



    Shylah hatte keinen rechten Appetit, doch sie nickte und folgte ihrem Vater langsam ins Esszimmer.
    Devin saß am Esstisch und knabberte an einem Stück Brot. Er wirkte blass und als habe er die letzte Nacht wenig geschlafen, aber ansonsten war er so wie immer.
    „Wo ist Mama?“, fragte Shylah und ihr Vater verzog besorgt das Gesicht.
    „Sie hat keinen Hunger“, erwiderte er langsam.
    Shylah kletterte auf den Stuhl und starrte ihr Brot an, ohne es anzurühren.



    Sie hob ihr Gesicht erst, als sie Schritt in den Raum kommen hörte und ihren Großvater erkannte. Er war noch im Schlafanzug, etwas, das Shylah kaum an ihm kannte.
    „Hallo Opa“, sagte sie und versuchte, heiter zu klingen, ohne recht zu wissen, ob das richtig oder falsch war.
    Ihr Großvater sah sie aus müden Augen an und kam dann auf sie zu, um sie zu umarmen.
    „Ach mein Schatz“, murmelte er. „Du bist jetzt alles, was ich noch habe.“
    Shylah wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte und sah ihren Großvater nur tröstend an. Dann blickte sie Devin an, der still sein Brot weiter aß, als sei nichts weiter geschehen.
    Sie spürte eine seltsame Wut in sich aufkeimen. Hatte ihr Bruder denn gar keine Gefühle?

    Ihr Großvater derweil nahm am Tisch Platz, ohne das Essen anzurühren.
    „Du solltest wenigstens versuchen, etwas zu essen“, ermunterte Moritz seinen Schwiegervater, doch dieser schüttelte den Kopf und sagte mit weicher Stimme: „Danke, Moritz, aber ich kann nicht, tut mir leid.“



    Moritz nickte und ging nicht weiter darauf ein, sondern biss seinerseits selbst schweigend in das Brot.
    „Wo ist Alexandra?“, richtete Shylahs Großvater nun das Wort an Moritz.
    „Schläft noch“, wich dieser aus. „Und hat auch keinen Hunger.“




    Shylah beobachtete ihren Großvater und hatte das Gefühl, als hingen seine Schultern nach dieser Aussage noch etwas weiter unten als zuvor. Er seufzte schwer.


    *geht noch weiter*

  • „Heute in einem Monat hätten wir unsere goldene Hochzeit gefeiert“, sagte er dann leise. „Und jetzt ist alles anders.“
    Moritz schwieg und nickte nur verständnisvoll. Devin derweil hatte sich ein frisches Brot auf den Teller gelegt und schlang dieses regelrecht hinunter, ohne ein Wort zu sagen.



    Shylah fühlte sich unbequemer denn je. Es war noch viel schlimmer als in diesem Momenten, in denen sie mit ihren Eltern in feinen Restaurants war und nie wusste, wohin mit ihren Händen, Armen und Beinen. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, was sie tun sollte und wie sie sich verhalten sollte. Alles erschien ihr falsch. Und sie sehnte sich nach ihrer Mutter.
    Langsam zogen die vergangenen vier Tage an ihrem inneren Auge vorüber. An jenem Tag, als Moritz ihr auf dem Nachhauseweg gestanden hatte, was geschehen war, hatte sie ihre Mutter nicht mehr zu Gesicht bekommen. Zu Hause hatte Moritz Shylah in ihr Zimmer gebracht und sie gebeten, sich ein wenig zu beschäftigen. Gegen Nachmittag war Christina noch einmal vorbeigekommen, offenbar um die Freundin abzulenken. Die beiden Mädchen hatten lange geredet und halbherzig ein wenig zu spielen versucht.
    Erst gegen Abend war Christina gegangen und lange hatte Shylah verlassen und ruhig in ihrem Zimmer gesessen, ohne recht zu wissen, was mit sich anfangen.




    Am Abend hatte man dann zusammen eine Pizza gegessen. Ihr Großvater war am Tisch gesessen ohne zu essen und hatte kein Wort gesagt. Er wirkte regelrecht in sich zusammen gefallen.
    Auf die Frage hin, wo ihre Mutter war, hatte Shylah die Antwort erhalten, der Doktor sei da gewesen und seitdem schlafe sie.




