[Fotostory] Tiefer als der Schmerz

  • Der Arzt nickte mit besorgtem Gesicht. „Eine sehr lange Zeit für eine derart starke Droge.“ Er machte eine Pause und sah die beiden jungen Frauen dann wieder offen an. „Ich muss Ihnen wohl kaum erklären, wie sich ein so langer und starker Drogenkonsum auf einen Körper auswirkt. Selbst ein gestärkter, gesunder Körper hätte Schwierigkeiten einen Unfall wie den heutigen zu verwinden, aber ein durch die Drogen schwer geschädigter Körper hat es ungleich schwerer.“



    Tessa schluckte und nickte. „Aber was bedeutet das, Doktor?“
    Doktor Langboldt seufzte. „Ihr Freund hat eine starke Unterkühlung erlitten und durch den Überfall, der vermutlich vorausgegangen ist, neben einigen Prellungen und harmlosen Wunden auch eine Schädigung des Dünndarms erlitten, die innere Blutungen mit sich zog. Aber wir konnten diese stillen und die verwundete Stelle versorgen.“
    Als er Tessas erschrockenes Gesicht sah, fuhr er beruhigend fort: „Das klingt weitaus schlimmer als es eigentlich ist. Ich vermute, dass die Verletzung durch einen starken Tritt oder Schlag in den Bauchraum gekommen ist. Aber es war keine schwere Blutung, man musste sie nur eindämmen. Was uns viel mehr Sorgen bereitet, ist der allgemeine Zustand Ihres Freundes. Wie Sie wissen, hat sein Herz bereits auf dem Weg ins Krankenhaus zweimal versagt. Auch in der OP selbst konnten wir ihn nur mühsam stabilisieren.“
    Tessa schluckte und sagte dann: „Das heißt, er hat etwas mit dem Herzen?“



    Doktor Langboldt schüttelte den Kopf. „Nein, nicht direkt, sein Herz ist soweit gesund, nur ist sein ganzer Körper durch den Drogenkonsum sehr ausgezehrt. War Ihr Freund zudem obdachlos, Frau Wagner?“
    Tessa schluckte erneut. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, als sie langsam nickte. Es war seltsam, aber hier, so vor dem Arzt, hatte sie fast das Gefühl, sich für diese Tatsache schämen zu müssen – nicht für Jess, sondern dafür, dass sie es nicht hatte verhindern können, weder Jess´ Drogenkonsum, noch seine Obdachlosigkeit. Was sollte dieser Mann von ihr denken, wie sie hier saß, gepflegt, in schicken Kleidern… und der Mensch, der angeblich ihr Freund und Partner war, lebte obdachlos und in völliger Armut sein Leben.

    „Ich… ich hätte es gerne anders gehabt“, stammelte sie darum wie zur Verteidigung. „Doch er wollte nicht bei mir wohnen, er…“
    „Sie brauchen sich nicht zu rechtfertigen, Frau Wagner“, fiel ihr der Arzt mit warmer Stimme ins Wort und sah sie gutmütig an. „Ich kenne viele solcher Fälle. Jeder Mensch ist letztlich für sich selbst verantwortlich.“
    Tessa nickte langsam und der Arzt fuhr fort: „Ich nehme also an, dass auch die Obdachlosigkeit, die mangelnde Hygiene, eine Dehydrierung, Unterernährung und alles, was dies eben mit sich ziehen kann, am schlechten Zustand von Herrn Wagner mit schuld sind. Nun – die momentane Situation ist jedenfalls die, dass er zurzeit stabil ist… dennoch kann ich Ihnen noch nicht mit Sicherheit sagen, ob er außer Lebensgefahr ist.“



    Tessa nickte und versuchte, die Informationen langsam zu verarbeiten. Jess lebte … noch. Doch die Unsicherheit blieb. Dennoch … er lebte. Der erste Kampf war geschafft, auch wenn das Kämpfen noch nicht zu Ende war.
    „Kann ich zu ihm?“, fragte Tessa unvermittelt, doch Doktor Langboldt schüttelte den Kopf.
    „Ihr Freund liegt zurzeit auf der Intensivstation und braucht viel Ruhe. Er befindet sich im Zustand tiefer Bewusstlosigkeit, Frau Wagner.“
    Tessas Augen weiteten sich angsterfüllt. „Koma?“, stieß sie hervor.

    „Nicht ganz“, erwiderte der Arzt. „Sein Körper braucht nun einfach die Ruhe und Erholung und darum ist er noch nicht zu sich gekommen und ich hoffe und erwarte das auch nicht innerhalb der nächsten zwölf bis vierundzwanzig Stunden. Medizinisch gesehen bin ich sogar recht glücklich über diesen Zustand, da es die beste Möglichkeit für seinen Körper ist, sich zu rehabilitieren. Andernfalls wäre es sogar eine Überlegung unsererseits gewesen, ihn für ein oder zwei Tage in ein künstliches Koma zu versetzen, damit sein Körper die nötige Ruhe bekommt.“
    „Und wie… stehen seine Chancen insgesamt“, fragte Tessa langsam.

    Der Arzt schüttelte langsam den Kopf. „Ich kann es nicht sagen, Frau Wagner. Alles kommt nun darauf an, wie stark er ist, wie gut er sich erholt und wie gut er kämpfen kann. Ich kann nicht sagen, wie sehr sein Körper geschwächt wurde. Sein Körper ist einfach sehr, sehr schwach… und das könnte ihm nun zum Verhängnis werden. Alles hängt von den nächsten ein bis zwei Tagen ab. Wenn er diese übersteht und sich erholt, seine Blut- und Kreislaufwerte besser werden, hat er gute Chancen.“



    Tessa seufzte leise auf. „Und wann kann ich zu ihm?“
    „Frühestens morgen“, erwiderte Doktor Langboldt. „Jetzt können Sie ohnehin nichts für ihn tun, Frau Wagner. Am besten wird es sein, Sie gehen nach Hause und schlafen eine Runde, damit helfen Sie ihm am meisten.“
    Tessa schluckte und sagte dann: „Aber ich habe noch eine Frage, Herr Doktor. Was… ich meine, was ist mit seiner Drogenabhängigkeit?“ Mit Schaudern dachte sie daran zurück, was der Entzug Jess´ Körper im Vorjahr angetan hatte. Diese Qualen würde sein nun so geschwächter Körper niemals aushalten.
    „Wir halten ihn zurzeit auf einem Ersatzmittel, um die körperlichen Entzugserscheinen zu verhindern, die er nun natürlich nicht verkraften würde“, erwiderte Doktor Langboldt langsam. „Man muss sich aber klar darüber sein, dass dies keine dauerhafte Lösung ist. Die Ersatzmittel haben zwar nicht die verheerenden Auswirkungen wie das Heroin und die anderen Drogen, die er offenbar konsumiert hat, sie haben… dennoch … auf lange Sicht, sollte er es schaffen, ist es unabdingbar, einen Entzug zu machen und von den Drogen fortzukommen…“
    Der Arzt sah Tessa ernst an. „Wenn Ihr Freund dies nicht schafft, wird er nicht mehr lange leben – selbst wenn er diesen Unfall überstehen sollte. Das muss Ihnen klar sein, Frau Wagner.“
    Tessa nickte betreten.



    „Dann wäre da noch etwas, Frau Wagner“, fuhr der Arzt fort. „Da es sich hier offenbar um eine Gewalttat handelt, mussten wir die Polizei einschalten. Diese wird sich morgen bei Ihnen melden und Ihnen vermutlich einige Fragen stellen.“
    Tessa sah ihn überrascht an. „Wieso? Ich meine… ich habe dem Notarzt doch schon alles gesagt.“
    Der Arzt nickte und sagte beruhigend: „Es klingt dramatischer als es ist. Das ist einfach ein Routinevorgang, machen Sie sich keine Sorgen. Und vielleicht findet man so schneller die Leute, die Ihrem Freund das angetan haben.“
    Tessa nickte und musste sich zurückhalten, um nicht zu verkünden, dass sie die Schuldigen vermutlich schon kannte.
    Der Arzt erhob sich und auch Tessa stand auf.
    „Oh – Frau Wagner, bevor ich es vergesse“, sagte der Arzt und wandte sich Tessa noch einmal zu. „Wir haben das hier in der Jacke Ihres Freundes gefunden.“
    Und er zog einen zerknitterten Brief aus seiner Kitteltasche und reichte ihn Tessa.



    Zitternd nahm diese den weißen Umschlag entgegen. Mit großen blauen Buchstaben war auf der Vorderseite, durch die Feuchtigkeit offenbar leicht verwischt „Für Tessa“ darauf zu lesen.
    Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie den Umschlag kaum greifen konnte.
    „Danke, Doktor“, sagte sie leise. Dieser nickte und wiederholte dann: „Fahren Sie jetzt nach Haus, Frau Wagner. Sollte etwas Unvorhergesehenes geschehen, werden wir Sie anrufen, das verspreche ich Ihnen.“
    Tessa sah ihn unsicher an. Sie wollte nicht gehen, wollte in Jess Nähe bleiben… auf der anderen Seite merkte sie, wie schwach sie war und dass ihr Körper dringend nach Ruhe und Schlaf schrie.
    Der Arzt nickte Monika noch einmal zu und verschwand dann. Tessa starrte immer noch mit zittrigen Fingern auf den Brief in ihrer Hand. Ein Brief von Jess…
    Neben ihr erhob sich Monika und fasste sie sacht an der Schulter.
    „Tessa?“ Sie warf einen Blick auf den Brief und sah ihre Freundin dann sanft an. „Lass uns nach Haus fahren, Tessa, ja? Du bist doch fix und fertig, du musst dich ein bisschen ausruhen… und den Brief liest du wohl auch besser zu Haus. Komm, ja?“



    Tessa sah sie unschlüssig an und musste sich dann eingestehen, dass Monika recht hatte. Es machte keinen Sinn, weiterhin hier zu sitzen… wo sie ja doch nicht zu Jess konnte, ihm nicht helfen, nicht weiter für ihn da sein.
    „Gut“, sagte sie darum mit brüchiger Stimme. „Lass uns nach Haus fahren.“
    Der Brief knisterte, als sie ihn vorsichtig, als sei er zerbrechlich, in ihre Jackentasche steckte.
    Langsam gingen beide durch das Foyer und traten hinaus in die sternenklare, eisigkalte Nacht.
    Im Auto fuhr Tessas Hand immer wieder in die Tasche, ihre Finger befühlten das harte Papier. Mit einemmal wurde ihr klar, dass dies vielleicht die letzten Worte waren, die Jess jemals an sie richten würde.
    Müde lehnte sie den Kopf gegen die kalte Glasscheibe. Sie fühlte sich innerlich wund und leer.









