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„Was ist denn das für ein Gesicht an einem solch glücklichen Tag?“ hörte sie ihren Vater fragen,
als er sie fertig angekleidet, doch mit hängendem Kopf auf dem Bett sitzen sah.
„Unser Gast wird bald hier eintreffen, und du….“ Er kam näher und beugte sich zu ihr hinunter.
„Weinst du etwa, mein Kind? Aber, aber… du wirst doch deinem zukünftigen Ehemann nicht mit
feuchten Wangen gegenübertreten wollen.“ Ein wenig hilflos reichte er ihr ein Tuch aus feinstem
[FONT="]Linnen, bestickt mit seinem Monogramm, dass sie sich die Tränen fortwischte. [/FONT]
„Es tut mir leid, Vater. Ich weiß auch nicht, warum….es ist nur…“ Sie hob den Kopf und
sah ihn an. „Warum schickt Ihr mich nur soweit fort? Gibt es denn in Spanien nicht ebenfalls
Edelleute, die Ihr in Betracht ziehen könntet? Warum muss es ein Engländer sein?“
„Warum denn nicht, Kind? Ich habe selbst eine Engländerin geheiratet und keine schlechte Wahl
dabei getroffen.“ War da ein leiser Tadel in seiner Stimme, obwohl er sie immer noch gütig ansah?
Ihre Unterlippe zitterte, doch sie unterdrückte jede weitere Träne, als sie aufstand und auf ihn zu kam.
„Das will ich damit gar nicht sagen, Vater. Aber Ihr habt nicht Euer Land verlassen müssen,
so wie Ihr es von mir verlangt.“
[FONT="]„Deine Mutter hat es damals auch getan und es nie bereut!“ [/FONT]
In seinen Augen glitzerte es verdächtig, bevor er sich abwenden konnte.
Er lächelte sie an und strich ihr sanft über die Wange. Ein seltener, um so kostbarerer Moment.
Don Federico trug seine Gefühle nicht zur Schau, auch nicht seinen Kindern gegenüber. Aber hin
und wieder, vor allem nach dem Tod seiner Frau, brachen sie doch aus ihm heraus.
„Ich hab es dir doch erklärt, Catalina!“ sagte er. „Als ehemaliger Nachbar der Familie deiner Mutter ist
Lord Ravensdale seit vielen Jahren ein enger Freund, ein durch und durch ehrenhafter Mann, fromm und
rechtschaffen. Ich bin sicher, sein Sohn wird dir ein guter Ehemann sein und dir das Leben bieten, das
[FONT="]deine Mutter und ich uns für dich wünschten, als wir diese Vereinbarung getroffen haben.“ [/FONT]
Er wandte sich ab und winkte ihr, ihm nach unten zu folgen, da es hohe Zeit wurde, wenn sie den Gast
angemessen begrüßen wollten. „Dieser Besuch bietet dir die Möglichkeit, den jungen Mann zu treffen,
den wir für dich bestimmt haben. Er ist im passenden Alter für eine Ehe, und wie man mir sagte, von
angenehmer Erscheinung. Auch werden wir bis zur Hochzeit noch etwas Zeit verstreichen lassen,
damit du ihn besser kennenlernen kannst. “ Catalina atmete erleichtert auf und erlaubte sich ein Lächeln.
[FONT="]„Aber du wirst sehen,“ fügte er hinzu, „dass all deine Sorge gänzlich unnötig gewesen ist.“[/FONT]
„Nach deiner Heirat wirst du die Lady des Hauses sein, da die Gattin meines Freundes im letzten Jahr
zu Gott befohlen wurde.“ fuhr Don Federico fort. „Seine anderen Söhne sind ebenfalls noch unverheiratet,
aber ich nehme an, zumindest der Mittlere wird dem Beispiel seines Bruders bald Folge leisten.“
Wolken türmten sich am Himmel auf und verdunkelten die Sonne, nahmen ihnen deren Licht und Wärme.
Ganz plötzlich waren sie aufgetaucht, eben hatte die Sonne die Blumen im Garten noch erstrahlen lassen,
doch nun sah alles nur noch grau aus. Eigenartig, dachte Catalina. Als wolle sie sich verstecken.
[FONT="]„Hörst du mir zu, Kind?“ Sie schreckte hoch.[/FONT]
„Natürlich Vater!“ sagte sie, ohne den Blick vom Garten zu wenden, wo selbst die Blätter und Blüten scheinbar
eine dunklere Farbe angenommen hatten. „Ihr spracht von den Söhnen des Herzogs. Wie viele hat er denn?“
„Drei!“ seufzte er. „Der Glückliche!“ Sie verspürte einen kleinen Stich in ihrem Herzen. Natürlich würde
er es nie aussprechen, aber er hatte sich seit Manuels Tod sicher schon oft gewünscht, sie wäre als Junge
zur Welt gekommen und nicht als Mädchen. Und wenn sie ehrlich war, teilte sie diesen Wunsch, denn
dann könnte sie hier bleiben in ihrer vertrauten Heimat und müsste nicht fort in die Fremde.
So aber würde sie, wenn ihr Vater eines nicht mehr fernen Tages sterben würde, dessen ganzen Besitz
[FONT="]übernehmen, der dann von ihrem Ehemann in ihrem Namen verwaltet werden würde.[/FONT]
„Um so weniger verstehe ich, dass Ihr Euch nicht für einen Spanier entschieden habt, Vater!“meinte
sie, nachdem sie sich ihm gegenüber niedergelassen hatte. „Wäre es nicht viel einfacher, wenn der Besitzer
auch auf den Gütern lebt, die er bewirtschaftet?“ Er zuckte zusammen, seine Stirn legte sich in Falten,
und auf einmal wusste sie, dass er ihre Ansicht teilte. Aber wenn das so war... wieso...?
“Diese Vereinbarung wurde vor langer Zeit getroffen, Catalina. Als niemand an diese Möglichkeit dachte.“
Als Manuel noch der Erbe der Familie war, fügte sie im Stillen hinzu.
„Ich kann mein Wort nicht mehr zurücknehmen, selbst wenn ich es möchte. Ein Wort ist ein Wort.“
[FONT="]Sie senkte den Kopf und nickte. „Ich werde dein Wort ehren, Vater.“[/FONT]
Nur wenige Minuten später bekam sie Gelegenheit dazu, als der Erbe des Herzogs von Ravensdale,
Lord Stanley Morgan den Raum betrat. Der Mann, dessen Vater von seinem langjährigen Freund
die Einhaltung eines alten Versprechens eingefordert hatte. Warum nur? Gab es in England keine Frau,
die einmal Herzogin zu werden wünschte? Oder interessierte den alten Mann weniger die Braut als
deren Mitgift, die nach dem Tod des Erbens nun enorm gewachsen war?
Neugierig musterte sie ihn, während Don
[FONT="]Federico sich erhob, um ihn zu begrüßen. [/FONT]
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geht noch weiter