    Nach dem Essen hatte Moritz sich mit Shylah auf die Couch gesetzt und ihr gesagt, sie dürfe ihn nun ruhig alles fragen, was sie wissen wolle.
    Shylahs Kopf jedoch hatte sich wie leergefegt angefühlt. Erst nach einer Weile fragte sie: „Papa, was ist mit Oma gewesen? Woran ist sie gestorben?“
    Langsam und geduldig hatte Moritz ihr dann erklärt, was geschehen war.



    Er hatte erzählt, dass ihre Großmutter schon eine Weile immer wieder unter Bauchschmerzen gelitten habe und der Arzt sie darum vor wenigen Wochen untersucht habe und festgestellt, dass sie zu einem Spezialisten müsse. Von daher, so erklärte Moritz, war ihre Großmutter am Vortag von Alexandra ins Krankenhaus gefahren worden, wo man eine spezielle Untersuchung am Darm vornehmen wollte, bei der man den Darm von innen mit einer Art Kamera betrachtete. Shylah nickte, sie hatte sowas schon mal in der Schule gehört.
    Moritz erklärte weiter, dass diese Untersuchung nicht ganz unriskant sei, aber meistens gut verlaufe. Bei ihrer Großmutter jedoch sei es anders gewesen, es sei etwas schiefgegangen und darum sei der Darm bei der Untersuchung verletzt worden, so dass man zu einer Operation übergehen musste.
    Shylah schluckte. „Und das hat Oma dann nicht überlebt?“, fragte sie schockiert.



    Moritz jedoch schüttelte den Kopf. „Doch, das hat sie, aber sie hat laut der Ärzte viel Blut dabei verloren. Und zudem war sie nicht mehr ganz die jüngste, noch dazu hat man festgestellt, dass Oma wirklich etwas im Darm hatte, nämlich Krebs, Shylah. Das wurde bei der Operation direkt mitoperiert und darum musste man ganz viel davon entfernen. Danach wurde Oma auf die Intensivstation gebracht, aber sie war zu schwach, um das alles zu verkraften und am Morgen ist sie eingeschlafen.“
    Shylah schauderte zusammen, als sie an das Gespräch zurück dachte. Erst während sie später mit geschlossenen Augen in ihrem weichen Bett gelegen hatte, war ihr bewusst geworden, was dies alles bedeutete. Sie würde Oma nie wiedersehen. Nie wieder ihre guten Kuchen mit den dicken Schokostückchen drin essen. Nie wieder ruppig von ihr ermahnt werden, ja auch ein Tischgebet zu sprechen, bevor sie zu essen anfing.
    Und sie hatte sich nicht einmal von ihr verabschieden können! Shylah dachte an das letzte Mal, das sie einander gesehen hatten. Das war drei Tage zuvor gewesen, als ihre Mutter später von der Arbeit gekommen war und Oma sie stattdessen von der Schule abgeholt hatte. Sie hatten gemeinsam gegessen, Hausaufgaben gemacht und dann war Shylah von ihrer Mutter abgeholt worden und hatte ihrer Großmutter nur kurz zugewinkt, bevor sie ins Auto stieg.
    „Kind, du musst was essen“, hörte sie die besorgte Stimme ihres Großvaters an ihr Ohr dringen.