    Fortsetzung folgt.

  • Ooooh nein das kannst du mir nicht antun!!!
    Doch nicht jetzt aufhören bevor sie den Brief liest! Was für eine Gemeinheit!
    Aber es war wieder mal eine tolle, dramatische usw. Fortsetzung! Du bringst die Gefühle, Gedanken etc. so authentisch rüber als würde man grad selber an der Seite von Tessa sitzen und in ihren Kopf gucken! Wirklich klasse wie du das machst!
    Und jetzt schreib ja schnell weiter! Ich bin doch so wahnsinnig gespannt was nun in dem Brief steht und wie es Jess geht und was die Polizei rausfindet. Also bitte bitte mach ganz ganz schnell weiter ja?

  • Liebe Innad,
    das bangen im Krankenhaus um einen den man lieb hat, ist schwer zu ertragen und doch muss man es durchstehen. Die Situation hast du gut beschrieben und du weißt ja, dass ich selber schon so oft in dieser steckte.
    Aber es ist schön, dass ihre Freundin mit da war und sie dadurch wenigstens zeitweise ein wenig Ablenkung hatte. So ist die Zeit nicht ganz zur Ewigkeit mutiert, denn wenn man auf etwas wartet, hat man das Gefühl die Zeit ist stehen geblieben.

    Jess ist noch am leben. Da freue ich mich sehr drüber.

    „Dennoch konnte sie sich nicht freuen, die Angst hatte sie noch zu fest im Griff.“
    Das kenne ich und diese Angst wird sie bestimmt noch etwas begleitet, denn es könnte ja immer noch irgendwas passieren.

    „Fahren sie jetzt nach Hause!“
    Doch bringen tut es nicht viel, sie kommt da auch nicht zur Ruhe und wünscht sich jede Minute bei Jess zu sein oder wenigstens vor Ort um gleich jede Veränderung mitzubekommen. Aber Monika ist ja bei ihr und bleibt es vielleicht auch noch.
    Das würde Tessa gut tun, mit jemanden reden oder einfach nur, der einem die Hand hält.
    Da wollte Jess Tessa bestimmt den Brief geben oder zumindest in ihren Briefkasten werfen und wurde Überfallen.
    Jetzt bin ich aber sehr neugierig, was Jess geschrieben hat und warte gespannt auf die nächste Fs.
    Bis dann!:)

    [SIZE=3]*liebe grüße Ines*[/SIZE]
    [SIZE=3]Meine erste FS! Eine etwas andere Familie! [/SIZE][SIZE=3]
    [/SIZE]
    Liebe Grüße an Nintendog, Rivendell, PeeWee, Jane Eyre, Kautschi, Llynya, colle Omi, wawuschel, Panakita, Josijusa, Filour, fallin'angel undalle Leser!:knuddel



  • Hallö Innad. :)


    *in Tisch beiss*
    Du machst es aber auch spannend. Ich will doch jetzt unbedingt wissen, was in dem Brief steht. :rollauge


    Ich merke gerade, dass ich das schon wieder von hinten aufroll... Wie auch im Kapitel davor finde ich, dass du die Situation wirklich toll beschreibst. Man kann sich so gut reinversetzen in Tessa und bangt und hofft mit ihr mit. Mir war so, als hätte die Heizung wirklich gehört (trotz der Musik, die immer bei mir laufen muss ^^).


    Das Gespräch mit dem Arzt ist, meiner Meinung nach, völlig glaubwürdig, obwohl ich mich damit auch nicht so wirklich auskenne. Man fiebert bei jedem Satz mit und hofft, dass alles gut wird. Der Arzt nimmt sich richtig viel Zeit und erklärt alles, so dass auch Laien das verstehen können und vor allem ist er dabei sehr glaubwürdig. :up


    So nun aber zum Brief... Ich bin so gespannt, was da wohl drin steht und ich hoffe wirklich, dass es nicht die letzten Worte von Jess sind!
    Ganz liebe Grüße :knuddel
    Llyn

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19

  • Oh Innad, du lässt uns noch immer im Ungewissen!


    So viele Fragen stellen sich mir nach diesem Kapitel. Was hat Jess in diesem Brief geschrieben? Warum ein Brief,warum ist er nicht persönlich zu ihr gekommen? Aber er wurde ja vor ihrem Wohnblock gefunden, also muss er doch versucht haben, sie zu sehen. Oder wollte er den Brief nur einwerfen? Aber wenn ja, warum? Ist es ein Abschiedsbrief, wollte er sich gar das Leben nehmen? Oder ist es ganz was anderes, hat er sich vielleicht mit dem HIV-Virus angesteckt und hat gewusst, dass er sterben wird?
    Was hat er bei den Hellows gemacht, wenn es denn wirklich diese waren, die ihn so schlimm zugerichtet haben.....??
    Das Kapitel heisst ja "Jess' letzte Worte". Das lässt eigentlich schon nur den Schluss zu, dass er nicht überleben wird. Nun, es überrascht mich nicht, denn ich habe das ja schon nach dem letzten Kapitel gedacht. Auch wenn er die Operation überlebt hat, denke ich nicht, dass sein Körper stark genug ist. Und die andere Frage ist, ob er überhaupt kämpfen, ja, ob er weiterleben will.


    Du beschreibst die Situation und Tessas Gefühle mal wieder sooo super, es lässt vermuten, dass du schon mal selber in einer ähnlichen Lage warst, oder ganz einfach ein Mensch mit grossem Einfühlungsvermögen bist. Aber das bist du ja sowieso, das merkt man deutlich an deiner Art zu schreiben.


    Es muss der absolute Horror für Tessa gewesen sein, dort zu sitzen, nichts tun zu können und mit der Ungewissheit umzugehen. Sie wird wohl die ganze Nacht kein Auge zutun. Zum Glück ist Monika bei ihr. Für diese ist ja das alles auch sehr schwer, bestimmt durchlebt sie noch einmal all die Gefühle, welche sie empfand, damals, als ihr eigener Freund den Kampf gegen die Drogen verlor. Aber sie ist sehr stark und tapfer und gibt Tessa Halt.


    Wieder eine ganz ganz tolle und sehr authentische FS! :applaus


    Alles Liebe,
    dein Fan Jane

  • Wie gemein jetzt aufzuhören!
    Jess ist zwar erstmal über den Berg, aber das die Drogen da Probleme machen, war ja vorhersehbar! Der Arzt hat das toll geschildert und ich fand das sehr autentisch! So hätte dieses Gespräch wirklich passieren können!!
    Moni ist Tessa wirklich eine fantastische Freundin und die braucht sie in diesem Moment mehr denn je! Ich bin so froh für sie, dass sie sie hat! Sie gibt ihr Kraft und vielleicht auch ein klein wenig Mut in diesen für sie schwerden Stunden!


    Was mit Jess jetzt wirklich ist, ob er die Kraft zum kämpfen hat oder nicht, wird sich erst noch rauskristalisieren, aber ich bleibe dabei - er wird es nicht schaffen, denn schließlich spielt er ja eigendlich nur eine Randfigur. Eine wichtige, ja, aber schlussendlich geht es hier um Tessa und ihr Leben!
    Jedoch möchte ich meiner These noch etwas hinzufügen. Ich denke, dass sie im Prolog den Brief von Jess unter dem Baum am lesen ist und unweigerlich an ihn denken muss. Da muss etwas sehr schönes drin stehen und ich bin sehr neugierig was denn nun wirklich dadrin stehen wird!


    Mach bitte bald weiter!

    [CENTER][COLOR="White"]Bussi @all Kiara :wink
    ***************[/CENTER][/COLOR]




    [CENTER][SIZE="1"][COLOR="Sienna"]P.S. Für Rehctshcbriefleher wird kiene Hatufng übrnemoemn! *g*[/COLOR][/SIZE][/CENTER]

  • Hallo Innad!
    Wollte wieder ein Kommi hier abgeben, aber - wie oft, bin ich irgenwie zu spät dran.(das ist bei mir chronisch, auch im RL)
    Alle meine lieben Mitleser haben schon - in Summe - geschrieben, was mir dazu eingefallen wäre.
    Du hast wieder wundervoll den richtigen Ton getroffen, es ist schon oft unheimlich realistisch, wie einfühlsam und bis in Details genau du die Situationen beschreibst.
    Liebe Grüße,
    Josijusa
    Kiara: deine Theorie hat echt was - klingt fast zwingend richtig für mich.

    [center]I scream, you scream, we all scream for ice cream [/center]

    [center]I still want to find a real good book and never have to come out of it.[/center]

  • @ALL: Ich mach jetzt mal eine Ausnahme und beantworte eure tollen, lieben KOmmis beim nächstemal mit, ja? Ich habe gerade gar keine Zeit und bin auch nicht so fit, aber ich hab endlich die FS fertigbekommen und mir reicht die Zeit jetzt nur noch zum Online-Stellen!



    Kapitel 62
    Der Brief




    Monika warf Tessa einen Seitenblick zu. „Soll ich dich nach Hause bringen oder möchtest du lieber mit zu mir kommen? Du kannst bei mir übernachten, wenn du magst…“
    Sie richtete die Augen unsicher wieder auf die Straße, ihre Finger bewegten sich nervös auf dem kalten Lenkrad. „Ich… meine nur… weil… naja, ich denke einfach, du solltest jetzt nicht allein sein. Als ich damals erfuhr, was mit Kevin geschehen war… nun, ich wäre froh gewesen, jemanden um mich zu haben... zumindest am Anfang. Und ich hatte Sicherheit, ich musste keine Angst mehr haben…“
    Sie schluckte hart und Tessa bemerkte, wie es die junge Frau unter ihrer Jacke heftig schüttelte. Zum ersten Mal an diesem Abend musste sie daran denken, wie schrecklich all dies für Monika sein musste, welch Erinnerungen es geweckt haben musste. Sanft drückte sie die Hand ihrer Freundin, die fast noch eisiger war als ihre eigene.
    „Gerne, Moni… wenn es dir recht ist, würde ich gerne bei dir übernachten…“
    Sie dachte mit einem leichten Schaudern an die ruhige Stille ihrer leeren Wohnung…
    Monika nickte und versuchte, tapfer zu lächeln, während Tessa den Blick wieder auf die schneebedeckten Häuser um sich richtete.