    Nur mühsam fand sie wieder ins Hier und Jetzt und biss lustlos, aber gehorsam in ihr Brot.
    Sie warf einen Blick auf die Uhr. Es war halb neun. Die anderen hatten jetzt Musikunterricht und Shylah sehnte sich danach, auch im Klassenraum sitzen zu können, zu singen und unbefangen zu sein, so wie sie es noch vor einer Woche gewesen war. Doch nun war alles anders.
    „Wann fahren wir los zum Friedhof?“, fragte Moritz in diesem Moment seinen Schwiegervater. „Du willst sicher noch einmal allein Abschied nehmen…“
    Dieser nickte. „Die Aufbahrung beginnt um elf Uhr, Moritz. Ich möchte dann direkt dort sein.“
    Moritz nickte. „Natürlich. Die Trauerfeier fängt um 12 Uhr an.“
    Shylah schauderte zusammen. Sie war noch nie auf einer Beerdigung gewesen, mal abgesehen von dem kleinen Spatz, der mal vor Jahren an die Scheibe geknallt und nach vielem Geweine ihrerseits von Moritz mit einer feierlichen Grabrede im Garten vergraben worden war. Aber das war wohl kaum vergleichbar, nicht einmal im Ansatz. Was würde sie dort erwarten?
    Ihr Großvater erhob sich und schlich mit hängenden Schultern ins Wohnzimmer, wo er sich auf die Couch setzte und abwesend in der Tageszeitung blätterte.
    Moritz schob seinen Teller von sich und sagte zu Shylah: „Shylah, bitte geh du zuerst ins Bad. Dann kann Opa gehen und dann Mama, ja? Sie kommt dann auch und gibt dir die Kleider, die du nachher tragen sollst.“



    Shylah nickte langsam und tapste ins Badezimmer, während die Männer sich erhoben und in gedämpftem Ton zu unterhalten begannen und Shylah nur Wortfetzen wie „starkes Beruhigungsmittel“ auffing.
    Vorsichtig drehte sie den Strahl der Dusche an und stieg dann in die gläserne Kabine, um sich abzubrausen. Dabei wusste sie irgendwann nicht mehr, ob ihr das warme Wasser oder ihre eigenen Tränen über die Wangen liefen, aber eigentlich war das auch gleich.



    Nach einer knappen Viertelstunde war sie fertig mit ihrer Morgentoilette, sie sagte ihrem Vater Bescheid und verschwand dann selbst wieder in ihrem Zimmer. Hier schien die Luft noch nicht ganz so trauergeschwängert, schwer und schwarz zu sein wie in den restlichen Räumen. Ihre Kuscheltiere lächelten ihr scheinbar freundlich zu.



    *geht noch weiter*

  • Shylah nahm an ihrem Zeichentisch Platz, aber heute wollten die Farben nicht aufs Papier kommen. Also spielte sie lustlos mit den Bausteinen in der Mitte des Tischs, bis sich die Tür öffnete und ihre Mutter eintrat.



    „Mama!“ rief Shylah erfreut und flog dieser in die Arme.
    Alexandra drückte das Kind eine Weile fest an sich und strich ihr über das schwarze Haar.



    Dann versuchte sie ein Lächeln, was kläglich misslang. Shylah starrte ihrer Mutter ins Gesicht und versuchte, ihren Schrecken zu verbergen. Sie sah furchtbar schlecht aus.
    „Mama…“, sagte sie vorsichtig. „Geht’s dir wieder besser?“
    „Es geht, Shylah, es geht. Du musst dich jetzt umziehen für die Beerdigung. Ich leg dir Sachen raus.“
    Schweigend sah Shylah ihrer Mutter zu, wie diese verschiedene Kleidungsstücke aus dem Schrank im Zimmer holte.



    „Mama?“, fragte sie langsam.
    „Ja?“
    „Was ist mit Devin, Mama?“
    „Was soll mit dem sein, Shylah?“

    „Er… er ist gar nicht traurig wegen Oma, oder?“
    Alexandra fuhr herum und runzelte die Stirn. „Shylah! Wie kommst du denn darauf?“



    „Er weint gar nicht, Mama…“
    Alexandra kam auf Shylah zu und fuhr ihr über den Kopf, dann sagte sie langsam: „Jeder hat seine eigene Art zu trauern, Shylah, weißt du. Und Devin ist bestimmt sehr traurig, er kann es nur nicht so zeigen. Und jetzt zieh dich bitte um, ja? Wir müssen bald los.“
    „Mama?“, fragte Shylah noch einmal. „Warum kann Devin nicht weinen?“
    Alexandra atmete tief durch und rieb sich die Stirn. „Shylah… bitte geh mir jetzt nicht mit deinen Fragen auf die Nerven, ja? Wir haben dafür jetzt keine Zeit. Glaub mir einfach, dass Devin traurig ist. Das ist er wirklich.“
    Shylah nickte. „Ja, ich glaube dir ja. Und du, Mama? Was ist mit dir?“
    Alexandra fuhr herum. „Herrgott, Shylah… ich hab dafür jetzt keine Zeit! Bitte zieh dich um!“



    Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer. Shylah schluckte hart, weinte jedoch keine Träne. Sie fühlte sich leer und taub, als sie in die Kleider schlüpfte und langsam nach draußen ging.
    Die Familie wartete bereits im Flur, alle in schwarze Kleidung gehüllt. Alexandra zupfte mit kritischem Blick an Shylahs Haaren und Kleidern herum, was diese wortlos geschehen ließ. Ihr Vater warf ihr einen aufmunternden Blick zu, ging dann aber zu Alexandra und legte ihr sanft den Arm um die Schultern, dann verließen alle schweigend das Haus.



    Auf dem Weg zur Kirche sprachen sie nicht viel. Shylah saß eingeklemmt zwischen ihrem Bruder und ihrem Großvater und wusste nicht, was sie sagen oder denken sollte. Sie fühlte sich traurig, beklommen und ängstlich, aber sie wagte nicht, an irgendjemanden das Wort zu richten. Zu sehr schien jeder mit sich selbst beschäftigt zu sein.
    Moritz parkte den Wagen etwas vom Friedhof entfernt und schweigend ging die Familie die Straße hinab, bis sie vor der Friedhofskirche stehen blieben. Alexandra holte tief Luft und sagte dann leise zu ihrem Vater: „Bald haben wir es hinter uns, Papa.“



    Langsam betraten sie die Kirche. Die Luft darin roch nach Weihrauch und Shylah zog die Nase kraus.
    „Was machen wir jetzt?“, raunte sie ihrer Mutter zu, doch diese schien völlig geistesabwesend zu sein und murmelte nur schwach: „Frag nicht so viel, Shylah, bleib einfach bei uns.“
    Shylah folgte ihrer Familie durch die Kapelle, bis man vor der Tür zu einem kleinen Nebenraum stand. Devin biss sich auf die Lippen, murmelte etwas unverständliches und verschwand nach draußen. Keiner schien darauf zu reagieren.
    „Ich möchte ein oder zwei Minuten alleine haben“, bat Shylahs Großvater. Shylah verstand nicht recht, was er damit meinte und sah ihm nach, als er in dem kleinen Raum verschwand.



    „Hallo Shylah“, hörte sie da eine traurige Stimme hinter sich. Hinter ihr stand ihre Tante Franziska, die dem Mädchen sanft über den Kopf strich und dann Alexandra kurz umarmte..„Es tut mir leid, dass wir nicht früher da sein konnten“, sagte sie dann leise zu jener. „Wir haben den ersten Flug gebucht, der frei war. Wie geht’s dir?“



    *geht noch weiter*

  • Alexandras Augen füllten sich mit Tränen, die ihr über die Wangen liefen, was Shylah erschrocken beobachtete. Sie beugte sich nach vorne und küsste die Schwester auf die Wange.
    „Gut, dass du da bist…“




    „Oh, Alexandra, ich wäre so gerne früher gekommen“, erwiderte Franziska leise. „Wie geht es Papa?“
    Alexandra zuckte mit den Schultern. „Er hält sich tapfer“, sagte sie langsam. „Aber es ist gut, dass du jetzt da bist. Das wird ihm gut tun.“



    Die beiden Frauen entfernten sich ein Stück und redeten leise murmelnd miteinander.
    „Wieso ist deine Tante damals so spät gekommen?“, fragte Alva langsam und sah Shylah mitfühlend an.
    „Sie wohnte in Peru, mit ihrem Mann, der dort geschäftlich stationiert war“, erwiderte Shylah langsam. „Ich hab Tante Franziska immer sehr gemocht, sie war so lieb und einfühlsam. Heute haben wir kaum noch Kontakt…“
    Alva nickte verständnisvoll.
    „Sprich weiter“, ermunterte sie Shylah dann sanft.



    Diese atmete tief durch und ließ die Erinnerungen erneut in sich aufsteigen.
    „Franziska“, sagte Shylahs Großvater gebrochen und umarmte seine Tochter, als er aus dem Raum kam. Auf seinen Wangen waren leichte Tränenspuren zu erkennen.