    Nach wenigen Minuten waren sie bei Monika angekommen und die Wärme ihrer kleinen, gemütlichen Wohnung umhüllte Tessa wie ein sanftes Tuch.
    „Soll ich ein bisschen Musik machen?“, fragte Monika sofort und Tessa nickte. Sie konnte keine Stille mehr ertragen.
    Nachdem beide ihre Jacken ausgezogen hatten, gingen sie in das gemütliche Wohnzimmer und Monika schaltete das Radio an.
    Tessa betrachtete nachdenklich den welligen Briefumschlag, den sie aus ihrer Jackentasche gezogen hatte und legte ihn dann schaudernd auf Monikas kleinen Wohnzimmertisch.
    Müde ging sie einige Male im Zimmer auf und ab und verharrte schließlich fast bewegungslos vor dem Fenster. Ihr Blick schweifte nach draußen. Es schneite immer noch und es war inzwischen völlig still geworden.



    Die leisen Klänge aus dem Radio vertrieben zwar die Stille, aber sie wirkten seltsam deplaziert. Tessa schauderte. Monika war an sie herangetreten und starrte eine Weile ebenfalls schweigend aus dem Fenster.
    Dann sagte sie leise: „Magst du noch einen Tee trinken? Oder was essen?“
    Tessa schüttelte den Kopf. Ihr Magen schmerzte zwar und ihre Kehle war trocken, aber sie fühlte sich völlig außerstande, etwas zu sich zu nehmen. Ihr Hals wirke wie zugeschnürt.
    „Wenigstens ein Glas Wasser?“, versuchte Monika es weiter.
    Tessa schlang die Arme um ihren Oberkörper. „Ich fühl mich nicht gut“, sagte sie dann leise.
    Monika strich ihr sanft über den Rücken.
    „Das ist völlig normal. Du solltest wenigstens ein bisschen was trinken, okay?“
    „Gut“, seufzte Tessa und drehte sich zu ihrer Freundin um. „Dann ein Glas Wasser, ja.“




    Während Monika sich auf den Weg in die Küche machte und ein Glas Wasser holte, ging Tessa erneut im Zimmer auf und ab. Eben im Krankenhaus hatte sie sich noch so müde und erschöpft gefühlt. Die Erschöpfung war geblieben, aber die Müdigkeit war wie weggeblasen. Jetzt, wo sie so weit von Jess fort war, fühlte sie sich seltsam aufgewühlt. Ihr Blick fiel erneut auf den Briefumschlag, der immer noch unberührt auf dem Couchtisch lag. Sie seufzte und rieb sich die Augen.
    Monika war inzwischen neben sie getreten und hatte ihr das Glas Wasser gereicht. Langsam trank sie in kleinen Schlucken und stellte das Glas dann zur Seite.

    Monika folgte ihrem Blick zurück zu dem Brief.
    „Du solltest ihn aufmachen… oder?“, sagte sie dann sanft.



    Tessa sah sie an. „Ich hab Angst davor“, flüsterte sie dann. „Auf der einen Seite kann ich es nicht erwarten, weil ich hoffe, dass sich dann endlich alles erklärt… wo Jess war, und wieso er plötzlich wieder aufgetaucht ist. Zum anderen… hab ich Angst…“
    Monika nickte verständnisvoll. „Ich glaube, die hätte ich auch. Aber früher oder später musst du ihn öffnen… willst du vielleicht bis morgen damit warten… und erst einmal eine Runde schlafen?“
    Tessa atmete tief ein und schüttelte dann den Kopf. „Nein, ich glaube, mit dieser Ungewissheit könnte ich gar nicht schlafen. Ich werde ihn öffnen… jetzt.“
    Zielstrebig ging sie nun zum Sofa und ließ sich auf den weichen Kissen nieder. Vorsichtig berührte sie das Papier, das sich rau und aufgequollen anfühlte. Fast zärtlich löste sie dann die Lasche und dachte für einen Moment daran, dass Jess vielleicht nur vor wenigen Stunden mit der Zunge darüber gefahren war. Sie warf Monika einen unsicheren Blick zu, als der Umschlag geöffnet war. Die nickte ihr aufmunternd zu und Tessa zog mehrere eng beschriebene Seiten, die ebenfalls von der Feuchte schon etwas aufgequollen, aber noch gut leserlich waren, aus dem Umschlag und hielt sie für einen Moment reglos in den Händen, fast als wolle sie sich ihrer erst gewiss werden, bevor sie zu lesen begann.



    Monika ließ sich vorsichtig neben ihr nieder und drückte ihre Hand.
    „Du musst sie jetzt nicht lesen, wenn du es nicht schaffst“, sagte sie dann leise.
    Doch Tessa schüttelte den Kopf. „Es geht schon – es muss gehen“, erwiderte sie dann. Die Seiten waren noch gefaltet und fühlten sich dick und schwer an. Tessa fiel auf, dass sie noch nie etwas von Jess´ gelesen hatte… abgesehen von jenen kurzen Worten, die er ihr damals als winzige „Abschiedsbotschaft“ hinterlassen hatte.
    Als ihre Gedanke für einen Moment zu jenem Tag vor einem guten Jahr zurück schweiften, fühlte sie plötzlich einen Hauch Bitterkeit in sich aufsteigen. Schon wieder musste sie um ihn bangen, schwebte in absoluter Ungewissheit. Und sollte das letzte, was sie von ihm erhielt, auch diesmal wieder nur und in absoluter Endgültigkeit beschriebenes Papier sein?
    Sie weigerte sich, dies zu glauben, faltete die Blätter auseinander, holte noch einmal Luft und begann dann stockend zu lesen.


    „Meine geliebte Tessa,
    wenn Du diesen Brief erhältst, werde ich vermutlich schon wieder weit fort sein. Ich hoffe inständig, dass es Dir gut geht und Du das, was ich Dir angetan habe, überwinden konntest. Ich habe lange gebraucht, um zu begreifen, was Du mir wert bist. Du warst der einzige Mensch auf dieser Welt, der mir jemals etwas bedeutet hat und dem ich jemals etwas bedeutet habe. In manch klaren Momenten, die immer seltener werden, frage ich mich, wie ich es zulassen konnte, das größte Glück, das mir in meinem Leben zuteil geworden ist, einfach kampflos aufzugeben – Dich, Tessa, das Beste, was mir je geschehen ist, einfach aufzugeben. Für eine Droge, die mich das Leben kostet, die mir Tag für Tag mehr Kraft aus Herz und Seele und Körper zieht und mir die heile Welt, die nur Du mir letztlich hättest bieten können, in grausiger Weise vorgaukelt, und auch das in immer kürzeren Abständen und abnehmender Intensität.





    Erinnerst Du Dich noch an jene Nacht vor etwa einem Jahr, Tessa, als Du mich bei den Hellows gesucht hast? In jener Nacht wurde mir mit aller Macht klar, wie viel Du mir bedeutest. Dass Du mein Leben bist, Tessa. Ich wollte für Dich mit diesen verfluchten Drogen Schluss machen. Ich wollte es wirklich. Für Dich, für mich – für UNS, Tessa. Ich kann Dir nicht verübeln, wenn Du es mir nicht glaubst, nach allem, was ich Dir angetan habe, nicht mehr glauben kannst. Was ich getan habe, ist unverzeihlich. Ich habe Dich allein gelassen, Dich aufgegeben, uns aufgegeben. Und als ob das alles nicht niederträchtig genug wäre, habe ich Dich all die Zeit im Ungewissen gelassen, wohin ich gegangen bin, was mit mir geschehen ist.
    Ich könnte mir etwas vormachen und glauben, Du habest mich in kürzester Zeit vergessen. Doch ich kenne Dich, ich kenne meine Tessa, und ich fürchte, wenn ich es auch nicht hoffe, dass Du nächtelang in den Kissen geweint hast, dass Du nichts unversucht gelassen hast, mich zu finden und Dich vielleicht bis zum heutigen Tage nicht damit abfinden konntest, dass ich nicht mehr da bin. Doch das musst Du, Tessa, so hart es auch klingt.

    Meine Zeit ist abgelaufen, ich merke es täglich immer mehr. Mein Leben wird bald zu Ende gehen. Ein Leben, das nicht sinnloser hätte sein können. Aber es hat einen Sinn bekommen, mein Schatz – durch Dich. Und das wird mir niemand mehr nehmen können. Nicht einmal der Tod.“
    Tessa legte das Papier für einen Moment zur Seite und musste tief Luft holfen.


    Dann las sie mit brüchiger Stimme weiter:
    „Ich hoffe aber, ich bete jede Nacht dafür, dass Du mich zwar nicht vergessen, aber hinter Dir gelassen hast. Dass Du Dein Leben wieder gelebt hast, so wie Du es Dir immer gewünscht und vorgestellt hast. Du bist so ein wunderbarer Mensch, Tessa, voller Ideen, Kreativität und Mitgefühl. Dir stehen alle Türen offen und ich wünsche mich für Dich, dass Du sie nutzt.

    Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich Dir diesen Brief schicken soll. In Gedanken habe ich ihn wohl schon hundertmal geschrieben und mindestens genauso oft wieder verworfen. Aber in letzter Zeit fühle ich mich Dir so nahe wie schon lange nicht mehr. Es ist, als könnte ich Dich in meinen Träumen wieder spüren und berühren. Du fehlst mir mehr als alles andere auf dieser Welt. Doch ich darf nicht zu Dir zurückkehren. Ich bin nicht blind gewesen, mein Schatz, und ich habe gesehen, wie Du Dich durch mich verändert hast, habe gesehen, wie dünn und blass und kummervoll Du geworden bist. Du hast mehr verdient als mich, Tessa, und ich bin mir sicher, dass Du es eines Tages bekommen wirst.
    Dennoch – ich spüre, dass meine Zeit zu Ende gehen wird. Mein Körper wird dieser verfluchten Sucht früher oder später unterliegen. Und ich will Dich nicht im Ungewissen lassen, Tessa, was geschehen ist und dass Du nichts, absolut nichts für all das konntest, was geschehen ist.“
    Tessa sah auf und blickte Monika an. Diese drückte erneut sanft ihre Hand und lächelte schmerzlich. Mit ihren Fingern fuhr Tessa sanft über das Papier, als sei es Jess´ Hand, die sie dort berührte.



    „Dass ich nach dem Entzug bei Dir zu Hause gegangen bin, hatte nichts mit Dir zu tun“, las sie dann leise weiter. „Die traurige Wahrheit ist, dass ich einfach zu schwach war. Die Sucht war stärker als meine Liebe und meine Hoffnung und mein Vertrauen zu Dir und uns. Das ist die niederträchtige Wahrheit, ja, meine Tessa, mehr war ich uns nicht wert. Doch urteile nicht zu hart über mich, denn die Sucht macht aus uns Menschen etwas, das wir sonst nicht sind. Auch wenn ein Gefühl und der Wille noch so stark ist, so ist die Sucht oft stärker. Doch ich will es nicht schönreden, ich war schwach. Ich bin es immer noch. Doch nun, da ich Dich nicht mehr habe und nie mehr haben werde, sehe ich keinen Sinn mehr darin, zu kämpfen. Es ist besser so, glaub mir.



    *geht noch weiter*

  • Nachdem ich an jedem Morgen Deine Wohnung verlassen habe, bin ich zurück zum Bahnhof. Dort habe ich die zwei Jungs getroffen, mit denen ich auch bei den Hellows war. Sie haben mir berichtet, wie gefährlich es für uns alle in der Stadt sein würde. Nachdem ich meinen ersten Bedarf befriedigt hatte, sind wir also mit zusammengeschnorrtem Geld in einen der vielen Züge gestiegen und fortgefahren.
    Es hat mir das Herz zerrissen, Tessa, denn als ich Dich an jenem Morgen schlafend im Bett verließ, so waren meine Gedanken nur von dem Verlangen nach neuen Drogen gefüllt. Hätte ich gewusst, dass es ein Abschied für immer wird, ich hätte Dich länger betrachtet, ich hätte Dich länger gestreichelt, ich hätte Dir einen vernünftigen Brief hinterlassen, damit Du Dir keine Sorgen machen musst.“
    Tessa setzte den Brief erneut ab und sagte dann tonlos: „Also hatten wir recht, Monika – er ist aus der Stadt geflohen. Aber das erklärt immer noch nicht, wieso er wieder zurückgekommen ist…“



    Sie nahm den Brief wieder auf und las weiter:
    „Wir sind in die nächstbeste Großstadt gefahren und haben uns dort durchgeschlagen. Es war nicht einfach, Tessa, aber immer noch besser, als von den Hellows zu Tode geprügelt zu werden. Ich habe mir manchmal Sorgen um Dich gemacht, aber ich war mir sicher, dass sie Dich nicht zuordnen konnten und weder Dein Gesicht, noch Deinen Namen kannten. Dennoch bitte ich Dich noch einmal, auch jetzt noch aufzupassen und Dich nicht in dunklen Gegenden aufzuhalten, schon gar nicht nach Einbruch der Dunkelheit!

    Das Jahr verging rascher als ich gedacht hätte, Tessa. Ich habe so oft an Dich gedacht und habe oft überlegt, ob ich Dir diesen Brief schreiben und schicken soll. Doch anfangs schämte ich mich so sehr, dass ich es nicht wagte und dann hatte ich Angst, alles wieder aufzuwühlen durch diesen Brief. Doch in den letzten Wochen spürte ich, dass ich immer schwächer wurde, und ich musste so oft an Dich denken, ich fühlte mich Dir so nah, wie ich bereits schon schrieb.
    Mir war klar, dass ich Dich noch ein einziges Mal sehen möchte, bevor ich meinen letzten Atemzug tu… und ich setzte mich in den Zug und kehrte zurück.
    Ich habe mich in den letzten Tagen in der Nähe deines Hauses aufgehalten, immer im Schutz der Büsche um es herum, damit Du mich nicht siehst… und gestern habe ich Dich endlich gesehen, als Du mit einigen Freunden aus dem Haus kamst. Du bist so schön geworden, Tessa! Du bist so wunderschön! Ich bin so glücklich, dass Du offenbar mit beiden Beinen auf dem Boden stehst, trotz allem, was geschehen ist. Du scheinst wieder Freunde zu haben, die Du damals durch meine Schuld verloren hast. Allein das zu sehen, Dich noch einmal zu sehen, war mein größter Wunsch. Doch ich habe gehört, dass Du mit einer Deiner Freundinnen über mich gesprochen hast… und mir wurde klar, dass Du nicht mit uns abschließen kannst, so lange Du nicht weißt, was mit mir und uns geschehen ist. Und warum ich an jenem Morgen ging, ohne Dir zu sagen, wohin ich gehe.“
    Tessa blieb für einen Moment still. Die Tränen waren ihr in die Augen gestiegen, als sie das letzte Blatt des Briefes umdrehte und eine kleine Zeichnung in ihren Schoss fiel.



    Tessa schluckte und ballte die Hände zur Faust. Stockend las sie dann weiter:
    „Ich bitte Dich nun, Tessa, mich nicht zu suchen. Ich werde Dir diesen Brief überbringen und morgen mit dem ersten Zug die Stadt verlassen, auch weil es zu gefährlich für mich ist. Wenn ich schon sterben muss, dann nicht durch die Hand anderer, sondern durch meine eigene, durch meine Sucht.

    Bitte glaub mir eines, Tessa, ich hab Dich immer geliebt. Ich wünschte, ich hätte es Dir mehr zeigen können, ich wünschte, ich hätte Dich ein oder zwei Jahre früher kennen gelernt… doch es sollte wohl nicht sein. Werde glücklich, mein Schatz, denn Du hast es verdient.
    Pass auf Dich auf.
    Ich liebe Dich,
    Dein Jess.“



    Tessa atmete schwer und legte den Brief zur Seite. Monika schwieg und sah sie mitfühlend an.
    Tessa fühlte sich wie benebelt, immer wieder warf sie einen Blick zurück auf den Brief in ihren Händen. Ihre Finger strichen zart über das Bild, das Jess gemalt hatte. Aus dem Radio tönte eine weiche Stimme an ihr Ohr, die sang:
    „Oh diesen Brief darf ich nicht lesen
    Denn oh mit diesem Brief nimmt sie Abschied von mir
    Unsere Liebe darf nicht überleben
    Und mit dem Öffnen dieses Briefs sterben wir…“

    Draußen hatte es zu schneien aufgehört. Der Schnee machte die Nacht ungewöhnlich hell. Oder dämmerte etwa schon der Morgen?



    Langsam stand Tessa auf, ging schwerfällig einige Schritte durch den Raum. Den Brief hatte sie vorsichtig zurück auf den Tisch gelegt.
    Sie schlang die Arme erneut um ihren Oberkörper.
    „Oh diesen Brief darf ich nicht lesen
    Oh mit diesem Brief nimmt sie Abschied von mir
    Unsere Liebe durfe es nicht geben
    Und mit dem Öffnen dieses Briefs starben wir
    Doch ohne diese Liebe kann ich nicht leben
    Und ohne ihre Nähe kann ich nicht mehr, nicht mehr…“

    Ein Schluchzer löste sich aus ihrem Hals. Trocken, fast schmerzhaft. Dann war es wieder still, bis sich ein erneutes Schluchzen löste. Und plötzlich flossen die Tränen.
    Innerhalb weniger Sekunden war Monika an der Seite ihrer Freundin und hatte den Arm um sie gelegt. Sie stand schweigend neben ihr, während Tessa weinte und weinte.



    „Ich…“, schluchzte Tessa nach einer Weile leise. „Ich… kann das alles gar nicht fassen. Jess… er hält sich für einen so schlechten Menschen, Monika… aber das ist er nicht. Er ist es nicht!“
    Es klang fast wie eine Beteuerung. Monika strich Tessa sanft über die Schultern.
    „Ich weiß, Tessa, ich weiß… wir beide wissen es. Er ist anständiger, als wir alle dachten.“
    Tessa nickte und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
    „Es ist ein Abschiedsbrief, Moni“, sagte sie dann leise. „Ist es das nicht?“
    „Er hat ihn wohl als solchen geschrieben“, gab diese nachdenklich zu. „Doch es ist alles anders gekommen als gedacht, nicht wahr? Vielleicht ist es doch kein Abschiedsbrief, Tessa… wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben.“



    Tessa nickte und wischte sich noch einmal mit dem Ärmel ihrer Strickjacke übers Gesicht.
    „Dieser Brief… er erklärt so vieles“, sagte sie. „Ich bin mir jetzt ganz sicher, dass ihn die Hellows erwischt haben… oh Monika, hätte ich ihn doch gestern nur bemerkt… er muss die ganze Zeit in meiner Nähe gewesen sein. Wieso hab ich das nur nicht gespürt?“
    Tessa sah Monika unsicher an. „Habe ich mich bereits so weit von ihm entfremdet… denkst du nicht auch, ich hätte es merken müssen?“

    Monika lächelte gutmütig und strich Tessa tröstend über die Wange. „Ach, Liebes – zerbrich dir deswegen nicht den Kopf. Natürlich hättest du es nicht spüren müssen… das hat doch nichts mit deinen Gefühlen für ihn zu tun. Und bitte mach dir jetzt keine Vorwürfe, du hättest es nicht verhindern können.“