    „Nun lasst es uns gemeinsam ertragen“, sagte er dann ernst und wies zur Tür. Gemeinsam mit seinen beiden Töchtern schritt er über die Türschwelle, dann war ein erstickter Laut Alexandras zu hören. Rasch eilte Moritz in den Raum, um seine Frau zu stützen. Shylah derweil beobachtete all dies mit großen Augen und da sie nicht recht wusste, wohin mit sich, folgte sie den Erwachsenen in den kleinen Raum, der nur so von Weihrauch vollzuhängen schien.



    Ihr Großvater saß zwischen seinen beiden Töchtern auf einem Stuhl, Moritz neben seiner Frau, er hielt ihre Hand fest in der seinen. Alle starrten sie durch eine Scheibe vor sich. Shylah begriff zuerst gar nicht, was geschah. Etwas in ihr sagte ihr, dass sie für den Moment besser gehen sollte, doch etwas stärkeres zog ihren Blick magisch nach links, zu dem Fenster durch das alle wie gebannt starrten.
    Shylahs Augen weiteten sich vor unsagbarem Entsetzen.



    Sie begann zu zittern, doch kein Wort wollte aus ihrer Kehle dringen.
    Ihr Großvater bemerkte als erster und einziger, was vor sich ging.
    „Kind…“, setzte er mit brüchiger Stimme an. „Komm, setz dich zu mir, wir werden es gemeinsam ertragen.“



    Shylah konnte seine Stimme kaum hören.




    *geht noch weiter*

  • In ihrer Nase hatte sich der scharfe Geruch des Weihrauchs festgebissen, ihre Augen jedoch starrten auf das Gesicht, welches sie sich nur wenige Stunden zuvor noch so mühsam hatte einzuprägen versucht. Doch dies war nicht der Mensch, den sie gekannt hatte.



    Ihr Körper schien nicht mehr unter ihrer Kontrolle zu sein, als sich der Schock des unvorbereiteten Anblicks ihrer toten Großmutter in ihrem satinausgeschlagenen Sarg aus dunklem Eichenholz endlich löste und ein erstickter Schluchzer aus ihrem Mund drang.



    Ohne sich noch einmal umzusehen rannte Shylah aus dem Raum, aus der Kapelle, wie vom Teufel gejagt. Sie wusste nicht, was sie tat, sie wusste nur eines… sie musste weg.
    Weg, nur weg – von dem Grauen, das ihr begegnet war.



    Sie rannte und rannte, bis ihre Füße sie nicht mehr tragen wollten. Dann blieb sie stehen, schwer atmend, während ihr heiße Tränen über die Wangen liefen.
    Und ihrer Nase hing noch immer der benebelnde Geruch von schwerem Weihrauch. Ein Geruch, den sie für den Rest ihres Lebens niemals mehr würde riechen können, ohne an das Entsetzen, welches ihre Seele in diesem Moment erfüllt hatte, erinnert zu werden.






    Fortsetzung folgt.

  • Liebe Innad!


    , ich hatte nicht sehr viel Zeit im Mai, mein Geburtstag, mein Besuch, etc..., aber ich bin trotzdem bei deiner FS auf dem Laufenden geblieben. Leider kam ich nicht wirklich zum Posten und Kommentieren, hatte ja kaum Zeit für mein eigenes Forum.


    Jetzt aber: ;)


    Gleich mal vorweg, die Outtakes sind wieder toll geworden. Ist ja auch eine Kunst diese Augenblicke einzufangen und zu knipsen. Viele vergessen leider auf soetwas und/oder sind bemüht solche Situationen zu vermeiden, weil es ja absolut nicht in die Story passt, aber gerade das, was sich da im Hintergrund so abspielt, ist ja meist zum Brüllen. Simse eben.:lachen


    Du hattest Recht. :suse Auch diese FS ist wieder extrem traurig, aber das war uns ja klar. Shylah´s Entsetzen in der Aufbahrungshalle und die Traurigkeit der übrigen Familienmitglieder hast du auch toll in Szene gesetzt. Kann verstehen, dass die Kleine abhaut, niemand nimmt sie an der Hand und steht ihr bei. Jeder ist mit seiner eigenen Trauer beschäftigt, grad der Opa, der seine Enkelin in der Halle wahrnimmt, denn Moritz ist ja damit beschäftigt Alexandra zu stützen. Ist auch verständlich, aber wo bitte ist Devin, eigentlich hätte er sich seiner Schwester annehmen können. Auch wenn jeder seine eigene Art zu trauern hat, kann man doch das Kind nicht einfach links liegen lassen.:misstrau Außerdem hätte ich Shylah nicht in die Aufbahrungshalle gelassen, ich war mit meinen Kids auch schon bei mehreren Begräbnissen, aber ich denke es ist für ein Kind nicht so angenehm, den oder die Verstorbene/n im offenen Sarg zu sehen. Es ist ja schon schwer genug, so Abschied zu nehmen und dem verschlossenen Sarg zur Beisetzung zu folgen. Na wieder einmal so typisch, dass Shylah ganz sich selbst überlassen wird. Fragen zu stellen, wohin sie denn sollte in der Kirche, traute sie sich nach dem tollen Nerv-mich-nicht!-Gespräch mit Mami, wohl auch nimmer :angry. War deshalb eine verständliche Reaktion für mich, dieses "bloß weg hier!!!".


    Und wir haben auch noch Franziska kennengelernt. Klingt ja echt interessant - Ehemann in Peru stationiert....- bin schon sehr gespannt auf die beiden und vorallem ;) - auf deine nächste FS!!!


    GLG Lidsi

  • Hallö Innad, :)


    wie bei 'Tiefer als der Schmerz' schon gesagt, war meine Zeit für die Sims etwas knapp in der letzten Zeit. Aber auch hier hatte ich die Fortsetzung gelesen. :)


    Was für traurige Fortsetzungen... :(
    Shylah kann einem nur Leid tun, sie wurde einfach zu jemanden abgeschoben, auch wenn es die beste Freundin ist. Klar, fühlt man sich da nicht wirklich in Stimmung zu spielen und Spaß zu haben, selbst als fast 11-jährige nicht. Wie isoliert und verlassen sie sich hat fühlen müssen. Natürlich wäre es auch nicht besser gewesen, wenn sie mit ins Krankenhaus gegangen wäre, aber ein paar mehr Informationen hätte man ihr schon geben können. Schließlich ist sie ein kluges junges Mädel und muss nicht wie ein "dummes kleines Kind" behandelt werden, was rein gar nichts versteht. Okay, vielleicht wollte man sie nicht damit belasten, aber nicht immer ist es richtig solche Dinge von Kindern fernzuhalten. Schließlich gehört so etwas zum Leben dazu und nicht immer wird alles wieder gut...


    Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich die letzte Fortsetzung sehr beklemmend gefunden habe. Ich war erst einmal in meinem Leben auf einer Beerdigung und das war Anfang diesen Jahres. Ich kann mich noch genau erinnern, dass es mir genauso ging wie Shylah. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartet und wie ich mich zu verhalten habe. Zum Glück, muss ich sagen, dass es bei mir kein nahestehender Verwandter war und es mir nicht so schlecht ging wie Shylah. Ich muss sagen, dass ich soetwas als Kind nicht hätte erleben wollen. Es ist so grausig, was sie dem armen Kind zugemutet haben. Klar, man ist mit seiner eigenen Trauer beschäftigt, aber manche Dinge sind auch für ein so aufgewecktes Kind wie Shylah zuviel. Niemand hat sich dafür interessiert, dass es ihr zuviel wurde und niemand ist ihr bis jetzt nachgelaufen... Ich hoffe, wenigstens das macht einer dieser Familie noch, aber ich hab da so ernste Zweifel dran. Wahrscheinlich fährt sie nur wieder jemand an, weil sie sich unerlaubterweise entfernt hat. :misstrau


    Ganz liebe Grüße :knuddel
    Llyn

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19

  • So, liebe Innad!

    Ich bin es leid, ständig Kapitel hier zu verpassen, deshalb geb ich jetzt doch auch mal einen Kommentar hier ab. Dann gibt mir das Kontrollzentrum immer schön Bescheid, wenn sich da was tut.