    Tessa nickte langsam. „Du hast vermutlich recht… ich weiß irgendwie gar nicht mehr so wirklich, was ich gerade noch denken oder fühlen soll.“
    „Das ist auch völlig verständlich“, erwiderte Monika einfühlsam. „Es ist so viel geschehen heute Abend. Die Welt schein förmlich Kopf zu stehen, nicht wahr?“
    Tessa nickte. Sie fühlte sich auf einmal schläfrig und müde, so als habe sie das Weinen endlich von der unerträglichen Anspannung befreit, die sie derartig wach gehalten hatte.
    Ihre Gedanken schweiften zu Jess, der jetzt im Krankenhaus lag und gegen die Schwäche seines eigenen Körpers ankämpfte. Doch lohnte es sich überhaupt noch zu kämpfen für ihn? Was sollte ihm Kraft geben, wo er doch offenbar mehr oder minder ohnehin schon mit dem Leben abgeschlossen hatte?
    Sie äußerte diese Gedanken gegenüber Monika und sagte dann: „Ich hätte darauf bestehen sollen, zu ihm zu dürfen. Vielleicht hätte er es gespürt… und hätte dann wieder mehr Lebenswillen.“

    Monika sah sie nachdenklich an. „Ich glaube ernsthaft, dass er dich auch spüren kann, ohne dass du jetzt körperlich bei ihm bist“, sagte sie dann ernst. „Und ich denke, es ist wichtig, Kraft zu tanken für morgen – und dann wird er dich vielleicht sogar bewusst sehen und sprechen können, Tessa.“
    Tessa umarmte Monika spontan. „Ich bin so froh, dass du hier bist, Moni. Wie sollte ich all das schaffen ohne dich?“



    „Das ist doch selbstverständlich“, erwiderte Monika schlicht. „Nun lass uns ins Bett gehen, Tessa, ja? Ich kann dir einen von meinen Pyjamas leihen… du musst morgen kräftig und fit sein … für Jess. Und es ist bereits halb vier in der Früh…“
    Tessa warf erstaunt einen Blick auf die Uhr und musste feststellen, dass Monika recht hatte. Ihr war offenbar tatsächlich jegliches Zeitgefühl verloren gegangen. Aber ihr Körper sprach eine deutliche Sprache, sie konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten.



    *geht noch weiter*

  • Darum nickte sie auch bereitwillig und folgte Monika ins Schlafzimmer.
    Zehn Minuten später kam sie aus dem Badezimmer und trug einen von Monikas Pyjamas, der nach frischem Waschmittel mit Jasminaroma roch.
    „Moni…“, sagte sie langsam. „Denkst du, er wird es schaffen, Moni?“

    Monika sah sie lange an und sagte dann offen: „Ich weiß es nicht, Tessa. Aber ich denke mir die ganze Zeit, dass es doch einen besonderen Grund dafür gegeben haben muss, dass das Schicksal ihn wieder zu dir zurück gebracht hat… und ich weigere mich zu glauben, dass der einzige Grund gewesen sein soll, sich verabschieden zu können – endgültig.“



    Sie lächelte ihre Freundin an. „Und nun lass uns schlafen, ja?“
    „Ich hoffe, ich kann auch nur ein Auge zu tun“, seufzte Tessa.
    Monika strich ihr tröstend über den Arm. „Bestimmt“, erwiderte sie sanft und schlug die Bettdecke einladend zurück.
    Erschöpft krabbelte Tessa unter die Decke, während Monika ums Bett ging und das Deckenlicht löschte.
    „Gute Nacht, Moni“, flüsterte sie.



    Monika nickte. „Ich geh nur noch schnell die Haustüre abschließen“, sagte sie. „Ich hätte es fast vergessen.“
    Rasch schlüpfte sie aus dem Zimmer und eilte zur Wohnungstür, um diese wie jeden Abend zu verriegeln.
    Als sie zurück ins Zimmer kam und selbst ins Bett schlüpfte, flog ein leichtes Lächeln über ihr Gesicht.



    Tessa war bereits tief und fest am schlummern.
    Monika hüllte sich ebenfalls eng in die kuschlige Decke und fiel ebenso wie ihre Freundin innerhalb weniger Sekunden in einen tiefen, traumlosen Schlaf.









    Fortsetzung folgt-




    P.S. Das im Text erwähnte Lied heisst "Dieser Brief" von Xavier Naidoo. Ihr findet es u.a. hier: http://www.myvideo.de/news.php?rubri...=&searchOrder=

  • Oh Innad.


    ich hab die letzten Teile ohne ein Kommentar verfolgt, da ich einfach nur wissen wollte wie sich deine Geschichte entwickelt.


    Vom bangen warten im Krankenhaus, die Nacht ohne Schlaf mit den Sorgen um Jez und der "Abschieds"brief den Tessa bekommen hat.
    Ich dachte mir schon so etwas in der Art, denn wenn Jez die ganzen ersten Hürden übersteht, wird er wohl kaum in der Lage sein mit Tessa zu reden.


    Jez Brief ist der Hammer. Du hast ihn toll geschrieben, die ganzen Gefühle. Man konnte sich richtig in Jez hineinversetzen als er den Brief verfasst hat.
    Ich musste fast selbst anfangen zu weinen, als ich die Worte laß. Du hast ganz tolles Gefühlskino mit deinen Worten geschaffen.
    Man hat die Liebe gespürt die Jez immer noch für Tessa impfindet und in diesem Moment musste ich daran denken, wie sich die beiden kennengelernt hatten im Supermarkt ;)


    Jetzt wissen wir auch endlich was mit Jez geschehen ist, seit er weggelaufen war und ich muss sagen ich verstehe seine Gründe. Wer er dageblieben, wäre er wahrscheinlich jetzt sowie tot, und zwar durch die Hellows und Tessa wär immer der Gefahr ausgeliefert gewesen zusammen mit ihm erkannt zu werden.


    Trotz allem hofft ein Teil von mir, dass Jez überleben wird und die beiden vielleicht ein bessers Leben zusammen aufbauen können.
    Ich bin sehr gespannt wie es weitergeht Innad.


    Lg Verena

    [center]~*~
    Nicht alle sind glücklich die glücklich scheinen, manche lachen nur um nicht zu weinen.[/center]

  • Liebe Innad


    Es fällt mir gerade sehr schwer, die Worte zu finden um dir einen würdigen Kommi zu schreiben. Ich musste beim Lesen ein paar Mal leer schlucken und hatte Tränen in den Augen. Ich glaube, das ist mir noch nie passiert beim Lesen einer FS...


    Einiges von dem, was ich schon vermutet hatte, ist tatsächlich so eingetreten und für Jess war dieser Brief als Abschied gemeint. Als Abschied von seiner geliebten Tessa. Du beschreibst so eindrücklich, was die Drogen aus einem Menschen machen können. Sie beherrschen ihn, unterdrücken ihn und zerstören ihn schliesslich. Nicht seine Liebe zu Tessa war nicht stark genug, aber die Macht der Drogen war einfach stärker. Stärker und mächtiger als jedes menschliche Gefühl.


    Während ich vorher ziemlich überzeugt davon war, dass Jess sterben wird, kommt jetzt doch wieder eine kleine Hoffnung in mir auf. Das wäre ja schon Ironie des Schicksals, wenn ausgerechnet die Hellows "schuld" daran wären, dass Jess vielleicht gerettet werden kann. Denn hätten sie ihn nicht zusammen geschlagen, hätte Tessa ihn nie gefunden, er wäre nie ins Krankenhaus gekommen, sondern wäre bereits wieder weit weg....


    Bin ganz gefangen in deiner FS und es ist wohl unnötig, dir zu sagen, dass diese FS mal wieder unwahrscheinlich gut und schön geschrieben ist und die düsteren Bilder perfekt dazu passen! Dann noch dieses Lied von Naidoo dazu, das gibt richtig Hühnerhaut.


    Alles Liebe !
    :knuddel
    Jane

  • Huii, hab ich so lange mit der Fs gebraucht? Hab die Story selten von seite 2 holen müssen :) Ich hoffe, ihr habt mir nicht übel genommen, dass ich letztes Mal nicht so genau auf eure Kommis eingehen konnte :rolleyes



    Shareena: Danke für Deinen Kommi! Dass der Brief Dich so berührt hat, freut mich und ja, ich musste irgendwie auch an ihre erste Begegnung damals im markt denken *melancholischwerd* ;)
    Ob Jess es schafft, ist natürlich die große Frage und das verrate ich natürlich auch nicht.
    DAss er die Stadt verlassen hat, war fraglos vernünftiger als zu bleiben, und letztlich auch besser für Tessa und ihn, ja.




    @JaneEyre:
    Oh weh, zum Weinen bringen wollt ich Dich ja eigentlich nicht, auch wenn es mich ehrt, dass Dich dieses Kapitel so sehr berührt hat.
    Was die Frage angeht, ob Jess überlebt, so wirfst Du natürlich eine wichtige Frage auf... bzgl der Ironie des Schicksal, wenn er ausgerechnet durch die Hellows sterben würde.
    Aber lass Dich überraschen! Vielen Dank für Deinen tollen und lieben Kommi!

  • Kapitel 63
    Kämpf



    Tessa schlief zu ihrer eigenen Überraschung erstaunlich tief und fest und erwachte in der Nacht kein einziges Mal mehr.
    Erst als auf der Straße die Müllabfuhr mit laut lärmendem Geklapper vorbeifuhr, begann sich die Schwere des Schlafes abzuschwächen und langsam öffnete sie die Augen.



    Für einen kleinen Moment wusste sie nicht recht, wo sie war oder was geschehen war. Doch als sie Monika schlafend neben sich liegen sah, fiel ihr alles auf einen Schlag wieder ein. Sie warf einen hektischen Blick zur Uhr und stellte mit Verblüffung fest, dass es bereits nach zehn Uhr war.
    „Monika, wach auf!“, rief sie aufgeregt und rüttelte sacht an der Schulter ihrer noch tief schlafenden Freundin.
    Während Monika sich noch brummelnd aus dem Schlaf kämpfte, war Tessa mit einem Ruck auf den Beinen. „Ich geh schon mal ins Bad“, flüsterte sie Monika zu, die gähnend nickte.
    Im Badezimmer angekommen warf Tessa einen schnellen Blick in den Spiegel über dem Waschbecken und seufzte. Man sah ihr die Strapazen der Nacht nun deutlich an, aber eigentlich war das jetzt gleich.