    Deine Storie hier geht mir immer wieder unglaublich nahe.
    Ich kann und will diese Leute nicht verstehen.
    Wie kann man nur so ganz vergessen, wie es sich anfühlt, Kind zu sein?
    Wie kann man nur so fixiert auf sich und seine eigenen Wunschträume und Bedürfnisse sein?
    Wie kann man nur ständig (von einem Volksschul-)Kind verlangen, sich erwachsen zu benehmen, wenn man ihm andererseits nicht die geringste Information zukommen läßt, ihm nicht die kleinste Möglichkeit gibt, zu verstehen, was vorsichgeht, was passieren wird, was erwartet wird, - für das alles ist es dann wieder zu klein!
    Wie kann man sich nur so andauernd respektlos verhalten und dabei gerade das einfordern?
    Hier wird beständig eine kleine Seele gequält - und leider ist dies eine Grausamkeit, die sich viel zu oft auch ähnlich im richtigen Leben so abspielt.
    Shyla ist ein unglaublich starkes und kluges Persönchen, viel "erwachsener" als ihre Eltern, besonders ihre Mutter, kommt sie mir vor. Nur sind die Machtverhältnisse gegen sie.
    Ist es z. B. zuviel verlangt, über den Tod zu sprechen? Oder Trauer? Oder über Liebe und Eifersucht, über Arbeitspflichten und eigene Wünsche? - Kinder können so viel verstehen, wenn man sie nur läßt!
    Und auch für einen selbst ist es heilsam, zu versuchen Erklärungen zur Welt abzugeben, da wird einem selbst auch manchmal klarer, wie man die Welt sieht und wie man in ihr handelt (und wie man selber denkt, dass man handeln sollte - und auch die eventuelle Diskrepanz dazwischen).
    Da werde ich einfach immer wütend. Da hilft mir auch nicht, mir Gründe zu überlegen, die dazu geführt haben könnten, dass die Erwachsenen hier so reagieren, wie sie es tun (und die gibt es sicherlich). Das sind Altlasten, die sie mitschleppen und mit denen sie redlich versuchen, sie der nächsten Generation aufzubürden. Wie es ihre Eltern mit ihnen taten, im besten Glauben womöglich oder aus Ignoranz.
    Tröstlich für mich ist, dass wir ja wissen, dass sich Shyla als Erwachsene auf den Weg machen kann, dieses Drama aufzuarbeiten und dabei ist, sich davon zu befreien.

    [center]I scream, you scream, we all scream for ice cream [/center]

    [center]I still want to find a real good book and never have to come out of it.[/center]

  • Liebe Innad


    Also, nein, wie kann das sein, dass ich eine FS von dir verpasst hab? Ah, ja, am 5.5. um 15.16 Uhr hattest du sie geschrieben, da war ich ja schon in Wien. Und als ich ein paar Tage später zurück in der CH war, habe ich übersehen, dass es weiter gegangen ist. Nun ja, macht ja nichts. So hatte ich jede Menge zu lesen!:)


    Oh nein, jetzt ist sie also wirklich gestorben, die liebe Omi, an der Shylah doch ziemlich gehangen hatte!
    Ich finde es nicht gut von den Eltern, dass sie Shylah so im Ungewissen gelassen haben. Bestimmt wäre es für sie einfacher gewesen, wenn sie sich von Omi noch hätte verabschieden können im Spital. Gut, ich kann mir vorstellen, dass die Eltern nur das beste wollten, und sie schonen wollten.
    Aber was dann bei der Beerdigung passierte, lässt einen unschwer erkennen, dass Shylah einmal mehr völlig auf sich allein gestellt war. Niemand hat sich die Zeit genommen, das verstörte Mädchen vorzubereiten, auf das, was sie sehen würde. Auch für Erwachsene ist es es ja schon sehr belastend, einen geliebten Menschen leblos im Sarg sehen zu müssen. Was für ein Schock musste es erst für die kleine Shylah sein, welche noch nie zuvor einen toten Menschen gesehen hat!
    Mal wieder typisch für die "liebe" Alexandra, dass sie nur wieder genervt auf die Fragen ihrer Tochter reagierte!
    Und Moritz... okay, er hat sich hin gesessen und Shylah aufgefordert, ihn alles zu fragen, was sie wissen möchte. Es zeigt hier auch eine gewisse Unbeholfenheit des Vaters, klar, das ist verständlich, und trotzdem machen die beiden wirklich sehr vieles falsch in der Erziehung! Nun, das ist nur meine persönliche Meinung. Aber dennoch regen mich die beiden regelmässig auf!!