    Seufzend griff sie sich an den Kopf, der bereits wieder zu schmerzen begann.
    Wie hatte sie nur so lange schlafen können, wo Jess im Krankenhaus lag und um sein Leben rang? Wie ging es ihm, war er in Ordnung… all diese Fragen schossen durch ihren Kopf, als sie sich nachdenklich im Spiegel betrachtete.
    Die Tür öffnete sich und Monika tapste barfuss ins Badezimmer.
    „Wie hast du geschlafen?“, fragte sie sanft. Tessa sah sie an und musste feststellen, dass Monika um einiges ausgeschlafener und frischer wirkte als sie selbst.
    „Viel zu gut“, murmelte sie. „Es ist schon fast halb elf, Monika – wir hätten uns einen Wecker stellen müssen. Ich muss sofort ins Krankenhaus. Wer weiß, was in den Stunden, in denen wir geschlafen haben, geschehen ist?“
    Monika strich ihr beruhigend über den Arm. „Dein Handy hat nicht geklingelt, also ist auch alles in Ordnung“, erklärte sie ruhig. „Wenn sich etwas verändert hätte, wärst du benachrichtigt worden.“
    Tessa sah sie erstaunt an. „Du hast ja recht“, sagte sie schnell. „Daran hab ich gar nicht gedacht… trotzdem möchte ich so schnell es geht zu Jess.“



    „Das ist kein Problem, aber wir sollten trotzdem wenigstens einen Kaffee trinken und eine Kleinigkeit essen“, wand Monika ein.
    Doch Tessa schüttelte den Kopf. „Dazu hab ich jetzt nicht die Ruhe“, sagte sie aufgeregt. „Ich muss jetzt sofort zu Jess, Monika.“
    „Tessa“, erwiderte diese ruhig. „Du weißt nicht, wie lange du dort sein wirst, und du solltest gekräftigt hingehen, denn glaub mir, es wird anstrengend werden. Ich komme natürlich mit, und ich kann dich nicht zwingen, etwas zu essen, zu trinken und zu duschen… aber du solltest all das tun, damit du dich wohl fühlst und frisch und gestärkt den Tag durchstehen kannst.“
    Tessa verschränkte die Arme. „Ich weiß nicht… wie soll ich jetzt denn was runterkriegen?“, wand sie skeptisch ein.
    „Dann geh wenigstens duschen und trink einen Kaffee mit mir“, versuchte Monika es weiter.


    Tessa seufzte. „Na gut, du hast ja recht… ich werde jetzt unter die Dusche springen und dann können wir einen Kaffee trinken… aber wenn es dir recht ist, möchte ich dann direkt zu Jess, Moni… ich bin total nervös, ich will ihn endlich sehen und wissen, wie es ihm geht.“
    „Natürlich, das kann ich verstehen“, erwiderte Monika. „Ich geh schon mal Kaffee aufsetzen, dann geht´s schneller.“
    Sie verließ das Bad und machte sich in der nebenan gelegenen Küche an der Kaffeemaschine zu schaffen, während Tessa sich aus dem geliehenen Schlafanzug schälte und unter die Dusche sprang.


    Tessa musste zugeben, dass Monika recht gehabt hatte. Das warme Wasser schien sie erst wieder einigermaßen munter zu machen und entspannte ihre verkrampften Muskeln auf sanfte Weise, während das leise Tröpfeln des Wassers etwas so tröstlich-alltägliches hatte, dass sie für einen Moment fast vergessen konnte, in welch angespannter Situation sie sich befand und sich im Glauben wiegen, es sei ein ganz normaler, ruhiger Samstagmorgen, einer von vielen.
    Während Tessa noch genoss, das warme Wasser an ihrem Körper herab laufen zu lassen, war auch Monika zurück ins Bad gekommen und begann schon einmal mit ihrer Morgentoilette, um die Wartezeit zu verkürzen.


    Tessa derweil trocknete sich ab und schlüpfte wieder in ihre Kleider vom Vortag.
    Monika hätte ihr zwar sicher etwas geliehen, aber deren Kleider waren Tessa meist einfach viel zu weit.
    Während nun auch ihre Freundin unter die Dusche sprang, ging Tessa angekleidet in die Küche und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. Nachdenklich blieb sie nahe der Tür stehen und trank in kleinen Schlucken.


    Dabei drehten sich ihre Gedanken immer wieder um all das, was in den vergangenen zwölf Stunden geschehen war… von dem Moment an, als sie Jess gefunden hatte bis zu den zermürbenden Stunden der Warterei im Krankenhaus.
    Tessa musste sich offen eingestehen, dass sie noch nichts von all dem, was geschehen war, wirklich zu fassen vermochte.
    „Und? Fühlst du dich jetzt nicht wirklich etwas frischer?“, hörte sie Monikas Stimme, als diese ebenfalls in die Küche trat, in frische Kleider gehüllt und die Haare zu zwei strengen Zöpfen geflochten, und sich ebenfalls eine Tasse Kaffee einschenkte.
    „Doch, du hattest recht“, gab Tessa mit einem schiefen Lächeln zu. „Nur leider sind diese Kleider hier völlig verschwitzt und ich fühl mich gar nicht wohl darin. Ich glaube, das Duschen hätte ich mir sparen können…“



    „Das kann ich mir vorstellen“, erwiderte Monika. „Lass uns doch einfach auf dem Weg zum Krankenhaus schnell bei dir vorbeifahren, damit du dich umziehen kannst, ja? Das dauert nicht einmal fünf Minuten.“
    Monika hatte Protest erwartet, doch zu ihrem Erstaunen nickte Tessa bereitwillig.




    *geht noch weiter*

  • „Ja, das wird wohl besser sein…“, sie warf einen angespannten Blick auf ihr Handy, das nach wie vor keinerlei Anrufe verzeichnete. „Ich meine, es kommt wohl wirklich nicht auf fünf Minuten mehr oder weniger an…“
    „Du hast Angst, oder?“, fragte Monika langsam.
    Tessa schluckte und nickte dann zögerlich. „Etwas, ja… ich frage mich, was mich im Krankenhaus erwarten wird. Wie Jess aussehen wird und wie es ihm geht. Was, wenn die Prognose jetzt noch schlechter ist als gestern?“
    „Das glaube ich nicht“, erwiderte Monika beruhigend. „Dann hätte man sich bei dir gemeldet… da bin ich mir sicher…“



    Tessa nickte langsam. „Du hast vermutlich recht“, sagte sie gedehnt, trank den letzten Schluck Kaffee und stellte die Tasse in die Spüle.
    Auch Monika kippte den Rest ihres Kaffees in Rekordgeschwindigkeit hinunter und sagte dann zu Tessas Erleichterung sofort: „Lass uns losfahren.“
    Nur wenige Minuten später hastete Tessa die Treppen zu ihrer Wohnung hinauf. Als sie aufschloss und ihr der vertraute Geruch entgegen schlug, kam es ihr fast irreal vor, dass zwischen dem letzten Mal, dass sie hier gewesen war, und dem jetzigen Zeitpunkt nicht mehr als vierzehn oder fünfzehn Stunden lagen… alles schien sich verändert zu haben, aber die Wohnung war wie immer – wie sie sie verlassen hatte. In der Ecke standen noch ihre Schuhe und auf der Arbeitsplatte in der Küche verbreitete eine halb aufgegessene Tüte Chips ihren penetranten Geruch.
    Rasch hastete Tessa in ihr Schlafzimmer und riss die Schranktüren mit solcher Gewalt auf, dass der massive Holzkasten bedrohlich zu schwanken begann.



    Sie dachte nicht lange darüber nach, was sie anziehen sollte, fischte nur schnell eine frisch gewaschene Jeans, neue Unterwäsche und ein Top aus dem Schrank, schälte sich in Windeseile aus den alten Kleidern und hüpfte genauso schnell in ihre neue Garderobe. Sie machte sich nicht die Mühe, den Schrank zu schließen oder die getragenen Kleider wegzuräumen, sondern hastete so schnell es ging zurück zum Auto.
    Etwa zehn Minuten später betraten Monika und sie erneut das Foyer des Krankenhauses, das im Tageslicht nicht mehr ganz so unfreundlich und beklemmend wirkte wie am Vorabend.
    Tessa schluckte, als ihr erneut der penetrante Geruch nach Desinfektionsmitteln und Krankheit in die Nase stieg und etwas wie Panik in ihr aufwallen ließ. Nun konnte sie sich nichts mehr vormachen – es war alles Wirklichkeit, und sie musste mit dem, was sie nun erfahren würde, zurecht kommen, egal wie.



    An der Information saß nun eine weitaus freundlichere Schwester als das drachige Exemplar der Nacht, die Tessa bereitwillig Auskunft erstattete, dass Jess sich im dritten Stock auf der Intensivstation befände.
    Monika drückte kurz Tessas Arm und sagte: „Ich warte hier unten, wenn´s dir recht ist.“
    Tessa nickte. Sie wusste, dass sie diesen Weg nun alleine gehen musste.
    Im dritten Stock fand sie sich zunächst nicht zurecht und suchte erneut Hilfe an der Informationsstelle, wo gerade eine freundliche Ärztin Akten durchging.
    „Entschuldigen Sie – ich suche die Intensivstation, ich möchte zu Jess Berger“, erklärte Tessa höflich.
    „Oh, da sind Sie ganz richtig – gehen Sie nur den Gang entlang und dann links. Dort ist eine Klingel für die Intensivstation“, gab die Ärztin bereitwillig Auskunft.



    Schnellen Schrittes ging Tessa den Gang hinunter und klingelte an der Tür, auf der groß „Intensivstation“ zu lesen war. Eine Schwester öffnete ihr und nachdem Tessa erklärt hatte, um was es ging, reichte man ihr einen grünen Overall, den sie in einer Art Schleuse anziehen sollte. Nachdem sie sich Hände und Schuhe desinfiziert und in den wenig schicken, aber funktionalen Overall geschlüpft war, empfing sie auf der anderen Seite des Schleusenraumes eine in normale Arztkleidung gehüllte Frau.
    „Frau Wagner? Ich bin Doktor Ansbach“, erklärte diese freundlich und schüttelte Tessa die Hand. „Doktor Langboldt hat mich über alles informiert und mir gesagt, dass Sie heute vorbei kommen.“



    „Wie geht es Jess?“, fragte Tessa sofort. „Wird er es überstehen?“
    „Die Nacht war ruhig und ohne besonderen Vorkommnisse“, erwiderte die Ärztin und lächelte Tessa beruhigend an.
    „Ist er… ist er denn schon wach?“
    „Nein, leider nicht“, gab die Ärztin bereitwillig Auskunft. „Aber bisher macht uns das noch keine Sorgen.“
    „Dann… dann kann ich also auch nicht zu ihm?“, fragte Tessa beklommen und spürte ihr Herz sinken.