    Das Gespräch zwischen Shylah und Christina war auch sehr aufschlussreich, und zeigte deutlich die unterschiedlichen Charaktere der Mädchen. Shylah erinnert mich stark an Tessa und Christina an Feli aus "Tiefer....."
    Shylah musste schon sehr früh selbständig und "erwachsen" werden. Vielleicht half ihr das alles auch, mit dem, was dann später schreckliches geschehen wird, besser fertig werden zu können.


    Zitat

    „Wo ist Alexandra?“, richtete Shylahs Großvater nun das Wort an Moritz.
    „Schläft noch“, wich dieser aus. „Und hat auch keinen Hunger.“

    Dies macht mich stutzig. Warum weicht Moritz der Frage aus? Ist da noch etwas mit Alexandra, von dem wir (noch) nichts wissen?? Dass sie über den Tod ihrer Mutter verzweifelt und traurig ist, kann man verstehen. Aber ich frage mich, ob es wohl noch einen weiteren Grund gibt für ihren Zustand?? Hm....


    Devin als cooler Teenager kann seine Gefühle nicht zeigen, und schon gar nicht vor seiner kleinen Schwester. Das ist ja so typisch für einen Jungen in seinem Alter. Aber auch er trauert, so viel ist klar.


    So, und jetzt hoffe ich, dass sich die Eltern endlich besinnen, dass sie eine Familie sind und 2 Kinder haben, welche sie brauchen!!!


    Bin wieder mal sehr gespannt auf die Fortsetzung!


    LG
    Jane

  • So.
    Nun bin ich soweit. Und kann dir deinen Kommi schreiben, wie ich es versprochen habe.
    Ich hatte ja schon geschrieben, warum das letzte Woche einfach nicht ging.
    Gerade durch diese letzten sehr aufwühlenden Fortsetzungen kamen ja doch Erinnerungen hoch, die man erstmal wieder verarbeiten muss.


    Wie schon gesagt, es passiert mir schon selten, dass ich eine unbekannte Geschichte in einem Rutsch durchlese, aber da ich deinen Anfang verpasst habe, blieb mir nichts anderes übrig, denn aufhören ging nicht.
    Es fing schon damit an, dass du uns alle erstmal aufs Glatteis geführt hast, was die Mutter betrifft. Hat doch jeder von uns im Stillen gedacht: Was zur Hölle ist denn das für eine Mutter?
    Aber so einfach sind die Dinge im Leben eben doch nicht, wie du sehr deutlich gezeigt hast.
    Einige Dinge, die Alexandra da quälen kommen mir sehr, sehr bekannt vor. Und es so schwer, die eigenen Probleme nicht an den Kindern auszulassen, die einfach nicht begreifen können, dass die Mama manchmal nicht mal nur ein lautes Wort und schon gar keine Fragen verträgt.
    Alexandras Depressionen waren ja nun wirklich massiv genug, dass ihr Mann längst etwas hätte sehen, merken müssen, würde man sagen. Aber das ist... auch nicht ganz so einfach. Manche Dinge will man einfach nicht sehen. Manche Dingen sollen nicht gesehen werden.
    Was diese Familie wirklich braucht ist nicht unbedingt ein großes Haus, sie brauchen mehr Zeit miteinander.
    Schon so oft hat die Arbeit die Liebe und die Familie erledigt. Ich kann für Moritz nur hoffen, dass er wenigstens jetzt mal aufwacht und merkt, dass seine Frau diese Last, ihren Schmerz um den Verlust und den der Kinder, nicht auch noch tragen kann. Nicht allein.
    Ich weiß natürlich noch immer nicht, was diese so durchaus alltägliche Geschichte mit den geheimnisvollen Andeutungen des ersten Kapitels zu tun haben. Aber ich freue mich darauf, von dir dorthin geführt zu werden.