    „Aber natürlich können Sie das“, gab Doktor Ansbach jedoch zu Tessas Überraschung zur Antwort. „Ich denke nicht, dass Sie ihn stören, vielmehr glaube ich, dass es ihm gut tun wird, wenn Sie bei ihm sind.“
    „Aber… Ihr Kollege meinte gestern Nacht, es sei nicht gut, wenn ich…“
    „Ja, ich weiß, und er hatte damit auch nicht unrecht“, erwiderte die Ärztin rasch. „Ihr Freund war frisch operiert und brauchte absolute Ruhe, aber seine Werte haben sich über Nacht sehr gut stabilisiert, und wir sind guter Dinge. Wenn er jetzt innerhalb der nächsten Stunden aufwacht, so denke ich, dass er vorerst über den Berg ist… zumindest was die akuten Verletzungen betrifft. Seine Sucht ist natürlich eine andere Geschichte und auch das, was sie mit seinem Körper angestellt hat. Es kommt jetzt alles darauf an, wie rasch er aufwacht, denn das wird ein klares Zeichen für seine Konstitution sein.“
    Tessa nickte verwirrt. Sie war sich nicht sicher, ob Doktor Langboldt ihr etwas ähnliches gesagt oder nicht und verstand auch nicht recht die Zusammenhänge… aber die Hauptsache war, dass sie zu Jess durfte und dass es diesem offenbar nicht schlechter ging - mehr zählte im Moment nicht.
    „Kommen Sie, ich bringe Sie zu ihm“, sagte die Ärztin, als habe sie Tessas Gedanken erraten.



    Tessa folgte ihr durch einen kleinen Gang und in ein weiß gekacheltes Einzelzimmer, in dem die Geräusche von mehreren Geräten ein seltsames Surren und Piepsen verbreiteten.
    Sie blieb beklommen einige Meter vor dem Bett stehen und zögerte. Die Ärztin lächelte ihr aufmunternd zu und deutete auf einen schwarzen Stuhl, der in der Nähe des Bettes stand.
    „Sie können sich gerne zu ihm setzen“, ermutigte sie Tessa. „Ich muss jetzt noch nach einigen anderen Patienten sehen und werde in einer Stunde wieder kommen.“
    Mit diesen Worten verließ sie den Raum und Tessa blieb alleine zurück mit nichts all der Stille und den Geräuschen der Überwachungsgeräte. Vorsichtig näherte sie sich dem Bett und hielt für einen Moment die Luft an, als sie Jess darin wahrnahm.
    Er wirkte sehr zart und verloren unter den Decken, doch er sah nicht mehr so furchtbar aus wie am Abend zuvor. Sein Gesicht hatte wieder an Farbe bekommen und die Wunden waren gesäubert worden. Erleichtert stellte Tessa fest, dass sein Anblick nur halb so schlimm war wie sie befürchtet hatte.
    Bedacht darauf leise zu sein, zog sie sich einen Stuhl ans Bett heran und nahm vorsichtig darauf Platz. Dann bedachte sie Jess mit einem langen Blick und spürte dabei, wie ihr Herz hart gegen ihre Brust klopfte.



    Erst jetzt schien sie zu begreifen, dass er wieder da war – dass er hier vor ihr lag, leibhaftig, wirklich, aus Fleisch und Blut. Vorsichtig suchte sie seine mit Pflastern und Schläuchen versehene Hand unter der Bettdecke und nahm sie sanft in die ihre.
    „Jess…“, flüsterte sie leise. „Jess, ich bin hier. Es ist alles gut. Ich bin da. Ich geh nicht weg…“
    Sie beobachtete angespannt das schmale Gesicht in den Kissen, doch es zeigte sich keine Reaktion.



    *geht noch weiter*

  • Tessa schluckte. Sie konnte kaum begreifen, welch mächtigen Gefühle sich in ihrer Brust den Weg nach oben bahnten. So lange Monate hatte sie sich danach gesehnt, ihn wieder bei sich zu haben. Sie hatte geweint, gefleht, gewütet und gezweifelt… und jetzt, da er wieder hier war, schien das alles zwar nicht vergessen, aber vergeben.
    Es gab keinen Zweifel mehr für sie, dass sie Jess nie zu lieben aufgehört hatte und ihn auch jetzt noch liebte – mehr denn je.
    „Ich will dich nicht noch einmal verlieren“, flüsterte sie leise und strich sacht über seine Hand. „Bitte Jess, kämpfe. Es ist nicht schlimm, dass du es beim letzten Mal nicht geschafft hast… aber jetzt, jetzt musst du kämpfen, hörst du. Denn hier wartet jemand auf dich – ich warte auf Dich.“



    „Ich hab dir verziehen“, sprach sie in gedämpften Ton weiter, obwohl ja niemand hier war, der sie würde hören können – niemand außer Jess. „Glaub mir, ich hab dir verziehen. Bitte lass mich nicht noch einmal allein, Jess. Ich brauche dich… wir brauchen einander, verstehst du…“
    Sie beugte sich vorsichtig nach vorne und küsste seine Wange.
    Dann ließ sie sich langsam wieder in den Stuhl zurücksinken und starrte minutenlang auf die Fliesen an der gegenüber liegenden Wand, wendete den Blick wieder zu Jess´ Gesicht, berührte seine Wangen, flog mit den Augen über die Zickzacklinien der Überwachungsmonitore und starrte wieder zurück an die Wand.
    So gingen die Stunden dahin. Hin und wieder schaute Doktor Ansbach ins Zimmer, überprüfte die Werte, untersuchte Jess einmal genauer und machte alles in allem meist ein zufriedenes Gesicht, das Tessa nicht weiter besorgen musste.
    Diese hatte inzwischen erneut jegliches Zeitgefühl verloren und dachte mit etwas Unbehagen an die arme Monika, die immer noch unten auf sie wartete. Jetzt wünschte sie auch, sie hätte voll und ganz auf ihre Freundin gehört und etwas gefrühstückt, denn ihr Magen schmerzte und krampfte sich erneut unschön zusammen, wo er doch schon seit Stunden nichts Essbares bekommen hatte.
    Müde strich Tessa sich über die Stirn und fuhr Jess dann wieder vorsichtig über die Wange. Sie fühlte sich verspannt und ihr Kopf schmerzte höllisch, vermutlich weil sie in den letzten Stunden nicht einmal ein halbes Glas Flüssigkeit zu sich genommen hatte. Doch sie wagte es nicht aufzustehen und fort zu gehen. Am liebsten wäre sie für immer hier sitzen geblieben, nur um bei ihm zu sein, das Gefühl zu haben, etwas tun zu können und sein Gesicht ansehen zu dürfen.



    Nach einer unbestimmten Weile öffnete sich erneut die Tür und Doktor Ansbach trat ins Zimmer. „Frau Wagner… wollen Sie nicht einmal eine Pause machen?“, fragte sie gütig.
    Tessa schluckte und sah sie unschlüssig an.
    „Noch nicht“, sagte sie dann langsam. „Wenn es geht…“
    Doktor Ansbach nickte langsam. „Ja, das geht. Aber Sie sollten sich nicht überfordern, Frau Wagner. Sie sind ziemlich blass um die Nase und noch eine Patientin können wir nicht gebrauchen.“ Sie lächelte freundlich. „Ich komme in einer halben Stunde noch mal vorbei und dann können Sie ja vielleicht eine Pause einlegen, ja?“
    Tessa nickte dankbar und sah der Ärztin nach, wie sie den Raum verließ.
    Wieder beobachtete sie eine ganze Weile nur Jess´, der nach wie vor reglos in den Kissen lag. „Ich muss dich jetzt gleich ein Weilchen alleine lassen“, sagte sie dann irgendwann leise und griff erneut nach seiner Hand. „Auch wenn ich gerne bleiben würde, aber es geht nicht. Ich werde aber wiederkommen, das verspreche ich dir. Und du musst mir versprechen, dass du bis dahin weiterkämpfst und bald aufwachst, ja? Ich möchte deine Augen sehen, Jess, ich möchte deine Stimme hören…“
    Sie schluckte und spürte, wie ihr nun endlich nach den vielen Stunden in diesem Raum die Tränen in die Augen stiegen. Tapfer versuchte sie, das Weinen zurück zu drängen und lächelte Jess schief an, auch wenn er es nicht sehen konnte.
    „Oder meinst du nicht auch, du hast lang genug geschlafen?“, flüsterte sie lächelnd. Draußen auf dem Flur hörte man Schritte näher kommen. Rasch beugte Tessa sich noch einmal zu Jess und flüsterte dicht an sein Ohr gelehnt: „Halt durch, Jess. Ich liebe dich. Ich komme später wieder, ja?“
    Sie wollte sich gerade erheben, als sie stutzte und ihre Hand anstarrte, die immer noch Jess´ Hand umschlungen hielt.
    „Frau Wagner?“, hörte sie die Stimme von Doktor Ansbach, die gerade ins Zimmer getreten war.



    „Ja… warten Sie bitte einen kleinen Moment“, stammelte Tessa und sah die Ärztin verwirrt an. „Ich glaube, er hat gerade seine Hand bewegt.“
    „Das kann schon vorkommen, er schläft prinzipiell ja nur recht tief und fest…“, erwiderte die Ärztin, doch Tessa schüttelte den Kopf.
    „Nein, nein, ich meine keine unbewusste Bewegung, ich meine, es schien, als habe er meine Hand drücken wollen…“
    Nun kam auch die Ärztin interessiert näher und gemeinsam beobachteten beide Frauen den reglosen Mann genau.
    „Sagen Sie etwas zu ihm“, raunte die Ärztin Tessa aufmunternd zu. „Das wirkt manchmal.“
    Tessa nickte und beugte sich zögerlich erneut zu Jess.
    „Jess? Kannst du mich hören? Jess?“
    Erstaunt starrte sie auf ihre Hand. Diesmal hatte auch die Ärztin gesehen, was sie meinte.
    „Er wacht auf“, stellte sie fest.
    Tessa blickte zurück zu Jess und atmete tief ein, als sie merkte, dass seine Lider flatterten und er langsam, fast als kämpfe er gegen etwas sehr Schweres an, die Augen öffnete.



    „Jess…“, sagte sie nun etwas lauter. „Jess… kannst du uns hören?“
    Langsam drehte Jess seinen Kopf in Tessas Richtung. Als der Blick seiner Augen sie traf, schauderte Tessa zusammen. Sie drückte vorsichtig seine Hand und er erwiderte die Berührung erneut schwach.
    „Tessa…“, flüsterte er mit schwacher Stimme, aber gut hörbar. „Tessa…“
    Er schloss erneut die Augen, fast als hätten ihn diese wenigen Laute zu sehr angestrengt. Ängstlich blickte Tessa zu der Ärztin, die aber beruhigend lächelte. „Geben wir ihm etwas Zeit“, flüsterte sie.
    Tessa sah sie lächelnd an. „Doktor Ansbach… heisst das… kann ich davon ausgehen, dass er… ist er nun über den Berg?“
    Die Ärztin trat näher an Jess´ Bett heran und untersuchte ihn noch einmal, nachdem sie einen prüfenden Blick auf die Werte geworfen hatte. Jess öffnete derweil immer wieder die Augen für einen kleinen Moment und sah Tessa an.
    Die Ärztin ging wieder um das Bett herum und lächelte Tessa an.
    „Ich denke, er hat gute Chancen“, erwiderte sie. „Im Moment schwebt er nicht mehr in Lebensgefahr und wenn nichts unerwartetes geschieht, wird er sich wieder erholen.“
    Tessa sah sie mit großen Augen an. Sie konnte kaum fassen, was sie da hörte. Noch vor wenigen Stunden hatte sie so sehr um Jess´ Leben gebangt und kaum mehr Hoffnungen gehegt und nun schien es ihr fast, als sei ein Wunder geschehen.
    „Meinen Sie das wirklich ernst?“, fragte sie leise.



    „Ja, Frau Wagner“, erwiderte die Ärztin freundlich. „Es sieht wirklich alles gut aus.“
    Sie warf einen Blick zu Jess und sagte: „Er ist ein Kämpfer.“
    Zärtlich drückte Tessa die Hand des Mannes und flüsterte: „Das bist du wirklich, Jess. Das bist du.“
    Dieser öffnete erneut die Augen und lächelte sie leicht an.
    Etwa eine weitere Stunde später trat Tessa wieder ins Foyer und sah Monika treu und ergeben in der Warte-Ecke sitzen und ein Buch lesen.
    „Monika!“, rief sie, und als ihre Freundin sie sah, legte sie rasch das Buch beiseite und kam ihr entgegen.
    „Und? Tessa, was ist los?“, rief Monika angst erfüllt, als sie das tränennasse Gesicht ihrer Freundin sah.
    Statt einer Antwort fiel Tessa ihrer Freundin in die Arme und während Monika sie verwirrt an sich drückte, stammelte sie: „Er ist wach! Er hat es geschafft, Monika! Er ist über den Berg!“
    Monika seufzte tief auf und drückte Tessa noch fester an sich. „Oh mein Gott… ich dachte schon, es wäre das Schlimmste geschehen!“, murmelte sie.



    Tessa löste sich aus der Umarmung und lächelte Monika an. „Ach, Monika, du bist so eine treue Seele, dass du all die Stunden hier auf mich gewartet hast. Ich hatte ein richtig schlechtes Gewissen…“
    „Ach was, mach dir darum keinen Kopf“, sagte Monika rasch. „Nun sag schon, was ist geschehen? Wie geht es ihm?“
    „Es geht ihm ganz gut“, erwiderte Tessa lächelnd. „Er ist vor etwa einer Stunde aufgewacht. Er ist noch sehr schwach, aber die Ärztin sagt, das ist normal und wird sich sicherlich rasch legen, wenn er weiterhin so gute Fortschritte macht. Er schläft jetzt wieder.“
    „Und wie stehen seine Chancen? Wie geht es weiter?“, fragte Monika rasch nach, die immer noch nicht recht glauben konnte, dass sich alles so gut entwickelt zu haben schien, auch wenn sie es inständig gehofft hatte.
    „Seine Chancen stehen gut“, erwiderte Tessa glücklich. „Seine Werte haben sich schon heute Nacht gut verbessert und dass er nun von selbst aufgewacht ist, scheint ein sehr gutes Zeichen zu sein. Er ist jedenfalls definitiv außer Lebensgefahr, wenn nicht noch etwas unvorhergesehenes geschieht. Nun kommt es wohl ganz darauf an, wie schnell er sich erholt, aber das wird schon werden. Die Ärztin sagte sogar, wenn er sich gut erholt, wird er bald gar nicht mehr auf der Intensivstation bleiben müssen, da seine Werte auch sonst sehr gut sind.“
    Monika lachte erleichtert auf.



    „Oh Tessa, das sind wunderbare Neuigkeiten! Wer hätte das heute Morgen noch gedacht? Er muss ein echter Kämpfer sein!“
    „Das hat die Ärztin auch gesagt“, lachte Tessa und hielt sich dann den Bauch. „Oh Moni, soll ich dir mal was sagen?“
    „Was denn, Tessa?“
    „Ich hab einen Bärenhunger…“
    Monika lachte erneut auf. „Wie gut, dass du das sagst, ich nämlich auch. Weißt du was, wie wäre es, wenn wir jetzt zu unserem Lieblingsbäcker fahren, und ganz viel ungesundes, süßes Naschzeug holen und dann bei mir zu Haus gemütlich Kaffee trinken und uns die Wampe vollschlagen… oder willst du zurück zu Jess?“
    Tessa lächelte. „Nein – er soll jetzt schlafen, ich komme erst morgen wieder. Und was deinen Vorschlag angeht, so finde ich ihn großartig! Komm, lass uns gehen!“
    Und gemeinsam verließen die beiden Freundinnen frohen Herzens das Krankenhaus und fuhren durch die winterliche Landschaft nach Haus.











    Fortsetzung folgt.

  • *froi froi froi*
    JESS IST ÜBERN BERG!
    Ich wusste es! Ich wusste das du ihn nicht würdest sterben lassen!
    Ich freu mich so!
    komisch....ich freu mich wie verrückt obwohl ich eben noch kreuztodunglücklich war...tja, ich hab deine figuren nunmal richtig liebgewonnen!
    ÜBer die qualität brauch ich kein wort zu verlieren, mittlerweile weißt du ja das du spitze bist!
    LG
    *froi*
    Luxa

    [SIZE=1]Da ist ein Ort, wo der Bürgersteig endet[/SIZE]
    [SIZE=1]Und bevor die Straße beginnt[/SIZE]
    [SIZE=1]Und dort wächst das Gras, das weiche weiße[/SIZE]
    [SIZE=1]Und dort brennt die Sonne, die purpurrot heiße[/SIZE]
    [SIZE=1]Und der Mondvogel schläft dort nach langer Reise[/SIZE]
    [SIZE=1]Im kühlen Pfefferminzwind[/SIZE]

  • *strahl*
    Das war jetzt aber schön.
    So gut wie dieses Frühstück hat wohl noch keins geschmeckt für Tess!

    Die Aussichten für Jess sind jetzt, unter medizinischer Obhut, auch für den Entzug um einiges besser als letztes Mal. Da gibt´s Ersatzmittel und fachmännische Hilfe. Und davon laufen kann er auch nicht so leicht, durch seine Verletzungen.

    Mit so viel positiven Entwicklungen hab ich gar nicht gerechnet.
    *wiedervormichhinstrahl*
    gglG, Josijusa

    [center]I scream, you scream, we all scream for ice cream [/center]

    [center]I still want to find a real good book and never have to come out of it.[/center]

  • Hallö Innad, :)


    :megafroi Jaha, er ist also über den Berg... ...vorerst. *Jubeln wieder einstell*



    Ja, ich kann nicht anders. Ich steh dem Ganzen noch misstrauisch gegenüber. Klar ist es schon mal von Vorteil, dass seine ganzen Verletzungen zu heilen beginnen und von da kaum noch Gefahr droht. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass es so bleiben wird, denn früher oder später werden die Entzugserscheinungen wieder da sein. Ersatzmittel hin oder her. Da können noch soviel Komplikationen sein... :misstrau


    Vorerst freu ich mich aber mit Tessa und Monika, aber ich warte doch noch auf den großen Knall. ;)


    Hm, irgendwie sind das zu wenige Worte für so eine tolle, emotionale Fortsetzung, aber mehr wollen mir einfach zu Zeit nicht einfallen. :kopfkratz
    Ganz liebe Grüße
    Llyn

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19

  • Luxa: Hihi, das freut mich, dass Du Dich so freust und so mit den Figuren mitlebst! Danke für Deinen lieben Kommi!




    Josijusa:
    DAs ist ja süß zu sehen, wie happy ihr alle seid. Ihr seid definitiv zu vertrauensselig :roftl ... wer weiß schon, was noch geschieht :)
    Aber Du hast schon recht, jetzt kann Jess nicht mehr so leicht weglaufen. Noch nicht...
    Danke für deinen Kommi!




    @Lllynya:
    So, Du bist die einzige, die momentan noch berechtigtes Mißtrauen hegt ;) Obwohl ich ja nicht sagen will, dass ich meinen Figuren kein Glück gönne, aber trotzdem - es ist natürlich richtig, auch wenn er überlebt, dann ist es doch nicht klar, wie es mit den beiden weitergeht und ob das ganze letztlich wirklich ein Glück für Tessa war.
    Aber das werdet ihr ja noch erfahren ;)
    Lieben Dank für Deinen KOmmi! *winke*





    ALL:
    Eigentlich wollte ich das Kapitel schon gestern online stellen, aber ich hab mich in der Zeit verpasst und musste dann weg.
    Aber nun wünsche ich euch viel Spaß damit!